MAG 38: Macbeth

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MAG 38

Tatiana Serjan singt Lady Macbeth


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Editorial

Das Schottenstück Verehrtes Publikum,

MAG 38 / März 2016 Unser Titelbild zeigt Tatiana Serjan, die die Lady Macbeth in unserer VerdiNeuproduktion singt (Foto Florian Kalotay)

gerne würde ich Ihnen den Titel der Oper nennen, die am 3. April an unserem Opern­ haus Premiere hat, aber ich darf es nicht. Völlig unmöglich. Strengster Theater-Aber­ glaube verbietet es. Vielleicht haben Sie schon davon gehört: Es gibt am Theater Dinge, die man auf und hinter einer Bühne auf keinen Fall tun darf, um kein Unglück her­ auf­zubeschwören. Pfeifen auf der Bühne zum Beispiel oder sich bedanken nach einem dreimal über die linke Schulter gespuckten «toi, toi, toi». Noch frevlerischer ist es, während der Probenzeit den Namen des Shakespeare-Dramas auszusprechen, aus dem Giuseppe Verdi eine grossartige Oper gemacht hat. Es ist Verdis schwärzestes Werk, ein Stück über Machtgier, blutige Morde, Halluzinationen und Wahnsinn. Hexen, die nichts Gutes verheissen, treiben darin ihr Unwesen. Deshalb halten sich Theater­ menschen, die für Spiritistisches empfänglich sind, an die Regel, Shakespeares Drama bis zur Premiere nur «Das Schottenstück» zu nennen. Ich persönlich halte solchen Aberglauben für Humbug, habe aber trotzdem ein­ mal nachgelesen, was es mit diesem Namensnennungs-Tabu auf sich hat. Aufführungen des Schottenstücks sind angeblich schon seit der Zeit Shakespeares von einem Fluch bedroht: Im Globe Theatre soll ein Knabe ums Leben gekommen sein, der die Lady Macbeth spielte. Seitdem wird vor allem in England eine über Jahrhunderte hinweg geführte Liste an mysteriösen Unfällen und Misserfolgen als Beweis dafür angesehen, dass es in diesem Drama nicht mehr mit rechten Dingen zugeht, wenn die Protagonis­ ten die Rituale des Aberglaubens missachten. «Das namenlose Werk» der Hexen sei daran Schuld. Barrie Kosky, der Regisseur unserer Neuproduktion, hat ein ganz anderes Pro­ blem mit dem Stück. Er findet, dass es oft nicht gespenstisch genug auf die Bühne kommt und den Hexenchören, wie Verdi sie komponiert hat, das Unheimliche immer eher abzugehen droht. Fast operettenhaft sei ihr Tonfall, und viel zu oft erlebe man die Hexenchorszenen als problematische Kostümorgie. Kosky aber will das Halluzi­ na­torische, das dem Stoff innewohnt, ins Zentrum seiner Inszenierung rücken. Also suchte er gemeinsam mit seinem Bühnenbildner Klaus Grünberg nach einem Regie­ konzept, das der Nachtschwärze, dem Surrealen und Furchteinflössenden der Oper den Raum öffnet. Und wenn die Eindrücke von den ersten Bühnenproben nicht täu­schen, haben die beiden eine Lösung gefunden, die diesen Anspruch auf spektaku­ läre Weise einlöst. Es mag ja sein, dass man das ominöse Schottenstück vor der Premiere besser «Das Schottenstück» nennen sollte, aber die Namen der Künstler auszusprechen, ist nicht verboten: Der Dirigent Teodor Currentzis leitet nach seinem grossen Erfolg mit Schostakowitschs Lady Macbeth von Mzensk seine zweite Neuproduktion am Opern­ haus Zürich. Die russische Sopranistin Tatiana Serjan ist auf den internationalen Opernbühnen zurzeit die Lady Macbeth schlechthin und nun auch bei uns in ihrer Paraderolle zu erleben. Der grossartige Bariton Markus Brück gibt sein Rollendebüt als – nun ja, wie sagen wir es – der Schotte. Noch mehr als die Vorbereitungen zu unserer neuen Verdi-Produktion hat uns in den letzten Wochen der Tod von Nikolaus Harnoncourt beschäftigt. An den gros­sen Dirigenten und Künstler erinnern wir in unserer aktuellen MAG-Ausgabe mit persön­ lichen Texten, Bildern und Zitaten. Claus Spahn

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Inhalt

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Verdis schwärzestes Stück: Der Regisseur Barrie Kosky erläutert seine Inszenierungsideen zu unserer Neuproduktion von Macbeth

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­  Teodor Currentzis ist in der Macbeth-Partitur Verdis ursprünglichen Klangvorstellungen auf der Spur. Ein Gespräch mit dem Dirigenten unserer Neuproduktion

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Zum Tod von Nikolaus Harnoncourt: Der grosse Dirigent in persönlichen Würdigungen, Bildern und Zitaten

Opernhaus aktuell — 6 Wie machen Sie das, Herr Bogatu? — 7 Drei Fragen an Andreas Homoki — 8 Volker Hagedorn trifft... — 34 Die geniale Stelle — 38  Meine Rolle — 40 Der Fragebogen — 42  Kalendarium und Serviceteil — 43 Sibylle Berg — 48

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Ein schräger Vogel Osmond ist der Sachsen-Zauberer in unserem «King Arthur». Ob er wirklich ein grosser Zauberer ist, sei mal dahingestellt. Auf jeden Fall ist er (und Annika Meier als grossartige Darstellerin) ein schräger Vogel. Das Kostüm, das Victoria Behr für diese Figur entworfen hat, gehört zu den Meisterstücken unserer Kostüm­abteilung, vom Schnittmusterbogen bis zu den einzeln applizierten Vogelfedern.


Fotos: Danielle Liniger


Opernhaus aktuell

Liederabend Anna Stéphany Anna Stéphany, normalerweise be­ strei­tet man einen Liederabend mit einem Pianisten. Sie aber treten gleich mit einem ganzen Instrumen­ talensemble auf, dem Labyrinth Ensemble. Wie ist es dazu gekommen? Wir haben uns alle hier am Opernhaus kennengelernt und sind gute Freunde. Clément Noël, der Oboist und Gründer des Labyrinth Ensembles, ist ein grosser Stimmliebhaber und hat mich gefragt, ob ich Lust hätte, ein Programm mit ihnen zu machen. Für mich ist diese Besetzung ein spannender Mittelweg zwi­schen dem Musizieren mit einem grossen Orchester oder nur einem Pianisten. Die Energie, die man in so einer Gruppe erfährt, ist besonders stark. Es sind alles wunderbare Musiker, die sich mit grosser künstlerischer Kraft einbringen. Natürlich ist bei so einer Besetzung der Fokus ein ganz anderer, es gibt keinen Leader. Jeder ist Solist, jeder hat die gleiche Verantwortung, jeder unterstützt jeden. Worauf begründet sich die Wahl der Stücke? Schon bei unserem ersten Konzert beim Eröffnungsfest am Opernhaus haben wir Werke ausgewählt, die im weitesten Sinne mit dem Volkslied zu tun haben. Daraus entstand der Wunsch, auch einmal Luciano Berios mitreissende Folk Songs aufzuführen, die aber eine etwas umfangreichere Besetzung brauchen. Dann ist eines zum anderen gekommen: de Fallas Psyché, Arthur Honeggers Chanson de Ronsard oder Les Prières von André Caplet. Ravels Histoires naturelles führen wir in einer Fassung auf, die extra für dieses Konzert hergestellt wur­de. Es sind allesamt sehr zugängliche und witzige Stücke. Was ist das Spezielle an Ravels Histoires naturelles? Die poetische Grundlage der fünf kurzen Lieder sind originelle, humorvolle Tierporträts von Jules Renard. Jedes einzelne ist ein kleines Kabinettstück. Das erste Gedicht handelt zum

Platte und transkribierte es für Berio. Es ist nicht leicht, diese Laute auswendig zu lernen! Aber es macht riesigen Spass. Anna Stéphany, Labyrinth Ensemble Montag, 4. April, 19 Uhr, Opernhaus

Gedenkkonzert Nikolaus Harnoncourt Die Philharmonia Zürich widmet ihr 6. Philharmonisches Konzert dem verstorbenen Dirigenten Nikolaus Harnoncourt. Generalmusikdirektor Fabio Luisi dirigiert das Gedenkkonzert. Das geänderte Programm wird zu einem späteren Zeitpunkt bekannt gegeben. Sonntag, 17. April, 11.15 Uhr, Opernhaus

Beispiel von einem eitlen Pfau, der an seinem Hochzeitstag vergebens auf seine Braut wartet. Oder der Schwan: Er fischt nach Wolken, die sich im See widerspiegeln. Weil er nur hinter diesen Wolken her ist, glaubt man, dass er nichts frisst und sterben wird. Es stellt sich aber heraus, dass er jedesmal, wenn er nach den Wolken taucht, auch einen Wurm erwischt... Ravel hat die Gedichte genial vertont, sie klingen sehr nonchalant und erinnern mich manchmal an Kabarettmusik. Den Abschluss machen Luciano Berios Folk songs. Worin besteht hier die Herausforderung? Berio schrieb diesen Zyklus für seine Frau, die Sängerin Cathy Berberian. Sie verfügte über ein enorm breites vokales Spektrum: Sie konnte mit einer Musical-, Pop- oder klassischen Stimme singen. Dementsprechend braucht man auch für diese Volkslieder viele Farben und Stimmen. Es gibt zum Beispiel ein Lied, das extrem tief liegt für einen Mezzosopran und für das man eine quäkende, sehr brustige Stimme haben muss. Es ist gar nicht so einfach, diese Lieder technisch «gesund» zu singen! Die Volkslieder stammen aus den Ver­ einigten Staaten, der Provence, Sizilien, Sardinien – und das letzte Lied sogar aus Aserbeidschan! Cathy Berberian hörte es angeblich in Moskau auf einer

Abschlusskonzert des Flüchtlingschores Am 2. April findet auf den Treppen vor dem Opernhaus das Abschlusskonzert des Flüchtlingschores statt. Ins Leben ge­r ufen wurde der Chor von Christoph Homberger, dessen Projekt S’isch äben e Mönsch Flüchtlingen die Gelegenheit gibt, beim gemeinsamen Singen den Alltag zu vergessen, der oft durch Warten und Ohnmacht angesichts einer ungewissen Zukunft geprägt ist. Der Flüchtlingschor besteht aus 320 Flüchtlingen und 80 Schweizern – über mindestens gleich viele Zuschauer würden wir uns sehr freuen! Samstag, 2. April, 17 Uhr, Freitreppe vor dem Opernhaus

Ballettgespräch In diesem Ballettgespräch gehen Michael Küster und Christian Spuck der Frage nach, wie man Literatur in Tanz verwandelt. Im Ballettsaal A probt Christian Spuck Szenen aus seinem Ballett Der Sandmann nach E.T.A. Hoffmann, das Ende Mai Premiere hat. Sonntag, 17. April, 11.15 Uhr, Ballettsaal A

Foto: Marco Borggreve

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Wie machen Sie das, Herr Bogatu?

Passt das so? Was sich so mancher Architekt wünschen würde, aber auf einer Baustelle meist nicht möglich ist, wird auf unserer Bühne regelmässig Realität: Bevor die detaillierten Bühnenbildplä­ne vom Bühnenbildner an uns abgegeben und in den Werkstätten umgesetzt werden, kann sich das Inszenierungsteam eine Bauprobe wünschen, bei der die Entwürfe mit einfachen Mitteln wie Sperrholzwänden, Stoffrahmen, Latten und vorhandenem Bühnenmaterial so gut wie möglich auf der Bühne aufgebaut werden. Im Zuschauerraum kann man dann beispielsweise überprüfen, ob die Zuschauer aus dem zweiten Rang noch die Personen ganz hinten im Bühnenbild sehen können, ob das grosse Sofa, das im Bühnenbildmodell im Massstab 1:50 perfekt aussieht, in den realen Dimensionen nicht doch viel zu klein ist, ob die geplanten Kacheln an den Wän­den überhaupt sichtbar sind oder ob die vorgesehene Farbe des Bühnenbodens im Zusammenwirken mit dem Zuschauerraum nicht zu hell ist. Manche Bauproben erscheinen im Nachhinein unnötig, weil sich überhaupt nichts am geplanten Bühnenbild ändert und alles perfekt passt. Andere wiederum führen dazu, dass sich nahezu alles ändert, weil auffällt, dass der Raum viel zu klein ist für den Chor oder dass man die Hälfte des Bühnenbildes aus dem Zuschauerraum nicht sieht. Und es kommt vor, dass das ganze Bühnenbild komplett verworfen wird, weil es dem Regisseur plötzlich nicht mehr gefällt. Das ist uns allerdings vor acht Jahren bei der Bauprobe zu Carmen zum letzten Mal passiert. Der Aufwand, den wir für so eine Bauprobe betreiben, hängt natürlich vom Bühnenbild ab: Ist es ein klarer geometrischer Raum mit geraden Wänden und ein paar Möbeln, so können wir diesen einfach mit vorhandenem Bühnenmaterial nachbauen. Doch wenn es z.B. runde Wände, mehrere Ebenen, Treppen, Absätze und Vorsprünge gibt, müssen wir recht viel für diese Bauprobe anfertigen. Heute hatten wir eine solche Bauprobe: Wir haben in den Werkstätten runde Treppen, Tische, spezielle Türen, 6 m hohe Wände mit ausgeschnittenen Sperrholzflächen, einen Lichtkasten und einen grossen fahrbaren Wagen mit Wänden, Boden und Decke bauen lassen. Es gab fünf Statisten auf der Bühne, die Kleidungsstücke trugen, die den Entwürfen der Kostümbildnerin farblich möglichst ähnlich waren und die vom Regis­seur an verschiedene Orte im Bühnenbild geschickt wurden, damit er Auftritte und Distanzen überprüfen konnte. Alles passte. Die Bauprobe war ein voller Erfolg für das Inszenierungsteam und auch für uns: Dadurch, dass nichts geändert wurde, können wir das Material in ein paar Monaten als Probendekoration auf der Probebühne nutzen. Und dann hat sich der Aufwand auch gelohnt, denn die Proben­dekoration wird fast sechs Wochen lang jeden Tag intensiv bespielt.

Illustration: Laura Jurt

Sebastian Bogatu ist Technischer Direktor am Opernhaus Zürich

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Drei Fragen an Andreas Homoki

Wie wichtig ist Kritik? Herr Homoki, jede Aufführung wird beurteilt, sei es durch das Publikum oder durch die Presse. Wie geht man eigentlich mit negativer Kritik um? Natürlich hat es auch ein Regisseur gern, wenn der Saal jubelt. Andererseits dürfen sich auch mal Buhs darunter mischen, eine Kontroverse kann durchaus spannend sein. Nun sind Buhs und Bravo-Rufe nicht besonders differenziert, Rezensionen in der Presse sollten da mehr in die Tiefe gehen können und präzisere Beobachtungen und Einschätzungen abgeben. Wenn einem Kritiker etwas nicht gefallen hat – kein Problem. Ärgerlich wird es erst, wenn man spürt, dass jemand nicht genau genug hingesehen hat, oder das Stück und dessen Hintergründe nur sehr oberflächlich kennt. Lese ich dann auch noch vollmundige Vorschläge, wie ich dieses und jenes hätte so und so oder noch anders machen sollen, lege ich die Zeitung meist sofort weg. Schliesslich setzt man sich mit einem Werk mehr als ein Jahr lang intensiv auseinander, da mag man keine salopp dahingeschriebenen Vorschläge von Leuten, die notwendigerweise weit weniger im Stoff stehen als man selbst. Ein Journalist soll­te dann einfach schreiben, was er ungenau fand oder schlicht nicht verstanden hat, da kann ich wenigstens überlegen, wie ich das eine oder andere beim nächsten Mal deutlicher zeigen könnte. Was macht eigentlich ein Intendant, wenn er selbst mit den künstlerischen Leistungen an seinem Haus nicht einverstanden ist? Das kommt ganz auf die persönliche Beziehung zum jeweiligen Künstler an. Mit manchen hat man jahrelange freund­ schaftliche Beziehungen und kann schon mal Klartext reden, wenn was schief läuft. Das geht aber nicht immer so ohne weiteres. Ein Regisseur beispielsweise, der bei einem Durchlauf zum ersten Mal seine Arbeit auf der Bühne sieht, kann sich als recht dünnhäutig erweisen.

Wenn die einzelnen Komponenten einer Inszenierung noch nicht richtig inei­ nandergreifen, kommen schnell Zweifel, ob nicht generell alles falsch ist. Als Intendant muss ich in solchen Momenten äusserst sensibel agieren. Ich darf nie den eigenen Stil zum Massstab ma­chen, sondern muss immer versuchen, innerhalb der Ästhetik des Anderen zu argu­ men­tieren, etwa indem ich auf even­tuell fehlende inhaltliche Konsequenz und Genauigkeit hinweise. Wenn eine Pro­ duk­­­tion mich künstlerisch über­zeugt, interessiert mich später auch eine ne­­ga­ti­­ ­ve Rezension nicht wirklich. Umgekehrt kann mich auch die en­thusias­tischs­­te Kritik nicht trösten, wenn eine Aufführung meiner Ansicht nach miss­glückt ist. Intern versuche ich nach jeder Premiere gemeinsam mit meinem Team sehr genau auszuwerten, wie wir zu einer Arbeit stehen. Die Planung einer Opern­pro­ duk­tion steckt schliesslich voller Risiken und nachher fragt man sich: Warum ist etwas nicht so gelaufen, wie wir es uns er­hofft hatten, wo haben wir ein Problem unterschätzt, haben wir bestimmte Künstler überfordert, wo haben wir ein­fach Glück gehabt usw. Aber selbst wenn ich eine Aufführung für total miss­ lungen hielte, würde ich nach aussen trotzdem immer dazu stehen. Die Künst­ ler, die bei uns arbeiten, erwarten zu Recht, geschützt zu werden. Wie gehen Sie vor, wenn ein Künstler nicht offen ist für Kritik? Wenn ich einen Künstler persönlich nicht sehr gut kenne, bin ich mit offener Kritik sehr vorsichtig. Man spürt re­­lativ rasch, ob jemand offen für An­ regun­gen ist. Falls nicht, lässt man ihn in Ruhe. Wenn dabei eine tolle Aufführung he­raus­­kommt und sich meine Sorgen als unberechtigt erweisen, um so besser. Grundsätzlich muss ich jedem Künstler das Vertrauen entgegenbringen können, dass er seinen Job auch ohne meine Ratschläge gut macht.

Foto: Stefan Deuber

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Kreaturen der Nacht

Foto: Mauritius Images / moodboard plus

Giuseppe Verdis Oper «Macbeth» ist ein düsteres Nachtstück. Im Schutz der Dunkelheit werden Mordtaten begangen, und der Wahnsinn bricht aus. Am 3. April hat eine Neuproduktion von Verdis «Macbeth» am Opernhaus Zürich Premiere. Wir haben deshalb mit der Zürcher Kulturwissenschaftlerin Elisabeth Bronfen ein Gespräch über das Wesen der Nacht geführt



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Frau Bronfen, was hat die Nacht, dass Sie ihr ein ganzes Buch gewidmet haben? Wir zählen unser Leben in Tagen und kämen nie auf die Idee, zu sagen: Eine Woche hat sieben Nächte. Aber die Nacht ist viel, viel interessanter! Mit dem Tag assoziieren wir Vernunft, Ordnung, Arbeit, Realität und mit der Nacht das Irrationale, die Fantasie, Wunschvorstellungen, das nicht wirklich Existente. Die Nacht ist nicht nur der Gegenpol zum Tag. Aus dieser Dualität muss man sich lösen, wenn man sie wirklich in den Blick nehmen will. Dann stellt man fest: Die Nacht ist auch in sich extrem widersprüchlich, schillernd und voller Kontraste. Sie ist alles. Sie ist Entgrenzung, Ekstase, Rausch, aber auch die Zeit der Ruhe, der Kontemplation und der Inspiration. Sie ist die Zeit der Träume, aber auch der wachen Momente, in denen klarsichtige Entschlüsse gefasst werden, der Verstand also durchaus anwesend ist. Sie ist Ort des Unheimlichen und des Bösen, aber auch die ganze christliche Mythologie wird in Nächten gerechnet, denken Sie an die Nacht von Bethlehem, die Nacht im Garten Gethsemane, das letzte Abendmahl oder das plötzliche Weltdunkel bei der Kreuzigung von Jesus. Das Christuslicht muss in der Nacht erscheinen, damit es leuchten kann. In allen Kosmologien der Mensch­heit steht am Anfang eine Urnacht, eine Finsternis der absoluten Potenzialität, dann erst kommt der Anbruch des Tags. Oder nehmen wir die Romantiker, etwa Novalis: Sie verstehen das Ende der Welt nicht als ewigen Tag, sondern als ewige Nacht. Wir kehren zurück in die Nacht, weil wir aus ihr auch gekommen sind. Dann wäre der Tag nur noch ein kleiner Abschnitt in der Unendlichkeit der Nacht? Das Hin und Her von Nacht und Tag ist entscheidend. In allen Mythopoetiken ist die Nacht eine Passage, ein Durchgangsstadium. Die Vorstellung von einer Reise ans Ende der Nacht kann deshalb doppeldeutig sein: Sie kann an den tiefsten Punkt führen, ins absolute Nichts oder zu dem Moment, an dem der Tag wieder beginnt. Wenn die Nacht für die Abwesenheit des Lichts steht, was ist dann anwesend? Das Licht ist nie ganz abwesend. Es gibt Mondlicht, Sterne, und der Mensch hat von jeher alle möglichen Formen von künstlicher Beleuchtung genutzt, das Feuer zum Beispiel. Aber in der Nacht ist das Sehvermögen eingeschränkt, und deshalb kommen die anderen Sinne ins Spiel. Du spürst die Nacht mehr als dass du sie siehst, du hörst sie. Sehen heisst ja auch, eine Form von Distanz herstellen, und die fällt in der Nacht weg. Dadurch verwischen sich die Grenzen, das macht die Nacht für die Dramenliteratur, für Oper und Kino attraktiv. Nachts weiss man nicht mehr genau, wer Freund und wer Feind ist, ob etwas «ein Bär oder ein Busch ist», wie Theseus in Shakespeares Sommernachtstraum sagt. Die Nacht ist deshalb auch die Zeit der grossen Grenzüberschreitungen, etwa in der Liebe und in den Aus­prä­gungen von Gewalt. Verschwörungen zum Beispiel finden immer in der Nacht statt. Sie ist Ort des Subversiven, des Revolutionären, der Freiheit. Es ist kein Zufall, dass bis weit ins 18. Jahrhundert in den Siedlungen der Menschen mit dem Einbruch der Dun­ kelheit die Tore geschlossen wurden und nur noch die Nacht­wache unterwegs sein durfte. Es gibt eine Analogie zwischen der Elektri­sie­r ung der Städte und dem Aufkommen von moderner Polizei und Geheimdiensten. Da man die Dinge nachts nicht richtig erkennen kann, hat man sie auch nicht unter Kontrolle. Anlass unseres Gesprächs ist Giuseppe Verdis Oper Macbeth. Ist das für Sie ein klassisches Nachtstück? O ja. Die entscheidenden Szenen finden alle in der Nacht statt. Das Drama erwächst aus einem äusseren Krieg und führt zu einem inneren Krieg – den Mord­taten von Macbeth und seiner Lady. Die sind nur als nächtliche Taten denkbar.


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Dämonen spielen als Antrieb für die Mordpläne von Macbeth eine wichtige Rolle, etwa die Hexen und ihre Prophezeiungen. Wer sind die Hexen? Diese drei bärtigen Schwestern sind schwer zu fassen. Sind sie Zwischenwesen? Zwitter? Geister? Ich würde sie als Kontingenzwesen oder Potenzialitätsfiguren bezeichnen. Sie stellen Möglichkeiten dar in einem Moment, indem etwas zu Ende gegangen, aber das Neue noch nicht ausgeprägt ist. Ich finde es unglaublich modern, dass die Hexen bei Shakespeare zugleich als innere Stimmen von Macbeth verstehbar sind. Banco sieht sie zwar auch, aber bei ihm lösen sie keine dunklen Ambitionen aus. Die Hexen können die Mordgedanken in Macbeth nur wach­ rufen, weil er sie immer schon gehabt hat. Die Hexen sind Katalysator für etwas, das bei Macbeth da ist, und bei Banco nicht. Als Entäusserung des inneren Zwiespalts von Macbeth kann man auch die Erscheinung von Bancos Geist während des Banketts verstehen. Er spürt in sich das Begehren, Macht um jeden Preis zu erlangen und zugleich erschreckt ihn der Sog dieses Triebs. Dann gibt es noch den Dolch, den Macbeth halluziniert. Verdi hat aus dieser Vision einen musikalisch grandiosen Monolog gemacht. Der Dolch bringt die Schuld zum Ausdruck. Macbeth sieht ihn in dem Augenblick, in dem er sich schuldig fühlt, etwas tun zu wollen, das er nicht darf und gleich­ zeitig weiss, dass er es tun wird. Macbeth wird von Dämonen heimgesucht. Welches Verhältnis hat Lady Macbeth zur Nacht? Weibliche Figuren sind im Kontext der Kunst viel mehr in der Nacht beheimatet als Männer. Denken Sie nur an die Königin der Nacht und an die griechische Göttin der Nacht Nyx. Frauen haben selbstverständlicheren Umgang mit den Formen nächt­licher Kreativität. Deshalb ist der Ausnahmezustand der Nacht für Lady Mac­ beth ein viel zugänglicherer Raum. Sie kann mit der Nacht umgehen. Sie ruft sie sogar an. Genau. Wobei man wissen muss, dass normalerweise Shakespeares Stücke im Globe ­Theatre bei Tage aufgeführt wurden. Deshalb musste die Sprache so stark sein und die Nacht mit entsprechendem Pathos angerufen werden, dass sie sich das Thea­ terpublikum auch wirklich vorstellen konnte. Aber zurück zur Nacht als Raum des Weiblichen: Ich sehe da beispielsweise auch Parallelen zum Film noir, in dem die Frauen die Nacht viel besser bespielen als die Männer. In mancher Hinsicht könnte man auch Macbeth als einen ganz frühen Film noir verstehen. Aber Lady Macbeth wird wahnsinnig, jeder kennt ihre berühmte Schlafwandel­ szene. Wahnsinn kann ja auch eine Form von Einsicht und Hellsicht sein. Es ist einfach ein anderes Wissen, das in der sogenannten geistigen Umnachtung durchschlägt. Im Wahnsinn kannst du Visionen haben, die dir der Tag verbietet. Das können wun­­ der­bare Visionen sein, aber natürlich auch furchtbare und zerstörerische. Im Falle von Lady Macbeth kommt ein Fall von Wahnsinn zum Tragen, in dem eine Wahrheit vernommen wird, die sonst nicht auszuhalten wäre. Sie schlafwandelt, nachdem sie erfahren hat, dass Macbeth die gesamte Familie seines Rivalen Macduff ermordet hat. Sie erkennt die Wahrheit ihres zerstörerischen Begehrens und die Konsequen­ zen, die daraus erwachsen sind, und nimmt diese Wahrheit an. Solche Selbsterkenntnis ist nur im Schutz des Wahnsinns möglich, und aus dem gibt es keinen Weg zurück. Wie sollte sie aus dieser wahnsinnigen Erkenntnis wieder aufwachen, sie müsste ja alles verdrängen. Aber, ehrlich gesagt, sehe ich in der Lady nicht nur die dämonische Furie. Sie ist zwar rabiat, aber einer ihrer Kernsätze lautet: «What’s done is done». Was geschehen ist, ist geschehen und lässt sich nicht mehr rückgängig machen. Sie ist auch eine Realpolitikerin, die sagt: Da müssen wir jetzt durch. In dieser Hinsicht hat


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sie fast etwas Angela-Merkel-Haftes. Sie ist auch eine gute Ehefrau, die ihren Gatten nach Kräften unterstützt, ihn fördert in seinem Machtstreben und zu ihm hält bis zum Schluss. Das ist doch genau das, was man von einer guten Ehefrau erwartet. Die beiden führen eine sehr enge Ehe. In keinem anderen Shakespeare-Drama reden die Paare so vertraut. Die beiden sind zutiefst mit- und an­einander gebunden. Sie vertrauen sich so sehr, dass sie gemeinsam diesen Königsmord begehen können. Macbeth findet nach dem Mord keinen Schlaf mehr. Was bedeutet Schlaflosigkeit in der Motivik der Nacht? Nicht nur er findet keinen Schlaf mehr, alle anderen auch nicht, aus Furcht. Bei Shakespeare heisst es an einer Stelle: Seitdem Macbeth im Haus ist, gibt es in Schott­land nur noch Nacht. Es ist eine permanente Nacht der Tyrannei, in der an Schlaf nicht zu denken ist. Schlafentzug ist ja eigentlich eine Form von Folter. Du kommst nicht zur Ruhe. Du verlierst deine Balance und gerätst in einen Zu­ stand psychischer Hyperaktivität, der allerdings auch extreme Wachsamkeit be­deutet. Du bist präsent in einem ganz existenzialistischen Sinne, und für Macbeth heisst das auch, er ist ganz nahe dran an der Bestimmung seines Wollens. Verfolgt Macbeth ein politisches Projekt oder ist er nur blutrünstiger Tyrann? Er wagt es, angespornt von den Hexen, den König zu ermorden. Er sagt wie ein früh­ modernes Subjekt: Ich übergehe die Hierarchien und setze mich einfach selbst als Herrscher ein. Dieses Vorgehen birgt für mich auch ein revolutionäres Potenzial. Man sagt immer, Macbeth sei ein grausamer Tyrann, aber man muss schon auch darauf hinweisen, dass er ein totalitäres System aufbricht. Duncan ist der inkompetente König, und in diesem Kontext kann ein Mord durchaus fortschritt­lichen Charakter haben. Wir denken immer, weil der König von Gott bestimmt ist, sind Königsmorde blasphemisch, aber im Mittelalter – und Shakespeares projiziert ja das Macbeth-­ Drama ins Mittelalter – wurden diese Könige permanent umgebracht. Das waren wackelige politische Systeme. Man könnte Macbeth auch als revolutionäre Figur lesen, die dann entgleist. Politik, denkt man, wird immer im Licht des Tages und mit Verstand gemacht. Aber Macbeth scheint uns etwas anderes zu lehren. Will man einen Königsmord begehen, muss man es mit Hilfe von Intrigen machen, und die Zeit der Intrige ist die Nacht. Also sind die kleinen Projekte der Politik im wahrsten Sinne des Wortes «Tages­geschäft», die grossen aber ein Fall für die Nacht? So ist es. Grosse Politik hat immer mit Visionen im besten und im schlechtesten Sinne zu tun, und die sind auf der Seite der Nacht. Wird es in Schottland am Ende von Shakespeares Macbeth noch einmal Tag? Malcolm wird König, er schafft eine neue Ordnung, und eine ganz harte, stählerne Männergemeinschaft bleibt da am Ende übrig. Alles Weibliche wird eliminiert. Die Frauen werden umgebracht. Die Verbindung von Nacht, Magie und weiblicher Kreativität, die von Shakespeare angelegt ist, muss der patriarchalischen Macht geopfert werden, einer Ratio, die keinen Widerspruch duldet und somit auch grund­ sätzlich gegen das magische Denken gerichtet ist. Es ist offen, ob der Tag, der da anbricht, besser ist als die Nacht zuvor, er könnte auch viel schrecklicher sein. Das Gespräch führte Claus Spahn Elisabeth Bronfen ist Professorin für Anglistik an der Universität Zürich und hat 2008 im Hanser-Verlag unter dem Titel «Tiefer als der Tag gedacht» eine Kulturgeschichte der Nacht veröffentlicht.


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Ausgeburten der Fantasie Was ist Traum, was Wirklichkeit in Verdis Oper «Macbeth»? Wer sind die Hexen und wie bringt man Halluzinationen auf die Bühne? Ein Gespräch mit unserem «Macbeth»-Regisseur Barrie Kosky

Fotos: Stefan Deuber

Herr Kosky, welche persönliche Geschichte verbindet Sie mit Shakespeares Macbeth? Ich habe das Stück schon mit 16 Jahren für eine Theateraufführung an meiner da­ maligen Schule inszeniert. War das der Beginn Ihrer Regielaufbahn? Nein, meine allererste Inszenierung war Woyzeck, ebenfalls an meiner Schule. Nach dem grossen Erfolg dieser Produktion durfte ich dann Macbeth machen (lacht). Ich war in Australien an einer Jungen-Schule, deshalb wurden damals auch die Hexen und die Lady Macbeth von Jungs gespielt. Ich habe Macbeth dann noch ein­ mal als Student an der Uni Melbourne auf die Bühne gebracht und ein drittes Mal vor zwölf Jahren am Wiener Schauspielhaus. Dort habe ich dann alle Rollen von Frauen spielen lassen. Das Shakespeare-Drama hat mich durch mein ganzes Leben begleitet – und nun beschäftige ich mich zum ersten Mal mit der Oper Macbeth.


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Welche Erkenntnisse bringen Sie aus dieser langen Geschichte mit dem Stück in die aktuelle Produktion ein? Man muss so ein Stück natürlich für jede Produktion komplett neu denken, aber trotzdem zieht sich ein roter Faden durch meine Beschäftigung mit Macbeth: Ich sehe in dem Stück das innere Drama von Macbeth und Lady Macbeth. Ein Drama, das getrieben wird von Fantasien, Ängsten und Halluzinationen im Kopf der Protagonisten. Dieser Sicht kann ich in der Opernversion noch viel radikaler folgen als im Schauspiel, weil Verdis Musik auf geniale Weise das Albtraumhafte im Stück in Klang fasst. In meinen Schauspielversionen hatte ich immer reale Hexen auf der Bühne. Jetzt aber habe ich nach einem Konzept gesucht, in dem ich auf Realismus ganz verzichten kann. Ich wollte keinen Hexenchor, keinen Mörderchor, kein Blut. Was spricht denn gegen Hexen auf der Bühne? Jeder Macbeth-Regisseur muss eine Antwort auf die schwierige Frage geben: Wie sieht der Hexenchor auf der Bühne aus? Aber schon die Fragestellung ist eine Falle. Sie muss viel eher lauten: Was sind die Hexen für Macbeth? Meine Antwort lautet: Sie müssen vieles sein, sie müssen irreal und real, männlich und weiblich, tot und lebendig zugleich sein. Vor allem aber müssen sie glaubwürdig sein, und das werden Sie erst, wenn man sie aus der Perspektive von Macbeth denkt und szenisch ent­ wickelt: Sie sind Ausgeburten seiner Fantasie! Ich habe in Macbeth-Inszenierungen schon alles mögliche als Hexen gesehen: Putzfrauen, Travestiefiguren, Erotik­ models, und dabei ist mir eins klar geworden: Die Antwort auf die Frage, wer die Hexen sind, darf nicht von den Kostümen gegeben werden. Banco stellt im ersten Akt die Frage an die Hexen: Seid ihr von dieser Welt oder aus einer anderen? Eben. Und ich finde, die Figuren müssen surreal sein, weil die ganze Oper surreal ist. Ich habe für meine Produktion entschieden: Die Hexen sind nur Stimmen, und was man als Figuren sehen wird, sind nicht die Damen des Chors. Und schon kann ich mit ganz anderen Theatermitteln arbeiten. Ich habe viel mehr Möglich­ keiten und komme weg vom Illustrieren.

Markus Brück gibt seine Rollendebüt als Macbeth am Opernhaus Zürich. Als langjähriges Ensemblemitglied der Deutschen Oper Berlin hat der Bariton viele grosse Verdi-Rollen auf die Bühne gebracht. Mit Mac­beth erkundet er nun einen der schwärzesten und abgründigsten Charakter seines Fachs.

Wie hat Verdi die Hexen musikalisch charakterisiert? Die Oper beginnt mit diesem fantastisch bedrohlichen Vorspiel, das uns sofort in eine andere Welt versetzt. Und daran schliesst sich ein geradezu operettenhafter Hexenchor an, der klingt, als ob Verdi Jacques Offenbach parodieren wollte. Das ist schon ziemlich schräg. Aber ich glaube, Verdi hat das sehr bewusst gemacht. Er wollte Kontraste schaffen. Die Musik war für ihn Ausdruck einer surrealen, dionysischen, keiner Kontrolle unterliegenden Sinnlichkeit. Das war die Intention, aber leider sieht die Theaterrealität oft anders aus. Deshalb wollte ich, dass die Hexen in meiner Inszenierung nur in ganz wenigen Momenten sichtbar werden und sonst Widerhall der Angstfantasien von Macbeth sind. Das gilt aber nicht nur für die Hexen, sondern auch für den Mörderchor, die Bankettmusik und die Stimmen aller Nebenfiguren. Von der ersten bis zur letzten Note kommt die Musik in unserer Inszenierung aus dem Kopf von Macbeth und Lady Macbeth. Was für einen Raum braucht man für ein solches Inszenierungskonzept? Ich habe zu meinem Bühnenbildner Klaus Grünberg lediglich gesagt: Ich brauche einen starken Kontrast zwischen Licht und Dunkel, was immer das heissen mag. Und gib mir einen Spielraum ohne Wände, der relativ klein und klaustrophobisch ist. Mehr habe ich nicht vorgegeben. Dann kam Klaus mit seiner Idee von einem endlosen schwarzen Korridor, in dem eine Lichtfläche installiert ist, die fast den Charakter eines Käfigs hat. In diesem Lichtkäfig bewegen sich die Figuren wie Laborratten. Man weiss nicht, was das Licht ist, das auf die Figuren herabstrahlt.


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Ist es das Schicksal, ist es Natur, klinische Künstlichkeit? Wie Motten kommen die Figuren aus dem Dunkel in dieses Licht. Was gewinnen Sie durch die Unsichtbarkeit von Figuren und die Dunkelheit auf der Bühne? Diese Entscheidungen sind aus dem Nachdenken über die Musik erwachsen. Wir haben es hier im Grunde mit einem Kammerdrama für zwei Personen zu tun. Bei Verdi spielen Macduff, Malcolm und Banco eine viel unbedeutendere Rolle als bei Shakespeare. Diese Figuren interessierten Verdi nicht sonderlich, er hat sehr viel von ihrem Text gestrichen. Die Freundschaft zwischen Macbeth und Banco etwa kommt in der Oper so gut wie gar nicht vor. Verdi konzentriert alles auf Mac­ beth und Lady Macbeth, sie sind die einzigen beiden psychologisch entwickelten Figuren. Wenn Verdi alle anderen Figuren marginalisiert, muss sich meiner Meinung nach auch die Inszenierung ganz auf Macbeth und Lady Macbeth konzentrieren. Und das haben wir getan: Wir spielen das Stück als eine Art Totentanz dieses Ehe­ paars, denn genau so kommt mir die Musik vor – wie ein Totentanz. Sie hat fast den Charakter einer schwarzen Messe. Keine andere Verdi-Partitur ist so radikal wie Macbeth. Manchmal hat man angesichts der Harmonik das Gefühl, die Zweite Schule sei nicht mehr weit. Verdi macht Angst hörbar. Er bringt in seiner Musik Horror und was er bedeutet, zum Klingen. Das ist ja eigentlich etwas, das erst im 20. Jahr­ hundert im Kino entwickelt wurde. Und Horror kann nicht illustrativ sein: Der findet im Kopf der Zuschauer statt, sie müssen sich genauso fühlen wie Macbeth. Zur Identifikationsfigur taugt Macbeth aber nicht, oder? Verdi ist es gelungen, aus Macbeth und der Lady grosse Figuren wie aus einer an­ti­ ken Tragödie zu machen, und das bedeutet auch: Man ist berührt von ihnen durch die Musik. Im Schauspiel ist es sehr schwer, den beiden Hauptfiguren sympa­ thische Züge abzugewinnen, aber Verdi hat es geschafft, dieses Monster empathie­ fähig zu machen.


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In den Opernführern liest man immer wieder: Macbeth sei Verdis einzige Oper, in der es keine Liebesgeschichte gebe. Stimmt das? Blödsinn! Das Gegenteil ist der Fall. Wir haben es hier sehr wohl mit einer Liebes­ geschichte zu tun. Es ist natürlich keine romantische, sondern eine Mischung aus Symbiose und Besessenheit. Er kann ohne sie nicht und sie nicht ohne ihn. Sie sind ein abgründiges Team. Ich höre in der Musik für die beiden eine grosse Einsamkeit, aber auch Liebe und eben nicht nur kalte Machtgier. Was, zum Beispiel, war das Faszinierende an dem rumänischen Tyrannenpaar Ceauşescu? Sie waren monströs, aber sie haben sich geliebt! Wie sehr interessiert Sie das politische Drama, das der Shakespeare-Stoff in sich birgt? Ehrlich gesagt gar nicht. Macbeth ist auf der Opernbühne sehr oft als politisches Drama erzählt worden, und zwar sehr erfolgreich. Das war doch die gängige Lesart der Oper in den vergangenen dreissig Jahren. Meiner Meinung nach steht aber das politische Thema bei Verdi nicht im Zentrum. Verdi hat sein politisches Interesse etwa im vierten Akt zum Ausdruck ge­ bracht, wo er im «Patria oppressa»-Chor das geschundene Vaterland vom Volk beklagen und gegen den Tyrannen aufstehen lässt. Ist das nicht die schwächste Musik der gesamten Oper? Man denkt doch die ganze Zeit, wann schwenkt die Handlung endlich wieder zurück auf Macbeth und die Lady. Ich glaube, Verdi wollte mit dem «Patria oppressa» einfach nur dem Chor etwas Schönes zum Singen geben und den Nabucco-Chor-Erfolg noch einmal wie­der­holen. Deshalb sag ich: Das Psychodrama ist in dieser Oper viel interessanter. Was ist Traum und was ist Wirklichkeit in der Handlung? Was Schlaf und was nicht? Stellen die beiden womöglich eine böse Variante von Adam und Eva dar, in der sich der Garten Eden als Hölle erweist? Die Menschen kommen in unserer Insze­ nierung aus der Dunkelheit und treten wieder in sie zurück. Man weiss nicht genau: Wer ist wer? Es ist ein Musiktheater aus Stimmen, Schatten und gespenstischen Wahrnehmungen. Man dringt so viel eher zur inneren Emotionaliät der Musik vor.

Tatiana Serjan kennt die Machtgier und den Wahnsinn der Lady Macbeth so gut wie kaum eine andere Sopranistin. Vor vier­zehn Jahren star­tete die Russin ihre in­ternationale Opern­karrie­re mit eben dieser Partie und hat als Lady Macbeth seit­her weltweit in vielen Produktionen Triumphe gefeiert, so etwa vor vier Jahren bei den Salz­burger Festspielen.

Was bedeutet das für die Spielweise auf der Bühne? Im Verlauf der Proben spüre ich immer deutlicher, dass ich eine Spannung zwischen den Figuren haben möchte, wie man sie aus dem japanischen Nō-Theater kennt – eine minimalistische Gestik mit einer ganz grossen Spannung zwischen Stimme und Körper des Darstellers. Ich liebe ja auch Samuel Beckett und seine Nicht-Orte. Das Beckett-Stück, das einem am meisten Angst macht, ist Not I, in dem die Figuren nur noch in Form eines Mundes existieren. Das ist der pure Horror. Keine Augen, keine Gesichter, nur schreiende, sprechende Münder. Etwas von dieser Beckett-­ Welt würde ich gerne in die Arbeit an Macbeth integrieren. Banco singt an einer Stelle: «Was ist das für eine grauenvolle Nacht, in der der Unheilsvogel seufzt.» Was bedeuten die Vögel in dem Stück? Klaus Grünberg und ich sprachen darüber, dass es so auffällig viele Vögel in Macbeth gibt. In der klassischen Mythologie tauchen die Vögel oft im Zusammenhang mit Tod auf, meist als unheimliche und bedrohliche Propheten des Unheils. Wir hatten dann die Idee tote Vögel in unsere Inszenierung zu integrieren, aber wir haben versucht, sie nicht zu sehr mit Bedeutung zu überfrachten. Sie sind einfach anwe­ send und stellen in gewisser Weise Dunkelheit in kreatürlicher Form dar. Als ob sich die Dunkelheit in Vögel verwandeln könnte. Welchen Dirigenten braucht man, um ein solches Konzept zu verwirklichen? Einen wie Teodor Currentzis! Ihn bei dieser Macbeth-Produktion an der Seite zu haben, ist ein Geschenk der Theatergötter. Er kennt das Stück in- und auswendig,


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hat es dutzendmal dirigiert, fängt aber bei einer Neuproduktion wieder bei Null an, als ob er es zum ersten Mal dirigieren würde, mit aller Offenheit für neue Ideen. Sein erster Impuls in den Proben ist immer: Lasst uns penibel genau machen, was in der Partitur steht. Und was er dann aus ihr herausarbeitet, ist genau das, was mich interessiert: Verdis Radikalität, die sich in allen erdenklichen Bereichen niederschlägt, sei es in der Orchestrierung oder in gespenstischen Fermaten, in der extrem notierten Dynamik oder den sotto-voce-Vorschriften. Teodor hat sofort verstanden, dass mein Regiekonzept nur funktioniert, wenn sich im Orchester eine unerträgliche Spannung aufbaut. Man braucht einen Dirigenten, der mutig ist, der eine direkte Verbindung zwischen Graben und Bühne schafft und dieses emotionale Klangpsychogramm mit allen Ausdrucksmitteln aufspannt, die ihm zu Verfügung stehen. Sind Sie auch mit den Sängern zufrieden? Ich bin nicht nur zufrieden, sondern überglücklich. Macbeth kannst du nur mit intelligenten Sängern machen und die habe ich. Das gilt insbesondere für Macbeth und Lady Macbeth. Tatjana Serjan kennt den komplexen Charakter der Lady in all ihren Nuancen, und Markus Brück versteht sehr genau, in welche tiefe Abgründe die Macbeth-Figur im Verlaufe des Abends schaut. In diesen Partien muss man bereit sein, die Sänger-Eitelkeit zu Hause zu lassen und darf keine Angst haben, auch mal hässlich zu wirken. Man ist emotional in jedem Moment des Abends total exponiert, erst recht in unserer Inszenierung, in der jede Note extrem mit szeni­ scher Bedeutung aufgeladen ist. Mir macht diese Konzentration unglaublich Spass, denn, ehrlich gesagt, habe ich im Moment ein bisschen die Nase voll vom Aus­ stattungs­theater. Bei Macbeth gibt es nur die Hauptdarsteller, Licht, Dunkelheit, zwei Stühle und ein paar tote Krähen. Ich finde, das reicht. Das Gespräch führte Claus Spahn

Unsere Probenfotos zeigen Tatjana Serjan als Lady Macbeth, Markus Brück als Macbeth und den Regisseur Barrie Kosky bei der Probenarbeit



Macbeth 21

Das Innere des Werks hörbar machen Der Dirigent Teodor Currentzis sucht in der «Macbeth»Partitur nach Verdis ursprünglichen Klangvorstellungen. In Zürich, so sagt er im Gespräch, finde er dafür die idealen Voraussetzungen

Foto: Mischa Blank

Teodor Currentzis, vielen gilt Verdis Macbeth als Meilenstein auf dem Weg des Komponisten hin zu seinen grossen Musikdramen. Worin un­ter­schei­det sich diese Oper Ihrer Meinung nach von den bis dahin kom­ponierten Werken Verdis? Die grösste Besonderheit dieses Werkes ist seine Vorlage – das Drama Shake­ speares. Es war ein sehr gewichtiger Schritt Verdis, Shakespeare für eine Oper zu adaptieren – Shakespeare ist für mich das grösste Genie aller Zeiten. Ohne Shakespeare bedeutet die Musik Verdis gar nichts. Für Verdi war Macbeth der Ausgangspunkt, um seine Theater­ konzeption weiterzudenken, und die führte zum politischen Drama. Macbeth ist kein Märchen, obwohl die Oper oft als solches missverstanden wird. Ihre Hauptfigur ist ein Mensch, der von der Gesellschaft – also von den Hexen – manipuliert wird. Sie verstehen die Hexen im Macbeth als Teil der Gesellschaft – nicht als Repräsentanten des Übernatürlichen? Das Übernatürliche wurde doch von den Menschen erfunden! Auch der Teufel ist eine menschliche Erfindung,

ein Sündenbock, dem die Menschen ihre eigene Schuld, ihre eigene Unzuläng­ lich­keit übertragen. Für mich sind die Massen, also die Chöre in Macbeth, im Prinzip identisch – die Hexen und das Volk unterscheiden sich nicht. Sie mani­ pulieren Macbeth, und anschliessend machen sie ihn zum Feind. Ein Me­cha­ nis­mus, wie wir ihn auch im Irak oder in Nordafrika erlebt haben: Erst unter­ stützt man die Diktatoren und lässt sie gewähren, dann vernichtet man sie. Die Erscheinungen – also der Geist Ban­ cos, die Geister seiner anderen Opfer – stehen für Macbeths Schuldgefühl. In diesem Moment verliert Macbeth völlig die Orientierung, er weiss nicht, was wirklich ist und was nicht. Er kann seine Taten nicht rückgängig machen und sieht die Abgründe, die sich vor ihm auf­ tun. Die Schuld quält ihn, und Glück gibt es nicht. Vielen gilt Macbeth als die düsters­te, schwärzeste Oper Verdis. Sehen Sie das auch so, und wenn ja, wie wird diese Schwärze erreicht? Ja, das sehe ich auch so. Verdi verwen­ det viele Elemente aus der vorklassischen Musik, arbeitet stark mit Polyphonie.


22 Macbeth

Die Emotionalität des Barock und der Renaissance lebt vor allem von ihren düs­teren Seiten; die dunkelsten Seiten der Musik findet man genau in dieser Epoche. Verdi weiss, wie er diese Ele­ mente für sich nutzen kann.

«Ich möchte, dass diese bekannte Musik neu gehört werden kann.»

Welche Elemente aus der alten Musik verwendet Verdi? Zum Beispiel Choräle, besonders aber wie gesagt die Polyphonie. Da gibt es diese «Battaglia», die Schlacht, die sehr polyphon komponiert ist. Oder auch einige Tänze – von der Tarantella bis zum Fandango. Für die Hexen verwendet Verdi alte sizilianische Volks­ lieder, die er sich mit Bruststimme gesungen vorstellte. In dieser folkloristi­ schen Musik steckt sowohl Licht als auch Dunkel. Später hat man das dann anders interpretiert und auch anders gesungen, so dass die Hexen klangen wie aus einem Märchen. Aber eigentlich hatte sich Verdi einfache Frauen aus dem sizilianischen Volk vorgestellt. Auch die Instrumentierung im Macbeth ist moderner als in den vorangegan­ genen Werken Verdis. Man erkennt hier schon den späteren Verdi, und ich liebe die Instrumentierung dieser Oper sehr, aber auch ihre Form: Sie ist fan­ tastisch gebaut. Verdi hat ja die ursprüngliche Fas­ sung der Oper von 1847 für die Pariser Erstaufführung 1864 noch ein­mal stark überarbeitet; welche Fassung verwenden Sie in der Zür­ cher Auf­f üh­r ung? Wir spielen die zweite Fassung, über­ nehmen allerdings den Schluss aus der ersten Fassung, denn hier endet die Oper mit dem Tod Macbeths, und das ist eine der dramatischsten Szenen, die Verdi je geschrieben hat. Für die Darstellerin der Lady Mac­ beth forderte Verdi eine Sängerin, die keine schöne Stimme haben sollte, sondern mit «rauher, erstickter, dump­fer Stimme» singen und dem Teufel äusserlich ähnlicher sein sollte als einem Engel. Wie gehen Sie in der Zürcher Aufführung mit dieser Forderung Verdis um?

Verdi wollte nicht diese melodramati­ sche Schönheit, er hatte eine ganz andere Klangvorstellung, die sehr genau in der Partitur notiert ist. Wenn man sich an das hält, was in der Partitur steht, wird man bereits eine neue Interpre­­ tation erhalten, denn sehr viele Interpre­­ ten ignorieren die Partitur. In der ita­lienischen Oper werden oft ein­­­­­­fach irgendwelche Konvention ge­­wor­de­ne Floskeln gesungen, anstatt dass ge­ sungen wird, was wirklich da steht. In Macbeths Arie zum Beispiel gibt es punktierte Sechzehntel, das Orchester spielt gleichzeitig Triolen. Fast immer werden triolische Sechzehntel ge­ sungen. Verdi hat aber genau diese Ge­ genüberstellung von Zweier- und Dreierrhythmen geliebt. Wir bemühen uns in unserer Aufführung, das Klang­ bild zu restaurieren, das der Autor wollte. Das war zu seiner Zeit sehr revolutionär, und für unsere Zeit ist es wieder revolutionär, weil die Hör­­ gewohnheiten längst andere sind. Wir spielen zum Beispiel manche Stellen ohne Vibrato, setzen reliefartige Akzen­te und bemühen uns, das harmonische Programm im Inneren des Werkes hör­ bar machen, die stilistischen Eigen­ heiten der von Verdi verwendeten Ele­ mente und Zitate wiederherzustellen. Das ist eine sehr schwierige Arbeit. Zum Glück hat der Regisseur Barrie Kosky die gleichen künstlerischen Ziele wie ich, wir ziehen an einem Strang. Was bedeutet grundsätzlich Singen in Macbeth vor dem Hintergrund dessen, was Verdi für die Lady forderte? Wir müssen einen besonderen Ton finden, der zum grossen Teil auf De­ klamation beruht. Ich möchte erreichen, dass diese für viele Zuhörer bekannte Musik ganz neu gehört werden kann. Dafür sind wir auf der Suche nach sehr speziellen Klängen, auch in den Sing­ stimmen. Aber wie gesagt, das steht alles in der Partitur! Ich tue nichts gegen die Intention des Komponisten. Gibt es in dieser Partitur auch schwache Momente? Die Hexen! Die Musik der Hexen ver­


führt, wie gesagt, dazu, sie zu märchen­ haften Erscheinungen werden zu lassen, die man nicht ernst nehmen kann und die es unmöglich machen, das politische Drama wahrzunehmen. Wir haben entschieden, dass die Stimmen der Hexen um uns herum sind, überall, als Resonanz der Ereignisse. Im Macbeth gibt es diese typischen Verdischen Ausbrüche, es gibt aber auch die düsteren Seiten aus Wagners Rheingold. Die Konventionen und Zwänge des 19. Jahrhunderts, in denen Hexenchöre und Balletteinlagen einfach zu einer Oper dazugehörten, gibt es heute nicht mehr, und wir sollten versuchen, die Stücke dieser genialen Komponisten in unsere heutige Welt zu übertragen. In der Konzeption von Barrie Kosky sind die sichtbaren Figuren fast völlig auf Macbeth und die Lady re­ duziert, grosse Teile der Handlung spielen sich im Kopf Macbeths ab. Wie stehen Sie zu dieser Konzeption? Wir wollten dieses Drama nicht illu­ strie­­ren. Jeder von uns hat das Potential in sich, ein Macbeth zu sein. In der Welt, in der wir heute leben, ist jeder zweite Regierungschef ein Macbeth! Im Theater müssen wir nicht das zeigen, was wir sowieso wissen. Viel wichti­ger ist die psychologische Analyse dessen, was hier passiert; um eine Katharsis zu erreichen, müssen wir nicht die Ver­ brechen zeigen, die hier begangen wer­ den, sondern ins Unterbewusste hin­­ absteigen und analysieren, was zu diesen Verbrechen führt. In dem Paar Macbeth und Lady Macbeth spiegelt sich der Kollaps der Welt. Zurzeit ist unsere Welt ein einziges Pogrom. Des­halb ist die ganze Bühne schwarz, es gibt keine Farben und auch keine Anspielungen auf unseren Alltag. Die Hand­lung spielt sich genau genommen nicht in Macbeths Kopf ab, sondern in unser aller Kopf. Nach Lady Macbeth von Mzensk und einem Konzert mit Musik von Rameau arbeiten Sie nun zum dritten Mal mit der Philharmonia Zürich zu­sammen; wie gefällt Ihnen die Ar­ beit mit unserem Orchester? Ich bin verliebt in dieses Orchester!

Seine Einstellung zur Arbeit, das, was ich mit diesem Orchester erreichen kann, unterscheidet sich praktisch nicht von meinem eigenen Orchester in Perm. In einer zweistündigen Probe erreichen wir bereits ein sehr hohes Niveau. Und diese Art zu musizieren wird zur Selbstverständlichkeit – wir können zusammen improvisieren, wir atmen zu­ sammen. Hier arbeiten kluge, sensible Menschen mit einer sehr ernsthaften Ein­stellung zur Musik – Dinge, die man in einem Opernorchester selten antrifft. Das liegt nicht zuletzt daran, dass es am Opernhaus Zürich auch das Orchestra La Scintilla gibt, ein Geschenk für diese Stadt! Ein Opernhaus mit einem eige­ nen Barockorchester gibt es so weit ich weiss nur zweimal auf der Welt – in Zürich und in Perm, an meinem eige­nen Theater. Wenn es dieses Orchester nicht gäbe, besässen die Musikerinnen und Musiker nicht den gleichen Ansporn, nicht die gleiche Flexibilität. Es mag paradox klingen, aber die Be­­schäftigung mit alten Instrumenten führt zu ewiger Jugend! Um ganz ehrlich zu sein, komme ich überhaupt nur wegen des Orchesters hierher. Eine Oper einzu­stu­ dieren, kostet mich immer sehr viel Zeit, und Macbeth habe ich schon drei­ mal dirigiert, in Nowosibirsk, München und Paris. Das Wichtigste ist für mich, dass ich mit diesem Orchester tolle künst­lerische Resultate erzielen kann. Und auch abgesehen vom Orchester arbeiten an diesem Opernhaus wunder­ bare Menschen. Nach Zürich zu kom­ men, ist etwas Besonderes. Das Gespräch führte Beate Breidenbach

Macbeth Oper von Giuseppe Verdi Musikalische Leitung Teodor Currentzis, Joana Mallwitz Inszenierung Barrie Kosky Bühnenbild und Lichtgestaltung Klaus Grünberg Kostüme Klaus Bruns Choreinstudierung Ernst Raffelsberger Dramaturgie Claus Spahn Macbeth Markus Brück, Dimitris Tiliakos Banco Wenwei Zhang Lady Macbeth Tatiana Serjan Kammerfrau der Lady Macbeth Ivana Rusko Macduff Pavol Breslik Malcolm Airam Hernandez Arzt Dimitri Pkhaldaze Diener Macbeths, Mörder, Araldo Erik Anstine Philharmonia Zürich Chor der Oper Zürich, Zusatzchor der Oper Zürich Statistenverein am Opernhaus Zürich Premiere 3 Apr 2016 Weitere Vorstellungen 6, 10, 13, 17, 19, 23, 28 Apr; 5, 7 Mai 2016 Partner Opernhaus Zürich

ab


Ein Revolution채r


Foto: Marco Borggreve

der Musik


26 In memoriam Nikolaus Harnoncourt

Ein unersetzbarer Verlust Am 5. März 2016 ist Nikolaus Harnoncourt gestorben. Das Opernhaus Zürich war für den Jahrhundertdirigenten über mehr als 35 Jahre hinweg eine seiner wichtigsten Wirkungsstätten. Zum Tod von Nikolaus Harnoncourt haben wir Zürcher Künstler und Weggefährten um persönliche Worte der Würdigung gebeten

Unauslöschliche Spuren Die Kunstform Oper ist angewiesen auf die ganz grossen, unbeirrbaren Künstler, die es verstehen, Werke des Repertoires überraschend anders zu denken und so inspiriert auf die Bühne zu bringen, dass man sie im Augenblick der Aufführung völlig neu zu entdecken glaubt. Der Dirigent Nikolaus Harnoncourt war ein solcher Künstler. Wie kein anderer Musiker in den letzten fünfzig Jahren hat er unser Verständnis von Musik nachhaltig geprägt und verändert, auch und vor allem im Opernrepertoire. Unauslöschlich sind die Spuren, die er am Opernhaus Zürich hinterlassen hat, mit dem legendären Monteverdi-Zyklus, der an diesem Haus seinen Anfang nahm, seinen Mozart-Produktionen, in denen er einem scheinbar bekannten Komponisten musikalisch ganz neue Perspektiven eröffnete, mit seinen Stückausgrabungen von Franz Schubert und Robert Schumann oder seinen überraschenden Ausflügen ins Repertoire des 19. Jahrhunderts zu Webers Freischütz und den Operetten von Jacques Offenbach. Einen dauerhaften und daher nicht hoch genug zu bewertenden Beitrag zum künstlerischen Profil unseres Opernhauses hat Nikolaus Harnoncourt geleistet, indem er die Gründung unseres hauseigenen Originalklangensembles Orchestra La Scintilla angeregt und entscheidend befördert hat. Für all das gebührt ihm die Verehrung und tiefe Dankbarkeit des Hauses über seinen Tod hinaus. Andreas Homoki, Intendant des Opernhauses Zürich

Reformator Nikolaus Harnoncourt hat uns Dirigenten nicht nur gezwungen, uns mit dem Quellenstudium zu beschäftigen. Er hat uns auch gelehrt, Traditionen und Gewohnheiten konsequent in Frage zu stellen. Basierend auf den Prinzipien von «Freiheit» und «Toleranz» (sowohl im musikalischen als auch im menschlichen Sinne) seines österreichischen Landsmannes Josef Mertin, hat er mit Leidenschaft und Geradlinigkeit die Musikwelt reformiert. Wir können ihm nicht genug dafür danken.

Nikolaus Harnoncourt in Zürich 1975 Monteverdi «L’Orfeo» (Regie: Jean-Pierre Ponnelle)

1977 Monteverdi «L’incoronazione di Poppea» und «Il ritorno d’Ulisse in patria» (Jean Pierre-Ponnelle) 1980 Mozart «Idomeneo» (Jean-Pierre Ponnelle) 1981 Mozart «Lucio Silla» (Jean-Pierre Ponnelle) 1982 Händel «Saul» (Claus Helmut Drese) 1983 Mozart «Mitridate, rè di ponto» (Jean-Pierre Ponnelle) 1985 Mozart «Die Entführung aus dem Serail» (Jean-Pierre Ponnelle)

Fabio Luisi, Generalmusikdirektor

Ein Visionär Die Nachricht vom Tod von Maestro Harnoncourt hat uns alle sehr getroffen: Sein Hinschied bedeutet einen unersetzbaren Verlust für die Welt der Musik! Ich hatte das grosse Glück, über viele Jahre mit ihm zusammenzuarbeiten und wichtige Momente meiner Karriere mit ihm erleben zu dürfen. Nikolaus Harnoncourt hat mit seinen Visionen

Händel «Giulio Cesare» (Federik Mirdita)


In memoriam Nikolaus Harnoncourt 27

1986 Mozart «Così fan tutte» (Jean-Pierre Ponnelle) Mozart «Die Zauberflöte» (Jean-Pierre Ponnelle) 1987 Mozart «Don Giovanni» (Jean-Pierre Ponnelle) 1989 Mozart «Le nozze di Figaro» (Jean-Pierre Ponnelle)

und seinem Werk die Welt der klassischen Musik entscheidend und für immer geprägt, es gibt mittlerweile kein Zurück mehr in die Vor-Harnoncourtschen Klangwelten! Die Zusammenarbeit mit Maestro Harnoncourt hat nicht nur meine Herangehensweise und den Blick auf das Notenmaterial ganz grundsätzlich geschult und geschärft, Nikolaus Harnoncourt hat mit seinem Musizieren die Neugier ganzer Generationen geweckt. Cecilia Bartoli, Sängerin

Unerschütterlicher Enthusiasmus Wir haben von ihm ununterbrochen gelernt, weil er sich immer wieder – durch Sichin-Frage-stellen – erneuert hat. Er hat sich immer und immer Ziele gesteckt, die fast nicht zu erreichen waren. Er hat Unendliches riskiert, die damit verbundenen Ängste in Kauf genommen und uns mit unerschütterlichem Enthusiasmus an Ufer gebracht, die wir uns allein nie zugetraut hätten. Nikolaus – danke! Alexander Pereira, ehemaliger Intendant des Opernhauses Zürich

Mut zum Risiko 1990 J. Strauss «Der Zigeunerbaron» (Jean-Louis Martinoty) 1992 Beethoven «Fidelio» (Rudolf Noelte) 1993 von Weber «Der Freischütz» (Ruth Berghaus)

Nikolaus Harnoncourt war für mich Dirigent, Mensch, unerschöpfliche Wissensquelle, Vermittler von Zusammengehörigkeitsgefühl, eine Philosophie, ein Virus, eine Droge, eine unheilbare Krankheit, eine Art Magier, ein Zauberbann, eine Glaubensfrage, ein Credo. Er war Authentizität. Meine Art Musik zu machen hat sich seit der ersten Begegnung radikal verändert. Durch Harnoncourt habe ich gelernt, das Schöne im Hässlichen zu sehen und das Hässliche als Ausdruck schätzen zu lernen. Und Harnoncourt hat mich gelehrt, das Risiko, zu scheitern, in Kauf zu nehmen. Bei einem Konzert ist mir einmal ein Ton knapp in die Hose gegangen, und Herr Harnoncourt kam danach zu mir und hat sich dafür bedankt, dass ich etwas riskiert habe. Er hat mich ermuntert, es beim nächsten Mal genauso zu tun. Was für eine Befreiung. Was für eine Wohltat. Ruben Drole, Sänger

Offenheit

1994 Händel «Alcina» (Jürgen Flimm) Offenbach «La belle Hélène» (Helmuth Lohner)

Als junge, unerfahrene Sängerin hatte ich oft eine grosse Unsicherheit, vielleicht sogar Angst, auf der Bühne Fehler zu machen und den Erwartungen, die an mich gestellt wurden, szenisch wie musikalisch, nicht gerecht zu werden. Das wichtigste Geschenk, das ich von Nikolaus Harnoncourt im Laufe unserer Zusammenarbeit bekommen habe, war die Befreiung von dieser Unsicherheit. Kein anderer hat mich jemals als Künstlerin so ernst genommen und mir das Gefühl gegeben, dass meine Jugend und Naivität kein Minus war, sondern das Gewünschte. Er war unglaublich offen und durchlässig, so dass beim gemeinsamen Musizieren immer eine Gegenseitigkeit herrschte, die sowohl den Musikern als auch den Sängern auf der Bühne erlaubte, sich ganz zu entfalten. Diese Offenheit ist nicht zuletzt der Grund dafür, dass seine Musik sich immer weiter entwickelt hat. Vergleicht man seine frühen Aufnahmen mit späten Interpretationen, wird man feststellen, dass niemals etwas gleich blieb. Immer war er auf der Suche nach der Bedeutung, die ein Musikstück im aktuellen Moment hat. Niemals versuchte er, etwas unabänderlich festzulegen. Somit wird auch sein Tod keine Endstation sein. Nikolaus Harnoncourt hat etwas in unsere Welt gesät, das immer weiter wachsen wird: nämlich das Verständnis dafür, dass Musik nicht einfach immer wiederholt wird, sondern immer neu geboren erklingt, für uns Musizierende und für das Publikum, als hörte man sie zum ersten Mal. Julia Kleiter, Sängerin


28 In memoriam Nikolaus Harnoncourt

Überzeugungskraft Besonders in den Jahren, als Nikolaus Harnoncourt noch nicht etabliert war, entwickelte er in seiner Arbeit eine unglaubliche Überzeugungskraft. Er hielt es für absolut notwendig, dass das Orchester nicht nur so spielte, wie er sich die Musik vorstellte, sondern auch verstand, warum sie so gespielt werden sollte. Ich kann mich gut an eine Idomeneo-Probe im Jahr 1980 erinnern, als er von Hörnern einen schmetternden, für die Spieler hässlichen Klang verlangte. Als er erklärte, warum nur dieser Klang für die dramaturgische Situation den richtigen Ausdruck erzeugt, war der Widerstand verschwunden. Nach meiner Erfahrung war Harnoncourt der einzige Dirigent, der dem Orchester die Handlung und die Charaktereigenschaften der Figuren der Oper erklärte, sodass jeder wusste, welche Emotionen zum Ausdruck gebracht werden mussten. Das war für mich der Kernpunkt. Er hat die Ausdruckskraft der Musik so verstanden wie kein anderer. Und er hatte die Fantasie allen, die mit ihm musiziert haben, die Ohren für neue Ausdrucksmöglichkeiten der Musik zu öffnen. Das Schöne war schöner, das Dramatische dramatischer, das Leise manchmal kaum hörbar. Thomas Grabowski, ehemaliger Korrepetitor

1995 Schubert «Des Teufels Lustschloss» (Marco Arturo Marelli) 1996 Mozart «Le nozze di Figaro» (Jürgen Flimm) 1997 Verdi «Aida» (Johannes Schaaf) 1998 Offenbach «La Périchole» (Jürgen Flimm)

Freiheit Nikolaus Harnoncourts Tod macht mich tieftraurig. Ich bin ihm unendlich dankbar, dass sich unsere Wege gekreuzt haben. Ohne zu übertreiben kann ich sagen, dass er mein musikalisches Denken revolutioniert hat. Von ihm habe ich am meisten gelernt. Nie vergessen werde ich seine Alcina. Damals erfuhr ich, wie spannend Barockmusik sein kann, und habe dank ihm angefangen, Ba­rockgeige zu spielen. Das Schönste an Harnoncourt war, dass er den Musikern Freiheit gegeben hat. Das ist besonders für einen Streicher wichtig, der während seines Studiums vor allem damit beschäftigt ist, sein Instrument technisch zu beherrschen. Man glaubt, dass vor allem Perfektion erstrebenswert sei. Aber Harnoncourt hat mich gelehrt, dass Musik nie «korrekt» sein, sondern etwas aussagen muss. Und ihm war immer wichtig, spontan zu sein. Unvergesslich war für mich in dieser Hinsicht Beethovens Fünfte in der Tonhalle. Wir wussten wirklich nicht, was kommen würde, sassen alle auf der Stuhlkante, und es wurde schliesslich ein unvergessliches Erlebnis für uns alle. Wenn ich an Harnoncourt zurückdenke, erinnere ich mich aber auch daran, wie lustig die Proben mit ihm waren. Wir haben so viel gelacht mit ihm. Ich werde ihn sehr vermissen.

«Lucio Silla» (Wiederaufnahme zu Ponnelles 10. Todestag), erste Mozart-Produk ­tion mit La Scintilla 1999 Mozart «Don Giovanni» (Jürgen Flimm)

Ada Pesch, Konzertmeisterin

Ein Theatermensch Wer sich auf Nikolaus Harnoncourt einliess, konnte die grossartigsten musikalischen Reisen erleben. Seine Energie, die er dabei in jeden Einzelnen einpflanzte, war einzigartig. In jeder Produktion kam er zu uns in den Chorsaal und erklärte seine interpretatorischen Absichten. In der Arbeit mit dem Chor beharrte er auf einer natürlichen Art der Sprachbehandlung – und da gab es dann eben nicht nur Sechzehntel, sondern auch einmal Siebzehntel oder Neunzehntel! Auch wenn man seine musikalische Sprache mit den Jahren immer besser kannte, überraschte er einen stets aufs Neue. Harnoncourt war nie dogmatisch. Und er war von Kopf bis Fuss Theatermensch. Die Art, wie er zum Beispiel die Rezitative in Mozart-Opern behandelte, war absolut auf­ regend: Nie waren sie nur die Verbindung zwischen zwei Arien, sondern spannend wie ein Dialog. Der Tod von Nikolaus Harnoncourt ist für uns alle ein grosser Verlust. Ich persönlich verdanke der jahrzehntelangen Zusammenarbeit unzählige musikalisch-­ künstlerische Anregungen und unvergleichliche Sternstunden am Opernhaus Zürich. Ernst Raffelsberger, Chordirektor

2000 J. Strauss «Die Fledermaus» (Jürgen Flimm) Mozart «Così fan tutte» (Jürgen Flimm) 2001 Schubert «Alfonso und Estrella» (Jürgen Flimm)


In memoriam Nikolaus Harnoncourt 29

2002 Monteverdi «Il ritorno d’Ulisse in patria» (Klaus Michael Grüber) 2004 Offenbach «La Grande-Duchesse de Gérolstein» (Jürgen Flimm) 2005 Monteverdi «L’incoronazione di Poppea» (Jürgen Flimm) 2006 Mozart «La finta giardiniera» (Tobias Moretti) 2007 Mozart «Die Zauberflöte» (Martin Kušej)

2008 Schumann «Genoveva» (Martin Kušej)

2010 Mozart «Idomeneo» (Nikolaus und Philipp Harnoncourt)

Menschliche Grösse Nikolaus Harnoncourt begegnete ich zum ersten Mal als Bühnenmusiker in Mozarts Don Giovanni, das muss 1987 gewesen sein. Ich war so fasziniert von seiner Energie, der Konzentration, der unkonventionellen Zeichengebung und wie er über Augen und Körpersprache eine elektrisierende Spannung in Mozarts Musik kreierte, dass ich von da an jede Harnoncourt-Produktion spielte, ausser seinen letzten Zürcher Idomeneo. Sein Vorbereitung war vorbildlich: Er studierte seine Werke lange im Voraus akribisch bis ins letzte Detail, bezeichnete das gesamte Notenmaterial für das Orchester und hatte einen ausgeklügelten Plan für die gesamte Probenphase. Als Cellist und Gambist verstand er die Kunst der Bogenführung nicht nur in der historischen Aufführungspraxis. Als ehemaliger Orchestermusiker verstand er die Perspektive des Orchesters mit seinen Bedürfnissen, Schwierigkeiten und «Marotten». Jeder «Dienst» mit ihm war wie eine Vorlesung, mit Hilfe seiner klugen pädagogischen Kunstgriffe brannten sich seine Anweisungen im Gedächtnis ein. Hatte man einmal etwas nicht verstanden oder ging etwas «gegen den Strich», war es immer möglich, mit ihm zu diskutieren, manchmal auch zu streiten, und es kam vor, dass er sich dann beim Ausprobieren überzeugen liess. Das sprach für seine menschliche Grösse. Nikolaus Harnoncourt ist der wichtigste, bedeutendste, prägendste Musiker und Dirigent in meinem Leben. Dieter Lange, Präsident des Orchestra La Scintilla und Kontrabassist

Denken und Fühlen wagen Nikolaus Harnoncourt habe ich als junge Hospitantin bei seiner Alcina kennengelernt. Damals hing ich geradezu an seinen Lippen. Über eine Da-Capo-Arie konnte er so spannend wie über einen Krimi erzählen. Er hat mir eine Welt eröffnet, die ich aus dem Musikunterricht in der Schule als bleischwer und sterbenslangweilig in Erinnerung hatte. Dass Rezitative voller Action sein können, war mir eine echte Offenbarung: Sprache eben, nicht Wiedergeben von schwarzen Notenpunkten! Ich glaube, wenn Harnoncourt nicht gewesen wäre, hätte mich die Oper nicht so faszinieren können. Durch ihn habe ich gelernt, als Künstlerin das Denken und Fühlen zu wagen. Claudia Blersch, Spielleiterin

Geduld und Feinfühligkeit Dank Nikolaus Harnoncourt habe ich gelernt, Risiken einzugehen, mich auszupro­bie­ ren, neue Farben zu suchen. Seine herrlich-verrückten Sprachbilder, die er benutzte, um einen bestimmten Ausdruck zu erreichen, begleiten mich noch heute. Ich erinne­re mich zum Beispiel an eine Probe während des legendären Freischütz in meiner ersten Zürcher Spielzeit. Im Terzett gibt es eine Stelle, in welcher Max und Agathe ein wunderbares Legato singen, während Ännchen darunter Triolen singen muss. Ich habe mich damals sehr bemüht, diese besonders «richtig und schön» zu gestalten. Herr Harnoncourt unterbrach. «Wissen Sie, was ein Zwergrattler ist?», fragte er mich. Das wusste ich nicht. Er erklärte mir, das sei ein kleiner kläffender Hund. Noch heute sehe ich seinen Gesichtsausdruck aus dem Orchestergraben bei dieser Stelle – an den Zwergrattler musste ich da eigentlich gar nicht mehr denken. Nikolaus Harnoncourt war mit seiner Aufmerksamkeit immer hundertprozentig bei uns Sängern auf der Büh­ne und konnte wie kein anderer mit seinen Augen zeigen, was er genau wollte. Es berührt mich sehr, wenn ich an die Geduld und Feinfühligkeit denke, die er mir damals entgegenbrachte. Danke Nikolaus Harnoncourt, für alles, was heute nicht mehr wegzudenken ist! Auch Alice Harnoncourt von Herzen danke! Malin Hartelius, Sängerin


30 In memoriam Nikolaus Harnoncourt

Die Zitate und Fotos stammen aus den Proben mit Nikolaus Harnoncourt am Zürcher Opernhaus; die Zitate wurden von Orchestermusikern notiert.

«Nicht die letzte Note betonen! Das klingt, als ob Sie froh wären, dass Schluss ist»

«Das muss klingen wie ein trockenes Tuch auf einer Fensterscheibe»

Fotos: Peter Schlegel, Emanuel Ammon

«Das muss klingen, als ob eine Krake Sie zusammendrückt. Herausgepresst wie aus einer Zahnpastatube kommen Sie da heraus»


In memoriam Nikolaus Harnoncourt 31

«Ich bin der allergrösste Feind vom Tempohalten»

«Sie müssen dem Ton Leben geben, das soll keine Autohupe sein»

«Das soll klingen, als würde sich ein Elefant schnäuzen»

Nikolaus Harnoncourt und Alexander Pereira

«Gibt es einen Ornithologen im Orchester? In jedem Orchester gibt es einen Ornithologen. Das soll klingen wie ein Gimpelschrei»

«Ein Punkt hinter der Note ist eine Pause! Dogmatik, Artikel 17»

«Lange Töne immer wegfedern!»


32 In memoriam Nikolaus Harnoncourt

«Diese drei Takte sind Lärm, Krach; das ist keine Musik, da rücken Sie Klaviere in der Wohnung hin und her»

Kathleen McKellar Ferguson und Nikolaus Harnoncourt während «Alcina»

«Fragen Sie einen Tiger, wie der das singt»

«Dieser Triller klingt wie ein Telefon vor 20 Jahren»

«Spielen Sie jede Woche einmal Tanzmusik»

Fotos: Peter Schlegel, Roberto Masotti

«Hier müssen die Hörner glühen und die Klarinetten brennen»


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17.3.2016 – 19.6.2016 in Kooperation mit

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RIGOLETTO GIUSEPPE VERDI

11. BIS 27. AUGUST 2016 MÜLIMATT BRUGG-WINDISCH TICKETHOTLINE 0844 13 13 13 ODER TICKETCORNER.CH www.operschenkenberg.ch


34 Volker Hagedorn trifft…

Max Emanuel Cencic Max Emanuel Cencic ist mit seinen Auftritten in den renommierten Opernhäusern und Konzert­sälen der Welt und seiner umfangreichen Diskografie zu einem der erfolgreichsten Countertenöre der Welt avanciert. Sein Konzertprogramm mit dem «Orchestra La Scintilla» am 25. April 2016 ist dem legendären Kastraten der Händel-Zeit, Senesino und dessen Repertoire gewidmet.

Es ist einer dieser Pariser Sprühregentage, an denen man sich wünschte, Cencic käme einem in glitzernder Rokokogarderobe auf dem Boulevard de Strasbourg entgegen, eine steile Koloratur von Johann Adolph Hasse trällernd. Aber die Wirklichkeit ist leider kein Video-Trailer, sie ist nass und grau. Die hohen Bauten aus dem 19. Jahrhundert machen nichts her, man sieht kleine Läden, Jobvermittler, Reisebüros, neben abgewetzten Haustüren, kein Klingelbrett. Nur ein Code für die kleine Tastatur ge­ währt Zugang. Fünf Ziffern, und man ist in einer anderen Welt. Gepflegter Hof mit Brunnen, Läufer im Treppenhaus, Fahrstuhl. Bei weitem kein Stadtpalais, aber wer so mitten in Paris, einen Katzensprung vom Gare de l’Est, lebt, hat geerbt oder speku­ liert – oder sich mit harter Arbeit einen Traum verwirklicht wie Max Emanuel Cencic. Vor einem Jahr zog er hier ein. Jetzt steht er im Alltagsoutfit, im grobkarierten Hemd, in der kleinen Küche gleich neben der Wohnungstür, schält sehr konzentriert Orangen und macht einen Espresso. Seit einer Woche ist er wieder da, vorher sang er den Arminio in Karlsruhe, Deut­schen besser bekannt als Hermann der Cherusker, der bei den Händelfestspielen keineswegs germanisch daherkam, sondern mit Puderperücke und Pistolen aus napoleonischer Zeit. Ein Renner, sechsmal ausverkauft, «das hat gut getan». Sagt nicht nur der Titelheld, sondern in Personalunion auch der Regisseur, der zuvor Händels selten gespielten Arminio mit seiner eigenen Produktionsfirma aufnahm, an die DECCA verkaufte und sein Personal mit nach Karlsruhe brachte, auch das griechische Barock­ orchester «Armonia Atenea». Dass Max Emanuel Cencic nicht nur singen kann, sondern auch ein Gespür hat für das Potential rarer oder gar komplett unbekannter Stücke, zeigte sich schon bei Artaserse von Leonardo Vinci. Vier weitere Countertenöre setzte er da ein, die Box verkaufte sich 25.000 Mal, für Klassik-Produktionen ein riesiger Erfolg. Aber so etwas bindet einem Cencic nicht auf die Nase. Gerade über die Sachen, bei denen viele andere warm werden, redet er nicht gern, den Erfolg näm­lich und den Werdegang, der bei ihm aussergewöhnlich ist. Singendes Wunderkind, in Zagreb 1977 geboren als Sohn einer Opernsängerin und eines Dirigenten, mit sechs im Fernsehen, mit neun Solist bei den Wiener Sängerknaben. «Sie konnten da noch kein Wort Deutsch.» «Es ist ein Albtraum, aber als Kind lernt man eine Sprache sehr schnell.» Er spricht mit wienerischem Anklang, eher tenoral, erstmal zurückhaltend. «Mit Neunzehn hatten Sie 2.000 Auftritte als Sopranist hinter sich und fingen an, in den USA Internationale Beziehungen zu studieren. Hatten Sie keine Angst, zu weit von der Musik wegzukommen?» «Ich wollte weg. Ich wollte nicht in diesem Bereich bleiben.» Er kam aber zurück. Steiler Neustart. Das Studium, Soziologie, Diplomatie, Philosophie, habe ihm geholfen, sagt er. Er will immer das «grosse Bild» sehen, sagt er, die Zusammenhänge. Die machen ihm aber Sorgen. «Ich hatte kürzlich in den USA Konzerte, bei denen die Leute mitten in meiner Arie aufgestanden und gegangen sind. Ältere, nicht mal Jüngere, die wohl ihren Bus erreichen wollten, mitten im piano, das ist einfach barbarisch.» Eine Erosion der Kultur habe da begonnen. «Wenn Sie betrachten, wer in den USA die Republikaner repräsentiert, das ist ein Schock. Früher waren das Harvard-Absolventen, die Elite. Dass die heute nichts besseres als einen Donald Trump aufbieten können, ist der geistige Bankrott. Auch wir haben eine Inflation an Millionären, die nicht zur intellektuellen Elite gehören.» Dieser Vokalstar hat durchaus einen ökonomischen Blick auf die Kultur. «Wenn man sich anschaut, wie gut etwa Deutschland wirtschaftlich da steht, hat das auch mit Kultur und Bildung zu tun. Länder, in denen das nicht unterstützt wird, sind ein Desaster, und jeder Politiker, der das nicht sieht, ist ein Idiot.» Weil aber auch in


Volker Hagedorn trifft… 35

pro­sperierenden Ländern die Unterstützung stetig zurückgehe, sei «die Kommunikation in der Kultur zum Stillstand gekommen, etwa da, wo es sich Opernhäuser nicht mehr leisten können, Künstler aus der ganzen Welt einzuladen. Auch in Karlsruhe sei das nur wegen der Händelfestspiele möglich.» Und natürlich, weil der Boom der Barock­oper mittlerweile schon im dritten Jahrzehnt anhält. Warum eigentlich? «Das sind Schlager! Mit Barock fährt man eigentlich immer sicher. Es wurde schon geschrie­ ben, es hat funktioniert, man muss es nur gut besetzen und ausstaffieren und die richtige Oper auswählen, davon gibt es tausende.» Im 19. Jahrhundert werde man nicht so leicht fündig jenseits dessen, was schon rauf und runter gespielt wurde. Aus­ ser­dem seien barocke Libretti komplexer aufgebaut. «Ja», sage ich, «kein Mensch kann sich ein Barocklibretto merken.» «Nur, wenn es schlecht erzählt ist!» Tatsächlich sieht er einen Reiz der Opern von Monteverdi bis Händel darin, «dass es immer unterschiedliche Geschichten gibt, die sich verbinden. Die Leute im Publikum müssen sich ein bisschen anstrengen. Barockoper fordert! Alle venezianischen Opern des 17. Jahrhunderts sind sehr philosophisch angelegt und komplex.» Und Metastasio, der grosse Librettist des frühen 18. Jahrhunderts, sei revolutionär und mutig genug gewesen, eine Oper zu präsentieren, an deren Ende der Kaiser stürzt – nämlich Ezio, unter anderem von Händel in London komponiert für einen Sänger, der eine zentrale Gestalt für Cencic ist – Senesino. Diesem Kastraten widmet er sein Programm in Zürich, dem ist er ganz nah, von ihm schwärmt er. «Es ist tiefer Alt, mein Register erlaubt es mir, sein Repertoire zu singen, und er war sicher der virtuoseste Altist überhaupt. Wobei es diese Stimmfachbezeichnungen damals nicht gab, weil für jeden Sänger und seine natürliche Lage individuell geschrieben wurde. Ich kenne niemanden, für den soviel Tolles geschrieben wurde, es gibt eine unglaublich grosse Palette bei ihm, von der langen ausdrucksvollen Arie bis zu raffinierten Koloraturen. So etwas konnte nur einer singen mit höchstem Raffinement und technischer Kontrolle.» Dieser Senesino, als Francesco Bernardi ein Jahr nach Händel geboren, 1686 in Siena, war dem Komponisten in einer «Hassliebesbeziehung» verbunden, von der Max Emanuel Cencic erzählt, als hätten sich beide bei ihm ausgeweint. Händel, zugleich Impresario in London, habe sich eben nicht als Diener der Sänger verstanden, auch wenn er seinem Star auf den Leib komponierte, «und Senesino war natürlich unglaublich eitel und eine Diva, die gerieten extrem aneinander. 20 Jahre lang, wie ein altes Ehepaar!» Er lacht. «Ein befruchtender Streit, denn Händel hat seine besten Opernpartien für Senesino geschrieben.» Cencic zählt sie auf. Giulio Cesare, Radamisto, Floridante, Tolomeo, Ezio, Orlando, Admeto, «30 Prozent der Opern!» Und es gebe da immer eine bestimmte Form der Auftritte: «Einsingen, mit einer Continuoarie, dann gehen wir in der zweiten ein bisschen weiter, Koloraturen (er deutet sie an), so, jetzt haben wir uns warmgesungen, kommen wir zur dritten und vierten Arie, dann muss mal ein Duett eingefügt werden, und die Arie am Aktschluss ist natürlich für Senesino reserviert. Aber er tritt nicht immer am Anfang auf! Man lässt die Leute ein bisschen waaaaaaarten – und dann kommt der Star des Abends!» Als Senesino sich zurückzog, findet Cencic, habe bei Händel die Brillanz nachgelassen. «Es klingt, als sei er für Sie eine Art Schutzpatron, ein Bruder, der Senesino!» Jetzt schüttelt sich Cencic vor Lachen auf seinem Sofa, über drei Jahrhunderte hinweg auf seinen Kollegen blickend: «Wir sind, was den cholerischen Charakter angeht, nicht allzu weit voneinander entfernt! Wenn ich mit George Petrou an meinen Händel­ partien arbeite, gibt es sehr rege Diskussionen: Ich will das so machen! – Wieso? – Weil ich das so will! – Aber nein…!» Und während man con sordino die Polizeisirenen von Paris hört, funkelt hier auf dem Cencic-Sofa auf einmal das Barock-Theater.


36 Wiederaufnahme

Der Hintergrund für William Shakespeares mehr als 400 Jahre alte Tra­gödie sind die nicht enden wollenden blutigen Auseinandersetzungen zwischen zwei Familien in Verona, den Capulets und den Montagues. Seit Generationen sind sie verfeindet, und den ursprünglichen Grund kennt niemand mehr. Auch der junge Edelmann Tybalt fällt dem sinnlosen Töten zum Opfer. Unser Foto zeigt Eva Dewaele, die als Lady Capulet den Verlust ihres Neffen und heimlichen Geliebten betrauert. Von Beginn an steht auch die Verbindung von Romeo und Julia, den Kindern der zwei Familien, unter einem unglücklichen Stern. Die Kraft der Liebe lässt die beiden jedoch über sich hinauswachsen und alle Hindernisse überwinden, auch wenn sie am Ende mit dem Leben für ihre Liebe bezahlen. Christian Spuck erzählt die berühmteste Liebesgeschichte der Weltliteratur in starken emotionalen Bildern. Mit Michail Jurowski, der vor wenigen Wochen seinen 70. Geburtstag feiern konnte, steht einer der gefragtesten Prokofjew-Interpreten unserer Zeit am Pult der Philharmonia Zürich. Wiederaufnahme 16 April 2016 Weitere Vorstellungen 22, 24, 29 Apr, 5, 16, 17 Juni 2016

Foto: Monika Rittershaus

Romeo und Julia




Die geniale Stelle 39

Die Liebe zur Macht Ein Triller in Mozarts «Zauberflöte»

Welch ein Auftritt! «Die Berge teilen sich auseinander, und das Theater verwandelt sich in ein prächtiges Gemach. Die Königin sitzt auf einem Thron, welcher mit trans­ pa­renten Sternen geziert ist.» Dazu Musik wie ein heftiger Sturm, als wäre es die Ener­gie aus dem Orchestergraben, die die Berge zerreisst und die Sterne flammen lässt. Den Prinzen – und das ist offensichtlich die Absicht, die dahinter steckt – muss dieses aufwendige Spektakel in bewunderungsvollen Schrecken versetzen. Und das Verwirrspiel geht weiter, wenn die Königin ihn anspricht. Zwar im standesgemäss er­habenen Tonfall des orchesterbegleiteten Rezitativs, aber mit Worten, die ihren gran­diosen Auftritt zurückzunehmen scheinen: Nicht fürchten solle er sie, die nur gekommen sei, ihm ihr «tiefbetrübtes Mutterherz» auszuschütten. Und dann folgt eine Passage, die nicht nur den Prinzen noch weiter irritiert, sondern auch die Inter­ preten des Werkes seit jeher vor Rätsel gestellt hat: Die Königin, die gerade ihren Auftritt mit gewaltigem Theaterdonner inszeniert hat, singt nun auf ganz schlichte Weise von ihrem Leid, von der unendlichen Trauer um ihre entführte Tochter. Wie sind solche krassen Gegensätze möglich, was verbirgt sich dahinter? Ist die Trauer echt oder gehört sie noch zu dem Spektakel, das den Prinzen manipulieren soll? Das wäre denkbar, aber dieser Abschnitt steht in g-Moll, einer Tonart, die Mozart ausschliesslich für den wahrhaftigsten Ausdruck hoffnungsloser Traurigkeit einsetzt. Es ist also folge­ richtig, dass sich Paminas todesnahe Verzweiflung im zweiten Akt in einer g-Moll-Arie ausspricht. Sollen wir also annehmen, dass die Trauer der Königin ebenso echt ist? Aber wir wissen doch, welche Ziele sie verfolgt, so skrupellos verfolgt, dass sie wenig später ihre angeblich so tief geliebte Tochter zu einem Mord zwingen will. Wie passt das zusammen? Manche Werk-Exegeten suchten die Erklärung in der Annahme eines Bruchs der Stückkonzeption. Sie unterstellten, die Königin sei zunächst als positive, Sarastro als negative Figur geplant gewesen, und erst als das erste Bild schon kompo­ niert war, sei die Konstellation verdreht worden. Auch wenn die Musikwissenschaft diese absonderliche Theorie längst zu den Akten gelegt hat, spukt sie immer noch durch so manchen Opernführer. Dabei kann die Betrachtung eines Details dieser Passage einen Schlüssel liefern, der die Aufstellung solcher ausgeklügelten Hypothesen unnötig macht: In der zwei­ ten Phrase ist für Oboe und Fagott, die die Gesangstimme verdoppeln, ein auffälliger Triller vorgeschrieben. Diese virtuose Ausschmückung der Linie, die so unpassend wirkt wie eine allzu auffällige Brosche am Trauerkleid, eröffnet den Zugang ins Innere dieser rätselhaften Figur: Die Trauer ist nicht geheuchelt und dennoch unwahr. Der Schmerz über den Verlust der Tochter ist untrennbar verwoben mit dem über den Verlust der politischen Macht. Die Musik offenbart die unbewusste Kälte der politischen Person, die selbst das geliebte Kind nur als Element im Machtkampf sehen kann. Der blitzende Schmuck des Trillers verweist auf die Tragödie der Königin: In einer Welt, die ihr die Teilhabe am politischen Leben verwehrt, weil sie eine Frau ist, muss der Kampf um ihre Würde zwangsläufig zum Machtkampf geraten, in dem auch ihre Mutterliebe nur noch Mittel zum Zweck sein kann. Von einer möglichen Alternative weiss das Stück nichts: Es endet mit dem Triumph jenes angeblich aufklärerischen Männerbundes, dem als unumstössliche Wahrheit gilt: «Ein Mann muss eure Schritte leiten, denn ohne ihn pflegt jedes Weib aus ihrem Wirkungskreis zu schreiten.» Werner Hintze


40 Meine Rolle

Von der Gefangenen zur Befreierin

Mari Eriksmoen ist Norwegerin. Als Mozart-­Interpretin war die junge Sopranistin u.a. bereits als Susanna, Zerlina und Fiordiligi unter Nikolaus Harnoncourt in Wien zu erleben. Auf der neuen Einspielung der «Ent­füh­rung aus dem Serail» unter René Jacobs singt sie die Blonde. Als Pamina debütierte sie 2014 beim Festival d’Aix-enPro­vence und in der letzten Spielzeit am Opernhaus Zürich. Ab dem 9. April ist sie in unserer Wiederaufnahme erneut zu erleben.

Pamina ist auf unauffällige Weise eine sehr starke Frauenfigur. Am Anfang der Oper droht sie im Vergleich zu den anderen Charakteren, die farbigere, lustigere und extra­ vagantere Auftritte haben, beinahe unterzugehen: Sie ist ja zunächst nur auf dem Bildnis präsent, das die drei Damen dem Prinzen Tamino schenken – und danach in der Erzählung ihrer Mutter, der Königin der Nacht, die gleich mit ihrer ersten Arie einen grossen und wirkungsvollen Auftritt hat. Die entscheidenden Charakterzüge Paminas sind hingegen Natürlichkeit, Güte, Treue und Mut. Solche Eigenschaften zum Ausdruck zu bringen ist viel schwieriger, als eine wütende Köngin, einen ängstlichen Prinzen, oder eine der drei zankenden Damen zu spielen. Als ich die Pamina zum ersten Mal erarbeitet habe – vor etwa vier Jahren konzer­ tant in Oslo und dann 2014 beim Festival in Aix-en-Provence – musste ich mich schon sehr an diesen ruhigen, verinnerlichten und natürlichen Charakter gewöhnen, nach­ dem ich zuvor viel lebendigere Mozart-Partien wie Susanna in Le nozze di Figaro oder Zerlina in Don Giovanni gesungen hatte. Die Partie der Pamina ist für mich eine Vorgängerin der Opernheroinen des 19. Jahrhunderts, wie Beethovens Leonore, oder die Agathe in Webers Freischütz: Es ist interessant, wie Pamina in der Zauberflöte eine Wandlung durchmacht, weg von der Gefangenen, die von Tamino befreit werden soll, hin zur Befreierin, die Tamino an der Hand nimmt und durch die Feuer- und Wasser­ probe führt! Dieser Operntopos der Frau als Befreierin durch die treue Liebe nimmt hier seinen Anfang, bevor er sich durch die Opernstoffe der Romantik, insbesondere natürlich durch die Opern Wagners, zieht. Interessant sind die unterschiedlichen Beziehungen, die sie mit den Männerfigu­ ren des Stücks verbindet: In Sarastro sehe ich eine Vaterfigur für Pamina, die ja keinen Vater mehr hat. Ausserdem ist ihr erstes Zusammentreffen mit Papageno, der ihr von Tamino erzählt, ein besonderer Moment: Im einzigen «Liebesduett» der Oper – das nicht etwa zwischen Pamina und Tamino gesungen wird! – besingen die beiden das Bündnis von Mann und Weib, die ideale Form der Liebe. Ein ganz anderes Verhältnis besteht wiederum zwischen Pamina und dem Mohren Monostatos. In dieser Hinsicht finde ich die Inszenierung von Tatjana Gürbaca besonders spannend: Monostatos, der oft als einseitig böser und hinterhältiger Charakter dargestellt wird, ist bei ihr ein intelligenter Grübler, ein «Nerd». Tatjana geht davon aus, dass Pamina einmal von Monostatos fasziniert war – und dass er es nun kaum glauben kann, dass sie nicht mehr an ihm interessiert ist. Über solche Ansätze nachzudenken, finde ich sehr span­ nend! Wenn man wirklich künstlerisch arbeiten will, dann muss man als Sängerin eine unvoreingenommene Haltung mitbringen. Das gilt auch für die Musik: So ist es zum Beispiel heikel, das richtige Tempo für die g-Moll-Arie «Ach, ich fühl’s» zu finden. Nikolaus Harnoncourt und René Jacobs, mit denen ich gearbeitet und über diese Arie geredet habe, verstanden sie nicht nur als Ausdruck von Trauer, sondern auch von Paminas Wut auf Tamino, der abweisend zu ihr ist. Deshalb dirigierten sie das Stück ziemlich schnell, während man es tra­ditionell sehr langsam gesungen hat. Persönlich muss ich einen Weg dazwischen finden; ich benötige Zeit, aber es darf auf keinen Fall zu langsam sein... Mozarts Musik ist zwar Balsam für die Stimme, aber auch immer höchst durchsichtig und ehr­lich. Man kann sich darin nirgends auch nur einen Moment verstecken! Mari Eriksmoen

Illustration: Lina Müller

Die Sopranistin Mari Eriksmoen über Mozarts Pamina



42 Fragebogen

Mélissa Petit

Was würden Sie sofort verändern, wenn Sie König der Schweiz wären? Nichts. Naja, vielleicht würde ich die Preise für Schokolade senken! Was ist für Sie das vollkommene irdische Glück? Meine Familie. Ich sehe sie leider nicht so oft; aber zu wissen, dass alle gesund und glücklich sind, ist für mich das Wichtigste. Was wäre das grösste Unglück? Das Schlimmste wäre, wenn mich meine Liebsten als Künstlerin nicht unter­ stützen würden. Glücklicherweise ist das aber nicht der Fall! Welche musikalische Erfahrung hat Sie entscheidend geprägt? Mit 14 Jahren habe ich eine Aufführung der Gesangsklasse am Konservatorium gehört. Es wurde eine kurze Version von Poulencs Dialogues des Carmélites aufgeführt. Ich fand diese Musik sehr berührend und bin am nächsten Tag der Gesangsklasse beigetreten.

Die Sopranistin Mélissa Petit stammt aus Südfrankreich. Seit dieser Spielzeit gehört sie zum Ensemble des Opernhauses Zürich. Zurzeit ist sie in Purcells «King Arthur» als quirliger Luftgeist Philidel zu erleben. In der Wiederaufnahme von Mozarts «Zauberflöte» singt sie die Erste Dame.

Was sind Ihre Lieblingsschriftsteller? Ich mag ganz verschiedene Bücher, aber es muss auf der ersten Seite «Klick» machen, sonst schleppe ich das Buch ewig mit mir herum. Zu den Schrift­stel­ lern, die ich mag, gehören Marc Levy, John Green, Stephanie Meyer, J.K. Row­ling, Christian Jacq, Victor Hugo, J.R.R. Tolkien und Steve Watson. Ihre Lieblingsfilme? Ich gehöre zur Disney-Generation und mag alle Disney-Filme. Ganz besonders Lion King. Meine Shortlist – die lange würde nie enden: Forrest Gump,

The notebook, The lord of the rings, Amélie Poulain, Dirty Dancing, Edward Scissorhands, The Trueman show... Ihr liebstes Laster? Wahrscheinlich, dass ich ein Faultier bin. Aber seit meiner Adoleszenz ist das schon viel besser geworden, meiner Mutter sei Dank! Welchen überflüssigen Gegenstand in Ihrer Wohnung lieben Sie am meisten? Meine Kochbücher. Ich kann Stunden damit verbringen, neue Rezepte zu suchen und auszuprobieren! Welche Eigenschaften schätzen Sie bei Ihren künstlerischen Partnern? Teamwork und Professionalität. Welche menschlichen Schwächen entschuldigen Sie am ehesten? Angst. Wir alle sind damit konfrontiert und müssen sie überwinden. In was verlieben Sie sich bei einem Menschen? In die Persönlichkeit und den Geist. Ich liebe «alte Seelen»! Worum geht es für Sie in Mozarts Zauberflöte? Die Zauberflöte ist ein musikalisches Märchen, das sich allen Themen des Lebens widmet: der Religion, den menschlichen Lastern und Qualitäten, der Liebe, der Lüge, dem Vertrauen… Wegen dieser Vielseitigkeit und der per­ fekt ausbalancierten Gegensätze gehört sie zu meinen Lieblingsstücken. Nennen Sie drei Gründe, warum das Leben schön ist! Ich bin von Liebe umgeben! Ich habe es geschafft, meine Leidenschaft zum Beruf zu machen! Und ich entdecke die Welt und werde dafür bezahlt. Was will ich mehr?

Foto: Swan Photographies

Was fällt Ihnen auf, wenn Sie in Zürich ankommen? Die Freundlichkeit der Leute – das erlebt man in grossen Städten selten. Ausserdem die hübschen alten Trams und die klare, fast alpine Luft.


Kalendarium 43

März 2O16 24 Do Woyzeck

20.00

Ballett von Christian Spuck nach dem Dramenfragment von Georg Büchner Preise H AMAG-Volksvorstellung

26 Sa Carmen

19.00 Wiederaufnahme

Oper von Georges Bizet Preise H AMAG-Volksvorstellung

28 Mo Schwanensee

14.00 Ballett von Marius Petipa und Lew Iwanow,

Musik von Pjotr I. Tschaikowski, Rekonstruktion von Alexei Ratmansky, Preise D

King Arthur

20.00

Semi-Oper von Henry Purcell Preise H AMAG-Volksvorstellung

29  Restless Di

19.00

Choreografien von William Forsythe, Sol León/Paul Lightfoot, Douglas Lee und Filipe Portugal, Dienstag-Abo C, Preise B

3O  Mi Führung Werkstätten 15.30

Ludmil Angelov, Klavier Lieder-Abo, Preise A

31 Do Carmen

19.30

14.30

Führung Maskenbildnerei 15.30

19.00

Oper von Georges Bizet Französische Oper Abo, Preise E

11.15

Führung Bühnentechnik

King Arthur

Familien-Workshop

Macbeth Premiere

14.30

19.00

12.00

«Britten / Korngold» Kammermusik am Mittag Spiegelsaal, CHF 20

Kaiserstrasse 42 D-79761 W a l d s h u t Tel. 0049 7751 3486 www.kueblerpelz.com

Semi-Oper von Henry Purcell Freitag-Abo A, Preise E

Kindermusical von Jonathan Dove geschlossene Vorstellung

Führung durch das Opernhaus 14.00

Oper von Giuseppe Verdi Premieren-Abo A, Preise F

Mode·Leder·Pelze

Treffpunkt Billettkasse, CHF 20

Sa 2  Das verzauberte Schwein

10.30

«Die Zauberflöte», Kreuzstrasse, CHF 20

Mo Lunchkonzert 4

Treffpunkt Billettkasse, CHF 10

Cashmere-Fuchs-Cape

«Britten / Korngold» Kammerkonzert mit anschliessendem Brunch Spiegelsaal, CHF 60

Treffpunkt Billettkasse, CHF 20

19.00

Oper von Georges Bizet Preise E

So Brunchkonzert 3

Fr Führung Kostümabteilung 1

16.00

Treffpunkt Billettkasse, CHF 20

Carmen

April 2O16 15.00

«Die Zauberflöte» Treffpunkt Billettkasse, CHF 20

Treffpunkt Billettkasse, CHF 20

Liederabend Krassimira Stoyanova

19.00

Sa 2  Familien-Workshop


44 Kalendarium

4 Mo Liederabend Anna Stéphany 19.00

Werke von de Falla, Ravel, Debussy, Berio u.a. Labyrinth Ensemble Lieder-Abo, CHF 60

16 Sa Ballett-Führung mit Mini-Workshops 14.00

Führung durch das Opernhaus 14.30

Di Woyzeck 5

19.00

Ballett von Christian Spuck nach dem Dramenfragment von Georg Büchner Dienstag-Abo B, Preise C

Workshop

19.00

«Der Sandmann» Treffpunkt Billettkasse, CHF 75

Mi Macbeth 6

19.00

Oper von Giuseppe Verdi Premieren-Abo B, Preise E

Do Carmen 7

19.30

Oper von Georges Bizet Wahl-Abo, Preise E

Fr Woyzeck 8

19.00

Ballett von Christian Spuck nach dem Dramenfragment von Georg Büchner Misch-Abo B, Wahl-Abo, Preise C

Treffpunkt Billettkasse, CHF 10

Treffpunkt Billettkasse, CHF 10

Romeo und Julia Wiederaufnahme

19.30

Ballett von Christian Spuck nach der Tragödie von William Shakespeare Musik von Sergej Prokofjew, Samstag-Abo, Preise D

17 So Gedenkkonzert Nikolaus Harnoncourt 11.15

6. Philharmonisches Konzert Philharmonia Zürich, Fabio Luisi, Dirigent Konzert-Abo, Preise P1

Ballettgespräch

11.15

Treffpunkt Billettkasse, CHF 10

Macbeth

18.00

Oper von Giuseppe Verdi Sonntag-Abo D, Preise E

19 Di Macbeth

19.00

Oper von Giuseppe Verdi Dienstag-Abo D, Preise E

Sa 9  Führung durch das Opernhaus

14.30

Treffpunkt Billettkasse, CHF 10

Die Zauberflöte Wiederaufnahme

19.00

Oper von Wolfgang Amadeus Mozart Mozart-Abo, Preise E

1O So Carmen

14.00

Oper von Georges Bizet Preise E

Macbeth

20.00

Oper von Giuseppe Verdi Sonntag-Abo C, Preise E

12 Di Die Zauberflöte

19.30

Oper von Wolfgang Amadeus Mozart Kombi-Abo, Wahl-Abo, Preise E

13 Mi Macbeth 19.00

Oper von Giuseppe Verdi Mittwoch-Abo B, Preise E

14 Do Carmen 19.00

Oper von Georges Bizet Misch-Abo C, Preise E

15 Fr Die Zauberflöte 19.00

Oper von Wolfgang Amadeus Mozart Freitag-Abo B, Preise E

Oscar® 2016 WINNER

Bester fremdsprachiger Film

Bester fremdsprachiger Film

SON of saul EIN fIlm VON láSzló NEmES

Ab 17. März iM Kino


Kalendarium 45

2O  Mi Woyzeck 19.00

Ballett von Christian Spuck nach dem Dramenfragment von Georg Büchner Mittwoch-Abo A, Preise C

21 Do Die Zauberflöte 19.00

Oper von Wolfgang Amadeus Mozart Donnerstag-Abo B, Preise E

29 Fr Romeo und Julia

19.00

Ballett von Christian Spuck nach der Tragödie von William Shakespeare Musik von Sergej Prokofjew Ballett-Abo Gross, Preise D

3O Sa Kostümverkauf 1O.OO Studiobühne

22 Fr Romeo und Julia

Führung durch das Opernhaus

Schwanensee

19.00

Ballett von Christian Spuck nach der Tragödie von William Shakespeare Musik von Sergej Prokofjew Wahl-Abo, Preise D

23 Sa Führung durch das Opernhaus 14.00

Treffpunkt Billettkasse, CHF 10

Unterwegs mit Ohrwurm Squillo

14.15

Für 6- bis 9-Jährige und ihre Eltern Treffpunkt Billettkasse, CHF 10

Macbeth

19.00

Oper von Giuseppe Verdi Misch-Abo A, Preise E

24 So Einführungsmatinee

11.15

Romeo und Julia

14.00

Ein Gespräch mit dem Produktionsteam von «Pelléas et Mélisande» Bernhard Theater, CHF 10

Ballett von Christian Spuck nach der Tragödie von William Shakespeare Musik von Sergej Prokofjew Sonntag-Abo B, Preise D

19.OO

Oper von Wolfgang Amadeus Mozart Preise H  AMAG-Volksvorstellung

25 Mo Tube-Opera

10.00 Ferienworkshop Spezialpreise

Senesino

19.00

3. La Scintilla-Konzert Concerti grossi sowie Arien von Francesco Durante, Giovanni Bononcini, Nicola Porpora, Francesco Geminiani und Georg Friedrich Händel Max Emanuel Cencic, Countertenor Hanspeter Müller-Drossart, Sprecher Scintilla-Abo, Preise H

28 Do Macbeth

19.00

Oper von Giuseppe Verdi Donnerstag-Abo A, Preise E

29 Fr Führung Bühnentechnik 16.00

Treffpunkt Billettkasse, CHF 20

Treffpunkt Billettkasse, CHF 10

Ballett von Marius Petipa und Lew Iwanow Musik von Pjotr I. Tschaikowski Rekonstruktion von Alexei Ratmansky Wahl-Abo, Preise D

Mai 2O16 So Schwanensee 1

13.OO Ballett von Marius Petipa und Lew Iwanow

Musik von Pjotr I. Tschaikowski Rekonstruktion von Alexei Ratmansky Preise D

Schwanensee

19.OO

Ballett von Marius Petipa und Lew Iwanow Musik von Pjotr I. Tschaikowski Rekonstruktion von Alexei Ratmansky Preise D

Mi Schwanensee 4

2O.OO Ballett von Marius Petipa und Lew Iwanow

Die Zauberflöte

20.00

14.OO

Musik von Pjotr I. Tschaikowski Rekonstruktion von Alexei Ratmansky Mittwoch-Abo B, Preise D

Do Macbeth 5

14.OO

Oper von Giuseppe Verdi Wahl-Abo, Preise E

Schwanensee

2O.OO

Ballett von Marius Petipa und Lew Iwanow Musik von Pjotr I. Tschaikowski Rekonstruktion von Alexei Ratmansky Preise H AMAG-Volksvorstellung

Fr Schwanensee 6

19.OO

Ballett von Marius Petipa und Lew Iwanow Musik von Pjotr I. Tschaikowski

Das Opernhaus Zürich für Kurzentschlossene: Am Opernhaustag erhalten Sie 50% Ermässigung für die gleichentags stattfindende und gekennzeichnete Vorstellung. www.opernhaus.ch/opernhaustag

Die Werkeinführung findet jeweils 45 Min. vor der Vorstellung statt.


46 Serviceteil

Billettkasse

Billettpreise und Platzkategorien

Öffnungszeiten: Mo–Sa 11.00 Uhr bis Vorstellungsbeginn, an Tagen ohne Vorstellung bis 18.00 Uhr. Sonntags jeweils ab 1.5 Stunden vor Vorstellungsbeginn resp. 1 Stunde bei kleinen Produktionen. T +41 44 268 66 66, Mo-Sa, 11.00 – 18.00 Uhr / tickets@opernhaus.ch Opernhaus Zürich AG, Falkenstrasse 1, CH-8008 Zürich

1

2

3

Preisstufe A

92

76

65

43

16

AMAG-Volksvorstellungen

Preisstufe B

141

126

113

56

20

Die AMAG-Volksvorstellung ermöglicht es Theaterliebhabern, das Opernhaus Zürich zu einem deutlich reduzierten Preis zu be­suchen. Die regelmässig stattfindenden AMAG-Volksvor­stel­lungen werden in der kalendarischen Übersicht dieses Magazins, online in unserem Monatsspielplan sowie per News­letter an­gekündigt. Die AMAG-­ Volksvorstellungen gelangen jeweils einen Monat vorher in den Verkauf. Fällt der Tag des Verkaufsbeginns auf einen Sonn- oder Feier­tag, beginnt der Vorverkauf am Öffnungstag davor. Schriftliche Kartenbestellungen sind nicht möglich. Der Maximalbezug für diese Vorstellungen liegt bei 4 Karten pro Person.

Preisstufe C

169

152

130

56

20

Preisstufe D

198

173

152

92

32

Preisstufe E

230

192

168

95

35

Preisstufe F

270

216

184

98

38

Preisstufe G

320

250

220

98

38

Preisstufe H

75

59

44

25

15

Kinderoper K

60

50

40

30

20

Preisstufe P1

95

80

65

50

35

Legi (Preisstufen A-K + P1)

35

25

20

18

13

Legi (Preisstufen D-F)

45

33

25

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Opernhaus-Tag  Das Opernhaus Zürich für Kurzentschlossene: Am Opernhaustag erhalten Sie 50 % Ermässigung für die gekennzeichnete Vorstellung. Fällt der Opernhaustag auf einen Sonntag, können die ermässigten Tickets bereits ab Samstag erworben werden. Die Termine finden Sie im Kalendarium dieses Magazins und werden Ihnen auf Wunsch regelmässig per E-Mail mitgeteilt. Newsletter abonnieren unter: www.opernhaus.ch/newsletter

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Alle Preise in CHF

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MAG Abonnieren  MAG, das Opernhaus-Magazin, erscheint zehnmal pro Saison und liegt zur kostenlosen Mitnahme im Opernhaus aus. Sie können das Opernhaus-Magazin abonnieren: zum Preis von CHF 38 bei einer inländischen Adresse und CHF 55 bei einer ausländischen Adresse senden wir Ihnen jede Ausgabe druckfrisch zu. Bestellungen unter: T +41 44 268 66 66 oder tickets@opernhaus.ch.

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Das Opernhaus Zürich bietet unterschiedliche Ermässigungen für Kinder, Schüler, Studenten, Lernende und KulturLegi-Inhaber, AHV- und IV-Bezüger. Informationen hierzu finden Sie unter www.opernhaus.ch/besuch oder in unserem Sai­son­­buch.

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Ermässigungen

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Stark vergünstigte Tickets, Probenbesuche, interessante Einblicke hinter die Kulissen und mit Gleichgesinnten die neuesten Opern- und Ballettproduktionen besuchen: All das und mehr bietet der Club Jung für junge Leute zwischen 16 und 26 Jahren. Die Mitgliedschaft ist kostenlos und unverbindlich (einmalige Aufnahmegebühr von CHF 20). Club Jung-Mitglieder erhalten Last-Minute-Karten ab 30 Minuten vor der Vorstellung für CHF 15. Auch stehen ihnen bereits im Vor­ verkauf Karten zum Preis von CHF 15 für ausgewählte Vorstellungen zur Verfügung. Spezielle Veranstaltungen wie Probenbesuche oder Workshops geben einen exklusiven Einblick hinter die Kulissen und sind für Clubmitglieder kostenlos. Der Club Jung-Newsletter informiert regelmässig über die aktuellen Angebote und Aktionen. Details zur Mitgliedschaft im Club Jung und zum aktuellen Programm finden Sie auf www.opernhaus.ch/clubjung.


Serviceteil 47

Impressum

Sponsoren

Magazin des Opernhauses Zürich Falkenstrasse 1, 8008 Zürich www.opernhaus.ch T + 41 44 268 64 00

Unsere Vorstellungen werden ermöglicht dank der Subvention des Kantons Zürich sowie den Beiträgen der Kantone Luzern, Uri, Schwyz, Zug und Aargau im Rahmen der interkanto­n alen Kulturlastenvereinbarung und den Kantonen Nidwalden und Obwalden.

Intendant Andreas Homoki

Partner

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Generalmusikdirektor Fabio Luisi Ballettdirektor Christian Spuck Verantwortlich Claus Spahn Sabine Turner Redaktion Beate Breidenbach Kathrin Brunner Fabio Dietsche Michael Küster Claus Spahn Gestaltung Carole Bolli Florian Streit Fotografie Stefan Deuber Danielle Liniger Florian Kalotay Bildredaktion Christian Güntlisberger Anzeigen Nathalie Maier Schriftkonzept und Logo Studio Geissbühler Druck Multicolor Print AG Illustrationen Laura Jurt Lina Müller

Produktionssponsoren

Notenstein La Roche Privatbank AG

Evelyn und Herbert Axelrod

Pro Helvetia, Schweizer Kulturstiftung

Freunde der Oper Zürich

Else von Sick Stiftung

Walter Haefner Stiftung

Swiss Casinos Zürich AG

Swiss Re Zürich Versicherungs-Gesellschaft AG

Förderer Confiserie Teuscher

Projektsponsoren

Frankfurter Bankgesellschaft (Schweiz) AG

AMAG Automobil- und Motoren AG

Garmin Switzerland

Baugarten Stiftung

Horego AG

Familie Christa und Rudi Bindella

Istituto Italiano di Cultura Zurigo

René und Susanne Braginsky-Stiftung

Sir Peter Jonas

Clariant Foundation

Luzius R. Sprüngli

Freunde des Balletts Zürich

Elisabeth Stüdli Stiftung

Max Kohler Stiftung

Zürcher Theaterverein

Ringier AG Georg und Bertha Schwyzer-Winiker-Stiftung Swiss Life Zürcher Festspielstiftung Zürcher Kantonalbank Gönner Abegg Holding AG Accenture AG Josef Ackermann Alfons’ Blumenmarkt Allreal Ars Rhenia Stiftung ART MENTOR FOUNDATION LUCERNE Familie Thomas Bär Berenberg Schweiz Beyer Chronometrie AG Elektro Compagnoni AG Stiftung Melinda Esterházy de Galantha Fitnessparks Migros Zürich Fritz Gerber Stiftung Ernst Göhner Stiftung Egon-und-Ingrid-Hug-Stiftung Walter B. Kielholz Stiftung KPMG AG Landis & Gyr Stiftung Lindt und Sprüngli (Schweiz) AG Stiftung Mercator Schweiz Fondation Les Mûrons Neue Zürcher Zeitung AG


Sibylle Berg denkt über Operngefühle nach

Böse Frauen In unserer aktuellen Verdi-Produktion spornt die böse Lady Macbeth ihren Gatten zu blutigen Mordtaten an. Überhaupt ist das Opernrepertoire voll von rache­durstigen gewaltbereiten Frauen. Selbst im Ballett ist Marthe, Königin der untoten Wilis, eine grausame Frau. Wie ist das zu erklären? Angeblich geht Gewalt doch immer von Männern aus. «Böse Frauen» könnte die Überschrift unserer heutigen Textuntersuchung heis­sen. Böse Frauen töten in Ballett, Oper und Literatur meist aus sexuell konnotierten Gründen. Rache und Eifersucht sind ihre Motive. Verwirrung, Verführung des Opfer­ mannes und dann hinterhältig: Kopf ab, Gift reingeträufelt, zu Tode kopuliert. Das ist natürlich interessant in künstlerischen Übersetzungen, die in der Vergangenheit von Herren vorgenommen wurde – aber sehr reduziert gedacht. Frauen wird wie in den meisten Bereichen des menschlichen Zusammenlebens die Fähigkeit abgesprochen, genauso unperfekt zu sein wie Männer. Gleichberechtigung ist, wenn alle Menschen das selbe Recht zum Versagen haben. Die Fakten: Die Gefängnisse aller Länder sind zu neunzig Prozent mit Männern belegt. Männer scheinen das Vorrecht auf Brutalität und Gewaltbereitschaft zu besitzen. Aber ist das nicht sexistisch? Ist der Schluss, dass der Testosteronüberschuss Ursache dafür sei, dass Männer wie Zeitbomben durch die Welt eiern (eiernde Bomben?), nicht plump biologistisch? Sind Männer brutal, weil sie über mehr Muskelmasse und weniger Gehirn verfügen? Oder sind Frauen einfach zu feige, um sich so richtig schön zu prügeln, zu morden, zu brandschatzen, zu vergewaltigen. Aggression wohnt fast allen Menschen inne. Das Leben ist eine Zumutung, und nicht vielen ist es gegeben, ihm mit der Gelassenheit einer buddhistischen Grundausbildung zu begegnen. Was einige Frauen und Männer vielleicht wirklich unterscheidet, ist eine Art vorrausschauen­ des Denken, das Frauen, die körperlich mitunter weniger kräftig sind als Männer, eher anwenden müssen. Der Impuls, einen anderen Menschen zu schlagen, mag bei beiden Geschlechtern gleich oft eintreten. Frauen müssen sich, wenn sie nicht ausgebildete Kampfsportlerinnen sind, fragen, ob sie in der Lage sind, die Reaktion auf ihren An­ griff gut abzufedern. Die patriarchale Vorherrschaft, die immer noch grosse Teile der Welt in den Ruin treibt, basiert auf einer Laune der Natur, nämlich der körperlichen Überlegenheit des einen Geschlechtes über das andere. Gläubige mögen darin einen höheren Sinn er­ kennen, den anderen bleibt es ein Rätsel. Bedeutet mehr Körperkraft nicht eigentlich, dass Männer dazu gemacht waren, grobe Arbeiten auszuführen? Die Reinigung, In­ stand­haltung, das Tragen von Baumstämmen und Mammuts, während Frauen dazu gedacht waren, die Welt intellektuell zu führen? Was ist da nur falsch gelaufen? Die Evolution (für die einen), der Gott (für die anderen) hat vermutlich nicht damit ge­ rechnet, dass sich Menschen gerne über jene erheben, die ihnen unterlegen scheinen. Aus der ungleich verteilten Körpergrösse und Muskelmasse entstand der bis heute an­dauernde Irrtum, dass weibliche Menschen die friedfertigeren Wesen sind. Ich möch­te dieser Annahme energisch wiedersprechen. Menschen, egal welchen Ge­ schlechts, sind weder friedliebend noch freundlich. Es sind aggressive Säugetiere, die nur durch den Verstand von Brutalität anderen gegenüber abgehalten werden. Sibylle Berg Illustration: Laura Jurt

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LIEDERABENDE auf der Hauptbühne im Opernhaus

DIANA DAMRAU

KRASSIMIRA STOYANOVA

Ludmil Angelov, Klavier

Lieder von Giacomo Puccini, Ottorino Respighi, Modest Mussorgsky und Sergej Rachmaninow

Mi 3O März 2O16, 19 Uhr

ANNA STÉPHANY

Labyrinth Ensemble

Werke von Manuel de Falla, Maurice Ravel, Luciano Berio u.a.

Mo 4 April 2O16, 19 Uhr

Craig Rutenberg, Klavier

Mo 9 Mai 2O16, 19 Uhr

CHRISTIAN GERHAHER

Gerold Huber, Klavier

Franz Schubert: «Die schöne Müllerin»

Mi 15 Juni 2O16, 19 Uhr


Wie kann ich wirklich etwas verändern? Investiere ich in die Welt, wie sie heute ist? Oder in die Welt, wie ich sie möchte? Gutes tun und gleichzeitig Erfolg haben; wir halten es für möglich. Gemeinsam können wir etwas verändern, indem wir neue und innovative Wege gehen. Mit nachhaltigem Impact Investing, das Ihren Werten entspricht und helfen kann, Ihr Einkommen zu sichern. Das richtige Portfolio kann tatsächlich die Welt verbessern. Und dabei erst noch Ihre Chance auf Rendite erhöhen. Bei einigen Fragen im Leben ist man nicht allein. Gemeinsam können wir eine Antwort finden.

© UBS 2016. Alle Rechte vorbehalten.

ubs.com/gemeinsam


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