MAG 42: Petruschka / Sacre

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MAG 42

Marco Goecke choreografiert «Petruschka»


Nacht aus. Licht an.

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Editorial

Die Urkräfte des Tanzes Verehrtes Publikum, wenn es einen Uraufführungstermin gibt, bei dem man gerne dabei gewesen wäre, dann ist es der 29. Mai 1913, als sich im Pariser Théâtre des Champs-Elysées der Vorhang zu Igor Strawinskys Le Sacre du printemps in der Choreografie von Vaslav Nijinsky hob. Es wurde einer der grössten Skandale der Musikgeschichte. Liest man die berühmt gewordenen Zeitzeugenberichte zu diesem denkwürdigen Abend, kann man jedes Mal wieder nur ungläubig den Kopf schütteln: Der Protest eines Teils des Publikums war so laut und aggressiv, dass er das Orchester übertönte. «Man lachte, höhnte, pfiff, ahmte Tierstimmen nach», schrieb Jean Cocteau. Es gab Handgemenge im Parkett, Abohrfeigungen von Loge zu Loge. Hier rief einer nach dem Arzt, dort beschimpfte einer die vornehmsten Pariser Damen als «Hurenweiber». Aber die Krawalllaune gegenüber dem Werk hielt nicht lange vor. Schon bei der dritten Aufführung verzeichneten die Chronisten «heftigen Applaus». Ein Jahr später brach das Publikum bei einer konzertanten Aufführung, ebenfalls in Paris, schon in begeisterten Jubel aus. Und heute gehört Le Sacre du printemps zu den Königswerken des Ballettrepertoires. Aber die Urkräfte, die dem Stück innewohnen, sind noch immer präsent – das vorzivilisatorische Rumoren eines archaischen Rituals, die Hitze des kompositorisch Gewagten, der Schwefeldampf des Unerhörten. Am 8. Oktober hat das Jahrhundertwerk, das den Urknall der Ballettmoderne ganz entscheidend mitausgelöst hat, in einer Neuproduktion an unserem Opernhaus Premiere. Der Choreograf ist Edward Clug, der den Ballettsaal für die Proben bereits geflutet hat, weil sich ein Teil seines kühnen Sacre-Tanzrituals, das als Schweizerische Erstaufführung zu erleben ist, in knöcheltiefem Wasser vollzieht. Ihm zur Seite gestellt ist Strawinskys Ballett Petruschka, das zwei Jahre vor Le Sacre du printemps uraufgeführt wurde und ebenfalls zum gloriosen Kernbestand der Ballets russes gehört. Petruschka wird vom Stuttgarter Choreografen Marco Goecke neu für das Ballett Zürich kreiert. Goecke wurde in der vergangenen Spielzeit von den Tanzkritikern zum Choreografen des Jahres gekürt. In Zürich hat er vor drei Jahren sein Stück Deer Vision zur Musik von Arnold Schönbergs Verklärte Nacht zur Uraufführung gebracht. Wie in unserer MAG-Fotoreportage festgehalten, zieht sich dieser faszinierende Exzentriker unter den Choreografen zurzeit Tag für Tag mit seinen Tänzern in den Ballettprobesaal zurück, dimmt das Licht, verdunkelt die Augen mit einer Sonnenbrille, stellt einen Notenständer als den Blick schärfende Schnittkante zwischen sich und die Akteure und erfindet Tanzkunst aus dem Nichts von Raum, Körper und Bewegung. In einem persönlichen, tagebuchartigen Text für unser MAG gibt er Auskunft über Sorgen und Hindernisse, Erleuchtungsmomente und Inspirationsquellen seiner Zürcher Arbeit. Mit dem Doppelabend Petruschka/Le Sacre du printemps, verehrtes Publikum, könnte das von Christian Spuck geleitete Ballett Zürich kaum spektakulärer in die neue Spielzeit starten. Lassen Sie sich diese beiden Gross- und Meisterwerke des modernen Repertoires nicht entgehen. Unser aktuelles MAG stimmt Sie, wie immer, mit Fotoreportagen, Interviews und Informationen auf diese Neuproduktion ein. Claus Spahn MAG 42 / Okt 2016 Unser Titelbild zeigt Marco Goecke, den Choreografen von «Petruschka» (Foto Florian Kalotay)

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Inhalt

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e Sacre du printemps L Edward Clug bringt mit dem Ballett Zürich das Opus magnum von Igor Strawinsky auf die Bühne. Ein Gespräch mit dem slowenischen Choreografen A ufbruch in die Tanzmoderne Dorion Weickmann blickt zurück auf das goldene Zeitalter der Ballets russes in Paris

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Petruschka Nachtgedanken von Marco Goecke. Der gefeierte deutsche Choreograf über den Versuch, sich eine Ballettlegende zu erobern

Nello Santi zum Geburtstag Anlässlich seines 85. Geburtstags dirigiert Nello Santi am 23. Oktober die Philharmonia Zürich. Eine Würdigung von Peter Hagmann

Opernhaus aktuell – 6/8 Drei Fragen an Andreas Homoki – 7 Wie machen Sie das, Herr Bogatu? – 9 Volker Hagedorn trifft… – 30 Die geniale Stelle – 34 Meine Rolle – 40 Kalendarium und Serviceteil – 44 Der Fragebogen – 48

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Die Ratte auf dem Laufsteg Clownesk, tierisch, elegant, unheimlich und knallbunt – beim diesjährigen Eröffnungsfest präsentierten über 40 «Opernhausmodels» Schätze aus unserem Kostümfundus. Die Technik zündete dazu ein Feuerwerk aus Blitz, Donner und Glitzerregen.


Fotos: Danielle Liniger


Opernhaus aktuell

Auszeichnung

Extras

Familien

Alexei Ratmansky ist «Choreograf des Jahres»

Ballettgespräch

«Petruschka» auf dem Klangteppich

Im ersten Ballettgespräch dieser Saison präsentieren Michael Küster und Ballett­ direktor Christian Spuck die neuen Mitglieder des Balletts Zürich und des Junior Balletts. Im Ballettsaal A werden die Tänzerinnen und Tänzer nicht nur im Gespräch, sondern auch mit Kostproben ihres tänzerischen Könnens zu erleben sein. Sonntag, 16 Okt, 11.15 Uhr Ballettsaal A

Die Kritiker von tanz, der wichtigsten deutschsprachigen Zeitschrift für Ballett, Tanz und Performance, wählten Alexei Ratmansky für seine Rekonstruktion von Schwanensee mit dem Ballett Zürich zum «Choreografen des Jahres». Ab März 2017 kehrt Ratmanskys um­jubelte Produktion, die auf der Original­­cho­ reografie von Marius Petipa und Lew Iwa­now aus dem Jahr 1895 beruht, in unseren Spielplan zurück.

Liederabend

Liederabend Javier Camarena

29  / 30 Okt, jeweils 15.30 Uhr Besammlung: Billettkasse

Gastspiel

Ballett Zürich in Maribor Mit Chamber Minds von Edward Clug gastierte das Ballett Zürich am 17. September im slowenischen Maribor. Gemeinsam mit dem Nederlands Dans Theater und dem Stuttgarter Ballett waren die Tänzerinnen und Tänzer aus Zürich Gäste einer Gala zum 25-­ jäh­­rigen Jubiläum Edward Clugs beim Slowenischen Nationalballett.

Für Kinder im Alter von 4 bis 6 Jahren (und ihre Eltern) haben wir in dieser Spielzeit einen riesigen Teppich ange­ schafft, auf dem künftig abenteuerliche Märchen und Geschichten zu hören sind. Den Anfang macht Lea Gottheil mit ihrer eigens für dieses Format geschriebenen Petruschka-Geschichte. Begleitet wird sie von vier Musikern, die Ausschnitte aus Igor Strawinskys ver­ spielter Ballettmusik erklingen lassen. Weitere Geschichten auf dem Klang­ teppich sind in dieser Spielzeit Der Zauberling (Dezember) und Armstrong (März).

Workshop 16+

Geboren wurde er in Mexico, gross ge­ worden ist er in Zürich: der Tenor Javier Camarena, der aus dem Opern­ studio direkt ins feste Ensemble der Oper Zürich übernommen wurde und mittlerweile an Opernhäusern wie Wien, München, Dresden, Brüssel, Bar­ celona, Madrid, New York und bei den Salzburger Festspielen nicht nur als Rossini-Tenor gefeiert wird. Am 16. Ok­tober gibt er in Zürich einen Liederabend mit ausgewählten Liedern von Ludwig van Beethoven, den Petrarca-Sonetten von Franz Liszt, den Canzoni d’Amaranta von Francesco Paolo Tosti sowie Ausschnitten aus Zarzuelas und mexikanischen Liedern. Begleitet wird er von Ángel Rodriguez. Sonntag, 16 Okt, 19 Uhr Hauptbühne

Schlachtfeld Familie Die Tragödien der Antike faszinieren Theatermacher und -gänger seit jeher. In diesem Workshop nehmen wir Vorstellungen von Sophokles’ Antigone am Schauspielhaus sowie von Marc-­ Antoine Charpentiers Tragédie lyrique Médée und Manfred Trojahns Musik­ theater Orest (2011) am Opernhaus zum Anlass, uns gedanklich mit dieser äl­ testen Form des Theaters auseinander­ zusetzen – um festzustellen, wie aktuell die darin verhandelten Debatten sind! Vorstellungs- und Probenbesuche sind inbegriffen. Jugendliche ab 16 Jah­ ren können sich ab sofort anmelden! Daten und Informationen unter: www.opernhaus.ch/jung/16/ In Kooperation mit dem Jungen Schauspielhaus Zürich

Illustrationen: Anita Allemann

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Drei Fragen an Andreas Homoki

Spannende Handschriften Herr Homoki, das Ballett Zürich startet mit Le Sacre du printemps und Petruschka von Igor Strawinsky in die neue Spielzeit. Was bedeuten Ihnen diese beiden Werke? Ich freue mich sehr auf diesen neuen Ballettabend mit Werken, die aus der Ära des Ballettimpresarios Sergei Diaghilew stammen, einer Zeit, die für die Ent­ wicklung des Tanzes im 20. Jahrhundert unglaublich prägend war. Es ist bekannt, dass die Zeit der Ballets russes in Paris auch eine kontroverse und skan­ dal­­träch­tige Zeit war: Igor Strawinskys Sacre du prin­temps ist damals einge­ schla­gen wie eine Bombe. Rein aus mu­ si­­kalischer Sicht öffnete dieses Werk die Türen zum 20. Jahrhundert weit. Man merkt, dass Strawinsky darin an die äussersten Grenzen des kompositorisch Möglichen vorgestossen ist, so dass Le Sacre du printemps – ähnlich wie die Elektra bei Richard Strauss – ein Höhe­punkt und gleichzeitig eine Kehrt­ wende in Strawinskys Schaffen darstellt. Von dieser faszinierenden musika­ lischen Kraft ist bis heute nichts ver­ loren­ge­gangen. Der Vergleich des zwei Jahre früher ent­­stan­denen Balletts Petruschka mit Le Sacre du printemps macht aber auch klar, wie sich der Bühnentanz in dieser Zeit immer stärker vom klassischen Hand­lungsballett weg, hin zur Ab­straktion bewegte. Es freut mich besonders, dass wir diese Meisterwerke der Ballettgeschichte in den künstlerisch und ästhetisch span­ nenden Handschriften von Edward Clug und Marco Goecke erleben dürfen, zwei Choreografen, die das Zürcher Ballettpublikum schon in den ver­ gangenen Spielzeiten zu Begeisterungs­ stürmen hin­gerissen haben! Zu den grossen Erfolgen der vergangenen Spielzeit gehört die Schwa­nen­ see-Produktion von Alexei Rat­man­ sky, für die er sogar als «Choreograf des Jahres» ausgezeichnet wurde. Mit welchen Gefühlen blicken Sie auf

die vergangene Saison des Balletts Zürich zurück? Mit Stolz und Freude natürlich! Es zeich­net ja Christian Spucks künstleri­ sche Linie aus, dass er die klassische Tradition unserer Compagnie sehr ernst nimmt – dazu gehört die Rekonstruk­ tion des Ballettklassikers schlechthin –, andererseits aber stets nach Möglich­ keiten sucht, das tänzerische Vokabular in verschiedene Richtungen zu er­ weitern. Dass der Schwanensee ein Erfolg werden würde, war absehbar; was mir aber besonders gefällt, ist, dass etwa auch Gods and Dogs, unser erster Ballett­ abend der vergangenen Saison mit Choreografien von William Forsythe, Jiří Kylián und die besonders beliebte Kreation Minus 16 von Ohad Naharin ebenfalls hervorragend besucht war! Eine aktuelle Kontroverse beim Berli­ ner Staatsballett zeigt, dass klassischer und zeitgenössischer Tanz nicht einfach unter einen Hut zu bringen sind: Gegen die vorgeschlagene Doppelleitung der Compagnie durch Sasha Waltz und Johannes Öhman wurde vonseiten der Tänzerinnen und Tänzer heftig protestiert. Beim Ballett Zürich scheint es dieses Problem nicht zu geben… Ich glaube, Christian Spuck ist einer der wenigen Ballettdirektoren, die diesen Spagat erfolgreich schaffen. Ich bin unglaublich froh über sein klares Credo, seine Offenheit in Bezug auf Neues sowie sein feines Gespür für die Leitung der Compagnie. Dass er sich in dieser Spielzeit an die Aufgabe macht, das Requiem von Giuseppe Verdi zu insze­ nie­­ren und dabei Tänzerinnen und Tänzer der Compagnie mit Sängerinnen und Sängern und dem Chor zusam­ men­führt, ist das beste Beispiel dafür, dass er stets bestrebt ist, neue Wege zu beschreiten.

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Opernhaus aktuell

OSKA Weggengasse 3 8001 Zürich T 044 2219400 Di bis Sa 11 – 18 Uhr

1. La Scintilla-Konzert

Liederabend

Mozarts «Entführung» als Live-Hörspiel

Liederabend Leo Nucci

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Ins 1/3 OSKA

Einige Wochen vor unserer Premiere von Mozarts Singspiel Die Entführung aus dem Serail präsentieren wir im ersten La Scintilla-Konzert eine unge­ wöhnliche Fassung dieses Werks: La Scintilla dei Fiati, die Bläser des Or­ chesters, spielen die Harmoniemusik der Oper, die Mozart selbst für diese rein instrumentale Besetzung arrangier­te. Die Handlung wird in diesem Konzert in einer poetischen Textfassung der beiden Autoren Feridun Zaimoglu und Günter Senkel erzählt, die – ebenfalls in Zusammenarbeit mit den Musikern von La Scintilla – für ein kürzlich er­ schienenes Hörspiel des Schweizer Radios SRF entstanden ist. Es sprechen: Juliane Lang (Konstanze), Sebastian Schneider (Belmonte), Aaron Hitz (Bassa Selim), Lotti Happle (Blonde), André Willmund (Pedrillo), Jaap Achter­ berg (Osmin). Die soeben erschienene CD-Aufnahme der gesamten Harmo­­nie­musik ist anlässlich des Konzerts im Foyer erhältlich. Montag, 17 Okt, 19 Uhr Hauptbühne

Als Verdis Rigoletto, Simon Boccanegra, Nabucco, Falstaff und Vater Miller (Luisa Miller) hat der italienische Bari­ ton Leo Nucci dem Zürcher Opern­ publikum Sternstunden auf der Opern­ bühne beschert. Nun kehrt er mit einem Liederabend nach Zürich zurück. Begleitet wird er vom Italian Opera Chamber Ensemble, das aus einem Streichquartett, einer Harfe und Klavier besteht. Auf dem Programm stehen Arien von Rossini (Il barbiere di Siviglia / Guglielmo Tell), Bellini (Beatrice di Tenda /I puritani), Verdi (Macbeth / I due Foscari /I Vespri siciliani) und Donizetti (La favorita). Donnerstag, 3 Nov, 19 Uhr Hauptbühne Einführungsmatinee

Die Entführung aus dem Serail

Für Mozarts Entführung aus dem Serail (Premiere am 6. November) kehrt der gefeierte griechisch-russische Diri­ gent Teodor Currentzis nach Zürich zurück; David Hermann inszeniert im Bühnenbild von Bettina Meyer. In der Einführungsmatinee am 23. Okto­ber stellen wir Ihnen unsere Neuproduk­tion vor. Sängerinnen und Sänger präsen­tieren Ausschnitte aus Mozarts Singspiel. Sonntag, 23 Okt, 11.15 Uhr Bernhard Theater

Illustrationen: Anita Allemann

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Wie machen Sie das, Herr Bogatu?

Eröffnungsfestbühnenwahnsinn 7 Uhr: Der Eiserne Vorhang (das Brandschutztor zwischen Bühne und Zuschauer­ raum, das nachts immer geschlossen sein muss) hebt sich. 7.00 bis 9.15: Es reicht

knapp, die Dekoration, die wir später für die einzelnen Programmpunkte brauchen, vorzubereiten und aufzubauen. Der Tanzboden für das spätere Balletttraining gehört auch dazu. 9.1 5: RUHE! Die Musiker spielen sich für den ersten Programmpunkt ein. Gleichzeitig richtet unsere Beleuchtungsabteilung das Licht ein, und es finden Soundchecks für den Erzähler statt. 9.45: Einlass Publikum. 10.00: Vorstellung Babar. 10.50: Schlussapplaus. 10.51: Die Orchestertechnik baut die Notenpulte ab; die Ballett­ compagnie macht sich bereits auf der Bühne warm. 11.00: Öffentliches Balletttraining. Pause für die Technik. 11.55: Schlussapplaus. Während sich vorne noch die Tänzer ver­beugen, wird im Hintergrund der Tanzteppich abgebaut. 11.57: Aufbau der Po­ des­terie für das Chorkonzert. 12.05: Die Podien sind aufgebaut, alle Absturzstellen mit Geländer gesichert. 12.15: Das Konzert beginnt mit unserem 60 -köpfigen Hauschor. 12.20: Während vor dem Vorhang der Chor singt, schleichen leise über 400 Laiensänger unseres «Eröffnungschores» auf die Bühne und stellen sich unsicht­ bar für unsere Gäste hinter dem Vorhang auf. 12.40: Der Vorhang hebt sich: Mit dem Eröffnungschor, dem Hauschor und dem Kinderchor stehen jetzt über 500 Choristen auf der Bühne und bieten ein atemberaubendes Konzert. 13.00: Geplantes Ende des Konzerts – doch es dauert länger als geplant. Die Technik wird ungeduldig, der nächste Programmpunkt erfordert den Aufbau eines kompletten Bühnenbildes auf der Vor­ bühne. 13.05: Das Chorkonzert dauert… 13.10… und dauert… 13.15… 13.20: Endlich Schlussapplaus! Aber immer noch sind 500 Choristen auf der Vorbühne, auf der gleich der Schauspieldirektor gespielt werden soll. 13.25: Choristen sind weg. Aufbau… Stress!!! Rasend schnell wird das Bühnenbild aufgebaut, doch am Ende feh­len uns genau die 20 Minuten, und wir müssen mit einer Verspätung in die nächs­ ten Programmpunkte gehen. 14.20: Vorstellung Schauspieldirektor. Während dieser läuft, wird im Hintergrund leise versucht, irgendwie die verlorene Zeit wieder einzu­ holen – das gelingt uns nicht. 15.45: Schlussapplaus. Während noch die Zuschauer aus dem Saal gehen, bauen wir das Bühnenbild ab: Das dauert 9 Minuten. Es folgt der Aufbau der Kostüm- und Technikshow. Dazu gehört ein riesiger Laufsteg von der Bühne bis in die 7. Reihe des Zuschauerraums. Das hatten wir noch nie! Auf der Bühne werden gleichzeitig tonnenschwere Wände gestellt und eingeleuchtet. Es wird hektisch, Kom­mandos werden gerufen. Der Steg muss sicher stehen, die Beleuchtung darauf muss noch aufgestellt, verkabelt, ausgerichtet und gesichert werden. Aufbau fertig. Einlass. 16.20: Die Show geht los, 20 Minuten Verspätung. Doch das Publikum tobt vor Spass: Kostümierte fliegen über die Bühne, Feuereffekte, Nebel, Musik, Licht, Bühnenelemente werden gefahren, Geister erscheinen und verschwinden. Alles läuft wie am Schnürchen. 16.35: Auftritt Piraten. Die Schüsse aus der Pistole kommen ab Band – doch der Oberpirat mit der Pistole fehlt noch… Macht nichts. Der Pirat rennt auf die Bühne. Schiesst nochmal. Nächster Auftritt. 16.50: Finale. Feuervorhang, Glitzerregen, Konfetti, Schnee. Schlussapplaus. Im Hintergrund: Vorbereitung für die öffentliche Hauptprobe von Faust in Originaldekoration. Die Zeit war knapp und wird immer knapper. 17.00 bis 19.20: Hochkonzentrierter Umbau auf Faust. Die 20 Minuten Verspätung können wir nicht mehr einholen: In Faust werden Solisten und Chor mit unserer Maschinerie szenisch gefahren: Das muss mit höchster Sorgfalt ein­ gerichtet werden und verträgt «Hastigkeit» nur begrenzt. 19.20: Der Vorhang hebt sich zur öffentlichen Probe. 22.30: Schlussapplaus. 22.40: Der Eiserne Vorhang schliesst sich nach einem hektischen Tag für die Technik. Applaus! Sebastian Bogatu ist Technischer Direktor am Opernhaus Zürich

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Die Macht des Ursprünglichen Edward Clug bringt mit dem Ballett Zürich seine energetische Choreografie von Igor Strawinskys «Le Sacre du printemps» auf die Bühne Fotos Gian Paul Lozza



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Edward Clug, Igor Strawinskys Le Sacre du printemps ist ein Meilenstein für die Musik-, aber besonders auch für die Tanzgeschichte. In beiden Kunst­formen gibt es ein «vor» und ein «nach» Sacre. Was bedeutet dir dieses Stück? Immer wieder bin ich davon fasziniert, wie sich in Strawinskys Werk die gesamte Entwicklung der Musik im 20. Jahrhundert spiegelt. Le Sacre du printemps ist bei der Uraufführung 1913 im Pariser Théâtre du Châtelet wie ein Meteorit aus dem All ins Herz der bürgerlichen Musikkultur eingeschlagen. Noch heute freue ich mich an den Augenzeugenberichten dieser Aufführung, die als einer der grössten Skandale in die Musikgeschichte eingegangen ist. Das Spannende liegt für mich vor allem im charakteristischen Wechselspiel der Bewegungszusammenhänge. Strawinskys Musik ist tönende Bewegung, auch wenn die ständigen metrischen Wechsel und die komplizierten rhythmischen Überlagerungen einer tänzerischen Umsetzung erst einmal zu widersprechen scheinen. Dass das jedoch absolut kein Gegensatz ist, haben herausragende Umsetzungen in den letzten einhundert Jahren eindrucksvoll bewiesen. Zum 100 -jährigen Sacre-Jubiläum, das die Musikwelt 2013 begangen hat, konnte ich der Versuchung, mich selbst mit dem Frühlingsopfer auseinanderzu­ setzen, nicht länger widerstehen. Die Geschichte von Le Sacre du printemps ist natürlich auch eine Historie seiner Choreografen. Wie präsent ist diese Rezeptionsgeschichte in deiner Choreografie? An den vielen Versionen, die seit 1913 entstanden sind, lässt sich die Tanzgeschichte der letzten 100 Jahre verfolgen. Am meisten haben mich die Umsetzungen von Pina Bausch (1975) und Maurice Béjart (1959) beeindruckt. Béjart hat auf sehr ursprüngliche Weise das Erwachen der Liebe zwischen Mann und Frau in aller Körperlichkeit gezeigt. Pinas sehr theatralische Lesart drang in noch tiefere, allgemein menschliche Dimensionen vor. Mein Zugang zu Sacre verlief jedoch zunächst einmal nur über die Musik. Geradezu magnetisch hat sie mich angezogen und regelrecht herausgefordert. Lange bevor ich daran dachte, Choreograf zu werden. Da ist dieser unerklärliche Moment, wo man diese Musik in seinem Bauch spürt, als würde einem als lebenslangem Vegetarier plötzlich ein saftiges Steak vorgesetzt werden. Ich habe versucht, mich von allen Versionen frei zu machen. Einzig aus der Uraufführungsfassung von Vaslav Nijinsky habe ich zwei Elemente übernommen: die Bärte der Männer sowie die Zöpfe und Wangenbemalung der Frauen. Nijinskys Fassung erscheint mir bis heute sehr hermetisch und in gewisser Weise unantastbar. Ein Universum, das sich nicht von allein öffnet. Es wirkt wie eingefroren, als würde es auf die Jahre warten, die da kommen und einen bis dahin zur Zwiesprache mit seinem Schöpfer auffordern. Lässt sich nach einer über einhundertjährigen Aufführungsgeschichte überhaupt noch etwas Neues zum Thema Sacre sagen? Die Herausforderung liegt sicher darin, dass man diese Aufführungstradition mitdenken, sich aber letztlich von ihr lösen muss. Wie bei Nijinsky ist auch mein Ausgangspunkt die heidnische Legende, die ich jedoch in meine Umgebung übersetze. Natürlich denken wir bei Sacre sofort an die grossen, machtvollen Momente, in denen die ganz ursprüngliche Kraft des Rhythmischen so eindrucksvoll zum Tragen kommt. Doch daneben existieren eben auch ganz poetische, ja fast zärtliche Passagen. Mich hat im Sacre-Kontext vor allem die Figur der Auserwählten – der Geopferten – interessiert. In meiner Choreografie wird sie gleich zu Beginn des Balletts vorgestellt. Man weiss sofort, wer sie ist, und wie auf einer Reise begleiten wir sie von diesem Moment bis zu ihrem letzten Atemzug. Das ist ein Unterschied zur Originalversion, wo im ersten Teil ja erst einmal die Rituale der rivalisierenden heidnischen Stämme thematisiert werden. Bei uns ist die Entscheidung über das Opfer bereits gefallen, wenn sich der Vorhang öffnet. Die Auserwählte sondert sich selbst aus der Gruppe ab, sie wird – das erscheint mir ganz wichtig – nicht


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zu der Opferhandlung gezwungen. Sie hat eine bewusste Entscheidung getroffen, die von Furcht und Stolz gleichermassen geprägt ist. Für sie ist es eine Ehre, die Auserwählte zu sein. Mir kam es darauf an, dass wir die Sacre-Reise aus der Perspektive dieser Frau antreten. Erkennbare Situationen versetzen uns in die Lage, ihrer letzten Reise durch das gesamte Stück zu folgen und eben nicht nur im letzten Solo. Wenn der Auserwählten von zwei Frauen die Zöpfe entflochten werden, ist das ein sehr ergreifender Moment. «Du bist keine von uns mehr», scheinen sie zu sagen, aber dieses Entflechten der Zöpfe hat eine so grosse Zärtlichkeit und geschieht so behutsam, dass jenes Sich-Aufopfern in einem anderen Licht erscheint. Sein Leben für eine Gemeinschaft hinzugeben, und sei es auch nur einen Teil davon, scheint am Beginn des 21. Jahrhunderts kein sehr populäres Thema zu sein. Im Gegensatz zu dem vorzeitlichen Ritual des Sich-Opferns, von dem Strawinsky und Nikolai Roerich in ihrem Ballett erzählen, erleben wir heute, wie sehr sich die privaten Interessen des Einzelnen vor das Wohl einer Gemeinschaft stellen. Wir wollen nichts abgeben, nichts teilen, nichts verlieren. Und mit Blick auf unseren Planeten müssen wir feststellen, dass wir anstatt ihr zu opfern, die Erde selbst zum Opfer auserkoren haben. Für ihre Fruchtbarkeit sind wir heute bereit, fast jeden Preis zu zahlen und sägen so an dem Ast, auf dem wir sitzen. Dennoch lag es mir fern, Sacre auf einen Kommentar zur Umweltproblematik herunterzubrechen. Als Choreograf stand für mich das Archaische der heidnischen Legende im Vor­ dergrund. Wenn jemand natürlich meint, Parallelen zu unserer Gesellschaft zu entdecken, übernehme ich dafür keine Verantwortung. (lacht) Also wirklich gar keine Verbindung ins 21. Jahrhundert? In Sacre-Aufführungen mit ihren sehr archaischen Bildern realisiert man eigentlich immer, dass wir nicht so fern von den heidnischen Riten, den blutigen Ritualen aus der vermeintlich grauen Vorzeit sind. Sie liegt näher, als uns lieb ist. Am Beginn meiner Beschäftigung mit dem Frühlingsopfer gab es zwar einige Ideen, Sacre mehr im Heute zu verankern. Doch wenn man einmal anfängt, sich zu dieser Musik zu bewegen und versucht, eine bestimmte Essenz herauszufiltern, eliminiert sich jede überflüssige Information fast von selbst. Man kommt auf das Einfachste und Ursprünglichste zurück. Also kein Platz für ölverschmierte Möwen! Die Kraft der Musik, aber auch die tänzerische und darstellerische Stärke meiner Tänzerinnen und Tänzer hat mir geholfen, mich von überflüssigem Ballast zu befreien. Zur «Anbetung der Erde», wie der erste Teil in Strawinskys Partitur betitelt ist, ergiesst sich in deiner Choreografie Wasser auf die Bühne. Am Anfang habe ich, ehrlich gesagt, noch gar nicht gewusst, dass wir Wasser benutzen würden. Das hat sich erst im Prozess des Choreografierens so ergeben. Als wir beim «Tanz der Erde» angekommen waren, hat mir die Musik gesagt, dass da etwas vom Himmel fallen müsse. Mir war nicht klar was. Wir haben dann verschiedene Möglichkeiten durchgespielt, und plötzlich ergab das Wasser Sinn, weil es sich ganz aus der Geschichte entwickelt: Wasser als das fruchtbringende und reinigende Element in all seiner Gewalt! In der Introduktion zum zweiten Teil, dem lyrischsten und innigsten Moment der gesamten Sacre-Partitur, kann es dann aber auch eine poetische Qualität entfalten, wenn die Mädchen schwanengleich über das Wasser gleiten. Wie gehen die Tänzer mit diesem für sie auf der Bühne eher ungewohnten Element um? Am unangenehmsten ist sicher, dass sich das warme Wasser, das da herabgeschüttet wird, in kürzester Zeit abkühlt. Ein Stück in diesem kalten Nass kreieren und darin tanzen zu müssen, ist – zugegeben – keine sonderlich angenehme Erfahrung. Der Begriff Sacre bekommt da also noch einmal eine ganz neue Bedeutung.


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Gerade wenn man weiss, wie empfindlich Tänzer normalerweise reagieren können. Da reicht manchmal nur ein Tropfen Wasser, um den Ausnahmezustand nach dem Motto: «Ich tanze nicht!» hervorzurufen. Hier sind es nun gleich 120 Liter, die auf die Tänzer hinunter prasseln. Dass sie das ertragen, hat meinen allergrössten Respekt. Sich auf solch einem ungewohnt rutschigen Untergrund bewegen zu müssen, ist eine Herausforderung. Tänzer sind es gewöhnt, mit äusserster Selbstkontrolle zu agieren. Diese Fähigkeit funktioniert zwar auch auf dieser völlig unberechenbaren Oberfläche, aber durch das Wasser kommt ein Element des Risikos und der Unsicherheit in die Aufführung, das ihr etwas sehr Natürliches verleiht und die Auf­ merksamkeit ein wenig von der überstarken Musik abzieht. Es ist ein bisschen, als würde sich durch das Wasser eine gewisse Balance des Stückes herstellen. Schon in deinen anderen Zürcher Arbeiten hast du Elemente des Bühnenbildes für die Choreografie nutzbar gemacht. Ob Schneehaufen oder quer über die Bühne gespannte Saiten: Die Tänzer werden provoziert, sich zu einem Bühnenbild in Beziehung zu setzen. Im Fall von Sacre hat mich die Musik regelrecht dazu herausgefordert. Strawinsky scheint die ganze Zeit sagen zu wollen: Lasst uns nicht ruhen! Aber es stimmt. Solche Momente interessieren mich in all meinen Choreografien: Bis wohin kann man gehen, wie weit kann man eine Idee ausreizen und aus ihr ungewohnte Kraft schöpfen? Tanz ist eine Abfolge sich bewegender Bilder. Nur das genaue Timing dieser sich verändernden Sequenzen lässt sie natürlich und glaubwürdig erscheinen. Wie besetzt man ein Ballett wie Le Sacre du printemps? Wie jede andere Entscheidung, die im Zusammenhang mit Sacre getroffen werden muss, ist das ein sehr instinktiv verlaufender Prozess. Was will ich? Solisten mit starken Persönlichkeiten oder Tänzer, die sich sehr gut in eine Gruppe einfügen? Die Kombination aus beidem wäre ideal. Bei einem Ensemblestück wie Sacre finde ich eine Gemeinschaft, die wirklich aus verschiedenen Individualitäten besteht, spannender als ein uniforme Masse. Es gibt zwar Momente, in denen die Tänzer unisono auftreten müssen, aber die anderen Momente sind mir ebenso wichtig. Die Masse ist nicht grau! Deine Sacre-Choreografie kam 2012 beim von dir geleiteten Slowenischen Nationalballett in Maribor heraus. Wie wird sich die neue Zürcher Version von der damaligen Fassung unterscheiden? Ich bin sehr stolz, dass Christian Spuck dieses Stück ins Repertoire des Balletts Zürich übernimmt. Ich mag diese Choreografie sehr und freue mich, jetzt noch einmal daran zu arbeiten. Ich bin vier Jahre älter geworden und schaue aus einer anderen Perspektive auf dieses Stück. Die Antworten auf einige Fragen, die damals offen geblieben sind, kommen erst jetzt. Die Grundstruktur aus Maribor behalte ich bei, aber ich bin sehr froh über die Gelegenheit, einige Momente noch einmal über­ denken und schärfen zu dürfen. Das können einzelne Bewegungen sein, aber auch musikalische Situationen, die nach anderen choreografischen Lösungen verlangen und das Ganze organischer, natürlicher und überzeugender machen. Und natürlich ist so eine Wiederbegegnung immer auch an die jeweiligen Tänzer gebunden. Ihre Persönlichkeiten und tänzerischen Qualitäten rufen nicht selten ganz unerwartete Lösungen hervor. Was ist das Fazit deiner kreativen Auseinandersetzung mit Strawinskys Musik? Es hat mich überrascht, wie stark ich beim Choreografieren das Diktat seiner Musik gespürt habe. Man merkt in jedem Moment, dass die Musik nicht nur tänzerische Aktionen begleiten will, sondern selbst deren Quelle, also der Ursprung des Tanzes ist. Die Schwierigkeit für den Choreografen liegt darin, den Kontrapunkt zu dieser Musik zu finden. Natürlich könnte man der Musik einfach folgen oder


sie als Krücke benutzen. Doch Choreografie ist Freiheit. Man darf sich nicht zum Sklaven der Musik machen. Man muss im richtigen Moment die richtigen Prioritäten setzen und nicht versuchen, die Musik zu übertrumpfen. In einigen Situa­tionen habe ich mich als Choreograf aus einem anderen Blickwinkel gesehen. Es ging da plötzlich nicht mehr um mich. Nicht um den Versuch, sich etwas zu beweisen oder jemanden zu beeindrucken. So, als würde man sich ganz in der Musik auflösen. Das Gespräch führte Michael Küster






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Als die Russen kamen In Paris wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts die Ballettmoderne begründet, als Impresario Sergej Diaghilew dort in epochalen Aufführungen seine Ballets russes präsentierte, unter anderem mit «Petruschka» und «Le Sacre du printemps». Ein Rückblick auf eine atemberaubende Epoche

Igor Strawinsky (links) und Impresario Sergej Diaghilew am Londoner Croydon Airport, 1926

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ine Aristokratin fädelte die Bekanntschaft ein, die Messieurs verstanden einander auf Anhieb. Zwar zerstritten sie sich übers gemeinsame Geschäft mit schöner Regelmässigkeit, aber sie fanden immer wieder zusammen. Jedenfalls solange, bis der eine infolge eines Jahrhundert-Eklats zum wohl bekanntesten Ballett-Impresario aller Zeiten aufstieg, während der andere bei gleicher Gelegenheit pleite ging. 1907 stellt die Gräfin Greffulhe bei einer ihrer Pariser Soireen die Herren Gabriel Astruc und


Foto: Rue des Archives /Lebrecht

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Sergej Diaghilew einander vor. Der eine betätigt sich als Theaterproduzent, der andere als Exporteur russischer Kunst. Nachdem er bereits erfolgreich Gemälde, Dirigenten und Sänger in der französischen Kapitale platziert hat, verabredet sich Diaghilew mit Astruc zum Diner, um beim Dessert einen Vorschlag auf den Tisch zu packen: «Sie scheinen mir», lässt er beiläufig fallen, «eine grosse Liebe zum Tanz zu haben.» Dann schwärmt er dem Gegenüber von den exquisiten Künstlern seiner St. Petersburger Heimat vor – von Anna Pawlowa, Michail Fokin und einem jungen Ballerino namens Vaslav Nijinsky. Astruc, der, wie er später selbstkritisch anmerken wird, die Neigung hat, sich «Hals über Kopf in etwas hineinzustürzen», fängt Feuer. «Wenn Ihre Tänzer das sind, was Sie behaupten, und wenn Sie die Künstler, die Kulissen und Kostüme mitbringen, dann werde ich mich um das Châtelet-Theater, die Organisation und die Werbung kümmern.» Voilà, so geschieht es. Und so gastieren im Jahr 1909 erstmals die Ballets russes des Sergej Diaghilew in besagtem Théâtre du Châtelet. Der Auftritt markiert den Beginn der Ballettmoderne – aus dem Geist einer russisch-französischen Allianz. Von Igor Strawinsky war bei dem historischen Abendessen nicht die Rede. Und doch sollte der Komponist für die Ballets russes, für Diaghilew und Astruc zu einer Schlüsselfigur werden. Strawinskys erstes Opus für den Tanz, Der Feuervogel, ging 1910 noch ohne Zutun Astrucs über die Bühne. Diaghilew hatte dafür die Pariser Oper gemietet, weil das freundschaftliche Band zu dem Unternehmer gerade von einem mittelschweren Zerwürfnis belastet wurde. Wenig später waren die Wogen geglättet, und so hob Astruc die beiden Stücke, die das Ballett Zürich jetzt präsentiert – als Krea­tion von Marco Goecke und Schweizer Erstaufführung von Edward Clug – tatkräftig mit aus der Taufe. Petruschka wurde 1911 noch im klassizistischen Ambiente des Théâtre du Châtelet uraufgeführt, zur Premiere von Le Sacre du printemps im Mai 1913 residierte Astrucs Theaterbetrieb in einem neu erbauten Art-Déco-Juwel an der Avenue Montaigne: dem prachtvollen, leider in Windeseile konkursreifen Théâtre des Champs-Elysées. So unterschiedlich wie die Spielstätten wirken auf den ersten Blick die beiden Werke. Wer genauer hinschaut, wird jedoch schnell etwas erkennen, das an Charles Baudelaires Gedicht Correspondances, an «Bezogenheiten» erinnert. Wird Differenzen wie Zusammenhänge wahrnehmen und nachvollziehen, wie sich Gegensätzliches in ein Wechselspiel verstrickt: Geist und Materie, Himmel und Erde, Verzückung und Entrückung, Leben und Tod. Davon erzählt Petruschka, und – anders gewichtet – auch Le Sacre du printemps. In Strawinskys Ballett-Œuvre reihen sie sich in die Serie jener Kompositionen ein, die vom Handlungsrahmen bis zu den Klangmotiven russische Sujets aufnehmen und einer Metamorphose, Schichtung, Übersetzung unterziehen. Folkloreweisen und volkstümliches Liedgut färben die Textur der Musik. Die einschlägige Linie zieht sich vom Feuervogel (1910) bis zu Les Noces (1923), wobei allein das revolutionäre Frühlings­ opfer die Traditionsanleihen weit übersteuert und in ein «musikalisches Erdbeben» verwandelt – so vernahm es Gabriel Astruc als Augen- und Ohrenzeuge der Uraufführung. Obwohl der Entrepreneur unablässig damit beschäftigt war, Kostenexplosionen zu verhindern, erkannte er die geniale Konstruktion beider Inszenierungen und bewunderte die Ergebnisse. Strawinsky hatte nicht einfach im stillen Kämmerlein Partituren entworfen – Sacre entstand als Idee und Skizze noch vor Petruschka und wurde erst auf Diaghilews Anregung für die Tanzbühne zugeschnitten. Vielmehr arbeitete er Hand in Hand mit den jeweils verantwortlichen Bühnen- und Kostümbildnern. Alexandre Benois lieferte die Ausstattung wie das Libretto für Petruschka, sein Kollege Nikolai Roerich zog massgeblich die inhaltlichen Sacre-Fäden und sorgte zudem für deren optische Rahmung. Die Mission «Gesamtkunstwerk», der sich Diaghilew verschrieben hatte, beinhaltete auch die choreografische Dimension, sprich: Michail Fokin und Vaslav Nijinsky, der bei der Premiere von Frühlingsopfer die Tänzer aus der Kulisse heraus dirigieren musste, so heftig kämpften sie mit seinem Schrittmaterial


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und Strawinskys polyrhythmischen Eruptionen. Zwei Jahre zuvor hatte Diaghilews Protegé sein tänzerisches Können noch auf den barmenswerten Petruschka verwandt, und auf Fokins choreografische Fantasien. Der Handlung nach scheinen die vier Bilder dieses «Balletts der Strasse», wie Alexandre Benois es nannte, mehr mit Federico Fellinis filmischem Eifersuchtsmelodram La Strada (1954) zu tun zu haben als mit dem ins Prähistorische weisenden, aus filigranen Anfängen ins Monströse und Monumentale wachsenden Frühlingsopfer. So zoomt die Dramaturgie hier aus einer Anfangstotalen – dem Buttermarkt genannten Karnevalscorso auf dem St. Petersburger Admiralitätsplatz um 1830, den ein Gaukler mit seinen drei Puppen, mit Petruschka, der Ballerina, dem Mohren bestückt – in Interieurs: in Petruschkas Zelle und das Zimmer des Mohren, wo sich die eigentliche Tragödie entrollt. Der melancholische Harlekin Petruschka verfällt der eitlen Ballerina, die sich ihrerseits in den putzsüchtigen Mohren verliebt. Der schlägt den glücklosen Verehrer erst wutschnaubend in die Flucht, um ihn dann auf offener Strasse umzubringen. Der Kniff des Librettos besteht darin, die drei Protagonisten zwar als Kunstwesen einzuführen. Doch je menschlicher sie agieren, je stärker sie Gefühle entäussern, umso deutlicher bebildern sie die Condition humaine: Petruschkas schutzlos malträtierte Seele heischt Mitleid, die Ballerina steht für ein so blauäugiges wie oberflächliches Temperament, und der Mohr für den cholerischen Bösewicht, der keine Niedertracht und auch nicht das Verbrechen scheut. Die Intensität der ausgestellten Affekte steigert sich solange, bis die Grenze zwischen Puppe und Mensch hinfällig wird, bis die Rummelbesucher auf der Bühne nicht anders können, als das fiktive Geschehen für bare Münze zu nehmen. Derweil liest der Theaterzuschauer unten im Saal aus der moritatenhaften Begebenheit gänzlich Vertrautes heraus: die Zuspitzung eines Liebeskonflikts, wie er sich jeden Tag, allerorten und zu allen Zeiten zugetragen hat und zuträgt. Obwohl Fokins Choreografie das zentrale Dreigestirn holzschnitt­ artig stilisiert und damit menschliche Züge und Eigenschaften verfremdet, gewinnt die Figurenzeichnung zunehmend an Plastizität und besitzt die Qualität eines dreifachen Charakterporträts. Le Sacre du printemps wirkt dagegen wie ein mythisches, auf Panoramaformat erweitertes Zeugnis der Ur- und Frühgeschichte. Das Diptychon mit «Bildern aus dem heidnischen Russland» beschreibt ein Stammes- und Fruchtbarkeitsritual, das die Ankunft des Frühlings mit einem liturgischen Zeremoniell verknüpft. Damit die Erde knospen kann, muss eine Jungfrau geopfert werden, muss ein Geschöpf sich in den Abgrund des Selbstopfers tanzen – die «Auserwählte», die zunächst kaum merklich Aufmerksamkeit auf sich lenkt, indem sie wie zufällig, wie versehentlich aus dem Reigenrund ausschert. Die Gemeinschaft aber nimmt diese Akzidenz als schicksalhaftes Zeichen. Das Mädchen ist todgeweiht, die Gewalt entfesselt. In einem orgiastischen Crescendo, das Strawinskys Komposition zum Skandal wie zum Einfallstor der Moderne macht, hetzt das Kollektiv die «Auserwählte» in den Untergang. Wenn ihr Atem verhaucht, ihr Leib entseelt, ihr Geist erloschen ist, kann sich im ewigen Kreislauf von Werden und Vergehen Neues entfalten. Das Menschenopfer ist Tribut und Anerkenntnis, dass nichts und niemand die Natur beherrschen kann. Alles Belebte ist ihren Gesetzen untertan, von Anfang an und bis zum sicheren Ende. Kein Wunder, dass diese Botschaft – von Vaslav Nijinsky in eine hochdynamische Körpersprache jenseits aller Ballettschablonen gefasst – die fortschrittsgläubigen Honoratioren des anhebenden 20. Jahrhunderts verstört und einen Proteststurm entfacht. «Keine der Gesten ist anmutig. Nichts erinnert an die gewohnte Harmonie des Tanzes», notiert Gabriel Astruc seine Eindrücke: Stampfende, einwärts gedrehte Füsse, geballte Fäuste, reglose Gesichter erzeugen eine ästhetische Irritation ohnegleichen. «Ein Kunstwerk kann sich nicht ausschliesslich auf das Krasse und das Hässliche gründen», tadelt am Tag nach der Uraufführung Gaston de Pawlowski, bis dato leidenschaftlicher Anhänger der Ballets russes. Heute sehen wir klarer. Und erkennen, dass Petruschka wie Le Sacre du printemps in archaischen Konstellationen wurzeln, im Menschsein selbst und seiner Verfasstheit.


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Im Grossen wie im Kleinen werden gesellschaftliche Zusammenhänge offenbar, werden Abhängigkeiten, Erwartungen, Prägungen und fatale Abweichungen markiert, die zum Ausschluss führen, in die Isolation. Von da ist es nur ein kleiner Schritt bis zur totalen Auslöschung. Das verbindet den Mord an Petruschka mit dem Opfer des jungen Mädchens, dessen Blut die Erde tränken und neuerlich fruchtbar machen soll. «Surprenez-moi!» lautete die Anweisung, die Sergej Diaghilew seinen Künstlerschützlingen gern erteilte. Das schloss naturgemäss auch Provokationen ein. Demnach wussten die Sacre-Urheber genau um die Zumutung, die sie in die Öffentlichkeit trugen. Immerhin hatten sie bereits bei Petruschka den Einfall verworfen, aus dem Stoff ein groteskes Spektakel in Grand-Guignol-Manier zu machen und damit den Publikumsgeschmack zu bedienen. Trotzdem erntete Petruschka auf Anhieb Applaus, während das Frühlingsopfer allein infolge des Uraufführungstumults in die Schlagzeilen geriet. Die Empörung verstummte binnen weniger Monate, indes der Chor der Sacre-Bewunderer wuchs, täglich und unaufhaltsam. Bis heute. Für Gabriel Astruc allerdings wurde Le Sacre du printemps zum buchhalterischen Sargnagel einer schlecht besuchten Saison. Das stolze Théâtre des Champs-Elysées machte bankrott und schloss einstweilen seine Pforten. Bitter für Astruc, der sogar eine Erweiterung des Orchestergrabens veranlasst hatte, um den anspruchsvollen Monsieur Diaghilew und den noch anspruchsvolleren Igor Strawinsky zufrieden zu stellen. Alles umsonst? In seinen Memoiren geisselte der Theaterdirektor zwar die eigene «Narrheit», aber zugleich setzte er dem 1929 in Venedig verstorbenen Diaghilew ein Denkmal – Epitaph für den genialen Macher, der «oft zum Ruhme der Musik und des Tanzes Geld ausgab, das er nicht hatte, jedoch an manchen Abenden einen abgeschabten Frack und alternde Lackschuhe trug.»

Petruschka / Le Sacre du printemps Ballette von Igor Strawinsky Petruschka Choreografie Marco Goecke Bühnenbild und Kostüme Michaela Springer Lichtgestaltung Martin Gebhardt Dramaturgie Michael Küster Choreografische Uraufführung Le Sacre du printemps Choreografie Edward Clug Bühnenbild Marco Japelj Kostüme Leo Kulaš Lichtgestaltung Martin Gebhardt Schweizerische Erstaufführung

Dorion Weickmann

Musikalische Leitung Domingo Hindoyan Ballett Zürich Junior Ballett Philharmonia Zürich Premiere 8 Okt 2016 Weitere Vorstellungen 11, 14, 21, 28, 30 Okt, 5, 18, 20 Nov, 11 Dez 2016 Exklusiver Partner Ballett Zürich

Foto: Rue des Archives / Keystone

ab

Igor Strawinsky und Vaslav Nijinsky in seinem Kostüm als Petruschka, 1911


Nur Wind und Menschen Marco Goecke choreografiert Igor Strawinskys «Petruschka». Nachtgedanken eines suchenden Künstlers Fotos Danielle Liniger



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s ist ganz einfach zu choreografieren. Es ist nicht mehr als: Einmal kommt jemand von links oder von rechts oder von hinten nach vorne. Trotzdem habe ich immer Herzklopfen und manchmal panische Angst, einem Tänzer zu sagen: Komm mal von da oder dort. Meiner Meinung nach steht mir das nicht zu, aber ich muss es ja machen. Übertrieben, vielleicht pathetisch, wenn Nina Simone sagt: Gott ist zwischen den Noten. Mich lässt das aber nicht los. Ich versuche nur zu verstehen oder zu fühlen, warum die eine Bewegung in die nächste übergeht. Es ist eine Art Wind dazwischen. Mehr als zu sagen: Energie. Es ist zum Verrücktwerden, das Versuchen zu sehen und zu erfühlen – zusammen mit der wahnsinnigen Angst, dass dies den Raum nicht hält, und dem Gefühl, nicht zu treffen. Was heisst das wohl? Bewegung als Abfall von etwas anderem!! Etwas anders Gemeintem. Bewegung als spätere Geschichte, etwas davon mitzuteilen und doch den Sinn dieser Geschichte auf dem Weg zu verlieren.

A

Marco Goecke probt mit Katja Wünsche und William Moore

lso keine Geschichte? Nur Wind und Menschen. Menschen, die im Wind gehen. Mir fehlt der Wind gerade. Ich mag den Sommer nicht. Der Sommer ist nicht das Theater! Der Wind schon, der Herbst eher. Ich habe eine Vorlage in diesem Stück. Eine Geschichte. Eine einfache. Zum Glück! Diese Geschichte wird mich nicht beugen, und trotzdem hält sie mich und die Arbeit an den Bewegungen. Sie ist der komische Auftrag. Es klingt wie eine Erleichterung. Ist es aber nicht. Denn: Was könnte ich anderes erzählen als von mir und uns? Ich meine manchmal zu spüren, wie jeder einzelne Tänzer oder Mitarbeiter im Raum sich fühlt. Das ist mir manchmal zu viel. Nur wenn ich dann mit einem Tänzer arbeite, hilft das und ist die Quelle, die etwas intim macht.

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ch frage mich, ob ich gerade lebe, oder ob ich auf irgendetwas warte. Morgens wache ich auf und denke sofort an die Arbeit. Also weniger denken, mehr ein Gefühl, was alles heute möglich ist!!! Ein grosses Nichts, das es zu füllen gilt. Manchmal glauben die Leute, dass man in einem schönen Traum lebt, aber ich wünschte, ich könnte erzählen, wie erdig und arm man ist – sozusagen auf dem Boden der Tatsachen dort im Studio – einen Hauch von etwas zu produzieren. In der Kommunikation ruf ich aus einer Einsamkeit. Aus einer Wolke von Wünschen, aber das Gegenüber hört das vielleicht nicht. Gerade hab ich das Gefühl, dass


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ich das Stück so gerne hätte! Besitzen möchte ich es. Fast wie man sich etwas Wertvolles wünscht. Ich hätte so gerne gewusst, was das ist, was ich gerade mache. Es gibt diesen Moment, wenn mir aus etwas Winzigem plötzlich klar wird, was es ist, und doch weiss ich es nicht für den Tag der Premiere. Premiere, das ist anders. Da fühl ich mich kalt, wie aus einem Traum erwacht!! Oft sind die Tänzer dann an diesem Abend besonders. Ich bin oft zufrieden. Schüttle den Kopf manchmal, weil sie wie Kinder sind. Störrischmüde vorher!! Aber diese Minuten dann.

H

eute dachte ich, es müssen Berliner mit Puderzucker im Stück gegessen werden. Gibt’s das hier??? Ich weiss nicht, warum die Tänzer manchmal spüren, was ich suche. Es passiert. Heute war Katja genau auf dem Punkt mit einer Winzigkeit. Ja, winzig klein. Aus einer anderen Situation hab ich sie gebeten, dies oder das zu tun. Ja, dies oder das. Oft nichts. Was dann plötzlich sich anreichert zu etwas. Ich blick jetzt schon zurück auf die Unmöglichkeit etwas zu tun, und jetzt klappern Minuten dahin im Rhythmus, eben wie man wohl ein Stück macht. Ich hab nicht viel überlegt, auch nicht beim Casting. Aber ich fange an, meine Entscheidungen zu geniessen. Die Tänzer stimmen, mit Grossartigem oder mit dem, was nicht so klappt. Ich weiss nicht, ich fühl mich verliebt. Heute, gerade eben. Vielleicht nur kurz, oder vielleicht bis zum Schluss. Ich hoffe, jemand ist in der Arbeit auch verliebt in mich.

D

ie Musik strengt mich an. Da ich sie nur von Tag zu Tag höre, bin ich überrascht, aber das gefällt mir. Ich bin Widder. Ich bin sprunghaft. So ist die Musik auch. Sie erzählt und will mich zwingen. Langsam verstehen wir uns besser. Ich vergebe der Musik, was ich nicht erwartet hätte. Ich hab Rasseln im Sinn, Trampeln, denke an einen Luftvorhang. Im Spiegel die Wahrheit. Ketten aus Glöckchen, nur ein Blatt, das fällt. Nur eins.


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s gibt auch so einen einfachen Wunsch manchmal, der heisst: Ich will, dass es schön wird. Weiss nicht, was das ist. Was ist für mich schön? Für andere? Ich wäre gerne spielerischer, aber ich bin angespannt. Nach der Probe fallen mir die Augen zu. Ich fasse für mich nachts zusammen: Da ist ein Raum, der ist dunkel, da sind Menschen, die sich anders bewegen können als andere Menschen. Da sind ein paar Lampen, ein paar Hosen, Menschen, die Instrumente spielen können, weil sie es gelernt haben. Da ist eine seltsame, recht einfache Geschichte als Grundlage. Sonst nix. Und jetzt? Denk ich wie jedesmal. Dann müsste etwas passieren, das uns das Herz zerreisst!!! Hahaha. Ich wünschte, ich hätte manchmal diese Aufgabe nicht, aber dann schaff ich es auch nicht ohne sie. Am Wochenende war ich traurig!!! Ich hab die Tänzer vermisst. Menschen, die ich kaum kenne!!!

A

ls Kind hatte ich Ideen, etwas zu erfinden, etwas zu bauen; oder nachts durchs Fenster, mich mit Freunden im Wald treffen, sich gruseln vielleicht. So ein Gefühl hab ich für die Tänzer. Einen Plan schmieden ohne die Erwachsenen!!! Ja, eine Idee haben. Die anderen, die Erwachsenen haben immer alles zerschlagen! Vielleicht deshalb Theater heute! Ich habe hier ein paar Glöckchen. Ganz kleine. Mit denen spiele ich rum. Sie werden im Stück auftauchen. Was ganz Einfaches, wo aber eine ganze Welt mitschwingt. Ich suche Sachen mit Charme, nichts Perfektes. Das Gefundene darf mitspielen!!! Die gefundenen Schritte dürfen mittanzen, die Tänzer, die ich zufällig gesehen habe. Die Geschichte darf probiert werden, die Musik darf spielen, so wie sie mir vorgeschlagen wurde. Alles an der Arbeit ist ok, so wie im selben Moment alles zu bezweifeln ist!!! Alles wird gebaut, so wie es auch zerschlagen wird. Trümmer werden zusammengesetzt, und nichts kann ein Gefühl garantieren. Keine noch so harte Arbeit. Verrückt!

Marco Goecke sucht in seinen Proben immer einen speziellen Blickwinkel auf die Tänzer



30 Volker Hagedorn trifft…

Domingo Hindoyan Domingo Hindoyan stammt aus Venezuela. Nach seiner Ausbildung als Geiger wandte er sich dem Dirigieren zu und wurde nach seinem Studium in Genf Assistent von Daniel Barenboim an der Berliner Staatsoper Unter den Linden. Heute ist er Gast führender europäischer Orchester und debütiert mit «Petruschka» und «Le Sacre du printemps» am Opernhaus Zürich.

«Dieselbe Temperatur wie jetzt in Caracas», meint er, «nur dass es da überall Klimaanlagen gibt und hier nicht.» Brütende Septemberhitze in Berlin, Pause zwischen zwei Proben für Tosca. Wenigstens sind es im Café hinter dem Schillertheater der Staatsoper nur 27 statt 30 Grad, dafür jault ab und zu eine Saftpresse so baustellenlaut, dass sogar die kräftige tiefe Stimme von Domingo Hindoyan kaum zu verstehen ist. Caracas also, Hauptstadt von Venezuela, mehr als zwei Millionen Einwohner, von denen täglich etwa sieben gewaltsam ums Leben kommen. «Es ist so gefährlich geworden, dass viele auswandern», sagt er, der in Caracas vor 36 Jahren zur Welt kam. Die derzeit gefährlichste Stadt der Erde ist auch eine der musikalischsten Städte, dank des legendären Musikerziehungssystems «el sistema», in dem auch dieser Musiker, Sohn einer Juristin und eines Geigers, gross geworden ist. Er zählt zu den Aufsteigern einer Generation, die auffallend reich an Dirigierbegabungen ist. Bis vor kurzem war Domingo Hindoyan in Berlin Assistent von Daniel Barenboim, drei Jahre lang. Er ist Gastdirigent zweier Londoner Orchester, des Sinfonieorchesters Basel, der Orchester in Lausanne, Liège und Valencia, und, neben weiteren Adressen, der Oper in Graz. Dort dirigierte er erstmals die Partitur, mit der er demnächst nach Zürich kommt: Igor Strawinskys Le Sacre du printemps. Da Hindoyan ausserdem mit Sonya Yoncheva verheiratet ist, die als Opernsopranistin zu den rising stars unserer Tage gehört, könnte man befürchten, die Bugwelle seiner Persönlichkeit entspreche seiner beträchtlichen Körpergrösse. Tatsächlich ist er aber ein zugänglicher, geerdeter Typ «grosser Junge» mit wachen dunklen Augen, der mir erklärt, was es mit «el sistema» auf sich hat: «Über 700 000 Kids nehmen in Venezuela das Angebot wahr, kostenlos ein Instrument zu lernen – sozial Benachteiligte, Mittelklasse, Reiche, egal. Als ich vierzehn war, waren es nicht so viele. Die Schule ist wie in zweites Zuhause nach der Schule. Du gehst da nachmittags hin, lernst Harmonielehre, Solfeggio und dein Instrument und spielst im Orchester.» Sein Instrument war und ist die Geige. Das lag nahe bei einem geigenden Vater, es ging früh los und früh hatte er den Reiz des Dirigierens entdeckt. Zuerst als kleiner Junge, wenn ihn sein Vater zu Sonntagskonzerten mitnahm: «Auf dem Rückweg habe ich immer die Dirigenten imitiert. Dann kam ich ins Jugendorchester, da war es Alltag, die Dirigenten von vorn zu sehen. Ich guckte immer, wie die probten, wie das funktioniert, ich war wahnsinnig neugierig. Ich las auch schon die Partituren und hatte eine hübsche Bibliothek davon, ehe ich zu dirigieren begann.» Und wann stand er zum ersten Mal vor einem Orchester? «Ich war vierzehn und Konzertmeister in einem Jugendorchester. Wir spielten die Peer-Gynt-Suite.» An einer Stelle habe der Dirigent gesagt: «Du bist so neugierig und guckst immer in die Partitur, willst du es versuchen? Willst du das Orchester mal von aussen hören? Komm, dirigiere es! Ich hatte nie Unterricht, ich stand da und dirigierte das Stück, meine Freunde spielten, wir waren ja alle Kids, das war mein erstes Mal. Fantastisch!» Er strahlt heute noch. Vor zwei Jahren hat er das Werk von Edvard Grieg erneut dirigiert, als Gastdirigent in Valencia. «Die Partitur war sofort wieder präsent in meinem Kopf, als ob man einen alten Ordner im Computer öffnet. Die Stücke, die man gelernt hat, wenn man sehr jung ist, vergisst man nie.» Er blieb damals trotzdem erst einmal beim Geigen. «Ich wollte damit so weit kommen, wie mein Talent reicht.» Domingo sammelte wie besessen Aufnahmen und Videos grosser Geiger, und da gab es diesen TV-Mitschnitt vom 26. Mai 1965 aus Paris: Der 29-jährige Geiger Christian Ferras spielt das Violinkonzert von Jean Sibelius, der 25-jährige Zubin Mehta steht am Pult des Orchestre National des ORTF, man findet das inzwischen auch online. «Das guckte ich mir wirklich jede Woche an. I loved it. Diese sensuelle


Volker Hagedorn trifft… 31

und süchtigmachende Art, Geige zu spielen! Eines Tages achtete ich aber gar nicht mehr auf Ferras, sondern auf Zubin Mehta, der das Konzert so gut dirigierte. Da merkte ich, es passiert etwas mit mir.» Domingo lacht. Seine Wandlung zum Dirigenten hatte begonnen. Als er zwanzigjährig zum ersten Mal nach Europa kam, als Geiger im jungen Orquesta Sinfónica Simón Bolívar, war ihm das sinfonische Repertoire bereits vertraut: «Ich hatte schon alle Sinfonien von Brahms, Beethoven und Schumann gespielt, alles von Mahler ausser der Siebten.» Diese Musik sei in Venezuela jedem musikalischen Kind ebenso vertraut wie europäischen Musikliebhabern. Trotzdem gebe es einen Unterschied: «Für euch ist das was Altes, für uns ist es neu! Bei uns ist Klassik temperament, dancing und live fast wie ein Rockkonzert. Und bei uns sind die Konzerte umsonst. Man geht einfach hin.» Im selben Jahr, mit Anbruch des neuen Jahrhunderts, begann Domingo an der Genfer Musikhochschule sein Dirigierstudium bei Laurent Gay, ohne indessen die Geige wegzulegen: «Du musst als Dirigent ein Instrument spielen können, weil der Taktstock keinen Klang erzeugt. Du musst wissen, wie man Musik mit seinen eigenen Händen und dem eigenen Atem macht.» Seine Violine brachte ihn aber auch auf ganz andere Weise voran. Nach Abschluss seines Studiums und einigen Meisterkursen ging er als Orchestermitglied mit dem von Daniel Barenboim gegründeten und geleiteten «West-Eastern Divan Orchestra» auf Tournee. Sieben Sommer lang war Domingo unterwegs, auch in den Konfliktzonen des Nahen Ostens, zu dem er eine Verbindung hat: Sein armenischer Grossvater emigrierte nach Syrien, nach Aleppo, jene Stadt, die seit vier Jahren aus einem Welterbe in einen Trümmerhaufen verwandelt wird. Das Orchester ist besetzt mit Mitgliedern vieler Ethnien und Religionen. «Wenn ein Israeli bei seinem Oboensolo von Palästinensern begleitet wird», meint Domingo, «ist klar: vor einem Orchester sind alle gleich.» Wie das «sistema» im gewaltreichen Venezuela hat ihn auch dieses Orchester in der Überzeugung bestärkt, «dass es wichtig ist, in einer Welt voller Brutalität die Seele zu bereichern. Innere Armut bringt Grausamkeit hervor. Die Künstler sollten ihre Arbeit sehr entschieden tun! Und laut! Manchmal hilft es.» In Barenboims Friedensorchester spielten drei angehende Dirigenten mit. Jeder von ihnen durfte eine Beethoven-Sinfonie im Konzert leiten. Domingo bekam die Siebte. Danach verschaffte ihm Barenboim den Job an seiner Seite in Berlin. Wirft so ein berühmter Mentor nicht auch Schatten? Domingo wundert sich. «Nein. Ich hatte im ganzen Leben keine bessere Schule für Musik und Dirigieren. Sieben Jahre «West-Eastern Divan Orchestra» und drei als Assistent – ich habe mehr als 40 Vorstellungen an der Staatsoper dirigiert. Barenboim ist grosszügig. Er versucht zu helfen, er sagt, wenn etwas gut ist, und wenn nicht, sagt er, warum. Er hat ein hohes Tempo, da muss man mithalten. Ich brauche Zeit, um vieles zu verstehen, was ich hier in Berlin gelernt habe.» Parallel dazu hat er sich selbst entwickelt, gerade bei Strawinskys Sacre merkt er das. «Ich dirigiere das Stück jetzt zum dritten Mal, und ich treffe jedes Mal andere Entscheidungen. Am Anfang war ich rough, jetzt wird es dancing and light.» Kein Frühlingsopfer als Vorklang des Krieges? Viele wollen den ja heraushören, weil die Uraufführung 1913 war. «Ich glaube das nicht. Strawinsky war sehr pragmatisch. Er wollte verbessern und ausprobieren. Das Stück änderte die Geschichte, es änderte die Art, wie man Rhythmen schreibt, so, wie er vorher mit Petruschka in die Polytonalität ging. Aber es ist ein Stück Musik. Noten, Töne, Rhythmen. Es gibt auf Youtube ein Interview mit Strawinsky, da erzählt er, was Diaghilev, der Impresario, ihm sagte: DAM, DAM, DAM, soll das die ganze Zeit so weiter gehen?» Domingo Hindoyan lacht schallend, die Saftpresse jault wieder ohrenbetäubend, und komischerweise fühlt sich die Welt jetzt besser an. Volker Hagedorn


32 Wiederaufnahme

I Capuleti e i Montecchi Vincenzo Bellinis Romeo-und-Julia-Oper I Capuleti e i Montecchi ist zwar ein Juwel des Belcanto, und doch ist Schön­­ gesang hier immer auch mit un­end­­li­cher Traurigkeit verbunden: Erzählt wird keine Geschichte einer zärtlich ent­­ste­hen­ den Liebe, sondern bereits die letzten 24 Stunden im Leben der beiden jungen Menschen. Das Werk, das weit von Shakespeares berühmtem Theater­stück entfernt ist, entwickelt einen kata­­ strophischen Sog, dem man sich kaum entziehen kann. Die erneute Begegnung mit dem Werk verschafft uns ein Wie­der­ sehen mit der ukrainischen Sopranistin Olga Kulchynska, die als Giulietta bei der Premiere wahre Begeisterungsstürme entfacht hat. Neu als Romeo wird Anna Stéphany zu hören sein, Benjamin Bernheim singt den Tebaldo. Mit Mauri­ zio Benini am Dirigentenpult konnten wir einen ausgewiesenen Kenner des Bel­ canto-­Faches gewinnen. Und eine letzte gute Nachricht für alle Melomanen: Die Erfolgsproduktion in der Regie von Christof Loy ist soeben als DVD bei Philharmonia Records erschienen und ab sofort im Handel erhältlich. Wiederaufnahme 30 Okt 2016 Weitere Vorstellungen 2, 4, 9, 13 Nov 2016


Foto: Monika Rittershaus



Die geniale Stelle 35

Melancholie und Fanfare Ein Motiv aus Igor Strawinskys «Petruschka»

Ein greller Schmerzensschrei, ein Sturz, ein leises Jammern, tiefe Stille, ein wie aus der Ferne hereingewehtes Fanfarenmotiv – so beginnt das zweite Bild von Strawinskys Ballett, das die Geschichte einer traurigen Marionette erzählt. Ein brutaler Tritt befördert Petruschka in seine Kammer, mühsam rappelt sich der Geschundene auf, langsam kommt er zu sich. Das erwähnte Fanfarenmotiv ist die Chiffre seiner Existenz: ein bis zur Oktave aufsteigender C-Dur-Dreiklang, dessen letztes Intervall, die Quarte, wie ein Alarmsignal mehrmals wiederholt wird. Doch der Klang ist seltsam gebrochen, scheint nicht zur musikalischen Gestalt passen zu wollen, die man im scharfen Ton der Trompete erwarten würde, nicht im sanft-schattierten der Klarinette. Dieser weiche Klang verleiht dem doch eigentlich aggressiven, zumindest aufrüttelnden Gebilde einen irritierend melancholischen Charakter und selbst die Quarten am Ende klingen eher wie ein Hilferuf, wie ein Signal, das einer aussendet, der in höchster Not ist. Die Unterstimme des Motivs, die einer zweiten Klarinette anvertraut ist, verstärkt den schmerzlichen Charakter noch. Sie beschreibt einen gebrochenen Fis-Dur-Dreiklang, so dass sich ein bitonales Gebilde ergibt, das die im Quintenzirkel am weitesten voneinander entfernten Tonarten zusammenzwingt: eine scharf dissonierende musikalische Formulierung von extremer Spannung, das Bild einer zerrissenen Existenz – Petruschka. Und tatsächlich: Der Held von Strawinskys Stück ist ein Widerspruch in sich. Er ist eine beseelte Gliederpuppe, ein gleichzeitig mechanisches und gleichzeitig emp­ findungsbegabtes, liebesfähiges Wesen. Sein schmerzverzerrtes Motiv, das am Anfang des zweiten Bilds zum ersten Mal auftritt, durchzieht von da an die Partitur in allen denkbaren gestischen Variationen von hoffnungsloser Traurigkeit bis zum verzweifel­ ten Aufschrei, der in manischer Wiederholung das ganze Orchester in Aufruhr versetzt. Und je öfter man es hört, desto deutlicher wird, dass Strawinsky die unglückliche Marionette durch dieses scheinbar simple Motiv zu einem umfassenden Sinnbild der menschlichen Existenz gestaltet hat: der Existenz als biologisches Wesen einerseits, das den natürlichen Abläufen unterworfen ist, und als geistiges mit Selbstbewusstsein und eigenem Willen ausgestattetes andererseits, das fortwährend mit diesen übermächtigen Kräften im Kampf um seine Selbstbehauptung liegt. Noch eine andere, eine soziale Dimension lässt sich in Petruschkas innerem Konflikt ausmachen: Er ist der Knecht, der widerspruchslos den Befehlen seines Herrn folgen muss – bis er dem Zwang schliesslich entrinnt: Ganz am Ende, wenn der Schau­ budenbesitzer den zerschmetterten Leichnam der «entseelten» Gliederpuppe von der Bühne schleift, erscheint Petruschkas Geist auf dem Dach des kleinen Theaters – befreit aus dem Leib, der fremdem Willen unterworfen war. Nun sind es zwei grell klin­gende Trompeten, die Petruschkas Fanfaren-Motiv spielen, und die Quartschritte am Ende sind kein Hilfeschrei mehr, sondern geraten zu einem kleinen aggressiven Tänzchen im fünfteiligen Metrum, das für die Musik des russischen Volkes so typisch ist: Petruschka droht dem Besitzer, der sich verängstigt in seine Schaubude verkriecht. Was mit dieser Drohung gemeint ist, kann niemand sagen, aber es ist unüberhörbar: Dieses «Peterchen» (ist es ein Zufall, dass der Titelheld des Stücks denselben Namen trägt wie jener Zar, der Russland zur Weltmacht formte?) hat es faustdick hinter den Ohren, mit ihm wird man noch rechnen müssen. Wir schreiben das Jahr 1911… Werner Hintze


Fotos: Archiv Opernhaus ZĂźrich

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Nello Santi 37

Italianità, gelebt und verkörpert Eine Würdigung Nello Santis zu seinem 85. Geburtstag Text Peter Hagmann

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em jungen Mann sollten Sie ganz speziell Sorge tragen, eine solche Begabung trete alle fünfzig Jahre einmal auf. Der das aussprach, war der Dirigent Otto Ackermann, seines Zeichens Musikalischer Oberleiter am Stadttheater Zürich, wie das Opernhaus damals noch genannt wurde. Die Worte galten Nello Santi, der 1958, 27 Jahre alt, in Zürich debütiert hatte und rasch als Erster Kapellmeister verpflichtet worden war. Se non è vero, è ben trovato – denn Otto Ackermanns Satz wird von Nello Santi überliefert. Tatsache ist freilich, dass sich der junge Dirigent sogleich und nachhaltig auf Zürich einliess, und er ist der Stadt wie ihrer Oper treu geblieben. Am 22. September 2016 hat er seinen 85. Geburtstag begangen. Aus diesem Anlass veranstaltet das Opernhaus am 23. Oktober ein Galakonzert: mit Nello Santi am Pult und mit seiner Tochter, der Sopranistin Adriana Marfisi, als Solistin. Das Programm zeugt von den weit gespannten Interessen des Jubilars. Natürlich umfasst es Italienisches wie die Ouvertüre zu Rossinis Semiramide, wie Ausschnitte aus Opern Verdis oder Puccinis. Man kann Nello Santi aber auch als Wagner-Dirigenten erleben, denn vorgesehen ist der «Einzug der Festgäste» aus dem Tannhäuser. Zum Schluss gibt es, eine kräftige Überraschung, die vierte Sinfonie von Pjotr Tschaikowski. Santi sieht den Schwerpunkt seines Wirkens klar im musikalischen Theater, er versteht sich aber nicht ausschliesslich als Operndirigent, wie seine acht Jahre an der Spitze des Radio-Sinfonieorchesters Basel zeigen. Dass sich Nello Santi zu seinem halbrunden Geburtstag nicht einfach feiern lässt, sondern persönlich ans Pult tritt, ist nicht weiter erstaunlich. Gleiches tat er, als er im November 2013 den Kunstpreis der Stadt Zürich erhielt. Selbst seinen achtzigsten Geburtstag 2011 beging er im Orchestergraben des Opernhauses – natürlich mit Rigoletto, der Oper Giuseppe Verdis, die ihn zum Dirigieren gebracht hat und mit der er am 19. Dezember 1951 in Padua debütierte. Sein Freund Leo Nucci war bei jenem Debüt nicht dabei, er war damals erst neun Jahre alt, aber für Santis Achtzigsten hat er sich nochmals den Buckel umgeschnallt, um in der Titelpartie (und zusammen mit Diana Damrau und Piotr Beczala) in die Inszenierung von Gilbert Deflo einzusteigen. Ein in seiner Weise grandioser Abend war das; er zeigte die Persönlichkeit Nello Santis wie unter einem Brennspiegel. Auch die kleinen Rituale, die dazugehören: das Kreuzzeichen vor dem ersten Schritt in den Graben, der Griff in die Manschette, um den für heutige Verhältnisse auffallend langen Taktstock aus dem Frackärmel zu ziehen, die unglaubliche Konzentration während der Umbaupausen, am Ende die beinahe endlose Verbeugung, der sich alle Mitwirkenden anzuschliessen haben. Vor allem hat diese Aufführung von Rigoletto in besonderer Klarheit erleben lassen, was das Dirigieren Nello Santis auszeichnet. Zuallererst ist es der innige Bezug zu den Sängerinnen und Sängern. Sie gelte es liebevoll auf Händen zu tragen, betont Santi, der diesbezüglich ganz in der Tradition des «maestro concertatore e direttore d’orchestra» steht. Die beiden Funktionen des Operndirigenten sind in dieser in Italien bis heute geläufigen Bezeichnung getrennt, wobei die Begleitung der Sänger, das Konzertieren mit ihnen, den ersten Platz einnimmt, die Orchesterleitung als Mittel zum Zweck den zweiten. Nello Santi fällt der musikalische Kontakt zu den Akteuren auf der Bühne besonders leicht, dirigiert er doch grundsätzlich auswendig.


38 Nello Santi

Nello Santi mit Plácido Domingo am Opernhaus Zürich

Sein fotografisches Gedächtnis wurde bald, aber eher zufällig entdeckt; es lässt ihn die Notentexte rasch und zugleich bis weit in die Tiefe memorieren – die Legende besagt, dass er sogar die für die Proben benötigten Studienziffern im Kopf hat. Jedenfalls gehört Santi zu jenen Dirigenten, die ganz ausgeprägt mit den Sängern atmen und in ihrem Gestalten stets an die Partner auf der Bühne denken. Das zu hören, ist anregend genug; es aus einer Loge zu beobachten, bietet aber besondere Einsichten. Lebendige italienische Tradition ist das. Nello Santi, ein genuiner Theatermensch, hat sie im Graben, in den Soffitten, im Bühnenhimmel eingesogen. Als Heranwachsender sass er Stunden um Stunden am Plattenspieler; mit einer Intensität sondergleichen machte er sich in die heiss geliebte Opernmusik hinein. Später gab es in Padua auch eine reguläre Ausbildung, allerdings in ungewöhnlicher Breite. Auf dem Klavier, an Geige, Bratsche, Cello, sogar an der Trompete wurde er ausgebildet. Sechzehn Jahre alt, zog es ihn zum Theater. Dort war er zunächst Mädchen für alles, Santi erzählt es in seiner unnachahmlich lebendigen Art. Im Orchester ersetzte er fehlende Musiker, was ihm mit seiner vielschichtigen Begabung wenig Mühe bereitete – selbst Kontrabass hat er gespielt, den einzigen im Orchester, und das in Puccinis Madama Butterfly. Vor allem aber diente er als Souffleur, als «maestro suggeritore», der Sängern nicht nur Textstellen in Erinnerung ruft, sondern ihnen auch Einsätze gibt. Bisweilen durfte er auch richtig dirigieren: die Banda hinter der Bühne. Wichtig war, was Santi in jener Zeit aufgeschnappt, zugeflüstert bekommen und mitgenommen hat. Das hat ihn geprägt, daran glaubt er bis heute, dafür steht er ein. Und dies, anders lässt es sich nicht sagen, ein Leben lang in Zürich. Andreas Homoki ist der achte Intendant, den Nello Santi in der Zürcher Oper erlebt. Unter Karl Heinz Krahl (1957 – 1960) hatte er seine Anfänge. Mit Herbert Graf (1960 – 1962) erlebte er, wie sich bei fremdsprachigen Opern, die damals noch in deutscher Übertragung gegeben wurden, die Verwendung der Originalsprache durchzusetzen begann. In der Ära von Claus-Helmut Drese (1975 – 1986), der Hermann Juch (1964 – 1975) nachgefolgt war, sah er die historisch informierte Aufführungspraxis einziehen, der er bis heute mit distanziertem Respekt begegnet; als sich Nikolaus Harnoncourt 1997, das war dann schon unter der Intendanz Alexander Pereiras (1991 – 2012), an Verdis Aida wagte, soll er einigermassen er­schüt­ tert reagiert haben. In all diesen Jahren und Jahrzehnten betreute Santi vornehmlich das italienische Repertoire – zur hellen Freude eines grossen Publikums, für das er bis heute den Inbegriff der musikalischen Italianità darstellt. Von Bellini bis Puccini reicht das Spektrum; auch manche Rarität, Semiramide von Rossini oder Donizettis Poliuto, finden sich darunter. Wobei ein bewahrender Grundzug ganz selbstverständlich dazugehört. Die italienische Tradition, da wird Nello Santi sehr dezidiert, ruhe in sich und stehe fest, ein für alle Mal. Innovative Deutungen, zumal im Szenischen, lehnt


39

er ohne Wenn und Aber ab. Und das neue Finale, das Luciano Berio 2002 für Puccinis unvollendete Oper Turandot vorgestellt hat, hält er für verfehlt; die gewöhnlich gespielte Einrichtung von Franco Alfano genüge vollkommen, mehr gebe es dazu nicht zu sagen – ein klares Wort. Ob seiner steten, bald sechzig Jahre währenden Präsenz in Zürich vergisst man leicht, dass Nello Santi auf eine blendende internationale Karriere blickt. Im zarten Alter von 25 Jahren reiste er mit dem weltberühmten, damals 66 -jährigen Tenor Beniamino Gigli durch Spanien. Wenige Jahre später folgten die Debüts an der Oper von Covent Garden London, an der Wiener Staatsoper und den Salzburger Festspielen, später an der Mailänder Scala, der Pariser Oper und der New Yorker Metropolitan Opera. Bis nach Südamerika reicht der Radius seines Wirkens. Auch Japan liebt er; mit dem NHK Symphony Orchestra in Tokio arbeitete er regelmässig zusammen. Inzwischen tritt er etwas ruhiger, ist das erstaunlich? Immerhin sollen in seiner Agenda noch Termine bis November 2017 stehen: an der Scala, am San Carlo in Neapel, am Teatro La Fenice in Venedig – und selbstverständlich am Opernhaus Zürich, wo er in der soeben angelaufenen Spielzeit mit Lucia di Lammermoor und mit L’elisir d’amore zwei Opern von Donizetti dirigieren wird. Heimlich freuen wir uns schon auf das nächste Bühnenjubiläum Nello Santis am Opernhaus Zürich am 3. September 2018. Es wird das diamantene sein.

Galakonzert zu Nello Santis 85. Geburtstag Nello Santi, Dirigent Adriana Marfisi, Sopran Philharmonia Zürich Chor der Oper Zürich Jürg Hämmerli, Choreinstudierung Werke von Rossini, Verdi, Wagner, Puccini und Tschaikowski Sonntag, 23 Okt 2016 19.30 Uhr Hauptbühne Die Philharmonischen Konzerte werden unterstützt von Evelyn und Herbert Axelrod

Peter Hagmann, promovierter Musikhistoriker und diplomierter Organist, war von 1986 bis 1995 Erster Musikkritiker und Redaktor im Feuilleton der «Neuen Zürcher Zeitung». Heute betreibt er unter www.peterhagmann.com einen Blog für Musikkritik.

LES CONTES D’HOFFMANN L I V E AuS DEr OPérA NATiONAL DE PAriS Dienstag 15. 11.2016, 19.30 uhr ArTHOuSE LE PAriS, Zürich OPEr iN 5 AkTEN vON JACquES OFFENbACH Mit JONAS kAuFMANN, SAbiNE DEviEiLHE, kATE ALDriCH, ErMONELA JAHO, STéPHANiE D’OuSTrAC Dirigent: PHiLiPPE JOrDAN – regie: rObErT CArSEN Dauer: 3 h 25 Min., Deutsche untertitel Preise: CHF 42.– / 40.– (AHv, Legi), CHF 36.– mit der kinokarte

Do 20.10.2016, 20.00 h: MACBETH (Verdi) L I V E aus Barcelona Di 15.11.2016, 19.30 h: LES CONTES D’HOFFMANN L I V E Opéra de Paris So 18.12.2016, 11.00 h: IL TROVATORE (Salzburg) So 01.01.2017, 11.00 h: TOSCA (Opernhaus Zürich) Auch unsere Partner sind Filmlovers:

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40 Meine Rolle

Die Fäden in der Hand Julie Fuchs ist als Mozarts Susanna in ihrem Element

Julie Fuchs

Illustration: FLAG Aubry Broquard

Die Sopranistin Julie Fuchs hat am Opernhaus Zürich zu­letzt in Händels «Orlando» gesungen. Sie kehrt nun – nach ihrem grossen Erfolg als Marie in Donizettis «La fille du Régiment» an der Wiener Staats­ oper – mit Mozarts «Le nozze di Figaro» nach Zürich zurück.

Susanna ist listig, quirlig und natürlich sehr jung. Sie ist der Drehpunkt des Stücks: Auf sie hat der Graf Almaviva ein Auge geworfen, sie geniesst das Vertrauen der Gräfin. Mit ihrer Geistesgegenwart hilft sie so manchem aus der Klemme. Sie ist es, die in diesem turbulenten Stück die Regie führt. Es war ja bereits in der Vorlage von Beaumarchais revolutionär, dass auch das Dienerpaar durch intelligentes Handeln glänzt, ja die Hauptrolle spielt. Mehr noch, dass es das «niedrige» Paar ist, das die Fäden – bis zu einem bestimmten Grad – in der Hand hat. Dass Susanna am Ende mit der Gräfin sogar die Kleider tauscht, die Dienerin also zur Herrin wird, ist der endgültige Ausdruck für die Nivellierung jeglicher sozialer Unterschiede. Susannas Beziehung zur Gräfin ist sehr innig, sehr schön, ja fast schon symbiotisch. Die Gräfin umgibt eine grosse Einsamkeit, sie scheint mir sehr isoliert zu sein. Dass sie in dieser Situation ein enges Verhältnis zu ihrer Dienerin pflegt, finde ich eigentlich ganz natürlich. Die Gräfin hat bis zum Schluss mehr Vertrauen zu Susanna als zu ihrem Ehemann… Susanna liebt ihren Figaro natürlich uneingeschränkt. Es ist eine echte, tiefe Liebe. Dennoch ist Susanna sicher auch ein wenig geschmeichelt über die Avancen des Grafen, der nach der Aufgabe des uralten Rechts auf die erste Nacht bei seinen Untergebenen, dem «ius primae noctis», nun richtig aktiv werden muss, um sie für sich zu gewinnen. Susanna hat dabei durchaus Lust am doppelten Spiel, an der Verführung, auch ein wenig an der Macht, die sie dadurch ausübt, und dem erotischen Knistern, das in der Luft liegt. Ihre herrliche Arie im letzten Akt, die sogenannte «Rosenarie», ist das beste Beispiel dafür. Ich freue mich auch auf die prächtigen Ensembles, besonders auf die Finali des zweiten und vierten Aktes, denn ich mag es, ein Teil des Ganzen zu sein und nicht bloss eine Arie abzuliefern, um dann wieder von der Bühne zu gehen. Auch die vielen Rezitative sind für mich ein Genuss, denn man muss hier sehr aktiv sein. Deshalb bin ich froh, wenn wir in den Proben vor allem an den Rezitativen arbeiten. Es gibt tausend Möglichkeiten, einen Satz zu sagen, und ich liebe es, hier immer wieder zu variieren. Das ist nicht anders als beim Sprechtheater. Susanna ist die ganze Zeit auf der Bühne, sie hat wahnsinnig viel zu tun; als Sängerin kann man dabei nicht unbedingt mit vokalen Glanzlichtern triumphieren. Für den einen oder anderen Sopran mag das deshalb nicht so attraktiv sein, aber für mich ist es eine Traumrolle, denn ich liebe komplexe szenische Herausforderungen, ja das Schauspiel generell. Und das alles gepaart mit dieser himmlischen Musik von Mozart – was kann es Schöneres geben! Es ist eine sehr grosse Partie, ja vielleicht die längste Rolle für einen lyrischen Sopran überhaupt. Aber die Rolle gibt mir so viel Energie, dass ich sie wohl auch noch singen könnte, wenn ich gerade einmal nicht so gut drauf bin…




Foto: Suzanne Schwiertz

Le nozze di Figaro «Jeder verwandelt sich, wird verwandelt, gemahlen, gedroschen, auseinander­ gerissen und wieder zusammengenäht, bis er am Ende als er selbst vor sich steht und sich staunend und jubelnd als ganz Neuer wiederfindet», so der Regisseur Sven-Eric Bechtolf über Mozarts Meisterwerk, das nach einer gefeierten Wiederaufnahme-Serie in der Spielzeit 2014/15 in fast unveränderter, exquisiter Besetzung nun erneut auf dem Spielplan steht: Wiederum sind Michael Nagy und Julia Kleiter als Graf und Gräfin sowie Julie Fuchs und Ruben Drole als Susanna und Figaro zu erleben. Paula Murrihy übernimmt die Partie des Pagen Cherubino. Am Pult steht Giovanni Antonini, der am Opernhaus Zürich zuletzt Bellinis Norma und Händels Alcina dirigierte. Wiederaufnahme 15 Okt 2016 Weitere Vorstellungen 20, 23, 27, 29 Okt 2016


44 Kalendarium

Oktober 2O16

Fr 7  Führung Kostümabteilung

Sa Geschichten erzählen «Der Freischütz» 1

15.30

Für 6- bis 9-Jährige und ihre Eltern Studiobühne, CHF 15/20

Für 6- bis 9-Jährige und ihre Eltern Studiobühne, CHF 15/20

Oper von Carl Maria von Weber Sonntag-Abo D, Deutsche Oper-Abo, Preise E

Di 4  Cavalleria rusticana / Pagliacci

20.00

Kurzopern von Pietro Mascagni und Ruggero Leoncavallo Dienstag-Abo B, Preise E

19.00

Choreografien von Marco Goecke und Edward Clug Musik von Igor Strawinsky Premieren-Abo A, Preise D

So 9  Cavalleria rusticana / Pagliacci

14.00

Kurzopern von Pietro Mascagni und Ruggero Leoncavallo Preise H AMAG-Volksvorstellung

Der Freischütz

19.00

Oper von Carl Maria von Weber Mittwoch-Abo B, Preise E

Oper von Carl Maria von Weber Misch-Abo C, Kombi-Abo, Preise E

Choreografien von Marco Goecke und Edward Clug Musik von Igor Strawinsky Premieren-Abo B, Preise C

12 Mi Cavalleria rusticana / Pagliacci

OPER IM KINO

Photo © Kristian Schuller

Oper von Charles Gounod Misch-Abo A, Franz. Oper-Abo, Preise E

Di 11  Petruschka / Sacre

Treffpunkt Billettkasse, CHF 20

Der Freischütz

19.00

Treffpunkt Billettkasse, CHF 20

Sa 8  Petruschka / Sacre Premiere

20.00

Mi 5  Führung Werkstätten

15.30

Führung Bühnentechnik

19.00

Der Freischütz 20.00

Faust

Oper von Charles Gounod Sonntag-Abo B, Preise E

Geschichten erzählen «Der Freischütz»

15.30

Treffpunkt Billettkasse, CHF 20

16.00

So Faust 2

14.00

15.00

19.00

Kurzopern von Pietro Mascagni und Ruggero Leoncavallo Misch-Abo B, Verismo-Abo, Preise E

13 Do Der Freischütz

20.00

Oper von Carl Maria von Weber Donnerstag-Abo B, Preise E

14 Fr Petruschka / Sacre

19.00

LIVE AUS NEW YORK PATHE DIETLIKON, ZÜRICH PATHE KÜCHLIN, BASEL PATHE WESTSIDE, BERN TRISTAN UND ISOLDE - 08.10. DON GIOVANNI - 22.10. L’AMOUR DE LOIN - 10.12. NABUCCO - 07.01. ROMEO UND JULIA - 21.01. RUSALKA - 25.02. LA TRAVIATA - 11.03. IDOMENEO - 25.03. EUGEN ONEGIN - 22.04. DER ROSENKAVALIER - 13.05.

15 Sa Führung Opernhaus 15.00

Treffpunkt Billettkasse, CHF 10

Le nozze di Figaro Wiederaufnahme

18.00

Oper von Wolfgang Amadeus Mozart Mozart-Abo, Preise E

16 So Ballettgespräch

11.15

Zu Themen aus der Welt des Tanzes Studiobühne, CHF 10

Der Freischütz

14.00

PATHELIVE

Choreografien von Marco Goecke und Edward Clug Musik von Igor Strawinsky Freitag-Abo B, Preise C

Oper von Carl Maria von Weber Sonntag-Abo A, Preise E

Liederabend Javier Camarena

19.00

Lieder-Abo, Belcanto-Abo, Preise A


Kalendarium 45

17 Mo 1. La Scintilla-Konzert

19.000

Werke von Wolfgang Amadeus Mozart Scintilla-Abo, Preise H

Mode·Leder·Pelze

19  Der Freischütz Mi

19.00

Kaiserstrasse 42 D-79761 W a l d s h u t Tel. 0049 7751 3486

Oper von Carl Maria von Weber Mittwoch-Abo A, Preise E

www.kueblerpelz.com

2O  Do Le nozze di Figaro

19.00

Oper von Wolfgang Amadeus Mozart Donnerstag-Abo A, Preise E

21 Fr Petruschka / Sacre

19.00

Choreografien von Marco Goecke und Edward Clug Musik von Igor Strawinsky Ballett-Abo klein, Preise C

22 Sa Familienworkshop Sacre/Petruschka Shearling Lamm Jacke H/W 2016/2017

14.30 Für 7- bis 12-Jährige und ihre Eltern Treffpunkt Billettkasse, CHF 20

Führung Opernhaus 15.00

Treffpunkt Billettkasse, CHF 10

Führung Maskenbildnerei 16.00

Treffpunkt Billettkasse, CHF 20

Der Freischütz

19.00

Oper von Carl Maria von Weber Samstag-Abo, Preise E

23 So Einführungsmatinee Die Entführung aus dem Serail 11.15

Bernhard Theater, CHF 10

Le nozze di Figaro

13.00

Oper von Wolfgang Amadeus Mozart AMAG-Volksvorstellung, Preise H

Familienworkshop Petruschka / Sacre 14.30

Für 7- bis 12-Jährige und ihre Eltern Treffpunkt Billettkasse, CHF 20

Galakonzert zu Nello Santis 85. Geburtstag 19.30

1. Philharmonisches Konzert Konzert-Abo, Preise P2

27 Do Le nozze di Figaro

19.00

Oper von Wolfgang Amadeus Mozart Wahl-Abo, Preise E

28 Fr Petruschka / Sacre 19.30

Choreografien von Marco Goecke und Edward Clug Musik von Igor Strawinsky Ballett-Abo Gross, Preise C

29 Sa Führung Opernhaus 14.00

Treffpunkt Billettkasse, CHF 10

Klangteppich Petruschka

15.30

Für 4- bis 6-Jährige und ihre Eltern Treffpunkt Billettkasse, CHF 15

Le nozze di Figaro

19.00

Oper von Wolfgang Amadeus Mozart Preise E

3O  So Petruschka / Sacre

14.00

Choreografien von Marco Goecke und Edward Clug Musik von Igor Strawinsky Wahl-Abo, Preise C

Klangteppich Petruschka

15.30

Für 4- bis 6-Jährige und ihre Eltern Treffpunkt Billettkasse, CHF 15

I Capuleti e i Montecchi Wiederaufnahme

20.00

Oper von Vincenzo Bellini, AMAG-Volksvorstellung, Preise H

Das Opernhaus Zürich für Kurzentschlossene: Am Opernhaustag erhalten Sie 50% Ermässigung für die gleichentags stattfindende und gekennzeichnete Vorstellung. www.opernhaus.ch/opernhaustag

Die Werkeinführung findet jeweils 45 Min. vor der Hauptbühnen-Vorstellung bzw. den Philharmonischen Konzerten statt.


46 Serviceteil

Billettkasse

Billettpreise und Platzkategorien

Öffnungszeiten: Mo–Sa 11.00 Uhr bis Vorstellungsbeginn, an Tagen ohne Vorstellung bis 18.00 Uhr. Sonntags jeweils ab 1.5 Stunden vor Vorstellungsbeginn resp. 1 Stunde bei kleinen Produktionen. T +41 44 268 66 66, Mo-Sa, 11.00 – 18.00 Uhr / tickets@opernhaus.ch Opernhaus Zürich AG, Falkenstrasse 1, CH-8008 Zürich

1

2

3

Preisstufe A

92

76

65

43

16

AMAG-Volksvorstellungen

Preisstufe B

141

126

113

56

20

Die AMAG-Volksvorstellung ermöglicht es Theaterliebhabern, das Opernhaus Zürich zu einem deutlich reduzierten Preis zu be­suchen. Die regelmässig stattfindenden AMAG-Volksvor­stel­lungen werden in der kalendarischen Übersicht dieses Magazins, online in unserem Monatsspielplan sowie per News­letter an­gekündigt. Die AMAG-­ Volksvorstellungen gelangen jeweils einen Monat vorher in den Verkauf. Fällt der Tag des Verkaufsbeginns auf einen Sonn- oder Feier­tag, beginnt der Vorverkauf am Öffnungstag davor. Schriftliche Kartenbestellungen sind nicht möglich. Der Maximalbezug für diese Vorstellungen liegt bei 4 Karten pro Person.

Preisstufe C

169

152

130

56

20

Preisstufe D

198

173

152

92

32

Preisstufe E

230

192

168

95

35

Preisstufe F

270

216

184

98

38

Preisstufe G

320

250

220

98

38

Preisstufe H

75

59

44

25

15

Kinderoper K

60

50

40

30

20

Preisstufe P1

95

80

65

50

35

Preisstufe P2

Opernhaus-Tag  Das Opernhaus Zürich für Kurzentschlossene: Am Opernhaustag erhalten Sie 50 % Ermässigung für die gekennzeichnete Vorstellung. Fällt der Opernhaustag auf einen Sonntag, können die ermässigten Tickets bereits ab Samstag erworben werden. Die Termine finden Sie im Kalendarium dieses Magazins und werden Ihnen auf Wunsch regelmässig per E-Mail mitgeteilt. Newsletter abonnieren unter: www.opernhaus.ch/newsletter

4 5

125

105

85

65

40

Legi (Preisstufen A – C + K + P)

35

25

20

18

13

Legi (Preisstufen D – F)

45

33

25

20

15

Alle Preise in CHF

Club Jung Stark vergünstigte Tickets, Probenbesuche, interessante Einblicke hinter die Kulissen und mit Gleichgesinnten die neuesten Opern- und Ballettproduktionen besuchen: All das und mehr bietet der Club Jung für junge Leute zwischen 16 und 26 Jahren. Die Mitgliedschaft ist kostenlos und unverbindlich (einmalige Aufnahmegebühr von CHF 20). Club Jung-Mitglieder erhalten Last-Minute-Karten ab 30 Minuten vor der Vorstellung für CHF 15. Auch stehen ihnen bereits im Vor­ verkauf Karten zum Preis von CHF 15 für ausgewählte Vorstellungen zur Verfügung. Spezielle Veranstaltungen wie Probenbesuche oder Workshops geben einen exklusiven Einblick hinter die Kulissen und sind für Clubmitglieder kostenlos. Der Club Jung-Newsletter informiert regelmässig über die aktuellen Angebote und Aktionen. Details zur Mitgliedschaft im Club Jung und zum aktuellen Programm finden Sie auf www.opernhaus.ch/clubjung.

Ermässigungen  Das Opernhaus Zürich bietet unterschiedliche Ermässigungen für Kinder, Schüler, Studenten, Lernende und KulturLegi-Inhaber, AHV- und IV-Bezüger. Informationen hierzu finden Sie unter www.opernhaus.ch/besuch oder in unserem Sai­son­­buch.

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Ein Triumpf und eine Sensation

Ein hypnotisierender Film

NZZ AM SONNTAG

CINEUROPA

ZWEI DJs GEGEN DAS ISLAMISCHE REGIME

Ein Film von SuSannE REgina mEuRES

MAG Abonnieren  MAG, das Opernhaus-Magazin, erscheint zehnmal pro Saison und liegt zur kostenlosen Mitnahme im Opernhaus aus. Sie können das Opernhaus-Magazin abonnieren: zum Preis von CHF 38 bei einer inländischen Adresse und CHF 55 bei einer ausländischen Adresse senden wir Ihnen jede Ausgabe druckfrisch zu. Bestellungen unter: T +41 44 268 66 66 oder tickets@opernhaus.ch.

Biografilm Music

Ab 20. OktOber im kinO


Serviceteil 47

Impressum

Sponsoren

Magazin des Opernhauses Zürich Falkenstrasse 1, 8008 Zürich www.opernhaus.ch T + 41 44 268 64 00

Unsere Vorstellungen werden ermöglicht dank der Subvention des Kantons Zürich sowie den Beiträgen der Kantone Luzern, Uri, Schwyz, Zug und Aargau im Rahmen der interkanto­n alen Kulturlastenvereinbarung und den Kantonen Nidwalden und Obwalden.

Intendant Andreas Homoki

Partner

ab

Generalmusikdirektor Fabio Luisi Ballettdirektor Christian Spuck Verantwortlich Claus Spahn Sabine Turner Redaktion Beate Breidenbach Kathrin Brunner Fabio Dietsche Michael Küster Claus Spahn Gestaltung Carole Bolli Florian Streit

Produktionssponsoren

StockArt – Stiftung für Musik

Evelyn und Herbert Axelrod

Swiss Casinos Zürich AG

Freunde der Oper Zürich

Van Cleef & Arpels

Walter Haefner Stiftung

Else von Sick Stiftung

Swiss Re Zürich Versicherungs-Gesellschaft AG

Confiserie Teuscher Projektsponsoren

Frankfurter Bankgesellschaft (Schweiz) AG

AMAG Automobil- und Motoren AG

Garmin Switzerland

Baugarten Stiftung

Horego AG

Familie Christa und Rudi Bindella

Sir Peter Jonas

Clariant Foundation

Luzius R. Sprüngli

Freunde des Balletts Zürich

Elisabeth Stüdli Stiftung

Ernst Göhner Stiftung

Madlen und Thomas von Stockar

Max Kohler Stiftung

Zürcher Theaterverein

Ringier AG

Fotografie Stefan Deuber Danielle Liniger Florian Kalotay

Georg und Bertha Schwyzer-Winiker-Stiftung

Bildredaktion Christian Güntlisberger

Gönner

Anzeigen Nathalie Maier Schriftkonzept und Logo Studio Geissbühler Druck Multicolor Print AG Illustrationen Anita Allemann FLAG Aubry Broquard

Förderer

Swiss Life Zürcher Kantonalbank

Abegg Holding AG Accenture AG Josef und Pirkko Ackermann Alfons‘ Blumenmarkt Allreal Ars Rhenia Stiftung Familie Thomas Bär Berenberg Schweiz Beyer Chronometrie AG Elektro Compagnoni AG Stiftung Melinda Esterházy de Galantha Fitnessparks Migros Zürich Fritz Gerber Stiftung Egon-und-Ingrid-Hug-Stiftung Walter B. Kielholz Stiftung KPMG AG Kühne-Stiftung Landis & Gyr Stiftung Lindt und Sprüngli (Schweiz) AG Die Mobiliar Fondation Les Mûrons Neue Zürcher Zeitung AG Notenstein La Roche Privatbank AG Pro Helvetia, Schweizer Kulturstiftung


48 Fragebogen

William Moore Aus welcher Welt kommen Sie gerade? In meinem täglichen Probenalltag spüre ich endlich wieder, was es heisst, Solist einer Ballettcompagnie zu sein. Den an mich gestellten Erwartungen zu entsprechen und auch den eigenen Ansprüchen an mich selbst gerecht zu werden. Trotz meiner langjährigen Erfahrung als Tänzer war der Beginn dieser Spielzeit ein ziemlicher Schock für mich. Nicht nur, weil ich nach sechs Wochen Ferien wieder mit dem Tanzen angefangen habe, sondern vor allem, weil ich endlich wieder in meinen Beruf zurückkehren durfte. Ich habe sehr lange pausieren müssen, weil ich an beiden Knien operiert wurde. Seit April habe ich mich zwar mit einigen vertrauten Rollen lang­sam wieder an den Tänzeralltag gewöhnen können, doch seit Anfang dieser Saison lege ich, was das Arbeitspensum angeht, noch einen Gang zu. Ich geniesse die Herausforderung und freue mich sehr auf die neue Spielzeit. Worauf freuen Sie sich beim neuen Strawinsky-Ballettabend? Strawinskys Musik in Bewegung zu verwandeln, ist keine einfache Aufgabe. Ich hoffe einfach, ihr wirklich gerecht zu werden. Je öfter ich die Musik vor der Premiere höre, desto besser. Welches Bildungserlebnis hat Sie besonders geprägt? Was den Tanz angeht, war es die erste Begegnung mit Marco Goecke. 2006 habe ich in meiner ersten Saison als professioneller Tänzer zum ersten Mal mit ihm gearbeitetet. Marco hat mir bei unserer Zusammenarbeit in Stuttgart eine Welt aus Bewegung und Ausdruck eröffnet, die mir bis dahin ver­schlossen war. Sein elfminütiges Solo Äffi, das er zu Musik von Johnny Cash für mich choreografierte, hat mich auf neue und erfrischende Art meine physischen und künstlerischen Grenzen erfahren lassen.

Welches Buch würden Sie niemals aus der Hand geben? Ich würde jedes Buch, das mir gefällt, weitergeben, damit andere das Lese­ vergnügen mit mir teilen. Beim Wiederlesen fasziniert mich einmal mehr Die Kraft der Gegenwart von Eckhart Tolle. Welche CD hören Sie immer wieder? Ehrlich gesagt, besitze ich nicht mal einen CD-Player. Den braucht man ja heute auch gar nicht mehr! Musik spielt in meinem Leben eine ganz wichtige Rolle. Bei Soundcloud höre ich gerade einen Mix von Nico Stojans Auftritt beim Bachstelzen Fusion Festival 2015. Welchen überflüssigen Gegenstand in Ihrer Wohnung lieben Sie am meisten? Meinen Laptop und mein Sound System, weil sie mir den Zugang zu so unendlich viel Wissen und Musik ermöglichen. Mit welchem Künstler würden Sie gerne essen gehen, und worüber würden Sie reden? Schwierige Frage, aber als erstes fällt mir Jesus ein – sofern es ihn wirklich ge­ geben hat. Ich würde mit ihm über sein Leben nach dem Tod reden, wer er war, was er getan hat und wie er die Zukunft für die Menschheit sieht. Ausserdem würde ich gerne von ihm wissen, wie er all die schrägen Darstellungen, die es über sein Leben gibt, gerade rücken würde. Nennen Sie drei Gründe, warum das Leben schön ist! Weil ich die Schönheit unserer Welt, je älter ich werde, immer mehr zu schätzen weiss. Weil man aus Schmerz und Fehlern lernen kann, die Welt besser zu machen. Weil wir nicht wissen, warum wir überhaupt existieren. William Moore ist Erster Solist des Balletts Zürich und tanzt in «Petruschka» und «Le Sacre du printemps»


MOZART 1. La Scintilla-Konzert

Philipp Mahrenholz, Leitung La Scintilla dei Fiati WOLFGANG AMADEUS MOZART «Die Entführung aus dem Serail» eingerichtet als Harmoniemusik von W. A. Mozart, Libretto-Fassung von Feridun Zaimoglu und Günter Senkel (2014/15) Juliane Lang, Konstanze Sebastian Schneider, Belmonte Aaron Hitz, Bassa Selim Lotti Happle, Blonde André Willmund, Pedrillo Jaap Achterberg, Osmin OPERNHAUS ZÜRICH

Mo 17 Okt 2O16, 19.OO


Š UBS 2016. Alle Rechte vorbehalten.

Es geht um viel mehr als den Sieg. Grosse Emotionen am UBS Kids Cup erleben. ubs.com/kidscup


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