MAG 47: Werther

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MAG 47

Juan Diego Flรณrez singt Werther


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Editorial

In der Stunde des Todes Verehrtes Publikum, in Jules Massenets Oper Werther, die am 2. April im Opernhaus Premiere hat, ist es mal wieder so weit. Der Abend endet mit einer Szene, bei der Opernverächter nur ent­nervt die Augen verdrehen und höhnisch auflachen können: Im Orchestervorspiel zum vierten Akt fällt ein Schuss, der unglücklich verliebte Held Werther hat sich mit einer Pistole in den Kopf geschossen – und wird nun noch einen ganzen Akt lang singen! Gibt es etwas Lächerlicheres als einen Tenor, der, mit einer Schusswunde im Kopf und im Blut seines Selbstmords liegend, eine nicht enden wollende Arie singt? Nein, liebe Opernverächter, das gibt es nicht. Das macht keinen Sinn und spottet jeder Realität. Aber es gibt auch nichts Schöneres. Es ist ein herrlicher Augenblick, wenn Werther in diesem finalen Akt von seiner geliebten Charlotte gefunden wird, sich, tödlich getroffen, wieder aufrafft und die Stimme an sie richtet. «Niemand soll kommen, um uns noch einmal zu trennen», singt er, und «In der Stunde des Todes bin ich glücklich.» Ganz weit und offen wird da die Musik. Das Motiv eines langsamen Walzers erklingt aus dem Orchestergraben. Charlotte und Werther gestehen sich ihre Liebe und geben sich den innigen Kuss, den ihnen das Leben bisher vorenthielt. «Vergessen wir alles, alles Leid und alle Schmer­zen»... Dann ist aber noch immer nicht Schluss. Noch etwas muss der Verblu­ tende sich von der Seele singen und noch etwas und noch etwas: «Glaubst du, mein Leben wäre schon zu Ende? Jetzt erst beginnt es!» Fünfzehn Minuten nach dem Pistolenschuss und erst zehn Takte vor dem letzten Akkord verstummt Werther und schliesst endgültig die Augen. Das ist grosses Opern-Kino. Wir können allen Liebes­ tod-Begeisterungsfähigen nur den Rat geben, sich für den vierten Akt von Werther ein Taschentuch einzustecken. Berührender geht es nicht. Wenn die Sterbenden singen, vermag die Kunstform Oper Grosses: Sie hält die Zeit an. Sekunden dehnen sich. Neue Horizonte reissen auf, und die endgültige Grenze, der Tod, scheint keine mehr zu sein. Gerade in ihrer Unwahrscheinlichkeit und in ihrer Realitätsferne liegt nämlich die Stärke der Oper, und Jules Massenet hat ihr in Werther ein überirdisches Finale spendiert. Das entfaltet seine Glaubwürdigkeit freilich nur, wenn die Ausführenden sie auf der Bühne musikalisch und szenisch einlösen. Was das angeht, sind wir für die Werther-­ Premiere gut gerüstet, denn kein Geringerer als Juan Diego Flórez wird die Titel­partie in unserer Neuproduktion singen mit Anna Stéphany an seiner Seite, die in der Rolle der Charlotte debütiert. Die Regisseurin Tatjana Gürbaca inszeniert die Geschichte nach Johann Wolfgang von Goethes berühmtem Briefroman mit der ihr eigenen Erzählfantasie. Am Dirigentenpult der Philharmonia Zürich steht Cornelius Meister. Der Tenor wird singen, obwohl er sich schon erschossen hat. Wir freuen uns darauf. Claus Spahn

MAG 47 / März 2017 Unser Titelbild zeigt Juan Diego Flórez, den Werther unserer Neuproduktion. Lesen Sie ein Porträt auf S. 20 (Foto Florian Kalotay)

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Oper Ballett Konzerte Liederabende Festspiel-Werkstatt Oper für alle

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Inhalt

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P remiere «Werther» Tatjana Gürbaca inszeniert Jules Massenets ergreifende Oper «Werther». Ein Interview mit der Regisseurin und ihrem Bühnenbildner Klaus Grünberg

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Premiere «Werther» Der Weltstar Juan Diego Flórez singt die Titelpartie. Er hat viele Sympathien für den Träumer, der an seiner Leidenschaft schliesslich zugrundegeht. Ein Gespräch

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Premiere Junior Ballett Am Theater Winterthur präsentieren die Nachwuchstänzer ihren neuen vierteiligen Ballettabend «Un Ballo» Wiederaufnahme «La bohème» Benjamin Bernheim singt den Rodolfo in der Wiederaufnahme von Puccinis «La bohème». In «Meine Rolle» gibt er Auskunft über seinen persönlichen Zugang zu der Partie

Opernhaus aktuell – 6 Drei Fragen an Andreas Homoki – 7 Wie machen Sie das, Herr Bogatu? – 9 Die geniale Stelle – 28 Kalendarium und Serviceteil – 43 Der Fragebogen – 48

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AUSFLUG In der Oper «Orest» von Manfred Trojahn spielt eine surreale Zikade mit. Silbern, mit doppeltem Babykopf und fern­ gesteuert, stakst sie über die Bühne, wenn die schöne Hermione ihre Angstarie von den flirrenden Zikadenschreien singt. Wir wollten einmal wissen, was passiert, wenn die Kunst auf das wahre Leben trifft, und haben die Baby-Zikade zur Lunchzeit auf dem Sechseläutenplätz ausgeführt. Der Fotograf Tom Huber hat den Moment festgehalten.



å Opernhaus aktuell

Das neue Saisonbuch ist da!

OPERNABEND «PIQUE DAME» WELTSTARS IM KKL LUZERN FREITAG | 26. MAI 2017 19.30 | KKL LUZERN, KONZERTSAAL PJOTR TSCHAIKOWSKY: PIQUE DAME (1890)

Soeben ist das Saisonbuch für die Spielzeit 2017/18 erschienen! Schon jetzt können Sie sich über alle Premieren, Wie­deraufnahmen, Konzerte, Preise und Abonnements der kommenden Spiel­zeit informieren. Bestellen Sie das Sai­­son­buch über unsere Website, per e-Mail oder rufen Sie uns an. www.opernhaus.ch T +41 44 268 66 66 tickets@opernhaus.ch

Ballett Zürich / Junior Ballett

Ballettgespräch

Oper in drei Akten und sieben Bildern nach der gleichnamigen Erzählung von Alexander Puschkin. Halbszenische Aufführung. Mit Kristian Benedikt | Elchin Azizov | Pavel Jankovski | Larissa Diadkova | Svetla Vassileva | Agunda Kulaeva | Staatlicher Chor Lettland | Luzerner Mädchenchor | Luzerner Sängerknaben | Julia Pevzner | Luzerner Sinfonieorchester | James Gaffigan, Chefdirigent Tickets: CHF 150 | 125 | 90 | 55 | 25 Beratung & Verkauf: Luzerner Sinfonieorchester T +41 41 226 05 15 karten@sinfonieorchester.ch zaubersee.ch kkl-luzern.ch

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ZAUBERSEE RUSSIAN MUSIC LUCERNE TAGE RUSSISCHER MUSIK LUZERN 24.– 28. MAI 2017

Das Ballettgespräch am 26. März steht ganz im Zeichen von Un Ballo. Michael Küster und Christian Spuck prä­sentieren den neuen gleichnami­gen Abend des Junior Balletts. Neben Choreografien von Jiří Kylián und Caye­tano Soto bereiten die jungen Tänzerinnen und Tänzer Uraufführungen von Filipe Portugal und Benoît Favre vor. Zwei Tage vor der Premiere am Theater Winterthur tanzt das Junior Ballett auf der Studiobühne Ausschnitte aus den vier Choreografien. Ausserdem sind die beiden Urauf­ führungs­choreografen im Gespräch zu erleben. Mehr über den unterhaltsamen Ballettabend lesen Sie in diesem MAG ab Seite 30. Sonntag, 26 März, 11.15 Uhr Studiobühne

Brunch-/Lunchkonzert

Proust und die Musik

Musik, so war der Schriftsteller Marcel Proust überzeugt, vermag den Hohlraum hinter der Sprache auszufüllen. Immer wieder durchzieht das Thema der Musik Prousts gesamtes Werk, so in der Suche nach der verlorenen Zeit, wo etwa die Kompositionen Wagners diskutiert werden, und die Komponistenfigur Vinteuil, ein Wiedergänger Faurés und César Francks, eine grosse Rolle spielt. Luzius Keller, Proust-Forscher, Übersetzer und Herausgeber von Prousts Gesamtwerk bei Suhrkamp, geht diesen faszinierenden Verbindungen von Musik und Literatur in Prousts Œuvre nach. Neben Bariton Ruben Drole, der die Fliederarie aus Wagners Meistersingern interpretieren wird, musizieren Bartlomiej Niziol und Xiaoming Wang (Violine), Valérie Szlávik (Viola), Christine Theus (Violoncello) und Tamara Chitadze (Klavier). Brunchkonzert: 2 April 2017, 11.15 Uhr Lunchkonzert: 3 April 2017, 12 Uhr

Illustration: Anita Allemann,  Foto: Frank Blaser

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Drei Fragen an Andreas Homoki

Neue Opern, neue Namen Herr Homoki, die Saison 2017/18 wartet mit einem künstlerisch reichen Spielplan auf. Was ist das Besondere an der neuen Saison? Das ist sicher die schöne Tatsache, dass wir nächste Spielzeit nicht weniger als drei Uraufführungen im Spielplan haben! Lunea von Heinz Holliger auf ein Libretto von Händl Klaus, das abendfüllende Ballett Faust durch den Choreografen Edward Clug mit neu komponierter Musik von Milko Lazar sowie auf der Studiobühne Der Traum von Dir des Schweizer Komponisten Xavier Dayer auf ein Libretto von Claus Spahn. Mit diesem Projekt leiten wir zudem eine neue Reihe ein, die von unserem hauseigenen Ensemble Opera Nova bestritten wird und im kleinen Rahmen immer wieder Uraufführungen von Schweizer Komponisten präsen­ tieren soll. Ausserdem zeigen wir das berühmte Nussknacker-Ballett von Tschaikowski in einer neuen, ungewohn­ ten Lesart: Christian Spuck wird in seiner Choreografie das dem Stoff zugrundeliegende, abgründige Märchen von E.T.A. Hoffmann wieder freilegen. Im Saisonbuch entdeckt man neben bekannten Künstlern auch viele neue Namen. Was war Ihnen bei der Auswahl der Künstler wichtig? Die Nachwuchsförderung liegt mir sehr am Herzen. Ein Opernhaus ist wie ein transitorisches Gefäss, in dem die Traditionen unseres Metiers von Generation zu Generation weitergegeben werden. Neben dem Aufbau von jungen SängerInnen und DirigentInnen ist für mich als Regisseur selbstverständlich die Förderung junger Regisseure ein besonderes Anliegen. Ich bin stolz da­rauf, dass einige der ganz grossen Namen, die wir in der kommenden Spiel­zeit präsentieren können, bereits alte Weggefährten aus meiner Zeit als Intendant der Komischen Oper Berlin sind, die beim Beginn unserer Zusammenarbeit aber noch wenig bekannt waren: wie Barrie Kosky, der

nächste Spielzeit Jewgeni Onegin inszeniert, aber auch Calixto Bieito, der Monteverdis L’incoronazione di Poppea auf die Bühne bringt, sowie Sebastian Baumgarten, der sich mit Weill/Brechts Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny auseinandersetzen wird. Mit Mozarts frühem Meisterwerk Idomeneo haben wir die Regisseurin unserer letztjährigen IOS-Produktion betraut: Jetske Mi­jns­ sen, die einige ihrer ersten Regie-­Er­ fahrun­gen ebenfalls an der Komischen Oper gesammelt hat und letztes Jahr mit einer Pro­duktion in Nancy den begehrten franzö­sischen Kritiker-­Preis erringen konnte. Zwei neue Namen sind die Regisseurin unserer Kinderoper Ronja Räubertochter, Marie-Eve Signey­ role – noch vor vier Jahren Assistentin bei Christoph Marthalers SALE –, sowie der junge amerikanische Regisseur Ted Huffman, der mich u.a. mit der herausragenden Inszenierung einer Kammeroper beim Festival in Aix-enProvence überzeugt hat und für uns die neue Madama Butterfly erarbeiten wird. Sie selbst inszenieren die Uraufführung Lunea von Heinz Holliger. Auf dieses Projekt freue ich mich per­ sön­lich ganz besonders. Heinz Holliger, einer der wichtigsten Komponisten der Gegenwart, beschäftigt sich schon länger mit der Dichterfigur Nikolaus Lenau, woraus zunächst der Liedzyklus Lunea entstanden ist, den Christian Gerhaher vor fünf Jahren bei uns am Opernhaus uraufgeführt hat. Holliger erkannte für sich, dass dieser Stoff nach einer grösseren Form, nach einer Oper verlangt, und wir sind überein­­ge­ kommen, dass wir als Opernhaus dieses Werk in Auftrag geben möchten. Für mich ist es eine besonders schöne Erfahrung, von Anfang an in den Ent­stehungsprozess zwischen Heinz Holliger und seinem Librettisten Händl Klaus einbezogen worden zu sein und diesen interessanten Stoff auch noch selbst inszenieren zu dürfen. Eine gross­artige Herausforderung für uns alle!

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TONHALLE ZÜRICH, GROSSER SAAL Donnerstag, 20. April 2017, 19.30 Uhr Tschaikowsky Sinfonieorchester Moskau Vladimir Fedoseyev, Leitung Pjotr I. Tschaikowsky «Francesca da Rimini» op. 32 Violinkonzert D-Dur op. 35 Solist: Jan Mráˇcek Klavierkonzert Nr. 1 b-Moll op. 23 Solistin: Mélodie Zhao Patronat: Bundesrat Didier Burkhalter Künstlerische Leitung: Howard Griffiths

Vorverkauf Billettkasse Tonhalle Zürich, Telefon 044 206 34 34, www.tonhalle.ch Jelmoli City, Musik Hug

Veranstalter Orpheum Stiftung zur Förderung junger Solisten, in Zusammenarbeit mit der TonhalleGesellschaft Zürich, www.orpheum.ch


Wie machen Sie das, Herr Bogatu?

Das Plattenbau-Pferd

Illustration: Anita Allemann

«Andi, ich weiss, ihr seid momentan voll ausgelastet, aber ihr müsst noch ein Pferd bauen.» – So teilte ich vor einigen Jahren dem Leiter unserer Theaterplastikabteilung einmal den Wunsch einer Bühnenbildnerin mit. Die Antwort von Andreas Gatzka war damals nicht, dass er dazu keine Zeit hatte, sondern: «Ein Pferd muss man nicht bauen; ein Pferd darf man bauen.» Und so war mir nach der Präsentation des Bühnenbildentwurfs von Katrin Connan für Manfred Trojahns Orest klar: Diese Aufgabe ist auch diesmal bei Andreas Gatzka in den besten Händen! Katrin wollte ein über fünf Meter hohes Trojanisches Pferd auf der Bühne haben, aus dessen aufklappbarem Bauch 16 Personen herausklettern sollten. Die Gestalt des Pferdes (Augen, Maul, Muskeln, Sehnen, Beine, Ohren...) sollte in ihrem Entwurf aus hunderten Stahlplatten und die Mähne und der Schweif aus tausenden Drahtseilen bestehen. Da Stahlplatten zu schwer und auch zu aufwän­ dig in der Bearbeitung sind, entschieden wir uns, solche Platten aus Kunststoff her­ zustellen. Diese Platten wurden dann auf ein pferdeförmiges Stahlgerüst aufgeklebt, und die TheatermalerInnen verwandelten sie in Stahl. Fertig ist das Pferd. Aber Moment mal: Wie fertigt man hunderte verschiedener Platten an, die zu­ sammengesetzt ein Pferd ergeben? Unsere Theaterplastikerin Judith Weihnacht weiss es: Unter ihrer Leitung wurde zunächst ein Modell im Massstab 1:5 angefertigt, anhand dessen man mit der Bühnenbildnerin die genaue Form besprechen und fest­ legen konnte. Dann haben die Theaterplastiker das Pferd 1:1 aus Styropor gebaut. Die geglättete Oberfläche wurde dann mithilfe von Nadel und Faden in etwa gleich­ grosse Teile unterteilt. Um jedes dieser Teile wurde entlang der Fäden eine erhabene Umrandung aus Ton modelliert, damit das Silikon, das anschliessend auf die Flächen gegossen wurde, nicht herausfliessen konnte. Nach zwei Stunden war das Silikon trocken. Nun konnte man die so gewonnenen Silikonformen abnehmen, um­drehen, mit Gips füllen, der diesmal zwei Tage trocknen musste. Die einzelnen Gips­abdrücke ergaben zusammen die Form des Pferdes. Nun wurde eine dünne Plastikplatte erhitzt und in einem Unterdruckverfahren auf jeden dieser Gipsabdrücke gepresst. Das ergab schliesslich diese speziell geformte, stabile, leichte Plastikplatte, die genau an der passenden Stelle auf das pferdeförmige Stahlgerüst geklebt werden konnte. Alle diese Arbeitsschritte mussten für jede einzelne Platte, also mehrere hundert Mal, ausgeführt werden. Um das Stahlgerüst zu konstruieren, griffen wir auf das 1:5 Modell des Pferdes zurück und liessen dieses in einer Firma in St. Gallen einscannen, so dass wir die Kontur des Pferdes im Computer hatten. In diese Kontur zeichnete unsere Konstruk­ teurin Marina Nordsiek das komplizierte Stahlgerippe des Pferdes ein. Anhand ihrer Zeichnungen bauten die Schlosser dann das Pferdegerippe aus Stahl − ein Gerippe, das die 16 Personen tragen kann und auf das jede einzelne Platte genau passen muss. Jedenfalls theoretisch. Denn als die ersten Platten auf das Gerüst aufgebracht wurden, mussten wir leider feststellen, dass es nicht überall passte. Doch dank unseren Schrei­ nern, die mit Holz auffütterten, unseren Schlossern, die ein paar Stahlrohre verscho­ ben, und unseren PlastikerInnen, die die ein oder andere Platte abänder­ten, gelang dann doch noch der Bau dieses Wunders. Sebastian Bogatu ist Technischer Direktor am Opernhaus Zürich

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Lebe schnell, liebe heftig, stirb jung Jules Massenets Oper «Werther» nach Johann Wolfgang von Goethes berühmtem Briefroman erzählt von einem jungen Menschen, den unerfüllte Liebe, Empfindsamkeit und das Aufbegehren gegen die Welt in den Selbstmord treiben. Dieser Werther ist die Urfigur eines jugendlichen Rebellentums, das in der Selbstzerstörung endet. Text Claus Spahn


Steve Double / Camera Press / Keystone


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Nur die Kleinsparer des Lebens werden alt Mit etwas Grosszügigkeit, was das Le­bens­ absch(l)ussalter angeht, darf man auch James Dean dazu zählen, denn er hat sich und seine Jugend und seine Holly­woodKarriere im Alter von 24 Jahren in einem silbernen Porsche-Spyder mit durchgetretenem Gaspedal vor die Wand gefahren. Die Diagnose auch hier: überhöhte Lebensgeschwindigkeit. All diese Namen haben ein fatales Motto des lebenshung-

rigen Jungseins geprägt – «live fast, love hard, die young» (lebe schnell, liebe heftig, stirb jung), das ursprünglich auf einen Countrysong aus den fünfziger Jahren zu­rückgeht. Es formuliert das Aufbegehren jugendlichen Leichtsinns gegen jede Form von massvoller Lebensplanung. Es propagiert die totale Verausgabung als Da­seinsmaxime und will sagen: Nur die Kleinsparer des Lebens werden alt. Der Klub der jung verstorbenen 27-Jährigen hat eine frühe Gründerfigur – Johann Wolfgang von Goethes Werther. Der deutsche Dichterfürst war im James-­ Dean-Alter, als er seinen Briefroman Die Leiden des jungen Werther schrieb. 1774 innerhalb von vier Wochen wie im Rausch aufs Papier geworfen, erzählt der Roman in juveniler, schwärmerischer Sprache von der aussichtslosen Liebe des Titelhelden Werther zu seiner angebeteten Lotte, die bereits einem anderen, dem bürgerlich situierten Albert, fest versprochen ist. Der Dreieckskonflikt endet im Selbstmord: Werther schiesst sich in seiner Liebes- und Weltverzweiflung eine Kugel in den Kopf.

Rebellisches Jungsein ist das Thema Goethes Leser hatten von der Erstveröffentlichung an sofort verstanden, dass die Leiden des Werther mehr erzählen als eine unerfüllte Liebe: Gefühlsüberschwang, Selbstverwirklichungsdrang und die Sehn­sucht nach einem Ausbruch aus den vorgegebenen gesellschaftlichen Bahnen sind die treibenden Kräfte des Romans. Rebel­lisches Jungsein ist das Thema. Goe­ thes Werther wurde zu einem Hauptwerk des Sturm und Drang und der Titelheld zur Identifikationsfigur für eine Jugend, die ihre Möglichkeiten der Selbstentfaltung als stark eingeengt empfand. Der Roman löste ein regelrechtes «Wertherfieber» aus. Man begann dem literarischen Helden nachzuleben und mitunter sogar nachzusterben. Die Identifikation junger Leser war ebenso heftig wie die Kritik, die gleichermassen von rechts und von links vorgebracht wurde: Die Hüter der christlichen Moral sahen in dem Buch eine ver­werfliche, jugendverderbende Glorifizierung des Freitods. Die aufklärerischen

Fotos: Keystone / Mauritius images

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ie vorerst letzte im Club ist Amy Winehouse, die berühmte Popsängerin mit der hoch aufgetürmten Bienenkorbfrisur, dem Kleopatra-Lidstrich über den Augen und der von Exzessen wund geschmirgelten Soulstimme. Als Tochter einer Apothekerin und eines Taxifahrers wuchs sie unspektakulär in London auf, besuchte eine Pop-Akademie, unterschrieb mit 18 Jahren ihren ersten Plattenvertrag, schaff­te mit 23 Jahren den internationalen Kar­ riere­durchbruch, verkaufte 25 Millionen Schallplatten und war mit 27 Jahren tot. Zu viel Alkohol, zu viel Drogen, zu viel Erfolg, zu viel Rausch, zu viel Leidenschaft lautete die Diagnose, kombiniert mit der Entscheidung der Künstlerin, sich selbst für nichttherapierbar zu erklären: «They tried to make me go to rehab, I said no, no, no!», lautet eine legendäre Songzeile aus ihrem Erfolgsalbum Back to Black. Amy Winehouse starb an einer selbst­ verordneten Überdosis Leben, und der Club, dem sie beitrat, heisst «forever 27». Er vereint berühmte Popmusiker, die alle­ samt im skandalös jungen Alter von 27 Jahren ihr Leben beendet haben. Sie haben es – je nach Interpretationsweise – sinnlos weggeworfen oder rauschhaft vor der Zeit zu Ende gelebt. Haben ihren Ruhm mit einem frühen Abgang gekrönt oder sich einfach nur auf traurige Weise selbst zerstört. Ehrenmitglieder in diesem Club sind Brian Jones (das Gründungsmitglied der Rolling Stones), Jimi Hendrix, Janis Joplin, Jim Morrison (der Sänger der Doors) und der Gitarrist und Sänger der Band Nirvana, Kurt Cobain.


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Live fast, die young – Janis Joplin, Jimi Hendrix, James Dean und Amy Winehouse haben Ernst gemacht mit diesem Motto

Kreise kritisierten, dass Werthers Aufbegehren gegen die bürgerliche Ordnung ganz unpolitisch auf den Rückzug in eine weinerliche Innerlichkeit beschränkt blieb. Lessing verachtete den Werther, und der Aufklärer Lichtenberg nannte ihn einen Hasenfuss: Wer seine Talente nicht zur Besserung anderer einsetze, sei entweder ein schlechter Mensch oder ein äusserst eingeschränkter Kopf.

Spielarten von Rausch und Crash Goethes Roman hat den Selbstmord junger Menschen als Ausdruck konsequenten Freiheitsstrebens gesellschaftsfähig gemacht, als legitime Selbstermächtigung des Individuums über sein Leben in Gänze zu verfügen. Und Werthers finaler Pistolenschuss war der Startschuss zu einer langen Geschichte des viel zu frühen Ablebens junger Menschen. Das Motto «live fast, die young» steht für die Lebens­ kurve der Sturm-und-Drang-Figur ebensowie für die Pophelden der Moderne. Und immer wieder waren es die Hochbegabten und Empfindsamen, die sich das Leben nahmen. Natürlich haben sich die Formen jugendlicher Selbstzerstörung im 20. Jahr­hundert verändert. Die Grenzen zwischen Verausgabung und Absturz sind fliessender geworden. Drogen, allen voran die Heroinspritze, kamen als Instrument der Auslöschung hinzu. Extrem­sportler wie die Basejumper, die den ultimativen Kick suchen, indem sie sich in Fledermaus­ anzügen von Bergklippen (und nicht selten zu Tode) stürzen, entwickeln immer neue Spielarten von Rausch und Crash. Die Stimmungslage, die hinter den Wahnsinnstaten steht, unterscheidet sich gar nicht so sehr von der, die Goethe seinem Werther zuschrieb. Ein unbändiger Lebens- und Erlebnishunger, eingehegt von als viel zu eng empfundenen Restriktionen des Lebens bricht sich Bahn. Goethes Werther schreibt: «Man erzählt von einer edlen Art Pferde,


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die, wenn sie schrecklich erhitzt und aufgejagt sind, sich selbst aus Instinkt eine Ader aufbeissen, um sich zum Atem zu helfen. So ist’s mir oft, ich möchte mir eine Ader öffnen, die mir die ewige Freiheit schaffte.» Der Rockstar Kurt Cobain, der den klassischen Werther-Selbstmord beging, als er sich 1994 in seinem Haus in Seattle mit einer Flinte in den Kopf schoss, schrieb in seinem Abschiedsbrief den berühmten gewordenen Satz: «And so remember, it is better to burn out than to fade away» (Also denkt daran, es ist besser auszubrennen als langsam zu verblassen). Die brennende Energie und das grosse Nichteinverstandensein mit der Welt geht im Klub der jungen Toten mit einem ausgeprägten Narzissmus einher. Junkies der Selbstverliebtheit sind sie alle. Werther schreibt: «Wie ich mich selbst anbete, seit sie mich liebt.» Die Selbstliebe mündet in Isolation, Einsamkeit, Weltekel und muss ausgestellt werden: Werther inszeniert sein Leiden öffentlich, indem er Briefe schreibt, die modernen Popstars stehen im grellen Scheinwerferlicht ihrer Berühmtheit.

Der Selbstmord als narzisstische Inszenierung So wird ihr Martyrium zur öffentlichen theatralischen Aufführung. Der Selbstmord gerät zur grossen narzisstischen In­ szenierung. Auch Goethe führt uns seinen Werther als einen hochbewussten Regisseur des eigenen Untergangs vor. Für postmoderne Popidole wie Kurt Cobain und Amy Winehouse stellte sich die Situation noch etwas anders dar: Für sie gehörte die eigene Rausch- und Leidens­ inszenierung zum Pflichtprogramm ihres Startums. Im Nachruf auf Amy Winehouse schrieb der ZEIT-Journalist Thomas Gross, die überlieferten Geschichten vom Brennen und raschen Verlöschen der Popberühmtheiten sei im 21. Jahrhundert in ihrer Auskühlungsphase angelangt: «Be­reits Kurt Cobain wusste, dass er mit seinem Martyrium den verhassten Rock’n’-Roll-Betrieb mehr bediente als sabotierte. Man stirbt heute quasi wider besse­ ren Wissens, was zur Folge hat, dass der moderne aufgeklärte Rockstar den Exzess

mit der Nüchternheit eines Brotberufs aus­übt.» Davon kann in den Leiden des jungen Werther noch keine Rede sein. Der junge Goethe spendiert seinem Liebespaar noch ungebrochene Gefühlsräusche, die in ihrem Abheben von der Wirklichkeit einem LSD-Trip kaum nachstehen. Die konsumier­te Droge war freilich noch von ande­ rer Art: Über die Lektüre altgälischer Gesänge von Ossian beugen sich Werther und Lotte, bis sie «ihr eigenes Elend in dem Schicksal der Edlen» fühlen und sich «ihre Tränen vereinen». «Die Welt verging ihnen. Er schlang seine Arme um sie her, presste sie an seine Brust und deckte ihre zitternden, stammelnden Lippen mit wütenden Küssen...» Dem Höhenflug folgt zwölf Seiten später das blutige Ende: «Als der Medicus zu dem Unglücklichen kam, fand er ihn an der Erde ohne Rettung, der Puls schlug, die Glieder waren alle gelähmt. Über dem rechten Auge hatte er sich durch den Kopf geschossen, das Gehirn war herausgetrieben.» So ähnlich lag Kurt Cobain auch in seinem Blut, als er sich die Kugel gab. Der einzige Unterschied: Der Popmusiker und alle anderen Mitglieder des «Club 27» haben tatsächlich gelebt. Werther ist nur eine literarische Erfindung.


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Es geht um viel mehr als eine unglückliche Liebe Mit Jules Massenets Oper «Werther» hat am 2. April eine der grossen Opern des französischen Repertoires am Opernhaus Zürich Premiere. Die Regisseurin Tatjana Gürbaca und der Bühnenbildner Klaus Grünberg geben Auskunft über die Emotionen und die Bilder, die dieses packende Werk freisetzt Fotos Danielle Liniger

Werther kann ohne Charlotte nicht leben – eine Proben­ szene mit Anna Stéphany und Juan Diego Flórez

Tatjana und Klaus, Ihr bringt eine der berühmtesten Figuren der Litera­ turgeschichte auf die Opernbühne. Wer ist dieser Werther und für was steht er? Tatjana Gürbaca: Über diese Frage streiten sich die Interpreten, seit Goethe seinen Roman geschrieben hat. Man kann in ihm einen grossen Künstler sehen oder nur einen selbstverliebten Träumer. Man kann ihn als unmoralisch verurteilen, weil er zum Ehebruch verführt und Selbstmord begeht. Man kann die Figur aber auch verehren, weil sie das Lebensgefühl junger Menschen zum Ausdruck bringt, die sich mit den Verhältnissen, in die sie geboren werden, nicht abfinden wollen. In Massenets Oper kommt er mir vor wie ein Gott, der aus einer fremden Welt auf die Erde gefallen ist. Er betritt das Wetzlar seiner geliebten Charlotte von aussen und trägt eine unbändige Energie in diese enge, abgeschlossene Welt, auf die er mit den Augen eines Künstlers blickt. Klaus Grünberg: Indem Werther die Welt mit ganz anderen Augen sieht, bringt er auch die Menschen, die in der Welt leben, dazu, sie mit anderen Augen zu sehen. Seine Energie hat welt­ verändernde Kraft. TG: Ihm selber ist gar nicht bewusst, was er auslöst. Woher rührt die Energie? TG: Unglücklich zu lieben ist sein Antrieb. Zu Beginn von Goethes Roman kommt er ja bereits aus einer anderen


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unglücklichen Liebesgeschichte und stol­pert gleich in die nächste. Diese Abenteuer im Kopf sind Anlass für seine Briefe bzw. sein Werk in grösserem Sinn. Er führt uns die Liebe als Atem der Welt vor, als den Pulsschlag, der uns antreibt, zu leben. Welchen Bezug zur Wirklichkeit hat Werther? TG: Er hat einen anderen Blick auf die Dinge. Das ist seine Kunst: Die Wirklichkeit zu überhöhen... KG: ...und die Welt in Bilder zu fassen. Werden diese Wirklichkeitsverrückun­ gen Thema Eurer Inszenierung sein? TG: Unbedingt! Das ist ja das Tolle an der Kunstform Oper, dass man sub­ jektive Bilder erzeugen und Dinge passieren lassen kann, die womöglich nur im Kopf einer Figur stattfinden. KG: Man muss sich auf Vorgänge einlassen, in denen die Logik ausgehebelt ist. Konkrete Orte und praktische Architektur werden zur Folie eines Traums, einer Sehnsucht, einer Utopie. Ich finde spannend, wie Werther in das Stück und in die Welt Charlottes eintritt: Das ist mehr als das reale Öffnen einer Tür. Es ist fast so, als entstünde eine Welt durch sein Erscheinen und seinen Blick. Das Stück spielt in Wetzlar. Was ist das für ein Ort? TG: Mir kommen sofort zwei Texte in den Sinn, wenn ich über Wetzlar nachdenke. Der eine handelt davon, wie Massenet in seiner Autobiografie Deutsch­land beschreibt. Er war, von den Bayreuther Festspielen kommend, in Wetzlar und schildert den Besuch einer typisch deutschen Bierstube und die provinzielle Gemütlichkeit, die er dort vorfand. Der andere ist von Hölderlin – «Wie ich unter die Deutschen kam». Er beschreibt darin die geistige Verfassung des Landes, die Enge des Denkens, das Kleingeistige und Unterwürfige. «Sie leben in der Welt wie Fremdlinge im eigenen Haus», heisst es da. KG: Dieses Wetzlar funktioniert offenbar schon lange nach sehr festgelegten Konventionen. Über Generationen

hinweg hat sich nichts daran geändert, wie Familie und Gesellschaft verfasst sind und wie ein Leben verläuft. Wo lässt Massenet uns in seiner Oper diese Enge spüren? KG: Zum Beispiel im Wechsel vom ersten zum zweiten Akt. Da wird deutlich, wie extrem die Lebensperspektive in dieser Welt zusammengeschnurrt ist. Im ersten Akt erscheint alles lebendig und erwartungsvoll und ein bisschen chaotisch. Die jungen Menschen gehen zu einem Ball. Im zweiten Akt erklingt plötzlich die Kirchenorgel. Es wird eine Goldene Hochzeit gefeiert, und das Leben scheint schon vorbei zu sein. Gerade war man frisch verliebt, jetzt ist man schon 50 Jahre verheiratet. Eben noch gaben die Kinder den Ton an, jetzt haben alle graue Haare. Erzählt das nicht sehr viel über das Leben in Wetzlar? TG: Gerade noch war Charlotte älteste Schwester, und plötzlich ist sie Ehefrau. Die Hochzeit haben wir nicht gesehen. Von einem Moment auf den nächsten scheint sie zu der Sphäre der alten Menschen zu gehören. Die Kir­chen­orgel erklingt als normgebende Instanz. Sonntags geht man in die Kirche, man lebt sein Leben auf althergebrachte Weise. Der zweite Akt offenbart eine merkwürdige Vergreisung der Welt. Könnten es nicht auch harmlose Genre­bilder sein, die Massenet da entwirft? TG: Ich finde das Wetzlar, das in der Oper gezeigt wird, trostlos. Männerund Frauenwelten haben kaum Be­­ rührungspunkte. Die Frauen machen die Hausarbeit, versorgen die Kinder, pflegen die alten Menschen und küm­ mern sich um die Ehemänner. Die Männer heiraten, wie Albert, um ihre gesellschaftliche Stellung abzusichern, sind aber dann die meiste Zeit weg. Oder sie versuchen Junggesellen zu bleiben wie die beiden Nebenfiguren Johann und Schmidt. Sie verbringen ihr halbes Leben auf Reisen oder in der Kneipe. Sie scheinen auf der Flucht zu sein aus der beengenden Welt Wetzlars,


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Tatjana Gürbaca (Mitte) probt mit Anna Stéphany und Juan Diego Flórez den Wahnsinn der Liebe

und Charlotte sitzt am Weihnachtsabend ohne ihren Mann ganz alleine zu Hause. Das ist doch unglaublich traurig. Mit welchem Bühnenraum reagiert Ihr auf diese Analyse? KG: Er ist, wie die Gesellschaft in Wetzlar, sehr hermetisch und sehr struk­tu­ riert. Und er ist so angelegt, dass er eine extreme Tiefenperspektive in sich birgt. Der Fluchtpunkt aller Raumlinien liegt draussen, weit weg, aber diese Tiefenperspektive existiert nur als Möglichkeitsraum. Ganz real ist der Platz, auf dem sich das ganze Stück abspielt, nur zwei Meter tief und sehr beengt. TG: Obwohl es ein gebauter Raum ist mit Holzwänden, Regalen, Kasset­ten­ decke und Möbeln, bietet er die Mög­ lich­­­keit, Innenansichten von Ge­­­fühls­ zuständen zu erzählen. Genau das inter­essiert mich: Die Gleichzeitigkeit von Innen und Aussen, von Enge und emotio­naler Weite. Goethe erzählt das Werther-Drama in Briefform. Alle Szenen und Figuren werden aus der subjektiven Sicht des Brief-Ichs geschildert. Der Leser kennt nur die Perspektive Werthers.

Wie ist das bei Massenet? TG: Ganz anders. Um den Roman in eine dramatische Form zu übersetzen, musste er sich von der Briefform lösen, und dieser Wechsel der Perspektive ist sehr folgenreich. Charlotte sehen wir bei Goethe nur mit den Augen Wer­ thers. Sie ist eine reine Projektionsfigur. In Massenets Oper wächst ihr eine viel grössere Bedeutung zu. Man kann fast sagen: Sie wird zur Hauptfigur. Im Goetheroman ist sie Objekt von Werthers Anbetung, bei Massenet wird sie zum Subjekt? TG: Genau. Die Oper erzählt ihre Geschichte und ihr Schicksal. Im Roman erfahren wir nie genau, ob sie Werther liebt. Bei Massenet ist ganz klar, wie viel auch sie für ihn empfindet. Ihr inne­rer Zwiespalt wird so zu einem zentralen Thema des Stücks: Sie ist hinund her­ge­rissen zwischen der wohlgeordneten, materiell abgesicherten Welt, die Albert ihr bietet, und den fantastischen Traum- und Parallelwelten, die sich im Kontakt mit Werther auftun. Schon im ersten Akt wird das spürbar: Die beiden kommen zurück von der gemeinsamen Ballnacht, waren für einen


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Abend glücklich. Und plötzlich ruft der Amtmann aus dem Nebenzimmer: «Charlotte! Albert ist zurück.» Sofort teilt sich der Zwiespalt ihrer Gefühle mit. Ein ganz wesentlicher Unterschied zwischen Goethe und Massenet besteht auch darin, dass Charlotte in der Oper ein Schuldbewusstsein hat.

Mélissa Petit als Sophie auf der Probe mit einer Statistin

Welche widerstrebenden Kräfte wirken in ihr? TG: Das erfahren wir gleich im ersten intimen Zwiegespräch mit Werther in der Mondnacht nach dem Ball: Anstatt ihm ihre Zuneigung zu gestehen, erzählt sie ihm von ihrer früh verstor­benen Mutter und wie die ihr auf dem Sterbebett das Versprechen ab­ genom­men hat, von nun an die Mutterrolle in der Familie zu übernehmen und Albert zu heiraten. Dadurch war Charlottes Jugend beendet. Sie hatte nie die Chance, selbst zu entscheiden, was aus ihrem Leben werden soll. Wir er­fahren ja, dass sie eine kluge, lesende Frau ist, die denkt und ein grosses Potenzial besitzt, etwas aus ihrem Leben zu machen. Stattdessen landet sie in der Ehe mit Albert. KG: Die allerdings nicht nur schlecht ist. Albert zeigt sich ja als intelligenter, sensibler und empathiefähiger Mann. Aber auch er hat diesen Drang raus aus der Enge Wetzlars: Er ist nicht beim Ball, und auch Weihnachten lässt er seine Frau allein. TG: Ja, es gibt für Charlotte viele un­er­ füllte Wünsche und Sehnsüchte. Und man ahnt, dass ihre jüngere Schwester Sophie die nächste sein wird, die in die Fussstapfen der Schwester treten und die häusliche Arbeit übernehmen muss. Insofern sind die Frauens­chicksale ein ganz wichtiges Thema der Oper. Sophie ist eine Figur, die ich wahnsinnig gerne mag. Sie wird ja oft als die Naive dargestellt. Das ist sie aber gar nicht. Ich glaube, sie sieht sehr genau, was los ist, und hat ihre Strategien, um nicht unterzugehen. Ich habe grosse Hoffnung, dass aus ihr nach dem Ende der Oper noch etwas wird. Bei Goethe begehrt nur Werther gegen seine Fremdbestimmung auf,

bei Massenet sind es auch die Frauen. TG: Die Sehnsucht nach etwas Grösserem, nach dem Überschreiten von Grenzen ist eine urmenschliche Eigenschaft. Welche Bedeutung hat Werther für Charlotte? TG: Er lässt sie andere Welten erahnen. Es ist kein Zufall, dass die beiden sich in einer Mondnacht begegnen. Ich muss da immer an die Gemälde von Caspar David Friedrich denken, in denen die Menschen mit dem Rücken zum Be­trachter in andere Welten blicken. Sie schauen auf den Meeres­horizont oder ins Mondlicht. Die Mond­nacht als Parallelwelt für die Liebenden ist ja ein Topos des 19. Jahrhunderts. In der Romantik finden sie immer nur in der Nacht oder erst im Tod zusammen, wie Tristan und Isolde, die erst zusammenkommen, wenn sie die Grenze zum Tod überschreiten. Die Oper zeigt den Todesschluss aus einer anderen Perspektive als der Roman. Goethe führt eine Distanz ein, indem er die Erzählperspektive ändert und den Selbstmord von einem fiktiven Herausgeber schildern lässt. Diese Distanz gibt es bei Massenet nicht. Da erleben wir einen melodramatischen Opern-Schluss. TG: Im Roman ist Charlotte in der letzten Szene, anders als in der Oper, gar nicht anwesend. Sie bricht bei der Nachricht, dass Werther sich erschossen hat, zusammen. Goethe inszeniert den Selbstmord als Schock, blutig, negativ, hart. Und Massenet? KG: Da wird er zum Startschuss zu etwas Neuem und Grossem. Man hat das Gefühl, Werther würde hier nun sein grösstes Kunstwerk schaffen. TG: Werther singt ja auch, dass der Tod für ihn nicht das Ende ist, sondern der Beginn eines neuen Lebens. Bei Goethe steht hinter dem Selbst­ mord auch eine grosse Weltver­ zweiflung als Motiv. Da erschiesst sich auch ein an der verknöcherten Ge­ sellschaft gescheiterter Aussen­seiter.


Werther 19

Ist Massenets Liebestod nicht eine Verkleinerung des Stoffs? KG: Überhaupt nicht. Massenet geht doch eher noch einen Schritt weiter. Sein Schluss ist grösser und öffnet sich in eine andere Welt, ins Utopische. TG: Da werden noch ganz andere Themen aufgemacht. Da wird mehr als nur die Liebe verhandelt. Die Sehnsüchte gehen über das Lieben weit hinaus. Es ist eher ein Verlangen im grossen Ganzen aufzugehen, eine Sehnsucht nach Transzendenz.

Der Dirigent Cornelius Meister bespricht mit Juan Diego Flórez musikalische Details.

Sowohl Charlotte als auch Werther wenden sich in ihren grossen Liebesverzweiflungsarien an Gott. Was hat das zu bedeuten? TG: Der Gott, den Werther anbetet, ist kein christlicher mehr. Da tritt ein pantheistischer Naturglaube an die Stelle des christlichen Glaubens. Er beschreibt sich als Kind, das zurück will zum liebenden Vater. Aus Sicht der

Kirche ist seine Haltung Blasphemie. KG: Bei Charlotte empfinde ich das Beten eher als Ausdruck ihrer Einsamkeit. Es gibt ja niemanden, zu dem sie sprechen könnte. TG: Bei ihr bricht sich die quälende Frage Bahn, ob das Leiden an der Liebe am Ende einen Sinn ergibt. Was ist denn der Sinn des menschlichen Daseins? Warum sind wir hier? Das sind die letzten Fragen, die sich die Figuren auch in dieser Oper stellen. Und die Antwort lautet: Die Liebe ist grösser als das Leben? TG: Gibt es überhaupt eine Antwort auf alle unsere existentiellen Fragen? In der Liebe ist jedenfalls die Möglichkeit einer Grenzüberschreitung enthalten. KG: Der Tod ist der grössere Schritt, der in dieser Oper auch eine öffnende Dimension hat. Das Interview führte Claus Spahn


Foto: Kristin Hรถbermann


Werther 21

Diese schwärmerische Melancholie liegt mir Der peruanische Tenor Juan Diego Flórez ist berühmt für seinen virtuosen Rossini-Gesang. In Zürich wagt er nun einen weiteren Schritt ins französische Repertoire: Er singt die Titelpartie in unserer Neuproduktion von Jules Massenets Oper «Werther».

Herr Flórez, Sie haben Jules Massenets Werther noch nicht lange in Ihrem Repertoire. Was macht diese Rolle für Sie interessant? Werther ist eine grosse Reise. Die Reise eines einsamen, liebenden Mannes, der tief empfindet und sich von seinen Gefühlen treiben lässt. Die Figur erinnert mich ein wenig an Orphée, den ich in der Opernversion von Gluck schon gesungen habe. Auch der ist unterwegs auf der Suche nach Erfüllung der grossen Liebe und lässt sich von seiner Leidenschaft leiten. Es ist ein grosses Vergnügen, Massenets Werther zu singen, denn man ist ganz erfüllt von dieser Partie. Sie ist in ihrem Ausdruck allumfassend angelegt, und der grosse Sog, der von der Musik ausgeht, zieht einen mit starken Energien in die Geschichte hinein. Massenets grossartige Orches­ter­be­ handlung ist dabei sehr hilfreich. Die Partitur ist makellos komponiert. Die Far­ben, die Dynamik, alles klingt mittreissend und ist wie eine Einladung, den Emp­fin­­ dungen und dem Ausdruck des Werks zu folgen. Man könnte fast sagen: Die Musik in Werther ist wie ein grosser heranrollender Orgasmus. Es gibt eine berühmte Äusserung von George Bernard Shaw über Massenets Werther. Er wundert sich, wie ein Held so passiv sein kann. Die Oper prä­ sentiere einen liebeskranken Tenor, der in vier Akten nur zwei aktive Momente habe, den einen, wenn er seiner geliebten Charlotte einen Kuss zu rauben versuche, und den zweiten, wenn er sich hinter der Bühne erschiesse. Ist da etwas dran? Ist Werther tatsächlich so passiv? Überhaupt nicht. Das kann man nur so empfinden, wenn man die Handlung nur sehr äusserlich betrachtet. Aber es geht in dem Stück ja vor allem um Werthers innere Welten, und da finde ich ihn in seiner Liebessehnsucht sehr aktiv! Er ist wild entschlossen, Charlotte gegen alle äusseren Widerstände für sich zu gewinnen. Er ist ein Träumer, der in seiner eigenen Welt lebt und sehr entschieden versucht, seinen Traum Wirklichkeit werden zu lassen. Vielleicht zu sehr. Das ist sein Problem. Kommt Ihnen diese Partie, wie Massenet sie komponiert hat, entgegen, oder war es schwer, sie zu erarbeiten? Ich fühle mich mit dieser Partie sehr verbunden. Ich habe schnell einen persön­ lichen Bezug zu ihr gefunden. Das hat mit meinen persönlichen Ausdrucksmöglich­ keiten zu tun. Diese Art von schwärmerischer Melancholie, die in Werther angelegt ist, liegt mir. In diese Richtung bin ich beispielsweise auch schon in Bellinis La sonnambula als Elvino gegangen oder als Orphée bei Gluck. Wenn man zurückverfolgt, wie Sie sich der Werther-Partie genähert haben, wirkt das alles wohlüberlegt und sehr klug und strategisch geplant. Zunächst haben Sie einzelne grosse Arien in Konzerten gesungen. Es folgte eine konzertante Aufführung der kompletten Oper in Paris, dann die erste sze­ nische Produktion im vergangenen Dezember in Bologna und nun die zweite


22 Werther

in Zürich. Gab es zwischendurch auch Zweifel, ob Sie auf dem Weg ins fran­ zösische Repertoire richtig unterwegs sind? Als ich den Werther konzertant in Paris gesungen habe, war ich mir noch nicht sicher, wie das werden würde. Sich mit französischem Repertoire ausgerechnet in der französischen Hauptstadt vorzustellen, ist ja auch ein grosses Wagnis. Da gab es für mich schon einige Fragezeichen. Aber die Akzeptanz der Aufführung war enorm – beim Publikum, bei den Kritikern, bei allen. Davon habe ich mich sehr bestätigt gefühlt. Wie Sie ja wissen, war ich bisher im Belcanto-Repertoire und vor allem bei den Opern von Gioachino Rossini zu Hause. Bricht man von so einem vertrauten Terrain in unbekannte Gefilde auf, muss man viel Mut zum Risiko mitbringen. Die Welt der Oper honoriert solche Wagnisse nicht selbstverständlich. Die Leute haben es am liebsten, wenn man bei dem bleibt, für das man bekannt ist. Deshalb konnte ich mir auch nicht sicher sein, ob mein Wechsel des Repertoires bei den Opernhäusern und beim Publikum gut ankommt. Ich bin über Rossinis Guillaume Tell, Gounods Romeo, den Edgardo in Donizettis Lucia di Lammermoor und nun Werther immer tiefer ins romantische Repertoire vorgedrungen und hab mich dabei auch dem französischen Repertoire zugewandt. Jetzt, nachdem ich einige dieser Rollen zum ersten Mal gesungen habe, spüre ich, dass das für mich passt und ich den richtigen Weg eingeschlagen habe. Es werden in den nächsten Jahren weitere Partien hinzu kommen wie Offenbachs Hoffmann oder Des Grieux in Massenets Manon. Und ich weiss, dass ich das alles mit meiner Stimme machen kann, ohne forcieren zu müssen. Auch dem Mozart-Repertoire werde ich mich zuwenden. Ich nehme demnächst – übrigens gemeinsam mit Riccardo Minasi und dem Scintilla-Orchester des Opernhauses Zürich – eine Mozart-CD auf. Was für mich allerdings genauso wichtig ist: Ich kann weiterhin Rossini singen! Ich muss nicht das, was ich so lange und gerne gemacht habe, hinter mir lassen. Das ist nicht selbstverständlich, oder? Nein. Ein Repertoirewechsel hat immer mit Veränderungen der Stimme zu tun, und mit denen muss man umzugehen lernen. Wenn sich die Stimme verändert, sieht man zunächst erstmal nicht klar, was daraus folgt. Es war also nicht so, dass Sie einfach die künstlerische Entscheidung getroffen haben, sich ein neues Repertoire zu erschliessen, sondern Sie haben auf die Veränderung Ihrer Stimme reagiert? Ja. Ich habe vor sechs Jahren gemerkt, dass sich meine Stimme verändert. Sie wurde tiefer und voller, und das bedeutete, dass ich bequemer in der Mittellage singen konnte. Hat Ihnen das Angst gemacht? Im ersten Moment schon, weil die gewohnte Technik nicht mehr selbstverständlich funktioniert. Man muss sie überarbeiten. Die Veränderung der Stimme eröffnet einem zwar neue Repertoiremöglichkeiten, aber man muss schauen, wie man sich den neuen Ausdruck erarbeitet, ohne beispielsweise zu viel Druck auf die Stimme auszuüben. Ist die Lautstärke für Sie bei Massenet ein Thema? Beschäftigt Sie die Frage, ob und wie Ihre Tenorstimme über das grosse romantische Orchester hinweg trägt? Eigentlich nicht. Natürlich braucht man Lautstärke für den Werther, aber die habe ich inzwischen. Vor sechs Jahren hätte ich sie noch nicht gehabt. Wichtig ist, dass man sie einsetzt, ohne zu forcieren. Aber damit habe ich kein Problem. In Massenets Werther sind allerdings auch die Piano- und Pianissimoschattierungen ein wichtiger Punkt.


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Dafür ist das vergleichsweise kleine, intime Opernhaus Zürich ein idealer Ort. Ich weiss. Nach den bisherigen Proben habe ich das Gefühl, dass Farben und Dynamik auch unserem Dirigenten Cornelius Meister ein grosses Anliegen sind. Das Repertoire zu verändern, bedeutet auch, dass man andere Charaktere auf der Bühne verkörpern muss. Kommen da nicht auch darstellerisch ganz neue Aufgaben auf Sie zu, wenn Sie bisher überwiegend bei den in ihrer Dra­ matik überschaubaren Belcanto-Helden zu Hause waren und nun einen emotional ausgreifenden Charakter wie Werther darstellen müssen? Natürlich ist das so. Werther entstammt ja auch einer ganz anderen Zeit. Man spürt beispielsweise sehr deutlich den Einfluss Richard Wagners. Den Werther-Charakter auf die Bühne zu bringen, ist eine Herausforderung, auf die ich mich hier in Zürich sehr freue. Sie haben gesagt, dass Sie trotz der neuen Aufgaben weiterhin Rossini und Belcanto singen werden. Gibt das denn Ihre Stimme weiterhin her? Ich musste natürlich auch im Umgang mit dem leichten Repertoire einiges um­ stellen. Wenn man vierzig Jahre alt wird, ist ein Wandel der Stimme nichts Ungewöhnliches. Man muss ihn dann gestalten. Und ich bin sehr froh darüber, dass ich mir die Breite meines Repertoire erhalten konnte. Vor einiger Zeit habe ich auf einer Konzerttournee zum Beispiel im ersten Teil Cimarosa, Mozart und Rossini gesungen und im zweiten Teil dann Verdi und Puccini. Es ist schon aussergewöhnlich, wenn man das in einem Abend zusammenbringen kann. Eigentlich eine verrückte Zusammenstellung, aber es hat funktioniert und Riesen­ spass gemacht. Ich finde es erstaunlich, dass Sie sich bei dieser hochempfindlichen und ja auch riskanten Arbeit an Ihrer Stimme ganz auf sich selbst verlassen. Sie haben sich nie, wie viele andere Sänger, Hilfe von aussen geholt. Sie müssen ein sehr guter Selbstbeobachter sein. Das stimmt. Meine Karriere entwickelt sich jetzt schon über zwanzig Jahre hinweg, und ich hatte in der ganzen Zeit keine Lehrer. Ich arbeite zwar mit anderen Musikern zusammen, mit Pianisten und Dirigenten, und tausche mich mit ihnen aus. Darüberhinaus höre ich aber einfach nur genau in mich hinein. Ich schneide zum Beispiel meine Proben immer mit, um meine Stimme zu überprüfen. Das funktioniert sehr gut. Ausserdem habe ich etwa in meinem Manager Ernesto Palacio einen guten Ratgeber, was Repertoirefragen angeht, denn er war ja selbst ein grossartiger Tenor. Im Sänger-Metier kann es leicht zum Problem werden, wenn zu viele Leute mitreden wollen. Ich habe immer versucht, meine Aufgaben allein zu lösen, und damit bin ich gut gefahren. Wenn man so berühmt ist wie Sie, kommt ein immenser Druck der Öffent­ lichkeit, des Betriebs, des Marktes hinzu. Alle wollen etwas, haben Wünsche, machen Angebote. Ist es schwer, dem Sog des Business zu widerstehen? Für mich nicht. Ich habe nie zu viel gemacht. Ich exponiere mich nicht zu sehr in der Öffentlichkeit. Ich lasse keine grossen PR-Kampagnen mit mir machen. Das ist aber auch gar keine strategische Entscheidung, es ist einfach mein Charakter. Inzwischen trete ich ein bisschen öfter auf als früher, aber nach wie vor sehr dosiert in grossen Opernproduktionen, die man pro Jahr an einer Hand abzählen kann. In Wien bin ich präsenter als anderswo, weil ich dort mit meiner Familie lebe. Und ich lasse etwas mehr an allgemeiner Präsenz in der Öffentlichkeit zu, weil ich die Popularität für meine Foundation nutzen möchte, mit der ich musikalische Bildung für Kinder und Jugendliche in Peru fördere. Das Gespräch führte Claus Spahn

Werther Oper von Jules Massenet Musikalische Leitung Cornelius Meister Inszenierung Tatjana Gürbaca Bühnenbild und Lichtgestaltung Klaus Grünberg Bühnenbildmitarbeit Anne Kuhn Kostüme Silke Willrett Kostümmitarbeit Carl-Christian Andresen Choreinstudierung Ernst Raffelsberger Dramaturgie Claus Spahn Werther Juan Diego Flórez Charlotte Anna Stéphany Sophie Mélissa Petit Albert Audun Iversen Le Bailli Cheyne Davidson Schmidt Martin Zysset Johann Yuriy Tsiple Brühlmann Stanislav Vorobyov Käthchen Soyoung Lee Philharmonia Zürich SoprAlti und Kinderchor der Oper Zürich Statistenverein am Opernhaus Zürich Premiere 2 April 2017 Weitere Vorstellungen 5, 8, 11, 17, 20, 23, 27, 30 April 2017


24 Volker Hagedorn trifft…

Cornelius Meister Cornelius Meister stammt aus Hannover und ist seit 2010 Chef­dirigent und Künst­ lerischer Leiter des ORF Radio-Symphonie­ orchesters Wien. Zuvor war er als Deutsch­ lands jüngster GMD am Theater Heidelberg engagiert. Seit seinem Debüt mit Richard Strauss’ «Salome» am Opernhaus Zürich im Herbst 2012 leitete er hier neben einer Neu­ produktion der «Zauber­ flöte» auch «Carmen» und Mahlers «Lied von der Erde». Ab 2018 wird Cornelius Meister GMD an der Staatsoper Stuttgart.

Nach drei Stunden Probe drängt es ihn an die frische Luft. Aber am Seeufer weht der Wind so kräftig, dass am Ende womöglich nur eine frische Brise auf dem Aufnahme­ gerät zu hören wäre. Was auch nicht schlecht zu diesem Dirigenten passt – aber ein bisschen mehr möchte man doch erfahren über ihn und Werther, über Cornelius Meister und seine dritte Begegnung mit der zwölften Oper von Jules Massenet. Also ab in die Kantine, er ist flexibel, und die zehn Minuten Frischluft ersetzen das Koffein: Dieser jungenhafte Typ lässt sich 90 Minuten lang befragen, ohne einen Tropfen Kaffee zu brauchen. Besonders viele Fragen braucht er auch nicht − er ist mitten drin in der Partitur. Und schwärmt erstmal von der Instrumentationskunst. «Wie architek­ tonisch klug er die Blechbläser einsetzt! Trompeten, Posaunen, Tuba zum Beispiel spielen am Anfang, dann aber erst wieder auf dem Höhepunkt von Werthers Schwär­ merei, kurz bevor mit seinem Ausruf ‹Un autre, son époux!› (Ein anderer ihr Mann!) alles in sich zusammen fällt. Erst da kehrt diese Klangwucht zurück. Und Massenet ist ausgesprochen präzise in der Dynamik, er verlangt in atemraubender Geschwindig­ keit Diminuendi von Forte bis Pianissimo, das unterstreicht den eruptiven Charakter. All diese Gefühlswallungen des Sturm und Drang vermag er genau in Musik zu setzen. Es ist eine Achterbahnfahrt in der Dynamik, wenn man sich die Mühe macht, das präzise zu beachten.» «Präzise» ist ein Wort, das Cornelius Meister häufig gebraucht, dabei wirkt er über­haupt nicht wie ein Kontrollfreak. Er erzählt von der Partitur so glücklich wie später über seinen eigenen Weg zur Musik, in Hannover, als Sohn eines Klavierprofes­ sors und einer Klavierlehrerin: «Es war ganz selbstverständlich, dass zu Hause musi­ ziert wurde, dass da auch ein Flügel stand, den man benutzt hat, auch ich als ganz kleines Kind. Deswegen kann ich mich an den Beginn eines Klavierunterrichts auch gar nicht erinnern. Ich hatte nie in meinem Leben zeitlich geregelten Klavierunterricht. Mein Vater war mein einziger Lehrer, wir konnten, wenn nötig, täglich Unterricht machen. Es gab keinen Stundenplan…» Das Planvolle aber bewundert er bei Massenet − und wie es sich in etwas ganz Natürliches verwandelt. «Er schreibt manchmal halbe Romane, wie einzelne Phrasen zu spielen und zu singen sind, er kalkuliert das alles sehr bewusst, und dabei entsteht eine ausgesprochen körperlich emotionale Musik. Das muss frei, überschwänglich, unkalkuliert klingen! Da merke ich, wie wichtig es ist, dass die Rubato-Wellen für mich als Dirigent richtig im Körper drinsitzen. Bei solch einem Stück ist es nicht schlecht, wenn der Dirigent es schon ein paar Mal dirigiert hat. Die Musik soll in unglaublichem Fluss musiziert werden, in einer Natürlichkeit der Bewegung, in der alles aus etwas heraus entwickelt wird, damit man dann die Brüche, die es auch gibt, um so deutlicher herausholen kann. Wenn Charlotte und Werther im ersten Akt in einer Art Liebes­ duett versinken, herrscht dort zumindest musikalisch tiefste Vertrautheit. Es wird ganz langsam, meist diatonisch, weniger chromatisch. Und dann kommt plötzlich dieser Ausruf vom Amtmann: Charlotte! Albert est de retour! Zack, alles ist anders, die Musik wechselt von hier nach da!» Cornelius Meister machte rasante Fortschritte auf dem Klavier: Mit zehn Jahren spielte er die erste Uraufführung seines Lebens, Spazierwege und Spiele, von Hans Zender für Kinder komponiert. Im Bruckner-Jahr 1996, er war sechzehn, «da haben mein Vater und ich sämtliche Sinfonien von Anton Bruckner vierhändig am Klavier gespielt, privat und ohne Zuhörer. Prima vista zu spielen, vom Blatt, war ganz selbst­ verständlich. Und vor allem, dass man etwas gemeinsam macht». Diese Lust, mit anderen zu kommunizieren, brauche ein Dirigent. Vielleicht war es das, was Gerd


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Albrecht an ihm entdeckte, bei einem Kammermusikauftritt des 17jährigen Pianisten. «Er fragte mich, ob ich schon mal drüber nachgedacht hätte zu dirigieren. Als ich ihn später fragte, wie er darauf kam, hat er gelächelt und gesagt, er habe das gespürt.» Albrecht, damals noch Generalmusikdirektor der Hamburger Oper, wird sein Mentor. Dann studiert er bei Eiji Oue in Hannover, bei Dennis Russell Davies in Salz­ burg, mit 21 Jahren assistiert er dem Erfurter GMD, mit 22 Jahren dirigiert er am Staatstheater Nürnberg seinen ersten Werther. Der zweite folgt, nachdem Meister 2005 in Heidelberg Generalmusikdirektor geworden ist − der europaweit jüngste in dieser Position. Seither befassen sich die Journalisten oft mit seinem Alter. Wir lassen diese Schublade in Ruhe und gucken lieber in eine andere: Gibt es noch die teutoni­ sche Unterschätzung einer «parfümierten», etwas untiefen französischen Musik? «Anders als in Deutschland war in der Schweiz der Einfluss der französischen Schule unter den Musikern schon immer wichtig. Das tiefe Verständnis von französi­ schen Opern hängt vielleicht auch mit der Vertrautheit mit der französischen Sprache zusammen. Allerdings gibt es auch zahlreiche Einflüsse deutscher Kultur in französi­ schen Kompositionen. Im vierten Akt verwendet Massenet zum Beispiel ein Motiv, das verwandt ist mit dem Schlafmotiv aus Wagners Ring!» Er möchte gleich die Partitur holen, um mir die Stelle zu zeigen, aber noch wichtiger ist ihm doch der Kampf gegen Vorbehalte: «Es fällt auf, dass bei Werken wie Werther mehr darüber gesprochen wird, in welchem Verhältnis die Oper zu Goethes Briefroman steht, als man etwa über Verdis Umgang mit Shakespeare spricht. Massenet hat einen anderen Zugang als Goethe. Wir sehen nicht den Roman auf der Bühne. Es sind zwei eigen­ ständige Werke. Manches lässt Massenet offen: Es gibt keine Angabe, ob und wann man einen Schuss hört. Er gibt uns da neben seiner Genauigkeit enorme Freiheit.» Beides reizt den Dirigenten sowieso. Einerseits hat er in alle Orchesterstimmen Stichworte aus dem Text eingetragen, «das Orchester kennt das Stück sehr gut, aber in Nuancen macht es einen Unterschied, wenn die Orchestermusiker einzelne Silben regelrecht mitsingen». Andererseits ist ihm «die Offenheit für das, was kommen wird, von dem ich noch gar nichts ahne, zentraler Bestandteil meiner Arbeit. Aufführungen sollen verschieden sein. Wir führen nicht einfach eine CD auf!» Besonders beeindruckt hat ihn die «Probenweisheit» des 78jährigen Pierre Boulez, dessen Assistent er 2004 beim Bayreuther Parsifal in der Regie von Christoph Schlingensief war: «Er hat die­ ses lange Werk bei den ersten beiden Orchesterproben ohne Unterbrechungen durch­ spielen lassen. Dann hat er sich eine halbe Stunde lang einzelne Takte ganz präzise vorgenommen… es war die Weisheit eines erfahrenen Musikers, nicht alle drei Minu­ ten abzubrechen.» Ausserdem seien Boulez’ Tempi nicht einfach nur schnell gewesen: «Man hatte immer den Eindruck, der weiss genau, wo er hin will.» Doch es bleibt ein Geheimnis, warum manche Dirigenten ihre Vorstellung vermitteln können und andere nicht. «Wir können hauptsächlich durch unsere innere und äussere Haltung etwas hervorrufen. Man erlebt das beim Vordirigieren, wenn ein neuer Dirigent in den Raum kommt und sich hinstellt, ohne dass viel geredet wurde: Das Orchester klingt bei jedem Dirigenten anders!» Zur besonderen Gabe der Haltung muss freilich Werkkenntnis und ein exzellentes Ohr kommen. «Wenn ich nicht in der Lage bin, das Stück am Klavier aus der Partitur zu spielen, dann kenne ich’s auch nicht ganz.» Am Ende müsse man das Stück «in den Arm kriegen». Er hat mittlerweile ein gewaltiges Repertoire im Arm, kein Wunder nach sieben Jahren als GMD in Heidelberg und jetzt sechs Jahren als Chef des RSO Wien, von wo Meister 2018 an die Stuttgarter Oper gehen wird. Wobei er weiterhin das Teamwork am liebsten mag: «Ich kenne keine andere Branche, bei der hundert Menschen in einem Raum sitzen, etwas auf die Millisekunde genau aufeinander abstimmen – und dabei frei und kreativ sind. Das kann nicht funktionieren, wenn bloss der eine dort vorn etwas vorgibt.» Und er bleibt nicht nur dort vorn. Wenn ein Sänger mal verzweifelt, «ist es sinnvoll, wenn man eine Probe nur zu zweit hat». Dann sitzt er da, wo er begann: am Klavier. Volker Hagedorn

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26 Wiederaufnahme

Macbeth In der Kritikerumfrage der Zeitschrift «Opernwelt» wurde er als Regisseur des Jahres ausgezeichnet: Barrie Kosky, Regisseur und Intendant der Komischen Oper Berlin, dessen hochkonzentrierte Inszenierung von Verdis Macbeth in der vergangenen Spielzeit am Opernhaus Zürich gefeiert wurde. «Vor dem Hinter­­grund des Unbewussten, das immer wieder machtvoll ins Geschehen dringt und doch irritierend un(be) greifbar bleibt, inszeniert Kosky ein streng stilisiertes, auch im Szenischen extrem verknapptes Kammer-­Drama zwischen Macbeth und seiner Lady», schrieb damals die NZZ. Tatjana Serjan, die schon in der Premiere eine überaus eindrucksvolle Lady Macbeth war, singt die Rolle auch in der Wieder­ aufnahme, Vladislav Sulimsky ist Macbeth. Am Pult ist erstmals in Zürich der Italiener Gianandrea Noseda zu erleben, einer der interessantesten Dirigenten seiner Generation. Wiederaufnahme 23 April 2017 Weitere Vorstellungen 5, 9, 13, 24, 26 Mai 2017


Foto: Monika Rittershaus



Die geniale Stelle 29

Der reiche Onkel Ein rätselhafter Satz in Giacomo Puccinis «La bohème»

Nehmen wir einmal an, höhere Mächte würden Giacomo Puccini erlauben, für eine begrenzte Zeit aus dem Musikerhimmel auf die Erde zurückzukehren. Das wäre eine wunderbare Gelegenheit für die Verehrer des Meisters, ihm Fragen zu seinen Werken zu stellen und zu hören, wie er dies oder jenes gemeint hat, welche Absichten er mit seinen Kompositionen verfolgte, vielleicht auch, was er zum heutigen Umgang mit seinem Werk denkt. So wäre es auch möglich, den Komponisten selbst nach jener selt­samen Stelle im zweiten Bild von La bohème zu fragen, über die sich schon viele Exegeten ergebnislos den Kopf zerbrochen haben: Mimì und Rodolfo schlendern über den Weihnachtsmarkt im Quartier Latin, und dabei entdeckt Mimì in den Aus­ lagen eines Juweliers ein Schmuckstück, das ihr sehr gefällt. Wir wissen, dass beide in extremer Armut leben und sich eine solche Kostbarkeit nicht leisten können. Um so verwunderlicher ist, was Rodolfo nun sagt: Er habe, sagt er, einen Onkel, der Millio­ när ist, und wenn er den beerbe, werde er ihr noch viel schönere Dinge kaufen können. Der Satz scheint alles, was wir über das Stück wissen, auf den Kopf zu stellen: Sagt Rodolfo die Wahrheit, steht dem angeblich so armen Poeten jederzeit der Rückweg in eine finanzkräftige Familie offen, wenn er das Abenteuer satt hat. Und dann wird er sich zu Mimì, die an ihrer ganz realen und ausweglosen Armut zugrunde geht, anders verhalten, als wenn er in derselben Lage ist wie sie. Aber wenn es diesen reichen Onkel gibt, warum ist im weiteren Verlauf nie wieder von ihm die Rede? Tatsächlich enthält das Stück keinen Hinweis darauf, wie dieser Satz zu verstehen wäre. Wenn wir also Puccini selbst befragen könnten… Aber machen wir uns nichts vor: Die höheren Mächte, die das ermöglichen können, gibt es nicht, und wenn das Wunder dennoch geschähe, würde der Maestro vermutlich lieber eine Tour mit einem schnittigen Motorboot machen, wofür er zeitlebens eine grosse Schwäche hatte, statt Detailfragen zu seinen Opern zu beantworten. Und selbst wenn er es tun würde, was würde uns die Antwort helfen? Nehmen wir an, er sagt: «Oh, das ist mir gar nicht aufgefallen!» (Wer wollte ihm das verübeln, wo doch selbst der grosse Homer manchmal schläft, wie Horaz etwas säuerlich bemerkte.) Oder: «Ja, es gibt diesen reichen Onkel.» Oder auch: «Das ist ein­fach nur Prahlerei.» Was hätten wir mit diesen Antworten gewonnen? Wir wüssten dann, was Puccini beabsichtigte, als er die Stelle komponierte. Das würde aber nichts daran ändern, dass er nicht klargemacht hat, welche der möglichen Varianten gemeint ist. So müssen die Interpreten von sich aus eine Entscheidung fällen, wie sie diesen Satz und damit das ganze Stück verstehen wollen. Denn wie schon angedeutet, ver­ ändert sich das gesamte Stück grundlegend, je nachdem, wie wir diesen Satz verstehen, es dreht sich sozusagen um ihn wie um eine feststehende Achse. Und darum brauchen wir auch keine höheren Mächte, die uns ein Interview mit Puccini ermöglichen, wir haben seine Oper und kommen auch allein damit zurecht. Wie die Antwort auf die offene Frage ausfällt, wird von unserer Umgebung und unserem Leben abhängen, und die Genialität von Puccinis Meisterwerk erweist sich gerade daran, dass es seit mehr als hundert Jahren immer wieder zur Auseinandersetzung herausfordert und zu immer neuen Antworten auf die Fragen, die es aufwirft. Werner Hintze



Passion, Eleganz und eine Kirsche Am Theater Winterthur präsentiert das Junior Ballett ab 28. März seinen neuen Ballettabend «Un Ballo». Wir haben vier Tänzer gebeten, uns die Choreografien des kontrastreichen Abends vorzustellen Foto Michael Sieber


32 Junior Ballett

Un Ballo Jiří Kylián

Auf Jiří Kyliáns Choreografie Un Ballo freue ich mich sehr. Es wird das erste Mal sein, dass ich in einem Ballett von ihm tanze. Das Stück wirkt absolut zeitlos, und ich kann kaum glauben, dass es bereits vor über 25 Jahren entstanden ist. Kylián hat es 1991 für die Nachwuchsformation des Nederlands Dans Theaters (NDT II) kreiert. Mich beeindruckt vor allem die Eleganz und die Raffinesse, mit der Kylián hier zu Werke geht. Auf drei vom Charakter her völlig verschiedene Pas de deux folgt ein Teil für sechs Paare, die aber nur scheinbar das Gleiche machen. Jede Bewegung bei Kylián atmet eine unglaubliche Musikalität. Hier hat er zwei berühmte Kompositionen von Maurice Ravel verwendet, das Menuett aus Le Tombeau de Couperin und die Pavane pour une infante défunte. Obwohl beide Stücke am Anfang des 20. Jahrhunderts komponiert wurden, weisen sie doch in die Barockzeit zurück. Gerade in meinem Pas de deux muss ich oft an eine höfische Atmosphäre denken. Ein grosses Glück für uns Juniortänzer war, dass wir die Choreografie mit Kyliáns Assistenten Urtzi Aranburu einstudieren konnten. Er hat lange im Nederlands Dans Theater getanzt und kennt das Stück wie kein Zweiter. Urtzi hat mir die Tür zu Kylián geöffnet und uns Tänzer für die vielen kleinen Details sensibilisiert, die Un Ballo zu etwas Besonderem machen. Kylián hat sein Stück als «Übung für Musikalität und Sensibilität zwischen männlichen und weiblichen Partnern» bezeichnet. Um es tanzen zu können, kommt es vor allem auf Präzision, aber auch auf die richtige Mischung von Virtuosität und Überschwang an. Spektakulär finde ich auch das Ende, aber das darf ich hier ja noch nicht verraten. Deia Cabalé, Frankreich

Disrupted Benoît Favre

Mit den Proben zu Benoîts Stück haben wir bereits im September vorigen Jahres begonnen. Von Woche zu Woche hat sich die Choreografie weiterentwickelt, und ich bin jetzt sehr gespannt auf die Premiere. Der lange Probenprozess hat uns zusammengeschweisst. Meine Tänzerkollegen habe ich in dieser Zeit wirklich kennen- und schätzengelernt. Dass Benoît selbst noch Tänzer ist, war für uns ein grosser Vorteil. Seine choreografischen Vorstellungen kann er sehr genau beschreiben. Er kann alles vormachen und sieht sofort, wo und wie man etwas verbessern kann. Nicht nur mental, sondern auch physisch ist er Teil seiner Kreation. So reflektiert wie Benoît selbst ist auch das Stück. Auch bei meinem Solo merke ich, dass er es mehr nach innen als nach aussen gedacht hat. Bei einer Uraufführung dabei zu sein, ist für uns Tänzer immer spannend. Unsere Rolle besteht nicht nur darin, darauf zu warten, dass der Choreograf uns Schritte gibt, sondern auch eine für ihn angenehme Arbeitsatmosphäre zu schaffen, ihn zu inspirieren, indem wir mit ihm gemeinsam nach Umsetzungsmöglichkeiten für seine Ideen suchen. Benoît ist sehr offen für unsere Vorschläge. Ein wichtiger Bestandteil der Choreografie sind drei verschiebbare Metallrahmen. Sie schaffen ständig neue Räume und neue Beziehungen zwischen den Tänzern. Ich habe viel modernes Ballett getanzt. Deshalb hat es mir Spass gemacht, mir Benoîts Bewegungsrepertoire anzueignen. Er setzt sehr auf die Wirbelsäule, den Oberkörper. Die experimentelle Musik von Joel Gilardini hilft mir sehr dabei, meine eigene Geschichte in dieser Choreografie zu finden. Schliesslich geht es ja um mehr als nur um Schritte. Giuditta Vitiello, Italien


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Behind the Mirror Filipe Portugal

Ich tanze in Filipe Portugals Pas de deux Behind the Mirror, den er zum zweiten Satz aus Schostakowitschs Erstem Klavierkonzert choreografiert. Es ist das erste Mal, dass ein Choreograf eigens für mich als Tänzer choreografiert. Das macht die Proben mit ihm zu einem grossen Erlebnis. Bereits nach der ersten Woche hatten wir das choreo­ grafische Grundmaterial erarbeitet. Wenn man fast täglich zwei Stunden an solch einem Stück arbeitet, geht es einem in Fleisch und Blut über. Was Filipe in seinem Pas de deux erzählen will, kann man sowohl aus einer rein tänzerischen als auch aus einer all­gemein menschlichen Perspektive betrachten: Eine Tänzerin ist in einer Situa­tion, in der sie aufgeben will. Sie will nicht mehr tanzen. Ihr Partner versucht, ihr das Selbst­ vertrauen zurückzugeben und sie wieder zum Tanzen zu ermutigen. Es geht um Part­nerschaft, um Vertrauen und gegenseitige Inspiration. Es ist eine tolle Herausfor­ derung, diesen Prozess im Lauf des Stücks sichtbar zu machen. Meine Tanzpartnerin Aurore Lissitzky beeindruckt mich immer wieder mit ihrer unglaublich schnellen Auffassungsgabe und der Art, wie sie Emotion sofort mit dem Schrittmaterial verbinden kann. Filipe geht beim Choreografieren sehr einfühlsam und individuell auf uns beide ein. Aus seinen Proben kommt man immer mit dem Gefühl, wieder ein Stück vorangekommen zu sein. Schostakowitschs ausdrucksstarke Musik eignet sich fantastisch für diese Geschichte. In Behind the Mirror ist alles drin, was man über das partnerschaftliche Verhältnis zweier Tänzer in einem Pas de deux lernen kann. Cohen Aitchison-Dugas, Kanada

Maraschino Cherries Cayetano Soto

Bevor ich diese Spielzeit zum Junior Ballett nach Zürich gekommen bin, habe ich bei Introdans getanzt – einer zeitgenössischen Compagnie, die im niederländischen Arnhem zu Hause ist. 2014 war ich dabei, als der katalanische Choreograf Cayetano Soto dort sein Stück Maraschino Cherries erarbeitet hat. Der Titel sagt schon ganz viel über dieses Ballett. Die eingelegten Kirschen, die man vor allem als Garnitur von Cocktails verwendet, sind bitter und süss zugleich. Und dass nichts so ist, wie es auf den ersten Blick scheint, zeigt Cayetano auch in seinem Stück, in dem ganze viele überbordende Ideen, szenische Verrücktheiten und Bewegungsfantasien zusammen kommen. Cayetano Soto hat damals direkt auf die Qualitäten der ihm zur Verfügung stehenden Tänzer gesetzt. Er hat sie für seinen Stil adaptiert und in ein neues Licht gerückt, in dem sie noch besser zur Geltung kommen. Tempo und Witz sind sehr charakteristisch für dieses Stück, in dem die Jungs den Hauptpart haben. Mit viel Humor werden traditionelle Männerrollen aufs Korn genommen. Am Beispiel drei ganz unterschiedlicher Männerpaare entlarvt er diese Vorstellungen auf sehr witzige Weise als veraltete Klischees. An dem Stück gefallen mir vor allem seine positive Energie und der Reichtum an Kontrasten. Musikalisch spannt es einen weiten Bogen – von Beethovens Neunter Sinfonie bis zu einem Chanson von Charles Aznavour, der hier auf Spanisch singt. Mit Introdans haben wir Maraschino Cherries in vielen Ländern aufgeführt. Mal sehen, wie sie beim Publikum in der Schweiz ankommen! In Arnhem war die Compagnie insgesamt älter und hatte natürlich eine andere Energie. Deshalb bin ich sehr gespannt, wie sich das jetzt mit dem Junior Ballett anfühlen wird und ob wir Cayetano Sotos Ideen auch in der neuen Besetzung gerecht werden. Ricardo Macedo, Portugal

Un Ballo Choreografie, Bühnenbild und Lichtkonzept Jiří Kylián Musik Maurice Ravel Kostüme Joke Visser Lichtgestaltung Joop Caboort / Kees Tjebbes Disrupted (UA) Choreografie und Bühnenbild Benoît Favre Musik Joel Gilardini Kostüme Shlomi Miara Lichtgestaltung Martin Gebhardt Dramaturgie Michael Küster Behind the Mirror (UA) Choreografie und Bühnenbild Filipe Portugal Musik Dmitri Schostakowitsch Kostüme Regula Mattmüller Lichtgestaltung Martin Gebhardt Maraschino Cherries Choreografie Cayetano Soto Musik Ludwig van Beethoven, Anton Karas, Georges Garvarentz, Rafael Hernández Bühnenbild und Kostüme Cayetano Soto Lichtgestaltung Berry Claassen Premiere 28 März 2017, Theater Winterthur Weitere Vorstellungen 31 März, 2 April, Theater Winterthur 7 April 2017, Kurtheater Baden 22, 23 Juni 2017 Opernhaus Zürich Exklusiver Partner Ballett Zürich

ab


34 Junior Ballett

Ich bin kein Kontrollfreak Mit «Disrupted» kreiert Benoît Favre ein neues Stück für das Junior Ballett. Ein Porträt des vielseitigen Schweizer Tänzers und Choreografen Text Michael Küster Foto Michael Sieber

Wie bitte? Ob er als einziger Schweizer Tänzer im Ballett Zürich einen Heimvorteil habe? Die Frage bringt Benoît Favre zum Lachen. «In solch einer internationalen Compagnie ist es völlig unerheblich, wo du herkommst. Hier wirst du einzig und allein an deinen Leistungen gemessen», sagt er in seinem fast perfekten Deutsch, das man durchaus für seine Muttersprache halten könnte. Geboren ist er jedoch in der Westschweiz, in der Nähe von Neuchâtel. Dort hat alles angefangen. «Ich tanze, so lange ich denken kann», erinnert er sich an seine Kinderzeit. Seine beiden Geschwister hatten mit dem Tanzen begonnen, und als Jüngster musste der kleine Benoît ihnen einfach nacheifern. So war es dann auch fast selbstverständlich, dass er mit 12 nach Zürich ging, um sich an der dortigen Tanz Akademie ausbilden zu lassen. Eine richtige Entscheidung, wie sich herausstellen sollte. Schon bald regnete es Preise bei wichtigen Tanzwettbewerben in Berlin, Solothurn und Lausanne. Um Bühnenerfahrung und Selbstvertrauen zu gewinnen, sei das die beste Schule gewesen. 2012 holt Christian Spuck den frisch gebackenen Akademieabsolventen ins Junior Ballett und nimmt ihn zwei Jahre später ins Ballett Zürich auf. Es mag eigenartig klingen, doch auf der Bühne scheint sich Benoît Favre in eine andere Person zu verwandeln. «Privat», so bekennt er, «bin ich ein eher scheuer und verschlossener Typ. Deshalb versuche ich, auf der Bühne eine andere Seite von mir zu zeigen und mich, so gut es geht, in die jeweilige Rolle zu versetzen. Egal, ob es sich um ein Handlungsballett oder eine abstrakte Choreografie handelt.» Schon früh begreift Benoît, dass Tanz und Choreografie für ihn zwei Seiten einer Medaille sind. Ganz genau erinnert er sich, wie ihn seine Lehrerin Arlette Kunz für das Improvisieren

begeisterte und ihm eine DVD von William Forsythe mit unterschiedlichsten Improvisationstechniken in die Hand drückte. «Das hat damals eine neue Tür für mich geöffnet. Stundenlang habe ich das geschaut, nachgemacht und weiterentwickelt. Ich hatte immer Lust, meine eigenen Sachen zu kreieren.» Dabei ist das Finden der eigenen choreografischen Sprache ein langwieriger Prozess. Als Tänzer im Ballett Zürich ist Benoît Favre tagtäglich mit den unterschiedlichsten choreografischen Handschriften konfrontiert. Ist das nicht eher verwirrend, wenn man sich selbst als Choreograf finden will? «Ganz im Gegenteil», erwidert er. Eine wahre Ideenfundgrube sei das, und scherzend ergänzt er: «Wenn ich nur noch choreografieren würde, hätte ich Angst, mich zu wiederholen, weil ich keine neue Inspiration kriege.» Neben der Kanadierin Crystal Pite, die er vor Jahren bei einem Tanzfestival erlebte und deren Arbeiten er seitdem im Internet verfolgt, begeistern ihn vor allem die Stücke von Jiří Kylián: «Ich bin immer wieder fasziniert, wie er Erwartungen unterläuft. In seinen Choreografien kommt es immer anders, als man denkt. Das versuche ich in meinen Arbeiten auch.» Die eigene Signatur zu beschreiben, fällt ihm indes nicht leicht. «Das müssen doch andere machen», meint er bescheiden. Doch wer seine Arbeiten Shift, Identities oder Sandbox I im Rahmen der Reihe «Junge Choreo­ grafen» gesehen hat, erinnert sich an sehr geerdete Tänzer mit überaus wendigen Ober­körpern. «Ich verzichte auf überflüssige Bewegungen von Armen und Beinen», erklärt Benoît. «Immer mehr merke ich beim Choreografieren, dass alles vom Oberkörper ausgeht. Von dort kommt der Impuls, dem alles andere folgt. Ich stelle mir gern vor, dass alles, was auf der Bühne passiert, miteinander verbunden ist. Eine


Ursache hat immer eine Wirkung.» Bei fast allen seinen Choreografien hat Benoît Favre mit Juniortänzern gearbeitet, und fast scheint das sogar ein Erfolgsrezept zu sein. Mit seinem Stück broken_line gewann er 2015 den ersten Choreografiewettbewerb beim Tanzolymp Berlin. Auch jetzt geniesst er das Arbeiten mit den Juniors: das minutiöse Feilen an kleinen Details, das Organisieren der Bewegungsabläufe. Ruhig, unaufgeregt und mit gedämpfter Stimme gibt er den Tänzern seine Instruktionen und Korrekturen. «Ich bin kein Kontrollfreak, sondern lasse den Tänzern in den Proben viel Freiheit. Ich mag, wenn sie selbständig arbeiten, experimentieren und meine Ideen weiterentwickeln. Manchmal ist es zwar gar nicht so leicht, ihre unbändige Energie zu kanalisieren, doch letztendlich verbindet uns alle ein gemeinsames Ziel.» Und das heisst Disrupted. Für seine neueste Kreation mit dem Junior Ballett hat Benoît Favre auch das Bühnenbild entworfen. Drei Metallrahmen werden von den Tänzern in immer neue Positionen gebracht. Die sich unaufhörlich verändernde Raumstruktur hat choreografische Konsequenzen: Was macht man mit den Tänzern in dem neu entstehenden Raum? «Am Anfang war mir nicht klar, ob das funktionieren würde. Aber jetzt bin ich ganz optimistisch, weil diese unerwarteten Positionswechsel auch immer eine andere Stimmung mit sich bringen.» In dem experimentellen Schweizer Gitarristen Joel Gilardini hat Benoît Favre einen leidenschaftlichen Mitstreiter gefunden. «Musik muss Platz für die Choreografie lassen, sie sollte sich nicht in den Vordergrund schieben», erklärt Benoît Favre und gerät schnell ins Schwärmen: «Joel und ich sind in ständigem Kontakt. Da er seine Musik eigens für mein Stück komponiert, können wir im Detail und sehr individuell aufeinander reagieren. Ich schicke ihm Videos von den Proben, und er sieht sofort, an welchen Ecken es noch klemmt. Mir gewährt dieses Arbeiten enorme choreografische Freiheit. Ein paar Minuten fehlen uns zwar noch, aber bis zum Beginn der Bühnenproben in Winterthur sollten wir dann auf der Zielgeraden sein.» Disrupted. Unterbrochen... abgetrennt... Ist das auch ein Hinweis auf anstehende

Veränderungen im Leben von Benoît Favre? Tatsächlich wird er die Schweiz zum Ende dieser Saison Richtung Skandinavien verlassen. «Ich bin jetzt seit über zehn Jahren in Zürich. Es wird Zeit für eine Veränderung, und ich habe Lust auf etwas Neues.» Ab September wird er im Finnischen Nationalballett in Helsinki tanzen. Noch halten sich Abschiedsschmerz und Lust auf den Neubeginn die Waage. «Der Norden reizt mich sehr. Ich mag die Strukturiertheit und die Mentalität der Menschen dort. Ich hatte ein gutes Gefühl, als ich für die Audition dort war. Hoffentlich werde ich dort viel tanzen können.» Und, so möchte man hinzufügen, Choreografieren mit Sicherheit auch!


36 Wiederaufnahme

Schwanensee Die umjubelte Schwanensee-Rekonstruktion von Alexei Ratmansky kehrt in den Spielplan zurück. 2016 hatte der russische Choreograf, der heute «Artist in Residence» beim American Ballet Theatre ist, mit dem Ballett Zürich die legendäre Choreografie von Marius Petipa und Lew Iwanow rekonstruiert. Mit Hilfe der Stepanow-Notation, eines Ende des 19. Jahrhunderts entwickelten Systems der Ballettkodifizierung, lässt er das Werk in seiner ursprünglichen Gestalt wiedererstehen und ermöglicht so den spannenden Blick auf eine versunkene Balletttradition – in eine andere Zeit voller Anmut, Eleganz, Kultiviertheit und Intimität. In der Doppelrolle der schönen Schwanenprinzessin Odette und ihrer Gegenspielerin Odile präsentiert sich als Gast erstmals die russische Ballerina Elena Vostrotina. Ab kommender Saison ist sie Erste Solistin des Balletts Zürich. Wiederaufnahme 18 März 2017 Weitere Vorstellungen 25, 26, 30 März 2017, 1, 4, 6, 9, 13, 28 April 2017 Zusatzvorstellung 29 März 2017 Exklusiver Partner Ballett Zürich

ab


Foto: Judith Schlosser


38 Wiederaufnahme

L’elisir d’amore L’elisir d’amore kehrt zurück in unseren Spielplan und beschert uns eine Wie­­der­begegnung mit einem der ganz gros­sen Spezialisten für das italieni­sche Repertoire: Nach der gefeierten Lucia di Lammermoor im Februar kehrt der Dirigent Nello Santi, der dem Opernhaus seit Jahrzehnten verbunden ist, nun für eine weitere Donizetti-­­ Oper ans Pult der Philharmonia Zürich zurück. Die junge Ukrainerin Olga Kul­chyn­ska, die mit ihrem Debüt als Giulietta in Bellinis I Capuleti e i Montecchi einen sensationellen Erfolg am Opern­haus Zürich hatte, singt erstmals die Adina, ihr Geliebter Nemorino ist unser Ensemblemitglied Pavol Breslik. Do­­nizetti führte einen für seine Zeit völlig neuen Tonfall in die Opera buffa ein: die lyrische Kantilene, die von Verzweiflung und Melancholie berichtet – an keiner Stelle so ein­ dringlich wie in Nemorinos berühmt ge­wordener Roman­ze «Una furtiva lagrima». Wiederaufnahme 7 April 2017 Weitere Vorstellungen 9, 12, 17, 21 April 2017


Foto: Judith Schlosser


40 Meine Rolle

Angst um die Liebe

Der Tenor Benjamin Bernheim wurde in Paris geboren. Am Opern­ haus Zürich gehörte er zunächst dem Opern­ studio und später dem Ensemble an; heute ist er regelmässig zu Gast, und wird u.a. 2018 als Alfredo in «La tra­via­ta» zu er­leben sein. Zu seinen zu­­ künftigen En­ga­ge­­ments zählen ausserdem u.a. Gounods Faust an den Opern von Riga und Chicago sowie Rodolfo an der Opéra national de Paris.

Seit meinem Rodolfo-Debüt hier am Opernhaus Zürich habe ich die Partie auch an der Semperoper in Dresden gesungen und werde sie in der nächsten Saison in einer Neuproduktion mit dem Regisseur Claus Guth an der Pariser Oper erarbeiten. Es ist eine Partie, in der ich mich musikalisch sehr wohl fühle, und ich wünsche mir, dass ich sie noch viele Jahre singen und dabei immer wieder neu entdecken darf! Erstaunlich ist an Puccinis Musik, dass sie zwar mit grosser Akribie notiert ist, aber dem Sänger trotzdem – oder gerade deshalb – unglaublich viele Freiheiten lässt. Rodolfos berühmte Arie «Che gelida manina» ist beispielsweise keine klassische Arie, sondern ein musikalischer Monolog, den jeder Sänger anders interpretiert. An Rodolfo gefällt mir, dass er ein Dickschädel ist – genau wie seine Künstlerfreunde auch. Die Bohémiens, zu denen Rodolfo gehört, sind alle mittellos, leben von ihren Träumen und müssen sich ständig durchs Leben schlagen. Aber genau die Chuzpe, die dazu nötig ist, macht die Figuren dieser Oper so stark! Rodolfo lernt man im ersten Bild von La bohème besser kennen, wenn er sich seiner Nachbarin Mimì vorstellt, die plötzlich an die Tür seiner Wohnung klopft und um Feuer für ihre erloschene Kerze bittet: Dichter sei er, und er verschwende in seiner «frohen Armut» Reime und Liebeslieder. Die Szene, in der sich Mimì und Rodolfo verlieben, dauert nur eine Viertelstunde: Das ist wirklich Liebe auf den ersten Blick! Doch dieser Glücksmoment ist nicht von langer Dauer. Schon im zweiten Bild der Oper deutet sich an, dass Rodolfo ein eifersüchtiger Charakter ist. Als er beobachtet, wie die leichtlebige Musetta mit den Männern umgeht, warnt er Mimì: Untreue würde er ihr nie verzeihen! Das dritte Bild zeigt Rodolfo und Mimì bereits mitten in einer grossen Beziehungskrise: Beide sind unsicher, ob und wie es mit ihnen weitergehen kann. Und sie suchen Rat beim Maler und Freund Marcello. Hier geht es um etwas anderes, das ich an dieser Geschichte sehr mag: Sie zeigt nämlich auch, wie wichtig gute Freundschaften im Leben sind: Während Rodolfo vor Marcello zunächst seine Männlichkeit beweisen und keine Gefühle zeigen will, so gelingt es ihm schliesslich doch, dem Freund seinen wahren Seelenzustand zu offenbaren, und wir erkennen: Rodolfo ist nicht nur eifersüchtig, sondern er hat furchtbare Angst um Mimì, weil er ahnt, dass sie todkrank ist. Er fühlt sich miserabel, weil er ihr als armer, erfolgloser Künstler in dieser Situation nicht einmal ein anständig geheiztes Zimmer bieten kann. Das Einzige, das Rodolfo Mimì schenken kann, ist sein Herz. Und ich glaube, dass gerade dieser Umstand La bohème zu einer emotional so berührenden Oper macht: Wenn Rodolfo am Ende der Oper fassungslos über der toten Mimì zusammensinkt und verzweifelt ihren Namen ruft, dann verstehen wir, wie wichtig die Liebe vor allen anderen Dingen auf dieser Welt ist – und wie sehr es schmerzt, wenn der geliebte Mensch plötzlich fehlt. In der Inszenierung, die der Norweger Ole Anders Tandberg hier am Opernhaus Zürich geschaffen hat, ist es aber auch wichtig, zu verstehen, dass Rodolfo Mimì vor allem als künstlerische Muse begreift. Über seinen jugendlich-idealistischen Träumereien, ein grosser Künstler zu werden, verzerrt sich sein Blick für die Realität. Und erst am Ende, wenn Mimì gestorben ist, begreift er, dass er nicht nur eine Muse, sondern auch einen Menschen verloren hat. Benjamin Bernheim

Illustration: FLAG Aubry Broquard

Benjamin Bernheim singt Rodolfo in «La bohème»



atlantis bygiardino.ch Hotel • Dining • Spa

Wiedergeboren als Urban Retreat Das neue alte Hotel vereint, was Zürich verbindet. Ein urbaner Puls ganz nah am Rhythmus der Natur. Im Hotel Atlantis by Giardino bewegt man sich genau zwischen diesen Welten und findet seine ganz eigene, perfekte Mitte. Als Urban Retreat vereint es den städtischen Luxus eines 5-Sterne-Superior-Hotels mit der natürlichen Strahlkraft der Lage direkt am Fusse des grünen Üetlibergs. Details zu Restaurants und Spa unter: atlantisbygiardino.ch

Part of Giardino Hotel Group


Kalendarium 43

März 2O17 18 Sa Ballette entdecken «Schwanensee»

14.30

Für 7- bis 12-Jährige Treffpunkt Billettkasse, CHF 20

Klangteppich «Armstrong»

15.30

Für 4- bis 6-Jährige und ihre Eltern Torben Kuhlmann liest seine Bilderbuchgeschichte Studiobühne, CHF 15

Schwanensee Wiederaufnahme 19.00

Ballett von Marius Petipa und Lew Iwanow Musik von Pjotr I. Tschaikowski Rekonstruktion von Alexei Ratmansky Samstag-Abo, Preise D

19 So Einführungsmatinee «Werther» 11.15

Bernhard Theater, CHF 10

Orest 14.00

Klangteppich «Armstrong»

15.30

Musiktheater von Manfred Trojahn Sonntag-Abo A, Preise E

Für 4- bis 6-Jährige und ihre Eltern Torben Kuhlmann liest seine Bilderbuchgeschichte Studiobühne, CHF 15

Otello

19.30

Oper von Giuseppe Verdi Verismo-Abo, Preise E

24 Fr Orest

19.30

19.30

Junior Ballett Choreografien von Jiří Kylián, Benoît Favre, Filipe Portugal und Cayetano Soto Theater Winterthur

29 Mi Schwanensee

19.30

Ballett von Marius Petipa und Lew Iwanow Musik von Pjotr I. Tschaikowski Rekonstruktion von Alexei Ratmansky Preise D

3O Do Schwanensee

19.00

Ballett von Marius Petipa und Lew Iwanow Musik von Pjotr I. Tschaikowski Rekonstruktion von Alexei Ratmansky Donnerstag-Abo A, Preise D

31 Fr Führung Bühnentechnik 16.00

Treffpunkt Billettkasse, CHF 20

Don Giovanni

19.00

Oper von Wolfgang Amadeus Mozart Freitag-Abo A, Preise E

Un Ballo

19.30

Junior Ballett Choreografien von Jiří Kylián, Benoît Favre, Filipe Portugal und Cayetano Soto Theater Winterthur

Oper von Giuseppe Verdi Verdi-Abo, Preise E

23 Do Otello 19.30

28 Di Un Ballo Premiere

Musiktheater von Manfred Trojahn Misch-Abo A, Deutsche Oper-Abo, Preise E

Mode·Leder·Pelze Kaiserstrasse 42 D-79761 W a l d s h u t Tel. 0049 7751 3486 kueblerpelz.com

25 Sa Schwanensee

19.00

Ballett von Marius Petipa und Lew Iwanow Musik von Pjotr I. Tschaikowski Rekonstruktion von Alexei Ratmansky Ballett-Abo Gross, Preise D

26 So Ballettgespräch

11.15

Zu Themen aus der Welt des Tanzes Studiobühne, CHF 10

Don Giovanni

14.00

Oper von Wolfgang Amadeus Mozart Sonntag-Abo B, Preise E

26 So Schwanensee

20.00

Ballett von Marius Petipa und Lew Iwanow Musik von Pjotr I. Tschaikowski Rekonstruktion von Alexei Ratmansky Wahl-Abo, Preise D

Frühling 2017 Coat Lammfell cherry


44 Kalendarium

April 2O17 MO

Sa Rumpelstilzchen 1

15.00

Halbszenisches Kinderkonzert ab 4 Jahren Studiobühne, CHF 25

Kirche St. Peter, Zürich — 19.30 Uhr CHF 59/39

Schwanensee

19.00

Ballett von Marius Petipa und Lew Iwanow Musik von Pjotr I. Tschaikowski Rekonstruktion von Alexei Ratmansky Preise D

So Rumpelstilzchen 2

11.00

Halbszenisches Kinderkonzert ab 4 Jahren Studiobühne, CHF 25

Brunchkonzert

11.15

10. APR 2017

IAN BOSTRIDGE

«Von Stern zu Stern» Kammerkonzert mit anschliessendem Brunch im Restaurant Belcanto Spiegelsaal, CHF 60

Ensemble Musikkollegium Winterthur

Rumpelstilzchen

14.00

Halbszenisches Kinderkonzert ab 4 Jahren Studiobühne, CHF 25

Un Ballo

14.30

Junior Ballett Choreografien von Jiří Kylián, Benoît Favre, Filipe Portugal und Cayetano Soto Theater Winterthur

Werther Premiere

19.00

Oper von Jules Massenet Premieren-Abo A, Preise G

3  Lunchkonzert Mo

12.00

«Von Stern zu Stern» Kammermusik am Mittag, Spiegelsaal, CHF 20

Di Schwanensee 4

19.00

Ballett von Marius Petipa und Lew Iwanow Musik von Pjotr I. Tschaikowski Rekonstruktion von Alexei Ratmansky Dienstag-Abo B, Preise D

Mi Werther 5

20.00

Oper von Jules Massenet Premieren-Abo B, Preise F

6  Schwanensee Do

19.00

Ballett von Marius Petipa und Lew Iwanow Musik von Pjotr I. Tschaikowski Rekonstruktion von Alexei Ratmansky Preise D

TICKETS & INFOS

www.musikkollegium.ch Telefon +41 52 620 20 20

Sa 8  Ballett-Führung mit Mini-Workshops

14.30

Treffpunkt Billettkasse, CHF 10

Ballette entdecken «Quintett» 14.30

Für 7- bis 12-Jährige, Treffpunkt Billettkasse, CHF 20

Werther

20.00

Oper von Jules Massenet Samstag-Abo, Preise F

So Schwanensee 9

14.00

Ballett von Marius Petipa und Lew Iwanow Musik von Pjotr I. Tschaikowski Rekonstruktion von Alexei Ratmansky Sonntag-Abo A, Preise D

L’elisir d’amore

20.00

Oper von Gaetano Donizetti Sonntag-Abo D, Preise E

Di Werther 11

19.00

Oper von Jules Massenet Dienstag-Abo D, Freunde-Abo, Preise F

Fr 7  Führung Kostümabteilung

12 Mi Führung Werkstätten

L’elisir d’amore Wiederaufnahme

L’elisir d’amore

15.00

19.00

Treffpunkt Billettkasse, CHF 20

Oper von Gaetano Donizetti Freitag-Abo B, Preise E

15.30

19.30

Treffpunkt Billettkasse, CHF 20

Oper von Gaetano Donizetti Mittwoch-Abo A, Italienische Oper-Abo, Preise E


Kalendarium 45

13 Do Schwanensee 19.00

Ballett von Marius Petipa und Lew Iwanow Musik von Pjotr I. Tschaikowski Rekonstruktion von Alexei Ratmansky Preise D

Oper von Giacomo Puccini Preise H AMAG-Volksvorstellung

14.00

Oper von Jules Massenet Misch-Abo B, Preise F

Oper von Giacomo Puccini Italienische Oper-Abo, Preise E

Bernhard Theater, CHF 10

Oper von Giuseppe Verdi Sonntag-Abo B, Preise E

Werther

20.00

Oper von Jules Massenet Sonntag-Abo C, Preise F

25 Di Tube Opera «La bohème»

Oper von Giacomo Puccini Misch-Abo C, Preise E

10.00

2O  Do Werther

19.00

Treffpunkt Billettkasse, CHF 20

Macbeth Wiederaufnahme

Oper von Gaetano Donizetti AMAG-Volksvorstellung, Preise H

19 Mi La bohème

19.00

19.00

11.15

Werther

19.30

22 Sa Führung Maskenbildnerei

23 So Einführungsmatinee «Der feurige Engel»

17 Mo L’elisir d’amore

14.00

Oper von Gaetano Donizetti Freitag-Abo A, Preise E

La bohème

Treffpunkt Billettkasse, CHF 20

La bohème Wiederaufnahme

19.00

20.00

15.30

15 Sa Führung Maskenbildnerei 15.30

21 Fr L’elisir d’amore

Dreh ein Musikvideo / Für 12- bis 18-Jährige, mehrtägiger Ferienworkshop, CHF 90

27 Do Werther

Oper von Jules Massenet Donnerstag-Abo A, Preise F

19.30

Oper von Jules Massenet Donnerstag-Abo B, Preise F

28 Fr Schwanensee

Musik eröffnet Welten. Auch für behinderte Menschen.

19.30

Ballett von Marius Petipa und Lew Iwanow Musik von Pjotr I. Tschaikowski Rekonstruktion von Alexei Ratmansky Preise D

29 Sa La bohème

19.00

Oper von Giacomo Puccini Samstag-Abo, Preise E

3O So Werther

14.00

Oper von Jules Massenet Französische Oper-Abo, Preise F

Quintett

Dank Ihrer Spende ermöglicht die Stiftung Cerebral behinderten Menschen Musiktherapie. Unterstützen Sie das Musiktherapie-Projekt der Stiftung Cerebral für cerebral bewegungsbehinderte Menschen. Sie sind auf Hilfe angewiesen: Auf jede Spende, auf alle, die mit einem Legat über ihr Leben hinaus Gutes tun wollen, und auf Unternehmen, welche einzelne Projekte finanzieren. Die Stiftung Cerebral unterstützt Betroffene und ihre Familien in der ganzen Schweiz.

Helfen verbindet

Schweizerische Stiftung für das cerebral gelähmte Kind Erlachstrasse 14, 3001 Bern, Tel. 031 308 15 15, Postkonto 80-48-4, www.cerebral.ch

20.00

Choreografien von Jacopo Godani, Hans van Manen und William Forsythe Ballett-Abo Gross, Preise B

Das Opernhaus Zürich für Kurzentschlossene: Am Opernhaustag erhalten Sie 50% Ermässigung für die gleichentags stattfindende und gekennzeichnete Vorstellung. www.opernhaus.ch/opernhaustag

Die Werkeinführung findet jeweils 45 Min. vor der Hauptbühnen-Vorstellung bzw. den Philharmonischen Konzerten statt.


46 Serviceteil

Billettkasse

Billettpreise und Platzkategorien

Öffnungszeiten: Mo–Sa 11.00 Uhr bis Vorstellungsbeginn, an Tagen ohne Vorstellung bis 18.00 Uhr. Sonntags jeweils ab 1.5 Stunden vor Vorstellungsbeginn resp. 1 Stunde bei kleinen Produktionen. T +41 44 268 66 66, Mo-Sa, 11.00 – 18.00 Uhr / tickets@opernhaus.ch Opernhaus Zürich AG, Falkenstrasse 1, CH-8008 Zürich

1

2

3

Preisstufe A

92

76

65

43

16

AMAG-Volksvorstellungen

Preisstufe B

141

126

113

56

20

Die AMAG-Volksvorstellung ermöglicht es Theaterliebhabern, das Opernhaus Zürich zu einem deutlich reduzierten Preis zu be­suchen. Die regelmässig stattfindenden AMAG-Volksvor­stel­lungen werden in der kalendarischen Übersicht dieses Magazins, online in unserem Monatsspielplan sowie per News­letter an­gekündigt. Die AMAG-­ Volksvorstellungen gelangen jeweils einen Monat vorher in den Verkauf. Fällt der Tag des Verkaufsbeginns auf einen Sonn- oder Feier­tag, beginnt der Vorverkauf am Öffnungstag davor. Schriftliche Kartenbestellungen sind nicht möglich. Der Maximalbezug für diese Vorstellungen liegt bei 4 Karten pro Person.

Preisstufe C

169

152

130

56

20

Preisstufe D

198

173

152

92

32

Preisstufe E

230

192

168

95

35

Preisstufe F

270

216

184

98

38

Preisstufe G

320

250

220

98

38

Preisstufe H

75

59

44

25

15

Kinderoper K

60

50

40

30

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Preisstufe P1

95

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50

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Preisstufe P2

Opernhaus-Tag  Das Opernhaus Zürich für Kurzentschlossene: Am Opernhaustag erhalten Sie 50 % Ermässigung für die gekennzeichnete Vorstellung. Fällt der Opernhaustag auf einen Sonntag, können die ermässigten Tickets bereits ab Samstag erworben werden. Die Termine finden Sie im Kalendarium dieses Magazins und werden Ihnen auf Wunsch regelmässig per E-Mail mitgeteilt. Newsletter abonnieren unter: www.opernhaus.ch/newsletter

4 5

125

105

85

65

40

Legi (Preisstufen A – C + K + P)

35

25

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18

13

Legi (Preisstufen D – F)

45

33

25

20

15

Alle Preise in CHF

Club Jung Stark vergünstigte Tickets, Probenbesuche, interessante Einblicke hinter die Kulissen und mit Gleichgesinnten die neuesten Opern- und Ballettproduktionen besuchen: All das und mehr bietet der Club Jung für junge Leute zwischen 16 und 26 Jahren. Die Mitgliedschaft ist kostenlos und unverbindlich (einmalige Aufnahmegebühr von CHF 20). Club Jung-Mitglieder erhalten Last-Minute-Karten ab 30 Minuten vor der Vorstellung für CHF 15. Auch stehen ihnen bereits im Vor­ verkauf Karten zum Preis von CHF 15 für ausgewählte Vorstellungen zur Verfügung. Spezielle Veranstaltungen wie Probenbesuche oder Workshops geben einen exklusiven Einblick hinter die Kulissen und sind für Clubmitglieder kostenlos. Der Club Jung-Newsletter informiert regelmässig über die aktuellen Angebote und Aktionen. Details zur Mitgliedschaft im Club Jung und zum aktuellen Programm finden Sie auf www.opernhaus.ch/clubjung.

Ermässigungen  Das Opernhaus Zürich bietet unterschiedliche Ermässigungen für Kinder, Schüler, Studenten, Lernende und KulturLegi-Inhaber, AHV- und IV-Bezüger. Informationen hierzu finden Sie unter www.opernhaus.ch/besuch oder in unserem Sai­son­­buch.

MAG Abonnieren  MAG, das Opernhaus-Magazin, erscheint zehnmal pro Saison und liegt zur kostenlosen Mitnahme im Opernhaus aus. Sie können das Opernhaus-Magazin abonnieren: zum Preis von CHF 38 bei einer inländischen Adresse und CHF 55 bei einer ausländischen Adresse senden wir Ihnen jede Ausgabe druckfrisch zu. Bestellungen unter: T +41 44 268 66 66 oder tickets@opernhaus.ch.

KalKbreite / houdinibar.ch


Serviceteil 47

Impressum

Sponsoren

Magazin des Opernhauses Zürich Falkenstrasse 1, 8008 Zürich www.opernhaus.ch T + 41 44 268 64 00

Unsere Vorstellungen werden ermöglicht dank der Subvention des Kantons Zürich sowie den Beiträgen der Kantone Luzern, Uri, Schwyz, Zug und Aargau im Rahmen der interkanto­n alen Kulturlastenvereinbarung und den Kantonen Nidwalden und Obwalden.

Intendant Andreas Homoki

Partner

ab

Generalmusikdirektor Fabio Luisi Ballettdirektor Christian Spuck Verantwortlich Claus Spahn Sabine Turner Redaktion Beate Breidenbach Kathrin Brunner Fabio Dietsche Michael Küster Claus Spahn Gestaltung Carole Bolli Florian Streit Fotografie Danielle Liniger Florian Kalotay Bildredaktion Christian Güntlisberger Anzeigen Nathalie Maier Schriftkonzept und Logo Studio Geissbühler Druck Multicolor Print AG Illustrationen Anita Allemann FLAG Aubry Broquard

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48 Fragebogen

Andrei Bondarenko Aus welcher Welt kommen Sie gerade? Vor kurzem habe ich an der Scottish Opera den Pelléas in Claude Debussys Pelléas et Mélisande gesungen. Für mich ist diese Oper ein absolutes Meis­ terwerk –, und die wunderbare Zu­­ sammen­arbeit mit dem Regisseur Sir David McVicar hat diese Neuproduktion zu einem besonders schönen Erlebnis ge­macht. Worauf freuen Sie sich in der Wiederaufnahme von Puccinis La bohème? Als Marcello habe ich am Opernhaus Zürich in der letzten Spielzeit mein De­ büt gegeben. Ich habe diese Zeit als «Bohémien» in bester Erinnerung – wir hatten viel Spass! Nun freue ich mich darauf, einige von den Kollegen wieder zu sehen und mit ihnen die Bühne zu teilen. Welches musikalische Erlebnis hat Sie besonders geprägt? Einer der sehr schönen und wichtigen Momente war für mich die Teilnahme am «BBC Cardiff Singer of the World»-­Wettbewerb, wo ich 2011 mit dem Liedpreis ausgezeichnet wurde. Ich war sehr stolz, mein Land zu ver­ treten und als erster ukrainischer Sänger einen Preis zu erhalten. Aber auch die tolle Atmosphäre dort hat mich be­ eindruckt; ich war erstaunt, dass man zwischen den Sängern eigentlich keine Rivalitäten wahrgenommen hat. Was wollten Sie als Kind unbedingt werden? Ich bin glücklich, dass ich schon als 6-Jähriger den Wunsch hatte, Musiker zu werden. Aber auch Geschichte und Geografie haben mich interessiert – ich wollte die Welt erkunden. Als Sänger habe ich also auch in dieser Hinsicht Glück: Ich reise sehr viel! Welches Buch würden Sie niemals weggeben? Krieg und Frieden von Lew Tolstoi.

Es geht darin um all die Themen, über die wir auch in der Gegenwart vermehrt nachdenken sollten – Themen, um die es auch in der Oper oft geht, wie Liebe, Hass, Neid, Macht oder Armut... Welche CD hören Sie immer wieder? Ich liebe Jazz! Alben von Ray Charles zum Beispiel habe ich immer auf meiner Playlist. Er ist ein Vorbild, was die Leidenschaftlichkeit angeht – ein Sänger, der «mit dem Herz» singt. Welchen überflüssigen Gegenstand in Ihrer Wohnung lieben Sie am meisten? Ich glaube, es ist nicht ein Gegenstand, sondern meine Wohnung selbst. Ich liebe meine Wohnung in Kiew, bin aber fast nie dort. Mit welchem Künstler, welcher Künstlerin würden Sie gerne einmal essen gehen? Ich würde mich sehr über ein Dinner mit Bryn Terfel freuen! Für mich vereint er alle Eigenschaften, die ein Opernsänger haben sollte. Nennen Sie drei Gründe, warum das Leben schön ist! Ich glaube, es gibt nur einen Grund: Die Möglichkeit, lieben zu können!

Der Bariton Andrei Bondarenko stammt aus der Ukraine. Zu seinen Paraderollen zählen u.a. der «Fi­ga­ ro»-­­Graf, den er unter Teodor Currentzis auch eingespielt hat, und Eugen Onegin, den er u.a. in Glyndebourne gesungen hat. Seit 2016/17 gehört er zum Ensemble des Opern­ hauses Zürich und singt in der Wiederauf­nah­ me von «La bohème» den Marcello.


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