MAG 72
Michelle Willems tanzt in «Das Mädchen mit den Schwefelhölzern»
Forward thinking. Der neue Audi A4 Avant
Der neue Audi A4 Avant setzt ein Zeichen in Sachen Sportlichkeit, Funktionalität und Digitalisierung. Mit neuer Designsprache und wegweisenden Technologien führt das Raumwunder das Konzept Avant stilsicher in die Zukunft.
audi.ch
Editorial
Mehr als ein Ballett Verehrtes Publikum,
MAG 72 / Okt 2019 Das Titelbild zeigt Michelle Willems, die in «Das Mädchen mit den Schwefel hölzern» tanzt. Lesen Sie ein Porträt über sie auf Seite 26. (Foto Florian Kalotay)
wenn Sie dabei waren, werden Sie sich bestimmt daran erinnern, als unser Ballett direktor Christian Spuck vor drei Jahren Giuseppe Verdis Messa da Requiem auf die Bühne brachte. In diesem grossformatigen Projekt, das eine Gemeinschaftsproduktion von Ballett und Oper war, verschränkten sich Tanz, Oratorium und Oper zu einem packenden Musiktheater, das sich jenseits aller Spartengrenzen bewegte. Christian Spuck ist dafür sehr gelobt und mit einem übervollen Haus in jeder Vorstellung be lohnt worden. Jetzt wagt er sich wieder an ein solches Projekt. Aber er hat nicht einfach nur das nächste populäre Oratorium auf den Ballett-Spielplan gesetzt, sondern ist einen Schritt weiter gegangen und sucht das künstlerische Risiko, indem er ein zeitgenössisches Werk des deutschen Komponisten Helmut Lachenmann choreogra fiert. Dessen «Oper», Das Mädchen mit den Schwefelhölzern, wird am 12. Oktober Premiere haben – und wieder greifen die bewährten formalen Zuschreibungen nicht mehr: Eine Oper ist Lachenmanns einziges Bühnenwerk nämlich nicht. Es kennt keine Figuren und keine Dramatik der wörtlichen Rede. Es ist geschrieben für Gesangsso listen, Chor und grosses Orchester, aber als Oratorium kann man es ebenfalls nicht bezeichnen. Auch der Begriff Ballett greift zu kurz für das, was Christian Spuck und seine Zürcher Compagnie hier auf die Bühne bringen, denn es ist auch ein alle Sinne aktivierendes Raumklangtheater, für das ein Teil der Musiker und die Vokalisten in den Logen und im zweiten Rang des Zuschauerraums platziert sind. Es ist schlicht Kunst, deren Wesen und ewige Energie es ja ist, die ihr vermeintlich gesetzten Gren zen zu überschreiten. Lachenmanns Mädchen mit den Schwefelhölzern ist ein Werk der zeitgenössischen Musik mit Legendenstatus. 1997 wurde es in Hamburg uraufgeführt und ist danach nicht, wie so viele andere Stücke, auf Nimmerwiedersehen in der Schublade des Komponisten verschwunden. Es wurde in den vergangenen zwanzig Jahren immer wieder an ausgewählten Orten gespielt, obwohl es mit immensem Auf wand und grossen inhaltlichen Herausforderungen verbunden ist. Unsere Zürcher Produktion ist die Schweizerische Erstaufführung dieses Werkes. Es wurde Zeit, dass dieses Hauptwerk der jüngeren Musik-Moderne auch hierzulande zu erleben ist. Wir freuen uns am Opernhaus Zürich immer ganz besonders, wenn die Künstler, deren Werke wir aufführen, unter uns sind. Das ist bei Helmut Lachenmann der Fall. Er ist sogar Mitwirkender auf der Bühne, denn er wird die Sprecherpartie, die es in seinem Stück gibt, selbst übernehmen. Die Besucherinnen und Besucher unserer Einführungsmatinee zum Mädchen mit den Schwefelhölzern haben schon erlebt, was für ein faszinierender Künstler Lachenmann ist. Er ist keineswegs der «asketisch schmollende Prediger in der Wüste erstickter Kratzgeräusche», als den er sich selbst oft verunglimpft gesehen hat, sondern ein überaus humorvoller, lebenslustiger, schlag fertiger Mensch, scharf denkend, politisch hochsensibel, grosszügig im persönlichen Umgang, aber pedantisch, wenn es um die Umsetzung seiner Partituren geht, und dünnhäutig, wenn er Pauschalisierungen oder Denkfaulheit wittert. Und mit seinen fast 84 Jahren wird er getragen von einer bewundernswerten Vitalität. Vielleicht spüren Sie es, verehrtes Publikum, mit unserer ersten Ballettproduktion dieser Spielzeit kündigt sich etwas Besonderes an. Seien Sie in einer der Vorstellungen dabei und folgen Sie dem Rat, den Helmut Lachenmann dem britischen Kronprinzen Charles gegeben hat, als dieser bei einer Ehrung erstmals mit einer seiner Kompositio nen in Kontakt kam und nachfragte, wie man als Zuhörer mit dieser Musik umgehen soll: «Try to like it!», sagte der Komponist. Claus Spahn
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BESTES OPER ESTES OPERNHA ES OPERNHAUS 2019 20192019
Inhalt
10 Alle Sinne sind gefordert – über Helmut Lachenmanns Musiktheater «Das Mädchen mit den Schwefelhölzern». 16 Wie choreografiert man zeitgenössi sche Musik? Ein Gespräch mit Christian Spuck. 30 Vergangene Spielzeit sprachen alle von Kirill Serebrennikovs «Così fan tutte» – jetzt wird sie wiederaufgenom men. 34 Das Opernhaus hat sein Aussenlager topmodern saniert.
Opernhaus aktuell – 6, Drei Fragen an Andreas Homoki – 7, Wie machen Sie das, Herr Bogatu? – 9, Volker Hagedorn trifft … – 24, Die geniale Stelle – 29, Meine Rolle – 32, Der Fragebogen – 40, Kalendarium – 41, Beni Bischof erklärt … – 44
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Ein Theatercoup
Fotos: Michael Sieber
Wie eine russische Matrjoschka funktioniere seine Inszenierung von «Die Sache Makropulos», erklärt der russische Regisseur Dmitri Tcherniakov: Genau dann, wenn man sicher ist, jetzt aber wirklich bei der letzten Puppe angekommen zu sein, kommt überraschend eine noch kleinere zum Vorschein. In welchem Moment das Publikum in dieser Neuinszenierung bei der wirklich allerletzten Puppe angekommen ist, verraten wir hier noch nicht. Nur so viel: Unser Statistenverein mit diesmal 150 Mitgliedern spielt dabei eine grosse Rolle. Und wird Sie mindestens so sehr überraschen wie die letzte Matrjoschka.
Opernhaus aktuell
Wiederaufnahme «Così fan tutte»
Kirill Serebrennikov Es war eines der grossen Opernereignisse der letzten Spielzeit: Der russische Regisseur Kirill Serebrennikov inszeniert aus dem Moskauer Hausarrest mithilfe seiner engsten Mitarbeiter Mozarts Così fan tutte. Das Interesse der Medien war schon im Vorfeld riesig, und nach der Premiere wurde die auf so ungewöhnliche Weise entstandene Insze nier ung als herausragendes künstlerisches Ereignis gewürdigt. Kirill Serebrennikov, der wegen Veruntreuung staatlicher Gelder fast zwei Jahre unter Hausarrest stand, konnte die Aufführung bisher nur auf Video sehen. Am 8. April 2019 wurde Serebrennikov überraschend aus dem Hausarrest entlassen, durfte aber Moskau zunächst nicht verlassen; am 16. August stellte das Moskauer Gericht endlich fest, dass Serebrennikov kein Geld veruntreut hat. Zwar ist er noch nicht endgültig freigesprochen. Aber die Zeichen stehen gut. Und wir hoffen, dass er zur Wiederaufnahme seiner Inszenierung am Opernhaus Zürich hier sein und mit uns feiern kann! Sonntag, 20 Okt 2019, 13 Uhr, Hauptbühne
Wochenend-Festival
Auszeichnung
Eine Hommage an Helmut Lachenmann
Nina Russi erhält Götz-Friedrich-Preis
Vom 7.–10. November veranstaltet das Opernhaus in Zusammenarbeit mit der Zürcher Hochschule der Künste ein kleines Festival zu Ehren des Komponisten Helmut Lachenmann anlässlich der Produktion seines Musiktheaters Das Mädchen mit den Schwefelhölzern. Es besteht aus Konzerten, Diskussionen und einem internationalen Symposium. So wird am Samstag, den 9. November, in der ZHdK in zahlreichen Vorträgen die Musik des deutschen Komponisten und ihre Wirkung dis kutiert. Der Komponist selbst steht dem Dramaturgen Claus Spahn bei einem Gesprächskonzert Rede und Antwort, das am 8. November auf der Studiobühne des Opernhauses stattfindet. Das Ensemble Opera nova unter der Leitung von Hans-Peter Achberger spielt Werke von Helmut Lachenmann, Anton Webern und Luigi Nono.
Nina Russi wurde mit dem Götz-Friedrich-Preis 2019 ausgezeichnet. Als erste Schweizerin wurde sie mit dem renommierten Regiepreis für ihren Leonard Bernstein-Abend Trouble in Tahiti / A Quiet Place am Theater Aachen geehrt. Am Opernhaus Zürich ist Nina Russi als Spielleiterin tätig und inszenierte hier u.a. die Uraufführung von Xavier Dayers Kammeroper Der Traum von Dir sowie die beiden Kinderopern Die Gänsemagd von Iris ter Schiphorst und Gold! von Leonard Evers. Am 16. November dieses Jahres hat – erstmals auf unserer Hauptbühne – Nina Russis Inszenierung von Mark-Anthony Turnages Familienoper Coraline Premiere. Der Götz-Friedrich-Preis zur Förderung des Nachwuchses würdigt hervorragende Leistungen im Musiktheater. Er wurde 1995 von dem Regisseur und Inten danten Götz Friedrich gestiftet und wird heute von der Deutschen Opernkonfe renz getragen. Wir gratulieren herzlich!
7. – 10. November Studiobühne / Toni-Areal der ZHdK
Oper! Awards
Das Opernhaus Zürich ist «Bestes Opernhaus 2019»
Im September wurde im Konzerthaus Berlin erstmals der neue Branchenpreis «Oper! Awards» der Fachzeitschrift Oper! verliehen. Im Rahmen der Preisverleihung wurde das Opernhaus Zürich zum «Besten Opernhaus» der interna tionalen Branche gekürt. In der Begründung der Jury heisst es: «Nur wenige Opernhäuser ermöglichen ihrem Publikum den Zugang zum Werkkatalog in seiner nahezu ganzen bewundernswerten Breite und Vielfalt wie das Opernhaus Zürich. Die hervorragende Spielplangestaltung der Saison 2018/19 war gekrönt durch eine Vielzahl von szenisch, musikalisch wie sängerisch besonders geglückten Produktionen. Eine exzellente Bilanz! Der Spürsinn des Intendanten für neue, innovative Regisseure, die Verpflichtung der Besten der Etablierten und die durchgängig hochkarätigen Sängerbesetzungen mit spannenden Debüts machen das Opernhaus Zürich unter Andreas Homoki zur lohnendsten Adresse.» Die achtköpfige Jury der «Oper! Awards», die aus prominenten Musikjournalisten und Opernexperten besteht, verleiht Preise in insgesamt 20 Kategorien an die besten internationalen Akteure auf und hinter der Opernbühne. Wir freuen und bedanken uns!
Illustration: Anita Allemann, Foto: Frank Blaser
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Drei Fragen an Andreas Homoki
Eine schöne Bestätigung Das Opernhaus Zürich ist mit einem Preis ausgezeichnet worden. Was hat es damit auf sich? Wir sind von der Fachzeitschrift «Oper!» als international bestes Opernhaus 2019 ausgezeichnet worden. Der Preis ist in diesem Jahr zum ersten Mal verliehen worden, insgesamt in 20 Kate gorien, und wir wurden für unsere Saison-Gesamtleistung geehrt, was mich natürlich sehr freut. Ich sehe darin eine schöne Bestätigung, dass unsere Arbeit auch jenseits von Zürich wahrge nommen und wertgeschätzt wird. Unser Opernhaus soll international ausstrahlen, das ist mir wichtig, und der Preis ist ein Beleg dafür, dass das auch gelingt. Eine Fachjury hat die Gewinner ermittelt, und die Awards wurden im Rahmen einer festlichen Veranstaltung in Berlin überreicht. Das unterscheidet diesen Preis von den bislang bekannteren Saisonresümees der Zeitschrift «Opernwelt», die jedes Jahr die Ergebnisse einer Kritiker-Umfrage veröffent licht. Wir waren bei der Preisverleihung in guter Gesellschaft. Unter anderem ist Edita Gruberova für ihr Lebenswerk ausgezeichnet worden. Joyce DiDonato wurde Sängerin des Jahres, und der bei uns ja bestens bekannte Piotr Beczala Sänger des Jahres. Wie wurde die Auszeichnung für das Opernhaus Zürich begründet? Mit der Breite des Repertoires, die wir anbieten, mit der Verpflichtung der Besten unter den etablierten Regisseuren, mit durchgängig hochkarätigen Sängerbesetzungen und spannenden Debüts. Das bildet im Grunde genommen genau das ab, wofür wir stehen wollen. Wir wollen keine Eventraketen abbrennen, sondern auf möglichst hohem Niveau Abend für Abend starke Opernproduktionen anbieten. Für diese seriöse kontinuierliche Arbeit bis hinein in unsere Wiederaufnahmen stehe ich als Intendant ein, und ich finde, das passt auch gut zur Schweiz.
Wenn unsere Arbeit dann auch noch international honoriert wird, wie durch diesen Preis, macht uns das stolz und spornt uns an, auf diesem Weg weiter zu gehen. An einem Opernhaus sind die nächsten Premieren immer wichtiger als die Erfolge der Vergangenheit: Christian Spuck und das Ballett proben gerade Helmut Lachenmanns Musiktheater Das Mädchen mit den Schwefelhölzern. Wofür steht diese Neuproduktion in unserem Spielplan? Das ist viel mehr als eine Ballett-Pro duktion. Es ist zugleich auch eine vollgültige Opernproduktion, und zwar im anspruchsvollsten Bereich der zeit genössischen Musik. Für mich ist Ballett eine gleichberechtige Form von Musiktheater neben der Oper, und mit Christian Spuck haben wir einen Künstler, der diesen Anspruch nicht nur ernst nimmt, sondern mit seinen Projekten auch immer wieder die Grenzen zwischen den Sparten auflöst. Wir haben das bei seiner sehr erfolgreichen Produktion von Verdis Messa da Requiem erlebt, und mit Lachenmann geht er nun noch einen Schritt weiter. Denn dieses Werk entzieht sich allen gängigen Kategorien von Oper und fordert eine völlig neue Form und ein neues musiktheatralisches Denken. Es spricht für die produktive Neugier von Christian, dass er sich so etwas vornimmt und nicht nur das gängige Repertoire er folgreich weiter bedient. Leicht zu stemmen ist so eine Pro duktion natürlich nicht – angefangen von dem, was die Tänzerinnen und Tänzer leisten müssen, über die enor men Aufgaben, mit denen sich das Orchester konfrontiert sieht bis hin zu den technischen Abteilungen. Solche Projekte erfordern grosse künstlerische Ressourcen über das Normale hinaus, und die kann man nur an leistungs fähigen Häusern mobilisieren.
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Was uns mit Musikern verbindet, ist die Liebe ZUR PERFEKTEN KOMPOSITION.
DAS IST CLARIANT: LEIDENSCHAFTLICHER FÖRDERER DER KÜNSTE
Das perfekte Zusammenspiel von Harmonie, Tempo und Rhythmus erschafft Musik, die uns alle bewegt. Fast wie bei uns: Denn wenn wir etwas bewegen wollen, entstehen aus Engagement, Know-how und Forschung innovative Lösungen für die Spezialchemie, die Emissionen senken, Rohstoffe sparen – und nachhaltig Wert schaffen. Das ist uns wichtig.
Wie machen Sie das, Herr Bogatu?
Illustration: Anita Allemann
Einfach eine Wand? In Nabucco haben wir ein einfaches Bühnenbild. Es besteht aus einer grossen Wand und einem Fussboden – beides aus grünem Marmor. Mehr ist nicht da – zumindest nicht sofort wahrnehmbar. Nach einer Weile fällt einem vielleicht der schwarze Vorhang auf, der den Raum nach hinten und zu den Seiten begrenzt. Einfach. Der Marmor sieht zwar täuschend echt aus, ist aber natürlich nur gemalt (die Wand würde sonst 370 Tonnen wiegen). Und diese Marmorwand steht in der Mitte der Bühne und dreht sich zunächst um die eigene Achse. «Aha! Drehbühne», denkt das erfahrene Publikum – bis es feststellt, dass sich der Boden nicht mitdreht. «Oh. Also ein Drehpunkt in der Mitte der Wand und Motoren in der Seite, um zu drehen», ist der nächste Gedanke des technisch interessierten Besuchenden. Bis die Wand plötzlich vor und zurück und anschliessend noch eine Kurve fährt. Selbst technisch versierte Gäste und Mitarbeitende haben wir mit diesen Fahrten ins Grübeln und unsere Maschinisten ins Schwitzen gebracht! Die Idee an sich ist sehr einfach: Wir haben je einen ferngesteuerten Motor in die Enden der Wand gesetzt. Fahren beide Motoren gleich schnell in dieselbe Richtung, so bewegt sich die ganze Wand in eine Richtung. Drehen die beiden Motoren in unterschiedlichen Geschwindigkeiten, so fährt die Wand einen Bogen. Drehen die Motoren in gegensätzliche Richtungen, so dreht sich die Wand um sich selbst. Also ganz einfach! Warum schwitzen dann die Maschinisten? Der Teufel liegt in der Positionierung: Die Wand kann ja überall hinfahren und muss doch szenisch immer genau da sein, wo die Sängerinnen und Sänger sowie der Chor sie erwarten. Direkt vor der Pause muss sie sogar auf den Zentimeter genau auf einer Versenkung stehen, denn dann wird sie abgesenkt. Nicht auszudenken, was passierte, wenn die tonnenschwere Wand beim Absenken noch mit einer Ecke oben hängenbliebe … Da die Maschinisten beim Fahren nicht auf der Bühne stehen können (dann wären sie sichtbar) und meist vor lauter Choristen die Wand nicht sehen, fanden wir eine einfache Lösung: Wir haben eine Infrarotkamera über die Bühne gehängt. Diese liefert auch bei Dunkelheit noch das scharfe, aktuelle Bild der Wand von oben. Dieses Bild wird für die Maschinisten auf einen grossen Monitor übertragen: Sie können nun die Wand von oben sehen. Aber wie fährt man nun die Wand auf eine exakte Position? Positionen markiert man im Theater mit Klebeband direkt auf dem Boden. Wir haben also weisse Markierungen gesetzt, wo die Ecken der Wand stehen sollten, welche die Maschinisten auf ihrem Bildschirm sehen konnten. Nun gab es aber viele Positionen und sehr viele Markierungen, die alle gross, sehr gross sein mussten – sonst sah man sie nicht im Monitor. Der Marmor glich nach ein paar Proben dem Boden einer Mehrzweckturnhalle. Die geniale Idee war dann, diese im Monitor sichtbaren Markierungen auf eine auf dem Monitor klebende Klarsichtfolie zu übertragen. Die Markierungen am Boden wurden entfernt und die Maschinisten fuhren die Wand immer exakt auf die Positionen, die auf der Klarsichtfolie markiert waren. Gleichzeitig konnten sie natürlich auf der Kamera auch sehen, ob Personen im Weg waren und ob sie auf der Versenkung standen. Trotz allem ist es für die Maschinisten eine riesige Herausforderung, auf einen Monitor zu starren, auf dem sich zig Linien befinden, und dabei mit äusserstem Feingefühl die beiden Motoren ganz butterweich auf Position zu fahren. Garantiert schweisstreibend! Und dennoch besteht das Bühnenbild nur aus einer Wand und einem Fussboden … Ganz einfach?! Sebastian Bogatu ist Technischer Direktor am Opernhaus Zürich
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Hellwach mit allen Sinnen Der deutsche Komponist Helmut Lachenmann hat mit seinem Musiktheater «Das Mädchen mit den Schwefelhölzern» ein überwältigendes Meisterwerk der zeitgenössischen Musik geschrieben. Am Opernhaus Zürich ist diese alle Sinne herausfordernde Erfolgskomposition der Moderne nun als Schweizerische Erstaufführung zu erleben – als Ballett in der Choreografie von Christian Spuck
Foto: Emilio Pomàrico
Text Claus Spahn
12 Das Mädchen mit den Schwefelhölzern
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as für eine Kälte! Erstarrt muss diese Welt sein, steifgefroren, knochenhart. Man kann es am Knacken und Klirren hören, das die Instrumente hervorbringen, ihrem leisen Fauchen, das wie eisig schneidende Winde tönt, den brüchigen Geräuschschollen, die den Boden einer knirschenden Klanglandschaft bilden. Zu flüssig wechselnden Tonhöhen scheint diese Musik gar nicht mehr fähig zu sein. Und was sie mit dem Menschen macht, wenn er ihr ausgesetzt ist, hören wir auch: Das Schlottern und Bibbern zweier Singstimmen, ihr stockendes Atmen, ihr Japsen. Es ist eine Musik der blaugefrorenen Lippen, die hier erklingt. Märchenvertonungen stellt man sich eigentlich anders vor, irgendwie idyllischer und heimeliger, vor allem wenn in ihnen der Weihnachts-Winterfrost ausgebrochen ist und Schneeflocken fallen. Das liegt daran, dass wir Wintermärchen ganz selbstverständlich immer als diejenigen wahrnehmen, die in der guten Stube in behaglicher Wärme sitzen. Kalt ist es nur draussen. Der deutsche Komponist Helmut Lachenmann aber ist mit der Hauptfigur von Hans Christian Andersens Märchen Das Mädchen mit den Schwefelhölzern hinausgegangen in die beissende Kälte und hat in seiner Musik geradezu körperlich vernehmbar gemacht, wie es ist, wenn «ein kleines, armes Mädchen mit blossem Kopfe und nackten Füssen», wie es bei Andersen heisst, in einer Winternacht auf der Strasse unterwegs ist. Eine bibbernde «Frier-Arie» hat er beispielsweise komponiert und eine «Schnalz-Arie», die wie ein auskomponierter Verzweiflungs-Tic klingt – Gaumenschnalzen und Wangenklopfen als verzweifelt kindlich spielerische Reaktion auf die Unerträglichkeit des Daseins. Unerträglich ist die ganze Geschichte. Hans Christian Andersens Märchen gehört zu den traurigsten, die je geschrieben wurden. Ein Mädchen wird in einer Silvesternacht auf die Strasse geschickt, um Schwefelhölzchen zu verkaufen. Die Familie ist in Not, braucht das Geld. Aber keiner kauft dem Kind etwas ab, keiner beachtet es. Es kauert sich in einen Winkel zwischen zwei Häusern und zündet ein Schwefelhölzchen an, um sich an der Flamme die verfrorenen Hände zu wärmen. Es zündet weitere Hölzchen an, weil ihm mit jeder Flamme Traumbilder von Wärme, Geborgenheit und Wohlstand erscheinen. In einem der Bilder sieht es die tote Grossmutter, und um das Bild der Grossmutter nicht zu verlieren, zündet es schliesslich alle Schwefelhölzer auf einmal an. Hell leuchtet die Flamme, das Mädchen fliegt mit der Grossmutter in den Himmel. Aber das Licht des nächsten Morgens fällt auf eine Kinderleiche – das Mädchen mit den Schwefelhölzern ist erfroren. Die Gesellschaftskritik, die Andersens Märchen innewohnt, liegt auf der Hand: Die Menschen auf der Strasse gehen achtlos an einem erfrierenden Menschen vorüber. Das Mädchen stirbt unter den Fenstern gut geheizter Wohnzimmer, in denen fette Weihnachtsgänse auf den Tischen stehen. Helmut Lachenmanns Musik macht diese gesellschaftliche Kälte zum Thema, die Fröste von Gleichgültigkeit, Selbstbezogenheit und Mitleidlosigkeit. Und das Aufbegehren dagegen: Mit einem «Ritsch» zündet das Mädchen die Streichhölzer an. Dieses «Ritsch» ist seine Reaktion auf die Ausweglosig keit der Situation. Das Kind widersetzt sich seiner elenden Pflicht, Streichhölzer verkaufen zu müssen, indem es sie abbrennt. Es tut Verbotenes. Es zündelt. In Lachenmanns Stück ist das ein markanter Moment: Die Reibungshitze des «Ritsch» wird Klang, eine Singstimme sagt: «Ich», und der Komponist macht in der Folge mit Textzitaten die Parallele zu einer anderen politischen Zündlerin auf – der deutschen RAF-Terroristin Gudrun Ensslin, die an Banküberfällen und tödlichen Sprengstoffanschlägen beteiligt war und sich 1977 im Gefängnis das Leben nahm. Ensslins erstes «Ritsch» wider die gesellschaftlichen Verhältnisse war 1968, als sie in Frankfurt gemeinsam mit dem Terroristen Andreas Baader ein Kaufhaus in Brand steckte. Lachenmann kannte Ensslin aus Kindertagen, beide stammen aus schwäbischprotestantischen Pastorenfamilien. Lachenmann hat in einem Interview erklärt, an Ensslins kriminellen Handlungen gebe es nichts zu entschuldigen, aber mit ihrer Ver urteilung sei die Frage nach unserer Mitverantwortung für das, wogegen sie aufbegehrte, nicht abgehakt. Die Terroristin hat 1975 im Gefängnis einen Brief geschrieben, den Helmut Lachenmann im Mädchen mit den Schwefelhölzern zitiert: «der kriminelle,
Das Mädchen mit den Schwefelhölzern 13
Lachenmanns «Mädchen» ist zum Referenzstück geworden für alle, die den Glauben an das Neue in der Neuen Musik noch nicht verloren haben.
der wahnsinnige, der selbstmörder, sie verkörpern diesen widerspruch; sie verrecken in ihm (...) entweder du vernichtest dich selbst oder du vernichtest andere.» Die Briefstelle endet mit dem Satz: «schreibt auf unsere haut.» Mit diesem Ensslin-Zitat legt Helmut Lachenmann politisches Feuer an Andersens Märchen. Obwohl sein Komponieren nie agitatorischen Charakter hat. Er kleidet keine Ideen in Töne, ist kein Propagandist politischer Botschaften, sondern er kompo niert ganz konkret Geräusche, Gesangsvokalisen, Sprachpartikel, die zuallererst für sich selbst stehen und ihre eigene Hervorbringung mitreflektieren. Von schneidender Intensität sind sie und in ihrer Gestalt hochpräzise ersonnen, abstrakt und dennoch von dringlicher Bildhaftigkeit. Es gehe ihm nicht um das Hören einer Musik, hat Lachenmann einmal geschrieben, «die den traurigen Weltlauf durch Kratzgeräusche beklagt, aber auch nicht um eine Musik, die vor dieser Welt in irgendeine Klangexotik sich flüchtet, sondern um Musik, bei welcher unsere Wahrnehmung sensibel und auf merksam wird im Grunde auf sich selbst». In diesem Wunsch nach Intensivierung der Wahrnehmung und in dem Appell, der Mensch möge genau hinhören und sich seiner Sinne hellwach bedienen, liegt das eigentlich Politische seiner kompositorischen Haltung. Wobei er Wahrnehmung nicht im Sinne eines meditativ andächtigen Sichhingebens meint. Es gehe in der Kunst «um einen humanen Anspruch», der mit «Ver antwortung für seinen Sinnenapparat» zu tun habe «im Hinblick einer Wirklichkeit, die uns permanent Dinge vom Alltag verzerrt vorspiegelt». Einfach macht Helmut Lachenmann es uns mit dem Hören freilich nicht. Jeder Klang ist bei den von ihm verwendeten Instrumenten hinterfragt, aufgebrochen, im Hinblick auf seine Entstehungsbedingungen untersucht und dann neu und anders zusammengesetzt. Kaum ein Ton wird in seinen Partituren auf konventionelle Weise erzeugt. Weit ist das Feld der von ihm geforderten Spieltechniken, etwa das Spielen der Streichinstrumente hinter dem Steg, über dem Griffbrett, am Holz, mit fragilen Wisch- oder Klopfbewegungen – ein genau ertüfteltes Knarzen und Knirschen, Fauchen und Atmen, Reiben und Sirren in allen Instrumentengruppen. «Komponieren heisst, ein Instrument bauen», lautet ein Wahlspruch Lachenmanns, den inzwischen so viele Komponisten nachbeten, dass er ihn selbst kaum mehr hören mag. Sein Interesse an den Geräuschanteilen der Klänge und das damit verbundene beharrliche Kratzen am schönen Ton hat ihn in den ersten Jahrzehnten seines Schaffens in der öffentlichen Wahrnehmung zu etwas werden lassen, was er nie sein wollte – ein vom bürgerlichen Kunstbetrieb angefeindeter (und von Teilen der Neue-MusikSzene bewunderter) Agent provocateur. In den siebziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts gab es Orchestermusiker, die seine Partituren mit der Haltung zurückwiesen, das sei keine Musik. Inzwischen aber hat Lachenmann sich durchgesetzt als einer der bedeutendsten und weltweit anerkannten Komponisten der Gegenwart. Sein Musiktheater Das Mädchen mit den Schwefelhölzern, das 1997 in Hamburg uraufgeführt wurde, trug wesentlich dazu bei. Es gehört zu den wenigen Grosswerken der zeitgenössischen Musik, die nach der Uraufführung nicht in der Schublade verschwunden sind, sondern mit zunehmendem Erfolg immer wieder aufgeführt wurden – in Stuttgart, Salzburg, Berlin, Frankfurt, aber auch in Japan und sogar in den USA. Lachenmanns Mädchen hat sich als eines der ganz grossen musikalischen Hörabenteuer der Gegenwart eta bliert, ein Werk mit Kultcharakter. Es ist zum Referenzstück geworden für alle, die den Glauben an das Neue in der Neuen Musik noch nicht verloren haben, und ein weithin leuchtendes Beispiel dafür, dass zeitgenössische Musik trotz – oder gerade wegen – des Beharrens auf avanciertesten Kompositionsmethoden sehr wohl einen Weg zum Publikum finden kann. Insbesondere im Mädchen mit den Schwefelhölzern haben die Zuhörer nämlich zunehmend die Schönheit entdeckt, um die es Lachenmann immer ging. Sein Komponieren beruht zwar auf radikaler Struktur- und Materialbefragung, führt aber am Ende zu einer überwältigend sinnlichen Musik. Das hat auch mit dem faszinierenden Raumerlebnis zu tun, das Lachenmanns einziges Werk für das Musiktheater aufbietet: ChorsängerInnen und Instrumentalguppen sind
14 Das Mädchen mit den Schwefelhölzern
im Zuschauerraum platziert, der Klangraum spannt sich rings um das Publikum auf. Wie das Stück mit solchen hochgesteckten Ansprüchen angemessen auf die Bühne zu bringen ist, gehört zu den Rätselfragen, von denen es seit seiner Uraufführung begleitet wird. Eine Oper ist es nämlich nicht. Lachenmann hat sein Werk selbst im Untertitel «Musik mit Bildern» genannt. Es gibt zwar zwei Sopranstimmen, die aber keineswegs das Mädchen personifizieren, viel eher sind sie dem instrumentalen und vokalen Apparat beigeordnet. Das Stück kennt keine Rollenidentitäten, es werden nicht, wie sonst in der Oper, Konflikte zwischen Individuen verhandelt, und es wird keine wörtliche Rede vertont. Handlung im Sinne illustrativer Programmmusik setzt die Komposition ebenfalls nicht in Töne. Andersens Text ist zwar allgegenwärtig in den 24 Bildern des Werks – in den Chorpassagen, in Wortzitaten, in Klanggesten – aber «mitlesen» kann ihn der Zuhörer kaum. Zu sehr ist er Teil der Komposition geworden. Lachenmann selbst sagt: «Ich erzähle die Geschichte nicht, sondern ich nehme sie als ‹Vor-Wand›». Wie eine Wand benutze er sie, «um mein Schwefelhölzchen daran zu entzünden». Seine «Schwefelhölzchen» sind seine Klänge, die das Geschehen teilweise wie unter einem Vergrösser ungsglas zur musikalischen Darstellung bringen – etwa langgezogene Töne geriebener asiatischer Klangschalen für die sich ausbreitende Wärme des angezündeten Streichholzes oder kurze, wie in einem Adventskalender aufspringende, grellfarbige Klang-Bilder und Zitatfetzen bei den Traumvisionen des Mädchens von weihnachtlichem Glück, das Reibegeräusch von Styroporplatten als nihilistisches Rauschen und immer wieder das schmirgelnde «Ritsch» in allen erdenklichen Facetten. Für jeden Regisseur, der das Stück auf die Bühne bringen will, wird es deshalb zur entscheidenden Herausforderung, dass Lachenmanns Klänge selbst schon Bilder und Zustandsbeschreibungen in Form von Musik sind. Sie szenisch nur zu verdoppeln, hiesse die Musik um ihre eigene Wirkung zu bringen. So gilt für die Regisseure wie für jeden Zuhörer im Saal, dass Lachenmanns Musiktheater auf neue Pfade der Kunst erfahrung führt. Das Mädchen mit den Schwefelhölzern führt uns in Terra incognita. Der Komponist selbst hat diesen Aufbruch ins Unbekannte in ein starkes Bild und eine Szene gekleidet, die Teil seines Werks ist. Im letzten Drittel nämlich unterbricht er vorübergehend Andersens Geschichte und fügt einen Abschnitt ein, den es auch als eigenständiges Konzertstück mit dem Titel Zwei Gefühle – Musik mit Leonardo gibt. Der diesem Abschnitt zugrundeliegende Text stammt von Leonardo da Vinci und imaginiert die Wanderung durch eine süditalienische Vulkanlandschaft über schrundiges Felsgestein, vorbei an scharfkantigen Kratern, gähnenden Erdspalten und fauchenden Fumarolen. Lachenmanns Musiktheater geht an dieser Stelle gewissermassen dem Ursprung des Schwefels an den Zündhölzern des Mädchens nach, springt vom bitterkalten Norden in den mediterranen Süden. Da Vincis Text wird von einem Sprecher vorgetragen (Helmut Lachenmann wird in Zürich als solcher selbst auf der Bühne stehen), in einer durchkomponierten Form, die die Sätze in Silben, Konsonan ten und Vokale zerlegt, rhythmisiert und expressiv auflädt. Die Szene erzählt von einer Grenzerfahrung. Ein einsamer Wanderer durchschreitet die vulkanische Welt, getrieben «von einer brennenden Begierde, das grosse Durcheinander der verschiedenen und seltsamen Formen wahrzunehmen, die die sinnreiche Natur hervorgebracht hat». Er lässt sich vor einer Höhle nieder, in der «grosse Dunkelheit» herrscht, und verharrt dort. Das Höhlendunkel erscheint ihm als das Unbekannte und geheimnisvoll Andere, das völlig ausserhalb seiner Erfahrung liegt. Er zögert, in die Höhle hineinzublicken. «Als ich aber geraume Zeit verharrt hatte», fährt der Text fort, «erwachten plötzlich in mir zwei Gefühle: Furcht und Ver langen. Furcht vor der drohenden Dunkelheit der Höhle, Verlangen aber, mit eigenen Augen zu sehen, was darin an Wunderbarem sein möchte.» Wie es dem Wanderer ergeht, so mag es auch dem Zuhörer in Das Mädchen mit den Schwefelhölzern ergehen. Man muss den Mut haben, ins Unbekannte hineinzulauschen, um wahrzunehmen, was an Wunderbarem sich darin findet.
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Ein Mensch erfriert Helmut Lachenmanns Musiktheater «Das Mädchen mit den Schwefelhölzern» handelt von Ausgrenzung und gesellschaftlicher Kälte. Christian Spuck bringt das Werk nun erstmals als Ballett auf die Bühne. Ein Gespräch mit dem Zürcher Ballettdirektor über die Herausforderung, auf zeitgenössische Musik zu tanzen und eine Geschichte zu erzählen, die alles andere als märchenhaft ist Fotos Ida Zenna
Christian, Helmut Lachenmanns Musiktheaterwerk Das Mädchen mit den Schwefelhölzern basiert auf einem Märchen von Hans Christian Andersen. Seit wann kennst du dieses Märchen, und was bedeutet es dir? Ich habe es tatsächlich zum ersten Mal richtig bewusst wahrgenommen in Verbindung mit Helmut Lachenmanns Werk, für mich ist es an seine Komposition gebunden. Ich habe Das Mädchen mit den Schwefelhölzern vor 18 Jahren in einer Produktion an der Stuttgarter Oper gehört. Helmut war für mich kein Unbekannter. Wir lebten beide in Stuttgart, und ich hatte zuvor schon Musik von ihm gehört, auch weil der Dramaturg Jens Schroth, mit dem ich befreundet war, ein Schüler von ihm war. Ich erinnere mich gut, dass die Musik mich damals total begeistert hat, ich mir aber gleichzeitig auch verloren vorkam angesichts der vielen Fragen, die sich für mich auftaten. Es war ein prägendes Erlebnis. Und wie so oft speichert man solche Erlebnisse dann in einer Ecke seines Bewusstseins ab, und irgendwann tauchen sie wieder auf und werden konkret. In Direktionsgesprächen hier in Zürich kamen wir auf Das Mädchen mit den Schwefelhölzern zu sprechen, und ich habe zu erkennen gegeben, dass es mich interessieren würde, dieses Stück als Ballett zu machen. Von diesem Moment bis zur Geburt unseres Projektes ging es dann schnell. Worin liegt für dich die Attraktivität dieses Stoffs? Helmut Lachenmann nutzt Andersens traurige Geschichte von einem Mädchen, das in der Silvesternacht Streichhölzer verkaufen soll und erfriert, um von sozialer Kälte in einer Gesellschaft zu erzählen, die mitleidlos nur mit sich selbst beschäftigt ist. Mich fasziniert vor allem, wie er mit diesem Thema umgeht: Er bringt es in seiner Musik schmerzlich genau zur Darstellung, aber er wertet nicht. Er stellt das einfach hin und lässt uns seine Bilder in Klangform betrachten bzw. hören.
Emma Antrobus
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Lachenmann hat sein Werk im Untertitel als «Musik mit Bildern» bezeichnet. Was ist damit gemeint? Es ist eben keine Oper. Es gibt keine Sängerinnen auf der Bühne, die Rollen verkörpern. Es gibt nur diese hochmoderne, anspruchsvolle, faszinierende Musik, die das Andersen-Märchen transportiert. Das Verhältnis von Geschichte und Musik hat allerdings überhaupt nichts gemeinsam mit einem Handlungsballett. Helmuts Musik illustriert das Andersen-Märchen nicht, sie liefert vielmehr akustische Bilder und Zustandsbeschreibungen. Die sind aber so plastisch, dass man sich sofort die Frage stellt: Was soll ich da noch für Bilder auf die Bühne bringen, wenn die Musik einem schon alles vor Ohren führt? Kannst du ein Beispiel geben? Es gibt am Anfang des Stücks eine «Frier-Arie», in der Helmut tatsächlich ganz konkret das Frieren komponiert. Man hört die Kälte und wie das Mädchen mit zitternden Unterlippen dagegen ankämpft. Man hört die Einsamkeit des Mädchens, das von allen links liegengelassen wird. In den ersten Proben habe ich probiert, genau das zu erzählen, und dann ganz schnell gemerkt, dass ein Mädchen, das nach vorn kommt und Gesten des Frierens macht und an dem Leute achtlos vorüber gehen, überhaupt nicht funktioniert. Warum? Weil die Choreografie dann nur verdoppelt, was man hört. Das ist das Problem, mit dem bisher alle Regisseure zu kämpfen hatten, die sich an das Stück gewagt haben. Man muss dieser Musik und ihrer Bildhaftigkeit etwas anderes, Eigenes ent-
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gegensetzen. Da sehe ich in der abstrakten Sprache des Tanzes eine grosse Chance. Mit ihr lässt sich viel leichter eine kontrapunktische Spannung erzeugen zwischen Bühne und Szene auf der einen und Helmuts starker Musik auf der anderen Seite. Was man sieht, muss dazu führen, dass man anders zuhört. Helmut hat einmal gesagt, seine Musik führe im Idealfall dazu, dass man mit den Ohren sehe. Für mich als Choreograf gilt das Umgekehrte: Unsere Arbeit muss dazu führen, dass man mit den Augen hört. Mit den Ohren sehen und mit den Augen hören, dar um geht es in dieser Form von Musiktheater. Und das ist auch jenseits des Mädchens ein immer wiederkehrendes Anliegen in meiner Arbeit mit dem Ballett Zürich. Lachenmann hat, wie du bereits gesagt hast, keine Rollen komponiert. Wie ist das in deiner Choreografie? Gibt es da Figuren? Das Mädchen wird bei uns von zwei Tänzerinnen verkörpert, parallel zu den beiden Sopranstimmen, die in Helmuts Partitur im Duett erscheinen. Gleich zu Beginn taucht in der Geschichte ein Junge auf, der dem Mädchen den letzten Pantoffel stiehlt. Ihn habe ich in grotesker Verzerrung vervielfacht. Es gibt die Gesellschaft der achtlos Vorübergehenden, auch sie sind erkennbare Figuren, ihre Winterkostüme verweisen auf die Zeit von Hans Christian Andersen. Dann taucht eine Reihe abstrakter Figuren auf, die zum Beispiel Kälte erzählen oder ganz bestimmte Emotionen vermitteln. Und auch Gudrun Ensslin wird auf der Bühne zu sehen sein. Du sprichst von der RAF-Terroristin Gudrun Ensslin. Lachenmann führt sie in sein Stück ein, indem er an exponierter Stelle aus einem Brief von ihr zitiert. Es gibt eine Parallele zwischen dem Mädchen und der Terroristin Ensslin in Form des Zündelns. Das kleine Mädchen zündet seine Streichhölzer an aus purer Überlebensnot, weil es sonst erfriert. Für Gudrun Ensslin war das kapitalistische System der Bundesrepublik, in dem sich nach dem Zweiten Weltkrieg Täter und Mitläufer der Nazizeit behaglich eingerichtet hatten, so unerträglich geworden, dass sie ein Kaufhaus anzündete und später Menschen tötete. Das kleine Mädchen und die RAF-Terroristin sind sowohl im Akt ihres Aufbegehrens als auch in der Un widerr uflichkeit ihres Tuns miteinander verbunden. Wenn bei dir Tänzerinnen und Tänzer konkrete Figuren verkörpern, gerät dann deine Choreografie nicht in einen Widerspruch zur Komposition, die keine Figuren kennt? Würde ich nur abstrakt choreografieren, wäre mir der Abstand zu Andersens Märchen zu gross. Die Geschichte möchte ich schon erzählen, in grossen und abstrakten Bildern und in einem dialektischen Zusammenwirken von Musik und Choreografie, ohne platt zu illustrieren. Das ist die Herausforderung. In den bisherigen Inszenierungen haben sich die Regisseure immer wieder in allgemein abstrakte Bildwelten oder installative Konzepte geflüchtet, um einerseits der Musik nicht in die Quere zu kommen und andererseits bloss nichts Märchenhaftes zu erzählen. Ich suche nach einer Mischform. Den erzählerischen Anteilen, die vor allem durch die Kostüme, aber auch von Video-Projektionen getragen werden, stehen abstrakte Tanzszenen gegenüber, die ganz assoziativ mit Themen wie Kälte, Frieren, Einsamkeit und Verlassensein umgehen. Das Entscheidende dabei ist für mich, tief in die Musik einzutauchen, mich ihrer Komplexität zu stellen, und wirklich en détail auf sie zu choreografieren. Ich wollte es uns eben nicht leicht machen, indem wir unabhängig von dem Komponierten choreografisch über die Musik hinweggehen oder einfach Bilder entwickeln, die parallel zur Musik vor sich hinlaufen. Ich will für die einzelnen Geräusche und Klänge impulsgenaue choreografische Entsprechungen finden. Wenn es etwa einen Percussion-Schlag gibt, soll das in der Bewegung erkennbar sein. Die Choreografie muss durchtränkt sein von der Musik und umgekehrt. Das darf nicht nebeneinanderher laufen.
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Und wie geht das? Die Tänzerinnen und Tänzer sind keine Experten im Umgang mit zeitgenössischer Musik. Es ist ja vielleicht kein Zufall, dass das Stück noch nie als Ballett auf die Bühne gekommen ist. Im Ballettsaal, beim Entwickeln des choreografischen Materials, hören wir die Musik immer wieder. Die Tänzerinnen und Tänzer haben ein unglaubliches Gedächtnis. Sie erinnern eine Bewegung immer in Verbindung mit der Musik, zu der sie tanzen, und das funktioniert letzlich sogar bei einer so komplexen Musik wie der von Helmut Lachenmann. Sie haben kein Problem, ihre Bewegungsabläufe wieder exakt auf den gleichen Klang zu legen, auch nicht beim Mädchen mit den Schwefelhölzern. Als sie zum ersten Mal die riesige Mädchen-Partitur gesehen haben, waren sie völlig überrascht, dass sich solche Geräuschklänge überhaupt notieren lassen. Inzwischen aber hat ein Verinnerlichungsprozess mit dieser Musik stattge funden, es ist normal geworden, mit ihr umzugehen. Allein die Tatsache, dass wir uns alle mit dieser anspruchsvollen Musik intensiv auseinandergesetzt haben, hat unsere Wahrnehmung verändert und uns künstlerisch vorangebracht. Das ist ein grosses Geschenk. Ballettcompagnien pflegen ihre Bewegungsabläufe durchzuzählen, Lachenmanns Metren aber sind hochkomplex. Wie geht das zusammen? Natürlich lässt sich Helmuts Musik nicht in dem Sinne «zählen», wie die Tänzer das aus anderen Balletten gewohnt sind. Deshalb haben wir als zusätzliches optisches Hilfsmittel Videoscreens installiert, auf denen die Taktzahlen des Stückes angezeigt werden. Die gesamte Partitur ist in kleinste Einheiten gerastert. So können sich die Tänzerinnen und Tänzer jederzeit, auch während der Vor stellung, orientieren. Allerdings versuche ich, noch einen Schritt weiterzugehen und nicht nur auf musikalische Akzente zu reagieren, sondern auch choreografische Akzente zu setzen, die nicht in der Musik vorhanden sind, sodass sich das choreografisch szenische und das musikalische Geschehen wirklich miteinander ver schränken. Noch stärker als in all unseren vorhergehenden Produktionen sind die Tänzerinnen und Tänzer hier als mitkreierende Künstler gefragt. Welche Überlegungen haben zum Bühnenbild von Rufus Didwiszus geführt? Schon bei einem ersten Abklopfen des Andersen-Märchens findet man ja sehr viel. Da gibt es als Anknüpfungspunkte eine Strasse, zugige Hausecken, leuch tende Fenster, Schnee, Kälte und vieles mehr. Aber auch das Umfeld von Gudrun Ensslin und der RAF liefert weite Assoziationsräume. Wichtig für uns wurde ein Foto, das das von Gudrun Ensslin in Brand gesetzte und völlig zerstörte Kaufhaus in Frankfurt/Main als Brandruine zeigt. Den anfangs sehr vollgepackten Büh nenbildentwurf haben wir immer weiter reduziert, bis nur dieses Foto übriggeblie ben ist. Im Bühnenbild von Rufus ist es nun zum zentralen Element geworden, eine rätselhafte Reliefwand. Man erkennt das Innere eines verbrannten Hauses und weiss: Hier ist Zerstörerisches geschehen. Trotzdem haftet dem Bild eine gewisse Altarhaftigkeit an, eine Kraft, die wie in Andersens Märchen in eine andere Welt weist. Darüberhinaus bleibt der Raum weitgehend leer, denn es ist mir wichtig, das Stück mit den Tänzern und der Choreografie zu erzählen. Im Findungsprozess gilt für die Choreografie wie für das Bühnenbild: «Kill your darlings!» Sobald uns etwas zu erzählerisch vorkam oder zu dekorativ, kam es weg. Gerade Rufus Did wiszus ist in diesem Punkt sehr streng. Auch er hat sich unglaublich in diese Musik vertieft und sagt immer: «Was bereits in ihr erzählt wird, dürfen wir nicht noch einmal erzählen!» Deshalb ist das Bühnenbild eine Reduktion auf das Wesentliche und vielleicht sogar eine Parallele dazu, wie Helmut Lachenmann seine Klänge entkernt und neu denkt. Lachenmanns Werk ist ja nicht nur eine Riesenaufgabe für das Ballett, sondern für alle Abteilungen am Opernhaus Zürich. Worin liegen die Besonderheiten?
Michelle Willems
«Allein die Tatsache, dass wir uns mit dieser anspruchsvollen Musik intensiv auseinandergesetzt haben, hat unsere Wahrnehmung verändert und uns künstlerisch vorangebracht.»
«Als ich vor sieben Jahren in Zürich angefangen habe, hätten wir ein Stück wie Lachenmanns «Mädchen» nie stemmen können. Die Compagnie ist in den vergangenen Jahren künstlerisch enorm gewachsen. Dieses Kapital müssen wir nutzen.»
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Ich habe den Eindruck, dass Das Mädchen mit den Schwefelhölzern mit zum Anspruchsvollsten gehört, was das Orchester jemals auf seinen Pulten liegen hatte. Die Musiker müssen für sie völlig neue Spieltechniken erlernen, die ihnen im Alltag eines Opernorchesters nie begegnen. Das ist nicht nur eine Aufgabe für jeden einzelnen, sondern auch für die Planung. Ehe die erste Orchesterprobe stattfindet, proben die Stimmgruppen in vielen Sitzungen allein. Matthias Hermann, unser Dirigent, ist ein sehr erfahrener Lachenmann-Kenner, der das nötige Wissen für die Aufführung des Werkes vermittelt. Dann kommt hinzu, dass wir für diese Pro duktion einen externen Chor engagieren mussten, nämlich die Basler Madrigalisten, die ausgewiesene Experten in Sachen zeitgenössischer Musik sind. Da in diesem Werk Musiker und Choristen auch im Zuschauerraum platziert sind, wird das ganze Haus zum Klangraum. Nur ganz selten wird ein Opernhaus in dieser Weise bespielt. Man kann hier Musik, Tanz, Theater auf völlig neue Weise erfahren. Und darauf, dass der Komponist selbst gemeinsam mit den Tänzerinnen und Tänzern als Sprecher auf der Bühne stehen wird, freue ich mich ganz besonders. Welcherart ist deine Beziehung zu Helmut Lachenmann? Wir sind jetzt seit fast drei Jahren in regelmässigem Kontakt, und ich habe ihn in dieser Zeit als grossartigen Künstler kennengelernt, der mich vor allem durch seine entwaffnende Menschlichkeit fasziniert. Von Anfang an war er offen für die Idee, das Mädchen aus einer choreografischen Perspektive zu erarbeiten. Mit unend licher Geduld hat er mir bei einem Treffen in Stuttgart seine Partitur erklärt – das erlebt man wahrscheinlich nur einmal im Leben. Sagt die Tatsache, dass du Das Mädchen mit den Schwefelhölzern machst, auch etwas über den künstlerischen Weg aus, den du mit dem Ballett in den nächsten Jahren gehen willst? Bei meiner Vertragsverlängerung vor einem Jahr habe ich mir für die Zeit bis 2025 vorgenommen noch mutiger zu sein, und das Lachenmann-Projekt ist ein Schritt in diese Richtung. Mein grosses Vorbild in dieser Hinsicht ist immer noch das von William Forsythe geprägte Ballett Frankfurt in den neunziger Jahren. Damals brachte jede Premiere in Frankfurt etwas auf die Bühne, mit dem niemand gerechnet hatte. Als ich vor sieben Jahren hier in Zürich angefangen habe, hätten wir ein Stück wie Lachenmanns Mädchen niemals stemmen können. Die Compagnie ist in den vergangenen Jahren künstlerisch enorm gewachsen. Dieses Kapital müssen wir nutzen. Glaubst du, dass das Ballettpublikum die Expedition ins zeitgenössische Musik theater zu schätzen weiss? Ich bin überzeugt davon, dass das Publikum mit dem Mädchen einen auf wühlenden Theaterabend erlebt, wenn es bereit ist, tradierte Hör- und Sehgewohn heiten für einen Abend über Bord zu werfen. Wer mit der Erwartung kommt, hier finde das Weihnachtsmärchen statt, wird sich wundern, dass er ein Weihnachtsmärchen der ganz anderen Art erlebt. Aber ich bin mir natürlich im Klaren da rüber, dass dieser Abend Fragen aufwirft und nicht jedem gefallen wird. Ich freue mich, wenn unser Publikum nach einer Vorstellung von Romeo und Julia zu Tränen gerührt ist, aber ich finde es genauso wertvoll, wenn es mit vielen offenen Fragen aus einem Ballettabend geht. Das Gespräch führten Michael Küster und Claus Spahn
24 Volker Hagedorn trifft …
Rufus Didwiszus Rufus Didwiszus lebt in Berlin, hat als Bühnenbildner im Schauspiel begonnen und arbeitet seit einigen Jahren bevorzugt mit dem Regisseur Barrie Kosky und dem Zürcher Ballettdirektor Christian Spuck zusammen. Das Bühnenbild zu Koskys Zürcher Inszenierung von «La fanciulla del West» war seine erste Arbeit für die Oper. Für Christian Spuck hat er die Bühnen bilder für «Nussknacker und Mausekönig», «Winterreise» und nun «Das Mädchen mit den Schwefelhölzern» entworfen.
Gemächlich schlendert ein Mann in Schwarz, die Hand am Halfter, vom Biobäcker zum Verwaltungsgericht, «Justiz» steht auf dem Hemd, das macht hier keinen stutzig. Die Kirchstrasse in Moabit badet in der Sonne, vor fast jedem Haus stehen Caféstühle. «Mittags sitzen da Scharen von Justizleuten», meint Rufus Didwiszus. Man hört auch Scharen von Kindern durch die offenen Fenster des Ateliers, in dem Rufus arbeitet und wo es aussieht, als habe in Berlin nie eine Gentrifizierung stattgefunden. An der Decke in etwa fünf Metern Höhe blättert zartrosa Anstrich aus Helmut Kohls Zeiten, das Rohr eines kleinen Ofens mündet direkt in den Putz. Und an den Wänden lehnen Grossformate, rätselvolle Holzdrucke voller Zeichen und Reihen. Sie sind nicht von Rufus Didwiszus, sondern von dem Künstler, mit dem sich der Bühnenbildner die Arbeitsräume teilt. Auf einem Tisch steht ein unfertiges Modell für die übernächste Produktion in Zürich. Davor kommt Lachenmanns Mädchen mit den Schwefelhölzern. Darüber unterhalten wir uns am gewaltigen, nur knapp kniehohen Tisch, an dem sich Rufus auch mit Christian Spuck in das Thema hineingetastet hat. «Er kommt gern nach Berlin, weil bei ihm in Zürich dauernd das Telefon klingelt», sagt er, ein schmaler, hellwacher, rasch redender Mittfünfziger. «Hier sitzen wir zwei, drei Tage, hören die Musik an, jeder schweigt und macht so sein Zeug, und wenn einem was einfällt, dann sagt er das. Das funktioniert so am besten.» Wie gut, konnte man in den Zürcher Ballettproduktionen Nussknacker und Winterreise erleben. Aber Helmut Lachenmanns Mädchen erschliesst sich nicht so leicht wie Tschaikowski und Schubert. «Ich hörte das Stück vor ein paar Jahren in der Deutschen Oper, das war ein Erlebnis. Aber als ich dazu recherchierte, habe ich gedacht, ich sei zu doof, und das Stück zu intellektuell für mich – bis wir Helmut Lachenmann trafen. Er kam mit seiner riesigen Partitur und ging sie Seite für Seite mit uns durch. Er hatte zuvor selbst lange nicht mehr reingeguckt und war gespannt. Der Mann hat sehr viel Humor. Und es ist auch viel Gefühl in der Musik.» Rufus erkundete, was im Mädchen zusammenkommt – die Verbindung etwa von der frierenden kleinen Streichholzverkäuferin zur Terroristin Gudrun Ensslin, die ebenfalls «zündelte». «Es geht um den ersten Schritt, nach dem es kein Zurück gibt, ein Schritt aufgrund äusserer oder innerer Kälte – und gegenüber dem politischen Ansatz gibt es diese grosse Lust an Klängen. Nachdem ich dieses Spannungsfeld kapiert hatte, war ich drin.» Und sobald Rufus drin ist, wird er zum Eremiten. «Für den Entwurf muss ich allein sein. Das ist wie eine Suche im Nebel. Wenn in dem Moment jemand etwas Falsches sagt oder etwas anderes in dem sieht, was mir vorschwebt, biege ich zu früh ab.» Dass der Bühnenbildner Rufus Didwiszus heute zu den gefragten der Zunft zählt, liegt daran, dass er mal spontan abgebogen ist, mit 20 Jahren. «Ich hatte immer gemalt, wie viele Freunde, ohne Plan, und war zu der Zeit in Stuttgart, wo man an der Akademie Bühnenbild studieren konnte. Ich war nie im Theater gewesen, dachte aber, Bühnenbild, da ist doch ein bisschen was von allem dabei. Bewerb ich mich mal...» Über Professor Jürgen Rose wusste er nichts, den grossen Zauberer, wie denn auch. «Man musste als Bewerber erklären, was einen am Theater interessiert, da hab ich improvisiert. Das ist ihm bestimmt nicht entgangen. Aber irgendetwas fand er daran gut.» Rufus landete «in einem verrückten Jahrgang mit tollen Leuten». Rose ging es nie um die spätere Praxis. Wir sollten die eigene Kreativität, den eigenen Ausdruck finden. Er meinte, wenn jemand mit Bleistift entwerfe, müsse das Bühnenbild am Ende anders aussehen als bei jemandem, der mit Collagen beginnt. «Am Ende muss man immer noch die Skizze erkennen.»
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Und man braucht Utopie. «Ohne kann man es gar nicht machen. Es ist ja absurd, dass erwachsene Menschen in ein Pappgebilde gucken und das für den Moment ernstnehmen. Das geht nur, weil wir uns alle darauf verständigt haben. Und Rose hat das gelebt mit seiner Begeisterung. Durch ihn hat mich das interessiert.» Nach fünf glücklichen Jahren nahm Rose ihn als Assistenten mit an die Münchner Kammerspiele, «der Ritterschlag! Aber ich sollte mit einem jungen Regisseur und einem Bühnenbildner arbeiten, die ich aus vollster Seele gehasst habe, arrogante Typen. In der Kantine habe ich mich bei einem anderen jungen Regisseur ausgekotzt, der hat mir dann eine Chance gegeben.» Für Christian Stückls Regie von Roberto Zucco schuf Rufus Didwiszus sein erstes Bühnenbild. «Danach dachte ich: Jetzt bin ich Bühnenbildner und kein Assistent mehr. Der Rest der Welt wusste das aber nicht – und es kamen ein paar Hungerjahre, in denen mir Mathias wahnsinnig geholfen hat.» Mathias Hornung hatte mit ihm studiert, war dann bildender Künstler geworden, und ist derjenige, mit dem sich Rufus noch heute das Atelier teilt. «Ich hätte in Berlin damals künstlerisch nicht überlebt, wenn ich nicht in all seinen Ateliers mitgesessen hätte. Ich habe Wohnungen renoviert und Böden abgezogen mit einem Freund, der einen kleinen Handwerksbetrieb hatte. Ich war ganz schlecht darin. Wenn die Tür zufiel, kam der Putz von der Wand.» Er war ein unterbeschäftigter Bühnenbildner Anfang dreissig, als er in die «Baracke» des Deutschen Theaters in Berlin ging, «alle gingen hin, es waren Ostermeiers erste Theaterarbeiten. Und ich dachte, ah, hier sind meine Leute!» Irgendwann sass er neben Thomas Ostermeier, und der sagte: «Ich brauche einen Bühnenbildner für Shoppen und Ficken. Hab’ gehört, du bist einer.» Mark Ravenhills Theaterstück wurde Ostermeiers grosser Erfolg und Rufus war von da an in der Baracke des Deutschen Theaters dabei. «Das waren drei Jahre gelebter Utopie. Was da alles zusammenkam! Unvergesslich. Das würde heute nicht mehr gehen, ist aber auch nicht schlimm, wenn man es erlebt hat.» 2004 arbeitete er an der Schaubühne erstmals mit der Musikperformerin Joanna Dudley zusammen, die jetzt seine Frau ist. Sie machten eigene kleine Produktionen, lange ehe Barrie Kosky anrief und Rufus zur ersten Oper verhalf: La fanciulla del West in Zürich. Hat er eine musikalische Prägung? Er lacht. «Das war ein typisches Waldorfschülerding. Neun Jahre Geige, um dann festzustellen, dass die Geige in der Rockband nicht so sexy ist, also wurde sie in die Ecke gelegt.» Jetzt hat er noch zwei Tage für das jüngste Modell. «Ich mache nur wenige Zeichnungen. Wahnsinnig viel Pappe, die dabei draufgeht. Wie klar auch immer es im Kopf war, im Modell ist es nie so. Oft wird es anders als geplant, durch Farbe, durch Fehler, aber besser. Es geht nur über die Hände. Und das Modell muss auch als Objekt etwas besonderes sein.» Wenn die Werkstätten es dann bühnengross realisiert haben, «dann wissen die in der Komischen Oper und in Zürich schon, dass Rufus am Ende mit seinem Farbeimer kommt. Dass ich noch mal Hand anlege oder irgendwo ein Loch reinhaue, damit es weniger ordentlich aussieht. Manchmal ist es so, dass wirklich etwas fehlt, wofür ich keine Erklärung habe. Aber zum Teil hat es auch damit zu tun, dass ich mir das Bühnenbild zurückholen will. Ich sitze davor und denke, ich habe ja gar nichts darin angefasst!» Und ein bisschen Chaos muss wohl auch sein, wie in der Kirchstrasse. Voriges Jahr ist Rufus mal in ein ordentliches Atelier umgezogen, mit glatten weissen Wänden. «Ich dachte, ich muss jetzt mal erwachsen werden, bei den vielen Aufträgen. Ich bin zurückgekommen, weil mir die Anarchie gefehlt hat!» Volker Hagedorn
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Die Kosmopolitin Michelle Willems war auf der ganzen Welt zu Hause. Nach zwei Jahren im Junior Ballett tanzt sie seit 2016 im Ballett Zürich. Jetzt ist sie eine der Mädchen-Figuren in «Das Mädchen mit den Schwefelhölzern» Text Michael Küster Foto Florian Kalotay
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ie neue Ballettspielzeit ist schon sechs Wochen alt, aber noch immer leuchten die Augen von Michelle Willems, wenn sie von ihren Sommerferien erzählt. Fast klingt es, als hätte sie da einen Länderrekord aufstellen wollen, war sie doch in der relativ kurzen Zeit auf gleich drei Kontinenten unterwegs. Von der Schweiz aus ging es zunächst nach Armenien und in die USA, dann von Moskau aus auf die Male diven und anschliessend über Russland zurück nach Zürich. Das Reisen liegt ihr im Blut, sie ist seit ihrer frühesten Kindheit eine Globetrotterin gewesen. Eine Weltbür gerin mit französischem Pass, deren Familie mütterlicherseits schon seit fünf Genera tionen quer durch Europa und Afrika gezogen ist. «Oft fragen mich die Leute, ob ich ein Diplomatenkind sei», lacht Michelle, die selbst in Belgien geboren ist, ihre Kind heit dann aber – bedingt durch die Arbeit ihrer Eltern – erst in Kasachstan und an schliessend in Thailand verbracht hat. Die längste Zeit ihres Lebens hat Michelle in Moskau gelebt, und so ist die Affinität zu Russland bis heute besonders stark. «Mir hat es an allen Orten gefallen», erzählt Michelle, «aber Russland ist schon etwas Be sonderes. Auf den ersten Blick wirken Russen vielleicht etwas kalt und streng, aber sobald du sie ein bisschen kennst, erobern sie dich mit ihrer Herzlichkeit im Sturm. Wenn sie dich einladen, biegen sich die Tische», erklärt sie. Das Leben in völlig unter schiedlichen Kulturen hat sie neugierig gemacht auf alles Unbekannte, und beinahe mühelos kann sie sich an neue Lebensumstände anpassen: «Wahrscheinlich habe ich mir aus jedem Land das Beste mitgenommen, um so zu werden, wie ich heute bin.» Wie sie heute ist? Der Weg der charismatischen Tänzerin verlief nicht schnur stracks geradeaus, sondern war immer wieder von Überraschungen und unverhofften Wendungen geprägt. «Angefangen hat alles in Kasachstan», erinnert sich Michelle. «Dort gastierten damals viele russische Ballettcompagnien, auch das Bolschoitheater war immer wieder mit grossen Ballettaufführungen zu Gast. Meine Mutter hat mich als Vierjährige mit in die Vorstellungen genommen, und damals fing diese Begeiste rung an. Schon bald erklärte ich, dass ich Ballerina werden wolle. Meine Mutter nahm das am Anfang nicht wirklich ernst, aber dann unterstützte sie mich so, wie sie alle meine Geschwister unterstützt hat. Sie hat mir immer geraten, alles auszuprobieren und nie irgendeinen Druck auf mich ausgeübt. Sollte ich merken, dass etwas nichts für mich sein sollte, würden wir schon etwas anderes finden. Ein herrlich unaufge regter Pragmatismus, für den ich sie wirklich bewundere.» Nach den ersten Ballett stunden in Moskau setzte Michelle ihre Tanzausbildung in Bangkok fort, ehe sie dann mit Zwölf an der Akademie des Bolschoitheaters aufgenommen wurde. Ein Moment, in dem Michelle plötzlich klar wurde, dass es sich hier nicht mehr um eine Mädchen laune, sondern um eine Weichenstellung für das weitere Leben handelte: «Bis zu diesem Zeitpunkt war Tanz für mich ein pures Vergnügen gewesen. An der Akademie sah ich dann plötzlich all diese Mädchen, die mit absoluter Hingabe, Ernst und ge legentlich auch Verbissenheit trainierten, das hat mir für einen Moment Angst gemacht. Aber auch hier half wieder der Rat meiner Mutter: «Das ist eine einmalige Chance in deinem Leben. Wenn du es nicht versuchst, wirst du es vielleicht einmal bedauern. Probier es, und wenn es dir nicht gefällt, hörst du auf.» Michelle ist geblieben und erinnert sich, dass bei den Aufnahmeprüfungen vor allem auf die körperlichen Voraus setzungen der Tänzerinnen und Tänzer allergrösster Wert gelegt wurde: «Das war
«Heute mache ich Dinge nicht, weil sie jemand von mir verlangt, sondern weil ich sie selber will.»
weit wichtiger als die tänzerische Qualifikation!». Wie hat sie die Atmosphäre an der renommierten Schule erlebt? Stimmt das Klischee von Drill und Konkurrenzdruck? Michelle wird nachdenklich: «Rückblickend war diese strenge russische Schule eine gute Vorbereitung auf alles, was danach kam und noch kommen sollte. Natürlich gab es mitunter auch Schmerz und Tränen, aber man darf es sich nicht so wie in den ein schlägigen Ballettfilmen vorstellen: Ich hatte nie Glasscherben in meinem Tanzschuh. Wir hatten eine tolle Zeit und haben auch in dieser strengen Umgebung genügend Streiche und Dummheiten gemacht. In Moskau habe ich zum Glück aber auch Selbst disziplin gelernt, und dafür bin ich wirklich dankbar. Heute mache ich Dinge nicht, weil sie jemand von mir verlangt, sondern weil ich sie selber will.» Selbstdisziplin, aber vor allem auch Selbstvertrauen wird sie brauchen, denn das Examen, nach dem endlich die ersehnte Tänzerinnenlaufbahn beginnen soll, endet erst einmal mit einer Enttäuschung. Diese Abschlussprüfungen finden vor den versammel ten russischen Ballettdirektoren statt. Viele sind begeistert von der zierlichen blonden, perfekt Russisch sprechenden jungen Tänzerin. Als sie jedoch realisieren, dass sie keinen russischen Pass hat und man sich bei einem Engagement sehr wahrscheinlich auf bü rokratische Hürden einstellen muss, machen die Interessenten einen Rückzieher. Die frisch gebackene Absolventin steht ohne Job da, auch bei ausländischen Compagnien sind die Auditions für die kommende Saison zu diesem Zeitpunkt längst gelaufen.
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Das Mädchen mit den Schwefelhölzern Musik mit Bildern von Helmut Lachenmann Ballett von Christian Spuck Schweizerische Erstaufführung Choreografie und Inszenierung Christian Spuck Musikalische Leitung Matthias Hermann Bühnenbild Rufus Didwiszus Kostüme Emma Ryott Lichtgestaltung Martin Gebhardt Video-Design Tieni Burkhalter Choreinstudierung Raphael Immoos Dramaturgie Claus Spahn, Michael Küster Ballett Zürich Junior Ballett Philharmonia Zürich Basler Madrigalisten Premiere 12 Okt 2019 Weitere Vorstellungen 18, 20, 25, 27, 31 Okt; 1, 10, 14 Nov 2019 Partner Ballett Zürich
ab und mit der Unterstützung der Freunde des Balletts Zürich
Ein klassischer Fehlstart also? Wieder ist es Michelles Mutter, die in der angespannten Situation die Nerven behält. Sie organisiert einen Kontakt zum Atelier Rudra-Béjart in Lausanne, und Michelle geht einmal mehr auf Reisen. Der Ballett-Klimawechsel stellt sich als Glücksfall heraus: «Lausanne war der perfekte Ort, um meiner sehr klas sisch geprägten Ausbildung einen Schuss Moderne hinzuzufügen und meinen Hori zont in diese Richtung zu erweitern.» Auch der Schweiz bleibt Michelle Willems treu. Nach zwei Jahren im Junior Ballett engagiert sie Christian Spuck 2016 ins Ballett Zürich und konfrontiert sie von Beginn an mit ständig wachsenden Aufgaben. Beson ders gern erinnert sie sich an Kitty in Spucks Anna Karenina: «Wie Christian ihren Weg von einem recht oberflächlichen und verwöhnten Mädchen in eine tief empfin dende junge Frau umgesetzt hat, war eine unvergessliche Erfahrung. Als Tänzerin konnte ich da viele verschiedene Facetten zeigen. Christian hat seine unverwechselbare Sprache. Besonders gefällt mir, dass er in seinen Handlungsballetten nicht mit dieser Art von Fake-Pantomime arbeitet, jenen leeren Gesten, die einen in Ballettaufführun gen ganz schön ermüden können. Bei ihm ist alles auf ganz natürliche Weise mit dem Tanz verbunden, es fühlt sich ähnlich an wie ein Film.» Beim Thema Handlungsballette gerät Michelle ins Schwärmen. «Ich liebe es, auf der Bühne Geschichten zu erzählen», sagt sie begeistert. «Da kann ich mich selbst vergessen, mich in jemand anderen verwandeln und das Publikum in eine andere Welt entführen. Was kann man sich Schöneres wünschen?» In der Spielzeit 2016/17 stand sie nicht nur als Marie in Christian Spucks Nussknacker und Mausekönig auf der Bühne, sondern begeisterte das Publikum auch als tief empfindendes Gretchen in Edward Clugs Faust-Ballett. Aber auch auf die abstrakten Ballette möchte sie nicht verzichten, schliesslich kann man da «alles aus sich herausholen, seine Grenzen testen und heraus finden, wie weit man gehen kann». Die Begegnungen mit Choreografenpersönlich keiten wie Jiři Kylián und vor allem mit William Forsythe seien «Lektionen fürs Leben» gewesen, besonders Forsythes Choreografie Quintett habe ihr Leben verändert. «Es ist eines meiner absoluten Lieblingsstücke. Forsythe wird 70 in diesem Jahr. Das ist kaum zu fassen, weil man sich im Strom seiner jugendlichen Energie wirklich alt fühlt. Er ist eine unendliche Inspiration. Daher freue ich mich riesig auf unseren neuen Forsythe-Abend im Januar». Zunächst aber wartet eine andere grosse Herausforderung auf Michelle Willems. In Christian Spucks Inszenierung von Helmut Lachenmanns Das Mädchen mit den Schwefelhölzern ist sie eine von insgesamt sechs Mädchen-Figuren, die der Choreograf für Michelle und ihre Tänzerkolleginnen kreiert. «Christian versucht da gerade, etwas völlig Neues auszuprobieren und auch für ihn ungewöhnliche Wege zu gehen. Wege, die wirklich aus Helmut Lachenmanns Musik heraus- und wieder in sie hineinführen. Diese Musik ist so völlig anders als alles, was wir bisher gemacht haben. Wir reagieren zwar auch auf bestimmte Klänge und Vokaleinsätze, hauptsächlich arbeiten wir aber mit einem ausgeklügelten Videoscreening, das uns anhand einer numerischen Anzeige der Taktzahlen durch die komplizierte Partitur führt. Das verlangt allerhöchste Kon zentration. Im Moment geht es vor allem noch um die Erarbeitung des Schrittmate rials. Ich bin sehr gespannt, wie das dann mit der Bühne, den Kostümen und dem Orchester zusammenkommt.» Was bekommt ein Choreograf von Michelle Willems? Sie muss lachen: «Natürlich versuche immer, mein Bestes zu geben und die jeweilige Choreografie zu verinnerli chen und sie mir zu eigen zu machen. Mit viel Respekt natürlich und ohne sie zu verändern, aber ihr doch einen ganz feinen und unverwechselbaren Michelle-Touch zu verleihen». Für eine Kosmopolitin wie sie endet die Realität natürlich nicht an der Tür des Ballettsaals, dafür ist sie zu neugierig. Reisen, Filme, Musik, ihre Freunde, tolles Essen – das alles liefert ihr die nötige Inspiration. «Wenn mir Leute sagen: ‹I live ballet›, werde ich stutzig», sagt sie. «Für mich würde das nicht funktionieren. Wenn ich kein Leben abseits des Tanzes hätte, könnte ich auf der Bühne nur wenig erzählen.»
Die geniale Stelle 29
Hat Mozart geschlafen?
Illustration: Anita Allemann
Vier seltsame Takte aus «Così fan tutte»
Was ist denn das? Was singt Ferrando da bloss? Da stimmt doch etwas nicht! Rekapitulieren wir: Um die Treue ihrer Verlobten auf die Probe zu stellen, gaben zwei junge Männer vor, zum Militärdienst zu müssen, kamen dann verkleidet zurück und warben heftig um ihre beiden Damen, die sich schliesslich wirklich in die «Fremden» verliebten, allerdings jeweils in den Verlobten ihrer Schwester, wobei auch die beiden Herren in ihrer Treue durchaus wankend wurden, bis sie von dem gefährlichen Spiel genug hatten und die Komödie ihrer Rückkehr aufführten. Um die Sache aufzuklären, zeigen sie sich nun mit Teilen ihrer Verkleidung und zitieren jeweils einen Teil ihrer musikalischen Maske, die sie bisher getragen haben. Guglielmo singt ein paar Takte aus dem Duett, bei dem er Dorabella endgültig gewonnen hat, Ferrando … Ja, das eben ist die Frage: Was singt er denn da? Vier Takte, in denen er sich überraschend und anscheinend unmotiviert als Edelmann aus Albanien präsentiert – mit einer Musik, die es vorher gar nicht gegeben hat. Was hat es damit auf sich? Für dieses Rätsel fand die Mozart-Forschung eine einfache Lösung: Es ist das Zitat einer ursprünglich konzipierten, dann aber gestrichenen Passage. Vermutlich waren diese vier Takte im 2. Finale schon niedergeschrieben, als Mozart sich umentschloss, so dass sie nun quasi in der Luft hängen. Das ist eine Antwort, aber eine von denen, die die Frage nicht lösen, sondern lediglich verschieben. Denn nun rätseln wir, warum Mozart dieses falsche Zitat stehen liess und nicht durch eine andere Passage ersetzte, die besser gepasst hätte. Hat er den Fehler etwa übersehen? Das ist gut möglich. Horaz prägte das bekannte Wort, «manchmal schläft selbst der grosse Homer», und bekundete seinen Ärger darüber, dass sich selbst bei den grössten Künstlern Unstimmigkeiten oder Widersprüche finden. Da er selbst zu den grössten gehörte, konnte er sich den Zorn auf seine Kollegen leisten. Wir Normalsterblichen müssen da zurückhaltender sein und andere Möglichkeiten in Betracht ziehen. Zum Beispiel: Vielleicht war für eine Berichtigung einfach die Zeit zu knapp? Schwerlich. Wenn es damals nicht ungewöhnlich war, eine Opernouvertüre in der Nacht vor der Uraufführung zu schreiben, die dann von den Musikern aus den noch tintenfeuchten Stimmen gespielt wurde, hätten sich vier Takte wohl leicht austauschen lassen. Oder: Ist das Absicht? Soll das falsche Zitat Ausdruck von Ferrandos Verwirrung sein – und der aller anderen, die versuchen, aus der verfahrenen Situation einen Ausweg zu finden? Oder: Hat Mozart einfach keine Lust gehabt, der Stelle den letzten Schliff zu geben, weil er selbst an einer sinnvollen Auflösung des Knotens zweifelte? Wirkt es nicht sehr brüchig, wenn auf Ferrandos Phrase die (etwas unmotiviert) in E-Dur endet, übergangslos Guglielmo in F-Dur fortsetzt, was einen heftigen Missklang ergibt? Sieht das nicht aus wie eine verlassene Baustelle, auf der ein paar Teile herumliegen, die nicht mehr miteinander verbunden wurden? Wir können diese Fragen nicht beantworten, und also auch nicht die, ob die Stelle eigentlich eine geniale oder lediglich eine schlampige ist. Und das ist ja durchaus angemessen für ein Stück, das die Fragen, die es aufwirft, nicht löst, sondern den Zuschauern überantwortet: «Der Vorhang zu und alle Fragen offen.» Und so betrachtet: Ist das nicht doch zumindest ein wenig genial? Werner Hintze
Così fan tutte Um die Abgründe der Liebe geht es in fast allen Opern Mozarts, doch in keiner so aus schliesslich wie in dieser: Eine anfänglich harmlose Wette unter Männern über die Untreue ihrer Frauen ent wickelt sich zum grausamen Experiment am offenen Herzen. In der hochgelobten Insze nierung von Kirill Serebrennikov sind u.a. Ruzan Mantashyan (Fiordiligi), Anna Goryachova (Dorabella) sowie Michael Nagy (Don Alfonso) zu hören. Die musikalische Leitung hat Ottavio Dantone.
Fotos: Monika Rittershaus
Wiederaufnahme 20 Okt 2019 Vorstellungen 26, 30 Okt; 2, 8 Nov 2019
32 Meine Rolle
Standhaft wie ein Fels?
Ruzan Mantashyan stammt aus Armenien und studierte u.a. an der Accademia di Belcanto von Mirella Freni in Modena sowie bei Hedwig Fassbender in Frankfurt. Von 2014 bis 2016 war sie Mitglied des Atelier Lyrique an der Pariser Oper. Als Fiordiligi war sie u.a. in Lille, München und Seoul, als Mimì («La bohème») in Genf und München sowie als Micaëla («Carmen») und Tatjana («Eugen Onegin») in Hamburg zu sehen. In Zürich wird sie in dieser Spielzeit auch als Mimì zu erleben sein.
Nach meiner Gesangsausbildung wurde ich Mitglied des Atelier Lyrique an der Opéra national de Paris. Dort haben wir Così fan tutte erarbeitet und am Maison des Arts de Créteil auf die Bühne gebracht. Für mich war das die erste Begegnung mit Fiordiligi. Der geschützte Rahmen des Opernstudios und die verhältnismässig lange Probenzeit, die wir damals zur Verfügung hatten, haben mir sehr geholfen, diese Partie intensiv zu studieren. Szenisch war diese Produktion natürlich ganz anders als die – völlig unvergleichliche – Inszenierung von Kirill Serebrennikov, die wir hier am Opernhaus Zürich vor einem Jahr erarbeitet haben, aber «klassisch» war sie nicht: Regisseur Dominique Pitoiset versetzte die gesamte Handlung in eine Art Fotostudio. Zwei Jahre später habe ich Fiordiligi in der Inszenierung von Christophe Honoré gesungen, die ebenfalls unkonventionell ist und im Eritrea der 1930er-Jahre spielt. Als ich einige Zeit später an der Bayerischen Staatsoper München kurzfristig als Fiordiligi einspringen musste, sagte man mir: «Keine Sorge, es ist eine klassische Produktion!» – aber ich hatte natürlich keine Ahnung, was das bedeutet … Sich einer Rolle unter verschiedenen Aspekten anzunähern, halte ich für eine grosse Bereicherung! Gerade die Figuren von Mozart sind ja in ihrer Vielschichtigkeit nicht auf den ersten Blick zu durchschauen. Beim Vergleich der beiden Schwestern aus Così fan tutte denken die meisten, Dorabella sei leichtlebig und «flirty», Fiordiligi aber unnahbar und zurückhaltend. Doch bei genauerem Hinsehen und -hören zeigt uns das Stück eigentlich etwas anderes: Dorabella «schenkt» Guglielmo im Lauf der Verwechslungsintrige «ihr Herz» – sie ist also romantisch veranlagt: alles dreht sich um ihre Gefühle. Fiordiligi hingegen, die lange als standhaft und treu erscheint, sagt zu Ferrando, kurz bevor sie ihm schliesslich doch in die Arme fällt: «Mach mit mir, was du willst!» Das zeigt für mich deutlich, dass sie hier einem starken sexuellen Verlangen nachgibt, das sie wahrscheinlich schon quält, seit die beiden vermeintlich neuen Liebhaber aufgetreten sind. Da es für einen leidenschaftlichen Menschen wie Fiordiligi aber ein absoluter Albtraum ist, sich auf eine Affäre einzulassen, versucht sie lange, sich «standhaft wie ein Fels» zu geben, wie es in ihrer ersten Arie heisst. Schliesslich stellt sich immer die Frage, was am Ende aus den beiden Paaren wird... Für das ursprüngliche Paar Guglielmo-Fiordiligi gibt es für mich keine Zukunft: Fiordiligi ist viel zu leidenschaftlich für Guglielmo, der sich eher als «Heute hier, morgen dort»-Typ herausstellt. Ferrando hingegen teilt die Leidenschaftlichkeit Fiordiligis – allerdings «erkämpft» er sich Fiordiligi nicht aus Liebe, sondern aus lauter Enttäuschung und Schmerz über den Verrat Dorabellas. Aufgrund der grausamen Intrige kann also am Ende eigentlich keine der Beziehungskonstellationen mehr funktionieren; alle sind um viele Erfahrungen reicher, aber einsam und verunsichert. Kirill Serebrennikov war es wichtig, zu zeigen, dass nicht «untreue Frauen» das Problem dieses Stücks ausmachen, wie es der originale Titel Così fan tutte (tutte meint auf italienisch: alle Frauen) nahelegt. Er ändert diese Aussage in seiner Inszenierung deshalb zu «Così fan tutti», so machen es Alle: denn auch die Männer tragen mit ihrem grausamen Spiel zu der verfahrenen Situation bei. Ich hätte meine Fragen zu diesem Stück gerne mit Kirill diskutiert. Aber während unserer Proben war das ja aufgrund seines Hausarrests leider nicht möglich. Unterdessen ist der Arrest aber aufgehoben, und es kann sogar sein, dass Kirill bis zu unserer Wiederaufnahme wieder reisen darf. Darauf hoffe ich sehr! Es wäre das Schönste, wenn er endlich hier sein und seine eigene Arbeit sehen könnte! Ruzan Mantashyan
Illustration: FLAG Aubry Broquard
Ruzan Mantashyan über Fiordiligi in Mozarts «Così fan tutte»
Eröffnung Kügeliloo 35
Modern und richtig gross Das Dekorationslager Kügeliloo des Opernhauses Zürich wurde saniert und ausgebaut – ein Projekt, das unser Haus vor riesige Herausforderungen stellte, wie Christian Berner, Kaufmännischer Direktor, sowie Sebastian Bogatu, Technischer Direktor am Opernhaus Zürich, betonen Fotos Michael Sieber
Sebastian und Christian, die Sanierung des Ausstattungslagers Kügeliloo in Oerlikon ist nach knapp zweieinhalb Jahren Bauzeit abgeschlossen. Wie stolz und erleichtert seid ihr? Sebastian Bogatu: Ich bin sehr stolz! Es ist grossartig geworden, und wir sind sehr erleichtert, weil das Projekt im vorgegebenen Zeitfenster von 29 Monaten abgeschlossen werden konnte. Die grösste Herausforderung bestand ja darin, dass die Sanierung unseres Lagers, in dem über hunderttausend Kostüme, Möbel, Requisiten, Scheinwerfer und bis Sommer 2017 die Hälfte aller Opern- und Ballettbühnenbilder eingelagert waren, während des laufenden Opernbetriebs geschehen musste. Viele Arbeiten verursachten enormen Lärm und Dreck, während direkt daneben unsere Mitarbeitenden unersetzbare Dekorationen und Kostüme ein- und auslagerten. Es gab Tage, an denen wir mit dem Lastwagen an die Halle anfuhren, aber Bauarbeiter plötzlich den Boden aufgerissen haben und wir die Sachen von Hand hineintragen mussten. Zum Glück waren das Ausnahmen, denn eigentlich wurden solche Arbeiten, bei denen die Lagerhalle komplett gesperrt werden musste, in der spielfreien Zeit der Sommerferien gemacht. Christian Berner: Es war schon eine logistische Meisterleistung unserer Technik, das alles so zu planen, dass wir in dieser Zeit in der Oper weiter spielen konnten und der Spielplan kein einziges Mal beeinträchtigt wurde. Hätte es hier Verzögerungen gegeben, hätte das sofort erhebliche negative Auswirkungen gehabt. Man kann ruhig stolz darauf sein, wenn ein so grosses Bauprojekt – und wir sprechen hier von einem Volumen von knapp 30 Millionen Franken – im Zeit- und Kostenrahmen bleibt. Das ist keine Selbstverständlichkeit. Gab es denn wirklich keine finanziellen Veränderungen? Chr.B.: Es gab durchaus Verschiebungen, wie es bei einem solchen Projekt immer vorkommen kann: Dinge, die dazugekommen sind, aber auch unverhoffte
36 Eröffnung Kügeliloo
Entlastungen. Wenn wir das Budget am Ende leicht überschreiten, dann deshalb, weil wir etwas mehr gemacht haben, als wir ursprünglich geplant haben. Das verab schiedete Projekt, so wie es vorgesehen war, hätten wir ins Budget gebracht. Das ist einerseits der hervorragenden Planung und Projektleitung unserer Technischen Direktion sowie Volker Götz von der Bauseite des Opernhauses zu verdanken, an dererseits aber auch auf eine sehr gute Zusammenarbeit mit dem Kanton Zürich zurückzuführen, der Fachstelle Kultur und dem Hochbauamt des Kantons Zürich sowie dem Architekturbüro Meletta Strebel Architekten. Wie sah die Finanzierung genau aus? Chr.B.: Die veranschlagten Gesamtkosten waren 28,5 Millionen Franken, davon hat der Kanton Zürich als Subvention für Bauvorhaben 16 Millionen Franken gesprochen. Das Opernhaus wird 12,5 Millionen Franken beisteuern. Wir haben fast fünf Jahre gebraucht, um unseren eigenen Beitrag stemmen zu können, und sind noch nicht ganz im Ziel, aber wir sind zuversichtlich, dass wir das hinkriegen werden. Das Opernhaus hat das Ausstattungslager Kügeliloo in Oerlikon im Jahr 2000 erworben. Was musste jetzt gemacht werden? S.B.: Bereits beim Kauf der Immobilie war klar, dass die Asbest-Beseitigung im Dach irgendwann einmal ansteht. Der Asbest kam dort in Brandschutzverklei dungen und Isolierungen in gebundener Form vor, und mit fortschreitendem Alter bestand die Gefahr, dass dieser freigesetzt werden könnte. Später stellte sich heraus, dass auch der Boden sowie Kacheln, Fliesenkleber, Tür- und Fensterdichtungen asbesthaltig waren und ebenfalls saniert werden mussten. Die Vorstellung, für all dies einen sehr hohen finanziellen Beitrag ausgeben zu müssen und am Ende dieselbe Halle wie vorher zu haben, frustrierte uns natürlich. Der Architekt Werner Rafflenbeul, mit dem wir am Opernhaus schon oft zusammengearbeitet haben, hatte dann die Idee, im Zuge der Asbestsanierung die Halle zu erhöhen. Dadurch konnten wird das bereits bestehende moderne Hochregallager um eine Ebene aufstocken. Das ineffiziente alte Holzregalsystem haben wir komplett entsorgt und durch ein weiteres, modernes Kragarm-System ersetzt. Konnten wir vorher 400 Dekorationswagen einlagern, sind es jetzt 800 ! Chr.B.: Dank der Kapazitätserhöhung und der Modernisierung des Lagers wurde die Sanierung zu einem Projekt, das nicht nur eine Altlast behoben hat, sondern auch eine Investition für die Zukunft bedeutet. Wir müssen uns im Klaren sein: Ohne dieses Lager wäre der Repertoirebetrieb am Opernhaus nicht möglich. Es ist kein Geheimnis, dass wir am Zürcher Opernhaus akute Raumprobleme haben, denn im Opernhaus und auf der Falkenstrasse selbst haben wir für gerade mal sechs Dekorationswagen Platz. Daher sind wir auf ein hocheffizientes Transport- und Lagersystem angewiesen. Da wir in der Regel pro Tag zwei Stücke im Haus haben – am Morgen für eine Probe und am Abend für eine Vorstellung –, müssen wir 15 bis 20 Mal hin- und herfahren, um das zu ermöglichen. Der Fundus Kügeliloo in Oerlikon ist da strategisch ein sehr guter Standort für uns. Es war sehr weit sichtig von unserem Ehrenpräsidenten Heinz Hertach und meinem Vorgänger Otto Grosskopf, das Lager zu erwerben. Ist die neue Lagerkapazität jetzt ausreichend? S.B.: Für ein Repertoiretheater wie das Opernhaus Zürich, das mit 250 Opernund Ballettvorstellungen im Jahr ein Hochleistungsbetrieb ist, ist sie immer noch relativ gering. Es können nun zwar Kulissen für ungefähr 80 Inszenierungen eingelagert werden, aber bei 13 Produktionen pro Saison bedeutet das, dass nach sechs Jahren das Lager voll ist. Bereits im siebten Jahr müsste man alle Produktionen des ersten Jahres wieder wegschmeissen. Chr.B.: Es ist uns wichtig, dass wir einen attraktiven, abwechslungsreichen Spielplan anbieten können. Daher brauchen wir hier eine gewisse Flexibilität und Spiel-
Verdopplung der Lager kapazität: Schon bald werden die gelben Regale bis unters Dach mit Dekorationen gefüllt sein.
37
räume durch externe Lager. Doch dank der neuen Lagersituation können wir die Mietkosten dieser externen Lagerflächen nun massiv reduzieren. Die Kügeliloo-Sanierung ist eine sehr sinnvolle Investition. Zum Positiven gehören ja auch ein paar bauliche Innovationen: Auf dem Dach ist zum Beispiel neu eine Solaranlage angebracht, die grösste Fotovoltaik anlage Zürichs … Chr.B.: Das Dach hat die Grösse eines Fussballfeldes. Vor allem unsere Regierungsrätin Jaqueline Fehr hat sehr dafür plädiert, eine solch grosse Fläche für Solarstrom zu nutzen. Hier wurden bei uns offene Türen eingerannt, da wir sehr um Nachhaltigkeit bemüht sind, und wir haben das dann in die Wege geleitet. Wir betreiben die Anlage nicht selber, sondern vermieten unser Dach an einen Solarstromprofi, den Verein Solarspar, der das Ganze finanziert hat. S.B.: Damit können wir die eigene Halle mit Strom versorgen. Da die Fotovoltaik-Anlage wesentlich mehr als den Eigenbedarf abdeckt, wird der restliche
Solaranlage Kügeliloo Hier finden Sie weitere Informationen zum neu eröffneten Dekorati onslager des Opern hauses sowie eine Grafik in Echtzeit zu unserer Solarstrom-Produktion.
Eröffnung Kügeliloo 39
Strom exportiert und verkauft. Energetisch wurde das Haus übrigens auch komplett saniert, denn im Sommer haben die Dekorationen unter der Hitze gelitten und im Winter war es zu kalt für die Mitarbeitenden. Es kamen ausserdem knapp 1000 m2 neue Büro- und Lagerräume hinzu, hellere und grössere zusammenhängende Räume durch eine Entkernung im Untergeschoss sowie ökologisch sinnvolle Grünflächen auf dem Dach und neben dem Haus. Gab es im Zuge der Sanierung auch böse Überraschungen? S.B.: Neben der bereits erwähnten Tatsache, dass wir mehr Asbest gefunden haben, als ursprünglich vermutet, was den Preis hochgetrieben hat, gab es auch die Überraschung, dass wir das Regenwasser vom Dach nicht einfach so ableiten konnten, wie wir das bis anhin gemacht hatten. Wir bekamen die Auflage, das Wasser in einem Becken zu sammeln und es erst danach abzugeben. Das hat die Baukosten hochgetrieben. Eine weitere Überraschung war die Statik der Halle. Hier musste sehr viel verstärkt werden. Chr.B.: Andererseits gab es auch ein paar Dinge, die weniger Kosten verursachten als geplant, und so hielt sich letztlich alles einigermassen die Waage. S.B.: Insgesamt war die Baustelle für die Mitarbeitenden vor Ort ausgesprochen unangenehm. Es war sehr laut, dreckig und chaotisch. Aber bei so vielen Arbeiten kommt es eben vor, dass Fehler gemacht werden und z.B. Dachwasser statt ins Abwasser direkt ins Möbellager fliesst oder Bohrungen ohne Ankündigung durch den Hallenboden getrieben werden, während im Keller hochempfindliche Scheinwerfer, Möbel und Kostüme stehen, die völlig eingestaubt wurden. Mehrmals hatten wir bei Starkregen regelrechte Wasserfälle in verschiedene Raumteile. Waren denn während der Bauzeit Dekorationen und Kostüme gefährdet? S.B.: Ständig. Wegen der Schweiss- und Trennarbeiten hatten wir einen sehr hohen Russ- und Staub-Anteil in der Halle, der unter alle Abdeckungen kroch. Alles war wie mit einer leichten Schicht übersehen, die nur mit Druckluft weggeblasen werden konnte. Wenn man das mit der Hand angefasst hat, hat man gleich alles auf der Oberfläche verrieben. Wir haben die Dekorationen dann in Planen eingepackt. Beim Kostümfundus gab es die Probleme mit Wassereinbrüchen. Die Kostüme haben wir daher mit Folien abgedeckt, was aber sehr mühsam für unsere Mitarbeitenden war und bedeutete, dass immer erst eine Folie angehoben werden musste, um das gesuchte Kostüm zu finden. Aber das ist ja nun nach zwei Jahren glücklicherweise vorbei. Wie gestaltete sich die Zusammenarbeit mit den Architekten? Sie mussten sich ja in ein sehr komplexes Projekt hineindenken. S.B.: Die Zusammenarbeit war hervorragend. Die Architekten vom Büro Meletta Strebel haben unsere Bedürfnisse rasch verstanden und intensiv mit uns kommu niziert. Sie wiederum scheinen es genossen zu haben, mit uns einen Partner zu haben, der im Unterschied zu anderen Bauherren schnell Entscheidungen treffen kann. Das sind wir von unserem Opern-Alltag her gewohnt. Chr.B.: Sie haben das in jeder Hinsicht wirklich toll gemacht. Rein optisch sieht man das auch an der neuen Aussenfassade, die vorher eine graue Mauer war: Mit ihrem transparenten, rotschimmernden Netz erinnert sie jetzt entfernt an einen Theatervorhang. Wir haben nun also ein topmodernes, schönes Lagergebäude, das doppelt so gross ist wie vorher, und darüber sind wir sehr glücklich! Das Gespräch führte Kathrin Brunner
42 Fragebogen
Sam Furness Aus welcher Welt kommen Sie gerade? Gerade komme ich vom Planet der Eltern – ich habe nämlich einen wunder vollen, vier Monate alten Sohn. Auf was freuen Sie sich in der Makropulos-Produktion? Ich habe mich schon vor Beginn der Proben sehr darauf gefreut, nach Zürich zu kommen und mit einem so tollen Team eine so coole Rolle wie Albert Gregor zu erarbeiten. Die Sache Makropulos habe ich schon einmal gemacht, allerdings sang ich damals eine andere Rolle und träumte davon, endlich die Rolle zu singen, die ich jetzt singe. Welches Bildungserlebnis hat Sie besonders geprägt? Ich hatte das Glück, von klein auf eine sehr gute musikalische Ausbildung zu geniessen, weil ich in meiner Heimatstadt Cardiff schon früh im Chor in der dortigen Kathedrale singen durfte. Das war ein toller Start, denn ich sang dort jeden Tag andere Musik und lernte bereits mit sechs Jahren, vom Blatt zu singen. Das hat sich als sehr nützlich für mich erwiesen: Heute lerne ich neue Partien sehr schnell und singe nach wie vor sehr gut vom Blatt. Als Opernsänger spare ich auf diese Art und Weise sowohl Zeit als auch Geld. Welches Buch würden Sie niemals aus der Hand geben? Die Curry Bibel! Ich bin ein grosser Fan von indischem Essen, und dieses Buch hat mir geholfen, einige fantastische Gerichte zu kochen. Ich koche leidenschaftlich gern! Welche CD hören Sie immer wieder? Alles von Aretha Franklin. Ich bin ein grosser Fan von afrikanischen Sängerinnen. Besonders Ella Fitzgerald, Sarah Vaughan und eben Aretha. Sie verfügte über eine unglaubliche stimmliche Bandbreite und über eine fantastische Musikalität.
Welchen überflüssigen Gegenstand in Ihrer Wohnung lieben Sie am meisten? Ich habe Plattenspieler und viele Vinyl- Platten. Leider ist mein Haus momentan zu klein, um das alles aufzubauen, also stehen die Sachen auf dem Dachboden. Mein Traum ist es, einmal ein ganzes Zimmer zu haben nur für meine Platten und die Musikanlage! Mit welchem Künstler würden Sie gerne essen gehen, und worüber würden Sie reden? Mein Lieblingsmaler ist Caravaggio, aber ich weiss nicht, wie einfach es ist, mit ihm zu reden, und wer weiss, vielleicht würde er mich am Ende noch umbringen... Also vielleicht Shakespeare. Wir würden über seinen Schaffens prozess sprechen, und ich würde ihn in die Welt des Jazz und des Soul ein führen. Falls William gerade keine Zeit hätte, käme natürlich auch noch Mozart in Frage. Nennen Sie drei Gründe, warum das Leben schön ist! Meine Familie ist das Beste in meinem Leben, und ich brauche nichts anderes, um mich glücklich zu fühlen. Zweitens gibt es in der Musik zwischen der Polyphonie der Renaissance und «drum and bass» so vieles, das ich liebe, dass ich Tag und Nacht Musik hören könnte, besonders, wenn ich unterwegs bin. Mit meiner Musik fühle ich mich nie allein. Und drittens habe ich tolle Freunde – Menschen, mit denen man eine gute Zeit haben kann, die aber auch für einen da sind, wenn es einem mal nicht so toll geht. Was braucht man mehr?
Der junge britische Tenor Sam Furness de bütierte in der Spielzeit 2018/19 am Theater an der Wien und an der English National Opera. Nun tritt er erstmals am Opernhaus Zürich auf und singt Albert Gregor in unserer Neuproduktion von «Die Sache Makropulos».
Kalendarium 41
Oktober 2O19 Fr La traviata 11
20.00
Oper von Giuseppe Verdi Verdi-Abo, Preise E
12 Sa Das Mädchen mit den Schwefelhölzern
22 Di Die Sache Makropulos
19.00
Oper von Leoš Janáček Dienstag-Abo A, Preise H, AMAG Volksvorstellung
25 Fr Das Mädchen mit den Schwefelhölzern
20.00
von Helmut Lachenmann, Ballett von Christian Spuck Freitag-Abo A, Preise D
19.00 Schweizerische Erstaufführung von Helmut Lachenmann, Ballett von Christian Spuck
26 Sa Führung Opernhaus
13 So Die Sache Makropulos
Ballettführung mit Miniworkshop
14.00
Premieren-Abo A, Preise E
Oper von Leoš Janáček Sonntag-Abo A, Preise E
Nabucco
20.00
Oper von Giuseppe Verdi Sonntag-Abo D, Galapreise
14 Mo Coralines geheime Tür in eine andere Welt 9.00
Herbstferien-Angebot für 9- bis 12-Jährige Kursbeginn, CHF 150
16 Mi Der Freischütz
19.00
Oper von Carl Maria von Weber Deutsche Oper-Abo, Preise E
17 Do Die Sache Makropulos
19.30
Oper von Leoš Janáček Donnerstag-Abo A, Modern-Abo, Preise E
18 Fr Das Mädchen mit den Schwefelhölzern
19.00
von Helmut Lachenmann, Ballett von Christian Spuck Premieren-Abo B, Preise D
19 Sa Führung Maskenbildnerei 15.30
14.00
14.30
Treffpunkt Billettkasse, CHF 10
Für 6- bis 9-Jährige und ihre Eltern Treffpunkt Billettkasse, CHF 10
Così fan tutte
19.00
Oper von Wolfgang Amadeus Mozart Mozart-Abo, Preise E
27 So Das Mädchen mit den Schwefelhölzern
14.00
von Helmut Lachenmann, Ballett von Christian Spuck Sonntag-Abo B, Preise D
Der Freischütz
19.30
Oper von Carl Maria von Weber Preise H, AMAG Volksvorstellung
3O Mi Così fan tutte
19.00
Oper von Wolfgang Amadeus Mozart Preise E
31 Do Das Mädchen mit den Schwefelhölzern
19.30
von Helmut Lachenmann, Ballett von Christian Spuck Ballett-Abo Klein, Preise D
Treffpunkt Billettkasse, CHF 20
Der Freischütz
November 2O19
Fr Das Mädchen mit den 1 Schwefelhölzern
19.00
Oper von Carl Maria von Weber Misch-Abo A, Preise E
2O So Einführungsmatinee «Belshazzar» 11.15
Bernhard Theater, CHF 10
Così fan tutte Wiederaufnahme
13.00
Oper von Wolfgang Amadeus Mozart Preise H, AMAG Volksvorstellung
Das Mädchen mit den Schwefelhölzern
20.00
von Helmut Lachenmann, Ballett von Christian Spuck Ballett-Abo Gross, Preise D
21 Mo Mescolare – Dinner mit Musik 19.00
Restaurant Belcanto, CHF 95
19.30
von Helmut Lachenmann, Ballett von Christian Spuck Preise D
Sa 2 Führung Opernhaus
14.00
Treffpunkt Billettkasse, CHF 10
Così fan tutte
19.00
Oper von Wolfgang Amadeus Mozart Preise E
So 3 Ballettgespräch
11.15
Zu Themen aus der Welt des Tanzes Studiobühne, CHF 10
42 Kalendarium So Brunchkonzert 3
11.15
«Das englische Consort» Kammerkonzert mit anschliessendem Brunch im Restaurant Belcanto, Spiegelsaal, CHF 60
Belshazzar Premiere 19.00
Oratorium von Georg Friedrich Händel Premieren-Abo A, Preise F
Mo Lunchkonzert 4
12.00
«Das englische Consort» Kammermusik am Mittag, Spiegelsaal, CHF 20
Gesprächskonzert Helmut Lachenmann 19.00
Così fan tutte
19.30
14.30
open space tanz
15.00
19.00
Wöchentlicher Tanz-Workshop Eintritt frei, Treffpunkt Billettkasse
Belshazzar
19.00
Oratorium von Georg Friedrich Händel Premieren-Abo B, Preise E
Fr 8 Führung Bühnentechnik
16.00
Treffpunkt Billettkasse, CHF 20
Treffpunkt Billettkasse, CHF 10
Unterwegs mit Ohrwurm Squillo
15.00
Musiktheater von Gisbert Näther für Kinder ab 7 Jahren, Studiobühne, CHF 30
Oper von Wolfgang Amadeus Mozart Freitag-Abo B, Preise E
Sa 9 Führung Opernhaus
6 Mi Konrad oder Das Kind aus der Konservenbüchse
15.00
Studiobühne, CHF 50
Führung für 6- bis 9-Jährige und ihre Eltern Treffpunkt Billettkasse, CHF 10
Konrad oder Das Kind aus der Konservenbüchse
Musiktheater von Gisbert Näther für Kinder ab 7 Jahren, Studiobühne, CHF 30
Belshazzar
19.30
Oratorium von Georg Friedrich Händel Samstag-Abo, Misch-Abo C, Preise E
1O So Das Mädchen mit den Schwefelhölzern 14.00
von Helmut Lachenmann, Ballett von Christian Spuck Preise H, AMAG Volksvorstellung
Kalendarium 43
Konrad oder Das Kind aus der Konservenbüchse 15.00
Musiktheater von Gisbert Näther für Kinder ab 7 Jahren Studiobühne, CHF 30
Beethoven / Wagner
19.00
1. Philharmonisches Konzert Dirigent: Fabio Luisi, Violine: Leonidas Kavakos Konzert-Abo, Beethoven-Abo, Preise Q
14 Do Das Mädchen mit den Schwefelhölzern 19.00
von Helmut Lachenmann, Ballett von Christian Spuck Donnerstag-Abo B, Modern-Abo, Preise D
15 Fr Belshazzar
19.00
Oratorium von Georg Friedrich Händel Freitag-Abo A, Preise E
16 Sa Familienworkshop «Messa da Requiem» 14.30
Für 7- bis 12-Jährige und ihre Eltern Treffpunkt Billettkasse, CHF 20
Coraline Premiere
17.00
Familienoper von Mark-Anthony Turnage ab 8 Jahren, Preise K
17 So Belshazzar 14.00
Oratorium von Georg Friedrich Händel Preise H, AMAG Volksvorstellung
Familienworkshop «Messa da Requiem»
14.30
Für 7- bis 12-Jährige und ihre Eltern Treffpunkt Billettkasse, CHF 20
Liederabend Pretty Yende
19.00
Michele D’Elia, Klavier Lieder-Abo, Belcanto-Abo, CHF 60
2O Mi open space tanz 19.00
Wöchentlicher Tanz-Workshop Treffpunkt Billettkasse, Eintritt frei
21 Do Belshazzar
19.00
Oratorium von Georg Friedrich Händel Mittwoch-Abo A, Preise E
22 Fr Messa da Requiem Wiederaufnahme
19.00
Giuseppe Verdi / Christian Spuck Koproduktion der Oper Zürich mit dem Ballett Zürich Kombi-Abo, Italienische Oper-Abo, Preise F
23 Sa Ballettführung mit Miniworkshop 14.30
Für 6- bis 9-Jährige und ihre Eltern Treffpunkt Billettkasse, CHF 10
Familienworkshop «Hänsel und Gretel»
14.30
Für 7- bis 12-Jährige und ihre Eltern Studiobühne, CHF 20
imprO-Opera
15.30
Für 7- bis 12-Jährige und ihre Eltern Treffpunkt Billettkasse, CHF 20
Belshazzar
19.00
Oratorium von Georg Friedrich Händel Barock-Abo, Preise E
24 So Einführungsmatinee «Don Pasquale» 11.15
Bernhard Theater, CHF 10
Coraline
14.00
Familienoper von Mark-Anthony Turnage ab 8 Jahren, Preise K
Familienworkshop «Hänsel und Gretel»
14.30
Für 7- bis 12-Jährige und ihre Eltern Studiobühne, CHF 20
imprO-Opera
15.30
Für 7- bis 12-Jährige und ihre Eltern Treffpunkt Billettkasse, CHF 20
Messa da Requiem
20.00
Giuseppe Verdi / Christian Spuck Koproduktion der Oper Zürich mit dem Ballett Zürich Sonntag-Abo C, Preise F
27 Mi open space tanz
19.00
Wöchentlicher Tanz-Workshop Eintritt frei, Treffpunkt Billettkasse
29 Fr Messa da Requiem
19.00
Giuseppe Verdi / Christian Spuck Koproduktion der Oper Zürich mit dem Ballett Zürich Ballett-Abo Gross, Preise F
3O Sa Führung Opernhaus 14.00
Treffpunkt Billettkasse, CHF 10
Märchen auf dem Klangteppich «Armstrong»
15.30
Für 4- bis 6-Jährige und ihre Eltern Treffpunkt Billettkasse, CHF 15
Führung Maskenbildnerei
15.45
Treffpunkt Billettkasse, CHF 20
Belshazzar
19.00
Oratorium von Georg Friedrich Händel Misch-Abo A, Preise E
Das Opernhaus Zürich für Kurzentschlossene: Am Opernhaustag erhalten Sie 50% Ermässigung für die gleichentags stattfindende und gekennzeichnete Vorstellung. www.opernhaus.ch/opernhaustag Unterstützt von Swiss Re
Die Werkeinführung findet jeweils 45 Min. vor der Hauptbühnen-Vorstellung bzw. den Philharmonischen Konzerten statt.
44 Beni Bischof erklärt …
Wenn der Vorhang zur Premiere gefallen ist, das Publikum applaudiert und die Künstler sich verbeugen, kommt hinter der Bühne irgendwann der Ruf: «Jetzt die Schwarzen!» Gemeint ist: Das Regieteam soll vor den Vorhang treten. Ist man für Regie, Bühnenbild, Kostüm oder Dramaturgie zuständig, gehört man zu den Schwarzen. Der Begriff stammt aus einer Zeit, in der Regisseure und Dramaturgen noch zwingend männlich waren und schwarze Rollkragenpullover trugen. Schwarz zu sein, hiess, sich durch Kleidung unsichtbar zu machen, aber die Macht auf sich zu vereinen. Heute ist das anders – bunter, weiblicher, lockerer. Aber «die Schwarzen» werden immer noch vor den Vorhang gerufen.
Illustration: Beni Bischof
Die Schwarzen
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Unsere Vorstellungen werden ermöglicht dank der Subvention des Kantons Zürich sowie den Beiträgen der Kantone Luzern, Uri, Schwyz, Zug und Aargau im Rahmen der interkantonalen Kulturlastenvereinbarung und den Kantonen Nidwalden und Obwalden.
Intendant Andreas Homoki Generalmusikdirektor Fabio Luisi Ballettdirektor Christian Spuck Verantwortlich Claus Spahn Sabine Turner Redaktion Beate Breidenbach Kathrin Brunner Fabio Dietsche Michael Küster Claus Spahn Gestaltung Carole Bolli Florian Streit Fotografie Danielle Liniger Florian Kalotay Bildredaktion Christian Güntlisberger Anzeigen Michael Mix Schriftkonzept und Logo Studio Geissbühler Druck Multicolor Print AG Illustrationen Anita Allemann FLAG Aubry Broquard Beni Bischof
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THE NEW ANDERS ANDERS
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Unserer Exklusivität sind wir treu geblieben. Das neue Erlebnis geht weit darüber hinaus. Entdecken Sie das andere Grand Resort Bad Ragaz. resortragaz.ch