MAG 77: Boris Godunow / Die Csárdásfürstin

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MAG 77

Barrie Kosky inszeniert «Boris Godunow»


Der neue Audi e-tron Sportback  Ein Blick. Ein Flirt. Eine elektrisierende Liebe.

audi.ch


MAG 77

Jan Philipp Gloger inszeniert «Die Csárdásfürstin»


17 2020

Here We Play Instrumente für ein lebenswertes Morgen

Musik, die uns bewegt, ist eine perfekte Kombination aus Harmonie, Tempo und Rhythmus. Wenn wir etwas in Bewegung setzen und innovative Lösungen schaffen wollen, kombinieren wir Engagement, Know-how und Forschung. Gerade jetzt ist dieses Zusammenspiel wichtiger denn je: Die Zukunft stellt uns vor grosse Herausforderungen und verlangt danach, dass die Spezialchemie ihre tragende Rolle für ein lebenswertes Morgen einnimmt – und sie herausragend spielt. Sustainability fuels innovation.

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Editorial

Wir klopfen auf Holz Verehrtes Publikum,

MAG 77 / Sep 2020 Unsere Titelbilder zeigen Barrie Kosky und Jan Philipp Gloger, die Re­ gisseure unserer Saison­ eröffnung. Interviews mit ihnen finden Sie auf Seite 19 und 24 (Fotos Florian Kalotay)

als das Opernhaus im vergangenen Juli nach der erzwungenen Schliesszeit wieder öffnete und man nach Monaten ohne Vorstellungen wieder gemeinsam mit anderen Menschen zusammensass, um live gespielte Musik zu hören, war das ein Moment, von dem ich nicht gedacht hätte, dass er mich emotional so durchschütteln würde. Vielleicht haben Sie es ja selbst in einem der Konzerte erlebt: Was man sonst für selbstverständlich hält, wird plötzlich zum überwältigenden Ereignis – ein voller Streicherklang, eine lyrische Gesangskantilene, eine dramatisch ausgestaltete Liedzeile. Ist es nicht oft so im Leben, dass man erst in der Wiederbegegnung den Wert von etwas spürt, das man lange entbehren musste? Wie wird es daher sein, wenn wir ab dem 20. September im Opernhaus nicht nur klein besetzte Konzertmusik erleben, sondern grosse Oper und abendfüllende Ballette mit Szene, Licht und Bühnenbild? Wir alle sind sehr gespannt auf den Abend, an dem sich der Vorhang im Opernhaus endlich wieder hebt. Es wird die Premiere von Modest Mussorgskis Oper Boris Godunow sein. Eine Woche später holen wir die im Frühjahr ausgefallene Premiere von Emmerich Kálmáns Operette Die Csárdásfürstin nach. Wir zeigen mit dem Tapferen Schneiderlein von Wolfgang Mitterer ein neues Kinderstück. Und im Oktober werden dann auch Christian Spuck und das Ballett Zürich, das gerade von der Tanzkritik zur «Kompanie des Jahres» gewählt wurde, mit einem neuen Dornröschen auf die Bühne zurückkehren. So vollmundig diese Ankündigung klingen mag und so gross die Freude darüber ist, dass es wieder losgeht, allen Opernverantwortlichen ist dennoch klar, dass das Corona-Virus, das uns zu einer viermonatigen Hausschliessung gezwungen hat, nicht aus der Welt ist. Wir hoffen, dass die Schutzkonzepte, die wir erarbeitet haben, tragfähig sind und alle Mitarbeitenden, die Kunst und Sie, unser Publikum, schützen. Es wird – abergläubisch, wie Theatermenschen sind – im Moment viel auf Holz geklopft, dass alles so stattfinden kann wie geplant. Da wir nicht warten können, bis das Virus verschwunden ist (wenn es überhaupt bald verschwindet), muss die Oper, muss das Ballett, müssen Sie als Publikum und wir alle mit dem Virus leben. Ohne Einschränkungen geht das nicht. Andreas Homoki, unser Intendant, gibt auf den Seiten 8 und 9 dieser MAG-Ausgabe Auskunft darüber, was in Zeiten von Corona auf der Bühne, hinter der Bühne und im Zuschauerraum alles anders ist. Es sind keine Kleinigkeiten, wenn der Chor nicht auf der Bühne stehen kann, wenn die Solisten Abstand halten müssen und das Orchester nicht im Graben sitzen kann, sondern live von einem anderen Ort zugespielt wird. Aber es bedeutet für uns alle: Oper und Ballett können stattfinden – und uns berühren, überwältigen, aufregen und an der Herzspitze zupfen. Zu lange war das nicht möglich. Das MAG-Team des Opernhauses hat für dieses erste Heft der neuen Spielzeit einige kleinere redaktionelle Neuerungen entwickelt und, wie immer, viele Gedanken, Hintergrund-Informationen, Porträts und Gespräche zum Programm der kommenden Wochen für Sie zusammengestellt. Freuen Sie sich mit uns, dass Oper und Ballett wieder möglich sind, und seien Sie (mit der gebotenen Vorsicht!) dabei, wenn sich der Vorhang wieder hebt. Claus Spahn

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digital Fr 25 Sep, 19.00 Uhr Die Csárdásfürstin Sa 26 Sep, 18.30 Uhr Boris Godunow Drei kostenlose Live-Streamings an einem Wochenende. 25 bis 27 Sep 2O2O

So 27 Sep, 20.00 Uhr Maria Stuarda opernhaus.ch/operfueralle

präsentiert von


Inhalt

14 Despoten regieren Russland seit Jahrhunderten. Ein Essay von Ulrich Schmid. 19 Oper als Polit-­ Thriller: Regisseur Barrie Kosky im Gespräch über Mussorgskis «Boris Godunow». 24 Leichte Operette oder Krisenstück? Jan Philipp Gloger inszeniert die «Csárdásfürstin». 42 Ein Opernmärchen als Puppentheater – «Das tapfere Schneiderlein» von Wolfgang Mitterer.

Drei Fragen an Andreas Homoki – 8,  Opernhaus aktuell – 10, Wie machen Sie das, Herr Bogatu? – 13,  Volker Hagedorn trifft … – 36,  Die geniale Stelle – 40,  Auf der Couch … – 48,  Der Fragebogen – 52

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Kreuzplatz Der AudioVideo-Rooter kann Tonund Bildsignale empfangen, entschlüsseln und versenden.

Über Interkom ist der Dirigent mit dem Opernhaus verbunden.

Eine Tontechnikerin ist über Interkom mit einem Tonmeister im Opernhaus verbunden.

Auf dem Mischpult laufen alle Tonsignale zusammen. Von hier aus werden sie über Glasfaserkabel ins Opernhaus geschickt.

Ton Bühne Bild Bühne Hier sitzt das Orchester mit genügend Abstand. 60 Mikrofone nehmen den Klang ab.

Kamera Orchester und Chor

Kamera Dirigent

Bild Bühne

2m

Bild Bühne

Auf der Tribüne hat unter Einhaltung der Abstandsregeln auch der Chor Platz.

So kommt der Klang ins Opernhaus

Über zwei Glasfaserkabel werden die Bild- und Tonsignale mit je 10 Gigabit Geschwindigkeit zwischen Kreuzplatz und Opernhaus übertragen (Strecke: 3 km).


Opernhaus Auf der Bühne treten die Sängerinnen auf. Die Gesangsstimmen werden in den Proberaum am Kreuzplatz übertragen. Kamera Bühne

Kamera Bühne

Ton Sänger*innen

Die Video-Matrix verteilt die Bildsignale von der Bühne auf über 100 Monitore im Opernhaus. Über Glasfaserkabel werden die Signale in den Proberaum am Kreuzplatz geschickt.

Bild Dirigent

Bild Dirigent

Bild Dirigent

Im ganzen Zuschauerraum sind Lautsprecher verteilt, die den Raumklang erzeugen.

Bild Dirigent

Infografik: Corina Farkas

Der AudioVideo-Rooter empfängt sowohl Ton- als auch Bildsignale, entcodiert diese Signale in Bild und Ton und leitet die Bildsignale an die Monitore und die Tonsignale ans Mischpult weiter.

Über Interkom ist der Tonmeister mit dem Kreuzplatz verbunden.

Über Interkom ist die Inspizientin mit dem Kreuzplatz verbunden. Auch die Interkom läuft über die Glasfaserkabel.

Am Mischpult balanciert der Tonmeister den Klang von Chor und Orchester aus.

Die Raumklanganlage verteilt den Klang auf die Lautsprecher im Zuschauerraum.


Dreimal drei Fragen an Andreas Homoki

Ich bin sehr froh, dass wir grosse Oper anbieten können Herr Homoki, wie ist die Stimmung im Opernhaus, nachdem die Mit­ arbeitenden nach Corona-Lockdown und Theaterferien wieder an ihren Arbeitsplatz zurückgekehrt sind? Alle sind froh, dass es wieder losgeht und wir endlich wieder Oper spielen können. Ich spüre eine grosse Lust auf die neue Spielzeit, obwohl alle wissen, dass da keine normale Saison auf uns zukommt und wir verantwortungsvoll mit den Gefahren der Corona-Pandemie umgehen müssen. Welche Situation wird das Publikum vorfinden, wenn es zu unseren Vor­ stellungen kommt? Eine Maske zu tragen, ist vom Betreten bis zum Verlassen des Hauses Pflicht. Im Theater kann man nicht immer den gebotenen Abstand einhalten, deshalb hatten wir letztlich gar keine andere Wahl als die Maskenpflicht einzuführen, die sich wohl auch als Standard an allen Schweizer Bühnen etablieren wird. Wie viele Sitzplätze werden pro Vor­ stellung verkauft? Das Opernhaus hat ca. 1’150 Plätze, die dürften wir mit Maskenpflicht auch anbieten, aber wir werden maximal 900 Tickets pro Vorstellung verkaufen. Das ist eine Entscheidung unseres Hauses, denn es ist uns wichtig, das Pu­ blikumsaufkommen wegen Corona zu limitieren. Wir nehmen also 250 Tickets aus dem Verkauf, das ist für unsere Platzverhältnisse und unsere wirtschaftliche Kalkulation viel. Mit den maximal 900 Gästen pro Vorstellung schaffen wir uns auch eine gewisse Planungs­ sicherheit für die kommenden Monate, denn der Schweizer Bundesrat will sich ja demnächst äussern, unter welchen Bedingungen Grossveran­staltungen mit über 1’000 Zuschauern möglich sein sollen. Davon sind wir dann unab­ hängig, weil wir bewusst unterhalb der

Tausendergrenze liegen. Unsere Ent­ scheidungen gelten zunächst bis Ende Oktober. Es kann sein, dass sie länger Bestand haben, es kann aber auch sein, dass wir sie, je nach Viruslage, revidieren müssen. Das Opernhaus Zürich ist ein ver­ gleichsweise kleines Theater mit engen Umläufen und eher bescheiden dimensionierten Foyers. Gibt es da Probleme mit der Publikumsdichte? Durch die Maskenpflicht werden alle Sicherheitsanforderungen vollumfänglich erfüllt. Wir haben auch unsere Stücke nicht gekürzt, um Pausen zu vermeiden, wie das andere Häuser tun. Aber wir werden in den Pausen vorerst keine Gastronomie an­bieten. Ebenso wird es zunächst auch keine Werk­einführungen im Spiegelsaal geben. Unsere Dramaturgie bietet ja schon seit geraumer Zeit Audio-Einführungen an, die online und auf jedem Smartphone abrufbar sind und somit einen guten Er­satz bieten. Wir wollen uns in der aktuellen Situation auf das Wesentliche kon­ zentrieren – die Auf­führungen auf der Bühne. Wird das Publikum auch kommen? Das wissen wir natürlich nicht. Aber wir hoffen, dass es sich durch die Maskenpflicht und unsere Massnahmen sicher genug fühlt für einen Besuch. Vor den Theaterferien haben wir den Abonnementverkauf für die beginnende Spielzeit gestartet, und die Signale sind ermutigend: Der Aboverkauf ist nur um knapp 10 Prozent zurückgegangen. Aber wie viele Menschen am Ende wirklich in die Vorstellungen kommen, wird erst unser Einzelkartenverkauf zeigen, der jetzt begonnen hat und zunächst Monat für Monat gestaffelt ist, damit wir mit dem Angebot auf etwaige Veränderungen der Lage reagieren können.

Foto: Daniel Auf der Mauer

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Was bekommen die Operngäste auf der Bühne zu sehen? Grundsätzlich spielen wir unser Programm so, wie wir es vor Corona geplant hatten. Das ist nicht selbstver­ständlich, denn sehr viele Opernhäuser haben ihre Spielpläne über den Haufen geworfen und sind auf kleinere Stückformate umgestiegen. Unser Weg ist das nicht. Ich wäre sehr unglücklich ge­wesen, wenn wir, über den Herbst verstreut, nur ein paar Kammeropern hätten anbieten können. Das grosse Format macht die Oper doch erst aus. Deshalb bin ich sehr froh darüber, dass wir die Stück­titel und unsere hochkarätigen Besetzun­gen so anbieten können, wie wir sie kon­­ zipiert haben. Der Befreiungs­schlag dabei war eine technische Lösung: Das Orchester wird nicht im Graben des Opernhauses sitzen, sondern live aus dem Orchesterprobenraum am Kreuzplatz zugespielt. Am Kreuzplatz haben wir genug Platz, um auch ein grosses Orchester auf Abstand platzieren zu können. Das Gleiche gilt für den Chor, der ebenfalls zugespielt wird, szenisch jedoch nicht auf der Bühne agieren kann. Natürlich ist dieses Verfahren, das wir uns von den Bregenzer Festspielen abgeschaut haben, ein Kompromiss, denn man möchte in der Oper immer das Orchester live aus dem Graben hören, aber Corona zwingt uns zu ungewöhnlichen Massnahmen. Alle fragen sich: Funktioniert das? Und wie wird es klingen? Wir sind da zuversichtlich, aber natürlich auch selbst neugierig. Man darf sich das nicht so vorstellen, dass da zwei Lautsprecher im Graben stehen, aus denen der Orchesterklang wie aus der Büchse tönt. Die technischen Vor­ aussetzungen für einen guten Klang sind bei uns hervorragend: Wir haben vor einigen Jahren in unserem Haus die modernste Surroundanlage installiert, die es gibt. Unsere Tonabteilung hat die Übertragung minuziös geplant und wird den Klang nun während der Orchesterproben formen, im Raum justieren und bis zu den Vorstellungen immer weiter verfeinern. Ich würde mir wünschen, dass wir mit dieser Tech-

nik auch kreativ umgehen, was etwa den Raumklang angeht. Auf der Bühne hilft keine Technik bei der Einhaltung der Abstände. Da kommt man um schmerzliche Ein­ griffe in die Kunst nicht herum, oder? Das stimmt. Unsere Eröffnungspro­ duktion Boris Godunow etwa ist eine grosse Choroper, in der der Chor auf der Bühne nicht anwesend sein wird. Aber unser Regisseur Barrie Kosky hat sein Inszenierungskonzept den Corona­-Bedingungen angepasst und ist dabei, wie ich finde, zu hochspannenden Lösungen gekommen. Er gibt eine künstlerische Antwort auf die Einschrän­ kungen durch die Pandemie. Bei unseren Repertoirestücken, die wir natürlich auch im Spielplan haben, müssen wir szenische Umarbeitungen vornehmen. Wir holen die Regisseure nochmal nach Zürich, damit sie neue Fassungen erstellen können, denn auch in den Repertoirestücken wird der Chor nicht wie bisher auf der Bühne agieren können, und die Solisten auf der Bühne dürfen sich nicht zu nahe kommen. Wie stabil schätzen Sie die Gesamt­ situation für den Spielbetrieb ein? Unsere Schutzkonzepte und die neu hinzugekommene Maskenpflicht geben uns auf jeden Fall eine gewisse Sta­bi­li­ tät. Sie verhindern, dass sich In­fek­tio­nen ausbreiten können und uns plötzlich eine Produktion wegbricht, weil die Künstler in Quarantäne müssen. Aber ein gewisses Risiko bleibt natürlich immer. Wir hatten jetzt in der zweiten Probenwoche einen positiven Corona-­ Fall, der für die betroffene Person zum Glück glimpflich im Verlauf war und die Produktion nicht durch An­ steckung gefährdet hat. Das war für uns alle wie ein Warnschuss, der jedem vor Augen geführt hat, dass das Virus nicht aus der Welt ist. Der Fall hat aber auch gezeigt, dass die Schutzkonzepte tragfähig sind, wenn sie eingehalten werden. Ich bin ja grundsätzlich ein optimistischer Mensch, deshalb sehe ich der Saison mit viel Zuversicht entgegen.


10 Opernhaus aktuell

Verdi-Gala Als letzte Premiere der Spielzeit war für den Juni eine Neuinszenierung von Giuseppe Verdis Oper I vespri siciliani geplant – doch die Corona-­Pandemie hat diesen Plan (wie so viele andere Pläne auch) zunichte gemacht. Die Premiere dieser Neuproduktion wird in drei Jahren nachgeholt werden. Da nun aber diese Inszenierung gar nicht existiert, kann sie auch nicht – wie ursprünglich vorgesehen – am 22. September wiederaufgenommen werden. Stattdessen wird an den entsprechenden Daten eine Verdi-Gala stattfinden, und zwar mit den Solistinnen und Solisten, die für I vespri siciliani bereits engagiert waren, darunter mit Maria Agresta, Quinn Kelsey, Bryan Hymel und Alexander Vinogradov einige der weltweit gefragtesten Verdi-Interpretinnen und Interpreten. Das Programm bietet Ausschnitte aus I vespri siciliani, Simon Boccanegra, Il trovatore, Don Carlo und Macbeth. Am Pult der Philharmonia Zürich steht der Zürcher Generalmusikdirektor Fabio Luisi, der für seine Verdi-Interpretationen in Zürich sehr gefeiert wurde, sowie – am 6. Oktober für eine Vorstellung – erstmals der junge italie­ nische Dirigent Andrea Sanguineti. 22, 27, 29 Sep; 2, 6 Okt 2020, Hauptbühne

Einführungsmatinee

Gastspiel

Dornröschen

Die Philharmonia Zürich beim Stresa-Festival

Das Ballett Zürich, soeben von der Zeitschrift «tanz» als «Kompanie des Jahres» ausgezeichnet, startet mit einer Neuproduktion von Tschaikowskis Dornröschen in die neue Spielzeit. Christian Spuck wird den Ballettklas­siker in einer neuen Version auf die Bühne bringen. In der Einführungs­mati­nee spricht Dramaturg Michael Küster mit dem Choreografen und begrüsst weitere Mitglieder des Inszenierungsteams und des Balletts Zürich. Sonntag, 27 Sep 2020, 11.15 Uhr Bernhard Theater

Auch in Stresa am Lago Maggiore hatte lange Unsicherheit geherrscht, ob das renommierte Festival dort 2020 überhaupt würde stattfinden können. Endlich aber wurde die Entscheidung gefällt: Mit entsprechendem Schutz­ konzept und reduzierter Zuschauerzahl konnte das Festival über die Bühne gehen. Am 29. August gastierte dort auch die Philharmonia Zürich. Ein­ge­ laden hatte das Orchester der zukünfti­ge Generalmusikdirektor des Opernhauses Zürich, Gianandrea Noseda, der auch der künstlerische Leiter des Festivals ist. Das Programm des von Noseda dirigierten Konzerts stand im Zeichen des Beethoven-Jahres: Der Pianist Seong-­ Jin Cho spielte Ludwig van Beethovens Viertes Klavierkonzert, ausserdem erklang die Fünfte Sinfonie von Franz Schubert.

Liederabend

Liederabend Marina Rebeka

Marina Rebeka, geboren in Lettland, gehört seit einigen Jahren zu den ge­fragtesten Sopranistinnen unserer Zeit. Als Violetta in La traviata, Mimí in La bohème oder als Bellinis Norma wird sie zwischen Mailand und New York gefeiert. Schon 2012 debütierte sie am Opernhaus Zürich als Donna Anna in Mozarts Don Giovanni. Für ihren Liederabend hat sie Werke italienischer und russischer Komponisten ausgewählt. Begleitet von Giulio Zappa, singt sie im ersten Teil Lieder von Giuseppe Verdi, Francesco Paolo Tosti und Otto­ rino Respighi. Im zweiten Teil des Abends stehen dann russische Lieder von César Cui, Pjotr I. Tschaikowski und Sergej Rachmaninow auf dem Programm. Montag, 5 Okt 2020, 19.30 Uhr Hauptbühne

Illustrationen: Anita Allemann

Konzert


Ballett Zürich 11

Foto: Gregory Batardon

Das Ballett Zürich ist «Kompanie des Jahres»

Die neue Saison beginnt mit einem Preisregen für das Ballett Zürich. In ihrer jähr­li­­chen Kritikerumfrage hat die Zeitschrift «tanz» das En­semble zur «Kompanie des Jahres» gekürt. Ausserdem wurde Helmut Lachenmanns «Das Mädchen mit den Schwefelhölzern» als «Pro­duk­tion des Jahres» aus­­gezeichnet. Christian Spucks Inszenierung, so heisst es in der Begründung, sei eine «bildgewaltige Polit­parabel».


12 Podcast

Uder NE s dcast

r! weite Die Po gehen ie g r u a­t von Dram Folgen en Neue c h e i­n s r e l ie p s ­ n he jeder Zwisc an mit n u n be von Ausga MAG-

Der Schweizer Lorenzo Viotti gehört zu den grössten inter­nationalen Hoffnungsträgern der jungen DirigentenGeneration. Mit 30 Jahren wird er Chefdirigent der Amster­damer Oper und des Netherlands Philharmonic Orchestra. Am Opernhaus Zürich leitet er die Neu­produktion von Emmerich Kálmáns «Csárdásfürstin». Mit Claus Spahn spricht er über sein Verhältnis zur Operette, seine musikalischen Zu­kunftspläne und seine künstle­rischen Wurzeln.

Unterstützt von

Foto: mauritius images / JT Vintage

Zwischenspiel Die aktuelle Podcast-Folge ist online mit Lorenzo Viotti


Wie machen Sie das, Herr Bogatu? 13

Sichtbar spektakulär Damit wir die Spielzeit 2020/21 in neuem Glanz und mit tadellos funktionierender Technik beginnen können, hat im Sommer wieder eine kleine Gruppe handwerklich sehr begabter Personen durchgearbeitet. Viele dieser Arbeiten sind unspektakulär und unsichtbar, wie z.B. der Austausch von einigen in die Jahre gekommenen Motoren und Getrieben der Obermaschinerie, die erfolgreichen TÜV-Prüfungen oder die Wartung und Instandhaltung der Gebäudetechnik. Manches ist unsichtbar spektakulär, wie z.B. die Vorbereitungsarbeiten für die Live-Übertragungen von Orchester und Chor aus dem Orchesterproberaum ins Opern­haus. Hierzu mussten Leitungen gezogen, hochkomplexe Audio- und Video-­ Schnittstellen installiert und konfiguriert werden und natürlich auch Mischpulte, Mo­nitore, Mikrofone, Kameras, Lautsprecher usw. bereitgestellt und ausprobiert werden. Der grosse Test steht noch bevor – doch bis jetzt konnte alles in Betrieb ge­ nommen werden. Manches ist sichtbar unspektakulär, wie z.B. die frisch gefüllten Container mit tonnenweise alten Leitungen, alten Schaltkästen, Bodenbelägen, uralten Regalen und anderem Schrott, der bei den Erneuerungsarbeiten anfällt und im Bereich der Anlieferung entsorgt wird. Sichtbar und spektakulär hingegen ist die Neugestaltung unseres Restaurants und die dazugehörige komplett neu eingerichtete Terrasse. Das Restaurant hat eine schöne Bar bekommen und auch mit viel Liebe zum Detail ausgesuchte Einrichtungsrequisiten, die Terrasse ein neues gemütliches Mobiliar. Unter der Terrasse jedoch verbirgt sich der grösste Aufwand unserer Sommerarbeiten: Ein abgedichtetes Dach. In den letzten Jahren hat es an verschiedenen Orten unter der Terrasse bei starkem Regen immer wieder Wassereinbrüche gegeben. Das kam durch veraltete Dichtungsbahnen der Decke. Um diese umfassend zu sanieren, fehlte in den letzten Jahren immer die dafür notwendige Zeit. Man mag es kaum sagen, aber Dank des Lockdowns hatten wir tatsächlich eine Zeitspanne gewonnen, in der wir die gesamte Terrasse abräumen und alle Steine sorgfältig von Hand beschriften und auf dem Sechseläuten­ platz aufstapeln konnten. Dann wurde die alte Abdichtung entfernt – eine wochenlange Arbeit, bei der ein Kleinbagger (die Decke trägt leider keine grösseren Maschinen) mit der Schaufel von morgens bis abends auf dem Beton herumgekratzt hat, was man bis in den letzten Winkel des Opernhauses hören konnte. Das wäre bei normalem Proben- und Spielbetrieb nicht möglich gewesen. Erst als alles abgekratzt war, wurde die neue Dichtung aufgebracht und die Terrasse konnte wieder aufgebaut werden. Das Ganze dauerte drei Monate – aber heute erstrahlt alles in neuem Glanz. Natürlich haben auch die Werkstätten und Kostümateliers durchgearbeitet, da­mit wir trotz aller Corona-bedingten Einschränkungen unsere Spielzeit mit Boris Godunow, dem Tapferen Schneiderlein, der Csárdásfürstin und Dornröschen für die herrschenden Verhältnisse sehr sichtbar und durchaus spektakulär eröffnen können.

Illustration: Anita Allemann

Sebastian Bogatu ist Technischer Direktor am Opernhaus Zürich


14 Boris Godunow

Die Ahnengalerie der Tyrannen Am 20. September eröffnen wir die neue Spielzeit mit «Boris Godunow» von Modest Mussorgski – einer russischen Oper über Machtintrigen und Gewaltherrschaft. Despotische Regierungsstrukturen haben in Russland eine lange Geschichte. Der Schweizer Slawist und Politologe Ulrich Schmid beleuchtet die Hintergründe dieser Tradition von Boris Godunow bis Wladimir Putin


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ie berühmteste Regieanweisung in der russischen Theatergeschichte lautet: «Das Volk schweigt.» Sie steht ganz am Ende von Alexander Puschkins Drama Boris Godunow, als die Menge aufgefordert wird, dem neuen Herrscher zu huldigen. In unüberbietbarer Präzision beschreibt diese Formel das Verhältnis von Machthaber und Untertanen in Russland. Anders als in Westeuropa gab es in Russland keine nachhaltige Entwicklung eines demokratischen Staatsaufbaus mit der Sicherung individueller Menschenrechte. Politische Denker haben sich bereits sehr früh zur Architektur der Macht geäussert. Die erste Staatsideologie wurde von Abt Joseph Sanin von Wolokolamsk im 15. Jahrhundert entworfen. Joseph erkannte zwar die Menschen­ natur des Monarchen an, die Macht des Zaren war aus seiner Sicht aber göttlich. Für die Ausübung der Herrschaft gab es keine Grenzen. Joseph erlaubte sogar ausdrück­ lich Intrigen und Täuschungen, um die Orthodoxie im Zarenreich zu schützen. Der im 16. Jahrhundert herrschende Iwan der Schreckliche stützte seine Regentschaft auf diese absolutistische Konzeption. Der Zar war zwar keinem politischen Gremium Rechenschaft schuldig. Umso strenger fiel aber seine Abhängigkeit von der Gnade Gottes aus, die seinen Herrschaftsanspruch begründete.


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Unsere Aufmachung auf der Doppelseite 14 /15 versammelt russische Herrscher aus vier­hundert Jahren: (von links nach rechts) Iwan, der Schreckliche, Zar Nikolaus II., Jossif Stalin, Nikita Chruschtschow, Leonid Breschnew und Wladimir Putin

Unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg legte der Regisseur Sergej Eisenstein mit dem zweiteiligen Film Iwan der Schreckliche eine filmische Parabel auf die Einsamkeit des absoluten Herrschers vor. Jossif Stalin erkannte sich sehr wohl in dieser historischen Allegorie. Am 26. Februar 1947 lud der Diktator den Regisseur und den Hauptdar­ steller in den Kreml ein, um ihnen seine Eindrücke über den Film mitzuteilen. Gönner­ haft erklärte Stalin den beiden Künstlern: «Iwan der Schreckliche war sehr grausam. Man darf seine Grausamkeit sehr wohl darstellen, aber man muss auch zeigen, warum solche Grausamkeit notwendig war. Einer von Iwans Fehlern bestand darin, dass er fünf Bojarenfamilien nicht ganz abgeschlachtet hat. Wenn er diese fünf Familien aus­ gelöscht hätte, dann hätte es die Zeit der Wirren später überhaupt nicht gegeben. Aber Iwan der Schreckliche richtete den einen oder anderen hin, bereute seine Taten später und betete lange. Gott störte ihn beim Regieren. Man hätte noch entschlosse­ ner vorgehen müssen …» Wahrscheinlich war Stalins historische Spekulation zu optimistisch. Sogar wenn Iwan der Schreckliche ein noch grösseres Blutbad angerichtet hätte, wäre es nach seinem Tod zu einem Machtvakuum gekommen. In der russischen Geschichtsschrei­ bung wird das fünfzehnjährige Interregnum zu Beginn des 17. Jahrhunderts als «Zeit der Wirren» bezeichnet. Die Zeit zwischen dem letzten Rurikiden-Herrscher und dem ersten Romanow-Zaren war von Machtgerangel und Fremdherrschaft gekenn­ zeichnet. Zunächst konnte der Emporkömmling Boris Godunow (1552-1605), der in die Familie Iwans des Schrecklichen eingeheiratet hatte, die Regierungsgeschäfte an sich reissen. Später liess er sich sogar zum Zaren krönen. Seine Herrschaft wurde vom Verdacht überschattet, er habe den rechtmässigen Zarewitsch Dimitri umbringen lassen, um selbst den Thron besteigen zu können. Ob Godunow tatsächlich die Schuld am Tod seines minderjährigen Rivalen trägt, ist historisch nicht gesichert. Allerdings bot allein schon das Gerücht reiche Inspiration für zahlreiche künstlerische Bearbei­ tungen dieses Stoffes – von Alexander Puschkin bis Alexej Tolstoj und von Friedrich Schiller bis Volker Braun. Stalins rabiate Handlungsanweisung an Iwan den Schrecklichen half auch in seinem eigenen Fall nicht. Die Zahl der Opfer seiner Säuberungen geht zwar in die Millionen, dennoch konnte er sein Schreckensregime nicht etablieren. Nach Stalins Ableben war nicht klar, wer die Herrschaft übernehmen würde. Der ehemalige Ge­ heimdienstchef Lawrenti Beria, der Stalin an Brutalität nicht nachstand, erhob An­ spruch auf die Führung. Allerdings ging sein Plan einer deutschen Wiedervereinigung dem Politbüro zu weit. Beria wurde entmachtet und hingerichtet. An der Spitze von Partei und Staat setzte sich der unwahrscheinliche Kandidat Nikita Chruschtschow durch, der ursprünglich nur an fünfter Stelle der Politbüro-Hierarchie gestanden hatte. Es gibt eine ganze Reihe von Parallelen beim historischen Schicksal der beiden Tyrannen. Sowohl Iwan der Schreckliche als auch Stalin hatten ihre Erstgeborenen auf dem Gewissen: Iwan erschlug den Thronfolger im Streit, Stalin weigerte sich, seinen Sohn aus der deutschen Kriegsgefangenschaft auszulösen. Die Todesumstände beider Tyrannen sind nicht restlos geklärt und haben Anlass zu weitläufigen Verschwö­ rungstheorien gegeben. Schliesslich profitierte in beiden Fällen der Nachfolger vom Kontrast, den die eigene Politik gegenüber der alten Schreckensherrschaft markierte. Boris Godunow gilt seit Alexander Puschkins Drama als negative Figur in der russischen Geschichte. Das Image des glücklosen Zaren untermauerte der Komponist Mussorgski mit einem weiteren Schlag: In seiner Oper wird Godunow vom Geist des ermordeten Zarewitsch heimgesucht – damit erscheint seine Schuld als erwiesen. Diese Legende verweist auf ein zentrales Problem russischer Herrschaft: Der Zar wurde vom einfachen Volk aufgrund seiner dynastischen Herkunft anerkannt. Sobald diese Kette der Machtübergabe unterbrochen wurde, bröckelte die Legitimation des Herrschers. Zu Beginn des 17. Jahrhunderts profitierte die polnisch-litauische Adelsrepublik von der Schwäche des Zarenreichs und besetzte mit ihrer Armee Moskau. Erst gegen Ende des Jahres 1612 gelang es der russischen Landwehr, die Polen zu ver­treiben. Seit 2005 erinnert der «Tag der Einheit des Volkes», der immer am 4. November gefeiert


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wird, an dieses historische Ereignis. Präsident Putin war auf der Suche nach einem Ersatz für den diskreditierten Feiertag der Oktoberrevolution und schwor seine Na­ tion auf den Sieg über die polnische Besatzungsmacht ein. Dieses Ereignis markierte auch das Ende der «Zeit der Wirren», die bis heute als Schreckgespenst durch die Regierungshallen des Kremls geistert. Wie wichtig die dynastische Kontinuität für die Herrschaftssicherung war, zeigen frühe Urkunden des ersten Romanow-Zaren Michail, der sich nach der Thronbestei­ gung im Jahr 1613 als «Enkel» des Rurikiden Iwans des Schrecklichen bezeichnete. Die Herrschaft der Romanows, die auf die «Zeit der Wirren» folgte, sollte mehr als 300 Jahre dauern – bis zur Februarrevolution 1917. Legitimitätskrisen gab es in dieser langen Zeit relativ selten, aber sie kamen vor. So gelangte Katharina die Grosse aufgrund einer Palastrevolte im Jahr 1762 an die Macht – ihr Ehemann, Zar Peter III., kam dabei unter ungeklärten Umständen ums Leben. Ebenfalls einem Putsch fiel Paul I. im Jahr 1801 zum Opfer. Sein Sohn, der spätere Zar Alexander I., gab sein Einver­ ständnis für das Erzwingen der Abdankung und fragte, ob denn auch Gewalt ange­ wendet werden solle. Der Anführer der Verschwörer beschied ihm darauf vieldeutig, dass man Eier zerschlagen müsse, wenn man ein Omelette machen wolle. Eine Ironie des Schicksals wollte es, dass auch nach dem Tod Alexanders I. im Jahr 1825 eine Zäsur in der Fortführung der Zarenherrschaft entstand. Eine Reihe junger Adliger setzte sich für eine republikanische Revolution ein. Allerdings scheiterte der sogenannte Dekabristenaufstand jämmerlich. Die Aufständischen marschierten auf dem Senatsplatz der Hauptstadt St. Petersburg auf und blieben dort stehen, bis sie von regierungstreuen Truppen verhaftet wurden. Das umstehende Volk verstand nicht einmal, was mit der geforderten Verfassung (russ: «konstituzija») gemeint war und feierte in seinen Hochrufen den regulären Thronfolger Konstantin und «seine Frau Konstituzija». Allerdings war nicht nur das Herrschaftsverständnis des einfachen Volkes mangel­ haft ausgebildet. Dasselbe gilt auch für die anachronistische Auffassung des Gottes­ gnadentums bei den Zaren. Noch kurz vor seiner Abdankung beschied Nikolaus II. dem britischen Botschafter, der ihn auf seine schwindende Popularität ansprach: «Meinen Sie nun, dass ich das Vertrauen meines Volks zurückgewinnen muss, oder meinen Sie nicht vielmehr, dass mein Volk mein Vertrauen zurückgewinnen muss?» Schon nach der ersten russischen Revolution von 1905 hatte Nikolaus II. seinem Volk nur widerwillig ein «Grundgesetz» zugestanden, in dem die Einrichtung eines Parla­ ments angekündigt wurde. Allerdings nutzte Nikolaus später jede Gelegenheit, um die Duma aufzulösen. In diesem Sinne war der letzte Zar der beste Komplize Lenins, für den die Devise «Je schlechter, desto besser» galt: Je schlechter die Bürger in das politische System eingebunden waren, desto besser standen die Chancen für einen radikalen Machtumsturz. Die «Oktoberrevolution», die später von den Sowjets mit tatkräftiger Hilfe des Regisseurs Eisenstein als Aufstand der empörten Massen gegen eine ungerechte Regierung gefeiert wurde, war jedoch in Tat und Wahrheit ein Staatsstreich. Das Verhältnis von Herrschaft und Volk wurde während der Sowjetzeit nicht von der politischen Realität, sondern von der marxistischen Ideologie definiert. Das sowjetische Verständnis von «Demokratie» unterscheidet sich radikal von der aufklä­ rerischen Tradition. Schon bei Marx ist die Demokratie gerade kein Garant für die Ausübung politischer Bürgerrechte, sondern umgekehrt ein Unterdrückungsinstru­ ment in den Händen der kapitalistischen Ausbeuter. Bei allen Sowjetführern lässt sich der verzweifelte Versuch beobachten, dem Westen die angebliche Überlegenheit des eigenen Systems vor Augen zu führen. Besonders deutlich lässt sich das am raschen Wechsel der sowjetischen Verfassungen der Jahre 1918, 1924, 1936 und 1977 ablesen. Die erste Verfassung von 1918 wird in klarer Analogie zur französischen Deklaration der Menschenrechte von 1789 durch eine «Erklärung der Rechte der Werktätigen und Ausgebeuteten» eröffnet. Als Staatsform etabliert sie explizit eine «Diktatur des Proletariats», die kommissarisch von der Kommunistischen Partei ausgeübt wird. Ihr politisches Mandat bezogen die bolschewistischen Herrscher gerade nicht aus einer


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demokratischen Wahl, sondern aus den ehernen Gesetzen der marxistischen Geschichts­ philosophie. Im berühmten «Kurzen Lehrgang», an dem Stalin höchstpersönlich in den dreissiger Jahren mitgeschrieben hat, kann man diesen umfassenden Wahrheits­ anspruch nachlesen: «Die Kraft der marxistisch-leninistischen Theorie besteht darin, dass sie der Partei die Möglichkeit gibt, sich in der jeweiligen Situation zu orientieren, den inneren Zusammenhang der um sie herum geschehenden Ereignisse zu verstehen, den Gang der Ereignisse vorauszusehen, und nicht nur zu erkennen, wie und wohin sich die Ereignisse gegenwärtig entwickeln, sondern auch, wie und wohin sie sich künftig entwickeln müssen.» Dieses überbordende Selbstbewusstsein wurde in der Stalin-Verfassung von 1936 kodifiziert. Sie schützte das Eigentum und sah auch ein Erbrecht vor. Auch die Rede-, Presse- und Versammlungsfreiheit war auf dem Papier garantiert, allerdings mit dem entscheidenden Zusatz «in Übereinstimmung mit den Interessen der Werktätigen und zur Festigung der sozialistischen Ordnung». Sogar ein Recht auf Erholung wurde verbrieft. In der Breschnew-Verfassung von 1977 kommt das Wort «Demokratie» konsequenterweise nicht in Reinform vor. Entweder ist von «wahrer Demokratie» oder von «demokratischem Zentralismus» die Rede. In beiden Fällen verweisen die Formulierungen auf den Anspruch der Partei, den Willen des Volkes besser als das Volk selbst verstehen und umsetzen zu können. Die jahrzehntelange Gängelung der Sowjetbürger zog ein «schweigendes Volk» in Puschkins Sinne heran. Die neunziger Jahre waren von einem erbitterten Kampf um die Staatsmacht geprägt. Boris Jelzin, der Held bei der Abwehr des Moskauer August-Putsches von 1991, entwickelte sich zu einem aufgedunsenen Alkoholiker, der auf Pressekonferenzen auch schon mal Deutschland und Japan als Atommächte bezeichnete und sich am Schluss kaum mehr selbst auf den Beinen halten konnte. Seine Wiederwahl als Präsident im Jahr 1996 kam nur aufgrund von ausgeklügelten «Polittechnologien» zustande, weil man um jeden Preis seinen kommunistischen Rivalen ausschalten wollte. Der Oppositionspolitiker Alexej Nawalny unterstützte da­mals die Beeinflussung der Öffentlichkeit zugunsten von Jelzin. Im Rückblick be­ urteilt er sein Verhalten jedoch selbstkritisch: Nawalny glaubt heute, dass ein kommu­ nistischer Präsident in einer überschaubaren Amtszeit von vier Jahren wenig Schaden hätte anrichten können. Viel schlimmer sei die nachhaltige Diskreditierung der de­ mo­kratischen Institutionen, von der das System Putin bis heute profitiere. Wladimir Putin wurde 1999 von Boris Jelzin selbst auf den Schild gehoben. Seither regiert Putin aus offiziellen und inoffiziellen Positionen das Land mit eiserner Hand. Lange Zeit genoss er hohe Zustimmungsraten, die nach der Annexion der Krim im Jahr 2014 sogar durch die Decke schossen. Bis vor kurzem beruhte der Gesellschaftsvertrag in Russland auf der Losung: «Enrichissez-vous, mais ne vous indignez pas!» (Bereichern Sie sich, ohne sich zu beschweren!) Soziologische Langzeit­ untersuchungen zeigen, dass in der gesamten Ära Putin jeweils nur gerade zwei bis fünf Prozent der Befragten glauben, einen Einfluss auf die Situation im Land zu haben. Mittlerweile ist der Führung im Kreml ebenfalls klar, dass ihr sorgfältig kon­ struiertes Modell der «gelenkten Demokratie» nicht nachhaltig funktioniert. Die Verfassungsreform, über die am 1. Juli 2020 abgestimmt wurde, will deshalb in Russ­ land ein «einheitliches System der öffentlichen Herrschaft» etablieren. Der Deal besteht darin, dass die politische Teilhabe der russischen Staatsbürger auf das Vertragsverhält­ nis einer Sozialversicherung reduziert wird: Die Verfassung garantiert neu einen Mindestlohn und indexiert die Renten. Dafür wird alle politische Macht an ein straff zentralisiertes Verwaltungssystem delegiert. Eine Ironie des Schicksals will es, dass die Kampagne für die Verfassungsreform ausgerechnet mit Alexander Puschkins Kopf warb: Das russische Volk schwieg sich mit fast 78 Prozent Zustimmung für die Bei­ behaltung des Systems Putin aus.


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Eine Landschaft aus Paranoia und Schlaflosigkeit Mit Modest Mussorgskis Oper «Boris Godunow» bringt das Opernhaus Zürich zum Saisonstart ein Meisterwerk der russischen Oper auf die Bühne. Für Regisseur Barrie Kosky weist das tiefgründige Werk weit in die Zukunft, ein faszinierender Polit-Thriller von Shakespearehaften Dimensionen Probenbilder Andrin Fretz

Regisseur Barrie Kosky auf der Probe

Barrie, die Salzburger Festspiele und die Staatsoper Hamburg haben ihre Neuproduktionen von Boris Godunow in dieser Spielzeit wegen Corona ver­ schoben, du hast dich hingegen bereit erklärt, dieses Projekt in Zürich trotzdem zu verwirklichen. Gehört dazu auch eine Portion Verrücktheit, oder liebst du ganz einfach die Herausforderung? Beides. Dazu kommt, dass ich ja nicht nur Regisseur bin, sondern auch Intendant an der Komischen Oper Berlin, und als Intendant musste ich mich sehr früh mit der Frage beschäftigen, ob und wie Musiktheater in dieser Pandemie möglich ist. Ich habe daher schnell auch über neue Lösungen für den Zürcher Boris Godunow nachgedacht und unser Konzept, das ich mit meinem Team während drei Jahren


entwickelt habe, in meinem Kopf hin und her gewälzt und nach neuen Ansätzen ge­ sucht. Andreas Homoki und ich waren uns einig, dass wir unbedingt versuchen müssen, diesen Boris auf die Bühne zu bringen. Es ging uns auch darum, ein Zeichen zu setzen und zu unseren Sängerinnen und Sängern zu stehen. Für mich ist es sehr wichtig, in dieser schwierigen Zeit pragmatisch und kreativ zu sein. Von Boris Godunow heisst es immer wieder, der eigentliche Protagonist dieser Oper sei das russische Volk. Einen Chor auf der Bühne zu haben ohne Ein­ haltung der Abstandsregeln, ist momentan aber nicht möglich. Als mir Andreas von der Lösung erzählte, dass Chor und Orchester vom Orchesterproberaum am Kreuzplatz live ins Opernhaus übertragen werden sollen und er mich fragte, ob ich mir vorstellen könnte, eine Inszenierung ohne Chor auf der Bühne zu machen, habe ich ihn um 24 Stunden Bedenkzeit gebeten. Ich hatte bereits ein paar Ideen, aber sie waren noch sehr abstrakt. Unser Konzept spielt sowie­­so in einem zeitlosen Raum, in einer Bibliothek. Ich habe mir gesagt: Was wäre, wenn wir hier noch radikaler werden und unser Konzept zuspitzen? Ich will jetzt nichts


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verraten, aber es hat sich in den ersten Probetagen gezeigt, dass die blosse vokale Anwesenheit des Chores im Raum, als innere Stimme hochinteressant ist. Dass dieses Experiment klappen kann, hängt aber auch mit der Dramaturgie des Stücks zusammen: Der Chor agiert sowieso ziemlich unabhängig von den Haupt­dar­ stellern. Mussorgski denkt in grossen Tableaux.

Michael Volle (rechts) debütiert in Zürich als Boris Godunow. (links: Savelii Andreev, Leibbojar)

Das Volk ist in dieser Oper für das politische Spiel der Mächtigen sowieso ir­ relevant. Das Volk ist ein eigener Kosmos. Das gilt aber auch für die Hauptdarsteller, deren Wege sich zum Teil nie kreuzen – ganz anders als in Opern von Mozart, Puccini oder Janáček, die von den Interaktionen der Figuren leben. Das macht es für uns geradezu zum perfekten Corona-Stück. Durch die Abwesenheit des Chores und das Fehlen des Spektakels wird die Einsamkeit der Figuren noch deutlicher, denn diese äussern sich hauptsächlich in Monologen. Sie sind einsame Planeten, von Melancholie und Trauer umgeben. Mussorgski interessiert das persönliche Schicksal dieser Individuen, deren Emotionen. Seine Musik ist für mich die Musik der Träume und Halluzinationen. Mussorgski träumt russische Geschichte, ohne uns eine trockene Geschichtslektion zu verpassen. Er malt eine Landschaft aus Angst, Paranoia, Misstrauen und Schlaflosigkeit, einen Polit-Thriller ganz ohne Dogma. Ich habe mir für Zürich die lange Fassung mit dem Polen-Akt und dem Revolutionsbild gewünscht, in der Instrumentation von Mussorgski. Hier entwirft Mussorgski ein breites gesellschaftliches Panoptikum. Wir erleben den Zaren mit seinen Kindern im Palast, tauchen in die religiöse und politische Welt ein, eine Wirtin erscheint, dann eine polnische Prinzessin, allesamt verlorene Menschen. Man fühlt die Last der Geschichte auf den Schultern dieser Menschen. Was ist für dich das Besondere an Mussorgski als Komponist? Mussorgski hat dieses atemberaubende Verständnis für psychologische Vorgänge. Er ist der einflussreichste russische Komponist überhaupt, am ehesten noch mit Strawinsky im 20. Jahrhundert vergleichbar. Alle waren sie von ihm fasziniert: Rimski-Korsakow, Schostakowitsch, auch Tschaikowsky insgeheim, obwohl ihm Mussorgski wohl zu radikal erschien. Mussorgski galt zu seinen Lebzeiten als ein Komponist, der sein Handwerk nicht richtig verstand, dessen chaotischen Arbeitsprozess man beargwöhnte, und der angeblich nicht für Stimmen komponieren konnte. Die sehr besondere harmonische Struktur, die seltsame Klangwelt und ungewöhnliche Orchestrierung seiner Werke verstörten. Aber Mussorgski war seiner Zeit voraus und vermittelt uns einen Hauch von dem, was dann später im 20. Jahrhundert richtig explodieren wird. In Boris Godunow experimentiert Mussorgski mit einer Theaterform, die gegen die Belcanto-Tradition geht, gegen die Barock­ Tradition, gegen den Wagnerismus. Er erschafft etwas vollkommen Neues, auch wenn er natürlich aus der russischen Oper kommt und in der Tradition von Glinka steht: Das Stück ist eine Kombination aus russischem Verismo und einem Parlando-­ Ton, den Debussy und Janáček im 20. Jahrhundert weiterentwickeln sollten. Eine der unkonventionellsten Szenen in Boris Godunow ist die Krönungsszene. Während Boris die Zarenkrone erhält, erleben wir ihn nicht als strahlenden Helden, sondern Mussorgski lenkt den Blick in dessen Innerstes: Boris’ Seele «zittert». In dieser Deutlichkeit steht das nicht bei Puschkin, dessen gleich­ namiges Theaterstück Mussorgski als Vorlage diente. Das ist eben die Genialität Mussorgskis und ein Beweis für seinen Theaterinstinkt. Man erwartet den grossen Auftritt von Boris, das ganze Spektakel mit den Glocken und den Jubel-Rufen des Chores – und was macht Mussorgski? Boris hebt an mit einem melancholischen Monolog, gewissermassen seiner Winterreise. Wir er­leben einen verängstigten, misstrauischen Menschen, der zum Zeitpunkt der Inthronisation bereits gescheitert ist. Gleichzeitig ist der Jubel der Menge ja nicht


Boris Godunow Oper von Modest Mussorgski Musikalische Leitung Kirill Karabits Inszenierung Barrie Kosky Bühnenbild Rufus Didwiszus Kostüme Klaus Bruns Lichtgestaltung Franck Evin Choreinstudierung Ernst Raffelsberger Dramaturgie Kathrin Brunner Boris Godunow Michael Volle Xenia Lina Dambrauskaité Fjodor Solist des Tölzer Knabenchors Amme Irène Friedli Wassili Iwanowitsch Schuiski John Daszak Andrei Schtschelkalow Konstantin Shushakov Pimen Brindley Sherratt Grigori Otrepjew / Der falsche Dimitri Edgaras Montvidas Marina Mnischek Oksana Volkova Rangoni Johannes Martin Kränzle Warlaam Alexei Botnarciuc Missail Iain Milne Schenkwirtin Katia Ledoux Gottesnarr Spencer Lang Polizeioffizier Valeriy Murga Philharmonia Zürich Chor, Chorzuzüger und SoprAlti der Oper Zürich Statistenverein am Opernhaus Zürich Unterstützt von Atto primo Premiere 20 Sep 2020 Weitere Vorstellungen 23, 26 Sep; 9, 16, 20 Okt

ungebrochen, wie es in Opern von Borodin oder Glinka der Fall wäre, sondern die «Slava»-Rufe sind genauso vorgespielt. Das Volk wurde zum Jubeln gezwungen. Die Menschen haben Angst – alle haben Angst. Boris ist ein Machtmensch, der Sünden auf sich geladen hat und vermutlich mit dem Zarewitsch Dimitri ein Kind getötet hat. Und dennoch entsteht die paradoxe Situation, dass wir mit ihm leiden und Sympathie für ihn empfinden. Das ist purer Shakespeare, wie wir es von seinem Richard II., Richard III. oder Macbeth kennen: Durch die emotionale Ehrlichkeit, durch die Komplexität der psychologischen Dimension wird ein zunächst unsympathischer Typ zu einem Menschen, dessen Leid wir teilen. Der historische Boris hat für Russland ja auch viele gute Dinge gemacht, aber auch viele furchtbare, wie fast alle Diktatoren. Mussorgskis Boris hat mehrere Gesichter. Er ist ehrgeizig und ein Manipulator, ein skrupelloser Machtmensch und gleichzeitig besorgter Staatsmensch. Ein Zweifler, dessen schlechtes Gewissen und Schuld ihn niederdrücken. Damit kann er nicht um­gehen. Das ist eben Mussorgskis Genie, dass er eine historische Geschichte schreibt – die Geschichte von Boris Godunow, die aber letztendlich eine sehr persönliche und tieftragische Geschichte ist. In dieser Oper wird Geschichte nicht nur leibhaftig erlebt, sondern durch die Figur des Mönchs Pimen auch aktiv niedergeschrieben. Welcher andere Komponist würde sich trauen, eine fast 20-minütige Szene über einen alten Mönch zu schreiben, der an der Chronik Russlands sitzt? Was für eine kühne Idee! Ich kenne nichts Vergleichbares in der Opernliteratur. Dramatisch passiert eigentlich nichts. Und trotzdem ist kein einziger Takt belanglos, sondern alles ist hochemotional und hochkomplex. Als Zuschauer sitzt man gebannt auf der Stuhlkante. Das Dokumentieren des Erlebten hat sich Pimen zu seiner Lebens­ aufgabe gemacht. Er weiss, dass er bald sterben wird und mit seinem Opus magnum wohl nie zu Ende kommen wird. Die Szene führt uns aber zu einer noch viel grösseren Frage, die dieses Stück aufwirft, nämlich: Wer schreibt eigentlich Geschichte und für wen? Wie wird sie interpretiert und wie erinnert? Was ist die Wahrheit? Geschichte ist nie objektiv. Geschichte ist für mich wie eine Parade von Geistern. Es ist eine theatralische Metapher und die Protagonisten der Geschichte gleichsam die Geister auf dieser Bühne, die ihre Versionen der Ereignisse zu artikulieren versuchen. Gemeinsam mit meinem Bühnenbildner Rufus Didwiszus sind wir daher auch auf die Bibliothek als Raum gekommen, einem magischen Ort. Und da kann es durchaus sein, dass die Bücher, dass die Geschichte zu singen anfängt... Boris Godunow spielt in der sogenannten «Zeit der Wirren», eine Zeit der Destabilisierung der Gesellschaft und der instabilen Machtverhältnisse. Gibt es für dich Parallelen zu heute? Wir spielen dieses Stück während der schlimmsten Pandemie der vergangenen 100 Jahre – da gibt es ein ähnliches unsicheres Grundgefühl. Kommt dazu, dass wir mitten in der Probenzeit von den Ereignissen in Weissrussland eingeholt wurden. Man geht nach Hause, sieht im Fernsehen die Bilder, hört, was die Menschen dort sagen, was Lukaschenko sagt – es ist fast eins zu eins das, was wir auch im Boris erleben. Ich muss das in meiner Inszenierung nicht aktualisieren, denn die Worte und die Situationen sprechen für sich selbst. Zeitlosigkeit ist immer ein Zeichen von grosser Kunst. Das sehen wir bei Shakespeare, Euripides, Tschechow, den guten Brecht-Stücken, bei Mozart, Verdi, Wagner oder Janáček. Mussorgski geht mit dem letzten Bild der langen Fassung, der Szene bei Kromy, noch einen Schritt weiter, indem er eine Art Apokalypse beschreibt – eine Szene, die bei Puschkin nicht vorkommt. Ein ausgelassener Mob tobt, die Mönche Missail und Warlaam werden zu apokalyptischen Wanderpredigern:


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John Daszak als intriganter Fürst Wassili Schuiski

Die Welt sei «ins Wanken geraten». Das Bild von Kromy ist eine dystopische Beschreibung einer Gesellschaft, die komplett auseinanderbricht. Eine verkehrte Welt, eine Welt der Selbstjustiz, der sinnlosen Gewalt und des Chaos. Dass nach der atemberaubenden Todesszene von Boris überhaupt noch etwas kommen kann, ist eigentlich unvorstellbar. Aber in Kromy kollidiert alles auf einer höheren Ebene. Am Ende singt dann der Narr. Eine fast vierstündige Oper über Boris Godunow und über ein Kapitel russischer Geschichte – und wer hat das letzte Wort? Der Narr. Einfach genial. Welche persönliche Bedeutung hat Boris Godunow für dich? Mein Grossvater kam aus Weissrussland. Von ihm habe ich als Teenager alte russische Schallplatten geerbt, darunter war auch die berühmte Aufnahme mit Schaljapin als Boris aus den 1920er-Jahren. Man kann sich heute kaum vorstellen, welcher Star Schaljapin damals war und welch ein hervorragender Darsteller! Schaljapin hat sogar Filme gedreht, russische Schauspieldirektoren wollten ihn für ihre Stücke en­ga­gieren. Seine Deklamation war unerreicht. Er hat sich nicht davor gefürchtet, unge­wöhnliche oder unmusikalische Töne zu produzieren. Die Halluzinationen, wenn Boris das tote Kind vor sich sieht, die Todesszene, die Schaljapin so grandios gesungen hat, haben mich damals absolut verzaubert. Durch diese Stimme habe ich Mussorgski, ja die Oper insgesamt, kennen- und liebengelernt. Was schätzt du an Michael Volle, der jetzt den Zürcher-Boris singt? Es war mein Wunsch, Michael dafür anzufragen. Ich musste ihn dazu richtiggehend überreden, denn sein Einwand war natürlich sofort, dass Boris eine Rolle für einen Bass sei und also nicht für seine Stimmlage. Doch das ist ein Missverständnis. Mussorgski schrieb die Rolle ursprünglich für einen Bariton oder Bassbariton, denn bei der Uraufführung wurde Boris von Iwan Melnikow verkörpert, der auch Graf Tomski in Tschaikowskys Pique Dame sang – eine Baritonpartie. Mussorgskis In­ten­­tion war wahrscheinlich, Boris’ Stimme irgendwo zwischen Pimen, der die eigent­lich grosse Bassrolle in diesem Stück ist und Warlaam, anzusiedeln. Wären alle drei Bässe, würde es eindimensional. Für mich bringt Michael etwas auf die Bühne, was kein Bassist, der normalerweise Philipp II. aus Don Carlos singt, erfüllen kann: Michael hat einen Wotan, einen Hans Sachs und einen Fliegenden Holländer in seiner Seele. Das ist eine Dimension, die man nicht inszenieren kann. Das Gespräch führte Kathrin Brunner


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Weisst du, Gl


wie lang noch der obus sich dreht,‌


Nijinski

…ob es morgen nicht schon zu spä Emmerich Kálmáns «Csárdásfürstin», die am 25. September Premiere hat, ist mehr als eine leichtfüssige Operette. Entstanden zu Beginn des Ersten Weltkriegs, erzählt sie auch von einer grossen Krise. Ein Gespräch mit dem Regisseur Jan Philipp Gloger über eine schwierige Inszenierungs-Gratwanderung zwischen Witz und Katastrophe, grossen Gefühlen und Zeitkritik Fotos  T + T, Toni Suter


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t?


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Jan Philipp, eigentlich hätte unsere Premiere von Emmerich Kálmáns Csárdás­­ fürstin im April diesen Jahres stattfinden sollen. Dann kam die Corona-Pan­ demie und hat alle Pläne über den Haufen geworfen. Jetzt wird sie, wenn alles gut geht, am 25. September Premiere haben. Die Entstehungsgeschichte dieser Neuproduktion ist so abenteuerlich wie die Zeit, in der sie erarbeitet wird. Das kann man so sagen. Wir waren nach drei Probenwochen gerade zum ersten Mal durch das Stück und haben – ohne Witz – an einem Freitag, dem 13. an der letzten Szene und der Textzeile gerarbeitet «Weisst du, wie lang noch der Globus sich dreht, ob es nicht morgen schon zu spät», als der Intendant auf der Probebühne er­schien und wegen Corona alle auf der Stelle nach Hause geschickt hat. Die Wirklichkeit war in diesem Moment noch absurder und theatralischer als die Operette selbst. Es war anschliessend in der Phase des strengen Lockdowns fraglich, ob die Produktion überhaupt je zu Ende geprobt werden kann. Aber das Opernhaus hat dann mit den ersten Lockerungen Anfang Juli die Künstler wieder zusammentrommeln und zehn Probentage möglich machen können. In dieser Phase haben wir die Inszenierung szenisch zu Ende gearbeitet und an die Corona-­ bedingungen angepasst. Die Endproben, in denen alles zusammengefügt wird, werden nun sehr gedrängt im September stattfinden auf einer Spielplanposition, auf der eigentlich die Wiederaufnahme der Csárdásfürstin geplant war, die nun aber zur Premiere wird. Organisatorisch war das alles hochkompliziert, aber wir sind natürlich wahnsinnig froh, dass wir das Stück zeigen können. Gerade weil es so gut in diese Zeit passt. Was bekommt denn das Publikum in deiner Inszenierung geboten, den vollen Operettenspass oder nur ein Corona-Notprodukt? Hoffentlich eine Menge Operettenspass. Aber wir mussten die ursprüngliche In­sze­nierung wegen der Corona-Restriktionen schon verändern. Operette lebt von Opulenz, zieht alle theatralen Register – und Corona steht dem im Weg. So wird etwa der Chor szenisch nicht auf der Bühne anwesend sein. Er ist nur musikalisch präsent in Form der Live-Zuspielungen, für die man sich in Zürich entschieden hat, und die natürlich auch das Orchester betreffen. Allerdings sind unsere acht Tän­ zerinnen und Tänzer weiterhin dabei, die alle musicalgeschult sind und auch singen können. Sie dürfen ohne Abstand szenisch agieren, weil sie eine sogenannte In­ fektionsgruppe bilden, die das Schutzkonzept des Opernhauses als Möglichkeit vorsieht. Abgesehen von diesen Infektionsgruppen, zu denen sich auch die beiden Hauptdarstellerpaare freiwillig zusammengetan haben, werden wir auf der Bühne Abstand halten, was bei der Operette, die ja stark von Körperlichkeit und Erotik lebt, nicht ganz leicht fällt. Bei der Bühne, den Kostümen und der konzeptionellen Grundanlage der Inszenierung allerdings können wir alles so realisieren, wie es ursprünglich geplant war, mal abgesehen davon, dass das Opernhaus – weil Ulf Schirmer aus Termingründen absagen musste – ganz kurzfristig einen neuen Dirigenten engagiert hat, nämlich Lorenzo Viotti, der im Juli dazukam und mit viel Lust und Ideen wie ein Wirbelwind in die Produktion eingestiegen ist. Konkret gefragt: Was geht szenisch in dieser Csárdásfürstin? Geht tanzen? Ja, das ist möglich, aber nur innerhalb der jeweiligen Infektionsgruppe, bei den Solis­ten also nur mit dem Partner. Partner ja, Partnertausch nein – das ist doch ein interessantes Corona-Motto für eine Operette. Anfassen? Jenseits der Infektionsgruppen nein. Aber wir tricksen manchmal mit desinfizierten Handschuhen. Küssen? Verboten.


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Empfindest du die Corona-Einschränkungen als Amputation der Kunstform Theater? Ja, klar. Wir lassen uns zwar auf die Bedingungen ein, um uns über eine schwierige Zeit hinwegzuretten, aber das kann kein Dauerzustand sein. Natürlich müssen Regisseure immer irgendwie mit der Endlichkeit von künstlerischen Ressourcen klarkommen, aber dass die Einschränkungen ausgerechnet in die Körperlichkeit des Theaterspiels eingreifen, ist schwer auszuhalten. Ich komme ja vom Schauspiel, meine Mission ist die grösstmögliche Lebendigkeit des szenischen Spiels! Der steht die Corona-Pandemie so feindlich entgegen wie in keiner anderen Kunstform. Wichtig ist aber auch: Meine szenischen Möglichkeiten mögen eingeschränkt sein, meine Lust, eine pralle Operette auf die Bühne zu bringen, ist es nicht. Du hast gesagt, das Stück passe sehr gut in unsere Zeit. Worin besteht denn die Relevanz dieser Geschichte für uns heute? Die Handlung spielt in den späten Tagen der österreichisch-ungarischen Monarchie, lebt vom Standesunterschied zwischen einem hochwohlgeborenen Grafen und einer Varieté-­ Chansonette, beschwört Balkan-Folklore und walzertrunkene Wien-Seligkeit. Das Stück erzählt von einer Gesellschaft, die notorisch über ihre Verhältnisse lebt. Die Akteure ignorieren die Zeichen einer drohenden Katastrophe und gehen fröhlich feiernd über sie hinweg. Die Csárdásfürstin ist bei aller guten Laune ein Krisenstück. Emmerich Kálmán hat diese Operette unmittelbar vor Beginn des Ersten Weltkriegs zu schreiben begonnen in einem Moment, in der ein ganzer Kontinent optimistisch gestimmt war, sich selbst geradezu überdreht gefeiert hat, um dann blauäugig in die Kriegskatastrophe zu steuern. Diese Situation ist dem Stück tief eingeschrieben. Kálmán musste die Komposition wegen des Kriegsausbruchs unterbrechen. Die für 1914 vorgesehene Uraufführung wurde abgesagt, weil die Theater vor­ übergehend geschlossen waren. Er hat das Stück nach Kriegsbeginn zu Ende komponiert und im zweiten und dritten Akt mit den Texten und der Musik auf die aktuelle Stimmungslage reagiert. Genau. Deshalb tauchen in der Csárdásfürstin Zeilen auf wie «Mag die ganze Welt versinken, hab ich dich» oder «Hurra, man lebt ja nur einmal, und einmal ist keinmal». Das Stück weiss um die nahende Katastrophe, überspielt sie aber und thematisiert gleichzeitig die Verdrängung. Sorglos über die Verhältnisse zu leben, ist für mich ein markantes Kennzeichen unserer Gegenwart. Und die Pandemie lehrt uns jetzt, dass solche Sorglosigkeit völlig unangemessen ist angesichts der globalen Probleme, denen wir uns gegenüber sehen. In der Csárdásfürstin wird alles Krisenhafte vom Tisch gewischt, wenn Graf Boni singt «Ganzes Dasein ist ein Schmarren, Freunderl sei gescheit, heut’ in fünfzig Jahren leben andere Leut’». Das heisst doch nichts anderes als: Lasst uns jetzt leben und nicht an zukünftige Ge­ nerationen denken. Das ist genau das, was Greta Thunberg und ihre Bewegung den politisch Handelnden vorwerfen. Zur Entstehungszeit der Csárdásfürstin war die Katastrophe der Erste Weltkrieg, heute werden wir von Pandemien heimgesucht, an deren Ausbruch die Zivilisation ja nicht ganz unschuldig ist. Es schmelzen die Polkappen, die Ozeane sind vermüllt, mächtige Männer veranstalten politischen Irrsinn, die Schere zwischen Arm und Reich geht immer weiter auseinander, ein entfesselter Finanzkapitalismus entzieht sich der gesellschaftlichen Verantwortung usw. Als wir uns das Inszenierungskonzept ausgedacht haben, gab es Corona natürlich noch nicht. All diese Themen halten Einzug in deine Inszenierung? Wir hatten die Idee, die Csárdásfürstin als eine Kreuzfahrt in den Untergang zu erzählen. Unser Schiff ist eine Luxusjacht, auf die sich Superreiche wie auf eine Insel der Seligen zurückgezogen haben. Sie verschliessen die Augen vor den Anzeichen


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links: Eine inszenierte Südsee-Show für die reichen Touristen rechts: Sylva (Annette Dasch) hat die Nase voll von der ewigen Partylaune, Boni (Spencer Lang) und Feri (Martin Zysset) verstehen das nicht

der Katastrophen, von denen sie umgeben sind, und sie überspielen mit Csárdásund Walzerschwung auch ihre persönlichen Beziehungskatastrophen. Denn natürlich wird die Csárdásfürstin, wie jede Operette, getragen von Liebesgeschichten. Auch im Privaten agieren die Hauptfiguren mit einer Haltung der Verdrängung, die zu konfliktreichen Verstrickungen führt. Man denkt unweigerlich an die Titanic, die zwei Jahre vor der Entstehung der Csárdásfürstin gesunken ist. Unser Schiff ist zwar auch dem Untergang geweiht, aber es ist, wie gesagt, eine Luxusjacht, die für enge Räume sorgt, in denen die Konflikte aufeinanderprallen. Es ist ein Rückzugsort vor der Wirklichkeit, der aber von der Katastrophe eingeholt wird. Dem Stück ist vor dem letzten Drittel ein Bruch einkomponiert. Wenn Edwin und Silva ihr schönes Duett singen «Weisst Du es noch? Denkst Du auch manchmal der Stunden? Süss war der Rausch, der uns im Taumel umgab!» ist klar, dass zwischen den beiden, aber auch was die Weltlage angeht, nichts mehr so ist, wie es vorher war. Das klingt, als ob in deiner Lesart aus der leichten Operette ein bleischweres Problemstück würde. Man kann auch auf komödiantische Weise Katastrophisches thematisieren, kann im besten Fall das Lachen in den Schrecken kippen lassen und mit den Mitteln der Überzeichnung arbeiten. Von denen lebt ja die Operettenform. Und es wird schon alleine deshalb kein Problemstück, weil Operetten nicht moralisch sind. Wenn sie gut gemacht sind, haben sie im Gegenteil etwas diabolisch Verführerisches: Man hat als Zuschauer Spass an dem moralisch zweifelhaften Rausch, den sie entfachen. Man erwischt sich dabei, wie man sich im Sog der eingängigen Musik selbst er­fassen lässt von der Sorglosigkeit und der Verantwortungslosigkeit der Operette. Ist die Operette noch eine zeitgemässe Form des Musiktheaters? Sie steht nach wie vor unter dem Vorbehalt, verstaubt zu sein, und ich muss zugeben, dass ich auch zuerst an meinen Grossvater und seine Langspielplatten mit den Operettenmelodien denke. Aber gleichzeitig besitzt die Operette als Mischform des Musiktheaters eine Offenheit, die sie für unsere Gegenwart sehr interessant macht.


32 Die Csárdásfürstin

Im Schauspiel ist es ja auch üblich, Sprechtexte mit Gesang oder Instrumentalmusik zu kombinieren, ähnlich wie es die Operette tut, und da ich als Regisseur viel im Schauspiel arbeite, ist mir eine Form, die mit Versatzstücken spielt, sehr nahe. Die Csárdásfürstin ist deine erste Operette. Hattest du Respekt vor der Form? Ich habe mich schon erst einmal schwer damit getan, das Angebot anzunehmen. In der Operette treffen Gesang und anspruchsvolle Musik auf Dialoge, Tanz und Unterhaltung. Das alles unter einen Hut zu bringen, ist nicht einfach, denn man kann sich um die Anforderungen nicht herumdrücken, man muss das Metier auch bedienen. Die Operette funktioniert nicht ohne Tanzsszenen, Dialogwitz, das Wechselspiel von wahrhaftigem Gefühlsausdruck in den Gesangsnummern und ironischer Leichtigkeit im Spiel. Ich habe mich gefragt, ob ich dem gerecht werden kann, gleichzeitig hat es mich natürlich gereizt, zumal die Csárdásfürstin eine richtig saftige Operette für den Einstieg in das Genre ist, sozusagen ein Klassiker. Wenn schon, dann gleich richtig, habe ich mir schliesslich gedacht – und zugesagt. Wie muss man Operette machen, damit sie nicht verstaubt wirkt? Ich finde es wichtig, die Stoffe aus ihrer Zeit heraus zu verstehen. Das heisst aber nicht, dass man sie im Setting ihrer Zeit erzählen muss. Als Theatermuseum funktioniert die Operette nicht. Sie hat immer stark auf ihre Zeit reagiert, und deshalb muss sie auch auf unsere Gegenwart reagieren. Und diese Anknüpfungspunkte gibt es: Eines meiner Lieblingsthemen im Theater ist die Theatralisierung unserer modernen, medial geprägten Wirklichkeit. Überall wird performt und die Grenzen zwischen Wahrheit und Fake, zwischen echten und dargestellten Gefühlen verschwimmen. Das findet in der Operette eine spannende Entsprechung, denn die Operette ist sich ihrer Theatralität immer sehr bewusst. Wie stark ist das Stück bearbeitet, um der Inszenierung szenische Plausibilität zu verleihen? An einigen Stellen haben wir schon stark in die Geschichte eingegriffen. Die Dialoge sind sehr ausführlich und mitunter auch ein bisschen banal. Ich sehe darin Gebrauchsdramatik, mit der man eher frei umgehen kann. Wir haben die Dialoge zwar gekürzt und verändert, uns aber so weit wie möglich am Original-Sprechtext orientiert. Ich finde die Reibung zwischen einer veralteten Sprache und modernen Figuren im Theater immer produktiv. Man geht von dem originalen Text aus und probiert, wie man ihn heutig und direkt auf die Bühne bringen könnte. Die Künstlichkeit und die Überzeichnung, die der Operette in den Musiknummern zu eigen ist, darf sich dabei nicht in den Dialogen fortsetzen. Sonst hört man nämlich nicht mehr zu und wartet nur noch auf die nächste Musiknummer. Aber die Figuren darf man durch die Veränderungen natürlich nicht verlieren. Die müssen in ihren Konstellationen, Prägungen und Konflikten erhalten bleiben, genau wie die Musik, die in unserer Inszenierung, abgesehen von wenigen Takten, vollständig erklingt. Wir haben hier und da mal eine Nummer umgestellt, aber sonst alles gelassen, wie es geschrieben ist. Manche Texte in der Csárdásfürstin sind nicht mehr besonders zeitgemäss. Ist das ein Problem? Das ist noch sehr vorsichtig formuliert. Man kann ganz offen sagen, dass manche Texte ungeheuer sexistisch sind. Das waren sie damals, und das sind sie heute erst recht. Zeilen wie «Ganz ohne Weiber geht die Chose nicht» oder das gönnerhafte «Die Mädis, die Mädis vom Chantat, die nehmen die Liebe nicht so tragisch.» sind von Kálmán und seinen beiden männlichen Textdichtern aus einem ganz unbekümmerten patriarchalischen Chauvinismus heraus geschrieben. Man kann diesen Sexismus nicht rausstreichen, also muss man ihn thematisieren. Die Strategie


muss sein, ihn in seiner Unappetitlichkeit und seinem herabwürdigenden Gestus blosszustellen. Wir versuchen zu zeigen, welche Spuren der schlechte Herrenwitz hinterlässt, und wie leicht der frivole chauvinistische Ton ins Unangenehme kippt. Der Sexismus ist für mich Teil der gleichen Ignoranz und Verantwortungslosigkeit, mit der die Csárdásfürstin-Figuren auch auf die Probleme der Welt herabblicken. Im Stück wird auch in einer Nummer der «Zigeuner» besungen, der seine Geige nehmen soll. Ein grosser Lebensmittelkonzern hat gerade den Namen «Zigeunersauce» für nicht mehr zeitgemäss erachtet und sein Produkt umbenannt. Wie gehst du damit um? Wir haben den Text geändert. Das Wort «Zigeuner» kommt in unserer Version nicht mehr vor, ohne dass grössere Eingriffe nötig waren. Es steht nun mal für die Dis­kriminierung der Sinti und Roma, und wer es übernimmt, läuft Gefahr, diese Diskri­minierung fortzuschreiben. Andererseits finde ich sehr wohl, dass man auf dem Theater diskriminierende Klischees nutzen darf, wenn man sie bewusst thematisiert und sie dadurch der Kritik überantwortet, wie wir es in unserer Inszenierung auch tun. Bei uns gibt es beispielsweise auch eine von Edwin inszenierte Südseehochzeit, in der eine Tänzertruppe den reichen Gästen eine fragwürdig touristische Südseeromantik vorspielt. Wenn wir zeigen wollen, wie eine weisse Oberschicht die Welt ausbeutet, gehört auch dieser unangenehme, falsche Exotismus dazu. Man muss die Klischees eben bis zur Kenntlichkeit entstellen. Dazu fordert die Ope­retten­ form immer wieder heraus. Läuft man dann nicht Gefahr, sich über die Operette lustig zu machen? Natürlich nicht! Die Operette macht sich ja schon über sich selbst lustig. Sich von etwas ironisch zu distanzieren, das selbst mit Ironie operiert, geht ja gar nicht. Man muss in das Material einsteigen und dazwischen kommen. Das ist das Tolle an der Operettenform, dass die Figuren und Situationen immer von einem starken Bewusstsein für die Theatralität und das Spielerische ihres Daseins getragen sind. Wir haben es in der Csárdásfürstin mit Typen zu tun, die fast schablonenhaft von ihrem sozialen Rollenspiel geprägt sind, Edwin als ewiger Sohn eines reichen, hochgestellten Vaters, Sylva als die Chansonette, die aus einfachen Verhältnissen kommt und bei ihren Auftritten zum Star avanciert, oder der gealterte Bohemien und Playboy Feri Bacsi, der weinselig und vergangenheitstrunken die Welt be­ trachtet. Lassen sich denn den altmodischen Liebesbeziehungskonflikten moderne Aspekte abgewinnen? Ich finde die gar nicht so altmodisch. Eine Mehrklassengesellschaft kennen wir doch heute auch. In den gesellschaftlichen Verhältnissen unserer Tage, in denen die Schere zwischen Arm und Reich immer grösser wird, verlaufen doch auch Liebesgeschichten zwischen einem gesellschaftlichen Oben und Unten. Mich interessieren solche gesellschaftlichen Aspekte von Beziehungen auf dem Theater immer mehr als privatpsychologische, weil man sie viel besser beschreiben und darstellen kann. Stasi, Edwins Verlobte, die in unserer Inszenierung bereits mit ihm verheiratet ist und in einer schweren Ehekrise steckt, antwortet auf die Frage ihres Gatten, ob sie ihn noch lieb habe: «Zum Zusammenbleiben wird es wohl reichen.» Das ist doch ein ungeheuer moderner Satz. Das kennen wir doch aus dem wirklichen Leben: Es wird weggeguckt, man geht die Beziehungsprobleme nicht an und arrangiert sich. Alle Figuren in der Csárdásfürstin sind geprägt von einer gewissen Unbeweglichkeit. Sie haben nicht die Kraft, sich aus ihren Verhältnissen zu befreien. Das Gespräch führte Claus Spahn

Die Csárdásfürstin Operette von Emmerich Kálmán Musikalische Leitung Lorenzo Viotti Inszenierung Jan Philipp Gloger Bühnenbild Franziska Bornkamm Kostüme Karin Jud Lichtgestaltung Martin Gebhardt Video Tieni Burkhalter Choreinstudierung Janko Kastelic Choreografie Melissa King Dramaturgie Claus Spahn Sylva Varescu Annette Dasch Edwin Pavol Breslik Boni Spencer Lang Stasi Rebeca Olvera Feri Martin Zysset Kiss / Fürst Jürgen Appel Schiffscrew/ Tänzer*innen Ulrike Ahrens Gina Marie Hudson Maria Lazo Olivia Limina Eva Zamostny Matteo Vigna Christopher Hemmans Adrian Hochstrasser Robert Johansson Stefan Schmitz Philharmonia Zürich Zusatzchor und Chorzuzüger des Opernhauses Zürich Statistenverein am Opernhaus Zürich Premiere 25 Sep 2020 Weitere Vorstellungen 4, 8, 11 Okt 2020


34 Die Csárdásfürstin

Schiffbruch am Nordpol: Pavol Breslik, Annette Dasch

oben: verängstigte Marsmenschen rechts: Ist für die Tiere auf der Arche Noah Platz?


Hoffen auf einen anderen Planeten: Pavol Breslik, Annette Dasch, Rebeca Olvera, Spencer Lang


36 Volker Hagedorn trifft …

Annette Dasch Annette Dasch hat ein Faible für die Operette, weil sie ihrer schau­spie­le­rischen Begabung so entgegen kommt. Wie sehr die an den ersten Häusern sin­ gende deutsche Sopra­ nistin ihre stimmlichen Qualitäten mit kontu­ renscharfer Charakter­ darstellung zu verbinden weiss, hat sie dem Zür­ cher Pu­bli­kum schon vor drei Jahren gezeigt, als sie mit grossem Erfolg die Hure Jenny Hill in Brecht / Weills «Aufstieg und Untergang der Stadt Mahagonny» gab.

«Mir ging das Herz auf», sagt Annette Dasch am Telefon über die erste Probe zur Csárdásfürstin, die in Zürich nach drei Monaten Zwangspause stattfand, im Juni. Da habe sie gemerkt, was ihr wirklich fehlte. Nicht das Auftreten und der Applaus, wie viele vermuteten. «Nein, das Miteinander im Probenraum! Einfach zur Arbeit gehen und mit anderen zusammen sein und mich freuen, was die anbieten, was entsteht, an Auseinandersetzungen, an Humor, nach so langen Wochen im Garten mit immer denselben drei Gesichtern…» Wobei die ihr sehr lieb sind, ihr Mann und ihre Kinder, und es ihr geholfen hat, «von Tätigkeit zu Tätigkeit zu leben: Jetzt muss Frühstück gemacht werden, jetzt lese ich mal wieder Jim Knopf vor.» Doch es kamen auch viele Gedanken. Dass die Csárdásfürstin das richtige Stück für eine seltsame Zeit sein könnte, zeichnete sich schon an jenem sonnigen Rosenmontag ab, als ich die Sopranistin zum ersten Mal traf, eine hochgewachsene, strahlende Frau mit lockiger Löwenmähne. Regisseur Jan Philipp Gloger hat im Spiegelsaal dem Ensemble sein Konzept für die Operette erläutert, die Emmerich Kálmán vor dem Ersten Weltkrieg zu komponieren begann und im Krieg vollendete. Fünf Megareiche werden per Jacht in die Klimakatastrophe schippern, und Sylva Varescu, die «Csárdásfürstin», als besseres Escort Girl mit an Bord gehen… Einen Tag nach diesem Treffen meldete die Schweiz ihren ersten Covid-19-Fall. Drei Wochen später wurden die Proben abgebrochen, zur Freude von Fanny und Hans, acht und sechs Jahre alt, die ihre Eltern – beide sind Sänger, Annette ist mit dem Bariton Daniel Schmutzhard verheiratet – nun immer bei sich hatten. «Mir kamen in der Zeit viele Gedanken über die Notwendigkeit dessen, was wir tun. Ich habe mir erlaubt, mir vorzustellen, was geschieht, wenn der ganz grosse Rummel aufhört. Ob es nicht an der Zeit ist, die Dinge anders zu machen, als immer wieder die alten Stücke aufzuführen. Jetzt gerade hatte ich mit meinem Mann einen Duett­ abend, open air, kleines Publikum, Schubert. Diese Details, an denen wir uns abarbeiten, Legato herstellen und die Wortdeutlichkeit bewahren, diese Farbe auf dieser Silbe – ich weiss so viel über diese Musik, aber für wen?» Interessant, dass gerade Annette Dasch solche Fragen zulässt. Sie kennt ohnehin Zweifel und Brüche, mochte sich nie festlegen lassen, hat als moderierendes Naturtalent ein neues TV-Kultur-Format entwickelt, den «Dasch-Salon», und schon beim Treffen im Februar skeptisch über die «Liebe zum Vertrauten» gesprochen. Beim Opernpublikum gehe sie manchmal so weit, «dass die Traviata so und so sein muss, immer gleich, wie Weihnachten. Dafür ist das Theater nicht da.» Wohl gerade weil sie sich über so etwas Gedanken macht, hat die Fortsetzung der Proben im Juni sie begeistert. «Kurios ist das richtige Wort. Wir standen da, Endzeit in der Antarktis, haben gelacht und gesagt, das kann doch gar nicht sein, derartig passend, das Konzept ist schon lange entworfen!» Dazu kommt, dass das Genre Operette für Annette Dasch «gar nicht dieses Gei­ gen­seligkeitsding ist. Es gibt total unvorhersehbare Momente, in denen die Musik eine Schicht berührt, wohin kein Wagner dringt. Und kein Mozart. Ich habe schon so viele Fledermäuse gemacht, und immer noch passiert es, dass einer singt, ‹Brüderlein und Schwesterlein›, und ich bekomme eine Gänsehaut. Es gibt auch in der Csárdásfürstin so eine Melodie für Sylva und Edwin, wo etwas passiert bei mir – das ist über­ haupt nicht kitschig, nur simpel und wahr.» Musik hat sie wie ihre drei Geschwister von Anfang an gemacht, als Tochter der Berliner Sängerin Renate Dasch. «Ich habe alles mitgenommen, was es am Gymnasium gab. Schulchor, Schulorchester, Klarinette… und mitten in der Pubertät fing ich an,


37

mit einer sehr fraulichen Stimme zu singen. Der mädchenhafte Hauch war völlig weg. Ich konnte Sängerinnen imitieren und habe im Schulchor losgeschmettert mit einer nicht kleinen Stimme. Das war aber gar nicht in Mode, sondern die Alte Musik.» Dass man sie abschätzig eine «Walküre» nannte, traf die Heranwachsende. «Ich dachte, wenn ich mit meinem riesigen Körper jetzt auch noch so singe… dazu konnte ich nicht stehen!» Also hielt sie sich an Barockstars wie die ätherische Emma Kirkby, unterstützt von ihrer ersten Gesangslehrerin, «alles sehr vordersitzig, leicht, ohne Vibrato. In der Pubertät hat man Angst vor vielen Dingen, und mit fünfzehn, sechzehn wollte ich nur geistliche Musik singen. Oper war für mich oberflächliches Chichi! Dann hat mich ein Freund mitgenommen in eine Generalprobe der Götterdämmerung. Da habe ich erlebt, wie Deborah Polaski sang, diese riesige Frau mit ihrer riesigen Stimme, und kapiert, was das bedeutet, wenn so eine einfach mal ganz aufmacht! Dann habe ich mich langsam, mit vielen inneren Kämpfen, dem Klang genähert, der mir natürlicherweise gegeben ist.» Der Dirigent Fabio Luisi hörte die 24 -Jährige bei einem Wettbewerb. «Er hat mir grosse Romantik zugetraut. Bei ihm habe ich gelernt, wie man sich Strauss und Wagner so nähert, dass der überbordende Eindruck entsteht und doch der analytische Blick bleibt, zwei Zentimeter Distanz zwischen dem Stück und mir selbst.» Enorm wichtig war auch Nikolaus Harnoncourt. «Er konnte eine Arie vom Anfang bis zum Ende schon im ersten Ton denken. ‹Ich sehe, dass Sie Takt für Takt singen und nicht schon bei der Apotheose sind.› Da ging mir ein Universum auf. Man muss nicht unbedingt etwas zeigen, aber denken.» Eine, die mit 34 Jahren als Elsa in Bayreuth debütierte und ein Jahr später als Figaro-Gräfin an der MET – kennt die überhaupt Lampenfieber? «Eher zunehmend! Die Erwartungen werden grösser, und man hat auch mehr Narben. Manchmal kommt das wie durch die Brust ins Auge – warum jetzt, warum heute? Man muss sich deswegen nicht geisseln. Dann geht’s halt mit schlotternden Knien da raus. Abenteuerlust gehört auch dazu.» Und ein Plan B, wenn auch nur als Spiel der Fantasie: Ein zweites Leben als Dachdecker. «Drei Jahre lang das Handwerk lernen und es bis zur Rente ausüben, unter freiem Himmel! Das hat mich mal gereizt. Man hat was geschaffen, und es sieht ja auch toll aus, so ein Dach, wenn die Schindeln genau übereinander gehen…» Das erzählte sie lachend im Februar. Inzwischen klingt sie keineswegs, als sei das Dachdeckerdasein infolge Lockdown zur ernsthaften Option geworden. Im Gegenteil, gerade ihre Ungewissheiten scheinen in der neuen Produktion bestens aufgehoben zu sein. «Als wir den Schluss probten, wo wir in den Antarktis festsitzen, kam auf einmal Ascheregen vom Bühnenhimmel. Normalerweise werden Sänger auf so etwas vorbereitet, diesmal nicht. Der Dreck flog kübelweise, wir waren total überrascht und haben gelacht, geheult, gehustet gleichzeitig. Es war so eine Endzeitstimmung: Scheiss­ egal, her damit! Lorenzo, unser Dirigent, sah das, und meinte, so müsst ihr das immer spielen! Und so fühlt man sich ja auch die ganze Zeit mit Corona, wie ein begossener Pudel.» Immer neue Hürden, eine kalte Dusche folgt der andern. Wie geht die Csárdásfürstin mit schrägen Zeiten um? «Sie hat nichts mehr vom glamourösen Star, vor dem die Leute halb in Ohnmacht fallen. Sie ist Entertainerin auf dem Boot. Edwin ist wirklich in sie verliebt, weil sie ein guter Typ ist, impulsiv, schnell und heiter. Wenn die Stimmung kippt, kann sie alle dazu bringen, Party zu machen. Eine Stimmungskanone.» Mit Wärme sagt Annette das am Telefon, während eines ihrer Kinder die Mama bittet, jetzt doch mal fertig zu werden, und es besteht kein Zweifel, dass in dieser Rolle auch einiges von ihr selbst mitschwingt. Dazu gehören, nicht zuletzt, der Zweifel und die Fragen, die man braucht, um Kunst zu einer wahren Antwort werden zu lassen. Volker Hagedorn


38 Wiederaufnahme

In der ersten Wiederaufnahme dieser Spielzeit singt Star­ sopranis­tin Diana Damrau die Titelrolle. Gaetano Donizettis Belcanto-­Drama «Maria Stuar­da», in dem sich zwei königliche Rivalinnen um den englischen Thron und einen jugendlichen Lieb­haber streiten, ist ganz auf spektakuläre Gesangspartien ausgerichtet. Regisseur David Alden präsentiert diese Oper in gross­ formatigen Bildern. Unter der musikalischen Leitung von Enrique Mazzola sind Salome Jicia (Elisabetta I.) und Paolo Fanale (Leicester) erstmals am Opernhaus Zürich zu erleben. Wiederaufnahme 27 Sep 2020 Weitere Vorstellungen 7, 11, 15 Okt 2020

Fotos: Monika Rittershaus

Maria Stuarda


Blindtext Wiederaufnahme



Die geniale Stelle 41

Operettenblödsinn? Sechzehn Takte in Emmerich Kálmáns «Csárdásfürstin»

Die Operette ist ein Ärgernis, seit es sie gibt. Über kein anderes Genre des Theaters wird so unermüdlich und so energisch gestritten: Aufmüpfig und frech-frivol sei sie – nein, brav und spiessig; subversiv – nein, affirmativ; witzig – nein, blödsinnig; genial – trivial… und immer so weiter, keine Einigung in Sicht, in keinem Punkt. In keinem? Doch, über einen herrscht Einigkeit: Der dritte Akt!… Der ist ein Problem. Immer. Den haben nämlich so gut wie alle Operetten, aber anscheinend nicht aus dramaturgischen, sondern aus gastronomischen Gründen: Der Betreiber des Foyer-Restaurants verdient bei zwei Pausen einfach mehr als bei einer. Also ziehen die Librettisten am Ende des zweiten Akts irgendein Missverständnis an den Haaren herbei, das die Liebenden wieder entzweit, die schon im Begriff waren, sich überglücklich in die Arme zu sinken. Aber der Umweg zum Happy End ist meist kurz. Wenn das Publikum nach der zweiten Runde Sekt und Lachsbrötchen wieder erwartungsfroh im Saal sitzt, wird der frisch aufgebratene Konflikt in rasantem Tempo konsumiert. Musikalisch bringt dieser «Problemakt» neben verkürzten Wiederholungen von Musiknummern aus den ersten beiden Akten in der Regel nur ein einziges neues Stück. Dieses und die Kalauer des Dialogs, in denen der holde Blödsinn der Operette Triumphe feiert, müssen den dritten Akt tragen und das Publikum bei der Stange halten. Das gelingt den Autoren mal besser, mal schlechter, selten aber so gut wie im dritten Akt der Csárdásfürstin. Die einzige neue Musiknummer des Akts bringt nämlich einen veritablen Clou, der auf die scheinbar so banale Geschichte von der Liebe der Chansonette Sylva Varescu zum jungen Fürsten Edwin ein überraschendes Licht wirft. Es ist der Tiefpunkt der Handlung: Sylva, deren Traum vom Glück an der Seite ihres Geliebten zusammengebrochen ist, weil dieser sich ihrer «anrüchigen» Herkunft anscheinend schämt, will in ihrer Verzweiflung auch ihre Künstlerlaufbahn aufgeben und einen Mann heiraten, der zu ihr passt «wie ein Elefant zu einem Klavier». Zwei gute alte Freunde versuchen, die Verzweifelte aufzuheitern. Daraus entwickelt sich ein Terzett, dessen mit «ungarischen» Synkopen gewürzte Musik die schmissige Zug­ nummer zu sein scheint, die man im dritten Akt erwartet. Der Text des Refrains lässt auch genau eine solche erwarten: Jaj, Mamám, Bruderherz, ich kauf’ mir die Welt! Jaj, Mamám, was liegt mir am lumpigen Geld! Weisst du, wie lange noch der Globus sich dreht? Ob es morgen nicht schon zu spät? Der Fall scheint klar zu sein: Der Hedonismus derer, die sich alles leisten können, wird zur Lösung aller Probleme. Aber seltsam: Die Partitur verlangt, dass dieser Refrain, der doch zum schmissigen Auftrumpfen geradezu herauszufordern scheint, langsam und leise, ja zart (dolce), später sogar in «plötzlichem» Pianissimo zu singen ist. Am erstaunlichsten aber ist die letzte Wiederholung. Wer den Klavierauszug zum ersten Mal an dieser Stelle aufschlägt, wird seinen Augen nicht trauen: Nicht nur die Vortragsanweisung «Sehr langsam, gezogen» ist ungewöhnlich, noch verblüffender ist, dass die Singstimmen nun eine Oktave tiefer notiert sind. Die für alle drei Sänger unbequem tiefe Lage bewirkt eine drastische Verdunkelung des Klangs. Langsam, tiefernst, sozusagen Silbe für Silbe wird die eine grosse Frage hingestellt: «Weisst du, wie lange noch der Globus sich dreht?» Dann übernimmt das Orchester allein – in fast verzweifelter Lustigkeit – und bringt das Terzett «furioso» zu Ende. Emmerich Kálmáns beste Operette entstand 1915… Werner Hintze


Der chinesische Bariton Xiaomeng Zhang spielt den Dschinn, einen Berater des Kรถnigs


Schau mir in die Augen, Kleiner In unserem neuen Musiktheaterstück für Kinder, «Das tapfere Schneiderlein», spielen Puppen, die von den Sängerinnen und Sängern zum Leben erweckt werden, eine zentrale Rolle. Da will jeder Blick präzise einstudiert sein. Kai Anne Schuhmacher ist die Regisseurin dieses aussergewöhnlichen Opernmärchens Text Fabio Dietsche  Fotos Michael Sieber


Ruben Drole fĂźhrt das Wildschwein, ein weiterer Berater des KĂśnigs (rechts) wird von Yuriy Hadzetskyy gespielt


A

tmen», sagt Kai Anne Schuhmacher, «ihr müsst das Atmen lernen. Nur so erweckt ihr die Puppe zum Leben.» Die junge Regisseurin gibt einen dreitägigen Workshop für Puppenspiel, und als Zuschauer hat man ein bisschen das Gefühl, bei einer Geburt dabei zu sein: Nacheinander müssen die Teilnehmenden versuchen, ihrer Puppe Leben einzuhauchen, sie aufzurichten, ins Publikum blicken zu lassen und wieder schlafen zu legen. Und das ist gar nicht so einfach, wie es klingt. Kai Anne Schuhmacher bereitet auf der Studiobühne ihre Inszenierung des Tapferen Schneiderleins von Wolfgang Mitterer vor, einer «kleinen Oper nach den Brüdern Grimm», und sie wagt in dieser Produktion das Experiment, mit «Puppen-unerfahrenen» Sängerinnen und Sängern ein ganzes Opernmärchen auf die Bühne zu bringen. Die Darstellenden müssen am Ende nicht nur ihren musikalischen Part und den eigenen Körper beherrschen, sondern auch die eigentlichen «Hauptdarsteller», die Puppen, die teilweise so gross sind wie ein ausgewachsener Mensch. Bei Übungen, in denen sich zwei Puppen begegnen, lernen die Sängerinnen und Sänger, ihre eigene Energie in die Puppen zu leiten und diesen dadurch Aus­druck zu verleihen – entscheidend ist hier die Blickrichtung. Und so richtig komplex wird es, wenn verschiedene Darstellende zusammen eine Puppe aufstehen oder spazieren lassen sollen. «Jetzt sind alle Knochen gebrochen...», kommentiert Kai Anne Schuhmacher den ersten Versuch und erteilt den Teilnehmenden ein wenig Anatomieunterricht. «Puppentheater ist eine eigene Kunst­ form, die man auch studieren kann», sagt die Regisseurin, die bereits mehrfach mit Puppen gearbeitet hat und jüngst mit dem Götz-Friedrich-Studiopreis ausgezeichnet wurde. Unterstützt wird sie vom professionellen Puppenspieler Marius Kob, der nicht nur bei der Einstudierung hilft, sondern im Märchen vom tapferen Schneider­ lein auch die Partie des Königs übernimmt. An einem Königshof endet nämlich das Märchen, das in einer einfachen Schnei­ derwerkstatt begonnen hat – und das davon erzählt, wie aus einem Schneiderlein


Yannick Debus probt mit dem Einhorn

ein richtiger Held wird. Als erste «Helden­ tat» erschlägt das Schneiderlein sieben Fliegen, die sein Marmeladenbrot um­ schwir­ren, und stickt sich diesen Erfolg in dicken Lettern auf einen Gurt: 7 AUF EINEN STREICH. Die Königstochter, die das Schneiderlein in einem Garten schlafend findet, ist von dieser Nachricht beeindruckt, doch der König und seine Berater wollen das Schneiderlein auf die Probe stellen und seine Tapferkeit prü­fen: gefährliche Riesen, ein garstiges Wildschwein und ein eitles Einhorn muss es erst bewältigen, bevor der Heirat mit der Königstochter nichts mehr im Weg steht. Hergestellt wurden die Puppen zu dieser Geschichte nach Entwürfen von Kai Anne Schuhmacher und Tobias Flemming (Ausstattung) in den Werkstätten des Opern­hauses Zürich. In der Workshop-­ Woche fehlt hier noch ein Kostümteil und dort eine Perücke, doch der elementare Bewegungsapparat ist soweit fertig, dass mit den Puppen gespielt werden kann. Nach und nach machen sich die Darstellenden mit den Figuren vertraut, bis Körper und Puppe organisch miteinander zu verschmel­zen beginnen. Nicht nur Konzentration und Einfühlungsvermögen, sondern auch Muskelkraft ist dafür erforderlich – etwa im Oberarm des Einhorn-­ Spielers, der den langen Hals des Tiers bildet – und Multi­tasking, wenn das Wildschwein gleichzeitig die Augenbrauen hochziehen, zwinkern, die Zähne fletschen, watscheln... und dann auch noch singen soll. In den Wochen bis zur Premiere wird die szenische Arbeit mit der Musik des österreichischen Komponisten Wolfgang Mitterer verbunden. Diese Partitur, die neben live produzierten auch elektronische Klänge erfordert, ist unkonventionell notiert und bildet für die Sängerinnen und Sänger eine zusätzliche Herausforderung. Doch eines scheint jetzt schon gewiss, dieses Märchen für Kinder und Erwachsene wird ein sinnliches Erlebnis auf allen Ebenen.


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Das tapfere Schneiderlein Kleine Oper von Wolfgang Mitterer nach den Brüdern Grimm Musikalische Leitung Ann-Katrin Stöcker / Thomas Barthel Inszenierung und Puppen Kai Anne Schuhmacher Ausstattung Tobias Flemming Lichtgestaltung Dino Strucken Sounddesign Raphael Paciorek Dramaturgie Fabio Dietsche Schneiderlein Nathan Haller / Luca Bernard Marmeladenverkäuferin/ Königstochter Ziyi Dai / Erica Petrocelli Ratgeber / Riese / Einhorn Yannick Debus / Xiaomeng Zhang Ratgeber/ Riese/ Wildschwein Ruben Drole / Yuriy Hadzetskyy König Marius Kob Unterstützt von Clariant Foundation Premiere 20 Sep 2020 Weitere Vorstellungen 26, 27 Sep; 7, 8, 28, 29 Nov; 6 Dez 2020; 24, 30, 31 Jan 2021

podt· cas Mit der Regisseurin Kai Anne Schuhmacher gibt es auch eine Folge von «Zwischenspiel»


48 Auf der Couch

Wäre ich doch ein Anderer Wer ein Grosser sein will und nicht damit klarkommt, dass er kleinen Verhältnissen entstammt, erfindet sich eine neue, gloriosere Abstammung. In der Psychoanalyse wird dieses Phänomen als «Familienroman» bezeichnet. Auch in der Oper «Boris Godunow» ist es ein Thema.

W

er die Ahnengalerien stolzer Adelsgeschlechter betrachtet, wird entdecken, dass Hochstapelei zum feudalen Lebensgefühl gehört. Stammbäume reichen in dunkle Zeiten zurück und greifen dort nach Ahnen wie Karl dem Grossen oder Iulius Caesar, gar nach König Salomo und der Königin von Saba. In Ägypten begründete die Abstammung von einem Gott die Macht des Pharao; in der griechischen und römischen Adelsgesellschaft führten Stammbäume auf Götter und Heroen zurück. Gaius Iulius Caesar beispielsweise gehörte zum Geschlecht der Iulier. Iulius war der Sohn von Aeneas. Dieser, ein Sohn der Liebesgöttin Venus, war der Legende nach aus Troja geflohen und hatte die Stadt Rom gegründet. Also war auch Caesar «göttlichen Blutes» und ein geborener Herrscher. Kaiser und Zaren haben ihre Titel von Caesar übernommen, der den Dolchen von Verschwörern zum Opfer fiel und bald danach als Gott verehrt wurde. Wer von uns bekommt schon die Anerkennung, die er nach seinem eigenen besten Wissen und Gewissen verdient? Wo sich in diesem Punkt die Realität spröde zeigt und die eigenen Grössenwünsche wenig unterstützt, bieten Tagträume eine un­ erschöpfliche Quelle von Macht und Ruhm. Ich erinnere mich mit wehmütiger Scham


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Illustration: Anita Allemann

nn ser r beka An die an de tiker n ly u a n n a von ang sycho P e o h W lfg c deuts tsteller Dr. e. olumn chrif eine K guren r und S e u a idb ernfi Schm en ns Op t für u Produk tion g le r E n e ll e k tu ch. aus a ie Cou auf d

an eine Zeit, in der ich als pubertierender Gymnasiast mein Rad nach Hause schob, weil ich alle Konzentration dafür brauchte, mir eigene Heldengeschichten auszuma­ len: Ich war ein unverwundbarer Ritter (bitte kein Lindenblatt beim Drachenblutbad), mein Schwert das schärfste von allen. Oder ich ritt mit Winnetou und Old Shatterhand über die Prärie und befreite die beiden aus grosser Gefahr, denn ich hatte eine kleine Pistole, aus der ich notfalls auch Atombomben verschiessen konnte. In der Psychoanalyse werden solche Tagträume mit dem so genannten Familien­ roman verknüpft. Das sind kindliche Phantasien, in denen die in ihrer Belanglosigkeit den eigenen Grössenwunsch kränkenden Eltern durch würdigere Bilder ersetzt wer­ den. Der Freudschüler Otto Rank hat in Der Mythus von der Geburt des Helden Sagen über die babylonischen Könige Gilgamesh und Sargon, den Perserkönig Cyrus, Ödi­ pus, Herakles und Perseus, die römischen Könige Romulus und Remus, den keltischen Tristan, Siegfried und Lohengrin untersucht. Er fand typische Muster: Es gibt ein Paar von hohem Rang und einen Traum oder ein Orakel, das die Geburt eines Sohnes ankündigt, der gleichzeitig auch eine Gefahr für den Vater sei. Im Kindesalter wird der Held ausgesetzt. Er würde ohne Hilfe sterben, wird aber gerettet – von Tieren oder Menschen von geringem Stand. Erwachsen, entdeckt er seine wirklichen Eltern, rächt sich und gewinnt Ruhm und Würde. Tiere oder Taglöhner, die den Helden aufziehen, symbolisieren die realen Eltern; Könige oder Götter die idealen Eltern, die sich das Kind herbeiträumt. Sobald die Geheimnisse der Sexualität dem kindlichen Forschen nicht mehr widerstehen, orien­ tieren sich Fantasien an der Tatsache, dass die Mutter ganz eindeutig ist, der Vater aber stets von Unsicherheit umgeben. Nach 1945 etwa tauchten in den Analysen Fantasien auf, einem heimlichen Verhältnis der Mutter mit einem untergetauchten Juden zu entstammen – auch ein Weg, der Beschämung durch den Holocaust zu entgehen. Die Oper Boris Godunow kreist um das zentrale Motiv in unruhigen Zeiten: Wer kann führen? Der Tüchtige oder der durch Abstammung und Geburt Begnadete? Ergänzt wird diese Frage durch eine zweite, die tiefer in die unbewusste Dynamik des Ödipus-Komplexes reicht: Wer ist schuldig? Ist es der Sohn, der dem Vater dessen Rang streitig macht? Ist es der Vater, der den Sohn unterdrückt, gar töten lässt, um seine Macht zu bewahren? Godunow regierte zunächst für den geistesschwachen Fjodor I. und liess sich nach dessen Tod zum Zaren wählen. Seine Gegner schürten den Verdacht, er habe den Zarensohn Dimitri ermorden lassen. Als ein junger Mönch behauptete, eben dieser Dimitri zu sein, unterstützten seine Feinde den «falschen Dimitri». Der selbsternannte Zarensohn wurde später ebenfalls ermordet. Alexander Puschkin hat in einem Drama die Vorlage für Modest Mussorgskis Oper Boris Godunow geschaffen. Puschkin konzentrierte sich auf die Spannung zwi­ schen dem selbst ermächtigten Zaren und dem ebenfalls selbst ermächtigten Zaren­ sohn. Sie gibt dem Geschehen eine psychologische Tiefe, die dem uralten Motiv der Aussetzung und Erhebung des Helden seine Geradlinigkeit nimmt. In Märchen, Mythen und Legenden bleibt das Thema des unterschätzten, er­ niedrigten und dann wie durch ein Wunder erhöhten Helden allgegenwärtig. Von einem hohen Unterhaltungswert zu sprechen, ist nicht falsch, aber banalisiert doch das Ringen des menschlichen Narzissmus mit den Abgründen der Bedeutungslosigkeit. Wer sich aus der Menge erhebt und für alle sichtbar wird, steht für die Ambivalenz einer universalen Sehnsucht. Sein Herausgehobensein ist Erlösung und Gefahr – heute als verschollener Prinz gefeiert, morgen als Betrüger entlarvt oder von Rivalen um die Macht erdolcht. Der in München lebende Dr. Wolfgang Schmidbauer praktiziert als Psychoanalytiker, schreibt Bücher und eine Kolumne im Magazin der «ZEIT». Sein zuletzt erschienenes Buch heisst «Kaltes Denken, warmes Denken – über den Gegensatz von Macht und Empathie».


#beatusmoments

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Wir wünschen den Stars eine tolle Stimme. (Und ein hustenfreies Publikum).

Alles Gute.

Neu am Sechseläutenplatz 1 8 bis 19 Sept täglich live Musik 18 –19 Uhr Restaurant Bar

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Jetzt online statt live! Die WerkeinfĂźhrungen der Dramaturgie finden bis auf weiteres nicht mehr live im Spiegelsaal statt, sondern sind online und mobil auf jedem Smartphone abrufbar.


52 Fragebogen

Kirill Karabits Aus welcher Welt kommen Sie gerade? Wie die meisten von uns aus einer merkwürdigen, aber nützlichen langen Pause. Zuletzt dirigierte ich am 16. März eine Generalprobe für eine halbszenische Elektra in Südengland, die wegen Covid-19 leider nicht mehr zur Aufführung kam. Worauf freuen Sie sich in der Neuproduktion Boris Godunow? Boris Godunow ist die Oper, die mich seit meiner Studentenzeit begleitet, obwohl ich bisher erst die einaktige Version von 1869 dirigiert habe. Diese Oper ist eine Art Bibel für die russische Musik. Sie reflektiert viele politische und psychologische Prozesse, die bis heute in Russland zu beobachten sind. Es ist faszinierend, ein Werk auf die Bühne zu bringen, das vor über 150 Jahren geschrieben wurde, aber ein Spiegel unserer heutigen Zeit ist. Welches Bildungserlebnis hat Sie besonders geprägt? Mein Lehrer in der Ukraine, der Dirigent Roman Kofman, pflegte zu sagen: «Ich weiss nicht, was man als Dirigent tun soll, ich weiss nur, was man nicht tun soll.» Dieser Satz half mir, aus meinen Fehlern zu lernen. Eine wichtige Station war für mich die Assistenz bei Ivan Fischer und seinem Budapest Festival Orchestra. Auch nicht missen möchte ich die kostbaren Momente, als ich aus dem Konservatorium in den Wiener Musikverein schlich, um Proben mit Nikolaus Harnoncourt, Zubin Mehta oder Valeriy Gergiev zu erleben. Welches Buch würden Sie niemals weggeben? Wahrscheinlich immer jenes, welches ich aktuell lese. Gerade habe ich mit einem originellen Essay von Kai Kupferschmidt über die Farbe Blau begonnen. Welche CD hören Sie immer wieder? Kirill Kondrashins Interpretation der

Glocken von Rachmaninow, oder die Mozart-Aufnahmen von Harnoncourt. Aber wenn ich von einer Probe nach Hause komme, höre ich keine CDs. Da brauche ich die Stille. Welchen überflüssigen Gegenstand in Ihrer Wohnung lieben Sie am meisten? Ich versuche, keine überflüssigen Objek­ ­te in meiner Wohnung in Paris zu haben, denn ich glaube, dass die Dinge, die uns umgeben, einen starken Einfluss auf unsere Seele und unser Leben haben. Mit welchem Künstler würden Sie gerne essen gehen, und worüber würden Sie reden? Kürzlich ging ich mit Barrie Kosky essen. Er erzählte mir aus seinem Leben, wir sprachen über Musiktheater – wohl die komplexeste und universellste Form der Kunst überhaupt. In den aktuellen Umständen fühlt es sich so an, als ob wir tatsächlich etwas Neues und Aufregendes kreieren würden. Nennen Sie drei Gründe, warum das Leben schön ist! 1. Liebe zu anderen Menschen wie zu allem, was uns umgibt. 2. Es gibt so viel zu entdecken, zu sehen, zu hören und mehr über uns selbst zu lernen. 3. Den Moment eines Wunders zu er­­ leben. Wenn man denkt, alles ist ver­loren oder verschwunden, ist der Zeitpunkt da, wo alles beginnt.

Der ukrainische Dirigent Kirill Karabits stu­ dier­te u.a. in Wien und an der Bachakade­mie Stuttgart. 2016 wurde er Generalmusik­ direktor am Deutschen Nationaltheater und der Staatskapelle Weimar. Er leitete re­ nommierte Klangkörper wie die Münchner Philharmoniker oder das Orchestre National de France und dirigierte u.a. an der Ham­ burgischen Staatsoper, am Bolschoi-Theater Moskau und beim Glyndebourne Festival.


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