DIE GESCHICHTE VOM SOLDATEN IGOR STR AWINSKY 2O2O/2O21
L’HISTOIRE DU SOLDAT IGOR STRAWINSKY (1882-1971) Ein Bühnenstück zu lesen, zu spielen und zu tanzen Text von Charles Ferdinand Ramuz
Inszenierung
Andreas Homoki Jeanette Seiler Lichtgestaltung Franck Evin Dramaturgie Claus Spahn Teufel / Erzähler Martin Zysset Soldat / Erzähler Ruben Drole Ausstattung
Violine
Bartek Niziol / Hanna Weinmeister Ruslan Lutsyk / Dariusz Mizera Robert Pickup / Nina Höhn Urs Dengler / Anne Gerstenberger David García / Sergio Zordan Balàzs Nemes / Laurent Tinguely Dominic Herrmann / Felix Birnbaum
Kontrabass Klarinette Fagott Posaune Kornett Schlagwerk
Regieassistenz/Abendspielleitung
Jodok Schweizer Heike Behrens, Matthew Ottenlips Inspizienz Felix Bierich Spieldauer ca. 1 Stunde 15 Minuten ohne Pause
Maestro suggeritore
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HANDLUNG Ein Soldat auf Fronturlaub trifft auf dem Heimweg den Teufel. Der Teufel will die Geige des Soldaten haben und gegen ein Buch eintauschen, das Reichtum und Erkenntnis verspricht. Der Soldat lässt sich auf den Tausch ein. Er geht mit dem Teufel, um ihm gegen gute Bewirtung das Geigenspiel beizubringen. Nach drei Tagen lässt sich der Soldat vom Teufel in sein Heimatdorf bringen, aber niemand erkennt den Heimkehrer. Dem Soldat dämmert, dass er nicht drei Tage sondern drei Jahre beim Teufel war. Man wähnt ihn im Dorf tot und hält ihn für ein Gespenst. Der Soldat liest im Buch, das ihm der Teufel für die Geige gegeben hat, und wird ein reicher Mann. Doch das Geld macht ihn nicht glücklich. Er erkennt, dass sein Leben freudlos ist ohne die Liebe. Der Soldat kehrt in ein Wirtshaus ein. Er erfährt von einer kranken Prinzessin, die der König demjenigen zur Frau geben will, der sie heilt. Der Soldat geht zum König und bittet, die Prinzessin heilen zu dürfen. Am nächsten Tag soll er sie sehen. Der Soldat spielt mit dem Teufel um Geld, weil er seine Geige zurückhaben will. Er verliert zwar sein ganzes Vermögen, trinkt den Teufel aber unter den Tisch. Der Soldat kommt wieder in den Besitz der Geige. Der Soldat besucht die kranke Prinzessin und heilt sie mit seinem Spiel auf der Geige. Der Soldat hat den Teufel in der Hand. Er zwingt ihn, zu seinem Geigenspiel zu tanzen.
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Der Teufel erklärt, dass der Soldat wieder in seine Macht gerät, sobald er die Grenze zurück in seine Heimat überschreitet. Die Prinzessin will wissen, woher der Soldat kommt und überredet ihn, die Heimat zu besuchen. Als der Soldat die Grenze überschreitet, wartet Teufel auf ihn. Der Teufel hat wieder die Geige. Der Soldat muss ihm folgen.
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DAS IST BESTER STRAWINSKY Ein Gespräch mit Andreas Homoki, der «Die Geschichte vom Soldaten» inszeniert hat Andreas, wie kam es dazu, kurzfristig eine Neuproduktion von Igor Strawinskys Geschichte vom Soldaten in den Spielplan aufzunehmen? Die Entscheidung hat, wie so vieles im Moment, mit der Coronakrise zu tun. Da wir wegen der Pandemie-Beschränkungen nur vor wenig Publikum spielen dürfen, können wir unseren regulären Spielplan nicht realisieren, weil der uns wegen der fehlenden Abendeinnahmen unverantwortbar hohe finanzielle Verluste einträgt. Bei einer schrittweisen Öffnung des Opernhauses wollen wir aber auch unbedingt für wenige Gäste spielen, deshalb haben wir neue Programmideen entwickelt und kleinere Spielplanformate vor bereitet. Strawinskys Geschichte vom Soldaten ist so ein Baustein für unseren Öffnungs-Spielplan. Es ist ein wunderbares Werk, das perfekt in unseren Rahmen passt, denn es ist aus einer ähnlichen Situation notgedrungener Beschränkung heraus entstanden. Igor Strawinsky hat es am Ende des Ersten Weltkriegs in der Schweiz gemeinsam mit dem waadtländischen Dichter Charles Ferdinand Ramuz geschrieben für eine kleine Besetzung bestehend aus sieben Musikern, einem Erzähler und zwei Schauspielern. Die Idee war damals, das Stück auf einer Art Wanderbühne durch die Lande ziehen zu lassen – von der Form her etwas für den Jahrmarkt, das man vom Wagen herab spielen kann, fast wie ein Puppentheater, von der kompositorischen Qualität her aber eine meisterhafte Arbeit von Strawinsky. Was sind die äusseren Rahmenbedingungen für diese Produktion bei uns im Opernhaus? Wir spielen vor dem eisernen Vorhang auf dem hochgefahrenen Orchestergraben ohne Dekoration. Da die Belegschaft in Kurzarbeit ist, können wir die Bühne momentan nur sehr eingeschränkt nutzen. Wir haben nicht die
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personellen Ressourcen, Bühnenbilder ständig auf- und abzubauen. Ausserdem war gar nicht genug Zeit, ein Bühnenbild entwerfen und bauen zu lassen. Deshalb erzählen wir Die Geschichte vom Soldaten nur mit zwei Stühlen auf einer leeren Spielfläche. Ganz einfach. Ich habe selbst die Regie über nommen, weil ich solche Herausforderungen liebe. Für mich lebt Theater sowieso in erster Linie immer aus der Beziehung der Figuren. Zum Ensemble auf der Spielfläche gehören bei diesem Stück für mich auch die sieben Musikerinnen und Musiker. Wir verstecken sie nicht im Orchestergraben. Sie sind sichtbar und Teil des szenischen Geschehens. Du empfindest diese beschränkten theatralischen Möglichkeiten nicht als Notlösung? Überhaupt nicht. Im Gegenteil: Es ist die künstlerische Konsequenz aus den Anforderungen, die das Stück stellt. Deshalb passt es ja so gut. Die Geschichte vom Soldaten bewegt sich zwischen Märchenerzählung, Moritatenvortrag, Schauspiel und Instrumentalkonzert. Wie gehst du in deiner Inszenierung mit dieser Form um? Die wichtigste Frage war für mich zunächst einmal: Wer kann das spielen? Wir wollten das Stück aus unserem Sängerensemble besetzen, aber es wird darin ja nicht gesungen. Es ist für Sprecher geschrieben. Ich bin schnell auf Ruben Drole und Martin Zysset gekommen, zwei deutschsprachige Schweizer Sänger aus unserem Ensemble, von denen ich aus anderen Produktionen weiss, dass sie sehr gute Darsteller und Sprecher sind. Mir war klar, dass es mit diesen beiden funktionieren würde, und sie hatten Lust auf diese spezielle Aufgabe. Diese Besetzungsentscheidung hatte dann auch Folgen für die Form: Ramuz und Strawinsky haben das Stück eigentlich für einen Vorleser, zwei Schauspieler und eventuell weitere stumme Figuren wie die Prinzessin angelegt. Wir machen nun alles ausschliesslich mit zwei Darstellern. Ruben und Martin sprechen die erzählenden Passagen und verwandeln sich – bei wörtlicher Rede und Dialogen – in die Figuren. Da konnte ich an Erfahrungen anknüpfen, die ich in der Auseinandersetzung mit Bert Brecht und seinem epischen Theater gemacht habe, beispielsweise in Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny: Die Figuren treten immer wieder aus ihrer Rolle heraus, sie
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wechseln zwischen Spiel und Kommentar. Das haben wir für Die Geschichte vom Soldaten genutzt: Der Darsteller spielt den Soldaten oder den Teufel, und im nächsten Augenblick schaltet er um und ist der Erzähler, der sagt, was die Figur macht. So etwas finde ich total spannend. Wenn man das präzise setzt und mit Licht unterstützt, können starke Wirkungen entstehen. Für mich ist das Theater pur: Zwei Menschen kreieren nur mit Text und Darstellung ein Stück. Brecht hat das sogenannte epische Theater gemeinsam mit Erwin Piscator erst in den zwanziger Jahren entwickelt. Die Geschichte vom Soldaten wurde aber schon im September 1918 uraufgeführt. Strawinsky geht also – ohne es an die grosse Theorieglocke zu hängen – schon früher als Brecht auf Distanz zum aristotelischen Theater der Einfühlung und arbeitet mit Stilmitteln des epischen Theaters. Ja, aber da hängt natürlich Vieles mit Vielem zusammen. Wenn man von Brechts epischem Theater spricht, klingt das immer so, als hätte er alleine es erfunden. Bei ihm baut das aber auch auf Formerfahrungen seiner Zeit auf. Er war ja nicht nur der Grossautor der Lehrstücke, als der er gerne gesehen wird, sondern beispielsweise auch Kabarettist, und gerade das Heraustreten aus der Rolle und das in die Distanz zu sich selbst Gehen birgt für einen Kabarettisten grosses komisches Potenzial. Das kann sehr witzig sein. Episches Theater kann grossen Spass machen, das vergisst man oft angesichts des gesellschaftskritischen Anspruchs, mit dem Brecht immer in Verbindung gebracht wird. Aber natürlich spricht es für Strawinsky und seinen Theaterinstinkt, dass auch er mit solchen Mitteln in der Geschichte vom Soldaten spielt. Wie man ja überhaupt sagen muss, dass dieses Stück alles andere als eine Petitesse ist. Es ist trotz oder gerade wegen seiner Reduktion der musikalischen und theatralen Mittel ein Meisterwerk. Stimmt. Und es war in den vier Wochen, in denen wir geprobt haben, richtig harte Arbeit. Daran spüre ich immer für die Qualität eines Stücks. Worum geht es in der Geschichte? Sie basiert auf einem alten russischen Märchen, von dem Strawinsky Ramuz
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erzählt hat. Es ist eigentlich ein typisches Moritatenthema: Ein Soldat wird vom Teufel verführt und merkt zu spät, dass er unrettbar in dessen Fänge geraten ist. Der Soldat hat eine Geige, die der Teufel unbedingt haben will. Er bietet ihm ein Buch für die Geige, und der Soldat willigt in den Tausch ein, ohne so recht zu wissen, was dieser für ihn bedeutet. Er geht, anders als etwa Faust, gar nicht bewusst einen Pakt mit dem Teufel ein. Die Geige, so könnte man interpretieren, steht für die Seele, für die Sphären des Idealistischen, Schönen und Künstlerischen, und das Buch für den Intellekt, die Erkenntnis und ein Wissen, das zu Macht und Geld führt. Zwischen diesen beiden Polen bewegt sich die Geschichte. Der Soldat wird durch das Buch zwar wissend und reich, aber un glücklich, und er verliert seine Heimat. Ganz so widerspruchsfrei ist die Geschichte aber nicht. Sie lässt einen mit einigen offenen Fragen zurück, und es gibt merkwürdige Volten darin. Im zweiten Teil etwa hat der Soldat den Teufel eigentlich schon besiegt und seine Geige wieder. Mit dem Geigenspiel rettet er sogar eine Prinzessin und kann sie für sich gewinnen wie im allerschönsten Märchen. Alles scheint gut. Aber dann wird er doch noch final vom Teufel hereingelegt, weil es plötzlich das nicht näher begründete Gesetz gibt, dass der Soldat nicht mehr in seine Heimat zurückkehren darf. Gegen dieses Verbot verstösst der Soldat auf Betreiben der Prinzessin, und der Teufel wartet auf ihn jenseits der Grenze. Eigentlich ist das dramaturgisch schwach. Aber das Stück hat insgesamt etwas Ungeschlachtes, das ich sehr spannend finde. Das Episodische, der sprunghafte Zusammenschnitt der Szenen, die Begegnungen mit über raschend eingeführten Figuren – es waltet da eine gewisse Willkür, die die Sache umso reizvoller macht. Was lässt sich über die Musik sagen? Die ist natürlich fantastisch und bester Strawinsky. Er hat die Partitur nur für sieben Instrumente geschrieben in einer für die damalige Zeit ausserge wöhnlichen Kombination: Geige und Kontrabass, Klarinette und Fagott, Trompete und Posaune, dazu Schlagzeug. Der Satz hat etwas Holzschnitt artiges, ist aber extrem virtuos und solistisch angelegt. Strawinsky hat die
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Unterhaltungsmusik der damaligen Zeit in diese Partitur einfliessen lassen, lässt neben Marsch und Walzer auch Ragtime, Tango und jazzartige Stil elemente einfliessen. Die Produktion hat keinen Dirigenten. Braucht es den nicht? Nein. Es geht auch sehr gut ohne, wenn man so hervorragende Musikerinnen und Musiker hat wie wir am Opernhaus Zürich. Mir war es wichtig, durch den Verzicht auf einen Dirigenten den Ensemblecharakter und die Gemeinsam keit aller Beteiligten zu betonen. Es gibt auch keine wirkliche Grenzen zwischen Musik und Szene, die Instrumentalisten werden manchmal auch ins Spiel einbezogen. Die Idee ist: Da kommen neun Künstlerinnen und Künstler auf die Bühne und führen mit nichts als ihrem Können, ihrer Fantasie und Bühnenlicht ein Musiktheaterstück auf. Das gefällt mir. Es ist ein Konzept, das perfekt in unsere augenblickliche Situation passt. Für welche Publikumssituation ist die Produktion gedacht? Für jede. Wir bringen sie als Premiere heraus, sobald wir wieder vor Publikum spielen dürfen und sind mit ihr unabhängig von der Zahl der zugelassenen Menschen. Die Geschichte vom Soldaten können wir notfalls auch für einen Gast aufführen. Weisst du, woran der Plan von Strawinsky und Ramuz gescheitert ist, das Stück nach der Lausanner Uraufführung im September 1918 auf eine Wanderbühnen-Tournee zu schicken? Sag es mir. Die Spanische Grippe war ausgebrochen und hat weitere Aufführungen unmöglich gemacht. Das wird uns jetzt nicht passieren. Die Pandemie ist ja schon da. Das Gespräch führte Claus Spahn
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L’HISTOIRE DU SOLDAT IGOR STRAWINSKY (1882-1971) Ein Bühnenstück zu lesen, zu spielen und zu tanzen Text von Charles Ferdinand Ramuz
Personen
Teufel
Sprechstimme
Soldat
Sprechstimme
Vorleser
Sprechstimme
Fassung Opernhaus Zürich 2021
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ERSTER TEIL
ERZÄHLER 1/ TEUFEL
Wenn man sich drin sähe.
ERZÄHLER 1 / TEUFEL
ERZÄHLER 2/ SOLDAT
Zwischen Chur und Walenstadt heimwärts wandert ein Soldat Urlaub hat er vierzehn Tag. Wandert, was er wandern mag. Wandert, wandert, wandert was er mag. Wandert über Stock und Stein. Sehnt sich, bald daheim zu sein.
Doch wo steckt das Bild? ERZÄHLER 1/ TEUFEL
Das Bild der Liebsten, das sie ihm beim Abschied gab. Er hat’s gefunden. Er gräbt tiefer noch hinab und zieht zuletzt aus seinem Sack eine kleine Geige mit zerkratztem Lack. Er dreht sie um und um. Der Fund, der macht ihn stolz. Die rauen Finger streichen zärtlich übers rote Holz, sie kosen Geigenhals und Steg und Saiten: das sind die Notenlinien, sagt man unter Leuten.
ERZÄHLER 2 / SOLDAT
Ein hübscher Fleck. Da wär gut Bleiben. ERZÄHLER 1 / TEUFEL
Der Soldat setzt sich am Bachufer nieder. ERZÄHLER 2 / SOLDAT
Man merkt’s: Ich habe sie vom Brockenhaus. Da kommt man aus dem Stimmen nicht heraus.
ERZÄHLER 2 / SOLDAT
Müsst man nur nicht dieses verdammte Handwerk treiben!
ERZÄHLER 1 / TEUFEL
Der Soldat schickt sich an, zu spielen.
ERZÄHLER 1 / TEUFEL
Er öffnet seinen Tornister
MUSIK KLEINE STÜCKE AM BACHUFER
ERZÄHLER 2 / SOLDAT
Immer marschieren – nie kein Geld. Das ist’s. Man hält sich über Wasser, schlecht und recht. Mehr schlecht als recht. Mein heiliger Josef – weg ist er!
ERZÄHLER 1 / TEUFEL
Der Teufel taucht auf in der Gestalt eines unscheinbaren Alten. Er schleicht den Soldaten von hinten an und legt ihm dann plötzlich die Hand auf die Schulter. Gebt mir die Geige!
ERZÄHLER 1 / TEUFEL
Das war ein vergoldetes Medaillon mit dem heiligen Josef, seinem Namenspatron.
ERZÄHLER 2 / SOLDAT
Nein. ERZÄHLER 2/ SOLDAT
Nun, hin ist hin… Was gibt’s denn da noch mehr? Papier mit Krimskrams drin. Munition.
ERZÄHLER 1 / TEUFEL
Verkauft sie mir!
ERZÄHLER 1/ TEUFEL
ERZÄHLER 2 / SOLDAT
Er wühlt wie wild.
Nein!
ERZÄHLER 2/ SOLDAT
ERZÄHLER 1 / TEUFEL
Ein Spiegel.
Tauscht sie für dieses Buch!
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ERZÄHLER 2/ SOLDAT
ERZÄHLER 2 / SOLDAT
Ich kann nicht lesen.
Mittwoch, den 28. Ein Buch, das vorgeht. Ein Buch, das alle Dinge voraussagt. Sonderbar!
ERZÄHLER 1/ TEUFEL
Ihr könnt nicht lesen? Ganz egal! Das ist ein Buch… Man braucht zu lesen nicht, um dieses Buch zu lesen. Das ist ein Buch… ich sag euch – , das sich von selber liest, sich liest für euch. Man schlägt es auf – und man ist informiert. Das ist ein Buch, das wie ein Geldschrank funktioniert. Ihr schlägt es auf – und was ihr wollt, zieht ihr hervor: Wertschriften, Noten, Gold!
ERZÄHLER 1 / TEUFEL
Ich hab noch nicht den Dreh beim Geigen. Musst zu mir kommen und mir’s zeigen. ERZÄHLER 2 / SOLDAT
Muss zu euch kommen? Hm, wohin «zu euch»? ERZÄHLER 1 / TEUFEL
Ein kleiner Umweg nur. Du siehst es gleich. ERZÄHLER 2 / SOLDAT
Kann nicht verstehn.
ERZÄHLER 2 / SOLDAT
ERZÄHLER 1 / TEUFEL
Die Sach’ ist die: In vierzehn Tagen, in vierzehn Tagen ist mein Urlaub aus.
Wagt den Versuch! Es wird schon gehen. ERZÄHLER 1 / TEUFEL
Nur keine Bange nicht: Ich habe Ross und Wagen und führ’ dich nachher im Galopp nachhaus.
ERZÄHLER 2 / SOLDAT
Und dann noch, Herr, ich sag’s euch gleich: Dies Buch ist teuer, und ich bin nicht reich. Die Geige kauft’ ich mir für lumpige zehn Franken.
ERZÄHLER 2 / SOLDAT
Doch meine Mutter, die schon auf mich zählt… ERZÄHLER 1 / TEUFEL
Das heiss ich einen Ehrenmann! Ich weiss euch diese Offenheit zu danken und biet euch um so lieber das Geschäft – zum Lohn. Einmalig ist die Chance. Profitiert davon! Sagt ja!
ERZÄHLER 1 / TEUFEL
Als wärst du zum ersten Mal da draussen in der Welt! ERZÄHLER 2 / SOLDAT
Und meine Braut, die Heimweh hat nach mir…
ERZÄHLER 2 / SOLDAT
ERZÄHLER 1 / TEUFEL
Wenn ihr so drauf besteht – nun gut, ich nehme an.
Du kommst zur Zeit, ich sag es dir. ERZÄHLER 2 / SOLDAT
Paukendonner
Man wird logiert? Auf Termin. Auf Sicht. Devisenkurse. Börse vom Samstag, den 31. Welchen Tag haben wir den heute?
ERZÄHLER 1 / TEUFEL
Logiert, verpflegt, verwöhnt, soigniert, vornehm im Wagen dann nachhaus geführt. Zwei Tage, höchstens drei – und dann auf Lebenszeit ein reicher Mann!
ERZÄHLER 1/ TEUFEL
Mittwoch!
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ERZÄHLER 2 / SOLDAT
ERZÄHLER 2 / SOLDAT
Zu Essen gibt’s?
Ja, sagt der Joseph abermals zum Alten.
ERZÄHLER 1 / TEUFEL
ERZÄHLER 1 / TEUFEL
Cuisine au beurre – piekfein!
Zufrieden denn?
ERZÄHLER 2 / SOLDAT
ERZÄHLER 2 / SOLDAT
Zu trinken?
Und ob!
ERZÄHLER 1 / TEUFEL
ERZÄHLER 1 / TEUFEL
Nur den besten Flaschenwein!
Und hier mein Wagen!
ERZÄHLER 2 / SOLDAT
ERZÄHLER 2 / SOLDAT
Zu rauchen?
Sie steigen ein. Die Pferde ziehen an – sie jagen. Der Joseph klammert sich mit beiden Händen am Polster fest und an den Wänden.
ERZÄHLER 1 / TEUFEL
Du kennst das goldene Band der Henry Clay… ERZÄHLER 1 / TEUFEL
Pass auf! Pass auf und halt dich gut! Meine Pferde haben besonderes Blut!
ERZÄHLER 2 / SOLDAT
Okay! ERZÄHLER 1 / TEUFEL
ERZÄHLER 2 / SOLDAT
Ihn lockt der Wein, ihn reizt der Schmaus, geht mit dem Alten gleich nach Haus, findet’s so, wie er gesagt: Speis und Trank, soviel er mag. Zeigt dem Alten, wie man geigt, dafür wird ihm das Buch gezeigt.
Ihn packt der Schreck – er denkt: abspringen! Doch – wohin abspringen?! Der Wagen braust nicht mehr über Stock und Stein, er hat sich gehoben, braust querhimmelein… ERZÄHLER 1 / TEUFEL
Zufrieden, mein Freund? Noch immer zufrieden? ERZÄHLER 2 / SOLDAT
Zwei Tage sind vorbei – der Lohn fiel fürstlich aus. Der dritte Morgen nun – er sehnt sich doch nach Haus. Er denkt’s – und sieht auch schon den Alten vor sich steh’n. Der Alte fragt:
ERZÄHLER 2 / SOLDAT
Weit unten sind Felder und Wälder geblieben. Sie fliegen: ein Blitz über Land und Meer. Wie lange Zeit? Es gibt die Zeit nicht mehr.
MUSIK REPRISE MARSCHMELODIE
ERZÄHLER 1 / TEUFEL
Bist Du bereit zum Gehn? Aber zuerst – hast du auch gut geruht?
ERZÄHLER 1 / TEUFEL
Zwischen Chur und Walenstadt heimwärts wandert ein Soldat Urlaub hat er vierzehn Tag. Wandert, was er wandern mag. Wandert, wandert, wandert was er mag. Wandert über Stock und Stein. Freut sich, bald daheim zu sein.
ERZÄHLER 2 / SOLDAT
Ja, sagt der Josef, ’s ging mir gut. ERZÄHLER 1 / TEUFEL
Was ich versprochen habe, hab ich’s nicht gehalten? 26
ERZÄHLER 1 / TEUFEL
ERZÄHLER 2 / SOLDAT
Man hat’s geschafft. Das Dorf, das alte.
Gottlob, hab meine Mutter noch.
ERZÄHLER 2 / SOLDAT
ERZÄHLER 1 / TEUFEL
Tag, Frau Beth!
Doch auch sie! Wie sie ihn kommen sieht, schreit sie entsetzt und flieht. Ihr graut. Er denkt:
ERZÄHLER 1 / TEUFEL
Sie hackt im Garten. ERZÄHLER 2 / SOLDAT
Bleibt meine Braut.
ERZÄHLER 2 / SOLDAT
Tag! wie geht’s, wie steht’s? Sie hört nicht. Aber da der Fritz. He, Fritz!
ERZÄHLER 1 / TEUFEL
Verheiratet. Zwei Kinder. ERZÄHLER 1 / TEUFEL
Er fährt aufs Feld mit seinem Leiterwagen. Der Fritz, ein alter Freund.
ERZÄHLER 2 / SOLDAT
Du Räuber! Mehr als Räuber! Du Brigant! Nun ja – nun hab ich dich erkannt. Weiss nun, wo ich inzwischen war. Das waren nicht drei Tage, nein, drei Jahr! Sie halten mich für ein Gespenst. Bin tot. Tot. Unter Lebenden lebendig-tot. Räuber! Elender Halunke von einem Räuber! Ich Dummkopf hab auf ihn gehört. Sicher, ich hatte Hunger und war zum Umfallen müde. Und doch hätte ich nicht auf ihn hören sollen. Hört man denn auf das, was fremde Leute einem vorplappern wollen? Nein. Man antwortet: «Ich kenne Sie nicht.» Stattdessen habe ich auf ihn gehört. Ich hätte mich nicht um ihn kümmern sollen. Stattdessen hab ich auf ihn gehört. Ich Trottel hab auf ihn gehört und hab ihm meine Geige gegeben. Pechvogel, der ich bin. Und jetzt – was fang ich an? Was fang ich jetzt an? Was fang ich jetzt an?
ERZÄHLER 2 / SOLDAT
Was hat er bloss? Auch er hört nicht. Hee, Fritz, was ist denn los? Ich bin’s, der Sepp, dein Freund, antworte doch! Sepp, der Soldat. Du kennst mich sicher noch. ERZÄHLER 1 / TEUFEL
Der andere geht weiter. Er auch: Und da das Schulhaus mit der Glocke in dem Giebelreiter ERZÄHLER 2 / SOLDAT
Schaut her, der Sepp, ich komm in Urlaub heute! ERZÄHLER 1 / TEUFEL
Und da der Dorfplatz. Vor dem «Bären» viele Leute. Männer, Frauen, Kinder. Doch was ist los?
MUSIK PASTORALE
ERZÄHLER 2 / SOLDAT
Was ist hier los? Haben sie etwa Angst vor mir? Ihr kennt mich doch, den Sepp, bin doch von hier!
ERZÄHLER 2 / SOLDAT
Du Räuber! Mehr als Räuber! Du Brigant! ERZÄHLER 1 / TEUFEL
Ins Schloss fällt eine erste Tür. Und gleich die zweite. Und eine hier. Und eine dort. Und alles sucht das Weite. Er denkt:
ERZÄHLER 1 / TEUFEL
Was machst du – jetzt? ERZÄHLER 2 / SOLDAT
Wart’ nur, Brigant! 27
Weil er vorausweiss, wie die Börse steigt und fällt. Er liest im Buch, so viel er kann, ist bald ein reicher Mann. Kauft aus dem Geld, was ihm gefällt. Wird Kaufmann erst, handelt mit bunten Waren…
ERZÄHLER 1 / TEUFEL
Ein bisschen Anstand rat ich dir! Ein bisschen Ruhe! … Gut! Nun sage mir: Was machst du – jetzt? ERZÄHLER 2 / SOLDAT
Ich geh zurück zum Regiment.
Trommelwirbel
ERZÄHLER 1 / TEUFEL
ERZÄHLER 2 / SOLDAT
Man wird dich mit verbundenen Augen an die Wand stellen.
ERZÄHLER 1 / TEUFEL
Hier, meine Damen, wählen Sie! … Stoffe in schwarz, marineblau, mittelblau, joffreblau, pastellblau, himmelblau, beige, sand, mastic, schwarzgrau, graugrau,mittelgrau, silbergrau, violine, nègre, taupe, braun, khaki, Grisaille-Stoffe, Breiten von 140, 130, 120, 110, Fantasie-Stoffe, Crêpe de Chine, Satin Duchesse, zu Vorkriegspreisen!
Ich denk, dem Militärgericht, mein kleiner Deserteur, entkommst du nicht.
Trommelwirbel
ERZÄHLER 2 / SOLDAT
Ich kann noch immer meinen kleinen Acker bestellen.
ERZÄHLER 2 / SOLDAT
ERZÄHLER 1 / TEUFEL
Ich geh. Ich geh.
Wird Kaufmann erst, handelt mit bunten Waren. Und dann: Bald sind sie nicht mehr nötig, seine Waren. Dringt mit dem Buch hinab in Geist und Ewigkeit. Weiss alles und ist ausserhalb der Zeit.
ERZÄHLER 1 / TEUFEL
Wenn du ins Unglück rennen willst – nun ja, so geh. Schau doch, wie gut, bin ich noch da. Das schön gebund’ne Buch – hast du’s verloren unterdessen?
ERZÄHLER 2 / SOLDAT
Ich nütz die Menschen aus, die nur ihr Jetzt erkennen, und die, wo ich schon alles weiss, nur glauben können.
ERZÄHLER 2 / SOLDAT
Es ist meinem Sack. Hab’s ganz vergessen. ERZÄHLER 1 / TEUFEL
In deinem Sack? Und du beginnst zu flennen! Du hast dein Buch. Du kannst dich glücklich nennen. Hast, was du brauchst – und mehr, viel mehr. Weg mit der Jammermiene. Zeig mal her. Das Buch ist dein. Die Geige mein. Nun weiter unser’n Weg – zu zwein.
MUSIK PASTORALE
ERZÄHLER 1 / TEUFEL
Das ist ein Buch, ich sag’ es euch, das sich von selber liest, sich liest für euch. ERZÄHLER 2 / SOLDAT
Man schlägt es auf, und man ist informiert. ERZÄHLER 1 / TEUFEL
Das ist ein Buch, das wie ein Geldschrank funktioniert. Ihr schlagt es auf – und was ihr wollt, zieht ihr hervor:
ERZÄHLER 1 / TEUFEL
Er liest im Buch, und der Ertrag ist: Geld. Viel Geld. 28
ERZÄHLER 2 / SOLDAT
ERZÄHLER 2 / SOLDAT
Wertschriften, Noten, Gold! Die grossen Schätze alle.
Hab alles.
ERZÄHLER 1 / TEUFEL
Man besprengt den Garten. Giesskannen weit und breit. O kleine Samstagabend-Herrlichkeit! Die kleinen Mädchen spielen blinde Kuh. Er fühlt sich müde, wünscht sich Ruh.
ERZÄHLER 1 / TEUFEL
Und auch die Schätze, die man schätzt im Leben: ERZÄHLER 2 / SOLDAT
Frauen… ERZÄHLER 2 / SOLDAT
Hab alles, alles was den ander’n fehlt. Warum nur fehlt mir, was die ander’n haben, diese and’re Welt? Der Atem dieser Stunde ist so leicht und rein und dringt doch nicht in mich hinein. Die ganze Welt – nur ich nicht – freut sich an dem Tag. Verliebte überall, doch kein Mensch, der mich lieben mag. Darauf käm’s an. Darauf allein. Und da hilft kein Geld. Das lässt sich nicht erkaufen, denn das kostet nichts. Nicht, was man hat; was man verlangt, das zählt. Die ander’n haben alles – und ich hab nichts. Nichts.
ERZÄHLER 1 / TEUFEL
Bilder… ERZÄHLER 2 / SOLDAT
Pferde… ERZÄHLER 1 / TEUFEL
Schlösser… ERZÄHLER 2 / SOLDAT
Überfüllte Tische. ERZÄHLER 1 / TEUFEL
Alles.
ERZÄHLER 1 / TEUFEL
Und zu Haus: Es stimmt nicht, dass die Saiten den Ton erzeugen; Es hat Saiten an all seinen neuen Geigen. Und auch am Holz liegt’s nicht; das Holz ist das kostbarste der Welt.
ERZÄHLER 2 / SOLDAT
Hab alles. Was könnt es geben, das ich nicht habe, das ich mir nicht fische? Was gestern ander’n war, ist alles heute mein, und was ich hab, wird niemals ander’n sein.
ERZÄHLER 2 / SOLDAT
MUSIK KLEINE STÜCKE AM BACHUFER
Meine alte Geige kostete zehn Franken und war mehr wert als all mein Geld. Teufel! Teufel! Du hast mich beschissen! Wie mach ich’s nur? Dir zu entrinnen? Wie mach’s nur? Wie mach ich’s nur? Steht’s etwa da drinnen?
ERZÄHLER 1 / TEUFEL
So dann und wann ergeht man abends sich im Freien. Auch heut. Ein heller Abend ist’s im Maien. Ein heller Maienabend – o, wie wohl tut das. Noch keine Sommerhitze drückt auf Mensch und Tier und Gras. Wie dort der Zweig sich unter dem Gewicht der Amsel biegt und dann emporschnellt, kaum dass sie entfliegt!
ERZÄHLER 1 / TEUFEL
Und nochmals schlägt er auf das Buch. hat’s aufgeschlagen, hat es weggeschmissen… ERZÄHLER 2 / SOLDAT
Teufel! Teufel! Du hast mich beschissen! Und doch, vielleicht – dies Buch soll alles wissen. «Das ist ein Buch, so sage mir,» 29
ERZÄHLER 1 / TEUFEL
ERZÄHLER 2 / SOLDAT
sagt er zum Buch,
Geh! Geh! Hinaus mit dir!
ERZÄHLER 2 / SOLDAT
ERZÄHLER 1 / TEUFEL
«geschwind: Wie machen’s die andern, dass sie glücklich sind? Die Verliebten, die sich küssen… Wie mach ich’s nur? Wieder zu werden, der ich war – wie mach ich’s nur? Sag’s, Buch, du weisst’s allein: Wie mach ich’s nur, um wieder arm zu sein?»
Der Teufel erscheint auf der anderen Seite der Bühne. Bin wieder hier! Ein altes Lied: Erst sagt man nein – dann lässt man einen doch herein. Ist es erlaubt?
ERZÄHLER 1 / TEUFEL
ERZÄHLER 2 / SOLDAT
Glinggling.
Der Teufel erscheint in der Gestalt einer alten Frau. Was wollt ihr hier?
ERZÄHLER 2 / SOLDAT
Ja, Hallo?
ERZÄHLER 1 / TEUFEL
ERZÄHLER 1 / TEUFEL
Mit euch sprechen zu dürfen, bitt ich sehr. Verzeiht, mein Herr, da fiel euch was zu Boden.
Mein Herr, es handelt sich um die fünfhundert tausend Franken. Ich überweise sie an eine Ihrer Banken. Tock, tock. Ein Telegrammkurier. Nachricht von seinen Schiffen.
ERZÄHLER 2 / SOLDAT
Was noch mehr? ERZÄHLER 1 / TEUFEL
Gleich Herr. Mein Koffer steht im Flur. Führ’ Raritäten, Kostbarkeiten nur.
ERZÄHLER 2 / SOLDAT
Alle Meere mir! Und doch. Und doch – bin eingesperrt. Von Neid umgeben,
ERZÄHLER 2 / SOLDAT
Nein danke.
ERZÄHLER 1 / TEUFEL
ERZÄHLER 1 / TEUFEL
beneidet wie kein Mensch,
Sei doch nicht so hart! Erbarmt euch, Herr…
ERZÄHLER 2 / SOLDAT
hock in einem Loch. Tot. Abgestorben für das Leben.
ERZÄHLER 2 / SOLDAT
Schweigt endlich! Spart euch das Geplapper. Hier…
ERZÄHLER 1 / TEUFEL
Reich über alle Massen, über alle Massen reich.
ERZÄHLER 1 / TEUFEL
Mein Herr, man hat auch seinen Stolz. Ich bitte sehr. Ein redliches Geschäftchen will man machen. Man bettelt nicht. Ich zeig euch meine Sachen. Den Koffer hol ich gleich im Flur. Ihr werdet staunen, Herr! Ein Weilchen nur. Da, Herr. Seht: Ringe, Uhren, Spangen.
ERZÄHLER 2 / SOLDAT
Tot. Unter Lebenden lebendig-tot. ERZÄHLER 1 / TEUFEL
Kann man die Fassung so verlieren? um eine arme kleine Geige lamentieren?
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ZWEITER TEIL
Nein? Die Spitzen hier? – Wenn nicht, sagt offen nein. Ich weiss, ihr habt ja keine Braut. Und ich hab noch viel schöne Sachen. Ein redliches Geschäftchen will ich machen. Ein Spiegel? Nein? Ein Medaillon? Ihr schaut. Der heilige Joseph ist’s, und gar nicht teuer. Nein? Dies Bild von einem schönen Mädchen? Nein? Jetzt hab ich’s. Jetzt passt auf, was ich euch zeige. Noch immer nein?: Hier, diese kleine Geige!
MUSIK MARSCHMELODIE ERZÄHLER 1 / TEUFEL
Zwischen Chur und Walenstadt wandert weiter der Soldat. Hier der Bach und dort der Steg. Weiss er selbst noch seinen Weg? Wandert, wandert, steht nicht still. Keiner weiss, wohin er will.
ERZÄHLER 2 / SOLDAT
Wieviel? Ich frage euch: wieviel? ERZÄHLER 1 / TEUFEL
Man wird sich unter Freunden arrangieren. Ich erlaub’ euch, das Instrument auszuprobieren. Vom Preis nachher.
ERZÄHLER 1 / TEUFEL
Er weiss es selber nicht. ERZÄHLER 2 / SOLDAT
Weiss nur: Man lief davon, ertrug’s nicht mehr, und wandert wieder wie vorher.
ERZÄHLER 2 / SOLDAT
Der Soldat bemächtigt sich der Geige und versucht zu spielen. Die Geige bleibt stumm. Der Teufel ist verschwunden. Der Soldat schmeisst die Geige in die Kulisse.
ERZÄHLER 1 / TEUFEL
Von allen Schätzen hat man sich befreit. Man hat das Buch zerrissen, war gescheit,
MUSIK KLEINE STÜCKE AM BACHUFER
ERZÄHLER 2 / SOLDAT
hat niemand was gesagt, ist still gefloh’n.
ERZÄHLER 2 / SOLDAT
Musik! Der Soldat zerfetzt das Buch in tausend Stücke. Ende…
ERZÄHLER 1 / TEUFEL
Nun ist man wiederum Soldat und wandert so dahin, hat wenigstens den Sack und etwas Krimskrams drin.
ERZÄHLER 1 / TEUFEL
… des ersten Teils.
MUSIK MARSCHMELODIE
ERZÄHLER 2 / SOLDAT
Weiter wandert der Soldat. Kommt er wohl nach Walenstadt? Nicht mehr! Nein, er ist’s ja selbst nicht mehr. Heimkehr gibt’s für ihn nicht mehr. Wandert, wandert, steht nicht still. Weiss nicht mehr, wohin er will.
31
ERZÄHLER 1 / TEUFEL
ERZÄHLER 1 / TEUFEL
In einem anderen Land, ein anderes Dorf. Denkt: Frisch hinein! Tritt ein ins Dorf. Ein Gasthaus lockt. Tritt ein auch hier. Bestellt sich ein Schoppen Wein.Man trinkt sein Glas, man lässt sich Zeit. Man schaut hinaus zum Zeitvertreib. Versonnen guckt er so durch’s Gitter der Fenstersparren.
Weisst, ich sah dir’s an: dem ist es nicht recht wohl in seiner Haut. Da sagt ich zu mir: Alter Krieger, schnell, geh’ auch hinein und grüss ihn, mach ihm Mut. Du hast die Botschaft doch gehört? ERZÄHLER 2 / SOLDAT
Der Josef nickt.
ERZÄHLER 2 / SOLDAT
ERZÄHLER 1 / TEUFEL
Noch ein’ Viertelliter!
ERZÄHLER 2 / SOLDAT
Nun gut! Das ist doch, mein ich, einen Versuch wert! Hätte ich nicht eine Frau, ich hätt’ es längst gewagt. Gehst hin. Brauchst «Ich bin Doktor- Soldat» nur zu sagen, man lässt dich ein – und du bist Hans im Glück. Und kommst du ohne Königstochter auch zurück, war’s doch ein Mordsspass für dich und mich. Was meinst du?
Was gibt’s? Auf einmal diese Menschenmenge. Der Dorfplatz voller Lärm und Trommelwirbel und Gedränge.
Ja, warum denn nicht?
ERZÄHLER 1 / TEUFEL
Und er sieht, wie draussen sich das Laub im Wind bewegt, ganz leis, und sieht…
ERZÄHLER 2 / SOLDAT
ERZÄHLER 1 / TEUFEL
Trommelwirbel
Er ist schon aufgestanden. Plötzlich geht es flink. ERZÄHLER 1 / TEUFEL
«Der König lässt verkünden…»
ERZÄHLER 2 / SOLDAT
Auf bald, Kamerad! Und dank dir für den Wink! ERZÄHLER 2 / SOLDAT
Der König dieses Landes ist gemeint.
ERZÄHLER 1 / TEUFEL
ERZÄHLER 1 / TEUFEL
Ist aufgestanden, ist schon draussen, weg. Ist schon am Tor.
Dass gern er seine Tochter dem vereint zum Dank, der sie von ihrer Krankheit heilt. Denn sie ist krank. Sie schläft nicht, isst nicht, spricht nicht mehr. Wer es auch sei, ihn erwarten Preis und Ehr’, lässt der König verkünden!»
ERZÄHLER 2 / SOLDAT
Die Wache fragt: Wohin? Wohin!? Zum König und zur Königin!
MUSIK KÖNIGSMARSCH
In diesem Augenblick tritt einer ein und tritt auf Josef zu. ERZÄHLER 1 / TEUFEL
He, wie geht’s dir, du?! Ich weiss, man kennt sich nicht, doch war ich auch Soldat. Darum nenn ich dich, Kollege, ach was, Kamerad!
ERZÄHLER 1 / TEUFEL
Der arme Knabe merkt nicht, dass nur meine Macht das Königskind ins Bett gebracht. Das Mädchen zu kurieren, wär nicht schwer, wenn ich nicht wär. Erst mach ich ihn verliebt in sie bis übers Ohr. Dann fällt er ganz von selbst mir zu, der Tor.
ERZÄHLER 2 / SOLDAT
Er rückt den Stuhl heran und setzt sich zu ihm. 32
Es ist ein Ding, das ich nur hab, das du nicht hast, das du wohl hattest, aber nicht mehr hast. Mein armer Freund, du bist verloren. Herz sieben und Herz zehn, Herz Dame gar: das nennt man Glück, und glaubt daran, nicht wahr? Das Ding, worauf es ankommt – das hab ich!
ERZÄHLER 2 / SOLDAT
Musik schon unterwegs. Vom König gleich empfangen. Das klappt gut! Er fragte: ERZÄHLER 1 / TEUFEL
Ihr seid Arzt? ERZÄHLER 2 / SOLDAT
’s ist wahr, er hat mich in der Hand. Er hat das Mittel, hat das Pfand. Und ich hab nichts, ich hab nichts mehr!
ERZÄHLER 2 / SOLDAT
Und ich: Gewiss, Doktor-Soldat. ERZÄHLER 1 / TEUFEL
Schon viele kamen, mussten wieder gehen.
ERZÄHLER 1 / TEUFEL
ERZÄHLER 2 / SOLDAT
Und doch: Setz dich zur Wehr! Nimm’s mit ihm auf! Zerschlag ihm die Rippen!
Ich weiss ein Mittel. ERZÄHLER 2 / SOLDAT
’s ist kein Mensch, ’s hat keinen Zweck.
ERZÄHLER 1 / TEUFEL
Gut, ihr werdet morgen meine Tochter sehn. ERZÄHLER 1 / TEUFEL
Und doch: Gib nur den letzten Rappen weg. So lang du Geld noch hast, hält er dich fest. Spiel mit ihm Karten: er gewinnt den Rest. Und du bist frei.
ERZÄHLER 2 / SOLDAT
Das klappt. Ich sage, das klappt gut! Der Kamerad hatt’ recht: warum nicht ich? Nur Mut! Ein Mädchen haben … Lang, lang ist’s her … Was sagt ihr dazu, ihr Karten? Ist’s ein Scherz? Herz zehn, Herz sieben, nichts als Herz, Herz Dame, lauter Trümpfe. Das geht gut! Der Kamerad hatt’ recht: Warum nicht ich? Nur Mut!
ERZÄHLER 2 / SOLDAT
Spielt ihr? ERZÄHLER 1 / TEUFEL
Wie bitte?
ERZÄHLER 1 / TEUFEL
ERZÄHLER 2 / SOLDAT
Nun aber ja nicht zu plump vorgehen! Wollen sehen. Man wird mit Lob für meine Virtuosität nicht sparen, die er mir beigebracht während drei Jahren, und alle Welt wird glauben, dass ich und mein Talent das Königskind geheilt – auf seinem Instrument.
Spielt ihr um Geld? ERZÄHLER 1 / TEUFEL
Und ob, mein Freund! Von Herzen gern! Er wird gewinnen. Immer will er Sieger sein. Du wirst verlieren. Doch er wird verloren sein.
ERZÄHLER 2 / SOLDAT
Ein Mädchen haben, ich, ein Mädchen haben, Lang, lang ist’s her …
ERZÄHLER 2 / SOLDAT
Hier Gold und Geld.
ERZÄHLER 1 / TEUFEL
ERZÄHLER 1 / TEUFEL
Indes mein Freund, man kam zuvor. Das Mittel, sie zu heilen, das hab ich.
Nicht schlecht.
33
ERZÄHLER 2 / SOLDAT
SOLDAT & TEUFEL
Wie viel?
Er leert sein Glas.
ERZÄHLER 1 / TEUFEL
ERZÄHLER 1 / TEUFEL
Der Punkt zehn Rappen?
Der Teufel erhebt sich mühsam, er wankt.
ERZÄHLER 2 / SOLDAT
ERZÄHLER 2 / SOLDAT
Nein! Das ist kein Spiel. Der Punkt zwei Franken!
Der Soldat rückt seinen Stuhl und steht auf.
ERZÄHLER 1 / TEUFEL
Er nähert sich dem Teufel mit einem vollen Glas.
ERZÄHLER 1 / TEUFEL
Ganz wie Ihr wollt! Doch aufgepasst. Kein Buch und keine Geige mehr. Ein bisschen Geld. Doch das Geld, das schwindet sehr.
ERZÄHLER 2 / SOLDAT
Der Teufel wehrt lallend ab. ERZÄHLER 1 / TEUFEL
Er nötigt den Teufel, zu trinken. Der Teufel trinkt.
ERZÄHLER 2 / SOLDAT
Der Soldat mischt die Karten. ERZÄHLER 1 / TEUFEL
ERZÄHLER 2 / SOLDAT
Sie spielen. Der Teufel gewinnt. Er leert sein Glas, das der Soldat immer wieder füllt.
Schau, nun ist er voll!
ERZÄHLER 2 / SOLDAT
In der Tat --- der Teufel fällt mit seinem Oberkörper vornüber auf den Tisch.
ERZÄHLER 1 / TEUFEL
Fünf Franken! ERZÄHLER 1 / TEUFEL
ERZÄHLER 2 / SOLDAT
Sie spielen. Der Teufel gewinnt.
Endlich frei? Die Geige? Hier!
ERZÄHLER 2 / SOLDAT
ERZÄHLER 1 / TEUFEL
Er leert sein Glas. Fünfzig Franken!
Jetzt gehört sie wieder dir!
ERZÄHLER 1 / TEUFEL
Kleines Konzert!
ERZÄHLER 2 / SOLDAT
Sie spielen. Der Teufel gewinnt.
MUSIK KLEINES KONZERT
SOLDAT & TEUFEL
Er leert sein Glas. ERZÄHLER 1/ TEUFEL
Das Zimmer der Prinzessin. Sie liegt ausgestreckt auf ihrem Bett und rührt sich nicht. Der Soldat tritt ein.
ERZÄHLER 1 / TEUFEL
Und jetzt, dein ganzes Geld! Er leert seine Taschen und wirft den Rest seines Geldes auf den Tisch. Sie spielen. Der Teufel gewinnt.
MUSIK TANGO
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seine Bewegungen. Nun kommt dem Soldaten ein Gedanke. Er beginnt auf seiner Geige zu spielen.
ERZÄHLER 1 / TEUFEL
Der Soldat beginnt zu spielen.
MUSIK WALZER
ERZÄHLER 2 / SOLDAT
Tanz des Teufels!
MUSIK TANZ DES TEUFELS
ERZÄHLER 1 / TEUFEL
Die Prinzessin schlägt die Augen auf. ERZÄHLER 2 / SOLDAT
ERZÄHLER 2 / SOLDAT
Hört, mein Fräulein, hört, mein Fräulein, lasst euch sagen: Jetzt, jetzt hat die Stunde Glück geschlagen. Einer kommt schon – seht ihn eilen –, hat das Mittel, euch zu heilen, hat die Kraft – er darf es wagen. – Hört, mein Fräulein, lasst euch sagen: Durch seine Geige werdet ihr gesunden. Er hat sie wieder, hat sich selbst gefunden.
Der Soldat und die Prinzessin fallen sich in die Arme!
MUSIK KLEINER CHORAL MUSIK COUPLET DES TEUFELS ERZÄHLER 1 / TEUFEL
Ja, so weit ging alles gut. Aber nun seid auf der Hut! Bis zur Grenze, dann gebt acht! Seid sonst neu in meiner Macht! Geht nicht zu weit! Sonst, Freund, ich wett’, muss Madame zurück ins Bett. Und was euch betrifft, Herr Prinzgemahl: Auch die Geduld des Teufels reisst einmal! Schlepp ihn stracks hinab zur Höll, brat am Spiess ihn auf der Stell!
MUSIK RAGTIME ERZÄHLER 1 / TEUFEL
Die Prinzessin erhebt sich vom Lager. Sie beginnt zu tanzen. ERZÄHLER 1 / TEUFEL
Der Soldat und die Prinzessin halten sich umschlungen.
MUSIK GROSSER CHORAL
ERZÄHLER 2 / SOLDAT
Schreckliche Schreie hinter der Bühne. Der Teufel tritt ein in leibhaftiger Gestalt. Er kriecht auf allen Vieren. Der Teufel umkreist den Soldaten, macht zuweilen eine Gebärde, als wollte er um die Geige betteln, dann versucht er, sie ihm wieder zu entreissen, während der Soldat ihm mit dem Fiedelbogen droht.
ERZÄHLER 2 / SOLDAT
ERZÄHLER 1 / TEUFEL
Man soll zu dem, was man besitzt, begehren nicht, was früher war. Man kann zugleich nicht der sein, der man ist und der man war. Man kann nicht alles haben. Was war, kehrt nicht zurück. Ein Glück ist alles Glück; zwei ist wie keins.
Die Prinzessin hat sich hinter den Soldaten geflüchtet und bleibt verborgen. Der Teufel, bald zurückweichend, bald vorspringend, beschleunigt
«Nun hab ich alles»,
ERZÄHLER 2 / SOLDAT
35
ERZÄHLER 1 / TEUFEL
ERZÄHLER 1 / TEUFEL
denkt er immer wieder. Sie aber, eines Tages bettelt: Lieber, ich weiss so nichts von dir! Erzähle mir! Erzähle mir, Lieber, doch von dir!
Hämmert es in seinem Sinn. ERZÄHLER 2 / SOLDAT
Vielleicht erkennt mich meine Mutter diesmal doch und kommt mit uns. Was wünscht ich mir dann noch?! Mein Glück wär voll, voll wär mein Glück: Was war, was ist: Vereint in einem Augenblick!
ERZÄHLER 2 / SOLDAT
Lang, lang ist’s her … ERZÄHLER 1 / TEUFEL
ERZÄHLER 1 / TEUFEL
Er lächelt.
Sie sind schon unterwegs. Schon nah dem Ziel. Der Kirchturm grüsst. Vertrautes Glockenspiel. Zum Grenzpfahl noch ein kleines Stück… Doch sie!
ERZÄHLER 2 / SOLDAT
… und so fern. Ich war Soldat, und war’s nicht eben gern. Da war die Mutter, war das Dorf, wo ich geboren. Fern, fern … Dann hab ich meinen Weg verloren.
ERZÄHLER 2 / SOLDAT
Doch sie… Sie blieb zurück.
ERZÄHLER 1 / TEUFEL
ERZÄHLER 1 / TEUFEL
Wenn wir hinreisten? Dorthin, wo du warst als Kind.
Er ruft. Er winkt. Ein letzter Blick.
ERZÄHLER 2 / SOLDAT
ERZÄHLER 2 / SOLDAT
– Es ist verboten. –
Der Soldat geht auf den Grenzpfahl zu, überlegt. Wie er die Grenze überschreitet, fällt der Teufel vor ihn hin. Der Teufel hat wieder die Geige.
ERZÄHLER 1 / TEUFEL
Weisst du, nur geschwind und gleich zurück. Es wird uns niemand sehn.
ERZÄHLER 1 / TEUFEL
Der Soldat hat den Kopf gesenkt. Er folgt dem Teufel, der ihn geigend vor sich hertreibt, langsam, aber ohne Widerstand.
ERZÄHLER 2 / SOLDAT
Sie blickt ihm in die Augen, sagt: ERZÄHLER 1 / TEUFEL
ERZÄHLER 2 / SOLDAT
Ich seh dir’s an, auch dich verlangt’s, einmal nach Haus zu gehn. O ja. Ich seh’s. Ja, ja.. Ich seh dir’s an. Er sagt:
Ende der Geschichte.
MUSIK TRIUMPHMARSCH DES TEUFELS
ERZÄHLER 2 / SOLDAT
Komm nah zu mir, ganz nah. ERZÄHLER 1 / TEUFEL
Nicht eh du mir gesagt hast «ja». Er brütet und erwägt es her und hin. ERZÄHLER 2 / SOLDAT
Warum denn nicht? Warum nicht? 36
Andreas Homoki wurde als Sohn einer ungarischen Musikerfamilie 1960 in Deutschland geboren und studierte Schulmusik und Germanistik in Berlin (West). 1987 ging Andreas Homoki als Regieassistent und Abendspielleiter an die Kölner Oper, wo er bis 1993 engagiert war. In den Jahren 1988 bis 1992 war er ausserdem Lehrbeauftragter für szenischen Unterricht an der Opernschule der Musikhochschule Köln. Hier entstanden erste eigene Inszenierungen. 1992 führte ihn seine erste Gastinszenierung nach Genf, wo seine Deutung der Frau ohne Schatten internationale Beachtung fand. Die Inszenierung, die später auch am Pariser Théâtre du Châtelet gezeigt wurde, erhielt den französischen Kritikerpreis des Jahres 1994. Von 1993 bis 2002 war Andreas Homoki als freier Opernregisseur tätig und inszenierte u.a. in Köln, Hamburg, Genf, Lyon, Leipzig, Basel, Berlin, Amsterdam und München. Bereits 1996 debütierte er an der Komischen Oper Berlin mit Fal staff, es folgten Die Liebe zu drei Orangen (1998) sowie im Jahre 2000 Die lustige Witwe. 2002 wurde Andreas Homoki als Nachfolger von Harry Kupfer zum Chefregisseur der Komischen Oper Berlin berufen, deren Intendant er 2004 wurde. Neben seinen Regiearbeiten an der Komischen Oper Berlin inszenierte er während seiner Intendanz u. a. am Théâtre du Châtelet in Paris, an der Bayerischen Staatsoper München, am New National Theatre Tokyo, an der Sächsischen Staatsoper Dresden und der Hamburgischen Staatsoper. Im Juli 2012 inszenierte er unter der musikalischen Leitung von William Christie David et Jonathas von Marc-Antoine Charpentier für das Festival in Aix-en-Provence – eine Produktion, die später auch u.a. in Edinburgh, Paris und New York gezeigt wurde. Seit Beginn der Spiel-
zeit 2012/13 ist Andreas Homoki Intendant des Zürcher Opernhauses und inszenierte seither Der fliegende Holländer (Koproduktion mit der Mailänder Scala und der Norwegischen Staatsoper Oslo), Lady Macbeth von Mzensk, Fidelio, Juliette, Lohen grin (Koproduktion mit der Wiener Staatsoper), Luisa Miller (Hamburgische Staatsoper), Wozzeck, My Fair Lady (Komische Oper Berlin), I puritani, Medée, Das Land des Lächelns, Lunea, welche von der Zeitschrift «Opernwelt» zur Uraufführung des Jahres 2017/18 gekürt wurde, Sweeney Todd von Stephen Sondheim, Iphigénie en Tauride sowie zuletzt Simon Boccanegra. Andreas Homoki ist seit 1999 Mitglied der Akademie der Künste Berlin.
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Jeannette Seiler stammt aus Zürich. Sie studierte Kostüm- und Bühnenbild am Mozarteum Salzburg bei Herbert Kapplmüller. Nach dem Studium assistierte sie zunächst bei den Salzburger Festspielen (u.a. bei Peter Mussbach und Moidele Bickel) und war für das Zeitfluss Festival im Rahmen der Salzburger Festspiele als Produktionsleiterin (100 objects to represent the world von Peter Greenaway) und im Festivalmanagement tätig. Später arbeitete sie als freischaffende Assistentin/Mitarbeiterin und Ausstatterin in Deutschland, Österreich und der Schweiz und zeitweise als Dozentin für Kostümgeschichte und figürliches Zeichnen an der Modedesign Schule Zürich. Seit 2008 ist sie als künstlerische Produktionsbetreuerin für Kostüm am Opernhaus Zürich tätig. Hier entwarf sie bereits die Kostü me für Hinter Masken / Sleep, Der geduldige Sokrates (Telemann), Zweimal Alexander (Martinů) und Fälle (Oscar Strasnoy).
Franck Evin, geboren in Nantes, ging mit 19 Jahren nach Paris, um Klavier zu studieren. Nachts begleitete er Sänger im Café Théâtre Le Connetable und begann sich auch für Beleuchtung zu interessieren. Schliesslich entschied er sich für die Kombina tion aus Musik und Technik. Dank eines Stipendiums des französischen Kulturministeriums wurde er 1983 Assistent des Beleuchtungschefs an der Opéra de Lyon. Hier arbeitete er u.a. mit Ken Russel und Robert Wilson zusammen. Am Düsseldorfer Schauspielhaus begann er 1986 als selbstständiger Lichtdesigner zu arbeiten und legte 1993 die Beleuchtungsmeisterprüfung ab. Besonders eng war in dieser Zeit die Zusammenarbeit mit Werner Schröter und mit dem Dirigenten Eberhard Kloke. Es folgten Produktionen u. a. in Nantes, Strassburg, Paris, Lyon, Wien, Bonn, Brüssel und Los Angeles. Von 1995 bis 2012 war er Künstlerischer Leiter der Beleuchtungsabteilung der Komischen Oper Berlin und dort verantwortlich für alle Neuproduktionen. Hier wurden besonders Andreas Homoki, Barrie Kosky, Calixto Bieto und Hans Neuenfels wichtige Partner für ihn. Im März 2006 wurde Franck Evin mit dem «OPUS» in der Kategorie Lichtdesign ausgezeichnet. Seit Sommer 2012 arbeitet er als künstlerischer Leiter der Beleuchtungsabteilung an der Oper Zürich. Franck Evin wirkt neben seiner Tätigkeit in Zürich weiterhin als Gast in internationalen Produktionen mit, etwa an den Opernhäusern von Oslo, Stockholm, Tokio, Amsterdam, München, Graz sowie der Opéra Bastille, der Mailänder Scala, dem Teatro La Fenice, der Vlaamse Opera und bei den Bayreuther Festspielen.
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Martin Zysset ist in Solothurn geboren und aufgewachsen. Er liess sich im Fach Klarinette ausbilden und absolvierte gleichzeitig ein Gesangsstudium, das er mit Meisterklassen bei Ernst Haefliger und Edith Mathis abrundete. 1990/91 war er Mitglied des Internationalen Opernstudios und im gleichen Jahr Stipendiat des Migros-Genossenschaftsbundes sowie Preisträger des Pro Arte Lyrica-Wettbewerbs in Lausanne. Seit 1992 ist er ständiger Gast der Sommerspiele in Selzach. Am Opernhaus Zürich ist er seit 1991/92 engagiert. Hier konnte er sich ein breites Repertoire von buffonesken wie dramatischen Rollen erarbeiten, u.a. Pedrillo, Monostatos, Spoletta, Incredibile (Andrea Chénier), Jaquino, Kudrjasch (Katja Kabanowa), Cassio, Peppe, Alfred (Die Fledermaus), Spalanzani, Tamino, Tybalt, Dancaïro, Arturo, Knusperhexe, Brighella sowie die männliche Hauptrolle in Udo Zimmermanns Weisse Rose. Mit grossem Erfolg verkörperte er die Titelrolle Simplicius in der wiederentdeckten Operette von Johann Strauss, die auch auf CD und DVD veröffentlicht wurde. Gastspiele führten ihn durch ganz Europa, nach Shanghai sowie mit der Zauberflöte, Le nozze di Figaro, Fidelio und Tannhäuser (Walter) nach San Diego (USA). Für den Bayerischen Rundfunk hat er die Lehár-Operette Paganini aufgenommen. Am Opernhaus Zürich sang er zuletzt u. a. Prince John (Robin Hood), Don Basilio (Le nozze di Figaro), Tschekalinski (Pique Dame), Licone (Or lando paladino), Triquet (Jewgeni Onegin), den Obereunuchen (Land des Lächelns), Goro (Madama Butterfly), Spoletta (Tosca), Dormont (La scala di seta) und den weissen Minister (Le Grand Macabre).
Ruben Drole stammt aus Winterthur und studierte an der Musikhochschule Zürich bei Jane Thorner Mengedoht. 2004 wurde er ins Internationale Opernstudio und 2005 ins Ensemble des Opernhauses Zürich aufgenommen, wo er u.a. als Lucio Cinna (J.C. Bachs Lucio Silla), Haly (L’italiana in Algeri), Argante (Rinaldo), Wurm (Luisa Miller) und als Papageno in der von Nikolaus Harnoncourt geleiteten Zauberflöte zu erleben war. Als Papageno hat er 2015 auch sein Debüt an der Semperoper Dresden gegeben. Weitere Projekte mit Harnoncourt waren u. a. Kezal (Die verkaufte Braut) und Haydns Schöpfung bei der Styriarte Graz, Beethovens Christus am Ölberg in Wien und Luzern, eine JapanTournee (Mozarts Requiem und Händels Messiah) sowie Leporello (Don Giovanni) am Theater an der Wien. Im Zürcher Zyklus der Mozart/Da PonteOpern von Sven-Eric Bechtolf und Franz WelserMöst wirkte er als Guglielmo (Così fan tutte), Figaro (Le nozze di Figaro) und Leporello (Don Giovanni) mit. Dieselben Partien interpretierte er unter Welser-Möst auch mit dem Cleveland Orchestra. Bei den Salzburger Festspielen 2012 sang er den Achilla (Giulio Cesare) und trat dort 2013 in Haydns Il ri torno di Tobia und in Walter Braunfels’ Szenen aus dem Leben der Heiligen Johanna auf. Auf dem Konzertpodium ist er u. a. unter Ton Koopman, Nikolaus Harnoncourt und Emmanuelle Haïm aufgetreten. In Zürich war er zuletzt u.a. als Figaro, Lord Rochefort (Anna Bolena), Papageno, Leporello, Alaskawolfjoe (Aufstieg und Fall der Stadt Maha gonny), in Die Gezeichneten, als Peter in Hänsel und Gretel, als Biterolf in Tannhäuser, als Guru in der Uraufführung Last Call und als Theatermaschinist in Die Sache Makropulos zu sehen. 39
Programmheft DIE GESCHICHTE VOM SOLDATEN Premiere 13. Mai 2021, Spielzeit 2020/21
Herausgeber
Intendant
Opernhaus Zürich Andreas Homoki
Zusammenstellung, Redaktion Claus Spahn
Layout, Grafische Gestaltung Carole Bolli
Anzeigenverkauf Opernhaus Zürich, Marketing
Telefon 044 268 66 33, inserate@opernhaus.ch
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Bildnachweis: T + T Fotografie / Toni Suter fotografierte die Bühnenprobe am 25. Februar 2021 Urheber, die nicht erreicht werden konnten, werden zwecks nach träglicher Rechtsabgeltung um Nachricht gebeten.
Studio Geissbühler Fineprint AG
Terrasse bei schönem Wetter geöffnet! bernadette.ch Sechseläutenplatz 1