Oper und Ballett fürs Fest
Verehrtes Publikum,
ich habe meinen Kindern keine Märchen von Hans Christian Andersen vorgelesen. Ich fand sie, obwohl sie sehr vielfältig in ihren Tonlagen sind, zu traurig, zu beunruhigend und zu abgründig für zarte Kinderseelen. Aber natürlich sind sie wundervoll geschrieben. Es ist grosse Literatur: Die kleine Meerjungfrau, Das Mädchen mit den Schwefelhölzern, Die Schneekönigin, Der Schatten, Die chinesische Nachtigall und wie die Meisterwerke alle heissen. Man kann nur darüber staunen, wie viele bedeutende Schriftsteller Andersen gelesen haben und sich von ihm inspirieren liessen: Theodor Fontane, Oscar Wilde, Vladimir Nabokov, James Joyce und viele mehr. Franz Kafka hat seiner Geliebten Dora Diamant aus Andersens Märchen vorgelesen. Thomas Mann soll sie als eines von drei Büchern genannt haben, die er sofort wieder anschaffen würde, falls seine Bibliothek in Flammen aufginge.
Der literarische Rang des dänischen Dichters wird allerdings immer noch vor allem von Kennern gewürdigt. Dazu passt, dass seine Märchen heutzutage weniger für die vorweihnachtliche Kinderbühne adaptiert werden, sondern viel eher als literarische Vorlage für grosse ErwachsenenKunst gefragt sind. Es gibt Opern und aktuelle Theaterstücke über Andersen, vom HollywoodKino und Arielle gar nicht erst zu reden. Das Ballett Zürich bringt nun mit Of Light, Wind and Waters ebenfalls ein neues Stück zur Uraufführung, das um Hans Christian Andersen kreist. Im Januar hat es Premiere. 2025 ist das Jahr, in dem sich der Todestag des Dichters zum 150. Mal jährt, und der Choreograf, der es kreiert, ist mit Kim Brandstrup, wie könnte es anders sein, ein Däne. Für seinen neuen Ballettabend gilt, was für manche AndersenErzählung gilt: Ein naives Weihnachtsmärchen wird es nicht. Brandstrup verschränkt Motive aus den literarischen Werken Andersen mit Aspekten seiner exzentrisch faszinierenden Künstlerpersönlichkeit.
MAG 117 / Dez 2024
Unser Titelbild zeigt
Charles Castronovo, den Riccardo in unserer Neuproduktion «Un ballo in maschera».
Ein Porträt lesen Sie auf Seite 26.
(Foto Florian Kalotay)
Of Light, Wind and Waters ist die übernächste Premiere am Opernhaus Zürich. Zuvor hebt sich der Vorhang am 8. Dezember für unsere Neuproduktion von Un ballo in maschera, einer VerdiOper mit einem leidenschaftlichen Tenor, einem untreu liebenden Sopran, einem verschwörerischen Bariton, grossen Chorszenen, finaler Katastrophe und allem, was das italienische Opernherz sonst noch begehrt. Am Dirigentenpult steht unser Generalmusikdirektor Gianandrea Noseda. Für die Inszenierung ist die walisische Regisseurin Adele Thomas verantwortlich. Beide haben vor drei Jahren mit Il trovatore bereits gemeinsam eine VerdiOper erfolgreich an unserem Opernhaus auf die Bühne gebracht.
Die Weihnachtszeit, verehrtes Publikum, hat begonnen, und wer es noch nicht gemerkt hat: Wir haben – für das Fest nur das Beste! – ein Paket aus beliebten Hauptwerken des Opern und Ballettrepertoires für Sie in Geschenkpapier eingeschlagen, um es Ihnen zum Auspacken unter den Baum zu legen. Wir spielen Mozarts Figaro, Puccinis Madama Butterfly, Beethovens Fidelio, Gounods Roméo et Juliette und das Ballett Giselle. Wenn da nichts für Sie dabei ist, wissen wir auch nicht weiter.
Claus Spahn
Dana Grigorcea
Zwischenspiel
Der Podcast des Opernhauses
Sie ist eine der bekanntesten Schriftstellerinnen der Schweiz, aber sie hat auch eine grosse Leidenschaft für die Oper und das Ballett. Manchmal steht sie – stumm! – sogar selbst in Kostüm und Maske auf der Bühne, denn Dana Grigorcea ist Mitglied im Statistenverein des Zürcher Opernhauses. Im aktuellen Podcast mit Claus Spahn spricht die Schriftstellerin darüber, womit die Oper sie in den Bann schlägt, ob und wie Musik und Literatur sich befruchten, und wie Kunst und Leben sich in ihrem neuen Roman «Das Gewicht eines Vogels beim Fliegen» verschränken.
10 Zur Premiere von Verdis
Oper «Un ballo in maschera»: Was hat es zu bedeuten, wenn Menschen Masken aufsetzen?
Ein Gespräch 14 Die Regisseurin Adele Thomas über ihre Inszenierung von «Un ballo in maschera» 30 Hans Christian Andersen und seine Märchen stehen im Zentrum einer neuen Ballettproduktion.
Ein Porträt des exzentrischen dänischen
Schriftstellers 38 Was fasziniert den Choreografen Kim Brandstrup an Andersen?
Ich sage es mal so – 4, Opernhaus aktuell – 6, Drei Fragen an Andreas Homoki – 7, Wie machen Sie das, Herr Bogatu? – 9, Volker Hagedorn trifft … – 26, Auf dem Pult – 49, Wir haben einen Plan – 50, Der Fragebogen – 54, Kalendarium – 55
Ich sage es mal so
Stumme Antworten auf grundsätzliche Fragen – mit Katharina Konradi, die den Oscar in Verdis Oper «Un ballo in maschera» singt.
Fotos Michael Sieber
Katharina Konradi wurde in Kirgistan geboren und kam im Alter von 15 Jahren nach Deutschland. Sie ist Ensemblemitglied an der Hamburgischen Staatsoper, wo sie in dieser Spielzeit ihr Rollendebüt als Gilda in «Rigoletto» gibt. An der Bayerischen Staatsoper München ist sie 2025 als Adele in der «Fledermaus» zu erleben. Am Opernhaus Zürich sang sie zuletzt Valencienne in der «Lustigen Witwe».
In vielen Städten sollen die Kulturetats drastisch gekürzt werden. Was heisst das für die Kunst?
Gehst du gern auf Maskenbälle?
Welche Bedeutung hat Verdi als Opernkomponist für dich?
Oscar in «Ballo» oder Gilda in «Rigoletto» –welche Figur liegt dir mehr?
Du bist eine erfolgreiche Liedsängerin.
Auf was kommt es in dieser Kunstform an?
Gianandrea Noseda dirigiert Strauss
Ein halbes Jahrhundert und grosse historische Umwälzungen liegen zwischen der Entstehung der beiden Werke von Richard Strauss, die im 4. Philharmonischen Konzert zu hören sind: In der Tondichtung Don Quixote (1897) liess sich der Komponist von Cervantes’ berühmtem Ritterroman zu einer Partitur voller illustrativer Effekte inspirieren. Eine nicht weniger kunstvolle Tonmalerei von ganz anderer Art schuf er im hohen Alter mit den Vier letzten Liedern (1948) nach Gedichten von Hermann Hesse und Joseph von Eichendorff, die ganz vom Motiv des Abschiednehmens geprägt sind. Als Solistin ist in diesem Konzert die deutsche Sopranistin HannahElisabeth Müller zu hören, die u.a. durch ihre Zdenka in Strauss’ Arabella unter Christian Thielemann bekannt geworden ist. Generalmusikdirektor Gianandrea Noseda dirigiert die Philharmonia Zürich.
Sonntag, 12 Jan 2025, 19.30, Opernhaus
Wiederaufnahme
Le nozze di Figaro
Regisseur Jan Philipp Gloger inszeniert Mozarts Meisterwerk in der Gegenwart und zeigt, wie ein vermeintlich unwiderstehlicher Mann sich in den Fallstricken eines Verhaltenskodexes gegen Machtmissbrauch und sexuelle Übergriffe verheddert. Das hat Witz und Fallhöhe, und die grossen Gefühlsmomente kommen ebenfalls nicht zu kurz. Diese Wiederaufnahme bietet aufregende Hausdebüts: Antonello Manacorda, der zu den führenden MozartDirigenten unserer Tage gehört; die deutsche Sopranistin Nikola Hillebrand in der Rolle der Susanna; ebenso die kanadische Mezzosopranistin Kady Evanyshyn als Cherubino und der in Südtirol geborene Bariton Andrè Schuen als Graf Almaviva.
Sonntag, 15 Dez 2024, 13 Uhr
Weitere Vorstellungen: 18, 20, 22 Dez 2024; 2 Jan 2025
1. La Scintilla Konzert
Telemann/Bach
Mit der Kantate Jauchzet Gott in allen Landen werden in diesem Konzert festliche Töne angeschlagen. J. S. Bach stellte der SoloSopranistin in den beiden Ecksätzen dieser Kantate eine Trompete an die Seite – beide Partien verlangen von den Interpreten grosse Vir tuosität. Im Kontrast zu diesem ganz auf das Lob Gottes ausgerichteten Stück steht die weltliche Kantate Weichet nur, betrübte Schatten, die Bach anlässlich einer Trauungszeremonie geschrieben hat. In beiden Werken ist die englische Sopranistin Carolyn Sampson zu hören. Riccardo Minasi dirigiert ausserdem zwei Solokonzerte von Bach und Telemann, Solisten sind Philipp Mahrenholz (Oboe) und Balázs Nemes (Trompete) aus dem Orchestra La Scintilla.
Montag, 16 Dez 2024, 19.30 Uhr Opernhaus
Brunch-/Lunchkonzert
Capriccio
In diesem Konzert erklingen Streichsextette von Richard Strauss und Antonín Dvořák. Der Titel Capriccio, den die Musikerinnen und Musiker diesem Konzert gegeben haben, kommt nicht von ungefähr, denn das Sextett schrieb Strauss für seine gleichnamige Oper; dort bringt es Flamands Liebe zur schönen Gräfin Madeleine zum Ausdruck. Dass Dvořák sein einziges Streichsextett im gleichen Jahr wie seine Slawischen Tänze (1876) komponierte, hört man dem Werk an; es ist im gleichen ebenso mitreissenden wie romantischen Stil geschrieben. Es spielen Bartlomiej Niziol, Dmitry Serebrennikov, Rumjana Schamlieva, Sebastian Eyb, Lev Sivkov und Xavier Pignat.
Brunchkonzert: 26 Jan 2025, 11.15 Uhr Lunchkonzert: 27 Jan 2025, 12 Uhr Spiegelsaal
Zurich Talks Dance Once upon a time
Um das Geschichtenerzählen im Tanz geht es in der nächsten Ausgabe unserer Gesprächsreihe «Zurich Talks Dance». Dramaturg Michael Küster spricht mit dem dänischen Choreografen Kim Brandstrup, der für das Ballett Zürich gerade die Uraufführung seines HansChristianAndersenBalletts Of Light, Wind and Waters vorbereitet. Ausserdem sind Ballettdirektorin Cathy Marston, Prof. Jason Beechey und der englische Tänzer Sean Bates zu Gast. Neben einem exklusiven Einblick in Kim Brandstrups neueste Kreation und einem Ausschnitt aus Giselle, getanzt von Mitgliedern des Balletts Zürich, präsentieren sich Studierende des BA Contemporary Dance und der Tanz Akademie Zürich, u. a. mit einem Kurzstück des niederländischen Choreografen Jordi Dik.
Mittwoch, 4 Dez 2024, 19 Uhr Bühne A, Theater der Künste, Gessnerallee 9
Verdi, unser Hauskomponist
Herr Homoki, am 8. Dezember hat die Oper Un ballo in maschera Premiere. Es ist die elfte Verdi-Neuproduktion in den 13 Jahren Ihrer Intendanz. Von keinem anderen Komponisten hat das Opernhaus Zürich so viele Werke auf die Bühne gebracht. Warum?
Weil kein anderer Komponist so viele gute Opern geschrieben hat. Verdis Opern sind bis heute erfolgreich und bilden den Kernbestand des italienischen Repertoires. Sie sind, was die erforderlichen künstlerischen Ressourcen angeht, viel überschaubarer als etwa die Werke von Richard Wagner, und deshalb hatten wir uns vorgenommen, in jeder Saison eine neue VerdiProduktion zu präsentieren. Die CoronaPandemie hat uns etwas aus dem Takt gebracht, sonst hätten wir 13 Opern in unseren 13 Spielzeiten geschafft.
Warum passt Verdi so gut nach Zürich?
In der deutschsprachigen Opernwelt ist Zürich nun mal der Ort, der Italien am nächsten liegt, und das spüren wir in vielerlei Hinsicht. Unser Orchester kann auf bewundernswert selbstverständliche Weise sowohl einen italienischen als auch einen deutschen Klang herstellen. Durch und durch deutsch geprägte Orchester tun sich schwerer mit Verdi, mit ihrer runden, samtenen Klangcharakteristik kann er schnell ein bisschen nach Brahms klingen. Bei unserer Philharmonia ist das nicht so. Da kommt Verdi con brio aus dem Graben, präzise auf den Punkt artikuliert und in seiner Dramatik auch mal trocken zugespitzt. Auch unser Chor ist musikalisch hervorragend aufgestellt im VerdiRepertoire. Es ist kein Zufall, dass die beiden Generalmusikdirektoren in der Zeit meiner Direktion mit Fabio Luisi und Gianandrea Noseda Italiener sind. Neben Verdi haben ja auch Komponisten wie Puccini, Rossini, Donizetti und sogar Bellini eine prägende Rolle in
unseren Saisonplanungen gespielt, denn auch unser Publikum liebt die italienische Oper, insbesondere die Werke des Belcanto, die allerdings von den Stoffen her sperriger und mehr aufs Sängerische ausgerichtet sind, während Verdi immer anspruchsvollstes Theater liefert. Aus einem deutschen Blickwinkel wird ja bis heute gerne über Verdi gemäkelt, dass er zwar ein toller Opernkomponist sei, die Libretti aber hinter seinem Niveau zurückblieben. Das ärgert mich, denn die spezielle Dramaturgie ist ja gerade das Spannende an diesem Komponisten. Sie geht immer von der musikalischen, ins Szenische gewendeten Form aus und evoziert so ein gebrochenes, nichtnaturalistisches Theater. Bei einer Oper wie Rigoletto bleibt musikalisch und dramaturgisch kein Stein auf dem anderen –und gerade deshalb ist sie theatralisch so grandios.
Wo ist Un ballo in maschera im Schaffen von Verdi einzuordnen?
Die Oper ist nach der sogenannten Trilogia populare bestehend aus Rigoletto, Il trovatore und La traviata entstanden und gehört ebenfalls noch in Verdis mittlere Schaffensperiode mit dem typisch verknappten kontrastreichen Vokabular und der collagehaften musikalischen Form. Ballo bietet aber auch eine gewisse Opulenz, hat Farbigkeit und starke Charaktere, wenn man etwa an die Wahrsagerin Ulrica denkt, die bei uns von Agnieszka Rehlis gesungen wird. Ich freue mich überhaupt auf die Sängerbesetzung unserer Neuproduktion. Wir haben mit Charles Castronovo als Riccardo einen grossartigen Tenor. Erika Grimaldi als Amelia kennen wir aus den konzertanten Aufführungen von Andrea Chénier in der vergangenen Spielzeit. George Petean, der den Renato singt, hat schon viel Verdi an unserem Haus gesungen. Mit ihm verbindet mich eine langjährige künstlerische Freundschaft.
In der Milchproduktion werden die Kälbchen gleich nach der Geburt von ihren Müttern getrennt. Damit mehr Milch für die Menschen verwendet werden kann. Es ist Zeit für eine neue, faire Milch aus Mutter-Kalb-Haltung. Unterstütz uns dabei: auf cowpassion.ch oder auf foerderverein-muka.ch
Mündungsfeuer zum Advent
Ich schreibe an dieser Stelle gerne über Dinge, die auf der Bühne effektvoll aussehen, aber zu Hause ganz einfach nachgemacht werden können. Da Weihnachten vor der Tür steht, wollen wir heute ein stimmungsvolles Mündungsfeuer aus einem Trommelrevolver basteln. Unser Problem bei Schüssen ist, dass wir entgegen der Handlung auf der Bühne niemanden erschiessen und auch die Ohren von Mitwirkenden und Publikum nicht schädigen wollen. Wir haben in der Vergangenheit leider die Erfahrung machen müssen, dass ein handelsüblicher Schreckschuss oder auch die Zündplättchen einer Spielwarenpistole zu laut für die Mitwirkenden auf der Bühne sein können. Deshalb sind wir dazu übergegangen, Schüsse über die Tonanlage einzuspielen. So kann man die Lautstärke genau einstellen, messen und reproduzieren. Doch es fehlt dann natürlich das Mündungsfeuer und der rauchende Colt.
Unser Requisiteur Simon wollte das nicht akzeptieren und hat für einen Schuss in unserer Neuproduktion von Un ballo in maschera in seine Trickkiste gegriffen und ein Mündungsfeuer entwickelt, das perfekt in die Adventszeit passt. Die Einkaufsliste sieht wie folgt aus: Wir brauchen einen alten Trommelrevolver, ein paar «elektrische Zünder» (im Internet für 40 Rappen), Pyrowatte, eine Klopapierrolle, ein «Mikrotaster» (im Internet für 1 Franken), eine AA Batterie, ein Lötkolben, Heissleim und etwas Leitungsdraht. Ein elektrischer Zünder ist ein Leitungsdraht, der an einer Stelle sehr dünn ist und dort mit Schwarzpulver ummantelt ist.
Ist alles eingekauft, schrauben Sie die Trommel vom Revolver ab, wickeln Sie das Papier von der Klopapierrolle ab und kürzen Sie das Papprohr auf die Länge der Trommel. Löten Sie das eine Ende des Leitungsdrahts an einen Kontakt des Mikrotasters, das andere an den Pluspol der Batterie. Umwickeln Sie nun den Zünder vom elektrischen Zünddraht mit etwas Pyrowatte und führen die Leitungen des Zünders in die Mündung der Waffe ein und schieben sie solange, bis sie dort aus dem Lauf kommen, wo vorher die Trommel war. Das eine Ende bitte an dem noch freien Kontakt des Mikrotasters anlöten und das andere Ende an den Minuspol der Batterie. Ziehen Sie nun vorsichtig den Zünder samt Pyrowatte zwei Zentimeter in den Lauf. Kleben Sie den Mikrotaster so in die gekürzte Papprolle, dass der Hammer des Revolvers beim Auslösen genau auf den Taster treffen würde, wenn die Papprolle als Trommel im Revolver eingebaut ist. Spannen Sie den Hahn. Er rastet ein. Achten Sie aber darauf, den Taster noch nicht zu betätigen… Kleben Sie nun Batterie und Leitungen in die Pappröhre. Feuchten Sie etwas Klopapier an und stopfen Sie dieses von der Trommel aus dicht und fest in den Lauf. Schrauben Sie jetzt die Pappröhre anstelle der Trommel in den Revolver. Achtung: Sie haben jetzt einen geladenen Revolver. Wenn Sie nun abdrücken, trifft der Hammer den Mikrotaster. Der Taster schliesst den Stromkreis und Strom fliesst aus der Batterie durch den Taster in den Zünddraht – und die dünne Stelle brennt durch. Dadurch fängt das Schwarzpulver Feuer und entzündet die Pyrowatte, die sehr schnell und heftig abbrennt. Das Feuer kann aufgrund des einseitig durch Klopapier verstopften Laufs nur durch die Mündung entweichen. Das gibt je nach Pyrowattenmenge ein sehr schönes Mündungsfeuer. Oder ein relativ grosses Flammeninferno. Wer Simon kennt und sich jetzt wundert: Er hat natürlich keine Klopapierrolle, sondern ein schwarzes Metallrohr verwendet und dafür gesorgt, dass man Batterie und Zündsatz schnell nachladen kann. Die Beschreibung dafür passt hier nicht mehr hin und betrifft das Mündungsfeuer nicht. Ich wünsche eine besinnliche Adventszeit.
Sebastian Bogatu ist Technischer Direktor am Opernhaus Zürich
Der Mensch und seine Masken
Seit Urzeiten ist die Maskierung ein zentraler Bestandteil des theatralischen Spiels. Was aber hat es zu bedeuten, wenn der Mensch sich eine Maske aufsetzt? Und was verbrigt sich hinter ihr? Anlässlich von Giuseppe Verdis Liebes- und Verschwörungsdrama «Un ballo in maschera» haben wir mit der Philosophin und Nietzsche-Expertin Corinna Schubert über die tiefere Bedeutung von Masken gesprochen.
In seinen Collagen lässt der in Berlin lebende französische Künstler Matthieu Bourel (*1976) aus vorgefundenem Material neue Geschichten entstehen. Maske und Identität sind dabei ein wiederkehrendes Motiv. In Anlehnung an die Dada-Bewegung, die ihn inspirierte, beschreibt er seine Arbeit als «Data-ism», als «Aufnehmen all der Informationen, die uns umgeben».
Frau Schubert, was heisst es, wenn der Mensch sich eine Maske aufsetzt?
Sie haben den Begriff der Maske bei Friedrich Nietzsche erforscht. Warum interessiert er sich dafür?
Nietzsches Beschäftigung mit der Maske ist sehr umfangreich. Bereits in seinem Erstlingswerk Die Geburt der Tragödie aus dem Geiste der Musik reflektiert er die Maske als etwas, das nicht nur auf dem Gesicht sitzt, sondern den ganzen Körper, den ganzen Schauspieler erfasst und seine Identität verfremdet. Die Maske interessiert ihn nicht weil sie etwas verbirgt, sondern weil sie etwas zeigt. Sie birgt also ein deutbares Potenzial, das Nietzsche aus der antiken Theaterwirklichkeit in seine Philosophie überführt. Nietzsche ist ja ein Philosoph der Transformation. Die Welt und die Menschen darin sind seiner Vorstellung zufolge permanent im Wandel begriffen. Er akzentuiert das Werden stärker als das Sein. Die Maske ist für ihn ganz wesentlich, weil sie diese Veränderlichkeit des Menschen selbst schon kommuniziert, also: Wo eine Maske ist, da ist die nächste nicht weit. Die Maskierung gibt dem Menschen die Möglichkeit, sich zu transformieren und spielerisch etwas ganz anderes auszutesten als das, was er bisher war.
In welchem Epochenkontext steht Nietzsches Theorie?
Nietzsche denkt konsequent darüber nach, was der Mensch nach dem «Tod Gottes» bedeuten kann, also in einer Zeit, in der bis dahin geglaubte Verbindlichkeiten nicht mehr zwingend sind. Die Idee, dass es ewige Dinge geben könnte, spielt für ihn keine Rolle mehr. Der Mensch ist für ihn deshalb nicht mehr so stark an einen festen Charakter oder tradierte Rollenbilder gebunden, wie er das in früheren Zeiten war. Er muss beispielsweise nicht mehr Bäcker werden, weil es der Vater auch war, sondern er ist mobiler, flexibler geworden. Diesen Verwandlungsprozess hat der Mensch natürlich nicht nur selbst in der Hand. Zu einem gewissen Grad kann er ihn aber steuern, indem er eben Masken anlegt und etwas Neues probiert. Die Maske ist deshalb auch eng mit der Figur des Schauspielers verbunden, mit der sich Nietzsche ebenfalls auseinandersetzt. In der Fröhlichen Wissenschaft schreibt er: jedes Mal, wenn der Mensch entdeckt, inwiefern er eine Rolle spielt und inwieweit er Schauspieler sein kann, wird er Schauspieler.
Die Hauptfigur in Verdis Oper Un ballo in maschera ist Riccardo, ein unsteter, wandelbarer Charakter, der in der Rolle des Maskenspielers förmlich aufgeht. Wenn er am Ende der Oper ermordet wird, hat man das Gefühl, ihn nicht wirklich zu kennen. Gibt es hinter den Masken überhaupt den «wahren» Menschen?
Wahrheit ist bei Nietzsche ein riesiges Thema, das zunächst einmal ganz allgemein im Raum steht: Wenn Gott unglaubwürdig geworden ist – also der, der letzte Wahrheiten garantieren kann – was wird dann aus der Wahrheit? Für Nietzsche gibt es Wahrheiten im Plural: Es sind diejenigen, auf die wir uns geeinigt haben. Sie sind also kontingent und nicht auf immer und ewig gültig. In der Gegenwart muss man deshalb damit umgehen, dass es verschiedene Interpretationen von Fakten gibt, die jeweils interessenorientiert sind. Dann kann man sich natürlich fragen: Was ist der wahre Mensch? Die Idee der Selbsterkenntnis, die sich in dem berühmten Spruch über dem Orakel von Delphi findet, «Erkenne dich selbst!», ist für Nietzsche nicht mit letzter Konsequenz möglich. Immer wenn der Mensch meint: ich habe mich jetzt begriffen, wird er wieder ein anderer. Der Mensch muss Nietzsche zufolge mit seinem Unterbewussten umgehen. Bewusst ist ihm vielleicht nur ein ganz kleiner Teil seines Charakters. Er kann also immer nur für den Moment sagen, wer er ist. Das lässt sich mit dem Begriff der Maske deuten, die dann wieder durch eine andere Maske oder einen neuen Bedeutungshorizont ersetzt wird.
Sie schreiben deshalb, der Mensch sei eingebunden in ein kontinuierliches Maskenspiel ohne letzte Instanz …
Ich finde, das erleben wir ständig: Wie wir miteinander reden, welche Dinge wir kommunizieren, richten wir immer ganz konkret an den Personen aus, mit denen wir sprechen. Mit einer gewissen Selbstverständlichkeit zeigen wir uns immer verschiedene Masken voneinander und spielen damit in unserem Maskenensemble. Dieses Spiel ist aber nicht ganz beliebig: der Mensch ist auch limitiert durch seine Erfahrungen, die er macht, durch seine Biografie. Deswegen spreche ich von einem Maskenensemble, das eine gewisse Limitierung des Spiels deutlich werden lässt.
Setzt jemand eine Maske auf, empfinden wir das traditionell als eher negativ besetzt. Wir gehen davon aus, dass jemand etwas zu verbergen hat. Interessant ist, dass Verdi die Figur Riccardo in seinem Maskenspiel und seinen moralischen Dilemmata nicht verurteilt. Seine Sympathie ist klar auf der Seite dieser Figur. Wie wertet Nietzsche die Maskierung? Die Idee, dass man immer ein stimmiges Selbstbild zu repräsentieren hat und sich in seinem Handeln nicht selber widersprechen soll, ist im Grunde christlich geprägt. Damit eng verbunden ist die Vorstellung, dass man jemandem die Maske vom Gesicht reissen, ihn entlarven kann: Man entledigt ihn sozusagen der Lüge und dringt zur Wahrheit vor. Nietzsche hingegen wertet die Maske auf. Für ihn öffnet sie Möglichkeiten. Er hinterfragt zum Beispiel, ob es immer sinnvoll ist, ehrlich zu sein? Manchmal ist vielleicht eher die Fassade der Höflichkeit angebracht, oder es ist nicht klug, andere Menschen offen mit der eigenen Wut oder der eigenen Traurigkeit zu konfrontieren. Die Maske kann auch einen Schutz bieten. Ich kann einen Teil von mir verbergen, um den anderen oder mich selbst zu schützen.
In Verdis Oper gibt es die Wahrsagerin Ulrica, die dem Politiker Riccardo den Tod prophezeit. Riccardo ist in dieser Szene allerdings als Fischer verkleidet und lacht über diese Botschaft... Es ist interessant, dass er in dieser Situation lacht. Lachen ist oft mehrdeutig, ambivalent. Und es schafft, wie die Maske, zunächst einmal Distanz. Man weiss nicht so genau, ob er lacht, weil er der Botschaft keinen Glauben schenkt, oder ob ihn der Tod nicht kümmert, weil er ja gerade nicht als Politiker auftritt, sondern in der Maske eines Fischers. Nietzsche schreibt «Alles was tief ist, liebt die Maske». Dabei geht es stark um Verletzlichkeit: Wenn man eine Tiefe in sich fühlt, ist man verletzlich, läuft Gefahr, nicht von allen verstanden zu werden. Indem man sich maskiert, schützt man erstmal den Teil von sich, den man vielleicht selbst noch nicht richtig versteht.
Wo bleibt Verbindlichkeit, wenn wir einen Politiker wie Verdis Riccardo oder auch einen modernen Politiker von heute nur als einen Menschen hinter unzähligen Masken wahrnehmen?
Man wirft Nietzsche leider häufig Relativismus vor, insbesondere wenn es um Moral geht. Aber es ist eben nicht alles gleich viel wert oder gar beliebig. Menschen setzen immer ihre Massstäbe und Nietzsche weist einfach darauf hin, dass man Werte und Moral nicht mehr metaphysisch legitimieren kann. Wir schaffen sie selbst und genau darum müssen wir uns gut überlegen, was wir tun. Die grosse Leerstelle, die mit dem «Tod Gottes» einhergeht, bedeutet für den Menschen nicht nur Freiheit. Die Optionen, die sich für den Menschen eröffnen, der nicht mehr durch die Religion, die Familie oder die Gesellschaft festgelegt ist, geht auch mit einer Verantwortung einher. Der Mensch muss diese Leere neu füllen, er muss sich dafür wappnen, sich selbst ermächtigen.
Das Gespräch führte Fabio Dietsche
Corinna Schubert arbeitet am Nietzsche-Kolleg der Klassik Stiftung Weimar. 2020 ist ihr Buch «Masken denken – in Masken denken» erschienen.
Zwischen Spektakel und Abgrund
Am 8. Dezember hat Giuseppe Verdis Oper «Un ballo in maschera» Premiere. Ein Gespräch mit der walisischen Regisseurin Adele Thomas über die Verschränkung von Liebe und Hass, Komödie und Tragödie in dieser Oper Fotos T + T, Toni Suter
Adele, du hast in Zürich bereits Verdis Il trovatore inszeniert. Jetzt bist du für eine weitere Verdi-Oper zurück und in der Zwischenzeit zur Co-Direktorin der Welsh National Opera ernannt worden. Was bedeutet dir das?
Ich habe mir schon immer gewünscht, talentierte Künstlerinnen und Künstler zu fördern und ihnen eine Plattform zu geben. Am liebsten natürlich in Wales, wo ich selbst herkomme. Dass sich dieser Wunsch nun tatsächlich erfüllt hat, ist sehr aufregend! Zurzeit stecken wir natürlich in den Vorbereitungen für unsere erste Saison. Aber die Jahre, die darauffolgen, werfen ebenfalls bereits ihre Schatten voraus.
Dennoch probst du gerade sehr fokussiert hier in Zürich. Was macht Un ballo in maschera für dich zu einem guten Stück, und was sind die Herausforderungen dabei?
Ich liebe es, dass diese Oper konstant zwischen Komödie und Tragödie oszilliert. Es schlägt immer gerade dann vom einen ins andere um, wenn man es gar nicht erwarten würde. Und das macht es natürlich auch herausfordernd. Wie kreiert man ein Universum, in dem Komödie und Tragödie Hand in Hand gehen?
Gerade eben hast du die Szene geprobt, in der Renato die geheime Liebesaffäre zwischen seiner Frau Amelia und seinem besten Freund Riccardo entdeckt – also ein emotional verletzender Moment –, während sich die Umstehenden darüber schlapplachen. So etwas ist nur in der Oper möglich Ich habe gerade Rigoletto inszeniert, auch dort merkt man, dass Verdi ein besonderes Interesse an der Grausamkeit des Lachens hat. In Rigoletto lacht die Gesellschaft über die schrecklichsten Dinge. Es ist ein bösartiges Lachen, in dem sich dieser Umschlag des Komischen ins Tragische deutlich abzeichnet. Und das ist auch in Un ballo in maschera der Fall. Der Schock Renatos darüber, dass seine Frau eine Affäre hat, geht sehr schnell ins Gelächter der Verschwörer über, die an dieser Affäre und der Eifersucht, die dadurch entsteht, ein grosses Interesse haben. In seiner Komposition setzt Verdi dieses Gelächter sehr detailliert um. Man kann richtig nachvollziehen, wie sich das Lachen entwickelt, wie es anschwillt und wie sich die Figuren anschliessend die Lachtränen aus den Augen wischen. Ich beobachte auf den Proben, dass du diese musikalischen Details sehr genau nimmst und deine Inszenierung stark aus den Noten und dem Text entwickelst. Ist das in der britischen Theatertradition besonders wichtig? Wenn im Vereinigten Königreich neue Theatertexte inszeniert werden, ist der Text traditionell sehr wichtig, fast «heilig». Fast alle Regisseure hier sind durch diese Tradition gegangen. Wenn ich Oper inszeniere, will ich mich aber genauso in die Musik vertiefen, wie ich das auch mit dem Text mache. Die Spannung, die zwischen der Sprache und dem Subtext der Musik entsteht, macht die Oper als Kunstform ja gerade interessant. Und bei einer so kontrastreichen Musik wie in Verdis Ballo in maschera ist es besonders wichtig, diesen komponierten Kontrasten auch in der Inszenierung zu folgen.
Historisch ist Un ballo in maschera vom schwedischen König Gustav III. inspiriert, der 1792 auf einem Maskenball ermordet wurde. Aufgrund von italienischen Zensurbestimmungen musste Verdi die Handlung verlegen und siedelt sie in Boston in Amerika an. Heute wird oft wieder die ursprüngliche Handlung in Schweden gezeigt. Du hast dich aber für Boston entschieden. Warum?
Verdis Musik und seine Sensibilität sprechen klar vom 19. Jahrhundert. Schon allein deswegen bin ich nicht sonderlich am realen historischen Hintergrund interessiert. Zentral sind für mich, wie bereits gesagt, die starken Kontraste in diesem Stück, und die finde ich im 19. Jahrhundert wieder: In den Zeitungen wurden damals massenhaft billige Kriminal und Schauerromane gedruckt, in denen es um Mord,
Adele Thomas probt Verdis Oper «Un ballo in maschera»
S. 14 / 15: Die Wahrsagerin sagt die Zukunft voraus: Agnieszka Rehlis (Ulrica), Charles Castronovo (Riccardo), Katharina Konradi (Oscar) und der Chor der Oper Zürich
Vergewaltigung und Skandale ging. Andererseits ist es die Zeit des frivolen, ausschweifenden Vergnügens, wie es Verdi wohl in Paris kennengelernt hat. Manchmal ist seine Musik hier nicht weit vom Cancan entfernt. Aus diesen zwei Polen entsteht die theatralische Fantasie für unsere Inszenierung. Diese Oper könnte nur eine Horrorgeschichte, nur ein Melodrama oder nur eine Unterhaltungsshow sein –faszinierenderweise ist sie aber all dies zugleich!
Das Boston am Ende des 17. Jahrhunderts, auf das Verdi seine Zensurfassung zurückdatiert hat, interessiert dich also nicht?
Nein, wir stellen uns die Handlung in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts vor. Das ist die Zeit nach dem Amerikanischen Bürgerkrieg und eine Zeit, in der sich unglaublich viel bewegt: Die Wirtschaft und Industrie expandieren, das Eisenbahnnetz und das elektrische Licht entstehen. Uns war es wichtig, Amerika im Umbruch zu zeigen, denn Verdis Hauptfigur Riccardo ist für mich eine Scharnierfigur. Er ist ein Politiker, der die Zukunft repräsentiert. Wir proben hier, während gerade wieder heiss über die politische Zukunft Amerikas diskutiert wird. Diese direkte Analogie interessiert mich aber nicht sehr. Ich fand es interessant, an den Punkt zurückzugehen, an dem sich das heutige Amerika herausbildet. In unserer Inszenierung zeigen wir, wie einige typische Probleme, die Amerika heute hat, begonnen haben: Waffen spielen natürlich eine Rolle, Rassismus oder Rauschmittel…
Die Hauptfigur Riccardo ist ein englischer Adeliger, ein Graf, der nach Amerika übergesiedelt ist. Bei Verdi findet man darüber wenig Explizites. Für deine Inszenierung hast du dir eine ziemlich detaillierte Hintergrundgeschichte ausgedacht. Was müssen wir über die Hauptcharaktere wissen?
Wir gehen davon aus, dass Riccardo ungefähr Mitte des 19. Jahrhunderts nach
Amerika übergesiedelt ist und zur Oberschicht gehört. Man kann annehmen, dass er im Bürgerkrieg auf der Seite von Abraham Lincoln gekämpft hat – der ja übrigens ebenfalls Opfer eines Attentats wurde – und dass er anschliessend eine politische Karriere gemacht hat und wohlhabend geworden ist. In der Handlung der Oper zeigen wir, wie er gerade als Gouverneur von Boston gewählt wurde.
Sein bester Freund Renato ist ebenfalls Engländer. Sie haben sich dort vielleicht an der Universität kennengelernt. Renato ist später ebenfalls nach Boston übergesiedelt, um Riccardo bei seiner Wahlkampagne als Berater zu helfen. Renato bringt seine Frau mit – und das ist der Moment, in dem dann leider alles schief geht…
Riccardo verliebt sich in Renatos Frau Amelia. Das ist der private Konflikt, der – wie so oft bei Verdi – untrennbar mit der politischen Sphäre verknüpft ist. Daneben gibt es aber zwei weitere herausragende Figuren. Welche Rolle spielen bei dir Oscar und Ulrica?
Beide Figuren stehen ein bisschen ausserhalb des Hauptkonflikts, haben aber entscheidenden Einfluss darauf. Oscar ist ein unüblicher VerdiCharakter, ein quirliger, exzentrischer Page, der von einer leichten Sopranstimme gesungen wird. In seiner Künstlichkeit erinnert er mich ein bisschen an eine Figur aus der antiken Mythologie, etwa an den Faun Pan, der alle Ordnung durcheinanderbringt. Im ersten Akt trägt Oscar etwa dazu bei, dass Riccardo die Wahrsagerin Ulrica aufsucht, die diesem dann den Tod prophezeit. Im dritten Akt ist er es, der den verkleideten Riccardo auf dem Maskenball verrät. Er ist ein mutiger, aber auch etwas voreiliger, naiver Charakter.
Ulrica bildet musikalisch das Gegenstück zu Oscar. Sie ist die tiefste Frauenstimme in dieser Oper …
Charles Castronovo als Riccardo mit Erika Grimaldi als Amelia
Ein faszinierende Figur. Sie repräsentiert das grosse Thema des Schicksals, das Verdis ganzes Werk durchzieht und in seiner nächsten Oper, La forza del destino, im Zentrum steht. Ulrica ist eine grosse Spiritualistin, ein Medium. Im 19. Jahrhundert waren solche Frauen in Amerika eine Sensation. Insbesondere die Frauen der sozialen Oberschicht liessen sich damals von ihnen beraten. Es ist also nicht ungewöhnlich, dass neben Riccardo und seiner Entourage auch Amelia plötzlich bei Ulrica auftaucht und sie in ihrer verzweifelten, unmöglichen Liebe zu Riccardo um Rat bittet. Mit ihrer Kristallkugel ist Ulrica aber euch eine sehr theatralische Figur, die perfekt in die zwischen Spektakel und Abgrund oszillierenden Welt dieser Oper passt
Verdi schreibt explizit, dass Ulrica «Schwarz» ist. Im ersten Akt äussert sich ein Richter sehr abschätzig über sie und ihr «unreines Blut». Kritische Stimmen raten heute dazu, solche Texte abzuändern. Du wolltest das aber nicht. Warum?
Der Richter kommt im ersten Akt mit dem Anliegen, Ulrica aus Amerika zu verbannen, weil sie von Schwarzen abstammt. Er ist ein Rassist. Es geht hier also um ein Problem, das in Amerika bis heute besteht – etwa wenn Donald Trump das Schwarzsein von Kamala Harris in Frage stellt, um sie damit zu diskreditieren. Laut der one-drop rule im 19. Jahrhundert galt jemand als Schwarz, wenn man ihm mindestens einen Achtel «Schwarzes Blut» nachweisen konnte. Es geht dabei also nicht um die Frage der Hautfarbe, sondern um ein perfides rassistisches Verfahren. Gerade in unserem Kontext war es mir wichtig, diesen Richter so zu zeigen, wie er eben ist. Insbesondere deshalb, weil sich Oscar und Riccardo ja für das Gegenteil entscheiden: Sie wollen Ulrica nicht verbannen, sondern beschliessen, sie zu besuchen!
Die Zukunft, die ihm Ulrica prophezeit – nämlich, dass er durch die Hand eines Freundes sterben wird – nimmt Riccardo aber sehr gelassen zur Kenntnis… Was sagt das über seinen Charakter aus?
Das ist wieder einer von diesen unglaublichen Kippmomenten im Stück: Ulrica prophezeit Riccardo den Tod, alle Anwesenden fallen in Schockstarre… Und dann bricht Riccardo in Gelächter aus! Er lacht dem Schicksal förmlich ins Gesicht!
Für mich ist Riccardo einer von den Politikern, die unbeirrt in die Zukunft blicken und das Leben und die Freiheit feiern wollen. Gegenüber der Realität und gegenüber Menschen, die ihm sagen, was er tun soll, ist er deshalb in gewisser Weise allergisch. Immer wenn ihm jemand von etwas abrät, oder wenn etwas nicht möglich ist, tut er es trotzdem.
Das zeigt sich auch im zweiten Akt der Oper, in dem Riccardo Amelia an einen versteckten Ort folgt, wo es zu einer grossen Liebesszene kommt. Mir scheint, dass er dieser verheirateten Frau das Liebesgeständnis geradezu abpresst…
Ich denke, er ist einfach sehr impulsiv. Sicher auch zu aufdringlich, zu egoistisch… Aber er zählt für mich zu den Menschen, die nicht über den nächsten Tag oder die nächste Minute hinausdenken. Wir alle kennen diese Menschen, und sie haben ja auch eine gute Seite. Man kann mit ihnen grossartig Zeit verbringen, sie sind überzeugend und charismatisch. Gleichzeitig können solche Menschen aber auch einen sehr zerstörerischen Einfluss haben – auf sich selbst, aber auch für diejenigen, die um sie herum sind. Ich finde es interessant, dass Verdi uns hier keine jungen Menschen vorführt, sondern eine verheiratete Frau und einen Mann, der ein politisches Amt innehat. Beide müssten es eigentlich besser wissen! Aber gerade das macht sie für mich auch so menschlich. Die Musik zeigt deutlich, dass die Liebe zwischen den beiden stark und überwältigend ist – und leider tragisch…
Renato kommt, um seinen Freund vor einer Verschwörung zu warnen, entdeckt die geheime Affäre und schliesst sich selbst den Verschwörern an… Interessanterweise thematisiert Renato den Gegensatz von Liebe und Hass bereits in seiner Auftrittsarie. Auch er bewegt sich in dieser Oper zwischen diesen extremen Kontrasten, wird vom besten Freund zum Mörder.
Bevor er auf dem Maskenball ermordet wird, entscheidet Riccardo, Amelia und Renato gemeinsam nach England zurückzuschicken. Ist das sein aufrichtiger Wunsch?
Ich denke, er realisiert, dass er diese Distanz braucht, um von seiner unmöglichen Liebe zu Amelia wegzukommen. Er kann sich selbst nicht mehr trauen, also will er den ganzen atlantischen Ozean zwischen sich und ihr haben…
Es ist ungewöhnlich, dass Verdi, der in früheren Werken stets auf der Seite der Rebellen, der Erneuerer oder der Verschwörer steht, in dieser Oper durchaus Sympathien für diese wankelmütige Hauptfigur zeigt. Er verurteilt ihn nicht. Die beiden Verschwörer Sam und Tom dagegen sind hier düstere, unsympathische Figuren…
Ich denke, das liegt daran, dass Riccardo hier zum Teil auch die Revolution oder zumindest die Hoffnung verkörpert. Es ist eine Art Hoffnung, die mich an John F. Kennedy erinnert. Ein junger, talentierter Typ, der eine grosse Zukunft verspricht – und dann doch den Frauen nicht widerstehen kann und in Schwierigkeiten gerät. Und wenn eine starke Persönlichkeit die Zukunft repräsentiert, dann gibt es immer auch jemanden, der diese Zukunft zerstören will. Dafür stehen die beiden Verschwörer, zwei düstere Typen mit einem fiesen Grinsen im Gesicht.
Wie sieht diese amerikanische Welt, die du dir ausgedacht hast, auf der Bühne aus?
Den starken Kontrasten von Verdis Oper entsprechend wird es natürlich eine überzeichnete Welt sein, die von vielen Einflüssen des Viktorianischen Zeitalters geprägt ist und zwischen Schauerroman und Cancan oszilliert. Eine meiner ersten Ideen war es, während der Ouvertüre Riccardos Autopsie zu zeigen. Dabei dachte ich an die theaterähnliche, runde Form der damaligen Operationssäle. Dann sind mir der Senatssaal eingefallen, der eine ähnliche Form hat, das Zoetrop – also ein rundes Objekt, das damals die ersten filmähnlich bewegten Bilder produzierte –, das Karussell, der Ballsaal, aber auch die Kristallkugel, die Uhr… Alles runde Formen. Und so habe ich zusammen mit der Bühnen und Kostümbildnerin Hannah Clark ein einziges Karussell entwickelt, das all dies vereint. Kontraste zeichnen sich aber auch in einer SchwarzWeissÄsthetik der Kostüme ab, die von der damals entstehenden PrintÄsthetik und der SchwarzWeissFotografie inspiriert ist. Mit der Zeit schälen sich dann aber auch Farben heraus, wie auf kolorierten Fotografien Und in der letzten Szene wird die ganze Bühne zu einem sich ständig drehenden Ballsaal. Er dreht sich immer in dieselbe Richtung, wie die Uhr und wie das Rad des Schicksals…
Das Gespräch führte Fabio Dietsche
In jeder Oper ist Verdi auf der Suche
In den Opern des italienischen Komponisten kennt sich Generalmusikdirektor Gianandrea Noseda wie kaum ein anderer aus. An dem Melodramma «Un ballo in maschera», das er jetzt am Opernhaus zur Premiere bringt, schätzt er die Theaterwirksamkeit und die Vielfalt der stilistischen Einflüsse.
Gianandrea Noseda, nach einer Spielzeit, die stark von Wagners Ring dominiert war, dirigieren Sie jetzt wieder eine Verdi-Premiere. Un ballo in maschera, 1859 in Rom uraufgeführt, steht sehr zentral in Verdis Œuvre. Ist es für Sie ein Werk des Übergangs oder ein Meisterwerk? Verdi befindet sich eigentlich immer im Übergang. In seiner ersten Oper Oberto und im späten Falstaff erkennt man zwar dieselbe Handschrift und dennoch sind es zwei völlig andere Komponisten. Verdi sucht immer. Zwischen Nabucco und Macbeth liegen Welten. Nach seinen grossen Erfolgen mit La traviata, Rigoletto und Il trovatore hätte er auch ein reicher Mann werden können, indem er diese Erfolge einfach reproduziert. Stattdessen ist er nach Paris gegangen und hat dort mit Les Vêpres siciliennes etwas völlig Neues ausprobiert: eine fünfaktige Grand Opéra auf Französisch. Wenn man Un ballo in maschera damit vergleicht, stellt man vordergründig einen gewissen Rückschritt fest. Verdi knüpft hier teilweise an älteren Traditionen an. Aber insgesamt stellt auch diese Oper einen Fortschritt dar, indem Verdi auf ganz eigene Weise mit dem umgeht, was er in Paris gelernt hat. Für mich ist Un ballo in maschera die ideale melodramatische Oper.
Was heisst das?
Nach dem grossen Experiment mit Les Vêpres siciliennes hat Verdi hier wieder ein sehr verdichtetes, konzises, ausgewogenes und unglaublich theaterwirksames Stück geschrieben, das sich vor allem auch durch Vielfalt auszeichnet – eine Qualität, die Verdi in vielen anderen Stückvorlagen vermisst hatte. In Un ballo in maschera sind tragische und komische Elemente aussergewöhnlich eng miteinander verbunden, aber die Bandbreite des Ausdrucks reicht von der mysteriösen Aura, mit der Verdi die Wahrsagerin Ulrica umgibt, über den leidenschaftlichen Ton, der die Hauptfiguren miteinander verbindet, bis hin zur Eleganz des Maskenballs.
Die Eleganz scheint Verdi aus Paris mitgebracht zu haben...
Ja, es gibt in dieser Oper eine für Verdi eher ungewöhnliche Leichtigkeit. Aber das ist nur eine Farbe des Stücks. Verdi kombiniert sie mit Elementen aus dem Belcanto, etwa in der ersten Arie von Riccardo, aber auch mit eher ungewöhnlichen stilistischen Elementen: das Thema der Verschwörer, das – wie Riccardos Arienthema auch – bereits in der Ouvertüre anklingt, ist sehr spitz und trocken und in der kontrapunktischen Form einer Fuge geschrieben. Bereits in der ersten Szene führt Verdi also eine ganze Palette von musikalischen Mitteln ein. Der ParisEinfluss ist manchmal unüberhörbar: etwa am Ende dieser ersten Szene, wenn Riccardo beschliesst, gemeinsam mit seiner Entourage verkleidet zur Wahrsagerin Ulrica zu gehen. Die Musik klingt dort beinahe wie eine Operette von Jacques Offenbach. Aber Verdi lässt das nicht einfach so stehen. Unmittelbar anschliessend schreibt er
den grösstmöglichen Kontrast: Drei harte, dissonante, schicksalhafte Akkorde, die die Szene der Wahrsagerin eröffnen und eine völlig andere Atmosphäre einführen.
Zusammen mit dem Librettisten Antonio Somma wollte Verdi damals eigentlich Shakespeares King Lear vertonen, fand aber nicht die richtigen Sänger dafür. In der Not adaptierten sie das aus Frankreich stammende MaskenballLibretto. Ist das ein guter Text?
Ich würde nicht behaupten, dass es das beste Libretto ist. Manche Wörter muss sogar ich als Italiener im Wörterbuch nachsehen... Aber die Dramaturgie des Stücks funktioniert grossartig! Es sind die zugespitzten Situationen, die diese Oper so wirkungsvoll machen – etwa wenn Ulrica Riccardo den Tod prophezeit, oder wenn Renato die Untreue seiner Frau entdeckt und sich sofort den Verschwörern anschliesst. Die sprachlichen Details des Texts sind dabei nicht das Entscheidende. Verdi hatte nicht immer die besten Librettisten zur Verfügung. Kongeniale Zusammenarbeiten wie später zwischen ihm und Arrigo Boito, oder früher zwischen Mozart und Da Ponte, sind die grossen Ausnahmen, nicht die Regel...
Sehr fein gezeichnet sind aber die Protagonisten des Stücks... Absolut. Verdi hat die drei Hauptfiguren in ihrer psychologischen Verfasstheit sehr genau erfasst: den oft kindischen, überemotionalen, aber am Ende doch konsequenten Riccardo; seinen Freund Renato, der im dritten Akt zwar tief verletzt ist und dennoch – auch musikalisch – nie ganz verleugnen kann, dass er eigentlich Riccardos Freund ist, und Amelia, die diesen beiden Männern ausgeliefert ist und sich gleichzeitig hingerissen und schuldig fühlt. Und mit dem leichten Sopran Oscar und der Altpartie Ulrica erweitert Verdi auch in dieser Hinsicht das Spektrum der Farben bis in die Extreme.
Im Zentrum der Oper steht das grosse Duett, in dem Amelia und Riccardo heimlich aufeinandertreffen und entdeckt werden. Das ist eine ähnliche Situation wie im zweiten Akt von Tristan und Isolde, an dem Richard Wagner etwa gleichzeitig komponiert hat... Aber die beiden Szenen sind kaum miteinander zu vergleichen. Zwischen Tristan und Isolde wird die Liebe in ihrer ganzen philosophischen und metaphysischen Dimension ausgelotet. Verdis dramatische Liebesszene ist viel instinktiver und direkter: es geht um Verführung, Attraktion, um alle Feinheiten menschlicher Gefühlsregungen. Ein bisschen ähnlich wie bei Wagner ist vielleicht, dass Verdis Duett auf einen absolut ekstatischen Moment zusteuert, in dem das volle Orchester die überwältigende Kraft dieser Liebe unterstreicht. Und natürlich finden beide Szenen in der Nacht und im Verborgenen statt. Insofern gibt es schon Gemeinsamkeiten.
Welche Rolle spielt der Chor in dieser Oper?
Der Chor hat keine grosse eigenständige Nummer wie etwa in der französischen Grand Opéra oder in anderen VerdiOpern. Er ist deshalb aber nicht weniger präsent oder weniger wichtig! Die Oper beginnt direkt mit dem Chor – und Verdi führt dort sehr raffiniert zwei Gruppen ein, nämlich einerseits die Anhänger Riccardos und andererseits diejenigen, die zu den Verschwörern Sam und Tom gehören. Auch in der Szene bei Ulrica ist der Chor präsent und verkörpert die Volksmasse, unter die sich Riccardo inkognito mischen kann. Und natürlich bildet der Chor im dritten Akt – zusammen mit Tänzerinnen und Tänzern und mit zwei Bühnenorchestern – das grosse Gemenge des Maskenballs, aus dem dann die Hauptfiguren heraustreten.
Wie gestaltet Verdi diesen Maskenball?
Verdi war ein sehr guter TanzmusikKomponist. Und das hängt natürlich auch mit
den Pariser Erfahrungen zusammen. Für Les Vêpres siciliennes musste er, den dortigen Konventionen entsprechend, Balletteinlagen schreiben, was er später etwa auch für die Pariser Aufführungen von Macbeth und Otello getan hat. Das sind sehr gute Kompositionen! In Un ballo in maschera ist die Tanzmusik aber, wie alle Elemente in dieser Oper, perfekt in die Gesamtdramaturgie eingebunden. Mit ihrer glatten Eleganz bildet sie einmal mehr einen grossen Kontrast und den Hintergrund für das, was hier eigentlich geschieht, nämlich die tragische Ermordung Riccardos. Neben der unheimlichen, düsteren Musik, die Verdi etwa für Ulrica oder für den unheimlichen Unort schreibt, an dem der zweite Akt spielt, gibt es gerade in dieser finalen Szene eine hyper-elegante Seite, die nach Kaviar, Champagner und Erdbeeren duftet. Sehr parfümiert...
Wir sprechen hier am Rand einer Probe, in der Sie mit dem Orchester an Verdis Oper arbeiten. Was ist dabei entscheidend?
Das Orchester ist für mich in fast jeder Oper – ausser vielleicht im Belcanto – ein Charakter, eine Person. Das Orchester setzt die Atmosphäre, die Grundstimmung, aus der heraus alle Handlungen, die auf der Bühne passieren und gesungen werden, erst ihre Motivation erhalten. Natürlich muss man in diesen Proben auch technische Dinge klären. Aber mir ist es vor allem wichtig, eine gemeinsame Klangfarbe zu etablieren. Die Orchestrierung der Ballo in maschera-Partitur ist sehr feingliedrig, etwa wenn man an den Beginn des Stücks denkt: Die Oper beginnt mit gezupften und fast gehauchten Klängen, beinahe aus dem Nichts heraus. Daran arbeiten wir gerade. Es ist interessant bei diesem Stück: Es klingt zwar nach Verdi, und dennoch fragt man sich immer: Woher kommt das? Das Maskenhafte ist in diesem Stück bis in die Musik hinein spürbar.
Das Gespräch führte Fabio Dietsche
Un ballo in maschera
Oper von Giuseppe Verdi
Musikalische Leitung
Gianandrea Noseda
Inszenierung
Adele Thomas
Choreografie
Emma Woods
Ausstattung
Hannah Clark
Lichtgestaltung
Franck Evin
Video
Tieni Burkhalter
Choreinstudierung
Janko Kastelic
Dramaturgie
Fabio Dietsche
Riccardo
Charles Castronovo
Renato
George Petean
Amelia
Erika Grimaldi
Ulrica
Agnieszka Rehlis
Oscar
Katharina Konradi
Silvano
Steffan Lloyd Owen
Samuel
Brent Michael Smith
Tom
Stanislav Vorobyov
Un giudice
Martin Zysset
Un servo d’Amelia
Álvaro Diana Sanchez
Tänzerinnen und Tänzer
Philharmonia Zürich
Chor der Oper Zürich
Partnerin
Opernhaus Zürich
Premiere 8 Dez 2024
Weitere Vorstellungen
11, 14, 17, 21, 28 Dez 2024; 5, 10, 15, 19 Jan 2025 a b
Charles Castronovo
Charles Castronovo wurde in New York geboren und ist in Kalifornien aufgewachsen. Er gehört zu den führenden lyrischen Tenören seiner Generation und gastiert an den bedeutendsten Opernhäusern und Festivals weltweit. In dieser Spielzeit ist er etwa als Don Carlos an der Opéra de Paris, als Don José am Londoner Covent Garden sowie als Riccardo an der Staatsoper München zu erleben. Konzertant singt er in Berlin, Paris und BadenBaden ausserdem Max im «Freischütz».
Es ist die alte Geschichte, «vorrei e non vorrei», halb will sie und halb nicht. Aber es ist komplexer, Riccardo ist nicht Don Giovanni. Er ist egoistisch, doch sensibel ist er auch. Er und Amelia, Gemahlin seines Freundes und Sekretärs, kennen sich schon länger, und die Lage ist ohnehin brisant, man will ihm, dem Politiker, ans Leben. Den ganzen Vormittag wird an diesem Duett geprobt, wohl Verdis grösstes Liebesduett überhaupt, das mit Amelias «Si, t’amo» noch nicht endet. Millimeterarbeit am kleinen Kuss, den die Regisseurin Adele Thomas sich wünscht, immer wieder auf die Probebühne springend, zeigend, wie sich Amelias Ambivalenz in ihrer Haltung ausdrücken könnte, wie weit Riccardo seinen Zylinder von sich werfen könnte, wenn er ihr ganz nah ist…
Dieser Riccardo ist eins mit seinen Tönen. Sie scheinen seine Schritte wie seine Blicke zu lenken. Der sanfte Sechsachteltakt, in dem er – «non sai tu…» (weisst du nicht) – von seiner Zerrissenheit singt. Wie sollte sie dem widerstehen? Mal abgesehen davon, dass er aussieht wie der perfekte Liebhaber. «Stoss ihn weg», sagt die Regisseurin, «aber nicht zu heftig.» Und was denkt sich der, der hier alles aufs Spiel setzt? «Sorry that this happened…but…come on!» So fasst Charles Castronovo beim Proben Riccardos obsessiven Leichtsinn zusammen, den er in jeder Geste, in der ganzen Haltung realisiert, gerade so, wie das von Verdi komponiert ist. Vor den kahlen Holzwänden der Probebühne agieren die Sänger, statt des Orchesters spielt eine Pianistin, man macht Witze, aber die Luft knistert. «Riccardo is a tricky character», meint der 49Jährige nach der Probe. «Nicht die sympathischste aller Rollen, aber musikalisch unbeschreiblich. Es ist nicht leicht, auf seiner Seite zu sein, auch wenn er am Ende, wenn er stirbt, aufrichtig sagt, dass Amelia treu blieb. Aber sie haben einander ja ihre Liebe gestanden!» Was Charles Castronovo, der die Rolle schon in München und an der MET sang, ein bisschen unfair findet, ist etwas anderes: «Man singt so viel und technisch anspruchsvoll, und am Ende kriegt man nicht so viel Applaus wie für andere Rollen. Cavaradossi in Tosca hat 35 Minuten zu singen, ein symphatischer Charakter, der getötet wird – und die Leute drehen durch! Riccardo, das sind 80 Minuten, und schwieriger. Und da heisst es dann nur ‹Bravo, good job›…» Er lacht, so ist das nun mal. Er hat mehr als genug andere Rollen. Aber auch der Riccardo steht auf einer Liste, die Charles vor bald drei Jahrzehnten anfertigte, noch in Kalifornien, «die liegt jetzt irgendwo in einer Kiste. Alle Rollen, die ich in meiner Karriere singen wollte, dazu das Alter, in dem ich das wohl tun würde.» Diese Daten habe er mit «weird math» ermittelt, einer etwas kühnen Statistik, die seinem brennenden Interesse an Sängerbiografien folgte, Tenöre natürlich. «Am Ende jeder Biografie, sei es Bergonzi, Corelli, Gedda, steht, wann sie ihre Rollendebüts hatten. Der erste Nemorino, der erste Cavaradossi… Das schrieb ich mir auf und guckte, wo ich hinpasse. Franco Corelli zum Beispiel sang Cavaradossi zuerst mit, sagen wir mal, 30, ich habe aber eine viel leichtere Stimme, also: 40! Einiges auf der Liste traf ich, einiges kam später.»
Castronovos Obsession mit der Geschichte seiner Vorgänger, der lyrischen Tenöre mit Tendenz zum Dramatischen, hat viel zu tun mit seinem Weg zur Oper, der ziemlich amerikanisch verlief. Eigentlich muss man sogar zurückgehen bis zu seinem sizilianischen Grossvater. «Der sagte immer, wie kommt es nur, dass wir keinen Sänger in der Familie haben? Naja, wenn Sie hören würden, wie der sizilianische Teil meiner Familie spricht…» Er gibt rauhe, röchelnde Laute von sich. «Es klingt wie ein Mafiafilm. Da kann keiner singen. Und auf Seiten meiner Mutter, in Ecuador, da wissen
sie, wie man tanzt, aber es gibt keine Musiker.» Die Einwandererkinder verliebten sich blutjung in New York. Die Mutter von Charles war 19 Jahre alt, als er in Queens zur Welt kam. Dann zog man um an den Rand von Los Angeles. Der junge Vater belud mit dem Gabelstapler die LKW, die Kalifornien mit Lebensmitteln versorgten, und der einzige Fetzen Oper, den sein Junge hörte, ohne es zu wissen, war eine Arie aus Rossinis Barbiere, dirigiert vom Fernsehhasen Bugs Bunny. Charles sang gut und gern, liebte die Beatles und Led Zeppelin und wollte Rockstar werden. Die Band hatte er bald und eine Gitarre, «aber ich hatte nicht diesen Sound für Rock, die Stimme war zu sauber.» Im Schulchor aber war sie willkommen, er durfte da auch Soli singen. Dann gab ihm der Vater eines Freundes, aus Bologna eingewandert, Opernfan, ein paar CDs. Er hörte den Anfang von Otello. «Evviva, evviva, babababaa, babababaa», er singt die Takte vor Otellos Einsatz, «I couldn’t believe it, it was so… booaah… you know?» Und dann: Plácido Domingo. «I heard it, I felt it and I said, that’s what I will do.» Für ihn war das der Rock’n’Roll der Klassik. «Da war ich sechzehn. Von der Highschool ging ich dann an die Uni und studierte Gesang.» Es hielt ihn da nicht lange. Bis auf zwei, drei ältere Gleichgesinnte war er an der California State University allein mit seiner Besessenheit, dauernd Opern zu hören, Klavierauszüge zu lesen und über Sänger zu reden. «Und ich wollte auf der Bühne sein!» Nach einem Jahr Studium sang er für den Opernchor in Los Angeles vor, das ging gut, und da entdeckte man ihn für kleinere Rollen. «Meine erste war Baron Rouvel in Giordanos Oper Fedora. Raten Sie, wer die Hauptrolle sang. Domingo!» Wie ein Schwamm, sagt er, habe er zwei Jahre lang alles aufgesogen, was er von all den grossen Kollegen auf der Bühne der Los Angeles Opera lernen konnte. «Es war eine tolle Zeit, und ich bekam Geld, genug für mich mit 23, 24 Jahren. Am Ende hatte ich hundert Vorstellungen gehabt!»
Die Basis von Charles Castronovo wurde bald Europa. 90 Prozent seiner Auftritte finden hier statt, und in Berlin kaufte er schon vor achtzehn Jahren eine Wohnung, «als das fast nichts kostete. Seit sieben Jahren lebe ich da full time, und ich bin froh, dass meine beiden Söhne in Deutschland aufwachsen, sie sind elf und siebzehn. Ich will nicht dramatisch werden, aber als ich sieben Jahre alt war – wir lebten nicht in der besten Gegend von Los Angeles – sah ich, wie auf einen Jungen drei Meter von mir entfernt geschossen wurde. Ein Vierzehnjähriger, wir hatten gerade mit ihm gesprochen. Ich erinnere mich daran wie an einen Film.»
Und das Amerika von heute? Es ist der Tag der Präsidentschaftswahl, an dem wir in Zürich zusammensitzen. Noch ist alles offen. «Ich liebe mein Land, aber ich muss sagen, dass ich in den letzten Jahren kein gutes Gefühl hatte, was den Zustand dieses Landes betrifft.» Er sagt noch viel mehr dazu, nicht weniger leidenschaftlich, als wenn er über die Helden seiner Zunft spricht, über den jungen Carreras, über Giuseppe di Stefano, über Pavarotti, dem er dankbar ist, dass er als Riccardo beim gemeinsamen hohen C am Ende des Duetts mit Amelia auch mal einbrach. «Wenn sogar der König der hohen Cs Fehler macht… Ich brauche nicht perfekt zu sein. Verdi hat dieses C nicht geschrieben, und ich habe es in der Metropolitan nach vier Vorstellungen weggelassen.»
Ja, die Wahlen. Auch in der Zürcher Inszenierung von Un ballo in maschera wird gewählt. «Governor of Boston» steht auf den Flyern mit Riccardos Porträts, die auf der Probebühne verstreut liegen. Charles Castronovo greift sich einen, als er auf Erika Grimaldi zugeht, auf Amelia, hält ihn mit beiden Händen vor sich und zerreisst ihn. Es wirkt völlig spontan, und vieles steckt darin. Das Zerreissen einer Karriere, eines Kleides, einer Konvention. «Di che m’amo!» «Im Konzert singe ich nie so gut wie auf der Bühne», hat er nach der Probe gestanden. «Ich brauche die Bewegung, die Reaktionen. I prefer to act on stage!»
Volker Hagedorn
Lobpreis der Freiheit
In Ludwig van Beethovens einziger Oper «Fidelio» stürzt sich Leonore, als Mann verkleidet, todesmutig in die tiefsten Tiefen des Kerkers, um ihren Mann zu befreien.
Mit Jennifer Holloway, Eric Cutler, Christof Fischesser, Ziyi Dai u.a.
Vorstellungen: 21, 25 Jan, 2, 8, 15 Feb 2025
Das gequälte Herz
Die Märchen von Hans Christian Andersen sind weltberühmt und berühren die Menschen bis heute, vom «Mädchen mit den Schwefelhölzern» bis zur «Kleinen Meerjungfrau».
Aber welche Künstlerpersönlichkeit steht hinter den literarischen Meisterwerken? Der Germanist Michael Maar leuchtet den biografischen Hintergrund aus, der das Schreiben des dänischen Schriftstellers geprägt hat.
Weitgehend unbekannt ist die Tatsache, dass Andersen auch bildkünstlerisch tätig war. Er schuf Zeichnungen, die er als Dilettant kaum jemandem zu zeigen wagte, sowie Scherenschnitte und Collagen, von denen nur sein persönliches Umfeld wusste. Die Abbildung auf Seite 30 zeigt eine Papierfantasie, die Andersen 1859 in ein Bilderbuch für die dreijährige Christine Stampe collagiert hat.
Abdruck mit freundlicher Genehmigung der Donation Jorn, Silkeborg.
Dieser Hans Christian hat die Welt verändert. Im Jahr 1820 entdeckte der dänische Physiker Hans Christian Ørstedt bei der Vorbereitung auf eine Vorlesung zufällig den Einfluss elektrischer Ströme auf eine Magnetnadel. Wenn Strom durch einen Leiter fliesst, bildet sich um ihn herum ein Magnetfeld. Ohne diese Entdeckung, die sich in Europa in Windeseile verbreitete, gäbe es heute keinen Generator, kein Radio, keinen Fernseher, keinen Computer. Fünfzehn Jahre nach der Entdeckung des Elektromagnetismus lieferte Professor Ørstedt einen weiteren Beweis seines Finderglücks und sicheren Gespürs. Einem befreundeten Dichter, der gerade erst zaghaft aus dem Dunkel hervorzutreten begann, sagte er voraus, seine Romane würden ihn vielleicht berühmt machen, seine Märchen aber unsterblich.
Der Naturforscher hatte den besseren Blick als die Literaten, die den Emporkömmling mit den Scheelaugen der Zunft betrachteten. Konnte der überhaupt korrekt schreiben? War sein Dänisch nicht voller Fehler? Recht behielt Ørstedt, und wie fulminant. Die Märchen Hans Christian Andersens zählen heute zu den sieben literarischen Weltwundern. Andersen ist in alle Sprachen übersetzt, seine Figuren sind Universalien geworden, ihr Schöpfer zu dem postumen Ruhm gelangt, der ihm äusserst missfallen hätte, der aber der höchste ist: das sanfte Zurückgleiten in die Anonymität.
Dieses Zurückgleiten, mit dem aller peinliche Erdenrest abgestreift wird, hat gerade in seinem Fall etwas Tröstliches. Die Nachtseiten des Schwans aus Odense waren so auffällig, dass die Nachwelt nicht immer die Augen fromm vor ihnen verschliessen könnte. Ob der mit vierzehn Jahren mittellos nach Kopenhagen gestreunte und vor Ehrgeiz glühende Bub nun aus Königs oder Hurenhaus stammte (eher letzteres nach Auffassung der jüngsten Biografen), seine Kindheit muss, aller späteren Verklärung zum Trotz, das reine Elend gewesen sein. Und dann das Alter, das schlimme Alter, in dem Andersen zur Landplage geworden ist. Eine kleine Szene nur: Andersen liest heimlich Briefe seiner adligen Gastgeberin, wird zur Rede gestellt und erklärt, er habe nur herausfinden wollen, ob man in England noch von ihm spreche: Welche Enttäuschung, kein Wort über ihn, dabei habe er geglaubt, auf der Insel möge man ihn besonders! Als kranker und morphiumsüchtiger Greis wird Andersen ein unausstehlicher Egoist, roh, rücksichtslos, der in Restaurants sein Gebiss im Wasserglas reinigt und aus Geiz in der kalten Wohnung friert – eine böse Queen, die nicht altern kann und auf die sich rachsüchtig die Furien stürzen, all das Verdrängte des Lebens, das ein Märchen nur dann war, wenn man Märchen wie Der Schatten meint.
War das ein später Zusammenbruch der Persönlichkeit? Eher ein Zusammenbruch der Fassaden und Palisaden, die den narzisstischen Kern dieser Persönlichkeit vor den Blicken mehr schlecht als recht geschützt hatten. Über diesen narzisstischen Kern erfährt man auch aus den neuen Biografien wenig; wie sie überhaupt immer dann, wenn sie sich einem heissen Kern nähern, einen kleinen Schlenker zur Seite machen und zum nächsten Thema übergehen.
Eine dürre, hochragende Gestalt, enorme Füsse und überlang herabschlackernde Arme
Andersens Leiden ... Von der Triumphreise zurück, muss er erleben, wie unter seiner Kopenhagener Wohnung laut plaudernd nach oben gezeigt wird: «Sieh einer an, da steht unser im Ausland so berühmt gewordener OrangUtan!» Enorme Füsse, eine riesige Adlernase, Schweinsäuglein und überlang herabschlackernde Arme, eine dürr hochragende Gestalt, so dass er ausser OrangUtan auch Kranich genannt werden konnte, des Zappelns und Schwänzelns wegen aber auch Eidechse – so das Äussere des grossen Dänen. Andersen litt ein Leben lang an ihm, galt dabei als furchtbar eitel; die überkompensierte Scheu des Hässlichen, der zu oft angestarrt wurde und sich noch als Sechzigjähriger in Seitengassen verzog, wenn Passanten sich lachend nach ihm umdrehten. Der Körper war aber nicht nur hässlich, er war auch das hohe
Tor, durch das jede Minute der Sensenmann treten konnte, verkleidet, so dumm war er nicht, als gutmütiges Zipperlein. Eine ahnungsweise Vorstellung von Andersens Hypochondrie und dem Wogen seiner Ängste bekommt man durch das Tagebuch eines seiner wechselnden jungmännlichen Reisebegleiter. Andersen verschluckt sich beim Essen und muss den Tisch verlassen, um sich auszuhusten. «Obwohl die Gastgeberin Widerspruch erhob, behauptete er, dass eine Nadel im Fleisch gewesen sei; er habe sie verschluckt und könne sie deutlich in seinem Körper spüren. An diesem Abend und am nächsten Tag machte er sich grosse Sorgen wegen der möglichen Folgen. Er war so verängstigt, dass er darüber die Befürchtung vergass, aus einer kleinen Pustel über seiner Augenbraue könnte ein grosser Auswuchs werden, der sein Auge verdecken würde – eine Sorge, über der er wiederum vergessen hatte, dass er sich einbildete, einen Bruch zu bekommen, weil ich ihn aus Versehen mit dem Spazierstock ganz leicht in der Magengegend angestossen hatte, was ihn wiederum von dem Gedanken abbrachte, er könne sich Gelenkwassersucht zugezogen haben, worüber er sich bei Ankunft in Wien grosse Sorgen gemacht hatte.»
Hans Christian Andersen war einsam, litt unter Depressionen und Wahnvorstellungen
Andersen wurde siebzig, die längste Zeit war nicht der Leib krank, sondern das Gemüt. Die innere Unruhe liess ihn nirgends bleiben; wie Kleist und Nietzsche war er immer auf Reisen, die ablenken sollten und nie lange Linderung brachten. Anders als Nietzsche, der sich mit seinen Leiden zurückzog, war der im Zickzack durch Europa eilende Märchenmann eine gefürchtete Nervensäge. Durch heillosen Egozentrismus fiel er noch den geduldigsten Gastgebern zur Last. Charles Dickens machte, als der Besuch wieder abgereist war, seinen Gefühlen in einer Karte Luft, die noch lange danach ihr festes Plätzchen über der Frisierkommode im Gästezimmer behielt: «Hans Christian Andersen schlief in diesem Zimmer fünf Wochen – der Familie schien es eine EWIGKEIT.» Im Manchester Guardian war später zu lesen, wie man ihn hinter seinem Rücken genannt hatte – the bony bore –, und wie man vor Verlegenheit fast gestorben war, als er in einem seiner entzückenden Einfälle bei einem Dinner begann, einen Margeritenkranz zu flechten und auf dem Hut Wilkie Collins’ zu drapieren.
Der arme Andersen war lästig, die schlimmste Last aber blieb er sich selbst. Durch ständige Bewegung konnte er sie verschieben und die Druckstellen wechseln, abladen konnte er sie erst am letzten Tag. Als Diener ihres Herrn vagabundierten auch seine Symptome, die Zwänge, Tics und fixen Ideen. Andersen litt unter Depressionen und Wahnvorstellungen; Grossvater und Vater starben im Irrsinn, er selbst blickte oft genug schwankend von der Klippe hinab. Wenn sich unbekannter Besuch anmeldete, schlief er nicht mehr, überzeugt davon, er erwarte seinen Mörder. Aus Angst vor Hausbränden führte er ein Seil im Koffer mit, und wie bei dubiosen Lokalen jeden Morgen dieselbe verblichene Tafel «Heute frische Muscheln» vor der Tür steht, lag auf seinem Nachttisch immer der Zettel: «Ich bin scheintot». In gewissem Sinn war er es. Lebenslänglich auf der Gefängnisinsel, auf die er seit der Jugend verbannt wurde, in nie gelockerter Einsamkeit, von einem Gift, einer Wunde moros und mürbe gemacht … Von all diesen Leiden wollen Andersens Biografen nicht viel wissen. Ein kleines Kapitel immerhin widmet der gründlichste unter ihnen, ein Namensvetter Andersens, der berühmten Polemik Aus eines noch Lebenden Papieren von 1838, mit der sich Dänemarks zweiter grosser Mann, damals noch unbekannter Theologiestudent, an Andersens Vernichtung versuchte. Warum war Kierkegaard so kiebig? Verrät sich der Grund in der nicht minder berühmten Fussnote, in der er Andersen als eine jener Blumen beschreibt, «bei denen das Männliche und das Weibliche auf einem Stengel beieinandersitzen» – was hübscher, aber nicht
weniger giftig gemeint ist als die Stelle, an der er ihn mit einer Amphibie mit Froschbeinen und dem Schwanz eines Salamanders vergleicht? So wenig der Biograf der sich aufdrängenden Frage folgt, ob Kierkegaards überschiessender Affekt nicht etwas mit Feindschaft aus Nähe und also der eigenen Konstitution zu tun haben mochte, so sehr mildert er alles herab, was mit Kierkegaards Angriffsziel zusammenhängt: Andersens bigeschlechtlicher Ausrichtung, wie er es nennt. Fast ist man ihm dankbar dafür, dass er nicht auch den Namen des homosexuellen Balletttänzers abschwächt, mit dem der alte Andersen eine Affäre hatte – er hiess «Scharff».
Das namenlose Gefühl, das ihn nicht in Ruhe liess, war Verliebtheit in junge Männer
Eine gewisse Prüderie ging von der dänischen AndersenForschung schon immer aus. In jüngster Zeit tarnt sich diese Prüderie mit schwach französisch parfümierten Theorieschleiern. Weil es den Begriff «homosexuell» noch nicht gab, kann es Andersen also auch nicht gewesen sein, ungefähr darauf läuft es hinaus – als hätte es keine Diabetiker gegeben, als das Wort dafür noch nicht erfunden war. Das namenlose Gefühl, das Hans Christian Andersen ein Leben lang nicht in Ruhe liess und durch Europa jagte, war Verliebtheit in junge Männer, deren Körper (und nicht nur schöne Seelen) ihn anzogen. Dass dieses Gefühl bei ihm womöglich nie oder nur viertelherzig in die wolllüstige Tat umgesetzt wurde – was keineswegs sicher ist –, ändert nichts an der Polarität und Spektralfarbe seines Gefühlskosmos. Ein sprechendes Detail ist, dass er schon als Kind Mädchen im Wortsinne nicht riechen konnte. Der Geruchssinn ist, wie man heute weiss oder zu wissen beginnt, mit der sexuellen Präferenz gekoppelt, ob er sie nur anzeigt oder sogar steuert. Wie schwer erträglich ihnen die weiblichen Gerüche seien, ist eine wiederkehrende Klage der unglücklich verheirateten Homosexuellen schon in den Hirschfeldschen Jahrbüchern für sexuelle Zwischenstufen, die sich der Erklärung des, wie es damals hiess, Uranismus widmeten. Was Andersen in den wenigen Fällen, in denen er sich auch von Frauen erotisch angezogen fühlte, in den Bann gezogen zu haben scheint, war nicht der Geruch, sondern offenbar die Stimme: bei der französischen Tragödin Rachel (die auch der junge Proust verehrte) und bei der dänischen Nachtigall Jenny Lind. In der Zeit, in der er Rachel sieht und auf Jenny Lind wartet, häufen sich in seinem Tagebuch die Kreuzchen, mit denen er den selbsterleichternden Akt markiert, den Thomas Mann mit der Formel «Ermächtigung und Auslösung» bedachte. Die Biografin Wullschlager liest diese Kreuzchenverdichtung als Zeichen von Andersens nicht strikt gleichgeschlechtlicher Affizierbarkeit und hat ein nicht der Prüderie geschuldetes, sondern solides Argument damit. Die Betonung liegt auf «strikt». Dass Andersen sich vorwiegend und im Alter ausschliesslich zu Männern hingezogen fühlte, war bereits den erwähnten HirschfeldSchriften zu entnehmen. Schon 1901 erschien dort der Aufsatz eines Albert Hansen aus Kopenhagen, der unter dem Titel H. C. Andersen: Beweis seiner Homosexualität all das versammelte, worum die dänische Forschung bis heute einen verlegenen Bogen schlägt.
Wenn der Leiter des AndersenCenters in Odense noch 1999 gewissermassen von der Kanzel herab erklärt, Andersen habe nie ein realisiertes sexuelles Verhältnis zu einem Mann gehabt, wundert man sich nicht nur über seine Sicherheit – hat er ihm die Lampe gehalten? –, sondern fragt sich auch, warum es in hundert Jahren nicht möglich war, zwei spezielle Bemerkungen jenes Albert Hansen zu kommentieren, und wäre es nur, um sie zu entkräften. Bei Hansen war 1901 zu lesen, ein dänischer Schriftsteller M. K., wegen Sittlichkeitsverbrechen verhaftet, habe nicht wiederzugebende Äusserungen über sein Verhältnis zu Andersen gemacht, sei dann aber zum Dementi gezwungen worden. Was ist dran an dieser Geschichte, und wer ist glaubwürdiger, der Verpfeifer oder der Zurückgepfiffene? Andersen, fährt der Autor
bedeutsam fort, werde schwerlich auf «jede Bethätigung seiner sexuellen Neigung verzichtet haben»; ihm, dem Verfasser, seien von noch lebenden älteren Homosexuellen Mitteilungen gemacht worden, welche das Gegenteil glaubwürdig erscheinen liessen.
Was immer es mit diesen Andeutungen auf sich haben mag, auf eines sollte man sich jedenfalls nicht berufen, wenn man Andersen als sittsame Jungfrau beschwört, nämlich auf seine Tagebücher. So offen und unzensiert sie erscheinen, sie haben ihre geheimen Rückseiten, wie uns der Diarist an einer Stelle selber wissen lässt. Vor allem aber das Werk, gerade das Märchenwerk, hat diese codierte Rückseite, auf der sich der Autor das gequälte Herz zu erleichtern sucht. Von der kleinen Meerjungfrau, die am liebsten in Männerkleidung ausreitet, über ihre Verliebtheit nicht sprechen kann und vom Prinzen nicht ins Schlafgemach vorgelassen wird – vom Räubermädchen, das in der Schneekönigin zweideutige Spiele mit der Heldin Gerda treibt, bis zur Dryade, die eine tödlich dionysische Nacht in Paris erlebt – überall ist in den Märchen, deren Vorderseite für Kinder, deren Verso aber für Erwachsene bestimmt ist, von unerfüllter Sehnsucht die Rede und dem Leid der verbotenen Lust.
Eine Quelle der Spannung liegt darin, dass das erotisch Begehrte zu Lebzeiten verwehrt bleibt.
Hängt es mit dieser Sehnsucht zusammen, dass Hans Christian Ørstedt Recht bekam und die Märchen unsterblich geworden sind? Spannung ist darin, etwas Elektrisches, und das macht sie magnetisch: Das wäre eine zu Ørstedt passende Erklärung. Eine Quelle der Spannung liegt darin, dass das erotisch Begehrte zu Lebzeiten verwehrt bleibt. Die kleine Meerjungfrau kann den Prinzen nicht küssen und stürzt sich selbstmörderisch ins Meer. Die Eisjungfrau des späten Märchens küsst den Helden zu Tode. Der stigmatisierte Zinnsoldat vereinigt sich mit seiner Tänzerin erst in den Flammen (ein gemeinsamer Liebestod, der den jungen Thomas Mann nicht weniger beeindruckte als jener im Tristan). In den Märchen pulst und glüht etwas, das man nur als Todeserotik bezeichnen kann.
Dieselbe Spannung vibriert in seiner Lyrik. Auffälligerweise werden die Angebeteten in Andersens Poesie immer getötet, wie Heinrich Detering bemerkte – als werde der Akt der körperlichen Liebe durch den der Tötung vermieden. Dieses Gemeinsame, also die gleiche thematische Spannung in der Lyrik und in den Märchen, verweist aber auch auf den entscheidenden Unterschied. Nach Andersens Gedichten würde heute kein Hahn mehr krähen, hätten ihn die Märchen nicht in die Ewigkeit gerettet. Das ElektrischMagnetische allein genügt nicht. Es kommt noch anderes hinzu.
Eines hat abermals schon Ørstedt erkannt: Andersen malt mit der Feder. Diese Gabe des genauen Hinsehens und farbigen Nachmalens kommt jedem seiner Märchen zugute. Die grössten von ihnen sind dabei die lakonischsten. Lakonik ist in Bewegung gehaltene Selbstkritik, die Stärke also, nicht zu früh aufzuhören, sondern immer weiter zu feilen, zu verknappen und zu verdichten. Mit dieser Stärke hängt eine andere zusammen, es ist die wichtigste überhaupt. Andersen hatte die Fähigkeit, sich selbst mit dem Adler oder Storchenblick von oben zu betrachten. Er sah all seine unerfreulichen Eigenschaften selbst, und er bespöttelte sie.
Was seine Märchen imprägniert und für alle Zeiten wasserdicht macht, ist dieser Sinn für Komik und Humor. Er fehlt auch in seinen Sehnsuchtsmärchen nicht. Selbst in der Kleinen Meerjungfrau gibt es diese Einsprengsel, die Andersen vor dem Sentimentalen bewahren, und wäre es nur das Lob der Reinlichkeit, das die Meerhexe ausspricht, bevor sie ihren Kessel mit verknoteten Schlangen auswischt. Oder ein kulinarisches Beispiel: «In der Küche waren in Hülle und Fülle Frösche am Spiess, Schlangenhäute mit kleinen Kinderfingern darin und Salate von Pilzsamen, feuchten
Mäuseschnauzen und Schierling, Bier vom Gebräu der Sumpffrau, leuchtender Salpeterwein aus Grabkellern, alles sehr solide; verrostete Nägel und Kirchenglasfenster gehörten zum Naschwerk.» «Alles sehr solide» – dieser Halbsatz macht es, und er zeigt Andersens eigentliches Genie. Elektrischmagnetisch, farbenreich, scharf gefeilt und komisch: das sind seine Märchen, das ist ihre unvergängliche Kunst. Grosse Autoren haben dieser Kunst offen oder verdeckt Tribut gezollt. Der Egomane aus Odense hat viele Eleven. So hat auch dieser Hans Christian die Welt verändert; die kleine, bessere der Literatur.
Der deutsche Germanist, Schriftsteller und Literaturkritiker Michael Maar hat sich intensiv mit Hans Christian Andersens literarischem Schaffen und seinen Folgen befasst. Sein Essay über den dänischen Schriftsteller entstammt dem Buch «Leoparden im Tempel. Portraits grosser Schriftsteller».
The Butterfly Effect
Das Junior Ballett tanzt neue Choreografien von Cathy Marston, Ihsan Rustem und Lucas Valente · Ab 16 Feb 2025
Stilles Erzählen von Geschichten
Das Jahr 2025 beginnt beim Ballett Zürich am 18. Januar mit «Of Light, Wind and Waters». Die Neukreation ist eine Hommage an den dänischen Dichter Hans Christian Andersen. Der Choreograf ist Kim Brandstrup. Im Gespräch mit Michael Küster gibt er Auskunft darüber, wie er über den Film zum Ballett kam und was der berühmte Landsmann Andersen für seine Arbeit bedeutet.
Fotos
Admill Kuyler
Choreograf
Kim, seit vielen Jahren bist du erfolgreich als Grenzgänger zwischen Film und Tanz unterwegs. Warum gehören diese beiden Genres für dich zusammen, und wie hat das angefangen?
Ich muss betonen, dass ich kein Filmemacher im eigentlichen Sinne bin, auch wenn meinen Arbeiten bestimmte filmische Qualitäten innewohnen. Als typisches Kind der 60er Jahre habe ich eine sogenannte «progressive education» durchlaufen. Meinem körperlich-musikalischen Drang kam das sehr entgegen. Jeden Morgen haben wir eine Stunde getrommelt und getanzt. Aber so lange ich denken kann, habe ich mich auch für Filme interessiert. Als begeisterte Kinogänger haben mich meine Eltern schon im Alter von drei Jahren mit ins Kino genommen, so dass ich schon in sehr jungen Jahren von obskuren Stummfilmklassikern über die Meisterwerke aus Hollywood und der französischen «Nouvelle Vague» bis hin zu den Werken von Ingmar Bergman alles zu sehen bekam. Es schien logisch, dass ich mich nach Beendigung der Schule an der Universität von Kopenhagen einschrieb, um Film zu studieren. Mit 22 habe ich das Studium mit einem Film abgeschlossen. Aber gleichzeitig war da in mir etwas, das ich immer das «rhythmische Pochen» nenne und das mir offenbar schon früh eingepflanzt worden war. Ein Gefühl für Rhythmus und vielleicht auch von körperlichem Zwang, das mich einfach gepackt hat. Ich glaube, es ist das, was Merce Cunningham als «Appetit auf Bewegung» bezeichnet hat. Ein überwältigender Eindruck in diesem Zusammenhang waren für mich dann Gastspiele der grossen Tanzikonen Merce Cunningham und Pina Bausch. Die beiden haben mich damals derart begeistert, dass ich beschloss, mich vor dem Film erst einmal noch dem Tanz zu widmen.
Mit Anfang zwanzig eine Tanzausbildung zu beginnen, klingt sehr riskant. Hast du in London gefunden, was du erhofft und erwartet hattest? Ich war zunächst gar kein grosser Ballettfan. Aber in der Körperlichkeit bei Bausch und Cunningham hatte ich das Gefühl, dass das etwas für mich sein könnte. Es war diese Art des «stillen» Geschichtenerzählens, die mich fasziniert hat. Die London School of Contemporary Dance war in den 70er Jahren eine der Topadressen für zeitgenössischen Tanz. Die Ausbildung war dann ein physischer Schock, weil mir schnell klar wurde, dass ich eigentlich kein Tänzer war. Mein Blick auf den Tanz blieb ein Blick von aussen. Mich hat viel mehr interessiert, wie man Dinge zusammensetzen, Leute strukturieren und mit ihnen tänzerische Sequenzen gestalten kann.
Deine Lehrerin Nina Fonaroff war Tänzerin bei Martha Graham und eine der prägenden Pädagoginnen an der Londoner Schule. Wie hat sie dein choreografisches Denken beeinflusst?
Ich kam ohne jede tänzerische Vorbildung nach London und hatte lange nicht das Niveau meiner Mitstudenten. Nina Fonaroff hat den grossen, schlaksigen Jungen aus Dänemark damals zum Choreografieren ermutigt. Unter ihrer Anleitung habe ich in meinem dritten Jahr in London Les Noces von Igor Strawinsky choreografiert. Eine Partitur, die mit ihren seltsamen, abrupten Veränderungen ähnlich strukturiert ist wie ein Film. Ich habe damals mit kleinen, fragmentierten Szenen gearbeitet. Die kamen so gut an, dass ich 1985 mit einigen Kommilitonen in London eine eigene kleine Tanzcompagnie mit dem Namen «Arc Dance» gegründet habe.
Wie sah das Profil deiner Compagnie aus?
Die grossen Leitfiguren waren für uns Merce Cunningham und Pina Bausch, aber auch Georges Balanchine hat mich damals sehr inspiriert. Von ihnen beeinflusst, haben wir nach einer zeitgemässen Art des Erzählens gesucht. Eine aus acht Tänzerinnen und Tänzern bestehende Kerngruppe konnte auf 12 bis 15 Personen erweitert werden. Pro Jahr haben wir ein bis zwei Stücke gemacht und sind mit ihnen auf Tournee gegangen. Dabei habe ich viel gelernt.
Deinen Durchbruch als Choreograf hast du 1989 mit Orfeo erlebt. Die berühmte Geschichte vom Sänger Orpheus hast du am London Contemporary Dance Theatre auf die Bühne gebracht…
Diese zeitgenössische Lesart der Orpheus-Geschichte hat mir viele Türen geöffnet. Wir sind durch die Welt getourt, bekamen einen Olivier Award, und plötzlich gab es ein Interesse grosser Ballettcompagnien wie des English National Ballet oder des Balletts Genf. Ich hatte mich bis dahin mehr als experimenteller Künstler gesehen, und nun stand ich plötzlich inmitten dieser Mega-Ballerinas im Studio und sollte für sie choreografieren... Später habe ich dann auch viel für Opern- und Schauspielinszenierungen gemacht. Wenn ich heute daran zurückdenke, fällt mir auf, dass ich nie zu etwas gezwungen oder gedrillt wurde. Film, Tanz, klassische Musik, Oper – das sind Dinge, die zum richtigen Zeitpunkt wie von selbst in mein Leben getreten sind. Vielleicht verbinden sie sich deshalb für mich auf so selbstverständliche Weise.
2025 jährt sich der Todestag des grossen dänischen Dichters Hans Christian Andersen zum 150. Mal. Aus diesem Anlass erarbeitest du mit dem Ballett Zürich ein Stück, das Märchenmotive Andersens mit der Biografie des Dichters verschränkt. Welche Rolle spielt Andersen in deinem Leben? Als Däne sind Andersens Märchen natürlich tief in meiner DNA verwurzelt. Allerdings war das keine Liebe auf den ersten Blick. Als Kind waren mir die Märchen der Brüder Grimm viel näher. Kämpfe und Prüfungen bestehen, Ängste überwinden und am Ende eine reiche Belohnung erhalten – damit konnte ich mich sofort identifizieren. Bei Andersen ist das anders. Wirkliche Helden sucht man bei ihm vergeblich. Er thematisiert Ungerechtigkeiten, menschliche Schwächen und schreckliche Enttäuschungen. Selten gibt es ein Happy End. Wenn man die
Märchen auf Dänisch hört, haben sie einen leicht herablassenden Ton, den ich als Kind irritierend und ein bisschen morbide fand. Andersen klang wie ein weiser Erwachsener, der einen über die Schwierigkeiten des Lebens aufklärt. Heute kann ich diese Texte ganz anders schätzen, und wahrscheinlich liest man sie in reiferem Alter auch mit grösserem Gewinn.
Wie hängen die Märchen und Andersens Biografie zusammen?
Neben der Kleinen Meerjungfrau und der Schneekönigin interessiert mich für unser Ballettprojekt vor allem das hierzulande wenig bekannte Märchen Der Schatten. Im Rückgriff auf das romantische Doppelgänger-Motiv erzählt Andersen da die Geschichte eines Mannes, den sein Schatten verlässt, um ein erfolgreiches Eigenleben zu führen, und der ihn letztlich vernichtet. Der Verlust der eigenen Identität ist ein grosses Thema im 19. Jahrhundert. Mit der fortschreitenden Industrialisierung ziehen die Menschen in die grossen Städte, um in den riesigen Fabriken zu arbeiten. Sie verschwinden in der Menge, sind anonym und austauschbar. Sie sind konfrontiert mit dem Verlust jenes besonderen Identitätsgefühls, das man hat, wenn man in einer Gemeinschaft oder in einem kleinen Dorf lebt, wo jeder einen kennt. Andersen selbst hat in seinem Leben einen unglaublichen sozialen Aufstieg erlebt. Als einziges Kind seiner Eltern wuchs er in ärmlichsten Verhältnissen auf. Er geht nach Kopenhagen und wird zum berühmtesten Schriftsteller seines Landes. Er selbst scheint diesen Aufstieg am wenigsten fassen zu können und muss sich seiner immer wieder versichern. Er freut sich, wenn er von Berühmtheiten erkannt und eingeladen wird, posiert für eine Unmenge von Fotografen. Ich spüre bei ihm diese grosse Sehnsucht, einer Welt anzugehören, die nicht die seine war. Und gleichzeitig das Verlangen, in den behüteten Raum seiner Kindheit zurückzukehren.
oben:
Ein Teil des Establishments in Dänemark, Søren Kierkegaard etwa, und die intellektuelle Elite hielten Andersen für erbärmlich, weil er überall versuchte, zu gefallen und sich anzupassen. Aber mich rührt diese «Erbärmlichkeit», weil sie im Grunde in uns allen steckt. In vielen seiner Märchenfiguren spiegelt sich Andersen mit seinen Sehsüchten, Verlusten und Enttäuschungen. Grund genug, ihn in unserem Ballett als Figur auf die Bühne zu holen und mit Figuren aus seinen Märchen in Kontakt treten zu lassen.
Das Ganze ist also kein Märchenabend, in dem eine Geschichte nach der anderen abgehandelt wird. Aber es ist auch kein Biopic, in dem wir einzelnen Lebensstationen des Dichters folgen… Mit den Mitteln des Tanzes lassen sich Motive aus den Märchen mit Fragmenten der Biografie nicht nur sehr gut verbinden, sondern es lassen sich auch Verbindungen und Parallelen zwischen den einzelnen Geschichten aufzeigen. Vor zwanzig Jahren habe ich mich in The Anatomy of a Storyteller schon einmal mit Andersen beschäftigt. Es war das letzte Stück, das ich für «Arc Dance» kreiert habe. Die technologische Seite, vor allem der Einsatz von Video- und Sounddesign, hat mich damals nicht gänzlich befriedigt. Heute gibt es da ganz andere Möglichkeiten. Deshalb hat es mich gereizt, die visuelle Welt und das thematische Material von damals noch einmal aufzugreifen und mit einem frischen und unverstellten Blick auf Andersen zu schauen.
Mit den Tänzerinnen und Tänzern des Balletts Zürich findest du gerade eine choreografische Sprache für dieses Stück. Wie erlebst du die Zusammenarbeit mit ihnen?
Als ich in den 80er Jahren anfing, mit Tänzern zu arbeiten, bestand eine grosse
Jorge García Pérez links unten: Lucas Valente, Iacopo Arregui, Archie White (a.G.)
Kluft zwischen klassischen und den sogenannten «contemporary» dancers. In den letzten zwanzig Jahren hat sich da viel verändert, gerade was die Körperlichkeit der klassischen Tänzer angeht. Das ist beeinflusst durch gesellschaftliche Entwicklungen. Wenn man heute in einen Club geht, sieht man die verrücktesten Dinge. Die Leute machen Hip-Hop, sie hüpfen, drehen sich auf dem Kopf. Sie machen Sachen, die viel körperlicher sind, als man es in den 1950er, 60er und 70ern getan hätte. Der Drang, sich zu bewegen, hat ganz andere Dimensionen erreicht, und damit verfliessen auch die Grenzen. Diese strenge Teilung der Genres in «klassisch» und «modern» gibt es nicht mehr, und hier in Zürich erlebe ich, wie die Tänzer geradezu hungrig nach Bewegung sind und sich mit grosser Experimentierfreude in die Choreografie hineinwerfen. Eine Bewegung ist in ihrer Flüchtigkeit etwas unglaublich Persönliches: Wie jemand sein Gewicht verlagert, wie langsam er eine Bewegung angeht, wie schnell, wie nervös – all diese Qualitäten machen am Ende das Drama aus und zwingen einen, genau hinzuschauen. Die Tänzerinnen und Tänzer des Balletts Zürich mit ihren individuellen Persönlichkeiten überraschen mich da jeden Tag aufs Neue, weil ich ganz spezifisch auf sie reagieren muss.
Eine Besonderheit dieses Balletts ist, dass es kein Orchester im Orchestergraben geben wird. Was wir hören werden, ist eine Klangcollage von Ian Dearden. Wie klingt die?
Mit Ian arbeite ich seit über dreissig Jahren zusammen. Er hat einen geradezu unfehlbaren Sinn für Kontraste und Dynamiken, die in einem Stück aufeinandertreffen und unerwartete Kombinationen schaffen. Was die Schnitttechnik angeht, ist das eine filmische Herangehensweise, die mir bei diesen Parallelgeschichten sehr entgegenkommt. Für unser Andersen-Ballett hat Ian Dearden einen Soundtrack aus Stücken des grossen dänischen Komponisten Hans Abrahamsen und der englischen Komponistin Anna Clyne kompiliert.
Im Titel unseres Balletts Of Light, Wind and Waters ist von den Naturkräften die Rede…
Tatsächlich spielen diese Naturkräfte in Andersens Texten eine wichtige Rolle. Ihr Ton mag idyllische Biedermeier-Welten suggerieren, aber die Aussenseiter in seinen Märchen sind den Elementen oft ungeschützt ausgeliefert. Oft ist von Kälte und Hitze, von Feuer, Luft und Wasser die Rede. Sie sind auch in der Ausstattung von Richard Hudson präsent. Ein weiterer Ausgangspunkt für ihn waren die vielen Fotos, die Andersen in den letzten zwanzig Jahren seines Lebens von sich machen liess. Richards Bühnenbild bietet faszinierende Möglichkeiten für ein variantenreiches Spiel mit Dopplungen, Spiegelungen und Schatten.
Mit welcher Andersen-Erfahrung sollte man aus deinem Ballett nach Hause gehen?
Mich beeindruckt die Art und Weise, wie Andersen versucht, sich gegen alle Widerstände durchzusetzen. In seinem Streben nach Anerkennung liegt sowohl eine rührende Unbeholfenheit als auch eine nervige Wichtigtuerei, die ihn mir sehr menschlich und verletzlich erscheinen lässt. Und in der Tat sehr modern. Er lässt sich auf die raue Aussenwelt ein und schafft es irgendwie, seinen eigenen Weg zu gehen. Mit dem Kontext des eigenen Lebens wird man sich in Andersens Geschichte und seinen Geschichten wiederfinden.
Of Light, Wind and Waters
Ballett von Kim Brandstrup nach Motiven aus Leben und Märchen von Hans Christian Andersen
Choreografie und Inszenierung
Kim Brandstrup
Bühnenbild und Kostüme
Richard Hudson Video
Tieni Burkhalter Lichtgestaltung
Martin Gebhardt Sounddesign
Ian Dearden mit Kompositionen von Hans Abrahamsen, Anna Clyne u.a. Dramaturgie
Michael Küster
Ballett Zürich
Partnerin Ballett Zürich
Uraufführung
18 Jan 2025
Weitere Vorstellungen
19, 23, 24, 26, 30 Jan; 7, 14, 22 Feb; 20 März 2025
Einführungsmatinee Sonntag, 12 Jan, 11.15 Uhr Bernhard Theater a b
Cio-CioSan wartet vergeblich
Mit überwältigend schönen Bildern erzählt der amerikanische Regisseur Ted Huffman die tragische Geschichte von Puccinis «Madama Butterfly»
Mit Marina Rebekka, Tomislav Mužek, Massimo Cavalletti u. a.
Vorstellungen: 22, 26, 29 Dez 2024, 1, 4 Jan 2025
Maria
AbDo6.2.imKinoHoudini
Madama Butterfly
Die Geigerin Anahit Kurtikyan über ein Motiv in Giacomo Puccinis Oper
Puccinis Madama Butterfly erzählt von Cio-Cio-San, die innerhalb des Opernabends von einem zerbrechlichen Mädchen zu einer reifen und starken Frau heranwächst. In ihr tobt ein wahrer Ozean an Emotionen. Wie viel stimmliche und psychologische Meisterschaft verlangt das doch von der Hauptdarstellerin – ein Wahnsinn! Mit nur 15 Jahren heiratet Cio-Cio-San den US-Marineoffizier Pinkerton, der sie wenig später verlässt und nach Amerika zurücksegelt. Aus der Verbindung ist ein Sohn geboren. Seither wartet Butterfly auf Pinkertons versprochene Rückkehr, auch wenn sie insgeheim weiss, dass er nicht mehr zu ihr zurückkehren wird, und alle in ihrem Umfeld Recht behalten sollen. Cio-Cio-San klammert sich an ihren Glauben wie ein kranker Mensch, der bis zum letzten Atem auf ein Wunder hofft. Von ihrer japanischen Familie wegen der Heirat mit einem Ausländer verstossen, kann sie ihrem Sohn nicht mehr als innigste Liebe geben. Als Pinkerton nach drei oder vier Jahren (!) mit seiner neuen Frau nach Nagasaki reist, um sein Kind zu holen, ist die Katastrophe unvermeidbar. Die Stelle im letzten Akt, wenn Suzuki trotz des strengen Verbots ihrer Herrin Cio-Cio-San das ins Spiel vertiefte Kind zu ihr bringt, in der Hoffnung, sie dadurch an ihrem Selbstmord zu hindern, treibt mir jedes Mal die Tränen in die Augen. «Du? Du? Du?» Insgesamt sieben Mal hören wir dieses Du. «Mein kleiner Engel! Liebling, mein Liebling, Blüte der Lilie und der Rose! Dass Butterfly für dich, für deine unschuldigen Augen stirbt. Damit du übers Meer gehen kannst, ohne dich zu grämen, wenn du gross bist, dass deine Mutter dich verliess.» Auch wenn das alles eine Fiktion ist, die Oper hundert-, ja tausendmal gespielt wurde, ergreift mich diese Stelle immer wieder von Neuem. Puccinis Musik hat die unglaubliche Eigenschaft, einen direkt ins Herz und in die Seele zu treffen. Ich bin nicht die einzige, bei der immer wieder Tränen fliessen. Ich weiss es!
Anahit Kurtikyan
Konsul/Heizer - Flavia Stricker/Sylwia Salamonska
Wir haben einen Plan
Meier 38-39 /Patricia Blank 40 Schaffner/Führer/Stewart Friedli-Nikiteanu
Mönch Schal, Schläppchen Haut Bühnenseite RECHTS El-treiber Latze, Hut Bühnenseite LINKS
Schal, Haut_El-treiber Bühnenseite
Frack, Zylinder Bühnenseite
RECHTS
In unserer Kinderoper «In 80 Tagen um die Welt» wirken insgesamt nur acht Solisten und Solistinnen und drei Mitglieder des Statistenvereins mit, die aber im Laufe des Stücks mehrere Rollen verkörpern müssen: Seien es Clubmitglieder, englische Bobbies, Elefantenführer, Schaffner, einen ägyptischen Konsul und so weiter. Dazu sind hinter der Bühne Kostümwechsel nötig, die zum Teil wie bei einem Boxenstopp in der Formel 1 von unseren Ankleiderinnen diskret hinter verschiedenen Paravents durchgeführt werden müssen. Zum Teil bleiben nur 20 Sekunden, um rechtzeitig im neuen Kostüm auf der Bühne zu erscheinen. Für besonders heikle Umzüge mussten sogar extra Proben mit den Beteiligten angesetzt werden. Ina Buschhaus, die Kostümproduktionsleiterin, und die Kostümassistentin Yaël Marcuse haben sich im Laufe der Probenzeit einen ausgeklügelten Plan für diese Kostümwechsel ausgedacht, die Zeiten gestoppt, die sie für diese Wechsel zur Verfügung haben und sich zum Teil neue Lösungen am Kostüm mit Klettverschlüssen oder Bändern ausgedacht. Bei der Premiere lief dann zum ersten Mal alles wie am Schnürchen.
Oh, süsse Nacht der Liebe
In seiner Inszenierung von Charles Gounods Oper «Roméo et Juliette» schafft Ted Huffman Raum für die Emotionen des berühmten Liebespaares.
Mit Julie Fuchs, Stephen Costello u. a. Vorstellungen: 31 Dez 2024; 3, 8, 11, 17, 26 Jan 2025
Joel Woellner
Aus welcher Welt kommst du gerade?
Vor drei Monaten bin ich von Australien nach Zürich gezogen. Die letzten Jahre habe ich beim Queensland Ballet getanzt. Dieser Wechsel bedeutete eine grosse Umstellung für mich. Nicht nur wegen der Sprachbarriere, sondern auch wegen des völlig neuen und anpruchsvollen Arbeitsalltags im Ballett Zürich.
In den nächsten Monaten bist du im Ballett Giselle zu erleben. Was ist dein Part?
Ich werde den Albrecht tanzen und erinnere mich gut, wie ich die Rolle erstmals während der CoronaPandemie beim Queensland Ballet einstudiert habe. Die letzten Korrekturen wurden uns vom Choreografen per Zoom übermittelt. Gerade der zweite Akt ist für mich als Albrecht sehr herausfordernd, aber am Ende wird man mit diesem bewegenden Moment der Vergebung belohnt. Da möchte ich in der Darstellung sehr aufrichtig sein.
An welches Bildungserlebnis erinnerst du dich?
In meinem letzen Jahr an der Houston Ballet Academy musste ich in einer Serie von Le Sacre du printemps für einen verletzten Tänzer einspringen und eine andere Rolle übernehmen. Das fühlte sich wie eine neue Choreografie an, und als ich auftreten sollte, war ich im ersten Moment wie versteinert. Ein Solist, der neben mir stand, machte mir Mut: «Du schaffst das, Joel, wir sitzen alle im selben Boot». Diesen Satz habe ich nicht vergessen. Genau darauf kommt es an: gemeinsam zu tanzen und sich gegenseitig zu unterstützen.
Welches Buch würdest du niemals weggeben?
Das Lied des Achilles von Madeline Miller. Der Roman spielt im antiken Griechenland und erzählt auf sehr berührende Weise die schwule Liebesgeschichte von Achill und Patroklos.
Welche Musik hörst du immer wieder?
«I’m here» ist ein Song aus dem Musical The Color Purple (Die Farbe Lila), gesungen von Cynthia Erivo. Seit langem habe ich ein grosses Faible für BroadwayMusicals. Wenn ich mal nicht so gut drauf bin, wirkt dieser Song wie eine Energiespritze.
Welchen überflüssigen Gegenstand in deiner Wohnung liebst du am meisten?
Mit grossem Aufwand habe ich aus Australien einen sechs Kilo schweren JadeKristall nach Zürich mitgebracht, den meine Grosseltern in den 1980er Jahren in einem Fluss gefunden haben. Ich denke an sie, wenn die Sonne auf den Stein scheint und er hellgrün zu leuchten beginnt.
Mit welcher Künstlerpersönlichkeit würdest du gern essen gehen?
Ganz sicher mit der englischen Sängerin Adele. Ich habe immer das Gefühl, sie hätte ihre Songs eigens für mich geschrieben, weil ich mich so sehr in ihren Texten wiederfinde. Gern würde ich mehr über Adeles Einstellung zum Leben erfahren und über die Veränderungen, die der Ruhm für sie mit sich gebracht hat.
Wie wird die Welt in 100 Jahren aussehen?
Was mich an der Ballettwelt immer wieder beeindruckt, ist die Tatsache, dass hier Menschen mit unterschiedlichster Herkunft und Hintergrund zusammenkommen, um auf harmonische Weise ein gemeinsames Ziel zu erreichen. Ich würde mir wünschen, dass die Welt in 100 Jahren ähnlich funktioniert.
Joel Woellner kommt aus Australien. Er absolvierte seine Ausbildung an der Ben Stevenson Academy des Houston Ballet und im Houston Ballet II. 2013 war er Preisträger beim Prix de Lausanne. Nach einem Engagement im Houston Ballet war er von 2015 bis 2024 Erster Solist im Queensland Ballet. Seit dieser Spielzeit ist er Solist im Ballett Zürich.
Dezember
6 Fr Der fliegende Holländer
20.00 Oper von Richard Wagner
7 Sa In 80 Tagen um die Welt
11.00 Familienoper von Jonathan Dove
imprO-Opera
Die Welt der Mozart-Opern
15.30 Für Kinder ab 7 Jahren, in Begleitung von Erwachsenen Treffpunkt Billettkasse
Giselle
19.00 Ballett von Patrice Bart
8 So Phantasy Quartet
11.15 Brunchkonzert, Spiegelsaal
Ballette entdecken Giselle
14.30 Workshop für Kinder von 7 bis 12 Jahren Treffpunkt Billettkasse
imprO-Opera
Die Welt der Mozart-Opern
15.30 Für Kinder ab 7 Jahren, in Begleitung von Erwachsenen Treffpunkt Billettkasse
Un ballo in maschera
19.00 Oper von Giuseppe Verdi Premiere
9 Mo Phantasy Quartet
12.00 Lunchkonzert, Spiegelsaal
1O Di open space stimme
19.00 Chor-Workshop, Dienstags
Der fliegende Holländer
19.30 Oper von Richard Wagner
11 Mi Un ballo in maschera
19.00 Oper von Giuseppe Verdi
open space tanz
19.00 Tanz-Workshop, Mittwochs
12 Do Giselle
19.00 Ballett von Patrice Bart
13 Fr Giselle
19.00 Ballett von Patrice Bart
14 Sa In 80 Tagen um die Welt
11.00 Familienoper von Jonathan Dove
IHR FACHGESCHÄFT FÜR DESSOUS & BADEMODE ZÜRICH – FRAUMÜNSTERSTRASSE 9 I LUZERN – ZENTRALSTRASSE 12
Märchen auf dem Klangteppich
Felix, das Tännchen
15.30 Für Kinder ab 4 Jahren, in Begleitung von Erwachsenen Treffpunkt Billettkasse
Un ballo in maschera
19.00 Oper von Giuseppe Verdi
15 So Le nozze di Figaro
13.00 Oper von Wolfgang Amadeus Mozart AMAG Volksvorstellung Giselle
20.30 Ballett von Patrice Bart
16 Mo Telemann Bach
19.30 1. La Scintilla Konzert Riccardo Minasi, Musikalische Leitung und Violine
17 Di Un ballo in maschera
19.00 Oper von Giuseppe Verdi
18 Mi Le nozze di Figaro
19.00 Oper von Wolfgang Amadeus Mozart
19 Do Giselle
19.00 Ballett von Patrice Bart
2O Fr Le nozze di Figaro
19.00 Oper von Wolfgang Amadeus Mozart
21 Sa In 80 Tagen um die Welt
11.00 Familienoper von Jonathan Dove
Märchen auf dem Klangteppich
Felix, das Tännchen
15.30 Für Kinder ab 4 Jahren, in Begleitung von Erwachsenen Studiobühne
Un ballo in maschera
19.00 Oper von Giuseppe Verdi
22 So Madama Butterfly
13.00 Oper von Giacomo Puccini
Märchen auf dem Klangteppich
Felix, das Tännchen
14.00 Für Kinder ab 4 Jahren, in Begleitung von Erwachsenen Studiobühne
Le nozze di Figaro
19.30 Oper von Wolfgang Amadeus Mozart
26 Do In 80 Tagen um die Welt
14.00 Familienoper von Jonathan Dove
Madama Butterfly
20.00 Oper von Giacomo Puccini
28 Sa Un ballo in maschera
20.00 Oper von Giuseppe Verdi
29 So In 80 Tagen um die Welt
14.00 Familienoper von Jonathan Dove
Madama Butterfly
20.00 Oper von Giacomo Puccini
31 Di Roméo et Juliette
19.00 Oper von Charles Gounod
Januar
1 Mi Madama Butterfly
19.00 Oper von Giacomo Puccini AMAG Volksvorstellung
2 Do In 80 Tagen um die Welt
13.00 Familienoper von Jonathan Dove
Le nozze di Figaro
19.00 Oper von Wolfgang Amadeus Mozart
3 Fr Roméo et Juliette
19.00 Oper von Charles Gounod AMAG Volksvorstellung
4 Sa Mit Squillo in 80 Minuten durch die Welt der Oper
14.15 Führung für Kinder ab 7 Jahren in Begleitung von Erwachsenen Treffpunkt Billettkasse
Madama Butterfly
19.00 Oper von Giacomo Puccini
5 So In 80 Tagen um die Welt
14.00 Familienoper von Jonathan Dove
Un ballo in maschera
20.00 Oper von Giuseppe Verdi
7 Di open space stimme
19.00 Chor-Workshop, Dienstags
8 Mi open space tanz
19.00 Tanz-Workshop, Mittwochs
Roméo et Juliette
19.00 Oper von Charles Gounod
1O Fr Un ballo in maschera
20.00 Oper von Giuseppe Verdi
11 Sa Mit Squillo in 80 Minuten durch die Welt der Oper
15.15 Führung für Kinder ab 7 Jahren in Begleitung von Erwachsenen Treffpunkt Billettkasse
Roméo et Juliette
20.00 Oper von Charles Gounod
12 So Einführungsmatinee Of Light, Wind and Waters
11.15 Bernhard Theater
In 80 Tagen um die Welt
14.00 Familienoper von Jonathan Dove Strauss
19.30 4. Philharmonisches Konzert Gianandrea Noseda, Musikalische Leitung Philharmonia Zürich
13 Mo Workshop-Reihe Of Light, Wind and Waters
19.00 ab 16 Jahren Treffpunkt Billettkasse
15 Mi Un ballo in maschera
19.00 Oper von Giuseppe Verdi
17 Fr Roméo et Juliette
20.00 Oper von Charles Gounod
18 Sa Mit Squillo in 80 Minuten durch die Welt der Oper
14.15 Führung für Kinder ab 7 Jahren in Begleitung von Erwachsenen
Treffpunkt Billettkasse
Wir pfeifen auf den Gurkenkönig
15.00 Oper von Samuel Penderbayne Studiobühne
Of Light, Wind and Waters
19.00 Ballett von Kim Brandstrup Premiere
19 So Einführungsmatinee Manon Lescaut
11.15 Bernhard Theater
Of Light, Wind and Waters
14.00 Ballett von Kim Brandstrup
Wir pfeifen auf den Gurkenkönig
17.00 Oper von Samuel Penderbayne Studiobühne
Un ballo in maschera
19.30 Oper von Giuseppe Verdi
21 Di Fidelio
19.30 Oper von Ludwig van Beethoven AMAG Volksvorstellung
22 Mi Wir pfeifen auf den Gurkenkönig
15.00 Oper von Samuel Penderbayne Studiobühne
23 Do Of Light, Wind and Waters
19.00 Ballett von Kim Brandstrup
24 Fr Of Light, Wind and Waters
19.00 Ballett von Kim Brandstrup
25 Sa Ballette entdecken
Of Light, Wind and Waters
14.30 Workshop für Kinder von 7 bis 12 Jahren Treffpunkt Billettkasse
Wir pfeifen auf den Gurkenkönig
15.00 Oper von Samuel Penderbayne Studiobühne
Fidelio
19.00 Oper von Ludwig van Beethoven
26 So Capriccio
11.15 Brunchkonzert, Spiegelsaal
Of Light, Wind and Waters
14.00 Ballett von Kim Brandstrup
Roméo et Juliette
20.00 Oper von Charles Gounod
27 Mo Capriccio
12.00 Lunchkonzert, Spiegelsaal
29 Mi Wir pfeifen auf den Gurkenkönig
15.00 Oper von Samuel Penderbayne Studiobühne
3O Do Of Light, Wind and Waters
20.00 Ballett von Kim Brandstrup
31 Fr Giselle
19.00 Ballett von Patrice Bart
Februar
1 Sa imprO-Opera
Die Welt der Händel-Opern
15.30 Für Kinder ab 7 Jahren, in Begleitung von Erwachsenen Treffpunkt Billettkasse
Giselle
19.00 Ballett von Patrice Bart
2 So Wir pfeifen auf den Gurkenkönig
11.00 Oper von Samuel Penderbayne Studiobühne
Rebel Bach Händel
11.15 5. Philharmonisches Konzert / 2. La Scintilla Konzert Hans-Christoph Rademann, Musikalische Leitung Orchestra La Scintilla
Familienworkshop
Of Light, Wind and Waters
14.30 ab 9 Jahren, Kinder in Begleitung von Erwachsenen Treffpunkt Billettkasse
imprO-Opera
Die Welt der Händel-Opern
15.30 Für Kinder ab 7 Jahren, in Begleitung von Erwachsenen Treffpunkt Billettkasse
Fidelio
19.00 Oper von Ludwig van Beethoven
4 Di open space stimme
19.00 Chor-Workshop, Dienstags
Just the best Movies…
Ab 5. Dezember in Ihrem Arthouse Kino
Hauptsponsorin
5 Mi Wir pfeifen auf den Gurkenkönig
15.00 Oper von Samuel Penderbayne Studiobühne
Liederabend Julie Fuchs
19.00 Alphonse Cemin Klavier open space tanz
19.00 Tanz-Workshop, Mittwochs
7 Fr Of Light, Wind and Waters
19.00 Ballett von Kim Brandstrup
8 Sa Fidelio
19.00 Oper von Ludwig van Beethoven
9 So Familienworkshop Of Light, Wind and Waters
14.30 ab 9 Jahren, Kinder in Begleitung von Erwachsenen Treffpunkt Billettkasse
Manon Lescaut
19.00 Oper von Giacomo Puccini Premiere
13 Do Manon Lescaut
19.30 Oper von Giacomo Puccini
14 Fr Of Light, Wind and Waters
19.00 Ballett von Kim Brandstrup
15 Sa Fidelio
19.00 Oper von Ludwig van Beethoven
16 So Einführungsmatinee Agrippina
11.15 Bernhard Theater
The Butterfly Effect
13.00 Neue Choreografien von Cathy Marston, Ihsan Rustem und Lucas Valente Junior Ballett, Premiere
Manon Lescaut
19.30 Oper von Giacomo Puccini
17 Mo Choreografie-Workshop
10.00 Sportferien-Angebot Treffpunkt Billettkasse
18 Di Giselle
19.00 Ballett von Patrice Bart
19 Mi Manon Lescaut
19.00 Oper von Giacomo Puccini
22 Sa Of Light, Wind and Waters
20.00 Ballett von Kim Brandstrup
23 So The Butterfly Effect
13.00 Neue Choreografien von Cathy Marston, Ihsan Rustem und Lucas Valente
Manon Lescaut
19.30 Oper von Giacomo Puccini
25 Di Giselle
19.00 Ballett von Patrice Bart
28 Fr Il viaggio a Reims
19.00 Oper von Gioachino Rossini Konzertante Aufführung, Winterthur Premiere
Giselle
20.00 Ballett von Patrice Bart
Führungen
Führung Opernhaus
7, 8, 14, 21, 22, 28, 29 Dez 2024 4, 5, 11, 12, 18, 19, 25 Jan; 1, 2, 8, 9, 15, 16, 23 Feb 2025
Guided Tour Opera House
7, 8, 15, 21, 29 Dez 2024 4, 5, 11, 18, 25 Jan; 1, 2, 9, 15, 22 Feb 2025
Familienführung
Mittwochnachmittags 11, 18 Dez 2024 1, 8, 15 Jan; 12, 19 Feb 2025
Führung Bühnentechnik
6 Dez 2024 10 Jan 2025
Führung Maskenbildnerei
4, 25 Jan; 8 Feb 2025
Tickets für die Führungen sind im Vorverkauf erhältlich
Unter opernhaus.ch/fuer-alle gibt es Angebote für jeden Geldbeutel
Das Kalendarium mit Preisangaben finden Sie auf der Website
Das ultimative Kostümfest zum allerletzten Mal
15 Mär 2O25
Impressum
Magazin des Opernhauses Zürich
Falkenstrasse 1, 8008 Zürich
www.opernhaus.ch
T + 41 44 268 64 00
Intendant
Andreas Homoki
Generalmusikdirektor
Gianandrea Noseda
Ballettdirektorin
Cathy Marston
Verantwortlich
Claus Spahn
Sabine Turner Redaktion
Beate Breidenbach
Kathrin Brunner
Fabio Dietsche
Michael Küster
Claus Spahn
Gestaltung
Carole Bolli
Fotografie
Florian Kalotay
Admill Kuyler
Danielle Liniger
Michael Sieber
Illustration
Anita Allemann
Anzeigen
Linda Fiasconaro, Schu-Han Yang
Schriftkonzept und Logo
Studio Geissbühler
Druck
Multicolor Print AG
MAG abonnieren
MAG, das OpernhausMagazin, erscheint zehnmal pro Saison und liegt zur kostenlosen Mitnahme im Opernhaus aus. Sie können das OpernhausMagazin abonnieren: zum Preis von CHF 40 bei einer inländischen Adresse und CHF 60 bei einer ausländischen Adresse senden wir Ihnen jede Ausgabe druckfrisch zu.
Bestellungen unter: T +41 44 268 66 66 oder tickets@opernhaus.ch.
Sponsoren
Unsere Vorstellungen werden ermöglicht dank der Subvention des Kantons Zürich sowie der Beiträge der Kantone Luzern, Uri, Zug und Aargau im Rahmen der interkantonalen Kulturlastenvereinbarung und der Kantone Nidwalden, Obwalden und Schwyz.
Partner
Produktionssponsoren
AMAG
Atto primo
Clariant Foundation
Freunde der Oper Zürich
Zürich Versicherungs-Gesellschaft AG
Projektsponsoren
René und Susanne Braginsky-Stiftung
Freunde des Balletts Zürich
Ernst Göhner Stiftung
Hans Imholz-Stiftung
Max Kohler Stiftung
Kühne-Stiftung
Georg und Bertha Schwyzer-Winiker Stiftung
Hans und Edith Sulzer-Oravecz-Stiftung
Swiss Life
Swiss Re Zürcher Kantonalbank
Gönnerinnen und Gönner
Josef und Pirkko Ackermann
Alfons’ Blumenmarkt
Familie Thomas Bär
Bergos Privatbank
Elektro Compagnoni AG
Stiftung Melinda Esterházy de Galantha
Fitnessparks Migros Zürich
Egon-und-Ingrid-Hug-Stiftung
Walter B. Kielholz Stiftung
Klinik Hirslanden
KPMG AG
Landis & Gyr Stiftung
Die Mobiliar
Annina und George Müller-Bodmer
Fondation Les Mûrons
Pro Helvetia, Schweizer Kulturstiftung
StockArt – Stiftung für Musik
John G. Turner und Jerry G. Fischer
Else von Sick Stiftung
Ernst von Siemens Musikstiftung
Elisabeth Weber-Stiftung
Förderinnen und Förderer
Art Mentor Foundation Lucerne
Theodor und Constantin Davidoff Stiftung
Dr. Samuel Ehrhardt
Frankfurter Bankgesellschaft (Schweiz) AG
Garmin Switzerland
Elisabeth K. Gates Foundation
Stiftung LYRA zur Förderung hochbegabter, junger Musiker und Musikerinnen
Minerva Kunststiftung
Irith Rappaport
Luzius R. Sprüngli
Madlen und Thomas von Stockar