Lucia di Lammermoor

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LUCIA DI LAMMERMOOR

GAETANO DONIZETTI


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LUCIA DI LAMMERMOOR GAETANO DONIZETTI (1797-1848)




Irina Lungu, Roswitha Christina Müller Spielzeit 2020/21



HANDLUNG Vorgeschichte Schottland. Seit den Glaubenskriegen herrscht zwischen den Familien Ashton und Ravenswood erbitterte Feindschaft: Während der königstreue Lord Ravens­ wood entadelt wird und stirbt, fallen seine Ländereien und der gesamte Besitz an den geschickten Lord Ashton und seine Familie. Eine Generation später steht jedoch auch diese kurz vor dem finanziellen Ruin. Um Macht und Ansehen zu retten, plant Enrico Ashton die Verheiratung seiner Schwester Lucia. Er ahnt nicht, dass Lucia inzwischen den Sohn des Familienfeindes, Edgar­ do Ravenswood, liebt, der sie eines Tages vor einem wilden Stier gerettet hatte…

Erster Akt Enrico Ashton ist unter Druck: Seine Schwester weigert sich, Arturo Bucklaw zu heiraten – den Mann, der allein ihn retten könnte. Während der Hausgeist­ liche Raimondo noch versucht, dieses Verhalten mit Lucias Trauer um die ver­ storbene Mutter zu erklären, offenbart Enricos wichtigster Gefolgsmann Nor­ manno, was alle längst wissen: Lucia liebt Edgardo, Enricos Todfeind, und trifft ihn täglich. Enricos Wut ist grenzenlos. Lucia Ashton erwartet ihren geliebten Edgardo. Ihrer Vertrauten Alisa erzählt sie von den Gespenstern einer Vergangenheit, die für sie sehr präsent ist. Alisa sieht in Lucias Vision ein böses Omen und warnt sie vor der Verbin­ dung mit Edgardo. Edgardo erscheint und eröffnet Lucia, er müsse in politischer Mission nach Frankreich. Zuvor aber möchte er bei Enrico um Lucias Hand anhalten und so die Familienfehde beenden. Lucia jedoch weiss um die Unversöhnlichkeit ihres Bruders und will Edgardo von seinem Vorhaben abbringen. Es gelingt ihr, seine Wut zu besänftigen. Edgardo und Lucia schwören sich ewige Treue.

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Zweiter Akt Enrico hat mit Hilfe Normannos die Briefe abgefangen, die Edgardo und Lucia sich geschrieben haben. Ein gefälschter Brief soll zudem Edgardos Untreue beweisen. Enrico setzt seine Schwester unter Druck und beschwört sie, endlich in die Hochzeit mit Arturo Bucklaw einzuwilligen. Als auch Raimondo Lucia auffor­ dert, ihre Liebe im Namen Gottes und zum Wohl der Familie zu opfern, ist Lucias Widerstand gebrochen. Arturo erscheint zur Hochzeit. Enrico bittet ihn um Nachsicht – Lucias Teilnahmslosigkeit sei der Trauer um die tote Mutter geschuldet. Als Lucia den Ehevertrag gezwungenermassen unterzeichnet hat, steht plötzlich Edgardo mitten im Raum und fordert sein Recht als Bräutigam Lucias. Nur knapp gelingt es Raimondo, einen Kampf zwischen Enrico und Edgardo zu verhindern. Als Lucia zugeben muss, dass sie den Heiratsvertrag tatsächlich unterschrieben hat, verflucht Edgardo sie und ihre Familie.

Dritter Akt Noch in derselben Nacht sucht Enrico Edgardo auf; er will die Beleidigungen rächen, die Edgardo der Familie Ashton zugefügt hat. Edgardo und Enrico ver­abreden sich zum Duell. Unterdessen geht das Hochzeitsfest weiter. Plötzlich stürzt Raimondo herein und berichtet, Lucia habe ihren Bräutigam im Hochzeitsbett getötet. Dann erscheint Lucia selbst. In ihrer Geistesverwirrung beschwört sie Sze­ nen der Vergangenheit herauf und imaginiert ihre Hochzeit mit Edgardo. Zu spät erkennt Enrico seine Schuld. Edgardo wartet auf dem Friedhof auf Enrico. Noch immer ist er von Lucias Treuebruch überzeugt. Da erfährt er, dass Lucia aus Liebe den Verstand verlo­ ren habe und im Sterben liege. Noch bevor er zu Lucia eilen kann, ertönt die Totenglocke; Raimondo überbringt ihm die Nachricht ihres Todes. Edgardo erkennt die Wahrhaftigkeit von Lucias Liebe zu ihm und nimmt sich das Leben. Sterbend imaginiert er seine Vereinigung mit Lucia im Himmel.

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WAHNSINN ALS SELBSTBEFREIUNG Regisseurin Tatjana Gürbaca im Gespräch mit Beate Breidenbach

In Donizettis Oper Lucia di Lammermoor hat sich die Titelfigur Lucia heimlich mit Edgardo verlobt, dem Todfeind ihrer Familie; nun soll sie jedoch mit dem reichen Arturo Bucklaw verheiratet werden, um den Niedergang der Familie aufzuhalten und ihrem Bruder Enrico wieder zu Ansehen zu verhelfen. Wer ist diese Lucia? Das Besondere an dieser Oper ist ja erst einmal, dass hier eine Schamlose, eine Verrückte, zur Heldin und Sympathieträgerin wird. Man kann sich fragen, wieso Lucia uns gerade in ihrem Wahnsinn so berührt. Am Ende sind zwei Familien ruiniert, ein Mann hat Suizid begangen, ein anderer wird in der Hochzeitsnacht von der eigenen Braut ermordet, und diese sitzt im blutigen Nachthemd zwischen ihren Gästen und träumt das grosse Liebesglück. Und dennoch steckt in dieser Geschichte offenbar etwas, das so zeitlos, so unabgegolten ist, dass man sie sich auch als Hitchcock-Film, Graphic Novel, als Mafia-Geschichte, Western oder im historischen Japan vorstellen könnte. Lucias Ver-rücktheit, ihr Aus-der-Welt-Treten öffnet auch uns die Augen für die Realität, in der sie sich bis dahin befand. Wir verstehen sie, weil Mord und Wahnsinn Befreiungsschläge sind und es schon vorher immer wieder Momente gab, in denen man sich fragen musste, wer eigentlich verrückt spielt: Lucia oder die Welt um sie herum? Und weil sie uns vor Augen führt, dass es kein richtiges Leben im falschen geben kann. Donizettis Oper geht auf einen Roman von Walter Scott zurück. Was für eine Zeit wird in diesem Roman beschrieben? Die Zeit, in der die Geschichte in der Romanvorlage spielt, ist die Zeit der

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Cromwell-Herrschaft. Die Konflikte, die England, Irland und Schottland gerade in den Glaubenskriegen ausgefochten haben, gehen über Glaubens­ themen weit hinaus und lassen die Parteien auch noch in der Folge mit grösster Er­bitterung aufeinandertreffen. Freunde werden von einem Tag auf den anderen zu Feinden, ganze Familien sind mit einem Schlag ruiniert. Kultur­geschichtlich ist diese Ära interessant, weil sie im Denken der Gesell­ schaft einiges verändert: in der Einstellung zu Reichtum und Erwerbsarbeit zum Beispiel, im Verhältnis zwischen Adel und Bürgertum, in der Haltung zur Nation, im Bildungssystem, in der Wahrnehmung von Indivi­duali­tät und im Leben der Frauen. Ein schönes Beispiel für diese Entwicklung findet sich in der Oper im Dialog zwischen Lucia und dem Hausgeistlichen Rai­ mondo. Raimondo bittet Lucia, endlich in die geplante Heirat einzu­willigen, und Lucia sagt plötzlich mit dem Selbstbewusstsein eines neuen Zeitalters: Ich werde die Familie retten! Das ist aber gar nicht das, wozu sie gebeten ist; sie ist aufgefordert, sich zu opfern. Das ist ein grosser Unterschied. Der Frau wird (noch) nicht zugestanden, selbst aktiv zu werden. Aber opfern soll sie sich sehr wohl, und sie soll passiv alles hinnehmen, was über sie verfügt wird. Dagegen begehrt Lucia auf.

Das komplette Programmbuch können Sie auf www.opernhaus.ch/shop oder am Vorstellungsabend im Foyer Als sie keinen anderen Ausweg mehr sieht, nimmt Lucia zwar hin, was über sie verfügt wird und willigt in die Hochzeit ein – sie wird aber in des Opernhauses erwerben der Hochzeitsnacht wahnsinnig und bringt ihren Bräutigam Arturo um. Es gibt eine Vorgeschichte, die in der Oper nur am Rande erzählt wird. Daraus geht hervor, dass Edgardo und Lucia sich von früher kennen. Lucia war eines Tages von einem wilden Stier angegriffen worden; Edgardo hat sie damals offenbar beschützt und diesen Stier umgebracht. Natürlich haben wir uns sofort gefragt, wo in Schottland wilde Stiere herkommen – das Hochlandrind gilt ja eher als gutmütig... Das hat uns zu der Frage geführt, was genau in dieser Familie vorgefallen ist, wovor dieses kleine Mädchen Lucia eigentlich beschützt werden musste. Offenbar gibt es in Lucias Kind­ heit ein Trauma. Ein Erlebnis auch, auf das sie und Edgardo immer wieder zurückkommen. Überhaupt spürt man an jeder Stelle, dass hier von einer jüngeren Generation die Rede ist, deren Leben von der Vätergeneration schon

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verbrannt wurde. Lucia, ihr Bruder Enrico und Edgardo tragen die Last dessen, was ihre Vorfahren verschuldet haben, immer noch auf den Schultern. Sie hassen einander und wollen Rache üben für längst Vergangenes. Diese Familiengeschichte, die eingebettet ist in einen grösseren politischen Kontext, ist zeitlos. Das trifft uns ganz direkt. Was erfahren wir über diese Elterngeneration? Wir wissen, dass die Familie Lucias und Enricos, die Ashtons, zunächst vom Bürgerkrieg profitiert haben. Ihnen fielen die Besitztümer der Ravenswoods zu, die offenbar auf der Seite Maria Stuarts gekämpft haben. Edgardo spricht davon, dass er sich der Opposition in Frankreich anschliessen möchte. Nun sind die Ashtons aber ebenfalls im Niedergang. Die Tatsache, dass die Oper in einer Zeit spielt, in der die Beziehung von Vater und Sohn sehr hochgehalten wird, und zwar als innige Freundschaftsbeziehung, findet in dem verzweifelten Versuch Enricos, in die Fussstapfen seines Vaters zu treten, einen Widerhall. Es gibt aus der Renaissance innige Briefwechsel zwischen Vätern und Söhnen, nicht aber zwischen Müttern und Töchtern. Dazu passt, dass Lucias verstorbene Mutter im Roman von Walter Scott als eiskalte, machtbesessene Frau beschrieben wird, die zwar Geld und Titel in die Familie eingebracht hat, aber wenig Liebe oder Interesse für die eigenen Kinder. Was bedeutet Lucias Tod angesichts all dieser Prägungen und Verstrickungen? Lässt sich diesem Tod etwas Positives abgewinnen? Unbedingt. Die Welt, in der Lucia lebt, ist ja nicht auszuhalten. Mit ihrem Tod tritt sie aus der Welt. Und die Oper endet ja nicht nur mit ihrem Tod, Edgardo folgt ihr. Man hat das Gefühl, als würden diese beiden Figuren einen anderen Raum betreten und entscheiden, sich dem ganzen Wahnsinn zu entziehen. Steckt für dich in diesem Stück auch eine Art Utopie? Ich würde gar keine Oper anfangen, wenn ich nicht das Gefühl hätte, da steckt auch ein bisschen Utopie drin!

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Ist Lucia di Lammermoor also mehr als ein Vehikel für Belcanto-Sängerinnen, um ihre Virtuosität unter Beweis zu stellen? Es ist absolut faszinierend, wie man in dieser Oper an jeder Stelle spürt, dass die Koloraturen eben nicht einfach Dekoration und nur schöne Musik sind, sondern Inhalt und Substanz haben. Im Gesang steckt die Möglichkeit, sich in dieser verrückten Welt einen Platz zu schaffen, sich seine Freiheit zu erobern, Widerstand zu leisten, sich als Individuum zu behaupten, mit der Geschichte und dem Schmerz, den man in sich trägt. Lucia erhebt ihre Stimme. In ihrer Wahnsinnsarie schafft sie es, über ihren persönlichen Schmerz hinauszugehen und aufzuzeigen, was in dieser Welt alles nicht gut ist. Es ist wie ein Freilegen von Strukturen. Es gibt ja Chaos-Theorien, die besagen, Chaos sei nur die Überlagerung verschiedener Ordnungen. So ähnlich empfinde ich auch dieses Stück: Es gibt ganz viel, das sich gegenseitig überlagert, immer nur in halben Sätzen auftaucht und nie ganz ausgesprochen wird. Erst in diesem Wahnsinn kurz vor Schluss des Stückes wird alles offengelegt.

Das komplette Programmbuch können Sie auf www.opernhaus.ch/shop Du hast gesagt, die Welt, in der Lucia lebt, ist nicht auszuhalten. Ist sie oder amWahnsinn Vorstellungsabend im Foyer für Lucias mitverantwortlich? Der Wahnsinn steckt in einer Gesellschaft und in einem Land drin, in dem es einen Bürgerkrieg gegeben hat. Das ist etwas völlig anderes, als wenn zwei des Opernhauses erwerben Länder gegeneinander kämpfen. Im eigenen Land können sich plötzlich die Menschen, die früher Nachbarn waren, nicht mehr in die Augen schauen, nicht mehr miteinander reden, plötzlich ist so viel Hass da. Jeder strampelt verzweifelt, um den eigenen Stand zu erhalten, selbst inner­ halb der Familie wird darum gekämpft, wer eigentlich der nächste Boss wird. Und ob Enrico überhaupt geeignet ist, diese Familie in eine rosige Zukunft zu führen? Vielleicht wäre ja Normanno, der offenbar zu brutaleren Methoden fähig ist, das bessere Familienoberhaupt? Und dann holt man einen Bräutigam von ausserhalb, der das grosse Geld bringen soll, aber dieses Land gar nicht versteht. Er kommt dort hin wie ein Fremder, wie ein Tourist. Man empfängt ihn mit offenen Armen, weil man das Geld braucht, aber den Menschen verachtet man im Grunde zutiefst.

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Dazu kommt, dass Lucia kaum je Privatheit zugestanden wird…. Ja, sie steht unter Beobachtung, so wie hier überhaupt jeder jeden bespitzelt. Gleich zu Beginn erleben wir, dass der ganze Herrenchor Enrico erzählt, wie sich Lucia in Edgardo verliebt hat. Das junge Mädchen ist offenbar die ganze Zeit belauscht worden. Ohne ihre Anstandsdame Alisa kann Lucia keinen Schritt machen, und selbst die vermeintliche Vertrauensperson Raimondo stellt sich auf die Seite des Bruders und setzt Lucia mit Argumenten der Religion unter Druck. Das sind Zustände zum Wahnsinnigwerden! Um Lucia herum läuft diese ganze perfekt schnurrende Hochzeitsmaschine, ohne dass sie etwas davon weiss. Gerade noch fordert ihr Bruder Enrico, sie solle ihn durch eine Heirat retten, und plötzlich sind die Gäste schon vor der Tür. Wie bringt ihr diese beengte Welt auf die Bühne? Mit dem Team Klaus Grünberg, Anne Kuhn und Silke Willrett arbeite ich schon sehr lange zusammen. Was ich an Klaus’ Räumen so liebe, ist, dass sie die Fähigkeit haben, ganz real zu sein, aber auch plötzlich abheben und schweben können. Dann werden die Räume zu inneren Räumen, wo Zeit und Raum auf eine verblüffende Art und Weise miteinander verknüpft werden. Unsere Bühne ist wie eine kleine Zauberkiste. Man kann sie zunächst begreifen als eine labyrinthische Architektur, man kann bestimmte Wechsel in dieser Drehbühne aber auch als einen Sprung in der Zeit ver­stehen. Es wird viel aus der Erinnerung heraus erzählt und an einigen wenigen Stellen sogar in die Zukunft gedacht. Wir schauen im Grunde immer in denselben Raum, aber mit leichten Verschiebungen. Wie gesagt: In der Cromwell-Zeit und danach hat sich das Individuum ganz neu entdeckt und definiert. Individualität spielt plötzlich eine ganz andere Rolle. Es ist auch die Zeit, in der das Kabinett sehr wichtig wird und der versteckte Garten, weil das die Orte sind, an denen man seine Indivi­dualität pflegen und sich heimlich begegnen kann. Diese auf den ersten Blick realistischen Räume können also auch ins Surreale kippen… Das ist es doch, was die Oper zu einer ganz besonderen Kunstform macht:

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Oper lässt durch die Musik Zeit ganz anders fliessen. Manchmal passiert in wenigen Minuten und wenigen Takten sehr viel, manchmal ist es aber auch so, dass Musik den Figuren Raum gibt, nach innen zu schauen und an einem Gedanken länger festzuhalten. Das ermöglicht es, etwas über die inneren Zustände der Figuren zu erzählen, vielleicht sogar über eine surreale Szene den inneren Raum einer Figur zu betreten und durch ihre Augen zu blicken oder über die Erinnerung der Figur etwas darüber zu verstehen, was in diesem Moment für sie so schmerzhaft ist. Auch für das Kostüm hat uns diese Art der Offenheit interessiert. Auch wenn wir die Figuren von heute aus denken, fanden wir es wichtig, mit Hilfe des historischen Zitats eine weitere Dimension zu eröffnen.

Das komplette Programmbuch Lucia wird wahnsinnig und ersticht ihren Bräutigam. Sie ist also nicht nur eine psychisch kranke Frau, sondern eine Mörderin. Wie kommt es, können Sie auf dass wir sie trotzdem als Opernheldin so lieben? Ja, Lucia wird zur Täterin, aber auch die anderen Figuren sind sowohl Täter www.opernhaus.ch/shop als auch Opfer. Das macht die Sache so faszinierend und auch so tragisch – niemand kann aus seiner Haut. Enrico, der seiner Schwester das alles antut, oder amhilflosVorstellungsabend imdassFoyer ist genauso und verzweifelt wie sie. Man spürt an vielen Stellen, er eine grosse Liebe und Zärtlichkeit für sie hat und dass er sich auch ein besseres LebenOpernhauses für sie wünschen würde. Donizettierwerben zeigt wunderbar, was für des ein Druck auf Enrico liegt, und dass er der Verantwortung eigentlich nicht wirklich gewachsen ist. Ein japanischer Modedesigner hat mal gesagt, er würde gern mit seiner Mode erreichen, dass die Frauen immer gleichzeitig sehr zerbrechlich und sehr stark wirken. Lucia ist auch beides. Sie ist sehr angreifbar, sehr allein in diesem Leben, sehr zerbrechlich; gleichzeitig hat sie aber auch einen unglaublich starken Willen und eine grosse innere Kraft. In ihrem Wahnsinn steckt auch eine Klarsicht, Hellsicht, eine uralte Weisheit. Die Strukturen bringen Lucia zum Zusammenbrechen, aber gleichzeitig muss auch alles um sie herum zusammenbrechen. Das ist es, was wir an dieser Figur so lieben: Sie gibt sich nicht zufrieden, fügt sich nicht passiv in ein Schicksal, sondern kämpft dagegen an.

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Piotr Beczała, Irina Lungu Spielzeit 2020/21




Irina Lungu, Piotr Beczała Spielzeit 2020/21


Ihm war nun, als sei das Leben so vieler Menschengenerationen nichts als ein einziges endloses Leichenmahl gewesen, zu dem beide Seiten einander abwechselnd aufsuchten. Und jeder band sich, ehe er zu dem Mahl aufbrach, die blutige Maske vors Gesicht. Ismail Kadare


Iain Milne Spielzeit 2020/21


UNHALTBARE ZUSTÄNDE FÜR DIE FRAU Die Kulturwissenschaftlerin Elisabeth Bronfen im Gespräch mit Beate Breidenbach Frau Bronfen, Sie haben vor einiger Zeit ein Buch geschrieben mit dem Titel: «Nur über ihre Leiche»; darin geht es um Weiblichkeit und Tod und wie eng beides in Kunst und Literatur miteinander verbunden ist. In der Oper des 19. Jahrhunderts sind es eigentlich immer die schönen Frauen, die sterben müssen – warum ist das so? Zuerst muss man die Begriffe «schön» und «weiblich» präzisieren. Eine schöne Frau ist nicht normal, sondern bereits näher an etwas Künstlichem – und damit an etwas Totem. Gleichzeitig stellen wir uns den Tod selbst ja als eine Verstümmelung des Körpers vor. Die Leiche wird bald nach dem Tod zerfallen. Es gibt einen Zusammenhang zu den Vanitas-Darstellungen, in denen eine Frau in den Spiegel schaut; der vordere Teil ihres Kopfes ist wunder­ schön, aber am hinteren Teil sieht man bereits die Schlangen, die Würmer und das Ungeziefer. Die weibliche Schönheit verdeckt das Eigentliche des Körpers, nämlich dass er nie perfekt schön ist, sondern immer Makel hat, immer schon versehrt ist, irgendwann alt wird, stirbt und zerfällt. Die schöne Frau ist also das Gegenbild zu allem, was mit dem natürlichen Körper zu tun hat. Warum muss es die Frau sein, die stirbt? Das hat mit einer patriarchalen Kultur zu tun, in der, wie Simone de Beauvoir geschrieben hat, die Norm männlich ist; das macht das Weibliche zum grundsätzlich Anderen. Die Frau kann dabei alles sein – die Verrückte, die Heilige, die Hure, die Verführerin, die Gewalttätige, die besonders Reine und sich selbst Aufopfernde. Sie kann für das Bessere, das Schlechtere, das ganz Erhabene, aber auch das Monströse stehen. Sie wird angebetet, löst Begehren und Fantasien aus. Wenn sie dann stirbt, ergötzt man sich daran, dass dieser

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Frau, die man angebetet hat, etwas Tragisches widerfährt, einem selbst aber nicht. Es geht also in einer überhöhten Form um das, worum es in der Tragödie immer geht – um Mitleid, Erstaunen, Entsetzen. Im Moment des Todes ist die Oper zuende. Nach der letzten grossartigen Arie springt die weibliche Hauptfigur vom Turm, oder hustet und stösst ihren letzten Seufzer aus, oder sie wird von ihrem Mann umgebracht. Im Moment des Todes hat der Körper etwas unglaublich Friedliches, fast Verzücktes. All diese Dinge kommen zusammen, wenn es eine schöne Frau ist, die stirbt – Ekstase lässt sich so am besten auf einen Begriff oder besser eine Verkörperung bringen. Frauen haben ja im 19. Jahrhundert eine sehr begrenzte gesellschaftliche Funktion; wie würden Sie die Rolle der Frau in dieser Zeit beschreiben? Frauen sind im 19. Jahrhundert keine wirklich eigenständigen Figuren. Es gilt noch das Mündelgesetz, und erst im Laufe des 19. Jahrhunderts bekommen Frauen langsam das Wahlrecht, das Recht, Geld zu besitzen, sich scheiden zu lassen. Sie sind im 19. Jahrhundert noch immer die, über die verfügt wird, sie werden als Besitz wahrgenommen, jede Eigenständigkeit wird ihnen abgesprochen. Deswegen ist es so bezeichnend, dass die Frauen in der Oper im Moment ihrer Todesarien die Bühne beherrschen. Im Augenblick des Sterbens haben sie zum ersten, aber auch zum letzten Mal die Möglichkeit, sich zu entfalten.

Das komplette Programmbuch können Sie auf www.opernhaus.ch/shop oder am Vorstellungsabend im Foyer des Opernhauses erwerben Nun ist es so, dass in Lucia di Lammermoor nicht nur die Titelfigur stirbt, sondern anschliessend auch Edgardo, ihr Geliebter; allerdings steht Lucia klar im Zentrum, nicht zuletzt wegen der berühmten Wahnsinnsszene. Ihren Tod erleben wir auf der Bühne gar nicht, wohl aber ihren Wahnsinn. Wahnsinn wird im Laufe des 19. Jahrhunderts zu einer spezifisch weiblichen Krankheit, genau wie die Hysterie. Man hat zwar melancholische Männer, die sich den Erwartungen der Gesellschaft verweigern – aber nicht auf der Bühne. Da gibt es den Intriganten, den Schurken, den Bösewicht. Das sind alles sehr aktive Rollen, währen den Frauen meist passive Rollen zugeordnet werden. Die Vorläuferin für die wahnsinnige Lucia di Lammermoor ist

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Shakespeares Ophelia. Walter Scott war extrem beeinflusst von Shakespeare. Man kann hier wirklich vom Ver-rückten sprechen, das der Norm entrückt ist. Weiblicher Wahnsinn wird im Lauf des 19. Jahrhunderts zu einer Form des Sprechens, das nicht das normale Sprechen ist, aber den Frauen – zum Beispiel Ophelia – erlaubt, etwas zu sagen, was sie normalerweise nicht sagen können. Als Verrückte können die Frauen beispielsweise ausdrücken, wie sehr sie das Objekt im Handel verschiedener Parteien gewesen sind, wie sehr sie ihr ganzes Leben lang manipuliert wurden. Doch das ist auch absolut selbstzerstörerisch. Das Verrückte wird im 19. Jahrhundert radikal abgetrennt vom Nor­malen so wie das Weibliche vom Männlichen und der Tod vom Leben. Das ist ja auch die Zeit, in der man die Friedhöfe, die Leichenhäuser und die Irrenanstalten an den Rand der Stadt ausgelagert hat... ...um dann dorthin zu pilgern und die Verrückten zu bestaunen wie Tiere im Zoo... Man hat die Irren angeguckt, aber auch eine Südafrikanerin wie Sarah Baart­ man als «Hottentot Venus» ausgestellt und eben auch Leichen im Leichenhaus. Alles, was nicht der Norm entsprach, wurde ausgelagert und exotisiert. Wer definiert denn, was von der Norm abweicht? In der Medizingeschichte wurden häufig Menschen für verrückt erklärt, die wir heute keineswegs für verrückt halten würden – weil man sie loswerden wollte, oder weil man ungehorsame Frauen bändigen wollte. Als verrückt konnte auch eine andere Art des Lebens gelten, eine andere Art des Seins, des Sich-Artikulierens. In diesem Umgang mit dem sogenannten Verrückten zeigt sich, wie viel verdrängt werden musste, damit diese Kultur aufrechterhalten werden konnte. Das hat mit der Aufklärung zu tun: Alles, was nicht aufge­ klärt werden kann, muss verdrängt werden. Was nicht vernünftig sein will, ist verrückt. Jegliches Aufbegehren ist verrückt. Daher kommt übrigens auch die grosse Liebe der Surrealisten zu den Verrückten; sie haben in der Rede des Verrückten nicht nur das Unbewusste und das Aufbrechen der normalen Sprache gesehen, sondern auch eine politische Geste, ein Auflehnen gegen Normen. Das Weibliche als das nicht normative Männliche, das nicht Weisse,

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das nicht Bürgerliche, ist das Andere schlechthin; in der exotischen oder verrückten Frau wird das noch mal verstärkt. Um die Wahnsinnsarie der Lucia singen zu können, muss die Sängerin in der Lage sein, äusserste Kontrolle über ihre Stimme und ihren Körper auszuüben; diese Selbstkontrolle ist in gewisser Weise das Gegenteil dessen, was damit zum Ausdruck gebracht werden soll... Ja, darin steckt eine wunderbare Ironie. Diese virtuosen Koloraturen kann man nur singen, weil man einen unglaublich trainierten Körper hat, weil man die Noten ganz genau kennt, weil man lange studiert hat; man muss eine hohe technische Perfektion erreicht haben. Alles Dinge, die tatsächlich das Gegenteil dessen bedeuten, was man mit Verrücktheit assoziiert – alles loslassen, unbewusst sein. Im Singen des Verrückten oder im Singen des Todes ereignet sich diese grosse musikalische Sternstunde... das hat fast schon etwas Beängstigendes! So sind normale Frauen nicht. So können normale Frauen nicht singen. Eine solche Frau will man nicht in der Küche oder abends im Bett haben, sondern nur auf der Bühne. Diese Auslagerung auf die Bühne ist auch ein Ausstellen, es ist stark ritualisiert. Da könnte man durchaus eine Nähe der Opernbühne sehen zum Besuch der Leichenhäuser und Irrenanstalten.

Das komplette Programmbuch können Sie auf www.opernhaus.ch/shop oder am Vorstellungsabend im Foyer des Opernhauses erwerben Lucia wird ja nicht nur wahnsinnig, sondern zur Mörderin ihres Bräutigams, und zwar ausgerechnet in der Hochzeitsnacht. Die Entjungferung der Frau in der Hochzeitsnacht ist ein Gewaltakt. Wenn die Braut nun in der Hochzeitsnacht ihren Bräutigam erdolcht, statt sich diesem Gewaltakt auszuliefern, ist das auch eine Art der Penetration. In Shakespeares Othello wird die Hochzeitsnacht dreimal verschoben, und in der dritten Nacht tötet Othello seine Braut. Diese Tötung in der Hoch­ zeitsnacht – wenn also Erotik in Mord umgewandelt wird – ist eine besonders starke Aussage darüber, was an dieser Eheschliessung nicht geht. Lucias Mord an ihrem Bräutigam ist ein Racheakt, ein Akt der Verzweiflung. Und es ist eine Umkehrung dessen, was eigentlich die Rolle der Braut wäre: Normalerweise würde sie in der Hochzeitsnacht nicht nur ihrer Jungfernhaut

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beraubt, sondern auch ihres früheren Daseins – im 19. Jahrhundert eine klare Entmächtigungsgeschichte. Die dreht sie nun um. Das ist zugleich Lucias einzige Möglichkeit, sich aus der für sie ausweglosen Situation zu befreien – auch wenn es bedeutet, wahnsinnig zu werden und schliesslich sterben zu müssen. Auch das wird in die schönen toten Frauen auf der Opernbühne hineinge­ tragen – sie werden einerseits geopfert oder sind Objekte im Tausch zwischen anderen Figuren; andererseits gibt es aber auch solche Befreiungsgesten, was ich sehr faszinierend finde. In der Philosophie des 19. Jahrhunderts gibt es ja den Gedanken, dass der höchste Akt der Freiheit darin besteht, das, was den Menschen ausmacht, nämlich seine Sterblichkeit, selbst in die Hand zu nehmen, indem man Hand an sich anlegt oder jemand anderen tötet und damit auch ein Verbot überschreitet. Lucia befreit sich aus der absurden Familiensituation, in die man sie hineingetrieben hat, aber sie befreit sich auch ganz grundsätzlich. Sie macht einfach nicht mehr mit. Dass sie wahnsinnig wird, ist die logische Konsequenz des Mordes. Wie voyeuristisch ist diese erotisierende Zurschaustellung der wahn­ sinnigen Frau? Oper ist grundsätzlich voyeuristisch, und diese Oper ist es ganz besonders. Man darf da so vieles geniessen! Oper ist – noch stärker als Sprechtheater und Kino – für jeden sichtbar Schein und Illusion. Meistens gehört eine prunk­ volle Ausstattung dazu, das Orchester, der Gesang. Zwischen dem Gesang, der einfach nur wunderschön ist, und dem Wahnsinn, dem Tod, der ver­ handelt wird, besteht eine grosse Diskrepanz. Das alles hat eine hohe Künst­ lichkeit, hat also mit der Realität nicht viel zu tun. Trotzdem erlaubt uns Oper, wenn sie gut und überzeugend gemacht ist, uns in Dinge hineinzu­ denken, die wir weder selbst erleben können noch wollen. Man kann sich für die Dauer der Wahnsinnsarie empathisch in eine Verrückte hineindenken, in ihre Verzweiflung, ihre Rage, ihre Wut, in den Moment, in dem sie das Messer zückt und ihren Bräutigam ersticht. Wenn man weiss, mir kann nichts pas­sieren, hat all der Exzess einen erhöhten Genusswert, eine Art Seltenheits­

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wert, Andersartigkeitswert. Auch in der Literatur soll ja der andere sterben, damit ich weiss, der Tod ist für den anderen, nicht für mich. Der Wahnsinn ist für die andere, nicht für mich. Das ist der Pakt mit dem Publikum, der ja auch für jeden offensichtlich ist. Also handelt es sich im Grunde um eine doppelte ökonomische Aus­ beutung dieser Lucia – zum einen wird sie von ihrem Bruder ver­ schachert, um der Familie wieder zu Geld und Ansehen zu verhelfen; zum anderen wird der Wahnsinn dieser Opernfigur benutzt, um die grösstmögliche Wirkung zu erzielen und der Oper zu Erfolg zu verhelfen. Je mehr Koloraturen, je besser die Musikerinnen und Sänger sind, je über­ zeugender die Darbietung, desto besser geht es diesem spezifischen Stück und dem Medium Oper. Die Wirksamkeit dieser Kunstform, die im 19. Jahr­ hundert ihren Höhepunkt erlebt, wird genau daran gemessen. In gewisser Weise steht hier die weibliche Hauptfigur des Stücks für die Oper selbst.

Das komplette Programmbuch können Sie auf www.opernhaus.ch/shop Soll man Opern mit einem solchen Frauenbild Ihrer Meinung nach heute oder Vorstellungsabend im Foyer nocham aufführen? Natürlich könnte man sagen: Das ist ja furchtbar misogyn, wir wollen jetzt nur des noch Opern, in denen Frauen überleben und glücklich werden. Aber Opernhauses erwerben ich denke, man kann an dieser Oper auch zeigen, was an einer politischen und gesellschaftlichen Situation schief gegangen ist, wie stark mit Verblendung und Wegschauen operiert wurde, so dass es Wahnsinn und Mord braucht, damit überhaupt jemand hinschaut. Denn bis zu diesem Punkt hat niemand auf diese Frau geschaut. Denken wir nochmal an Hamlet und die Wahn­ sinnsszene der Ophelia, die in einem sehr kurzen Moment alle zwingt, auf sie zu schauen – bis dahin haben alle sie benutzt für ihr eigenes Spiel. Sie zeigt: Das ist, was hier alles schief geht! Walter Scott ist ein Autor der Romantik, und seine Texte haben durchaus etwas mit dem Aufbegehren des 19. Jahr­ hunderts zu tun. Es ist daher absolut legitim, Lucias Wahnsinn als ein Aufbegehren gegen die unhaltbaren Zustände für die Frau zu lesen. Und in einer solchen Lesart sollte man diese Oper unbedingt aufführen.

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Irina Lungu, Massimo Cavalletti Spielzeit 2020/21


Wer über gewisse Dinge seinen Verstand nicht verlieret, der hat keinen zu verlieren. Gotthold Ephraim Lessing, Emilia Galotti


Irina Lungu, Massimo Cavalletti Spielzeit 2020/21



Oleg Tsibulko, Irina Lungu, Roswitha Christina Müller, Iain Milne, Massimo Cavalletti, Statisten Spielzeit 2020/21



DAS EHEBETT – DIE ARENA DER WIRKLICHKEIT Simone de Beauvoir

Das Schicksal, das die Gesellschaft herkömmlicherweise für die Frau bereithält, ist die Ehe. Die Ehe bietet sich dem Mann und der Frau stets verschieden dar. Die beiden Geschlechter sind aufeinander angewiesen, aber diese Notwendigkeit hat nie zwischen ihnen zur Gegenseitigkeit geführt. Sozial gesehen ist der Mann ein autonomes und komplettes Individuum. Er wird vor allem als ein produk­ tives Wesen angesehen, und sein Dasein rechtfertigt sich durch die Arbeit, die er der Gesamtheit liefert. Das junge Mädchen erscheint völlig passiv. Sie wird von ihren Eltern verheiratet, zur Ehe gegeben. Die jungen Männer verheiraten sich, sie nehmen eine Frau. Sie suchen in der Ehe eine Erweiterung, eine Be­ stätigung ihrer Existenz. Die Frau verliert einen Teil ihrer Rechte, die das Gesetz der Unverheirateten zuerkennt. Das römische Recht gab die Frau in die Hand des Gatten «loco filiae» (an Tochter statt). Zu Anfang des 20. Jahrhunderts erklärte Bonald, die Frau sei ihrem Mann das, was das Kind für die Mutter ist. Bis zum Gesetz von 1942 verlangte das französische Gesetzbuch von ihr den Gehorsam gegenüber ihrem Gatten. Wenn das junge Mädchen die Ehe auch wünscht, fürchtet sie diese doch auch. Sie fordert von ihr schwere Opfer. Insbesondere bedeutet sie einen viel schärferen Bruch mit der Vergangenheit. Junge Mädchen sehen dem Verlassen des Vaterhauses oft angstvoll entgegen: Wenn das Ereignis näher rückt, über­ steigert sich diese Angst. In diesem Augenblick entstehen vielfach Neurosen. Manchmal flüchtet sich das Mädchen in eine langwierige Krankheit, um ihn nicht zu heiraten. Manchmal rührt die Angst vor der Ehe auch daher, dass das junge Mädchen vorher erotische Erlebnisse hatte, die ihr ihren Stempel aufge­ drückt haben. Insbesondere kann sie befürchten, dass der Verlust ihrer Jungfern­ schaft entdeckt wird.

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In vielen Kreisen wird die Jungfernschaft so hoch eingeschätzt, dass ihr Verlust ausserhalb der legitimen Ehe als ein wirkliches Unglück angesehen wird. Das junge Mädchen, das sich zur Hingabe verleiten oder überraschen lässt, meint, es entehre sich. Die «Hochzeitsnacht», welche die Jungfrau einem Mann aus­ liefert, den sie sich gewöhnlich nicht ausgewählt hat und der die Unterweisung für sich in Anspruch nehmen will, ist auch nicht gerade eine leichte Probe. Ganz allgemein ist jeder «Übergang» beängstigend wegen seines endgültigen, unab­ änderlichen Charakters. Frau werden heisst mit seiner Vergangenheit unwider­ ruflich brechen. Aber hier ist dieser Übergang dramatischer als jeder andere. Er schafft nicht nur eine Lücke zwischen gestern und morgen. Er entreisst das junge Mädchen einer imaginären Welt, in der sich ein wesentlicher Teil ihrer Existenz abspielte, und schleudert sie in die reale Welt. In Analogie mit dem Stierkampf nennt Michel Leiris das Ehebett eine «Arena der Wirklichkeit». Für die Jungfrau erhält dieser Ausdruck seinen vollen und furchtbarsten Sinn. Wäh­ rend der Zeit ihrer Verlobung, des Flirts, des Umworbenwerdens, mag diese noch so rudimentär gewesen sein, hat sie in ihrer gewohnten Welt der Träume und der feierlichen Förmlichkeit gelebt. Der Verlobte sprach noch eine roman­ tische oder zumindest höfliche Sprache. Es war noch möglich zu flunkern. Und nun wird sie plötzlich von wirklichen Augen betrachtet, von wirklichen Händen gepackt: Die unerbittliche Wirklichkeit dieser Blicke, dieser Umarmung entsetzt sie.

Das komplette Programmbuch können Sie auf www.opernhaus.ch/shop oder am Vorstellungsabend im Foyer des Opernhauses erwerben

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DIE UNAUFHÖRLICHE VERFOLGUNG DER MUTTER Walter Scott

Luciens Seele jedoch war stark, und obwohl unberaten und sich selbst überlassen, hätte sie Vieles ertragen können, sie hätte ertragen können die Klagen ihres Vaters, sein Murren gegen das, was er die Tyrannei der herrschenden Partei nannte, seine unaufhörlichen Vorwürfe über Ravenswoods Undank, seine end­ losen Vorlesungen über die Mittel, wodurch Verträge aufgehoben und vernich­ tet werden, seine Anführungen aus dem bürgerlichen, gemeinen und kirchlichen Recht und seine Vorlesungen über die patria potestas. Auch hätte sie mit Geduld ertragen oder mit Verachtung zurückweisen können die bitteren Reden und heftigen Ausbrüche ihres Bruders, des Colonels Douglas Ashton und die ungebührliche und zudringliche Einmischung von ändern Freunden und Verwandten. Aber es ging über ihr Vermögen, der unaufhörlichen Verfolgung ihrer Mutter zu widerstehen, oder sich derselben zu entziehen, denn Lady Ashton hatte mit Hintansetzung jedes anderen Wunsches die ganze Kraft ihres starken Gemütes aufgeboten, die Verbindung ihrer Tochter mit Ravenswood zu zer­ reissen, und eine ewige Scheidewand zwischen den Liebenden zu errichten, in­dem sie Lucie mit Bucklaw vermählte. Da sie eine weit tiefere Kenntnis des menschlichen Herzens hatte, als ihr Gemahl, so wusste sie, dass sie auf diese Art einen schweren und entscheidenden Schlag gegen den führen würde, den sie als ihren Todfeind ansah, und sie zögerte nicht, ihren Arm zu erheben, wiewohl sie wusste, dass die Wunde von dem Herzen ihrer Tochter geteilt werden würde. Mit diesem festen und ernsten Vorsatz drang sie in jede Falte der Seele ihrer Tochter; sie nahm abwechselnd jede Maske an, die ihr zum Zweck dienlich schien, und bereitete nach Lust die Werkzeuge, durch welche das Gemüt von seinem gefassten Vorsatze abgezogen werden kann.

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Die Familie Ashton überlebte nicht lange die von Ravenswood. Sir William Ashton überlebte seinen ältesten Sohn, den Colonel, der in Flandern in einem Zweikampf fiel, und Heinrich, der ihn beerbte, starb unverheiratet. Lady Ashton wurde sehr alt, und überlebte allein alle die unglücklichen Personen, die ihr Missgeschick ihrer Unversöhnlichkeit verdankten. Dass sie innerlich Reue ge­ fühlt und sich mit dem Himmel, den sie beleidigt hatte, versöhnt haben mag, wir können und wollen es nicht leugnen, doch die Personen ihrer Umgebung bemerkten nicht das geringste Zeichen weder von Reue noch Gewissensbissen. Allem äusseren Anschein nach bewahrte sie den nämlichen kühnen, stolzen, un­­bändigen Charakter, den sie vor diesen unglücklichen Ereignissen gezeigt hatte. Ein prächtiges Marmordenkmal zeigt ihren Namen, Titel und ihre Tugen­ den an, während ihre Opfer unbezeichnet liegen von Grabmal und Epitaph.

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Irina Lungu, Statisten Spielzeit 2020/21



ERINNERUNGEN, DIE LEIB UND LEBEN NICHT AUSHALTEN KÖNNEN Walter Scott

Der Colonel Ashton, an der Türe des Gemaches angekommen, erhielt auf sein Klopfen und Rufen keine Antwort als ein gedämpftes Stöhnen. Er zögerte nicht länger, die Türe zu öffnen, er wurde aber hierin von etwas gehindert, das wider die Türe lag. Als es ihm gelungen war aufzutun, fand er den Bräutigam an der Schwelle ausgestreckt liegen, und um ihn herum Alles im Blute schwimmen. Ein Schrei des Entsetzens entfuhr allen Anwesenden, und die Ballgäste, von neuem Schrecken ergriffen, stürzten durcheinander dem Schlafgemache zu. Colonel Ashton flüsterte seiner Mutter zu: «Sucht nach ihr – sie hat ihn ermor­ det!», zog sein Schwert, stellte sich vor den Eingang, und erklärte, «dass er Niemanden zulassen würde, als den Geistlichen und einen anwesenden Arzt». Während dieser Zeit suchten Lady Ashton, ihr Gemahl und ihre Begleiter Lucie in dem Brautbette und dem Gemache vergeblich. Es war keine geheime Türe dem Zimmer, und sie begannen zu vermuten, dass sie sich aus dem Fens­ ter gestürzt haben müsste, als einer der Begleiter, der seine Kerze niedriger hielt als die Übrigen, etwas Weisses in der Ecke des altmodischen Kamins entdeckte. Hier fanden sie das unglückliche Mädchen, halb sitzend, halb liegend mit aufge­ löstem Haar, ihr Nachtkleid zerrissen und blutbefleckt, mit gläsernen Augen und die Züge von wildem Wahnsinn verzogen. Als sie sich entdeckt sah, schnat­ terte sie, schnitt Gesichter und deutete auf sie mit ihren blutigen Fingern mit der Haltung einer frohlockenden Besessenen. Schnell wurde weibliche Hilfe aufgeboten, die unglückliche Braut wurde nicht ohne Anwendung von Gewalt überwältigt. Als man sie über die Schwelle brachte, blickte sie zu Boden und äusserte die ersten verständigen Worte, die sie bis jetzt gesprochen hatte, indem sie mit einem grinsenden Frohlocken

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sagte: «So, ihr habt euren hübschen Bräutigam aufgehoben?» Sie wurde von ihrer schaudernden Umgebung nach einem anderen, entlegeneren Zimmer gebracht, wo man ihr die Hilfe reichte, die ihr Zustand heischte, und sie eng be­wachte. Die Pein ihrer Eltern, das Entsetzen und die Verwirrung Aller, die auf dem Schlosse waren, die wütenden Vorwürfe zwischen den Freunden der beiden Parteien übertrafen alle Beschreibungen. Der Wundarzt war der erste, den man mit einiger Geduld anhörte; er er­ klärte, dass die Wunde Bucklaws, obwohl schwer und gefährlich, keineswegs tödlich sei. Dies beschwichtigte Bucklaws zahlreiche Freunde. Die nächsten Sorgen des Arztes wurden der Miss Ashton geschenkt, die, wie er erklärte, in einem sehr gefährlichen Zustande sei. Anderweitiger ärztlicher Beistand wurde alsbald herbeigerufen. Die ganze Nacht verblieb sie im Wahn­ sinn. Am Morgen verfiel sie in einen ganz bewusstlosen Zustand. Den nächsten Abend, sagten die Ärzte, würde die Krisis der Krankheit eintreten. So war es: denn obgleich sie aus ihrer Erstarrung mit einem Anschein von Ruhe erwachte, und es zuliess, dass man ihre Nachtkleider wechselte und in Ordnung brachte, so schien doch, sobald sie ihre Hand zum Halse brachte, als wenn sie das un­ selige blaue Band suchte, ein Strahl der Erinnerung sie auf einmal zu erhellen, den Seele und Leib nicht aushalten konnten. Zuckungen folgten auf Zuckun­ gen, bis der Tod sich einstellte, ohne dass sie fähig gewesen wäre, ein erklären­ des Wort über den schrecklichen Auftritt zu äussern.

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Statisten Spielzeit 2020/21



SO SCHÖN IST DIE WELT, WENN MAN FLIEGEN KANN Arthur Schnitzler

«Else, Else!» – So reit’ mir doch nicht davon. Du kannst mich doch nicht hören, wenn du so schnell durch die Hauptallee reitest. Du sollst mich ja retten. Ich habe Veronalica genommen. Das läuft mir über die Beine, rechts und links, wie Ameisen. Ja, fang’ ihn nur, den Herrn von Dorsday. Da springt er über den Teich. Er hat ja den Papa umgebracht. So lauf ihm doch nach. Ich laufe mit. Sie haben mir die Bahre auf den Rücken geschnallt, aber ich laufe mit. Meine Brüste zittern so. Aber ich laufe mit. Wo bist du denn, Paul? Fred, wo bist du? Mama, wo bist Du? Cissy? Warum lasst Ihr mich denn allein durch die Wüste laufen? Ich habe ja Angst so allein. Ich werde lieber fliegen. Ich habe ja gewusst, dass ich fliegen kann. «Else!»… «Else!»… Wo seid Ihr denn? Ich höre Euch, aber ich sehe Euch nicht. «Else!»… «Else!»… «Else!»… Was ist denn das? Ein ganzer Chor? Und Orgel auch? Ich singe mit. Was ist es denn für ein Lied? Alle singen mit. Die Wälder auch und die Berge und die Sterne. Nie habe ich etwas so Schönes gehört. Noch nie habe ich eine so helle Nacht gesehen. Gib mir die Hand, Papa. Wir fliegen zusammen. So schön ist die Welt, wenn man fliegen kann. «Else! Else!» Sie rufen von so weit! Was wollt Ihr denn? Nicht wecken. Ich schlafe ja so gut. Morgen früh. Ich träume und fliege. Ich fliege… fliege… fliege… schlafe und träume… und fliege… nicht wecken… morgen früh… «El…» Ich fliege… ich träume… ich schlafe… ich träu… träu – ich flie…

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Irina Lungu, Statisten Spielzeit 2020/21


EINE FALLSTUDIE IN TÖNEN In Lucias Wahnsinnsszene entspricht das Zerfallen der musikalischen Form dem Zerfallen ihrer Identität Uwe Schweikert

Die Partie der Lucia gehört zu den grössten Herausforderungen im Reich des Gesangs. Donizetti verlangt von seiner Protagonistin eine vokale Hochseil­ akrobatik, die dennoch nicht Selbstzweck ist, sondern stets dem Ausdruck der drama­tischen Situation dient. Mit oftmals wenigen Gesten macht seine Musik hör­bar, was die Figur unsichtbar bewegt. Das lässt sich gleich an Lucias Auftritts­ arie («Regnava nel silenzio») exemplifizieren, in der der Komponist seine Hel­ din mit einer teils schwärmerisch-entrückten, teils exaltierten Empfindsamkeit porträtiert und so die beiden kontrastierenden Teile der traditionellen Doppel­ arie auch emotional beglaubigt. Lucia verkörpert auf exemplarische Weise den Typus der romantischen Heroine, die von einem widrigen Schicksal in den Wahnsinn getrieben wird. Die Musik präsentiert sie uns von ihrem ersten Auftreten an als eine gefährdete, ja gehemmte Persönlichkeit, die alle ihre Empfindungen und Ängste nach innen ab­leitet. Sie ist Spielball in einer von männlicher Anmassung und Gewalt be­ herrschten Welt, die selbst ein so elementares Verlangen wie die Liebe pervertiert und den Frauen nur die Wahl zwischen Unterwerfung oder Untergang zubilligt. Der Wahnsinn, den die romantische Oper in die betörendste Musik hüllte, war dabei nur die Kehrseite der Hysterie, jener weiblichen Krankheit einer körperlich-­ seelischen Verweigerung, wie sie am Ende des Jahrhunderts Charcot und Freud diagnostizieren und die Dichter des Fin de siècle – etwa Maurice Maeterlinck in Pelléas et Mélisande oder Hugo von Hofmannsthal in Elektra – poetisieren werden. Donizetti kommt in dieser bis zu Verdis Otello und noch darüber hinaus reichenden musikalischen Verklärung des Frauenopfers eine entscheidende

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Wende zu. Im Zentrum fast aller seiner tragischen Opern steht ein bizarr-ver­ worre­nes Geschehen, das die Leidenschaften des Herzens auf dem Altar der Gesellschaft opfert: Stoffe, die die Emotionen wie die Nerven der Zuschauer kitzeln. Auf seine Vorliebe für das Hohelied der unglücklichen Liebe deutet auch eine Äus­serung in einem Brief an den Impresario Giuseppe Consul: «Ich brauche Liebe, zerstörerisch-heftige Liebe, denn ohne sie müssen die Figuren kalt bleiben.» Mit der 1835 in Neapel überaus erfolgreich uraufgeführten, ja begeistert akkla­mierten Lucia di Lammermoor jedenfalls scheint Donizetti den Nerv der Zeit getroffen zu haben. Als Verdi im Sommer 1847 für Neapel einen tragischen Stoff vorschlug, der aber unblutig enden sollte, schrieb ihm der Theatersekretär Vincenzo Flauto im Auftrag des dortigen Hauslibrettisten Cam­ marano warnend: «Was das Publikum wünscht, sind Katastrophen, Personen, die tot sind, sterben und weinen, und nicht Personen, die glücklich sind.» Lucias Wahnsinnsszene ist das Herzstück der Oper. Donizetti hat mit dem Blendwerk ihrer Fiorituren in der Tat vokalzirzensisches Futter für Stimmakro­ batinnen geliefert und doch weit mehr als nur Primadonnenmusik geschrieben. Er führt – so Norbert Miller – «die zu abenteuerlichen Schwierigkeiten erhobe­ ne Koloraturtechnik bis an den Punkt, an dem das Zerfallen der Melodie und das Zerfallen der Identität Lucias ein und dasselbe werden.» Dieser Vorgang spiegelt sich auch in der Form wider, die Donizetti gewissermassen in der Deh­ nung erfüllt, mit der er die Vorgabe überschreitet und ihr gerade dadurch dramatischen Ausdruck und musikalische Bedeutung zuspricht. Die Standard­ form der Doppelarie, wie sie der junge Rossini im Jahrzehnt nach 1810 ver­ bindlich gemacht hatte, bestand aus einer kurzen instrumentalen Einleitung, die über ein deklamatorisches Rezitativ – die Scena – ins lyrische Cantabile führt. Dieses schliesst mit einer improvisierten Kadenz, in der die Solisten ihre Kehl­ kopffertigkeit, aber auch ihren Geschmack demonstrieren sollen. Das Tempo di mezzo, eine Art Brückenpassage, greift die Handlung – oft in Gestalt eines Entschlusses, jedenfalls einer demonstrativen szenischen Geste – wieder auf, ehe die bewegtere Cabaletta die Nummer abschliesst. Diese Cabaletta besteht aus zwei in der Regel identischen Strophen, die wiederholt werden. Ähnlich wie bei der barocken Da-capo-Arie war die ausgiebige Verzierung der Wiederholung bis in die 1850er-Jahre ein ungeschriebenes Gesetz. Erst Verdi hat seit dem 1859

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uraufgeführten Ballo in maschera auch in den Sopranarien alle Kadenzen aus­ ge­schrieben und die «vermaledeiten Cabaletten» schliesslich ganz abgeschafft. Donizetti hat in der Wahnsinnsszene die Abschnitte der Standardform so mit dem Wechsel im Gemütszustand der Heldin verzahnt, dass die einzelnen Teile gegeneinander instabil werden. Der Canto declamato der Scena wie der Brücken­passage besteht aus einer Kette von Ariosi, die sich aller vokalen Aus­ drucks­­formen vom eigentlichen Rezitativ bis zur durchgebildeten Melodie be­ dienen. Die emotionalen Brüche, die Lucia durchlebt – die lastende Vorahnung, die Erinnerung der Brunnenszene und des Duetts mit Edgardo, den sie jetzt mit der Erscheinung der ermordeten Frau identifiziert, die Vertauschung von Arturo und Edgardo in der halluzinatorisch rekapitulierten Hochzeits­szene; die von Donizettis Musik deutlich akzentuierten Angsteinbrüche, die visionäre, tanzartige Entrückung in der Cabaletta («Spargi d’amaro pianto»); schliesslich der endgültige körperliche Zusammenbruch – summieren sich dergestalt zu einer Fallstudie in Tönen. In diese musikalische Seelenanalyse fügt sich auch die exzessive Kadenz ein, in der Singstimme und Glasharmonika miteinander wett­ eifern. Sie fehlt in der handschriftlichen Partitur und ist in dieser Form wohl erst nach Donizettis Tod von der Sopranistin Teresa Brambilla, die 1851 in der Ur­aufführung des Rigoletto die Gilda sang, komponiert und interpoliert wor­ den. Donizetti musste die nur durch eine einfache Arpeggio-Figur angedeutete Kadenz am Ende des Cantabile-Teils nicht ausschreiben, weil er selbstverständ­ lich damit rechnen durfte, dass die Primadonnen seiner Zeit – allen voran Fanny Tacchinardi-Persiani, die erste Lucia – in jeder Aufführung eine andere Kadenz improvisieren würden. Mit der Wahnsinnsarie der Lucia ist es Donizetti gelungen, unter den Voraussetzungen des italienischen Melodramma eine geschlossene musikalischdramatische Form «von innen heraus» (Carl Dahlhaus) zu begründen. Dies war ein entscheidender Schritt auf dem Weg zum Drama aus dem Geist und mit den Mitteln der Musik, den Verdi in den beiden folgenden Jahrzehnten von der Nacht­wandelszene der Lady Macbeth über die «Caro nome»-Arie der Gilda bis zu Amelias grosser Arie unter dem Galgen im zweiten Akt des Maskenball gehen sollte.

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DIE UNBEFLECKTE MÖRDERIN Ulrich Schreiber

Wenngleich Lucias Wahnsinnsszene allzu oft als schiere Bravour-Nummer miss­ braucht worden ist und im Durchschimmern der tradierten zweiteiligen Anlage von Kavatine und Kabaletta den behaupteten Wahnsinn einer Planstruktur an­ nähert, ist Donizetti hier doch in scheinbarer Mühelosigkeit das zukunftsweisen­ de Kunststück gelungen, eine Solonummer mit ihren wenigen Einwürfen der Aussenstehenden zu jener grossen Form zu gestalten, in der sich Monumen­tali­ tät des Umrisses und Differenzierung des inneren Zusammenhangs durchdrin­ gen und wechselseitig stützen. In der Grossform haben wir es zu tun mit einer durch ein Rezitativ eingeleiteten Kavatine. Auf dieses Larghetto, das «Primo tempo», folgt die Kabaletta als Moderato im Dreivierteltakt. Die beide Teile verbindenden rezitativischen Partien sind wie die vor der Kavatine nicht mehr vergleichbar mit dem Rezitativ. Donizetti hat hier Bellinis Methode, die diskurs­ haften Verbindungspartikel zu einem auch ausdrucksmässig voll entwickelten Arioso aufzuwerten, übernommen und weitergeführt. Diese durch Erinne­ rungsmotive verzahnte Anlage der Grossform verliert auch dadurch nichts an dramaturgischer Bündigkeit, dass die im Grundtempo ähnlich gemessenen Hauptteile der Szene, Larghetto und Moderato, im wiegenden, ja walzernden Sechsachtel- bzw. Dreivierteltakt erklingen. Was puristischen Ohren – schon hellhörige Zeitgenossen haben das moniert – als unangemessen beschwingter Stoff für geläufige Primadonnen-Gurgeln erscheinen mag, bindet sich durch die stringente Formgestaltung im Sinn der romantischen Oper zurück in die mittel­ alterliche Tradition der im Tanz sich ausdrückenden Besessenheit (etwa im so genannten Veitstanz). Das wiegende Metrum wird zum Vehikel eines Abhebens von der Normalität: musikalischer Beitrag zum szenisch-ideologischen Paradox der unbefleckten Mörderin.

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Irina Lungu, Andrew Owens Spielzeit 2020/21



Massimo Cavalletti, Irina Lungu Spielzeit 2020/21


Schliesslich der letzte Typ des Wahnsinns: der der verzweifelten Leidenschaft. Die in ihrem Exzess enttäuschte Liebe hat keinen anderen Ausweg als den Wahnsinn. Solange er ein Objekt hat, ist der Liebeswahn mehr Liebe als Wahnsinn; sich selbst überlassen, setzt er sich in der Leere des Deliriums fort. Ist dies die Bestrafung einer zu sehr sich ihrer Heftigkeit hingebenden Leidenschaft? Zweifellos, aber diese Bestrafung ist zugleich eine Milderung. Wenn sie zum Tode führt, so ist dies ein Tod, in dem die sich Liebenden nie wieder getrennt sein werden. Michael Foucault


INNERE EKSTASE: EDGARDOS TOD Uwe Schweikert

Mit der Wahnsinnsszene hat Donizetti zugleich eine andere eherne Konvention der Tradition unterlaufen: dass bei einer Oper mit getrenntem Liebespaar der Tenor im Tod der Primadonna vorausging, der die Schlussszene vorbehalten war. Durch die Verdoppelung der solistischen Finalszene einerseits und ihre pointierte Vertauschung andererseits, sodass der Selbstmord Edgardos dem Delirium Lucias folgt, gibt der Komponist dem Liebesdrama eine «ekstatische Innenwendung» (Norbert Miller). Auffällig ist die Finalszene in jeder Hinsicht. Edgardo, der seinen Todfeind Enrico zum Duell erwartet, erfährt zuerst vom Geschehen in der Hochzeitsnacht, schliesslich vom Tod Lucias. Darauf erdolcht er sich. Obwohl Donizettis Œuvre, wie ein findiger Melomane errechnet hat, das Werk mit der höchsten Mortalitätsrate in der Operngeschichte darstellt, gehört der Selbstmord in ihm zu den Ausnahmen. Wenn die gängige Bühnen­ praxis bis weit ins 20. Jahrhundert die Oper mit der Wahnsinnsszene enden liess, so muss man darin nicht nur eine Verbeugung vorm Primadonnenkult, sondern auch ein seit dem Barock fortwirkendes Unbehagen am Suizid auf offener Bühne sehen. Verzweifelte Selbstmörder hat die italienische Zensur noch zu Donizettis Zeiten, wenn nicht zu camouflieren, dann doch wenigstens hin­ ter die Szene zu verbannen versucht. Edgardo ersticht sich zudem nicht an einem beliebigen Ort, sondern vor der Gruft seiner Ahnen, also – kirchlich gesehen – in geweihtem Bezirk. Formal hat Donizetti in diesem Lamento, dem überdehnten Augenblick der Todesekstase und Verklärung, die zweisätzige Finalszene beibehalten, sie allerdings gänzlich umgedeutet. Orchestereinleitung, Scena, Cantabile (mit einer an Schuberts «Morgengruss» erinnernden Melodie), Chorszene (in Form eines Trauerkondukts) und Cabaletta folgen aufeinander, ohne dass der Form­ verlauf verunklart wird. Am auffälligsten ist dabei der Schlusssatz, der nur noch

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sehr entfernt einer Cabaletta ähnlich sieht. Er besteht aus zwei Teilen, die sich aber wesentlich unterscheiden – dazwischen steht der kurze Einschub mit der Selbsttötung. Beide Teile stimmen im Tempo sowie im Rhythmus miteinander überein und sind harmonisch durch Modulation miteinander verbunden, unter­ scheiden sich aber tonal und durch die Besetzung. Dabei ist das erste Moderato («Fur le nozze») dem Chor, die zweite, eigentliche Cabaletta («Tu che a Dio») dem Solisten vorbehalten. Bei der letzten Wiederholung singt das Soloviolon­ cello die Melodie stellvertretend für den sterbenden Edgardo, der nur noch bruchstückhaft zum Ensemble beiträgt. Mehr als für die Tat interessiert Doni­ zetti sich auch hier für die Entrückung, für die innere Ekstase seines Helden, die er – so Norbert Miller – in ihrer «in sich gesteigerten Dauer über den äusseren Handlungsgang» hinaushebt. Edgardo – und mit ihm das Publikum – erlebt den Tod als Engel in Gestalt einer Frau. Napoleone Moriani, «il tenore della bella morte» – der Tenor des schönen Todes, wie ihn seine Zeitgenossen nannten –, hat gerade mit dieser Szene seine Zuhörerinnen und Zuhörer zur Raserei gebracht. Die italienische Oper des 19. Jahrhunderts verschreibt sich einer Ökonomie der Leidenschaften, einer Verausgabung der Körper wie der Herzen, einer zerreissenden Erfahrung also, deren höchster Sinn der Tod ist. «Ihr Singen», so der Berliner Religions­ philosoph Klaus Heinrich – «ist nicht gesteigerter Handlungsschein, sondern die gesteigerte Präsenz der unentwegt den Aufstand probierenden Triebsub­ jekte.» Oder wie Bellini es 1834 seinem Librettisten Carlo Pepoli bei der Arbeit an I puritani einhämmerte: «Im Melodramma muss der Gesang zu Tränen, zum Entsetzen, zum Sterben rühren.» Gesang als Sterben zu imaginieren, Sterben als Gesang zu sublimieren und dergestalt das Liebes- mit dem Todesbegehren zu vereinen – Donizetti hat diese vokale Utopie, wie die Geschichte der Oper zeigt, dem späteren 19. Jahrhundert vermacht. Selbst die beiden Antipoden Verdi und Wagner – man denke nur an Aida oder Otello, an Tristan und Isolde oder Götterdämmerung – sind darin seine gelehrigen Schüler gewesen.

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Piotr Beczała Spielzeit 2020/21




LUCIA DI LAMMERMOOR GAETANO DONIZETTI (1797-1848) Oper in drei Akten (sieben Bildern) Libretto von Salvatore Cammarano nach «The bride of Lammermoor» von Sir Walter Scott Uraufführung: 26. September 1835, Neapel

Personen

Lord Enrico Ashton

Bariton

Lucia, seine Schwester Sopran Sir Edgardo di Ravenswood Lord Arturo Buklaw

Tenor

Tenor

Raimondo Bidebent, Erzieher und Vertrauter Lucias Alisa, Zofe Lucias

Bass

Mezzosopran

Normanno, Chef der Wachen von Ravenswood Chor

Damen und Ritter, Verbündete Ashtons, Bewohner von Lammermoor, Pagen, Soldaten, Bedienstete Ashtons

Tenor


PARTE PRIMA – ATTO UNICO LA PARTENZA

ERSTER TEIL – ERSTER UND EINZIGER AKT DIE ABREISE

N° 1 PRELUDIO E CORO D’INTRODUZIONE NR. 1 PRÄLUDIUM UND EINLEITUNGSCHOR SCENA I

ERSTE SZENE

Giardino nel Castello di Ravenswood. Normanno e coro di abitanti del Castello in arnese da caccia.

Im Park von Schloss Ravenswood. Normanno und Chor der Schlossbewohner im Jagdkostüm.

NORMANNO, CORO

NORMANNO, CHOR

Percorrete/Percorriamo le spiagge vicine, Della torre le vaste rovine: Cada il velo di sì turpe mistero,

Durchstreift die nahen Strände, die weiten Ruinen des Turmes: Möge der Schleier von diesem schändlichen Geheimnis fallen, die Ehre verlangt es… sie befiehlt es. Die schreckliche Wahrheit wird wie ein Blitz zwischen Wolken des Schreckens aufleuchten!

Lo domanda… lo impone l’onor. Splenderà il terribile vero Come lampo fra nubi d’orror! Il Coro parte rapidamente.

Der Chor geht rasch ab.

N° 2 SCENA E CAVATINA

NR. 2 SZENE UND KAVATINE

Enrico

Enrico

SCENA II

ZWEITE SZENE

NORMANNO accostandosi rispettosamente ad Enrico

NORMANNO ehrfurchtsvoll an Enrico herantretend

Tu sei turbato!

Du bist nervös!

ENRICO fieramente accigliato

ENRICO mit finsterem Gesicht

E n’ho ben donde. Il sai: De’ miei destini impallidì la stella… Intanto Edgardo… quel mortale nemico Di mia prosapia, dalle sue rovine Erge la fronte baldanzosa e ride! Solo una mano raffermar mi puote Nel vacillante mio poter… Lucia osa respinger quella mano!.. Ah! suora Non m’è colei!

Ich habe guten Grund dazu. Du weisst: Mein Schicksalsstern ist verblasst… Edgardo hingegen… dieser Todfeind meiner Familie, erhebt die hochmütige Stirn aus dem Staub und lacht! Nur eine Hand kann mich in meiner schwindenden Mach bestärken… Lucia wagt es, diese Hand zurückzuweisen!.. Ach! Sie ist mir keine Schwester!

RAIMONDO in tono di chi cerca di calmare l’altrui collera

RAIMONDO in beschwichtigendem Ton

Dolente Vergin, che geme sull’urna recente Di cara madre, al talamo potria Volger lo sguardo? Rispettiamo un core Che trafitto dal duol, schivo è d’amore.

Wie sollte ein trauerndes Mädchen, das am frischen Grab seiner geliebten Mutter weint, nach dem Traualtar blicken? Respektieren wir, dass ein vom Schmerz durchbohrtes Herz die Liebe scheut.


NORMANNO con ironia

NORMANNO ironisch

Schivo d’amor! Lucia D’amore avvampa.

Die Liebe scheut! Lucia brennt vor Liebe.

ENRICO

ENRICO

Che favelli!..

Was sagst du da!..

RAIMONDO

RAIMONDO

(Oh detto!..)

(Oh, was für Worte!..)

NORMANNO

NORMANNO

M’udite. Ella sen gìa colà del parco Nel solingo vial dove la madre Giace sepolta… Impetuoso toro Ecco su lei s’avventa… Quando per l’aria rimbombar si sente Un colpo, e al suol repente Cade la belva.

Hört zu: Sie ging auf dem einsamen Weg im Park, wo ihre Mutter begraben liegt… als ungestüm ein Stier auf sie zustürzte… Ein Schuss peitscht durch die Luft, und unversehens stürzt das wilde Tier zu Boden.

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ENRICO

E chi vibrò quel colpo?

Und wer war der Schütze?

NORMANNO

NORMANNO

Tal… che il suo nome ricoprì d’un velo.

Einer… der seinen Namen verhüllt.

ENRICO

ENRICO

Lucia forse?..

Sollte Lucia etwa?..

NORMANNO

NORMANNO

L’amò.

Sie hat sich in ihn verliebt.

ENRICO

ENRICO

Dunque il rivide?

Hat sie ihn wiedergesehen?

NORMANNO

NORMANNO

Ogn’ alba…

Jeden Morgen…

ENRICO

ENRICO

E dove?

Und wo?

NORMANNO

NORMANNO

In quel viale.

Auf jenem Weg.

ENRICO

ENRICO

Io fremo! Nè tu scovristi il seduttor?

Ich bebe! Und hast du den Verführer nicht entlarvt?

NORMANNO

NORMANNO

Sospetto Io n’ho soltanto.

Ich kann es nur vermuten.


Programmheft LUCIA DI LAMMERMOOR Oper in drei Akten von Gaetano Donizetti Premiere am 20. Juni 2021, Spielzeit 2020/21,

Das komplette Programmbuch können Sie auf www.opernhaus.ch/shop oder am Vorstellungsabend im Foyer des Opernhauses erwerben Wiederaufnahme am 22. Mai 2022, Spielzeit 2021/22

Herausgeber

Intendant

Zusammenstellung, Redaktion

Opernhaus Zürich

Andreas Homoki

Beate Breidenbach

Layout, Grafische Gestaltung

Carole Bolli, Giorgia Tschanz

Anzeigenverkauf

Opernhaus Zürich, Marketing

Telefon 044 268 66 33, inserate@opernhaus.ch Schriftkonzept und Logo Druck

Textnachweise: Handlung: Beate Breidenbach & Tatjana Gürbaca. – Die Interviews mit Tatjana Gürbaca und Elisabeth Bronfen sind Originalbeiträge für dieses Programmheft. – Gotthold Ephraim Lessing, Emilia Galotti, Stuttgart 1979. Ismail Kadare, Der zerrissene April, Frankfurt am Main 2003 – Simone de Beauvoir, Das andere Geschlecht. Sitte und Sexus der Frau, Reinbek 1968 – Walter Scott, Die Braut von Lammermoor, Saarbrücken 2008 – Arthur Schnitzler, Fräulein Else, Stuttgart 2002 – Uwe Schweikert, Wie klingt Wahnsinn? (Auszüge), zuerst erschienen im Programmheft der

Studio Geissbühler

Fineprint AG

Bayerischen Staatsoper, Spielzeit 2015/16, Nachdruck mit freundlicher Genehmigung des Autors – Ulrich Schreiber, Opernführer für Fortgeschrittene, Eine Geschichte des Musiktheaters: Das 19. Jahrhundert, Kassel/Bern 1991. Bildnachweise: Herwig Prammer fotografierte die Klavierhauptprobe am 10. Juni und die Orchesterhauptprobe am 16. Juni 2021. Urheber, die nicht erreicht werden konnten, werden zwecks nachträglicher Rechtsabgeltung um Nach­richt gebeten.


Unsere Vorstellungen werden ermöglicht dank der Subvention des Kantons Zürich sowie den Beiträgen der Kantone Luzern, Uri, Zug und Aargau im Rahmen der interkantonalen Kulturlastenvereinbarung und den Kantonen Nidwalden, Obwalden und Schwyz. PARTNER

PRODUKTIONSSPONSOREN AMAG Clariant Foundation

Freunde der Oper Zürich Zürich Versicherungs-Gesellschaft AG

PROJEKTSPONSOREN Baugarten Stiftung René und Susanne Braginsky-Stiftung Freunde des Balletts Zürich

Ringier AG Georg und Bertha Schwyzer-Winiker-Stiftung Hans und Edith Sulzer-Oravecz-Stiftung

Ernst Göhner Stiftung

Swiss Life

Hans Imholz-Stiftung

Swiss Re

Kühne-Stiftung

Zürcher Kantonalbank

GÖNNERINNEN UND GÖNNER Josef und Pirkko Ackermann Alfons’ Blumenmarkt Familie Thomas Bär Bergos Privatbank Margot Bodmer Elektro Compagnoni AG Stiftung Melinda Esterházy de Galantha Fitnessparks Migros Zürich Fritz Gerber Stiftung Egon-und-Ingrid-Hug-Stiftung Walter B. Kielholz Stiftung KPMG AG

Stiftung LYRA zur Förderung hochbegabter, junger Musiker und Musikerinnen Die Mobiliar Fondation Les Mûrons Mutschler Ventures AG Neue Zürcher Zeitung AG Pro Helvetia, Schweizer Kulturstiftung StockArt – Stiftung für Musik Else von Sick Stiftung Ernst von Siemens Musikstiftung Elisabeth Weber-Stiftung Hulda und Gustav Zumsteg-Stiftung

Landis & Gyr Stiftung FÖRDERINNEN UND FÖRDERER CORAL STUDIO SA Theodor und Constantin Davidoff Stiftung Frankfurter Bankgesellschaft (Schweiz) AG Garmin Switzerland

Horego AG Richards Foundation Luzius R. Sprüngli Madlen und Thomas von Stockar



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