Nachtträume

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NACHTTRÄUME

MARCOS MORAU


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NACHTTRÄUME EIN STÜCK VON MARCOS MORAU

Choreografie und Inszenierung Musik Bühnenbild Kostüme Lichtgestaltung Video Dramaturgie

Partner Ballett Zürich

Marcos Morau Clara Aguilar Max Glaenzel Silvia Delagneau Martin Gebhardt Tieni Burkhalter Israel Solà, Michael Küster

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Marcos Morau ist besessen von der Bühne als einem wun­der­­baren, subversiven Ort, an dem die Monster, die unsere Fantasie bevölkern, zum Leben erweckt werden können. Ein Ort, an dem sich Fiktion und Leben um­ armen und wo uns Worte, Bewegung und eine Erzäh­ lung voller Labyrinthe und Korridore in eine suggestive und faszinierende Landschaft führen. 1932 schuf Kurt Jooss das Tanzstück Der grüne Tisch. Macht und Angst stehen im Zentrum dieses grotesken Balletts, das zum Spiegelbild einer ganzen Epoche wird: der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen. Marcos Mo­ rau nutzt dieses Stück nun als Inspirationsquelle, um mit dem Ballett Zürich ein Traumbild der pulsierenden und sich verändernden Welt, in der wir leben, zu schaffen. Mit der Macht als Hauptthema seines Stücks ver­­ wandelt Marcos Morau die Bühne in eine Art Kabarett der Zwischenkriegszeit. Ein profaner Ort, begraben im Unter­­­grund der Stadt, an dem seine Bewohner Zuflucht und Trost fernab der Welt finden, an dem sie ein Leben fernab der Realität führen und einen Traum träumen, aus dem sie nicht erwachen wollen. Figuren, die wie Schatten in der Nacht damit spielen, zu befehlen und

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Befehle zu empfangen, zu manipulieren und manipuliert zu werden, um uns – wie in einem grossen Jahrmarkts­ spiegel – ein vergrössertes und deformiertes Bild von uns selbst vorzuhalten: Marionetten, die im Netz einer Gesellschaft im Rausch gefangen sind. Calderón de la Barca sagt: «Es träumt der König, er sei König, und er lebt mit dieser Täuschung, wo er be­ fiehlt, herrscht und regiert.» Damit suggeriert er uns die Macht als etwas Unwirkliches, nicht als «eine Institution oder eine Struktur; auch nicht als eine bestimmte Kraft, mit der wir ausgestattet sind» (Michel Foucault); son­ dern als eine Illusion, einen Schatten, eine Fiktion, die in dem Moment verschwindet, in dem wir aufwachen. Nachtträume sind also ein Maskenball. Ein Traum inmitten in der Nacht. Ein Spiegel, in dem wir uns selbst von Angesicht zu Angesicht betrachten und entdecken können, wie der Ehrgeiz, die Welt beherrschen zu wollen, vor uns zerbröckelt und uns so offenbart, was wir sind: einfache Sterbliche, die gerne träumen. Israel Solà

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IM TRAUM IST ALLES MÖGLICH Der Choreograf Marcos Morau im Gespräch mit Michael Küster

Marcos, mit deiner in Barcelona beheimateten Compagnie «La Veronal» bist du ein gefeierter Gast auf den grossen internationalen Tanzfestivals. Warum hast du deiner Compagnie den Namen eines Schlafmittels gegeben? Dieser Name hat mit meiner Verehrung für Virginia Woolf zu tun. Ihre Art zu denken, die Art, wie sie Realität und Fiktion verbindet, begeistert mich immer aufs Neue. In Woolfs Biografie habe ich gelesen, dass sie mehrmals versucht hat, sich mit Veronal das Leben zu nehmen. Seinen Namen verdankt das Medikament einer wirklich verrückten Geschichte. Einer der Erfinder hatte das Mittel auf einer Zug­reise an sich selbst ausprobiert und war nicht, wie geplant, in Basel, sondern in Verona an­gekommen. Er hatte durchge­ schlafen! Städte und andere geografische Orte spielen in vielen meiner Stücke eine grosse Rolle, und es gibt in ihnen auch immer solche unerwarteten Wendungen. Kunst ist für mich keine Reproduktion des Lebens, sondern findet auf einer völlig anderen Ebene statt. So wie Veronal eine veränderte Wahr­ nehmung der Realität hervorruft, versuche ich in meinen Produktionen ebenfalls, die Wirklichkeit aus verschiedenen Perspektiven und Bewusstseins­zu­ ständen heraus zu reflektieren. In den begeisterten Kritiken über «La Veronal» taucht immer wieder das Wort «Interdisziplinarität» auf. Das klingt schön, aber wie funktioniert das in der Praxis? Für mich klingt dieses Wort inzwischen ein bisschen altmodisch, weil die Grenzen in der Kunst heute wirklich fliessend sind. Es spielt keine Rolle, ob

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man Tanz, Theater oder Oper, bildende oder performative Kunst macht. Am Ende geht alles ineinander über und kommt zusammen. Ich selbst bin kein Tänzer, weder ein professioneller noch ein nicht-professioneller. Ich widme mich dieser Aufgabe, ohne selbst Tanzerfahrung zu haben, aber das hindert mich nicht daran, die Tänzer zu führen und anzuleiten. Ich komme eher von der Fotografie und vom Theater. Die Bühne betrachte ich als einen Ort, wo alles miteinander im Konflikt steht. Dabei bin ich sehr wähle­ risch. Ich versuche, Bilder zu kreieren, die sich nach und nach mit einer Idee verbinden, allerdings nicht im Sinne eines konventionellen Tanz­stücks. Ehrlich gesagt, fühle ich mich nicht als interdisziplinärer Künstler, sondern viel mehr als ein interdisziplinärer Mensch, der sich für die unterschied­ lichsten Dinge begeistert. Das Theater ist für mich keine Insel, sondern steht in Zusammen­hang mit einer Welt, die sich in ständiger Veränderung befindet. Das bedeutet nichts anderes, als dass alles möglich ist und dass ich mit meinen Ideen mein eigenes Universum erschaffen kann. «Der einzige Weg, meine Ängste loszuwerden, ist, Filme über sie zu machen.» So hat es Alfred Hitchcock einmal formuliert. Mit meinen Stücken geht es mir ähnlich. Zum ersten Mal arbeitest du jetzt, im Herbst 2022, mit dem Ballett Zürich zusammen. Das ist eine Compagnie, die sich nicht nur in ihrer Stärke und Zu­sammen­setzung, sondern auch in ihrer stilistischen Ausrichtung sehr von «La Veronal» unterscheidet. Welchen Einfluss hat das auf dein neues Stück? Die Arbeit mit anderen Tänzerinnen und Tänzern eröffnet mir immer neue Wege der Kommunikation, es ist eine Herausforderung. Als Christian Spuck mich anrief, um mir ein neues Stück für das Ballett Zürich anzubieten, habe ich zugesagt. Ich mag es, mich in neue Dimensionen hineinzuversetzen und zu sehen, wie mein Team und ich mit Menschen zusammenzuarbeiten, die ihren Körper anders nutzen, weil sie einen anderen Hintergrund haben. Wie mutig werden sie, aber wie mutig werde auch ich selbst sein, sich einem Konflikt mit dem eigenen Körper und einer vertrauten Arbeitsweise auszu­ liefern? Für mich sind solche Heraus­­­for­derungen die einzige Möglichkeit, um zu wachsen und mich zu verändern – das Scheitern inbegriffen. Die Arbeit

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mit einer grossen, neoklassisch geprägten Ballettcompagnie an einem Ort wie dem Opernhaus Zürich ist da schon etwas Beson­deres, auch bei einem Pub­likum, das an diesem Ort der Hochkultur mit be­stimm­ten Erwartungen in die Vorstellung kommt. Mir geht es nicht darum, Erwartungshaltungen zu bedienen. Ich möchte mit meiner Zeit und meiner Gegenwart in einen Dialog treten und dabei hoffentlich eingefahrene Sichtweisen hinterfragen und verändern. Dein Stück trägt den Titel Nachtträume. Wovon handelt es? Den Titel eines Stücks lege ich immer im Voraus fest. Er fungiert für mich als eine Art Leuchtturm im kreativen Prozess, in dessen Verlauf man in ver­­schiedenste und manchmal auch völlig entlegene Dimensionen eintaucht. Träume sind auch in meinen Arbeiten mit «La Veronal» immer ein grosses Thema. In den Träumen ist alles möglich, die Welt kann auf dem Kopf stehen. Die Nacht ist der magische Ort, an dem die grossen Dinge passieren und die Intensität des Lebens zum Vorschein kommt. In Nachtträume setze ich mich mit dem Begriff der Macht aus­einander. Welche Rolle spielt sie in den unterschiedlichen Bereichen des Lebens? Wie erfahren wir sie als Ge­ sellschaft, als Liebende, als Politik, als Religion? Be­zugs­punkt ist mir dabei ein legendäres Stück von Kurt Jooss. Sein Ballett Der grüne Tisch wurde 1932 am Théâtre des Champs-Élysées in Paris uraufgeführt und gilt bis heute als ein Meilenstein in der Geschichte des Tanztheaters. Den Ersten Weltkrieg hatte der deutsche Choreograf seinerzeit als Totentanz dargestellt. Darin erschienen die Tänzerinnen und Tänzer als Typen, die anonymen Mächten ausgeliefert sind. Mächten, die am grünen Tisch über das Schicksal von Millionen entscheiden und zugleich jedes individuelle Schicksal negieren. Aus heutiger Sicht mag die Ästhetik des Stücks vielleicht skurril anmuten, aber seine Essenz finde ich hochaktuell. Es spricht von dem, was unter der Ober­fläche einer Gesellschaft brodelt. Auf sehr hintergründige Weise erzählt Jooss vom Schmerz der Realität zwischen den beiden Weltkriegen. Auf den ersten Blick denkt man an einen Witz oder an eine Parodie, doch darunter verbergen sich Abgründe. Die Themen, die Kurt Jooss 1932 verhandelte, haben auch neunzig Jahre später nichts von ihrer Aktualität verloren.

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Wer sind die Menschen, denen wir in deinem Stück begegnen? In einer kabarettartigen, gelegentlich an Stummfilme erinnernden Atmo­ sphäre werden die Tänzerinnen und Tänzer mit verschiedenen Ausprägungen von Macht konfrontiert. Es ist wie ein Tanz auf dem Vulkan, während draussen die Welt untergeht. Die Individualität der Protagonisten ist aufge­ hoben. Sie agieren marionettengleich und geraten in die unterschiedlichsten Situationen und Konflikte. Immer geht es um die Frage: Wer ist oben, wer ist unten? Wer steht im Licht, wer ist im Schatten? Wer ist die Marionette, wer zieht die Fäden? In Nachtträume ist es eine geheimnisvolle Königin, die zu einer grotesk-bizarren Party des Lebens lädt. Die Gäste lassen sich von ihr willig unterwerfen. Warum tun sie das? Um dazuzugehören und sich nicht einsam zu fühlen? Wir haben uns heute daran gewöhnt, die Macht und die Mächtigen zu kritisieren und in Frage zu stellen. Aber brauchen wir bestimmte Machtstrukturen nicht auch als Gerüst für unser Leben? Du hast «Nacht», «Träume» und «Macht» als die grossen Themen in deinem Stück benannt. Wie verbindest du sie zu einem Ganzen, wie verläuft der Entstehungsprozess eines solchen Stücks? Ähnlich wie im Kino arbeite ich mit einem Storyboard, einer Sammlung von Ideen und Bildern. Deren Anordnung variiere ich ständig, so dass ich den Spannungsbau und den Rhythmus des Stückes bis zur letzten Minute optimieren kann. Ich ver­suche, das Publikum über verschiedene Kanäle zu erreichen. Dabei ist das Bild wichtiger als Worte. Texte spielen zwar auch eine Rolle, aber ich benutze sie nicht konkret, sondern als parallele Möglichkeit, die Imagination des Publikums an­zuregen. Die Art, wie man mit den Bildern spielt, ist für mich das alles Ent­­scheiden­de. Wie viel Harmonie möchte ich haben? Wie komponiere ich Situationen? In welchem Verhältnis stehen Schönheit und Dunkelheit? Wie lasse ich ein Fest entstehen, was brauche ich für das Chaos? Wie verleihe ich den lustig-bizarren Traum­ elementen das Gefühl von Dunkelheit und Verlorenheit, das mir vorschwebt? Die Magie des modernen Theaters besteht für mich darin, dass ich die Symbole und die Ikonografie eines Stückes beeinflussen und in eine Richtung lenken kann. Es ist ein Spiel mit der Wahrnehmung, es ist ein Spiel mit der

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Kontrolle der Bilder, der Kontrolle der Charaktere und ihres Verhaltens zu­einander. Ich möchte, dass man sich in diese Figuren verliebt, auch weil sie mit ihrer Eleganz, ihrer Schönheit und ihrer Abgründigkeit unser Mitge­ fühl erregen. Du hast den Grünen Tisch von Kurt Jooss erwähnt. Auch das Bühnenbild von Max Glaenzel nimmt diese Verbindung auf. Ein Grossteil des Geschehens spielt sich an, auf und unter einem riesigen, runden Tisch ab. Welche Verbindungen zum Stück von Kurt Jooss gibt es sonst noch? Als Künstler habe ich die Verantwortung, darüber Bescheid zu wissen, was frühere Künstlergenerationen an Grossartigem hervorgebracht haben. Im Falle von Kurt Jooss ermöglicht mir die zeitliche Nähe zum 20. Jahr­ hundert, nach Parallelen zu suchen und die Fragen von damals auf das Heute anzuwenden. Dennoch ist Nachtträume nicht als Fortsetzung oder eine Art zweiter Teil des Grünen Tisches gedacht. Ich bin mir nicht sicher, ob Kurt Jooss sich beim Kreieren der politischen Brisanz und Tragweite seines Stücks bewusst war. Beim heutigen Blick auf die Geschichte und auf das, was sich im Nachklang dieses Stückes ereignet hat, scheint uns Der grüne Tisch in seiner Radikalität fast wie eine Art Prophezeiung. Andererseits kann Kunst die Dinge nicht verändern. In den letzten 20, 30, 40 Jahren gab es so viele Provokationen, und wer spricht heute noch darüber? Jooss’ Radikalität möchte ich in die Welt von Nachtträume übernehmen, um so hoffentlich eine Reflexion unserer Zeit zu erzeugen.

Das komplette Programmbuch können Sie auf www.opernhaus.ch/shop oder am Vorstellungsabend im Foyer des Opernhauses erwerben Die Musik von Nachtträume stammt von der aus Barcelona stammenden Komponistin Clara Aguilar. Aber es gibt noch weitere Kompositionen, wie zum Beispiel Nacht und Träume, eines der berühmtesten Lieder von Franz Schubert. Wie integriert ihr solch ein Lied in euer musikalisches Konzept? Clara und ich entwickeln einen Soundtrack, der auf den ersten Blick ganz unterschiedliche und gegensätzliche Nummern enthält. Aber sowie es Verbindungen auf der musikalischen oder textlichen Ebene oder in der Intention gibt, kann ein Schubert-Lied ohne Probleme neben einem Song

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von Kurt Weill stehen. Wir versuchen mit der Musik zu spielen, ihre Eleganz und Raffinesse in unsere Zeit zu transportieren. Das passiert niemals völlig digital, oft gibt es ein Blas- oder ein Streich­instrument als Brücke in die Vergangenheit, die wir als solche aber nicht rekonstruieren oder kopieren wollen. Wenn unsere Königin das Schubert-Lied auf ihrem Fest anstimmt, erscheint es in völlig neuem Licht, fast wie eine Parodie. Andere Teile der Musik beschwören die Atmosphäre von Kabarett und Music Hall herauf. Darüber hinaus gibt es verschiedene Texte, wie zum Beispiel einen Monolog aus Calderón de la Barcas berühmtem Stück La vida es sueño (Das Leben ein Traum). Erstmals sind die Tänzerinnen und Tänzer des Balletts Zürich mit der Das komplette Programmbuch Be­wegungssprache von Marcos Morau konfrontiert. Was zeichnet diesen Bewegungs­­stil aus? können Sie auf Ja, wie soll ich ihn beschreiben? Er ist sehr schnell, sehr bizarr, sehr hektisch, präzise, isoliert. Er ist unorganisch, voller Kontraste und voller Rhyth­mus­ www.opernhaus.ch/shop wechsel. Für die Zürcher Tänzerinnen und Tänzer ist er sehr komplex. Sie kommen aus einer Tradition, in der die Harmonie, die fliessende Be­wegung oder am im Foyer ein hohes IdealVorstellungsabend darstellt. Ich möchte genau das Gegenteil. Deshalb bin ich sehr froh, wie diese Compagnie sich gerade auf diese Herausforderung einlässt. des Opernhauses erwerben In den Proben meint man tatsächlich zu sehen, wie konzentriert die Gehirne der Tänzerinnen und Tänzer arbeiten, um sich die komplizierten und ständig variierten Morau-Bewegungsabläufe zu merken. Du hast selbst nie pro­fes­sio­nell getanzt. Aus welchen Quellen schöpft dein Bewegungsvokabular? Schon in meiner Schulzeit habe ich Bewegung und Tanz geliebt. Ich war ständig im Theater, um mir Tanzproduktionen anzusehen. Dann habe ich angefangen, an einer spanischen Universität Choreografie zu studieren. Anders als meine Kommilitoninnen und Kommilitonen war ich kein Tänzer, aber sie haben mich dennoch akzeptiert. Mit ihnen habe ich meine cho­ reografische Sprache erfunden, ich habe die unterschiedlichsten Dinge mit ihnen ausprobiert. Den Tanz an sich habe ich mit ganz klarem Bezug auf

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seine Theorie und Geschichte studiert. Nach und nach wurde mir klar, wie man mit Tanz kommuniziert, wie sich bestimmte Qualitäten mit Bewe­ gung ausdrücken lassen. Ich weiss da sehr genau, was ich will und wie das Bild des Körpers aussieht, das ich erzeugen möchte. Es waren vor allem drei Choreografen, die mich beeindruckt und geprägt haben: Bob Fosse, der sich nicht nur als Choreograf, sondern auch Musical- und Filmregisseur, u. a. von Cabaret, einen Namen gemacht hat, William Forsythe und schliess­ lich der in London lebende Australier Lloyd Newson, der Gründer des DV8 Physical Theatre. Von ihnen habe ich Präzision und Kontrolle gelernt. Dass eine Bewegung hoch­auflösend ist, dass man sieht, wo sie beginnt und wo sie endet. Und dass alles messerscharf und sehr sauber sein muss. Dabei mag ich es nicht, Emotionen und Formen zu vermischen. Ich kreiere nicht aus Gefühlen heraus. Ich erschaffe aus Formen, aus Spannungen, aus Geschwindigkeit, aus den Eigenschaften und Obsessionen, die die Tänzerinnen und Tänzer haben. Welche Fähigkeiten und Qualitäten wünschst du dir von ihnen? Die Frage stelle ich mir selbst immer wieder, weil sich diese Qualitäten auf zwei Ebenen beziehen: den Körper und den Geist. Da geht es um Schnellig­ keit, Präzision und Agilität. Aber es geht auch um Offenheit, Intuition, Sensibilität. Gerade bei so einer Produktion wie hier in Zürich, für die man zwei Monate Zeit hat und im Grunde bei null anfängt, müssen die Koor­ dinaten stimmen. Ich ver­suche immer, mit meinen Tänzerinnen und Tänzern in ein Gleichgewicht zu kommen, ihnen das Gefühl zu vermitteln, dass wir auf der Grundlage ihrer Mittel und Fähigkeiten an einem gemeinsamen Ziel ankommen werden. Ich begreife mich da nicht nur als Choreograf, sondern auch als Coach. Deshalb beginne ich meine Zusammenarbeit auch mit Workshops, bei denen ich die Tänzerinnen und Tänzer kennenlerne, erfahre, wie sie ticken, wie sie sich bewegen und fühlen. Du hast von den Bildern in Nachtträume gesprochen. Wie verbinden sie sich mit dem riesigen Reservoir von Bildern, das jeder im Publikum in seinem Unterbewusstsein mit sich herumträgt?

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Auch wenn es in Nachtträume keine «Story» im eigentlichen Sinne gibt, ist dennoch nichts dem Zufall überlassen. Alles, was man sieht, geschieht mit Absicht: Diktatur, Gesellschaft, Krisen, Revolution, Autoritäten, Manipula­ tion. Da kommen viele Welten zusammen. Aber es geht mir in diesem Stück nicht darum, eine Geschichte zu erzählen. Es ist eine Landschaft, die sich eröffnet und die jeder mit den eigenen Träumen verbinden und mit Leben erfüllen kann.

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Marcos Morau: Skizzen zu «Nachtträume»


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BEWEGUNG IST DER MOTOR DER WELT Das Tanz-Universum des Marcos Morau Arnd Wesemann

Neununddreissig Jahre ist er alt, vierunddreissig Bühnen­werke hat er schon geschaffen. Stand Herbst ’22. Zu Beginn seiner Karriere gewann er so ziem­lich jeden Choreografie-Wettbewerb, den es zu gewinnen gab: in Kopenhagen, Han­ nover, Madrid, Gran Canaria. Aber dennoch erfährt man über ihn fast nichts: Marcos Morau, Jahrgang 1982, aufgewachsen in Valencia, studierte in Barcelo­ na und New York. Dabei ist er heute ein Shooting-Star mit Auftragsbüchern, gefüllt für die kommenden drei Jahre. Es findet sich allein ein altes Interview aus der Zeit, als er 2013 den Spanischen Nationalpreis gewann, damals als Jüngs­ ter unter den je von der Regierung in Madrid Geehrten. Da war er 31 Jahre alt. In Wahrheit ist der Mensch Marcos Morau absolut zugäng­lich, neugierig und hellwach. Als wir uns treffen, trägt er ein blaues Fussballshirt der französi­ schen Nationalelf, ausgerechnet der Spanier – der in Katalonien lebt. Seine dort 2005 gegründete Compagnie heisst «La Veronal». Er nennt sie seine «Familie». Sie schützt ihn, und er schützt sie. 2013 war es, in einer Nacht nach der Aufführung eines Meisterwerks na­ mens Siena. Da tafelte die Familie an langen Restaurant-Tischen in einer Gasse von Las Palmas de Gran Canaria. Im Teatro Cuyas hatte sie zuvor ihr surreales Stück als einen Krimi vor gigantischen Gemälden wie in einem Museum getanzt. Im Zentrum: eine nackte Frau, die Venus von Urbino, ein Werk des italienischen Renaissancemalers Tizian, auch wenn das Original in den Uffizien in Florenz hängt, nicht in Siena. Ihretwillen geschah ein Mordfall, die Stimmung liess an Vertigo von Hitchcock denken. Stählerne Leichenbahren trafen auf Frauen in grauen Fechtanzügen, die in weit ausladen­den Schritten jede Menge choreogra­ fische Gewalt entwickelten, die auch ohne die aufwändige Bildwelt von Marcos

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Morau in den Bann gezogen hätte. Noch ahnte niemand, dass dieses Werk, Siena, der internationale Durchbruch sein würde. Hellerau, das Euro­päische Zentrum der Künste in Dresden, wurde damals als erste Institution im Ausland auf die Compagnie aufmerksam. Dass sich nur wenig Publikum im kanarischen Las Palmas zu ihrer Vorstellung verirrt hatte, schien die Familie kaum zu küm­ mern. Sie ass und trank in den Gassen der Inselstadt. Marcos Morau erklärte da­­mals, ihm ginge es nicht so sehr um Geschichten, es ginge darum, «den Tanz zu nutzen, als das flüssigste Medium, das die Geschichten ins Schwimmen brin­ gen kann». Und erzählte, wie sie überleben: Dass es der Wettbewerbszirkus sei, der ihnen das Weitermachen ermögliche. Bei den Wettbewerben der Choreo­ grafen sitzen immer auch die Theater- und Festivaldirektor:innen in der Jury. Sie vergeben die Preise und entsprechende Aufträge, damit die Newcomer im Schutz und mit dem Geld der Compagnien neue Werke schaffen können. Marcos Morau hatte damals einen Mentor: Cesc Casadesús. Heute ist er Leiter des «Grec Festival» in Barcelona, zu jener Zeit war er der Direktor des ein­zigen spanischen Tanzhauses, des dortigen Mercat de les Flors, des alten Blu­men­markts. Casa­desús erlebte Morau als Studenten am Institut del Teatre de Barcelona. Er sah den Eigensinn des angehenden Choreografen, der gerade aus New York zurückgekehrt war. Ein halbes Jahr lang hatte er dort ausgeharrt, im Tanzlabor «Movement Research» in Greenwich, einer Instanz, die sich der Geschichte des postmodernen Tanzes im eigenen Land widmete. «Ich war lange nach dem Anschlag auf die Twin Towers da, drei Jahre später, aber alle waren nur noch mit Merce Cunningham oder Bill T. Jones beschäftigt, mit dem eige­ nen Tanz­erbe. Ich fühlte, die Stadt lebte bloss noch im Damals. Ich wollte aber Zu­kunft – in dieser Stadt, von der man immer glaubte, dass sie die Zukunft repräsen­tiert.» Sie tat es nicht mehr. Barcelona ist heute die Stadt der Zu­kunft, diese zu­nehmend selbstbewusster werdende katalanische Metropole mit eigener Sprache und einem ähnlichen Na­tio­na­lismus, wie ihn Frankreich besitzt: «‹Cata­ lunya first› heisst es hier», sagt Morau, der wie ein Fremder kam, «als eine Null», wie er sich erinnert, aufgewachsen im 300 Kilometer südlich gelegenen Valencia mit seiner deutlich kleineren Kunstszene. Dort studierte er am Conservatorio Superior de Danza, gab aber bald den Glauben auf, je ein guter Balletttänzer werden zu können.

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Bewegung fasziniert ihn seit Kindesbeinen an. Bewegung ist der Motor, der die Welt, die Sinne, die Körper definiert. Ohne Bewegung ist die Welt nicht Welt. Auch Lesen ist Be­wegung, Musik, Film, und natürlich ist es der Tanz. Tanz ist für ihn die erste Kunst, die einen aus den als unbeweglich gedachten Gesetzen, Schriften und Sinn-Zuschreibungen befreit. Morau sagt das, weil er – der Cho­ reo­graf – in Barcelona auch das Geschäft des Dramaturgen erlernte, an der Uni­ versidad Pompeu Fabra. Da ging es um die Idee, einen Text durch den Akt des Lesens zu verflüssigen, ihn mit Assoziationen und Fan­ta­sien in Bewegung zu setzen. Damals ging es um Harold Pinter und William Shake­speare, nicht um Tanz. Aber der Akt des Lesens, sich etwas in Bewegung vorzustellen, eine Land­ schaft, einen Dialog, eine Stimmung, ist das, was auch ein Film zeigt, der sich aus einer Unzahl von Bildern zusammensetzt, bewegte Bildende Kunst sozusagen. Für den damals üblichen Zeitgeist des «Anything goes» gab es folglich keine Spartengrenzen mehr. Das Zentrum wurde die Bewegung selbst. «Bewe­ gung», so sagte der Choreograf vor Jahren, «kennt keine Grenzen.» Eine sich begrenzende Tanztechnik um der Technik willen, das gehe für ihn gar nicht. «Ich sage zu den Tänzerinnen und Tänzern oft, dass wir nicht Opfer unserer eigenen Technik sein dürfen. Wir müssen Türen öffnen, um zu sehen, wie die Dinge am Ende miteinander in Beziehung stehen. Ich sage meinen Tänzerinnen und Tänzern, dass wir uns in einem Korridor voller offener Türen befinden, von denen wir keine einzige schliessen werden – selbst am Tag vor der Premiere sind einige offen.» Ganz glauben muss man ihm das nicht. In Wahrheit ist Marcos Morau ein sehr weit vorausschauender Ingenieur seiner Stücke, ein Konstrukteur, der stets mit einer bereits deutlich entwickelten Idee auf die Proben kommt und wie ein Architekt die Gründe für jede Bewegung, jeden Lichtstand, jedes Bühnen­ requisit genau vor Augen hat. Sein Team, seine Familie, seine Freunde, wie er sie abwechselnd nennt, «La Veronal», ist kein Kollektiv, wie manche meinen. Es ist eine Versammlung von Spezialistinnen und Spezialisten, die gemeinsam der Vision dieses Choreografen folgt, der in sich schlüssige, mitunter auch in sich selbst verschlos­sene, immer aber starke Bilder schafft. Natürlich wird er nicht müde, seine Mitstreiter zu loben. Seine Tänzerinnen und Tänzer sind es, die seine Stücke weitergeben oder die bei einer Neupro­

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duktion zu Gast bei einer anderen Compagnie die Prinzipien seiner Arbeit weiterreichen. Es geht ihm um das Können, Geschichten zu erzählen, ohne eine Geschichte nachzubuchstabieren, eine Handlung zu suggerieren, ohne sie zu zeigen oder sich einen Ort vorzustellen, ohne ihn zu benennen. Bis Siena, bis zu seinem Durchbruch in «Nordeuropa» – so nennt er unsere Hemisphäre – hiessen fast alle Stücke nach einem Ort: Nippon-Koku spielte auf das faschistische Regime in Japan zu Zeiten des Zweiten Weltkriegs an, Russia, Bologna Pasolini oder Tundra, Islandia, Moscow, København oder Portland, so hiessen seine Werke zu Beginn, buchstäbliche Traumreisen, die «dich an einen Ort nahe der Realität versetzen, der aber nicht wirklich real ist», wie er heute sagt. Es folgte eine Phase mit Werken, die immer deutlicher auf bildende Künstler Bezug nah­ men. Nach Picasso war es vor allem Voronia. Hier stand Luis Buñuels Wür­ge­­engel Pate. In dessen Setting schienen die Tänzer:innen wie Avatare im Nirwana der Simulation und in einer unabsehbaren Logik von Computer­animationen ver­ loren zu gehen. Es gab Edvard – als eine Arbeit für die nor­wegische Compag­ nie «Carte Blanche»: als eine Hommage an Edvard Munch, den von den okku­ pierenden Nazis in Oslo 1940 isolierten Maler, der in Zwangsjacke in seinen eigenen Bildern wiederaufersteht, in einem vom Munch selbst so genannten Kristall­reich aus Schrecken und Tod. Dann, in Göteborg, entstand für die dor­ tige Compagnie ein sehr typisches Werk von Marcos Morau, ein komplex in­ szeniertes Musterbeispiel für seine Bühnenkunst: Rothko Chapel. Gemeint ist eine 1971, nach dem Freitod des Malers Mark Rothko, im texanischen Houston errichtete Kapelle ohne Religion. Die fünf blau schimmernden Werke dieses Meisters der Abstraktion haben die Fähigkeit, auf einen Schlag ihr Blau zu verlieren und tiefschwarz gähnende Löcher zu werden. Als zwei be­leibte USTouristen den Bühnenraum betreten, stürzt eines der Riesengemälde um. In Anspielung auf Flüchtlinge geht es Morau in diesem Werk um die Heimatlosig­ keit der Kunst, ihre bilderstürmerische Vertreibung aus der Religion. Das En­ semble gibt im Blaumann den Diener der Kunst, als eine Horde Schimpansen das Museum erobert. Die Ignoranten der Kunst seien die wahren Bilder­stürmer. Es folgt ein Auftritt von Mönchen, der byzantinische Bilderstreit des 8. Jahrhun­ derts: Sturm auf die Ikonen, Verbot der Darstellung Gottes, die Trennung von der Ostkirche. Ohne Angst vor islamisch wirkender Ornamentik tauchen die

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Tanzenden tief ein in die Anfänge der abstrakten Kunst, hier von Mark Rothko. So klug, ohne Zeigefinger, im dramaturgischen Furor und zugleich choreogra­ fisch exakt bis in die Zehenspitzen arbeitet Marcus Morau. Zuletzt, nach Le Surréalisme au service de la révolution für das Ballet de Lorraine, entstand eine weitere Hommage an Luis Buñuel, das Werk Sonoma: eine Lustbarkeit zwischen Schmerz und Befreiung mit strenger Flamenco-­Ordnung und wild-fantastischer Kombinatorik, die höchste tänzerische Fähigkeiten verlangt: Nie wiederholt sich ein Schritt, nie ein Gedanke, nie eine Geste. Eine solche Material- und Schritt­ fülle muss eine Tänzerin sich erst einmal merken können, zumal auch die Logik des Schritts, ganz in Sinne des Surrealismus, jederzeit selbst ihrer eigenen Logik auszuweichen sucht. Von einer sich bedrohlich herabsenkenden Zimmerdecke geht die Reise in Sonoma zu einem Sarg. Tänzerinnen mit riesigen Blumenge­ stecken im Haar heben davor vielstimmig ihren chorischen Gesang an. Man hört Unheimliches vom Gelobten Land, dem Schwert des Damokles, dem Schlüssel zu allen Türen, die für immer geschlossen bleiben. Diese stets ins Surreale gewendete Märchenwelt speist sich letztlich aus jener romantischen Quelle, aus der er auch für sein jüngstes Werk, Nachtträume für das Ballett Zürich, schöpfen wird. Marcos Morau achtet bei alledem vor allem auf eins: auf seinen Stil. «Sieht man nur eine Minute lang ein Stück von Pina Bausch, William Forsythe oder Merce Cunningham, dann weiss man sofort, das ist eine Bausch, ein Forsythe, ein Cunningham.» Das soll bei ihm nicht anders sein. Bilder sind das, was der Tanz aus einer Bewegung heraus zeigen kann. Bewe­ gung geht immer von einem Körper aus. Morau sagt das als ein Bildschöpfer, dessen zweite Liebe kaum einer kennt: Er ist Fotograf aus Leidenschaft, wie sein Grossvater einer war, der noch mit schweren Bildplatten, Gelatine und Fixierbad han­tierte. Das Atelier voller Fotografien faszinierte den Jungen schon in seiner Kindheit. Er kommt aus keiner Künstlerfamilie. Nur der Grossvater hatte diese Ader, die er, laut seiner Mutter, schon früh auch in sich selbst ver­ spürte: die Liebe zur Komposition, die Hoffnung, den besten Moment, den richtigen Blick zu erhaschen, die ästhetische Lust an Balancen, Farbgebung und Bildkomposition. Auch wenn er sagt, er fotografiere nicht mehr, stammen doch viele der Plakatmotive von «La Veronal» aus seiner Kamera. Auch der Zeichen­

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stift gehört zu seinem Werkzeug. Jeder Entwurf, jede Bühnen- und Kostüm­ skizze stammen von ihm selber. Das Bild ist sein Medium, das er nicht in Öl, sondern dreidimensional und in Bewegung realisiert. Unter den zeitgenössi­ schen Choreografen ist Morau der Maler. Weder eine Grundierung noch ein Rahmen sind entscheidend für seine tanzenden Gemälde. Sie beruhen auf ge­ nauer architektonischer Planung und dem Können, mit Tanz die Statik an ihre Grenzen zu führen. Eine riskante Komposition – gemacht, um die Bildkraft seines Theaters so zu stützen, dass das tanzende Gebäude wie gemeisselt in sich selber ruht.

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La vida es sueño Sueña el rey que es rey, y vive con este engaño mandando, disponiendo y gobernando; y este aplauso, que recibe prestado, en el viento escribe, y en cenizas le convierte la muerte, ¡desdicha fuerte! ¿Que hay quien intente reinar, viendo que ha de despertar en el sueño de la muerte? Sueña el rico en su riqueza, que más cuidados le ofrece; sueña el pobre que padece su miseria y su pobreza; sueña el que a medrar empieza, sueña el que afana y pretende, sueña el que agravia y ofende, y en el mundo, en conclusión, todos sueñan lo que son, aunque ninguno lo entiende. Yo sueño que estoy aquí destas prisiones cargado, y soñé que en otro estado más lisonjero me vi. ¿Qué es la vida? Un frenesí. ¿Qué es la vida? Una ilusión, una sombra, una ficción, y el mayor bien es pequeño: que toda la vida es sueño, y los sueños, sueños son.


Das Leben ist Traum Es träumt der König, er sei König, und er lebt mit dieser Täuschung, wo er befiehlt, herrscht und regiert; und die Ehre, die man ihm entbietet, als etwas Geliehenes, die schreibt in den Wind und verwandelt zu Asche der Tod: o schlimmes Schicksal! Wer mag wohl noch regieren, wenn er sieht, dass er erwachen muss im Traum des Todes! Es träumt der Reiche in seinem Reichtum. der ihm nur noch mehr Sorgen bereitet; es träumt der Arme, er würde unter Elend und Armut leiden; es träumt, wer glaubt, Erfolg zu haben; es träumt, wer ehrgeizig nach oben strebt; es träumt, wer auf Unflat und Angriff setzt; mit einem Wort, in der Welt träumen alle nur, was sie sind, doch keiner will es einsehen. Ich, ich träume, dass ich hier bin, von diesen Fesseln gehemmt, und ich träumte, ich hätte mich in einem anderen, angenehmeren Zustand gesehen. Was ist das Leben? Ein tobender Wahn. Was ist das Leben? Eine Gaukelei, ein Schattenspiel, ein Vortäuschen; und das grösste Glück ist gering, denn alles im Leben ist Traum, und die Träume, sie sind Träume.

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Pedro Calderón de la Barca: «Das Leben ist Traum». Zweiter Spieltag, Zweites Bild (Übersetzung: Hartmut Köhler)






Nacht und Träume Heil’ge Nacht, du sinkest nieder; Nieder wallen auch die Träume, Wie dein Mondlicht durch die Räume, Durch der Menschen stille Brust; Die belauschen sie mit Lust, Rufen, wenn der Tag erwacht: Kehre wieder, heil’ge Nacht, Holde Träume kehret wieder. Matthäus von Collin (1779-1824) Dem Wiener Romantiker Matthäus von Collin verdankte Franz Schubert die Vorlage für einige seiner schönsten Lieder, darunter auch «Nacht und Träume» (1823). Der Dichter seinerseits zollte der Musik des 18 Jahre jüngeren Komponisten «enthusiastischen Beifall».



MEILENSTEIN DES TANZTHEATERS Kurt Jooss und sein Ballett «Der grüne Tisch»

Kurt Jooss, 1901 in Wasseralfingen (Baden-Württemberg) geboren, gilt als einer der Gründerväter des modernen Tanztheaters. Er wirkte als Ballettmeister und Regisseur am Stadttheater Münster und war bis zu seiner Emigration 1933 Ballett­direktor am Essener Opernhaus. Nach seiner Rückkehr aus seinem Exil in England und Chile unterrichtete er an der Essener Folkwang-Schule. Dort wurde er 1963 zum Professor für Choreografie und zum Direktor des Tanz­ insti­tuts berufen. Ab 1968 arbeitete Jooss wieder viel im Ausland, vor allem in Skandinavien. Er starb 1979 nach einem Verkehrsunfall in Heilbronn. Seinen Weltruhm verdankt Kurt Jooss seinem berühmtesten Stück: Der grüne Tisch entstand für einen internationalen Choreografie-Wettbewerb und erlebte seine Uraufführung am 3. Juli 1932 im Pariser Théâtre des Champs-Ély­ sées. Eine wichtige Anregung für Jooss war das Totentanzfries in der Lübecker Marienkirche. Zum Erscheinungsbild des Todes, einer zwischen Kriegsgott und Schnitter oszillierenden Figur, inspirierte ihn die Zeichnung Der Krieg (1902) von Alfred Kubin. Der Tod rafft im Grünen Tisch die dahin, die in der Maschinerie des Krie­ ges gefangen sind: Soldaten, ihre Mütter und Frauen. Die an ihm verdienen, wie der Gewinnler oder ihn anzetteln wie die schwarzen Herren, lässt er am Leben. Indem er die tödlichen Folgen des Krieges zeigt, ist Der grüne Tisch ein humanistisch geprägtes, aber kein agitatorisches, auf Veränderung zielendes Antikriegsballett, in dessen dargestellter Welt die Verursacher und Gewinner des Krieges die Oberhand behalten: Nach dem Krieg machen die schwarzen Herren, die die durch Blackouts klar voneinander getrennten einzelnen Bilder einrahmen, dort weiter, wo sie zuvor aufgehört haben.

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Jooss enthielt sich in seiner Choreografie der ideologischen Grabenkämpfe zwi­ schen klassischem und modernen Tanz. Er entwarf eine unterschiedliche Tanz­ stile und Alltagsbewegungen integrierende Bewegungssprache, die er – oft kari­ katuristisch zugespitzt – zu einem dramatischen Tanztheater verdichtete. Die Bewegungstheorien seines Lehrers Rudolf von Laban weiterentwickelnd, sah er in jeder physischen Motion des Körpers eine psychische Regung visualisiert. Das bei dem Wettbewerb mit dem ersten Preis ausgezeichnete Werk mach­ te Jooss international bekannt und gestattete es ihm, mit seiner Compagnie, die er im Ausland «Ballets Jooss» nannte, weltweit auf Tournee zu gehen (1933 emigrierte Jooss aus Deutschland). Ein Markenzeichen des Ensembles war, dass die Musik von zwei Klavieren gespielt wurde. Der grüne Tisch ist eines der wenigen Werke, die aus der Ära des Ausdruckstanzes, des expressionistischen freien Tanzes, überlebt haben: Nach Jooss’ Rückkehr nach Deutschland 1949 gehörte es zum Repertoire seines neuen Ensembles, des Essener FolkwangBalletts. Das Chilenische Nationalballett war zunächst die einzige fremde Com­ pagnie, der Jooss 1948 gestattete, den Grünen Tisch ins Repertoire zu nehmen; seit 1964 ist das Stück dann von zahlreichen Compagnien, auch klassischen, aufgeführt worden.

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Wie viel der ärmsten Untertanen sind Um diese Stund’ im Schlaf! – O Schlaf! O holder Schlaf! Du Pfleger der Natur, wie schreckt’ ich dich, Dass du nicht mehr zudrücken willst die Augen Und meine Sinne tauchen in Vergessen? Was liegst du lieber, Schlaf, in rauch’gen Hütten, Auf unbequemer Streue hingestreckt, Von summenden Nachtfliegen eingewiegt, Als in der Grossen duftenden Palästen, Unter den Baldachinen reicher Pracht Und eingelullt von süssen Melodien? O blöder Gott, was liegst du bei den Niedern Auf eklem Bett und lässt des Königs Lager Ein Schilderhaus und Sturmesglocke sein? Versiegelst du auf schwindelnd hohem Mast Des Schifferjungen Aug’ und wiegst sein Hirn In rauher, ungestümer Wellen Wiege Und in der Winde Andrang, die beim Gipfel Die tollen Wogen packen, krausen ihnen Das ungeheure Haupt und hängen sie Mit tobendem Geschrei ins glatte Tauwerk, dass vom Getümmel selbst der Tod erwacht? Gibst du, o Schlaf, parteiisch deine Ruh’ Dem Schifferjungen in so rauher Stunde, Und weigerst in der ruhig stillsten Nacht Bei jeder Forderung sie einem König? So legt, ihr Niedern, nieder euch, beglückt; Schwer ruht das Haupt, das eine Krone drückt. William Shakespeare: «König Heinrich IV.», Dritter Aufzug, Erste Szene (Übersetzung: August Wilhelm Schlegel)





Um Himmels willen, lasst uns niedersitzen Zu Trauermären von der Kön’ge Tod: – Wie die entsetzt sind, die im Krieg erschlagen, Die von entthronten Geistern heimgesucht. Im Schlaf erwürgt, von ihren Frau’n vergiftet, Ermordet alle; denn im hohlen Zirkel, Der eines Königs sterblich Haupt umgibt, Hält seinen Hof der Tod: da sitzt der Schalksnarr, Höhnt seinen Staat und grinst zu seinem Pomp; Lässt ihn ein Weilchen, einen kleinen Auftritt Den Herrscher spielen, drohn, mit Blicken töten; Flösst einen eitlen Selbstbetrug ihm ein, Als wär’ dies Fleisch, das unser Leben einschanzt, Unüberwindlich Erz; und, so gelaunt, Kommt er zuletzt und bohrt mit kleiner Nadel Die Burgmau’r an, und – König, gute Nacht! William Shakespeare: «König Richard II.», Dritter Aufzug, Dritte Szene (Übersetzung: August Wilhelm Schlegel)



Cambalache Enrique Santos Discépolo

Que el mundo fue y sera una porqueria ya lo se ... En el quinientos seis y en el dos mil tambien! Que siempre ha habido chorros, machiavelos y estafaos, contentos y amargaos, valores y dubles Pero que el siglo veinte es un despliegue de maldad insolente ya no hay quien lo niegue. Vivimos revolcaos en un merengue y en un mismo lodo todos manoseaos… Hoy resulta que es lo mismo ser derecho que traidor...! Ignorante, sabio, chorro, generoso o estafador! Todo es igual! Nada es mejor! Lo mismo un burro que un gran profesor! No hay aplazaos ni escalafon, los inmorales nos han igualao. Si uno vive en la impostura y otro roba en su ambicion, da lo mismo que sea cura, colchonero, rey de bastos, caradura o polizon… Que falta de respeto, que atropello a la razon! Cualquiera es un señor! Cualquiera es un ladron!


Trödelladen

Dass die Welt ein Saustall war und bleibt, das ist mir schon bekannt ... (im Jahr 506, und auch im Jahr 2000!) dass es immer Diebe gab, Machiavellisten und Angeschmierte, Zufriedene und Verbitterte, Wichtige und Falsche ... Aber dass im 20. Jahrhundert sich die Bosheit frech entfaltet, das kann wohl niemand bestreiten. Wir leben in einem Durcheinander, und mit demselben Schlamm werden alle beschmissen.

Das komplette Programmbuch können Sie auf Völlig egal ist’s heute, www.opernhaus.ch/shop aufrecht oder Verräter, Weiser oder Dieb, grosszügig oder Betrüger im zu sein!Foyer oder am Vorstellungsabend Alles ist gleich! Nichts ist besser! Ein Esel ist dasselbe des Opernhauses erwerben wie ein grosser Professor! Es gibt kein Vertagen noch eine Rangliste. Die Schurken haben uns eingeholt Der eine täuscht und verleumdet, der andere raubt ohne Skrupel ... Es ergibt das gleiche, ob es ein Priester ist, ein Matratzen-Bauer, ein König der Unterwelt, ein unverschämter Kerl oder ein blinder Passagier. Welche Respektlosigkeit, welche Beleidigung der Vernunft! Jeder ist ein feiner Herr! Jeder ist ein Gauner!


Mezclao con Stavisky va Don Bosco y «La Mignon», Don Chicho y Napoleon, Carnera y San Martin… Igual que en la vidriera irrespetuosa de los cambalaches se ha mezclao la vida y herida por un sable sin remache ves llorar la Biblia contra un calefon. Siglo veinte, cambalache problematico y febril! El que no llora, no mama, y el que no afana es un gil. Dale nomas! Dale que va! Que alla en el horno nos vamo a encontrar! No pienses mas, sentate a un lao. Que a nadie importa si naciste honrao. Que es lo mismo el que labura noche y dia, como un buey que el que vive de los otros, que el que mata o el que cura o esta fuera de la ley.


Vereint mit Stavisky kommen Don Bosco und «La Mignón», Don Chicho und Napoleon, Carnera und San Martin... Genauso wie im respektlosen Schaufenster der Trödelläden hat sich das Leben vermischt. Und verletzt von einem Säbel ohne Niete, siehst du die Bibel weinen neben einem Wassererhitzer. 20. Jahrhundert, Trödelladen, fiebernd und voller Probleme! Wer nicht jammert, kriegt nichts, wer nicht klaut, ist doof. Geh weiter! Geh nur! Dass wir uns dort im Ofen treffen werden! Denk nicht mehr, setz dich dazu. Niemand interessiert sich dafür, ob du ehrlich geboren bist! Derjenige, der Tag und Nacht wie ein Rind arbeitet, ist genauso wie derjenige, der von anderen lebt, und wie derjenige, der tötet, oder derjenige, der heilt oder der ein Gesetzesbrecher ist.

Das komplette Programmbuch können Sie auf www.opernhaus.ch/shop oder am Vorstellungsabend im Foyer des Opernhauses erwerben «Cambalache» ist ein berühmter Tango aus der Feder des sozialkritischen Tango­ dichters Enrique Santos Discépolo (1901-1951). Der 1935 entstandene Tango, der in Argentinien bis heute als eine Art Nationalhymne der kleinen Leute aus den Vor­städten gilt, war eine wichtige Inspiration für Marcos Moraus «Nachtträume». Discépolo bezieht sich auf eine Reihe heute vergessener Zeitgenossen aus den 30er-Jahren: Der Gauner Alexander Stavisky nahm sich 1934 in einem Gefängnis das Leben. Bosco, der Gründer des Salesianer-Ordens, wurde im gleichen Jahr von Papst Pio XI. heilig­gesprochen. Don Chicho war der Spitzname des argentinischen Mafia-Bosses Juan Galiffi. Primo Carnera war ein italienischer Boxer und verteidigte 1933/34 den WM-Schwergewichts-­Titel. Die beiden Heerführer Napoleon und San Martin bilden einen Kontrast zu den zuvor genannten «Helden» der Boulevardund Sportzeitungen.





MARCOS MORAU Choreograf Marcos Morau studierte Fotografie, Choreografie und Theater in Barcelona und New York, war aber selbst nie Tänzer. Seit über zehn Jahren leitet er als Regisseur, Choreograf, Bühnen-, Licht- und Kostümbildner seine Compagnie «La Veronal». Seine Stücke wurden international auf renommierten Bühnen und Festivals aufgeführt: Festival d’Avignon, Sadler’s Wells London, Théâtre National de Chaillot (Paris), Tanz im August (Berlin), von Montreal bis Rio de Janeiro, von Peking bis Beirut. Neben seiner Arbeit mit «La Veronal» wird Marcos Morau von verschiede­ nen Compagnien und Theatern eingeladen, um neue Kreationen zu entwickeln, die sich zwischen szenischer Kunst und Tanz bewegen, mit besonderem Augen­ merk auf Dramaturgie und der Konstruktion bizarrer und verstörender Univer­ sen. Als jüngster Preisträger des Nationalen Tanzpreises in Spanien ist seine Sprache Teil eines Erbes aus abstrakter Bewegung und physischem Theater, das zu einem surrealistischen und dunklen Amalgam verschmolzen ist. Eine kraft­ volle Körpersprache, die auf der Auslöschung jeglicher organischer Logik basiert, die Bewegung seziert und zu einer einzigartigen Identität macht. Marcos Morau war Gewinner der Choreografiewettbewerbe in Hannover, Kopenhagen und Madrid. Mittlerweile umfasst sein Betätigungsfeld auch Be­ reiche wie Kino und Oper. So hat er seine Version von Carmen beim Königli­ chen Dänischen Ballett, Orpheus und Eurydike in Luzern und Into the little hill von George Benjamin am Teatro Real in Madrid inszeniert. Weitere Arbeiten entstanden für das Nederlands Dance Theater, die Göteborger Oper, die Grands Ballets Canadiens, das Beijing Dance Theater, das Ballet de Lorraine, das Basler Ballett und weitere Ensembles. Für Nachtträume arbeitete Marcos Morau 2022 erstmals mit dem Ballett Zürich zusammen. Zu seinen jüngsten Projekten zäh­ len Sleeping Beauty an der Oper Lyon und Le sacre du printemps beim Ballett am Rhein. Von der Zeitschrift tanz wurde Marcos Morau 2023 als «Choreograf des Jahres» ausgezeichnet. Er ist «Artist in Residence» beim Staatsballett Berlin.

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CLARA AGUILAR Komponistin Clara Aguilar lebt als Komponistin und Sound­designerin in Barcelona. Multi­ stilistisch bewegt sie sich zwischen Ambient-, Pop- und Kammermusik-Arrange­ ments, elektronischer Musik und Techno. Sie hat Musik, Journalismus, Geisteswissen­schaften und Gender Studies studiert. Seit 2017 ist sie Teil der Theaterszene von Bar­ce­lona und schuf Sounddesigns für mehr als dreissig Pro­ jekte. Sie ist Mit­glied des VVAA Collective und arbeitete u.a. am Teatre Nacio­ nal de Catalunya, am Teatre Lliure, am Mercat de los Flors, der Sala Beckett und der Sala Hiroshima. Sie führte Regie bei L’Amour Toujours (L’Auditori) und war als Mitglied des VVAA-Kollektivs Co-Regisseurin von This Real Love (Teatre Lliure) und Arcas 2020 (Teatre Lliure; Teatros del Canal). Für Pool (No Water) erhielt sie die Auszeichnung für das beste Sounddesign (2018). Weitere Projekte als Sounddesignerin und Komponistin waren La partida d’escacs von Stefan Zweig (Teatre Romea), Moi Dispositif Venus von Adeline Flaun (Tro­ piques-Atrium du Martinique), GRRRLS!!! Manifestos feministes von Carlota Subirós (CCCB), La Honte von Lisi Estarás (Mercat de les Flors) und Reiseführer von Ferran Dordal (Teatre Lliure). Sie gehörte zum Komponisten­team der Dokumentarserie Crims (Goroka). Weitere Filmprojekte sind in Vorbereitung. 2021 veröffentlicht sie ihr erstes elektronisches Album Mystery is all. Häufig arbeitet sie mit dem DJ und Produzenten John Talabot zusammen.

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BALLETT ZÜRICH


Cathy Marston Ballettdirektorin

Die international renommierte Choreografin Cathy Marston besitzt sowohl die britische als auch die schweizerische Staatsbürgerschaft. Seit August 2023 ist sie Direktorin des Balletts Zürich. Ihre Tanzausbildung erhielt sie in Cambridge und an der Royal Ballet School London. Zwischen 1994 und 1999 tanzte sie im Bal­ lett Zürich, im Ballett des Luzerner Theaters und beim Konzert Theater Bern. Von 2002 bis 2006 war sie As­ so­ciate Artist des Royal Opera House London und von 2007 bis 2013 Ballettdirektorin am Konzert Theater Bern. Seit Jahren höchst erfolgreich als freischaffende Choreografin tätig, wurde Cathy Marston von einer Vielzahl namhafter internationaler Compagnien und Institutionen eingeladen. Kreationen entstanden unter anderem für das Royal Ballet, das Königlich Dänische Ballett, das English National Ballet, das Nor­thern Bal­ let, das Finnische Nationalballett, das Ballet Black, das National Ballet of Cuba sowie für die Opera Australia und die Hong Kong Academy of Performing Arts. In den letzten Jahren arbeitete sie vermehrt in den USA, so für das San Francisco Ballet, das American Ballet Theatre, das Houston Ballet und das Joffrey Ballet Chi­ cago. In ihren choreografischen Arbeiten lässt sie grosse literarische Vorlagen im Tanz lebendig werden, ausser­ dem nähert sie sich bedeutenden historischen Persön­ lichkeiten auf ungewohnte und originelle Weise. Gros­ se Erfolge feierte sie mit ihren Ballettadaptionen Mrs. Robinson (nach Charles Webbs Roman The Graduate), Snowblind (nach Edith Whartons Roman Ethan Frome), Charlotte Brontés Jane Eyre und John Steinbecks Von Mäusen und Menschen. Ungewöhnliche Sichtweisen prägen auch ihre biografisch inspirierten Werke The Cellist, Victoria und Hexenhatz. Für ihr choreografi­ sches Schaffen wurde Cathy Marston mehrfach ausge­ zeichnet, darunter mit einem South Bank Sky Arts Award und dem britischen National Dance Award. 2020 verlieh ihr das Internatio­nal Institute for Dance and Theatre einen Preis für Exzellenz im internationa­ len Tanz.


Dores André Erste Solistin

Dores André stammt aus Spanien. Ihre Tanzausbildung erhielt sie am Estudio de Danza María de Ávila. Ausser­ dem hat sie einen Master in Design der Universität Barcelona. Sie war Mitglied des San Francisco Ballet, seit 2016 Principal Dancer. Sie tanzte Hauptrollen in Giselle, La Sylphide, Der Nussknacker, Julia in Romeo und Julia, Kitri in Tomasson/Possakhovs Don Qui­xote, Swanilda in Balanchines Coppélia, Olga in John Cran­ kos Onegin, Elizabeth Lavenza in Liam Scarletts Frankenstein, Cinderella in Christopher Wheeldons Cinderella und John Neumeiers The Little Mermaid. Ausserdem kreierte sie Soloparts in Pas/Parts 2016 von William Forsythe, Thread von Kevin Jenkins, Guernica von Annabelle Lopez Ochoa, Hurry Up, We’re Dreaming und In the Countenance of Kings von Justin Peck, Björk Ballet von Artur Pita, Fearful Symmetries von Liam Scarlett, Manifesto von Myles Thatcher und Bound to von Christopher Wheeldon. Ausserdem tanz­ te sie in Choreografien von Jiří Bubeníček, Val Cani­pa­ ro­­ li, Serge Lifar, Yuri Possokhov, Alexei Ratmansky, und Jerome Robbins. Seit der Saison 2023/24 ist Dores André Erste Solistin des Balletts Zürich.

Das komplette Programmbuch können Sie auf www.opernhaus.ch/shop oder am Vorstellungsabend im Foyer des Opernhauses erwerben Esteban Berlanga Erster Solist

Esteban Berlanga stammt aus Spanien. Nach seiner Ausbildung am Royal Conservatory of Albacete und am Professional Dance Conservatory of Madrid tanzte er von 2006 bis 2013 im English National Ballet. Dort wurde er 2012 zum Ersten Solisten ernannt. U. a. tanzte er Prinz Siegfried in Schwanensee von Derek Dean, den Prinzen in Kenneth MacMillans Dornröschen, Albrecht in Giselle von Mary Skeaping, den Nussknacker in der Choreografie von Wayne Eagling und Frédéric in L’Arlésienne von Roland Petit. Ausserdem war er in Choreo­grafien von Jiří Kylián und Maurice Béjart zu sehen. Für Faun(e) von David Dawson wurde er für den «Benois de la Danse» nominiert. Von 2013 bis 2018 war er Prin­cipal Dancer in der Compañia Nacio­ nal de Danza de España. Dort war er solistisch u. a. in Choreografien von William Forsythe, Itzik Galili und Roland Petit zu er­leben. Seit der Saison 2018/19 ist er Mitglied des Balletts Zürich und tanzte hier u. a. Hauptrollen in Christian Spucks Winterreise, Dornröschen, Messa da Requiem und Anna Karenina, in Marco Goeckes Nijinski und Almost Blue, Crystal Pites Angels’ Atlas und Emergence sowie den Dirigenten in Ca­ thy Marstons The Cellist.


Programmheft NACHTTRÄUME Ein Stück von Marcos Morau Uraufführung am 30. September 2022, Spielzeit 2022/23

Das komplette Programmbuch können Sie auf www.opernhaus.ch/shop oder am Vorstellungsabend im Foyer des Opernhauses erwerben Wiederaufnahme am 4. November 2023, Spielzeit 2023/24 Herausgeber

Opernhaus Zürich

Intendant

Andreas Homoki

Zusammenstellung, Redaktion

Michael Küster

Layout, Grafische Gestaltung

Carole Bolli

Titelseite Visual

François Berthoud

Anzeigenverkauf

Opernhaus Zürich, Marketing

Telefon 044 268 66 33, inserate@opernhaus.ch

Schriftkonzept und Logo Druck

Textnachweise: Das Gespräch mit Marcos Morau führte Michael Küster für dieses Programmheft. – Die Beiträge von Israel Solà (Übersetzung: Michael Küster) und Arnd Wesemann sind Origi­ nal­beiträge für dieses Programmheft. – Michel Foucault: Der Wille zum Wissen. Berlin, 2020. – Pedro Calderón de la Barca: La vida es sueño. Das Leben ist Traum. Spanisch / Deutsch. Übersetzt und kommentiert von Hartmut Köhler. Stuttgart, 2009. – Matthäus von Collin: Nacht und Träume. Zitiert nach: https://www.schubertlied.de/de/die-lieder/ nacht-und-traeume-d827 – Der Text «Meilenstein des Tanztheaters – Kurt Jooss und sein Ballett ‹Der grüne Tisch›» ba­ siert auf einem Artikel von Klaus Kieser und Katja Schneider: Reclams Ballettführer. Stuttgart, 2002. – William Shake­­speare: König Heinrich IV. / König Richard II. (Über-

Studio Geissbühler

Fineprint AG

setzung: August Wilhelm Schlegel). In: William Shake­­ speare: Sämtliche Werke in vier Bdn., hrsg. v. Anselm Schlos­ser. Bd. 3: Historien. Berlin / Weimar, 1975. – Enrique Santos Discépolo: Cambalache (Tango). Zitiert nach: http://www.tango-rosetta.com/canciones /cambalache. htm Bildnachweise: Gregory Batardon fotografierte das Ballett Zürich bei der Klavier­hauptprobe am 24. September 2022. – Die Com­ pagnie wurde porträtiert von Karine Grace. Urheber, die nicht erreicht werden konnten, werden zwecks nachträglicher Rechtsabgeltung um Nachricht gebeten.


Unsere Vorstellungen werden ermöglicht dank der Subvention des Kantons Zürich sowie den Beiträgen der Kantone Luzern, Uri, Zug und Aargau im Rahmen der interkantonalen Kulturlastenvereinbarung und den Kantonen Nidwalden, Obwalden und Schwyz. PARTNER

PRODUKTIONSSPONSOREN AMAG Atto primo

Freunde der Oper Zürich Zürich Versicherungs-Gesellschaft AG

Clariant Foundation PROJEKTSPONSOREN René und Susanne Braginsky-Stiftung Freunde des Balletts Zürich

Georg und Bertha Schwyzer-Winiker Stiftung Hans und Edith Sulzer-Oravecz-Stiftung

Ernst Göhner Stiftung

Swiss Life

Hans Imholz-Stiftung

Swiss Re

Max Kohler Stiftung

Zürcher Kantonalbank

Kühne-Stiftung GÖNNERINNEN UND GÖNNER Art Mentor Foundation Lucerne Josef und Pirkko Ackermann Alfons’ Blumenmarkt

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Pro Helvetia, Schweizer Kulturstiftung StockArt – Stiftung für Musik Else von Sick Stiftung Ernst von Siemens Musikstiftung Elisabeth Weber-Stiftung

FÖRDERINNEN UND FÖRDERER CORAL STUDIO SA Theodor und Constantin Davidoff Stiftung Dr. Samuel Ehrhardt Frankfurter Bankgesellschaft (Schweiz) AG Garmin Switzerland Elisabeth K. Gates Foundation

Stiftung LYRA zur Förderung hochbegabter, junger Musiker und Musikerinnen Irith Rappaport Luzius R. Sprüngli Madlen und Thomas von Stockar


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