AMON AMARTH
Foto: Axel Jusseit
GEWOHNT UNGEWOHNT. Die Schweden haben sich durch ständiges Touren und einen konstant guten Output einen Status erspielt, der weit über ihr Heimatgenre Melodic Death Metal hinausgeht. Mit „The Great Heathen Army“ steht nun Album Nummer 12 in den Startlöchern. Wir sprechen mit Hauptsongwriter Olavi Mikkonen über die Veränderungen darauf, das Songwriting dafür und die Rolle von Andy Sneap als Produzent.
O
lavi, lass uns zuerst einmal über das letzte Album „Berserker“ sprechen. Ihr musstet eure Südamerikatour mittendrin abbrechen und habt danach eigentlich nichts mehr zu diesem Album gemacht. Fühlt sich der Zyklus trotzdem beendet an? Jetzt tut er es. Vor anderthalb Jahren war das jedoch noch anders. Corona war schon ausgebrochen, bevor wir Schweden verlassen hatten, es war aber noch nicht so schlimm. Wir hatten eigentlich auch vor, direkt von Südamerika nach Asien zu fliegen, das war schon abgesagt. Wir wussten also, dass die Tour nicht ganz so lange dauern wird. Wir spielten freitags in Peru und am Samstag machten sie alles dicht. Das gleiche Spiel an den folgenden Tagen. Wohin auch immer wir kamen, danach war das Land dicht. Mexiko war dann die letzte Station. Wir schafften es alle noch nach Hause, mussten aber separate Flüge buchen. Zuerst dachten wir, wir könnten abwarten und nach einem halben Jahr wäre wieder alles in Ordnung. Nach einem Jahr hakten wir „Berserker“ ab und begannen etwas Neues zu schreiben. Aber selbst heute fühlt sich „Berserker“ nicht komplett beendet an. Viele Lieder haben wir noch nie live gespielt und jetzt haben wir schon wieder neun neue. Wir werden die von „Berserker“ also wohl nie live spielen können. Aber wenigstens konnten einen halben Zyklus absolvieren. Viele Bands haben Alben veröffentlicht und konnten dann gar keine Shows spielen.
Habt ihr dennoch etwas aus „Berserker“ gelernt, das ihr nun bei dem neuen Album verbessert oder verändert habt? Ich denke, wir lernen immer etwas hinzu. Als Songwriter tendiere ich oft dazu, Dinge zu analysieren, die ich großartig finde, auch wenn die niemandem außer mir auffallen. Ich versuche herauszufinden, warum etwas nicht funktioniert oder warum es funktioniert. In jeden neuen Song bringe ich aber die Erfahrung der anderen Lieder ein und weiß immer genauer, was gut ist und was nicht. Konkret auf „Berserker“ bezogen, wollten wir damals einen eher Heavy-Metal-Anstrich und haben auch mit einem anderen Tuning gearbeitet. Der Sound war mehr „Heavy Metal“. Das haben wir nun wieder geändert und sind zurück zu B-Standard. Es klingt wieder mehr wie Death Metal. Die Entscheidung, sich wieder mehr in Richtung Death Metal zu bewegen, war also wohl überlegt? Ja, so etwas entscheiden wir, wenn wir das Songwriting für ein neues Album beginnen. Wir haben auch versucht, ein etwas düstereres Album zu schreiben. Aber es ist eine Sache sich hinzusetzen und über so etwas zu sprechen. Wenn du dann wirklich die Lieder schreibst, musst du mit dem Material haushalten, das du hast. Du kannst das nicht kontrollieren beziehungsweise du könntest schon, die Songs werden dann aber wahrscheinlich nicht gut. Ich sehe das so: Wenn du eine
Idee hast, dann arbeite mit dieser. Versuche nicht, sie zu verbiegen. Wenn du etwas hast, das eher im Midtempo beheimatet ist, dann mache daraus keinen schnellen Song. Dasselbe gilt für die Stimmung eines Liedes, du kannst aus einer eher fröhlichen Nummer keine düstere machen und umgekehrt. Es ist daher, wie bei „Heidrun“, besser, einen spaßigen Song zu schreiben. Daneben gibt es mit „Vikings & Saxons“ auch eine Nummer, die stilistisch fast schon Richtung Power Metal geht. Die anderen sieben Songs sind aber dafür wesentlich düsterer geworden als unser Material in der letzten Zeit. Ich muss sagen, dass ich persönlich „Heidrun“ gar nicht mag. Ich bin absolut kein Fan von fröhlicher Musik, auch wenn das Lied live wahrscheinlich einer der zukünftigen Hits sein wird. Über die restlichen Songs war ich aber sehr überrascht, da ihr den Härtegrad wieder etwas hochgeschraubt habt. Denkst du, dass die Fans, die während der letzten beiden Alben dazugekommen sind, die „neue“, harte Seite der Band mögen werden? Das musst du die Fans fragen, haha! Ich kann nur nach den Publikumsreaktionen gehen. Wenn wir ein neues Album veröffentlichen, probieren wir immer verschiedene Lieder aus, tauschen welche und beobachten, was gut ankommt. Heutzutage, wo fast alles digitalisiert ist, können wir auch auf den Plattformen sehen, was sich die Leute anhören. Wenn ich mir diese Liste ansehe,
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