STATEMENTS #2

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S 5 Preis: TICHF BE50 Jahres-Abo: GRA ACHF

Jahr I | Nummer 2 März MMXII Auflage 40’000

G AUS

“Ich lehne Ihre Meinung ab, würde aber mein schweiz

Leben dafür geben, dass Sie diese äussern dürfen.” regionen | SO

Seite 6

Seite 14

Silvia Schenker Nationalrätin (SP/BS)

Barbara Wyss Flück Kantonsrätin (Grüne/SO)

Toni Bortoluzzi Nationalrat (SVP/ZH)

Walter Wobmann Nationalrat (SVP/SO)

Managed Care Vorlage

Parteienfinanzierung im Kanton Solothurn

Ein Dauerthema in Portemonnaie und Parlament sind die stetig steigenden Gesundheitskosten. Mit der Managed Care Vorlage wird erneut ein Versuch gestartet, die Kostenexplosion

Am liebsten wäre uns, wenn alle Firmen und Privatpersonen, die politische Spenden machen wollen, diese direkt an Statements schicken würden.

schweiz

regionen | AG

Seite 4

Marianne Streiff Nationalrätin (EVP/BE)

SCHWEIZ

Hans Grunder Nationalrat (BDP/BE)

Braucht die Schweiz neue Kampfjets und wenn ja, welche?

Erbschaftssteuer auf Bundesebene?

Das Erben hat grundsätzlich zwei widersprüchliche Aspekte. Einerseits ist es hoch erfreulich Geld und Güter zu erhalten, ohne etwas dafür leisten zu müssen, anderseits geht dem Erben

regionen | ZH

Seite 24

Balthasar Glättli Nationalrat (ZH/Grüne) Gregor A. Rutz Kantonsrat (SVP/ZH) Patrick Hächler Kantonsrat (CVP/ZH)

Wer soll wie zum Zürcher werden?

Seite 8

Schon in der letzten Ausgabe von „Statements“ stritten zwei Politiker über den richtigen Weg zur Einbürgerung. Damals betraf die Diskussion den Kanton Aargau

Weder die Befürworter noch die Gegner der neuen Gripen-

Kampfjets wünschen sich, dass diese je zum Einsatz kommen. Über die Wahrscheinlichkeit eines Ernstfalls und die Notwendigkeit oder Überflüssigkeit von neuen Kampfjets streitet nun seit Monaten die ganze Schweiz.

REGIONEN | LU

statements dinner

Peter Malama Nationalrat (FDP/BS) Evi Allemann Nationalrätin (SP/BE)

Seite 22

Seite 28

Katharina Meile Kantonsrätin (Grüne/LU)

Oft wird der Schweiz der Vorwurf der Ausländerfeindlichkeit gemacht.

Der Link zum Recht wünscht Ihnen viel Lesevergnügen

Adrian Ackermann Grossrat (FDP/AG) Elisabeth Burgener Grossrätin (SP/AG)

Atommüllendlager im Kanton Aargau?

Viele haben sich während Jahrzehnten Sorgen gemacht um die Atomkraftwerke und ihre Sicherheit. Nun kommt zur Sorge um die aktuelle Nutzung der Atomenergie auch noch jene um die künftige Entsorgung des Atommülls hinzu.

regionen | BL

Seite 12

Adrian Ballmer Regierungsrat (FDP/BL)

Andreas Heer Grossrat (FDP/LU)

Abschaffung der Pauschalbesteuerung für Ausländer im Kanton Luzern

Seite 18

Ruedi Brassel Landrat (SP/BL)

Wie weiter mit den Baselbieter Finanzen? Gelungener Auftakt der Statements-Dinner im Restaurant Schifferhaus in Basel

In den fetten Jahren kann sich das Gemeinwesen vor Begehrlichkeiten kaum retten. Diese Erfahrung machte der Kanton



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Nr. 2 | März MMXII | Statements

EDITORIAL

Danke für die Motivation! Liebe Leserinnen und Leser

E

s ist vollbracht! Die erste Ausgabe von Statements war ein grosser Erfolg oder anders gesagt: Nur die, die sie gut fanden, haben sich bei uns gemeldet! Auf jeden Fall war es eine äusserst befriedigende Erfahrung auf der Suche nach neuen Polit-Autoren zu merken, dass diese „Statements“ schon zu Kenntnis genommen und in den besten Fällen sogar gelesen hatten. Für die dritte Ausgabe haben sich sogar einige Spontanschreiber aus Eigeninitiative gemeldet. Wir sind hoch erfreut über die grosse Zustimmung zu unserem Projekt und die vielen Anmeldungen über info@statements.ch und direkt auf www.statements.ch. Statements lebt von drei Komponenten: 1) den Schreibenden, 2) den Lesenden und 3) den Werbenden. Die Schreibenden Bei den angefragten Politikern ist der Gedanke, ein Polit-Magazin zur demokratischen Debatte ohne Mittler und Filter zu schaffen sehr gut angekommen. Wir gehen davon aus, dass wir immer auf die Mithilfe der Politikerinnen und Politiker zählen können und dass diese unsere Plattform auch in Zukunft gerne nutzen werden. Mit dem Baselbieter Regierungsrat Adrian Ballmer (FDP) begrüssen wir zum ersten Mal einen kantonalen Exekutivpolitiker auf unseren Seiten. Wir hoffen, dass viele weitere Regierungsräte seinem Beispiel folgen: The stage is yours! Die Lesenden Die Flut von Anmeldungen über info@statements.ch und vor allem über die Homepage nach deren Aufschaltung war überwältigend - sehr überwältigend, geradezu überfordernd. Mittlerweile haben wir uns mit professioneller Hilfe und technischen Hilfsmitteln in die Lage versetzt, die Datenmengen geordnet zu verwalten. Wir bitten alle um Entschuldigung, die ihre Exemplare der ersten Ausgabe mit Verspätung erhalten haben. Mit Freude sehen wir der nächsten Flut von Anmeldungen entgegen, denn letztlich produzieren wir dieses Magazin für Sie, die Leserinnen und Leser. Die Werbenden In den ersten drei Ausgaben liegt das Schwergewicht unserer Bemühungen noch nicht in der Werbeakquisition. Dennoch freuen wir uns über die Anfragen und hoffen, dass sowohl Firmen als auch Parteien erkennen, dass Statements eine ideale Werbeplattform für anspruchsvolle Produkte und Dienstleistungen sowie zur Imageförderung ist. Um den Werbenden für ihren Vertrauensvorschuss zu danken, haben wir für die ersten drei Ausgaben massive Rabatte vorgesehen, welche Sie sich noch bis zum 20. März sichern können. Ab der vierten Ausgabe wird die Werbung bei Statements von einer externen Firma verwaltet. Wir werden unsere Leser aber auch weiterhin aufrufen, bei Firmen, Parteien und Komitees ein gutes Wort für uns einzulegen. Ohne eine Finanzierung durch Werbung ist dieses Magazin, wie jedes andere, dem Untergang geweiht. Die zweite Auflage von Statements bringt schon die ersten erfreulichen Veränderungen mit sich. Einerseits wurden wir von der Regionalzeitung „Fricktal Info“ eingeladen, 20'000 Exemplare mit ihrer Zeitung als Beilage mitzugeben, anderseits hat uns die bekannte Polit-Plattform „Vimentis“ eine Zusammenarbeit angeboten, deren Resultat Sie auf den Seiten 26 und 27 finden. Wir hoffen, dass der Funken unserer Begeisterung Sie ansteckt und Sie diesen im Freundes- und Bekanntenkreis weitergeben. Erzählen Sie weiter, dass man unter info@statements.ch noch Gratisexemplare bestellen kann (Mail-Tsunamis erschrecken uns nun nicht mehr), folgen und teilen Sie uns auf Twitter unter @StatementsMag, schliessen Sie sich der Fan-Seite „Statements“ auf facebook an und diskutieren Sie auf www.statements.ch mit. Bilden Sie sich und Ihre Meinung! Viel Spass beim Lesen!s Daniel Ordás, Editor bestellen sie jetzt die nexte ausgabe gratis unter info@staTements.ch Statements Nummer 3: Erscheint am 6. April 2012 Impressum

INHALT 4 | SCHWEIZ

Erbschaftssteuer auf Bundesebene? | Marianne Streiff (EVP/BE) vs. Hans Grunder (BDP/BE) 6 Managed Care Vorlage | Silvia Schenker (SP/BS) vs. Toni Bortoluzzi (SVP/ZH)

8 Braucht die Schweiz neue Kampfjets und wenn ja, welche? | Peter Malama (FDP/BS) vs. Evi Allemann (SP/BE)

10 | regionen | basel-stadt

Wie soll die Basler Kantonalbank der Zukunft aussehen? | David Wüest-Rudin

(GLP/BS) vs. Jürg Stöcklin (Grüne/BS)

12 | BASEL-LANDSCHAFT

Wie weiter mit den Baselbieter Finanzen? | Adrian Ballmer (FDP/BL) vs. Ruedi Brassel (SP/BL)

14 | SOLOTHURN

Parteienfinanzierung im Kanton Solothurn | Barbara Wyss Flück (Grüne/SO) vs. Walter Wobmann (SVP/SO)

18 | aargau

Atommüllendlager im Kanton Aargau? | Adrian Ackermann (FDP/AG) vs. Elisabeth Burgener (SP/AG)

20 | BERN

Die Zukunft des Fachhochschulwesens im Kanton Bern | Jakob Etter (BDP/BE) vs.

Elisabeth Zäch (SP/BE)

22 | luzern

Abschaffung der Pauschalbesteuerung für Ausländer im Kanton Luzern | Katharina Meile (Grüne/LU) vs. Andreas Heer (FDP/LU)

| ZÜRICH

24 Wer soll wie zum Zürcher werden?

| Balthasar Glättli (ZH/Grüne) vs. Gregor A. Rutz (SVP/ZH) vs. Patrick Hächler (CVP/ZH)

26 | VIMENTIS

Zweitwohnungsbau | Lukas Horrer (Chur/ JUSO) vs. Rafael Wohlgemut (Kloten/JSVP) Ferieninitiative | Martin Neukom (Winterthur/Junge Grüne) vs. Adrian Ineichen (Zürich Oerlikon/Jungfreisinnige)

28 | STATEMENTS-DINNER 31 | Kultur

Bücher und Ausstellungen

Von Andrea Bollinger und Michela Seggiani

34 | Profil

Museum als Leidenschaft | Marc Limat, Leiter Museum Basel-Landschaft Von Michela Seggiani

Statements Redaktion: redaktion@statements.ch · www.statements.ch • Leitung Redaktion: Daniel Ordás • RedaktorInnen: Michela Seggiani, Andrea Bollinger, Roman Hänggi • Fotos: Archive, Redaktion, www.vectorimages.com • Illustration: Mo Bridge für www.oz-artworks.com, Nerea Baz • Design & Art Direction: Mónica Subietas für www.oz-artworks.com • IT und Web: Sebastian Westhues für www.yooapps.com | Administration Roman Hänggi, Advokatur & Rechtsberatung TRIAS AG · 4133 Pratteln · Telefon: +41 (0) 61 823 03 03 · www.advokatur-trias.ch | Druck: Druckerei Gremper AG, 4133 Pratteln · www.gremper.ch | Jahres Abo: Schweiz: CHF 50 · Europa: CHF 60 · Übrige länder: CHF 70 · Jugendliche und Amtsträger: CHF 40. Alle Preise zzgl. MWST. Statements ist eine Monatszeitschrift ohne politische Ausrichtung. Die ganze oder teilweise Wiedergabe der Texte bedarf der Bewilligung durch die Redaktion sowie der Quellenangabe. Statements ist nicht verantwortlich für den Inhalt der Artikel und teilt die hier wiedergegebenen Meinungen nicht zwingend.


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Statements | Nr. 2 | März MMXII

SCHWEIZ

Erbschaftssteuer auf Bundesebene? Das Erben hat grundsätzlich zwei widersprüchliche Aspekte. Einerseits ist es hoch erfreulich Geld und Güter zu erhalten, ohne etwas dafür leisten zu müssen, anderseits geht dem Erben immer der Todesfall einer nahestehenden Person vor. Mit ihrer Initiative fordert die EVP, dass die Erben grosser Vermögen einen Teil des geerbten Geldes ans Gemeinwesen abgeben. Dass dieser Vorschlag nicht nur auf Gegenliebe stösst, war zu erwarten. Nationalrätin Marianne Streiff (EVP) setzt sich für die Initiative ihrer Partei ein und BDP-Präsident Hans Grunder zeigt auf, wieso er gegen die Annahme dieser Initiative ist. «Ja zu einer eidgenössischen Erbschaftssteuer.» Marianne Streiff* Nationalrätin (EVP/BE)

der CH-Bevölkerung besitzt gleich viel 1diese%Vermögen wie die übrigen 99%. Allein Tatsache rechtfertigt eine künftige

Erbschaftssteuer. Die von EVP und Partnern lancierte Volksinitiative für eine eidgenössische Erbschaftssteuer sorgt in weiten Kreisen der Bevölkerung für Gesprächsstoff und noch vor ihrem Zustandekommen für teilweise heftige Kritik.

Unnötiger Widerstand des Gewerbes

Ein “störender Fremdkörper” wäre sie in unserem System, hört man aus dem schweizerischen Gewerbeverband. Die Erbschaftssteuer würde insbesondere bei den KMUs zu ernsthaften Liquiditätsproblemen und entsprechend zu Schwierigkeiten bei der Regelung der Unternehmensnachfolge führen. Es wird befürchtet, dass eine eidgenössische Erbschaftssteuer häufig als Hebel zur Betriebsliquidation wirken würde.

Der Bestand der Familienbetriebe und der Landwirtschaftsbetriebe und die durch sie angebotenen Arbeitsplätze werden durch die Steuer somit nicht gefährdet In meinen Augen wird hier pure Angstmacherei betrieben. Speziell im Bereich der KMUs sind durch einen höheren Freibetrag und einen tieferen Steuersatz erhebliche Erleichterungen vorgesehen. Landwirtschaftsbetriebe sind von der Erbschafts-

steuer ausgenommen. Der Bestand der Familienbetriebe und der Landwirtschaftsbetriebe und die durch sie angebotenen Arbeitsplätze werden durch die Steuer somit nicht gefährdet. Der allgemeine Freibetrag von CHF 2 Mio. wird in jedem Fall gewährt. Kleine und mittelgrosse Vermögen bleiben so bewusst von der Erbschaftssteuer ausgenommen. Nicht besteuert werden ausserdem die Teile des Nachlasses und die Schenkungen an die Ehegatten oder registrierten Partner.

Weshalb eine eidgenössische Erbschaftssteuer

Die allermeisten Kantone beziehen schon seit jeher Erbschafts- und Schenkungssteuern. Sie haben diese Steuer jedoch weitgehend dem interkantonalen Steuerwettbewerb geopfert. Deshalb soll die Zuständigkeit zur Erhebung von den Kantonen auf den Bund übergehen.

Jährlich gehen 30 - 40 Milliarden Franken Vermögen durch Erbanfall in neue Hände über

Mit der vorgeschlagenen moderaten Ausgestaltung der Erbschafts- und Schenkungssteuer werden davon ca. 3 Milliarden abgeschöpft. Davon erhält der AHV-Fonds 2 Milliarden und die Kantone 1 Milliarde.

Als Steuer auf dem Nachlass ausgestaltet

Die Erbschaftssteuer wird nicht von den einzelnen Erben, sondern vom Willensvollstrecker bzw. von der Erbengemeinschaft (wie jede andere Nachlassschuld) bezahlt. Verteilt jemand schon zu Lebzeiten sein Vermögen mit Schenkungen und Erbvorbezügen, so bezahlt er darauf erst dann die Schenkungssteuer, wenn diese Zuwendungen zusammengezählt CHF 2 Mio. übersteigen.

Die Zeit ist reif für eine Bundeslösung

Hohe Vermögen konzentrieren sich in immer weniger Händen. Der überdrehte Steuerwett-

Hohe Vermögen konzentrieren sich in immer weniger Händen. Der überdrehte Steuerwettbewerb der Kantone hat die Erbschaftssteuern kannibalisiert

bewerb der Kantone hat die Erbschaftssteuern kannibalisiert. Es gilt einer gerechten Steuer neuen Nutzen zu verschaffen. Die Volksinitiative für eine eidgenössische Erbschaftssteuer bietet dafür das Instrumentarium.s *Marianne Streiff-Feller | Partei: EVP | Amt: Nationalrätin | Kanton: Bern | Beruf: Lehrerin, Politikerin | Person, mit der ich gerne mal Znacht gegessen hätte: Lotti Latrous | Ort, an den ich gerne reisen würde: Neuseeland | Das nervt mich: Polit-Machos. www. marianne-streiff.ch


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Nr. 2 | März MMXII | Statements

SCHWEIZ er abliefern müssten, wie Personen, die weit aussen verwandt sind. Diese Übungsanlage ist äussert schädlich für den Familienansatz, dass die Eltern für ihre Kinder vorsorgen. Ebenfalls wird bei der Versteuerung der Erbschaft keine Rücksicht auf die Anzahl Kinder genommen, oder anders gesagt der Steuersatz ist ungeachtet des Betrages des Einzelnen Kindes gleich hoch. Die Initiative ist also absolut familienfeindlich und benachteiligt zudem Grossfamilien.

Familieninterne Nachfolgeregelungen von KMU-Betrieben werden verunmöglicht

Die Initiative ist sehr trügerisch in Bezug auf die Untergrenze der zu versteuernden Erbschaften. Es wird vorgeschlagen, Erbschaften „erst“ ab 2 Millionen zu versteueren. Das tönt sehr gut und die 2 Millionen scheinen sehr hoch. Bei näherer Betrachtung muss man jedoch feststellen,

Mo Bridge

Diese KMU-Familienbetriebe haben in aller Regel all ihr Vermögen in die Firma investiert und deshalb sind diese Mittel gar nicht flüssig vorhanden, sondern existieren nur auf dem Papier

«Braucht es eine Erbschaftssteuer auf Bundesebene?» Hans Grunder* Nationalrat (BDP/BE)

E

s braucht sicher keine Erbschaftssteuer auf Bundesebene und schon gar nicht im Sinne der vorliegenden, doch sehr populitsichen Initiative. Die Annahme der vorliegender Initiative würde vieler unserer KMU-Betriebe in grosse Bedrängnis bringen.

Die Initiative ist eine trügerische Mogelpackung

Unter dem sehr populären Titel „MillionenErbschaften besteuern für unsere AHV“ ist die Volksinitiative zur Einführung einer eidgenössischen Schenkungs- und Erbschaftssteuer mit einem Steuersatz von 20 % lanciert worden. Absender dieser Initiative ist ausgerechnet die Familienpartei EVP. Ich bin klar der Meinung, dass es grundsätzlich falsch und unnötig ist, flächende-

ckend eine neue Erbschaftsteuer auf Bundesebene einzuführen. Die vorliegende Initiative ist aber besonders gefährlich und absolut untauglich, ich gehe im Folgenden auf die einzelnen Aspekte ein.

Direkte Nachkommen (Kinder) werden gleich besteuert wie alle anderen Erbschaftsberechtigte

Bei Annahme dieser Initiative werden ungeachtet des Verwandtschaftsgrades alle Erbberechtigten mit 20 % besteuert. Dieser Ansatz führt

Dieser Ansatz führt dazu, dass direkte Nachkommen, also zum Beispiel die eigenen Kinder, die gleiche Steuer abliefern müssten, wie Personen, die weit aussen verwandt sind dazu, dass direkte Nachkommen, also zum Beispiel die eigenen Kinder, die gleiche Steu-

dass insbesondere bei unzähligen KMU-Familienbetrieben der Wert der Unternehmung diese Grenze sehr schnell überschreitet. Wird nun diese Grenze eines KMU-Betriebes überschritten sind 20 % Steuern fällig. Diese KMUFamilienbetriebe haben in aller Regel all ihr Vermögen in die Firma investiert und deshalb sind diese Mittel gar nicht flüssig vorhanden, sondern existieren nur auf dem Papier. Dadurch werden solche Familienbetriebe gezwungen zu veräussern oder müssen aufgeben. Die Initiative ist also extrem KMU-feindlich.

Unmögliche Rückwirkungsbestimmung

Unverständlich ist die von der Initiative vorgesehene Rückwirkung: Danach werden Schenkungen ab 1. Januar 2012 rückwirkend dem Nachlass zugerechnet. Unser System ist und soll geprägt sein von einer grossen Rechtssicherheit. Mit dieser Forderung der Rückwirkung auf den 1.1.2012 wird eine unerträgliche und bis jetzt einmalige Situation geschaffen, ein absolut unhaltbarer Zustand.s *Hans Grunder | Partei: BDP | Amt: Nationalrat, Präsident BDP Schweiz | Kanton: Bern | Beruf: Unternehmer, pat. Ingenieur-Geometer | Person, mit der ich gerne mal Znacht gegessen hätte: Meryl Streep | Ort, an den ich gerne reisen würde: Israel | Das nervt mich: Als Politiker darf man sich nicht nerven. www.hans-grunder.ch Und jetzt Sie, auf www.statements.ch


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Statements | Nr. 2 | März MMXII

Schweiz

Managed Care Vorlage Ein Dauerthema in Portemonnaie und Parlament sind die stetig steigenden Gesundheitskosten. Mit der Managed Care Vorlage wird erneut ein Versuch gestartet, die Kostenexplosion zu stoppen oder wenigstens zu verlangsamen. Wie alle Vorlagen hat auch diese ihr Für und ihr Wider. In diesem konkreten Fall treibt die Argumentation jedoch kuriose Blüten. Die Sozialdemokratin Silvia Schenker prangert die Bevormundung der Patienten an und setzt sich für mehr Selbstbestimmung ein, während der SVP Nationalrat Toni Bortoluzzi sich für „Verwaltete Versorgung“ (Managed Care) einsetzt. Diskutieren Sie mit auf www.statements.ch «Anreize schaffen, nicht bestrafen.» Silvia Schenker* Nationalrätin (SP/BS)

anaged Care Versicherungsmodelle M sind nicht neu. Schon lange kann man sich HMO versichern oder ein Hausarztmodell wählen. Wer dies tut, schränkt seine Wahlfreiheit bezüglich medizinischer Behandlung ein. Im Gegenzug bezahlt er weniger Krankenkassenprämien. Bundesrat und Parlament genügen aber die bisherige Zahl der so Versicherten nicht. Sie wollen den Anteil der Versicherten, die sich sogenannt „integriert“ behandeln lassen, deutlich erhöhen. Hinter diesem Anliegen steckt die Idee, dass die integrierte Versorgung (Managed Care) zu Einsparungen im Gesundheitswesen führt. Wieviel eingespart wird, hängt davon ab, wie viele Personen sich für dieses Versicherungsmodell entscheiden.

Die Vorlage arbeitet aber nicht mit positiven Anreizen, wie wir es verlangt haben, sondern mit „Strafen“ Differenzierte Selbstbehalte sollen als Lenkungsmassnahme eingesetzt werden, damit sich mehr Versicherte für Managed Care entscheiden. Wer seine Wahl einschränkt, bezahlt weniger Selbstbehalt als diejenigen, welche die Wahlfreiheit haben wollen. Die Vorlage arbeitet aber nicht mit positiven Anreizen, wie wir es verlangt haben, sondern mit „Strafen“. Wer die Wahlfreiheit behalten wird, bezahlt neu 15 statt 10% Selbstbehalt. Immerhin ist es uns gelungen, eine obere Grenze dieses Selbstbehalts im Gesetz aufzunehmen. Dennoch führt die Vorlage dazu, dass die Patienten noch mehr aus ihrer eigenen Tasche bezahlen müssen, wenn sie die freie Arztwahl behalten wollen. Bereits heute ist im internationalen Vergleich der Anteil überdurchschnittlich hoch, den wir für die Gesundheitskosten selbst bezahlen müs-

sen. Dies spürt die grosse Mehrheit der Bevölkerung schmerzhaft im Portemonnaie. Während die Versicherten, also wir alle, mit Einschränkungen oder Mehrkosten belastet werden, wird mit den Versicherungen pfleglich umgegangen. Sie haben sich erfolgreich gegen eine Verpflichtung zum Anbieten dieser speziellen Versicherungsform gewehrt. Das kann in der Praxis dazu führen, dass Versicherte gezwungen

Bereits heute ist im internationalen Vergleich der Anteil überdurchschnittlich hoch, den wir für die Gesundheitskosten selbst bezahlen müssen. Dies spürt die grosse Mehrheit der Bevölkerung schmerzhaft im Portemonnaie werden, entweder einen höheren Selbstbehalt zu bezahlen oder die Krankenkasse zu wechseln. Viele Menschen habe ihr persönliches Netz schon lange geknüpft. Sie haben eine Hausärztin, der sie vertrauen. Sie gehen hin und wieder zu einem Spezialisten, zum Augenarzt oder vielleicht zum Hautarzt. Sie beanspruchen Gesundheitsleistungen verantwortungsbewusst und massvoll. Wenn sie sich weiterhin in ihrem Netz behandeln lassen wollen und sich nicht genau diese *Silvia Schenker | Partei: SP | Amt: Nationalrätin | Kanton: Basel-Stadt | Beruf: Sozialarbeiterin | Person, mit der ich gerne mal Znacht gegessen hätte: Mit der roten Zora. Die starke junge Frau, die sich unter schwierigen Bedingungen behaupten kann, hat mir imponiert | Ort, an den ich gerne reisen würde: nach Botswana. Weil ich gerne mit Mama Ramotswe Roibuschtee trinken würde | Das nervt mich: das Gerede von Eigenverantwortung unter gleichzeitigem Ausblenden der Tatsache, wie ungleich die Chancen verteilt sind. www.silviaschenker.ch

Ärzte zu einem Managed-Care-Netz zusammenschliessen, müssten sie auf einen Schlag 15% statt 10% Selbstbehalt bezahlen. Diese Vorlage macht die freie Arztwahl zu einem Privileg für diejenigen, die es sich leisten können. Darum gehört sie abgelehnt.s

«Der integrierten Versorgung gehört die Zukunft.» Toni Bortoluzzi* Nationalrat (SVP/ZH)

nser Gesundheitswesen leidet an fehU lendem unternehmerischem Denken und Handeln. Der Versicherte und Patient steht, entgegen anders lautender Aussage, nicht im Mittelpunkt des Interesses. Damit lässt sich auch die bescheidene Vielfalt des Versorgungsangebots erklären. Der einfachste Weg, den Anliegen der Nachfrager gerecht zu werden, wäre die Aufhebung des bestehenden Vertragszwangs für Ärzte und Krankenkassen. Diese Massnahme scheint aber zur Zeit nicht Mehrheitsfähig zu sein.

Die integrierte Versorgung ist ein wesentliches Element zu einer besseren Medizin für den Patienten und dient der Stärkung der Hausärzte, die im Zentrum der Netzwerke stehen Die Managed Care Vorlage, welche das Parlament im vergangenen Herbst verabschiedet hat und über die im Juni abgestimmt wird, ist nun das Resultat möglicher politischer Mehrheiten. Die vorgeschlagene Gesetzesrevision ist sicher nicht revolutionär, geht aber in die richtige Richtung. Das allein ist im Gesundheitswesen schon erfreulich. Das Gesundheitswesen ist und bleibt ein sensibler Bereich in dem es schwierig ist Korrekturen vorzunehmen. So gesehen ist die Managed Care Vorlage eine sinnvolle Weiterentwicklung des Sys-


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Nr. 2 | März MMXII | Statements

schweiz

Nerea Baz

nen Therapien zu befassen. Die Zweckmässigkeit der verschriebenen Leistung wird damit eine ganz andere Bedeutung erhalten. Das finanzielle Ergebnis wird nicht mehr durch möglichst viel verschriebene Leistung begünstigt, sondern die effiziente Erzielung guter Ergebnisse in der Behandlung der Patienten wird honoriert. Dazu gehört und das ist auch neu, eine nachvollziehbare netzinterne Qualitätskontrolle, oder anders gesagt, die durch Vertrag gebundenen Ärzte sind zur Zusammenarbeit im Interesse des Versicherten verpflichtet.

tems. Die integrierte Versorgung ist ein wesentliches Element zu einer besseren Medizin für den Patienten und dient der Stärkung der Hausärzte, die im Zentrum der Netzwerke stehen.

Die integrierten Versorgung als Teil eines funktionierenden Wettbewerbs

Um die Netzwerke wettbewerbsfähig auszugestalten, braucht es einen äusseren Rahmen, welcher die Eckwerte festlegt und den es einzuhalten gilt, ohne aber die Freiheit, der im Vertrag tätigen Ärzte zu vernachlässigen. Auch der Versicherte hat nach wie vor die Freiheit sich in ein Netzwerk zu begeben oder aber den uneingeschränkten Zugang zu allen zugelassenen Leistungserbringern

zu benutzen. Wobei je nach Wahl der Selbstbehalt kleiner ist oder aber etwas mehr kostet. Der Unterschied allerdings ist mit 10 % und Fr. 500.- bzw. 15 % und Fr. 1000.- im Jahr nicht sehr gross. Der Leistungsumfang jedenfalls muss auch im Netzwerk umfassend sein. Für den Arzt ist der Einbezug in ein Netzwerk mit der vertraglichen Verpflichtung verbunden, sich nebst den medizinischen Massnahmen auch mit den wirtschaftlichen Folgen seiner Anordnungen auseinander zu setzen. Die sogenannte Budgetmitverantwortung, die zwingend im Vertrag der Netzwerke festgelegt werden muss, ist denn auch der erstmalige verbindliche Auftrag für Ärzte, sich mit den finanziellen Auswirkungen der von ihnen verschriebe-

Unsere persönliche Beratung ist Ihr Vorteil

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Für den Arzt ist der Einbezug in ein Netzwerk mit der vertraglichen Verpflichtung verbunden, sich nebst den medizinischen Massnahmen auch mit den wirtschaftlichen Folgen seiner Anordnungen auseinander zu setzen Das Gesetz selbst schafft vor allem Anreize aber keine Netzwerke. Es ist Sache der Krankenkassen und der Leistungserbringer im Interesse ihrer „Kunden“ die Anreize, welche die integrierte Versorgung bietet, durch Schaffung solcher Netzwerke anzubieten. Der Stimmbürger kann im Juni an der Urne mit einem Ja zur Managed Care Vorlage den Druck ausüben, der nötig ist, um endlich im Gesundheitswesen zu geänderten Strukturen zu kommen - Korrekturen die der unaufhörlichen, unnötigen Mengenausweitung mit überhöhter Kostenfolge ein Ende setzten.s *Toni Bortoluzzi | Partei: SVP | Amt: Nationalrat | Kanton: Zürich | Beruf: Schreiner www.tonibortoluzzi.ch Und jetzt Sie, auf www.statements.ch

AXA Winterthur Generalagentur Peter Geissmann Henric Petri-Strasse 6 4051 Basel Telefon 061 284 66 66 Telefax 061 284 66 60 www.AXA.ch/basel

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Statements | Nr. 2 | März MMXII

Mo Bridge

SCHWEIZ

Braucht die Schweiz neue Kampfjets und wenn ja, welche? Weder die Befürworter noch die Gegner der neuen Gripen-Kampfjets wünschen sich, dass diese je zum Einsatz kommen. Über die Wahrscheinlichkeit eines Ernstfalls und die Notwendigkeit oder Überflüssigkeit von neuen Kampfjets streitet nun seit Monaten die ganze Schweiz. Mit Nationalrätin Evi Allemann (SP) und Nationalrat Peter Malama (FDP) kann die Statements-Leserschaft die Meinungen von zwei ausgewiesenen Experten prüfen und später unter www.statements.ch weiterdiskutieren. «Unsichere Welt bewirkt Wende in der Militärpolitik.» Peter Malama* Nationalrat (FDP/BS)

ie machtpolitischen Entwicklungen in D Nordkorea, in Pakistan, im Iran und in der arabischen Welt geben Anlass zur Sorge. In

Nordafrika hat die Nato letztes Jahr den Diktator Gaddafi buchstäblich aus Amt und Würden hinausgebombt. In Syrien herrscht Bürgerkrieg. In Ägypten und anderswo kommen isla-

mistische Parteien an die Macht. Und auch die Entwicklung in Europa erscheint mehr denn je unsicher: Mit der Finanz- und Schuldenkrise erleben wir auch eine Krise der Demokratie. Alle wollen die eigenen Vorteile behalten und nur die Lasten abschieben. Das führt politisch in eine Renationalisierung und damit zum Gegenteil von dem, was die europäische Integration eigentlich will. Im schlimmsten Fall kommt es doch noch zum Zerfall des Euro und zu einer Schwächung der EU. Sicherheit hat darum 2012 einen neuen Stellenwert, auch in der Schweizer Politik. Denn auch unser Land ist und bleibt verletzlich.

Mögliche Ernstfälle umfassen natürliche und zivilisatorische Katastrophen. Denkbar sind aber auch machtpolitische Bedrohungen, ich

Heute bilden der Libyenkonflikt und die iranischen Raketen-Drohgebärden die Kulisse, welche uns allen zeigt, dass eine funktionierende Landesverteidigung ohne moderne Luftwaffe nicht auskommen kann


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Nr. 2 | März MMXII | Statements

SCHWEIZ denke etwa an den Georgien-Krieg 2008. Dabei können wir auf keine lange Vorwarnzeit vertrauen, denn viele Gefährdungen können rasch akut werden. Diese Gefahrenlage erfordert neue Konzepte und Schwergewichte. „Unser Land schützen“ heisst darum heute in verschiedener Hinsicht bereit zu sein: Zum einen schützen von Bevölkerung und Infrastruktur sowie Unterstützung ziviler Behörden, gerade aktuell bei der Bewältigung der Migratinsproblematik; zum anderen heisst es, die Kompetenz für einen robusten Einsatz zu erhalten und bereit sein, diese auszubauen.

Die Schweiz braucht einen modernen Luftschirm

Sicherheit braucht heute auch einen funktionierenden Luftschirm. Das Volk weiss das. Es hat 1993 einer Neubeschaffung von Kampflugzeugen deutlich zugestimmt. Damals zeigten Konflikte im ehemaligen Jugoslawien, dass es ohne Luftverteidigung nicht geht. Heute bilden der Libyenkonflikt und die iranischen Raketen-Drohgebärden die Kulisse, welche uns allen zeigt, dass eine funktionierende Landesverteidigung ohne moderne Luftwaffe nicht auskommen kann. Denn eines ist sicher: wie auch immer sich ein zukünftiger Konflikt darstellt, polyvalente Hochleistungsflugzeuge in ausreichender Zahl werden auch künftig notwendig sein.

Das Parlament wird nun prüfen, ob die Beschaffung seriös vorbereitet wurde und der gewählte Ersatz diesen Anforderungen entspricht Die Flotte bedarf darum der Ergänzung. Der Tiger ist veraltet und muss abgelöst und ausgemustert werden. Mit den F/A-18 haben wir zwar kurz- und mittelfristig ein einsatzfähiges Flugzeug. Längerfristig muss ergänzend ein neu zu beschaffendes Flugzeug als «Aufwuchsflugzeug» dienen. Basis bilden die vorhandenen Kernkompetenzen: Können, Material und Technologie, Logistik und Führung. Alles muss zeitgerecht quantitativ hochgefahren werden können. So sind auch die vorgesehenen neuen Kampfflugzeuge einzuordnen. Sie dienen nicht nur den laufenden und zentralen luftpolizeilichen Aufgaben – die Luftwaffe führt jedes Jahr bis zu 400 Kontroll- und Interventionsmissio-

nen im Rahmen des täglichen Luftpolizeidienstes durch; sie dienen dem Aufbau und Erhalt aller Einsatzkompetenzen: Dazu gehören LuftLuft, Luft-Boden und Aufklärung. Das Parlament wird nun prüfen, ob die Beschaffung seriös vorbereitet wurde und der gewählte Ersatz diesen Anforderungen entspricht. Angesichts der Ungereimtheiten um die Evaluationsarbeit im Departement Maurer ist das nötig, um das Vertrauen in die Typenwahl und die Beschaffung herzustellen.s *Peter Malama | Partei: FDP | Amt: Nationalrat der FDP und Mitglied der Sicherheitspolitischen Kommission | Kanton: BS | Beruf: Direktor Gewerbeverband. www.petermalama.ch

für diese braucht’s keine neue Jet-Beschaffung. Die Ausstattung der Schweizer Luftüberwachung mit modernen Flugzeugen ist gut und im internationalen Vergleich auch nach Ausmusterung der F5-Tiger überdurchschnittlich. Die luftpolizeilichen Aufgaben, deren Nutzen ich in keiner Weise in Frage stelle, können auch in Zukunft wahrgenommen werden. Die Durchhaltefähigkeit der Luftwaffe ist hoch, noch längere Stehzeiten in Warteräumen in der Luft sind ein falsches Konzept. Neue Kampfjets sind ein Luxus, den sich weder die Schweiz noch die Armee leisten können. Die Beschaffungskosten für den schwedischen Kampfjet Gripen F/E belaufen sich gemäss jüngsten Angaben auf 3.1 Milliarden Schweizer Franken. Später kommen gewaltige Kosten für Betrieb und Unterhalt sowie für die so genannten «Kampfwertsteigerungen» hinzu. Über die gesamte Betriebsdauer würden die Kampfjets mindestens das Drei- bis Vierfache kosten. Um

«Kampfjet-Luxus stoppen.»

Da ist kein grosser Prophet, wer sagt, dass es bei Bildung, Verkehr, Sozialpolitik, Landwirtschaft und Entwicklungszusammenarbeit teils happige Einschnitte geben wird

Evi Allemann* Nationalrätin (SP/BE)

Eihre luftpolizeilichen Aufgaben heute und in Zukunft wahrnehmen können. Doch da-

ins ist klar: Die Schweizer Luftwaffe muss

für braucht es keine milliardenteuren neuen Kampfflugzeuge. Was die Österreicher mit 15 Eurofightern können, ist in der Schweiz mit unseren 33 F/A-18, die erst jüngst modernisiert wurden, längst möglich.

Die Ausstattung der Schweizer Luftüberwachung mit modernen Flugzeugen ist gut und im internationalen Vergleich auch nach Ausmusterung der F5-Tiger überdurchschnittlich Als der Bundesrat das Projekt Tiger-Teilersatz (TTE) im Juni 2007 grundsätzlich bewilligte, war klar: Im Vordergrund der Argumentation für neue Kampfjets stand die fehlende Erdkampffähigkeit der F/A-18-Flotte sowie die Durchhaltefähigkeit in einem virtuellen Szenario mit einem mehrmonatigen Einsatz in der Luft. Die eigentlichen luftpolizeilichen Aufträge standen nicht im Zentrum – zurecht, denn

die Beschaffung zu realisieren, hat eine bürgerliche Mehrheit im Parlament den Armeeausgabenplafonds auf 5 Milliarden erhöht, was jedoch nur mit einem Sparpaket im Umfang von 800 Millionen Franken finanzierbar ist. Da ist kein grosser Prophet, wer sagt, dass es bei Bildung, Verkehr, Sozialpolitik, Landwirtschaft und Entwicklungszusammenarbeit teils happige Einschnitte geben wird. Nach den jüngsten Turbulenzen steht das Kampfflugzeug derart in Schieflage, dass eine Beschaffung politisch immer unrealistischer wird. Und das ist gut so, denn das Geld für die Jets kann die Schweiz sinnvoller investieren als in Rüstungskonzerne im Ausland.s *Evi Allemann | Partei: SP | Amt: Nationalrätin, Mitglied der Sicherheitspolitischen Kommission | Kanton: Bern | Beruf: Juristin. http://eviallemann.ch Und jetzt Sie, auf www.statements.ch

So fängt der Monat gut an. Nummer 3 erscheint am 6. April 2012 “Ich lehne Ihre Meinung ab, würde aber mein Leben dafür geben, dass Sie diese äussern dürfen.”


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Statements | Nr. 2 | März MMXII

regionen | basel-stadt

Wie soll die Basler Kantonalbank der Zukunft aussehen? Historisch betrachtet dienen die Kantonalbanken der Versorgung der Kantonsbevölkerung und des hiesigen Gewerbes mit Krediten. Zu diesem Zweck haben die Kantone „ihre“ Banken jeweils mit einer Staatsgarantie versehen, womit die Kantone letztlich für den Ausfall der Kredite ihrer Bürger und einheimischen Betriebe gerade stehen. In einem globalisierten Umfeld ist die Situation wesentlich komplexer, wie die Unruhe im Zusammenhang mit dem US-Geschäft einzelner Kantonalbanken beweist. An Hand des Basler Beispiels zeigen die Grossräte und Parteipräsidenten Jürg Stöcklin (Grüne) und David Wüest-Rudin (GLP) Lösungsvorschläge für die Zukunft auf. «Die Staatsgarantie verzerrt den Wettbewerb und erhöt die Risikobereitschaft.» David Wüest-Rudin* Grossrat (GLP/BS)

ie Basler Kantonalbank (BKB) ist wegen D Vorwürfen der Beihilfe zur Steuerhinterziehung im Visier von US-Behörden. Dabei besteht ein vitales Risiko für die Bank, zum Beispiel wenn dadurch das US-Dollar-Clearing verunmöglicht oder der Handel von USWertschriften gekündigt würde.

Restrisiko Staatsgarantie

Riskante Geschäfte und Verantwortung

Dazu kommt, dass nicht nur mit US-Kunden Risiken bestehen. Die Steuerzahlenden stehen aktuell auch für die Risiken derivativer Finanzinstrumente, eines wachsenden Investment Bankings, des Eigenhandels der BKB und das Private Banking in Zürich ein. Dabei wären der BKB gemäss §7 Abs. 2 des Gesetzes über die Basler Kantonalbank (GBKB) „besonders riskante Geschäftsarten“ verboten. Aber offenbar ist die Aufsicht zu lasch, vorab des vom Grossen Rat gewählten Bankrats. Aber auch die Regierung müsste ihre gesetzliche Rolle des Eigner-

Wir dürfen die Steuerung der BKB eben nicht noch mehr verpolitisieren, sondern müssen sie professionalisieren

Mo Bridge

Das Problem daran ist die Staatsgarantie. Der Kanton haftet letztlich für allfällige grosse finanzielle Schäden oder gar bei einem Untergang der Bank. Und das wäre ein Mega-Brocken: Die Bilanzsumme der BKB ist etwa sechs mal grösser als die des Kantons. Und auch wenn die Wahrscheinlichkeit eines Banken-GAU’s klein ist – schon das Restrisiko treibt der Politik den Schweiss auf die Stirn. vertreters und ihre Überwachungspflicht wahrnehmen (§17 GBKB). Sie soll auch endlich eine Eignerstrategie für die BKB erlassen. Falsch finde ich den Vorstoss von Links, welcher dem Grossen Rat mehr Informations- und Interventionsrechte zukommen lassen will. Wir dürfen die Steuerung der BKB eben nicht noch mehr verpolitisieren, sondern müssen sie professionalisieren. Das spricht auch gegen eine Wahl des Bankrats durch den Grossen Rat.

Braucht der Kanton überhaupt eine Bank?

Vor über hundert Jahren war die Gründung einer Staatsbank ein sinnvoller und weitsichtiger Akt der KMU-Wirtschaftspolitik. Heute ist die BKB eine solide und erfolgreiche Bank. Die Staatsgarantie ist nicht mehr nötig, ja sie wirkt wettbewerbsverzerrend und ist eine Last für den Kanton. Die BKB bringt ihm zwar eine kleine Kapitalrendite, dies aber

bei einem finanziellen GAU-Restrisiko. Und würde Basel die BKB verkaufen, so könnte der Kanton in etwa seine gesamten Schulden tilgen - man stelle sich das mal vor! Ein

Ein Verkauf ist politisch aktuell nicht machbar, aber zumindest eine Eingrenzung der Staatsgarantie muss angesichts der Dimensionen angestrebt werden Verkauf ist politisch aktuell nicht machbar, aber zumindest eine Eingrenzung der Staatsgarantie muss angesichts der Dimensionen angestrebt werden. Mein kurzfristiges Zukunftsbild der BKB: Staatsgarantie einschränken, riskante Geschäfte zurückfahren, Bankrat entpolitisieren


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Nr. 2 | März MMXII | Statements

regionen | basel-stadt und die Regierung in ihre Verantwortung nehmen. Langfristig darf ein Verkauf der BKB kein Tabu sein.s *David Wüest-Rudin | Partei: Grüne Liberale Partei | Amt: Grossrat, Parteipräsident BS | Kanton: Basel-Stadt | Beruf: Geschäftsführer | Person, mit der ich gerne mal Znacht gegessen hätte: Da gäbe es einige, zum Beispiel Joschka Fischer | Ort, an den ich gerne reisen würde: Nochmal ins absolut faszinierende Japan, wo man sich in einer Welt, die man kennt, völlig fremd fühlt und kaum zurecht findet | Das nervt mich: Rücksichtslosigkeit und Egomanie im Alltag, Beispiele kennen wir alle, an der Kasse, im Tram, im Strassenverkehr, Nachbars Party etc. www.wueest-rudin.ch

«Im Kerngeschäft ist die Staatsgarantie weiterhin sinnvoll und nötig.» Jürg Stöcklin* Grossrat (Grüne/BS)

E

in Wegfall der Staatsgarantie würde die BKB schwächen, hingegen sollte diese zum Wohl der Basler auf das Kerngeschäft beschränkt und dazu allzu risikobehaftete und zweifelhafte Geschäftsfelder eingeschränkt werden. Regelmässig wird von bürgerlicher Seite der öffentlich-rechtliche Status der Kantonalbank in Frage gestellt. Jetzt, wo die BKB wegen der Übernahme amerikanischer UBSKundengelder unter Druck gerät, ist erneut zu hören, die Bank sei ein untragbares Risiko, die Staatsgarantie gehöre abgeschafft, die Bank am besten in eine private Aktiengesellschaft überführt. Geflissentlich wird dabei übersehen, welche volkswirtschaftliche Rolle die BKB mit

ihren 200›000 Kundinnen und Kunden für die Geld- und Kreditbedürfnisse der Bevölkerung und das lokale Gewerbe hat. Nicht die Rechtsform, sondern die Qualität des Managements und der Aufsicht ist für den Erfolg einer Bank entscheidend. Die BKB hat sich in der bestehenden Rechtsform positiv entwickelt. Das Kerngeschäft präsentiert sich auch in schwierigem Umfeld als solide, wie die soeben an der Bilanz-Pressekonferenz präsentierten Zahlen zeigen.

Eine Privatisierung wäre nicht von Vorteil.

Die Umwandlung in eine Aktiengesellschaft würde Kosten von über 50 Millionen verursachen. Im Unterschied zu heute würden Bundessteuern von jährlich rund 25 Mio. anfallen und die Refinanzierungskosten stiegen an. Dies alles müssten die Kunden finanzieren. Für den Kanton würde die Gewinnablieferung wegfallen, die in 20 Jahren von 8 auf ein Maximum von über 90 Mio. angewachsen ist. Auch ein Wegfall der Staatsgarantie würde die BKB schwächen. Für die Sparguthaben und das Kreditgeschäft bietet sie zusätzliche Sicherheit, der Wettbewerbsvorteil wird dem Kanton entschädigt. Vor allem wegen ihrer

Vor allem wegen ihrer Rolle im lokalen Markt könnte der Kanton die Kantonalbank auch ohne Staatsgarantie in einer Krise nicht fallen lassen Rolle im lokalen Markt könnte der Kanton die Kantonalbank auch ohne Staatsgarantie in einer Krise nicht fallen lassen. In der Waadt oder in Genf mussten die Kantone auch ohne Staatsgarantie mit beträchtlichen Summen einspringen, als die Kantonalbanken in Schwierigkeiten gerieten. Wer nach der staatlichen Unterstützung für Banken im In- und Ausland immer noch glaubt, wichtige Banken in kritischer Lage könnten ohne Staatsunterstützung bestehen, blendet die Realitäten aus.

Trotzdem ist die Politik gefordert.

Für das Kerngeschäft der BKB ist die Staatsgarantie wichtig. Aber ist es verantwortbar, dass diese sämtliche Geschäftsfelder der Bank abdeckt? Sollen Privatkunden im Ausland, das gesamte Handelsgeschäft und Grosskundenkredite im Insolvenzfall durch eine Staatsgarantie der Basler Steuerzahler geschützt sein? Mit einer Totalrevision des Kantonalbankengesetzes liesse sich für die BKB ein Geschäftsmodell festschreiben, welches die Staatsgarantie auf das Kerngeschäft beschränkt. Damit

Für das Kerngeschäft der BKB ist die Staatsgarantie wichtig. Aber ist es verantwortbar, dass diese sämtliche Geschäftsfelder der Bank abdeckt? würde im Umgang mit Risiken eine Kultur gefördert, die der Schadensvermeidung Vorrang gäbe gegenüber einer zweifelhaften Ausweitung der Geschäft­sfelder im globalen Haifischteich der Finanzindustrie.s *Jürg Stöcklin | Partei: Grüne BS | Amt: Grossrat, Präsident Grüne BS | Kanton: Basel-Stadt | Beruf: Biologe, Professor für Botanik an der Universität Basel | Person, mit der ich gerne mal Znacht gegessen hätte: Vaclav Havel, den ich für seinen Mut, seine moralische Integrität und sein Staatsverständnis bewundere | Ort, an den ich gerne reisen würde: Odessa, eine Stadt am Schwarzen Meer, die durch das Zusammenleben zahlreicher Völker und Religionen geprägt wurde | Das nervt mich: Populismus von rechts und links. http://www.grosserrat.bs.ch/suche/ mitglieder/details/?idurl=1656 Diskutieren Sie mit auf www.statements.ch


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REGIONEN | BASEL-LANDSCHAFT

Wie weiter mit den Baselbieter Finanzen? In den fetten Jahren kann sich das Gemeinwesen vor Begehrlichkeiten kaum retten. Diese Erfahrung machte der Kanton Basel-Landschaft bis vor wenigen Jahren. Heute stehen die Baselbieter Politiker vor der unangenehmen Frage, wie die Löcher in der Staatskasse gestopft werden können. Lesen Sie dazu den zuständigen Regierungsrat Adrian Ballmer (FDP) und einen seiner Widersacher, Landrat Ruedi Brassel (SP). «Alle müssen Kröten schlucken.» Adrian Ballmer* | Regierungsrat (FDP/BL)

em auch immer Sie diese Frage stellen, Sie werden jedes Mal eine W andere Antwort erhalten. Welche ist nun die richtige? Meine Aufgabe ist es, die Finanzen des Kantons im Griff und Lot zu

halten bzw. sie wieder dorthin zu bringen. Wo aber viele Hände hineingreifen und viele Köpfe mitdenken und –reden, ist diese Aufgabe sicher nicht ganz so leicht zu lösen, wie in der Geschäftsleitung eines Unternehmens oder in der eigenen Brieftasche. Die Verpflichtungen, Interessen und Wünsche von Bund, Wirtschaft, Bevölkerung sind zu bündeln, evaluieren, abzuwägen, zu priorisieren und letztlich umzusetzen.

Als einer unter vielen Kantonen müssen auch wir ein Sparpaket schnüren, weil die Ausgaben zu stark gewachsen sind Die Einnahmenseite ist leicht zu überblicken. V.a. Steuern fliessen in die Staatskasse. Die Liste der Ausgabenseite ist ungleich länger und komplizierter zu verstehen. Tatsache bleibt, dass alle beim „Geld ausgeben“ dabei waren und sind. Mal die eine Seite für ihre Belange, dann die andere Seite für gegenteilige Interessen. Und auch die Bevölkerung hat mit Abstimmungen zu Vorlagen zum Ausdruck gebracht, wofür sie das Geld ausgeben möchte.

Wir dürfen stolz darauf sein, dass wir ein Paket vorlegen können, bei welchem jeder dieser so unterschiedlichen Beteiligten mit so divergierenden Interessen Kröten geschluckt hat

Ich hätte Steuern für die Reichen und die Unternehmen gesenkt, deshalb hätten wir ein Defizit und zu wenig Einnahmen, um all unsere Wünsche zu finanzieren? Auch Staatsfinanzen funktionieren nicht nach Milchbüchlein-Rechnung. Ganz so einfach kann die Ursachenforschung nicht zu diesem plakativen Ergebnis kommen. Denn für die so genannten Reichen wurde in steuerlich positiver Hinsicht noch gar nichts getan. Fakt ist, dass Hauseigentümer und Alleinstehende sogar höher belastet wurden. Gesenkt wurden die Steuern für Familien. Das Volk hat sich für die Abschaffung der Erbschaftssteuer bei direkten Nachkommen entschieden. Gesenkt wurden auch, das ist richtig, die Steuern für Unternehmen; v.a. für unsere KMUs, ein Lebensnerv unseres Kantons.

Wie weiter? Als einer unter vielen Kantonen müssen auch wir ein Sparpaket schnüren, weil die Ausgaben zu stark gewachsen sind. Wir haben es im Vorfeld geschafft! Die unterschiedlichsten Interessen und Ansprüche konnten gebündelt werden. Wir dürfen stolz darauf sein, dass wir ein Paket vorlegen können, bei welchem jeder dieser so unterschiedlichen Beteiligten mit so divergierenden Interessen Kröten geschluckt hat. Wir haben uns zusammenraufen können! Wir haben den kleinstmöglichen gemeinsamen Nenner gefunden, der für unsere Zukunft aber so viel wert ist! Hinter diesem Paket können wir alle stehen. Tun Sie es auch! Denn damit und mit unserem hart erarbeiteten Programm für die nächsten Jahre sind wir auf gutem Weg, die Baselbieter Finanzen dahin zu bekommen, wo sie hingehören: zu den schwarzen Zahlen.s *Adrian Ballmer | Partei: FDP | Amt: Regierungsrat | Kanton: Basel-Landschaft | Beruf: Rechtsanwalt | Person, mit der ich gerne mal Znacht gegessen hätte: Georg Christoph Lichtenberg; Universalgelehrter; wusste brillant zu formulieren | Ort, an den ich gerne reisen würde: Edinburgh; mich in ein Strassencafé setzen und die Menschen beobachten | Das nervt mich: Ignorante Ideologen. http://www.baselland.ch/Mitglieder.274500.0.html

«Sanieren: ja – sich kaputt sparen: nein!» Ruedi Brassel* | Landrat (SP/BL)

ie Kantonsfinanzen sind in Schieflage geraten. Keine Frage. Die D Gründe dafür sind vielfältig – und auch hausgemacht. Wer in den Vorjahren Steuergeschenke von mehr als 120 Mio. pro Jahr gemacht hat

und dann von einem strukturellen Defizit spricht, streut sich und anderen Sand in die Augen.


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Nerea Baz

REGIONEN | BASEL-LANDSCHAFT

Wer in den Vorjahren Steuergeschenke von mehr als 120 Mio. pro Jahr gemacht hat und dann von einem strukturellen Defizit spricht, streut sich und anderen Sand in die Augen Opfersymmetrie?

Von Opfersymmetrie zu reden, ist absurd. Wenn etwa die Kostenpro­ gnosen für die Spitalfinanzierung innert eines Jahres um mehr als 60 Mio. steigen, kann man dies doch nicht einfach bei der Bildung oder beim öffentlichen Verkehr einsparen! Klar ist: Wir brauchen einen guten Service public. Die Wirtschaft verlangt gute Infrastrukturen und Investitionen in die Bildung. Das kostet. Was den Preis wert ist, müssen wir zahlen. Dafür gibt es Steuern. Wenn der Steuersatz für die Bezahlung der unbestrittenen Leistungen nicht reicht, dann muss er angehoben werden.

Was den Preis wert ist, müssen wir zahlen. Dafür gibt es Steuern. Wenn der Steuersatz für die Bezahlung der unbestrittenen Leistungen nicht reicht, dann muss er angehoben werden Gewiss müssen auch die Ausgaben überprüft werden. Deshalb hat der Regierungsrat, unterstützt vom landrätlichen Think-Tank, ein Paket geschnürt, das auf eine Entlastungswirkung von 180 Mio. pro Jahr abzielt. Ein stattlicher Teil ist bereits mit dem Budget 2012 genehmigt worden. Wenn alle Parteien erklären, dass sie bereit sind, mindestens drei Viertel dieser Massnahmen mitzutragen, dann ist allein dies schon als Erfolg zu werten.

Ende des Streichkonzerts

Aber dem Streichkonzert muss auch Einhalt geboten werden. Zum Beispiel bei der Kürzung der Prämienverbilligungen, bei willkürlichen Pensenerhöhungen für einzelne Berufskategorien, bei einer untauglichen Ausdünnung des öffentlichen Verkehrs oder bei der Streichung

von schulischen Brückenangeboten. Leider kommen viele dieser Massnahmen nicht vor das Volk, weil sie per Dekret oder durch Budgetentscheide beschlossen werden. Mit den Bildungsinitiativen wird es aber möglich, hier zu korrigieren.

Rahmengesetz bringt nichts

Bei den Gesetzesänderungen hat sich die Regierung zu einer Alles-odernichts-Strategie entschlossen. Die Gefolgschaft soll durch ein EntlastungsRahmengesetz gesichert werden. Schauen wir uns dieses einmal genauer an. Es umfasst Massnahmen im Umfang von 26 Mio. Franken. Für 6 Mio. werden die Kosten einfach vom Kanton auf die Gemeinden geschoben. Gespart wird nichts. Die Einführung eines Selbstbehalts auf die bei der Steuererklärung abziehbaren Krankheitskosten soll 15 Mio. einbringen. Dabei handelt es sich de facto um eine versteckte Steuererhöhung. Sie wird vor allem die mittleren Einkommen hart treffen. Jene Gruppe, die schon die Reduktion der Prämienverbilligung um 10 Mio. zu spüren bekommen hat. Für die Sanierung des Haushalts bringt das Rahmengesetz nichts.

Grenzen überwinden

Ehrlicher wäre es, offen und gerecht für alle eine allgemeine Steuererhöhung zu sorgen, wie das die Defizitbremse vorsieht. Und wichtiger ist es, eine Vorwärtsstrategie für unseren Kanton zu entwickeln. Diese muss die kantonalen Grenzen überwinden. Denn unsere Region verfügt über genügend Mittel, unseren Service public und unsere Infrastrukturen zu finanzieren.s *Ruedi Brassel | Partei: SP | Amt: Landrat und Gemeinderat Pratteln | Kanton: Basel Landschaft | Beruf: Dr. phil., Historiker, Parteisekretär | Person, mit der gerne mal Znacht gegessen hätte: Stephan Gutzwiller | Ort, an den ich gerne reisen würde: Hülftenschanz | Das nervt mich: Kantönligeist. www.ruedibrassel.ch Und jetzt Sie, auf www.statements.ch


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Statements | Nr. 2 | März MMXII

regionen | SOLOTHURN

Parteienfinanzierung im Kanton Solothurn Am liebsten wäre uns, wenn alle Firmen und Privatpersonen, die politische Spenden machen wollen, diese direkt an Statements schicken würden. Da es jedoch immer wieder Leute und Unternehmungen gibt, die es vorziehen, mit ihren Spenden konkrete Parteien zu unterstüzen, wird wohl auch in Zukunft leidenschaftlich über die Frage der Parteienfinanzierung und den Grad der nötigen Transparanz diskutiert werden. «Transparenz in der Parteienfinanzierung.» Barbara Wyss Flück* Kantonsrätin (Grüne/SO)

ransparenz in der Parteienfinanzierung T ist kein exklusives Thema für den Kanton Solothurn, nein, es geht um den Sonderfall

Schweiz. Nur die Kantone Genf und Tessin haben bis jetzt Gesetze erlassen, um durch Offenlegung der Geldströme und Zuwendungen an Parteien und Abstimmungskampagnen mehr Transparenz anzustreben. Für mich als Grüne Politikerin wird die Frage der Diskretion hier am falschen Ort praktiziert und es erstaunt wenig, dass vor allem die rechten, finanzstarken Parteien sich nach Kräften gegen eine Offenlegungspflicht sperren. Einmal mehr wurde in der Januarsession 2012 ein Auftrag von Kantonsrat Markus Knellwolf leider bachab geschickt.

Es erstaunt wenig, dass vor allem die rechten, finanzstarken Parteien sich nach Kräften gegen eine Offenlegungspflicht sperren Die Eigeninteressen wurden nicht versteckt, nein, gewisse bürgerliche Votanten haben sich übertroffen in Vorschlägen, wie ein entsprechendes Gesetz garantiert umgangen würde und somit überflüssig sei. Ich selber bin überzeugt, dass Transparenz in dieser Frage wieder mehr Vertrauen in die Politik schafft und offengelegte Interessenbindungen, Geldfüsse und Spendentätigkeiten für die Wählerin und den Wähler wichtige Entscheidungshilfen darstellen. Wir Grünen haben nichts zu verstecken und können so mit gutem Gewissen für mehr Transparenz einstehen. Die Frage sei erlaubt, was haben FDP und SVP zu verstecken, dass sie sich derart verbissen wehren? Von einer Musterdemokratie haben wir uns längstens verabschiedet, keine westliche Demokratie geht so intransparent mit der Offenlegung von Finanzströmen im politischen

Prozess um. Ganze 10 Vorstösse wurden in Bundesbern in den letzten Jahren abgeschmettert, kantonale nicht mitgezählt. Ja, die bürgerlichen, geldgesteuerten Fronten halten weiterhin dicht und profitieren von dieser Blackbox. Aber nicht mehr lange, der Druck steigt, die Akzeptanz dem Anliegen gegenüber verschiebt sich. Aussagen von Lukas Reimann, SVP Nationalrat, vor kurzem in der Tagesschau, lassen mich aufhorchen, der Status quo wird auch von unerwarteter Seite kritisiert. Auch die Regierung des Kantons Solothurn ist sich der Problematik anscheinend durchaus bewusst, der Regierungsrat will zwar nicht auf Stufe Kanton aktiv werden, hofft aber auf Transparenz schaffende Massnahmen des Bundes.

Zu viel undeklariertes Geld spielt in Wahl- und Abstimmungskämpfen bei der Meinungs- und Willensbildung eine zentrale Rolle, ein Systemwechsel ist überfällig Zu viel undeklariertes Geld spielt in Wahl- und Abstimmungskämpfen bei der Meinungs- und Willensbildung eine zentrale Rolle, ein Systemwechsel ist überfällig. Transparenz ab einer gewissen Spendenhöhe ist einfach, klar und ehrlich. In ein künftiges Regelwerk müssen auch Fragen der staatlichen Parteifinanzierung einbezogen werden, nur so erhalten wir eine transparente win-win Situation für‘s Volk und unsere Demokratie.s *Barbara Wyss Flück | Partei: Grüne | Amt: Kantonsrätin/Fraktionspräsidentin | Kanton: Solothurn | Beruf: Sozialarbeiterin FH | Person, mit der ich gerne mal Znacht gegessen hätte: Meryl Streep, eine beeindruckende Schauspielerin | Ort, an den ich gerne reisen würde: Monte Rosa Hütte, 2883 m - seit der Gesamterneuerung 2009 nehme ich mir vor, dieses innovative Projekt zu besuchen | Das nervt mich: Der egoistische und verschwenderische Umgang mit unserer Umwelt. www.barbarawyss.ch

«Gegen Verstaatlichung der Parteien.» Walter Wobmann* Nationalrat (SVP/SO)

ine staatliche Parteienfinanzierung E lehne ich entschieden ab. Ich bin stolz auf unsere direkte Demokratie und das

Milizsystem, in welchem sich Personen mit verschiedenen Hintergründen und unterschiedlichen beruflichen Qualifikationen einbringen können. Dadurch wird der Staat in Schranken gehalten. Jeder entscheidet frei, ob und wie viel Geld er wem

Ich setze mich für den Schutz der Privatsphäre und der Freiheit des mündigen Schweizer Bürgers und der Unternehmen ein spenden und ob er dies bekannt machen will. Ich setze mich für den Schutz der Privatsphäre und der Freiheit des mündigen Schweizer Bürgers und der Unternehmen ein. Das bewährte System der direkten Demokratie der Schweiz - im Gegensatz zu den Demokratien im umliegenden Europa - verhindert eine Machtkonzentration. Wahlen haben deshalb in der Schweiz eine viel geringere Bedeutung, da der Bürger


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regionen | Solothurn weiss, dass er bei wichtigen Sachvorlagen jederzeit anders als die von ihm gewählte Partei stimmen kann. Ich verlange vom Bundesrat eine klare Absage an eine erhöhte Einflussnahme des Staates auf die politischen Parteien in unserem Land und deren Finanzierung. Die Parteien sind Milizorganisationen, die unabhängig vom Staat eigenverantwortlich als Bürgerbewegungen das Volk vertreten.

Mo Bridge

Die Schweiz hat eine lange eigenverantwortliche Tradition, die da lautet „tue Gutes und sprich nicht darüber”

Diese privatrechtlichen Vereinigungen unterstehen, wie auch die vielen Nichtregierungsorganisationen in der Schweiz, keiner weiteren gesetzlichen Verpflichtung zur Offenlegung ihrer Spender. Dieses Vorgehen schützt primär die Privatsphäre des Spenders. Die Schweiz hat eine lange eigenverantwortliche Tradition, die da lautet „tue Gutes und sprich nicht darüber». Bezüglich Fraktionsbeiträge besteht eine beschränkte

er s ap s p w s ne Ne g a z i Ma oks gues Bo t alo Ca

Rechenschaftspflicht betreffend die Verwendung der Bundesmittel. Ich bin klar gegen eine staatliche Parteienfinanzierung, welche mehr staatliche Einflussnahme bedeutet. Die Verfassungssysteme der anderen europäischen Staaten unterscheiden sich grundlegend von demjenigen der Schweiz und lassen sich praktisch nicht vergleichen mit dem direkt-demokratischen System und der föderalistischen Struktur der Eidgenossenschaft. Den Parteien und damit auch der Parteien- und Parlamentarierfinanzierung kommt im Ausland eine ganz andere Bedeutung zu, welche weder zum schweizerischen System passt, noch anzustreben ist. Entsprechend lehne ich auch jegliche Einmischung internationaler Gremien in unser privatrechtlich organisiertes und unabhängiges Parteiensystem ab. s *Walter Worbmann | Partei: SVP | Amt: Nationalrat, Präsident SVP Solothurn | Kanton: Solothurn | Beruf: Technischer Kaufmann in der Werkzeugbranche. www.walter-wobmann.ch Diskutieren Sie mit auf www.statements.ch




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REGIONEN | aargau

Atommüllendlager im Kanton Aargau? Viele haben sich während Jahrzehnten Sorgen gemacht um die Atomkraftwerke und ihre Sicherheit. Nun kommt zur Sorge um die aktuelle Nutzung der Atomenergie auch noch jene um die künftige Entsorgung des Atommülls hinzu. Eine Lösung für kommende Jahrtausende muss her und die Debatte verspricht heiss bis glühend zu werden. «Nationale Verantwortung wiegt schwerer als persönliche Befindlichkeit.» Nerea Baz

Adrian Ackermann* Grossrat (FDP/AG)

ch esse gerne Äpfel. In allen Variationen. I Aber manchmal ist auch ein saurer darunter. Diese Tatsache hat es aber nicht ge-

schafft, mir die Lust auf Äpfel zu verderben. Mit anderen Worten: Ich wäre nicht unglücklich, wenn der Aargau kein möglicher Standort für ein Tiefenlager für radioaktive Abfälle geworden wäre. Wenn man sich aber mit der Thematik nukleare Entsorgung beschäftigt, wird ziemlich schnell klar: Unsere Generation trägt die Verantwortung. Das was wir an Abfällen in Spitälern, Forschungsanstalten und Kraftwerken produziert haben, müssen wir auch hier in unserem Lande sicher endlagern. Dazu müssen wir den am besten geeigneten Standort wählen. Alles andere ist fahrlässig.

Unsere Generation trägt die Verantwortung. Das was wir an Abfällen in Spitälern, Forschungsanstalten und Kraftwerken produziert haben, müssen wir auch hier in unserem Lande sicher endlagern Noch ist nichts entschieden. Noch sind sechs Standorte für ein Tiefenlager im Prozess. Noch kann der Aargau rausfallen. Und ich verspreche Ihnen, in dem Fall bin ich nicht unglücklich und trinke ein gutes Glas Wein. Ich bekenne mich aber zu dem „Sachplanverfahren geologische Tiefenlager“. Für mich ist das ein guter Weg, einen Standort im Einvernehmen mit der Bevölkerung festzulegen. Natürlich habe ich ambivalente Gefühle dazu. Mein Herz sagt, kein Atomendlager im Aar-

gau. Mein Verstand sagt, wir müssen den am besten geeigneten Standort nehmen; Sicherheit geht in dieser Frage über alles. Die Strategie der FDP ist es, sich aktiv und konstruktiv in das Verfahren einzubringen. Die Standortwahl zu begleiten – und ein kontrollierendes Auge darauf zu haben. Sowohl kritische Meinungen zum Verfahren als auch die Sorgen der Bevölkerung sind ernst zu nehmen. Wir dürfen ruhig auch unbequem für die verfahrensleitende Behörde, das Bundesamt für Energie, sein. Wir sollen auch die Ergebnisse der Nagra hinterfragen. Es wird keine einfachen Antworten geben auf unsere berechtigten Fragen. Nagra und BFE stehen in der Pflicht, uns alles so zu erklären, bis wir die Antwort nachvollziehen können. Nutzen wir unsere Rechte. Und im Gegenzug müssen wir auch unsere Pflichten akzep*Adrian Ackermann | Partei: FDP, Die Liberalen | Amt: Grossrat, Vizepräsident FDP (AG) | Beruf: Eidg. dipl. Immobilientreuhänder / Unternehmer | Person, mit der ich gerne mal Znacht gegessen hätte: Roger Federer, weil er mir sicher ein paar Tipps geben kann, damit ich auf dem Tennisplatz eine bessere Figur mache | Ort, an den ich gerne reisen würde: Nach Südafrika, weil es dort die schönsten Golfplätze gibt | Das nervt mich: Menschen, die den Bezug zur Realität verloren haben und so meinen, die Welt retten zu können. www.adrian-ackermann.ch

Mein Verstand sagt, wir müssen den am besten geeigneten Standort nehmen; Sicherheit geht in dieser Frage über alles tieren. Noch bin ich zuversichtlich, dass es ein Glas Wein sein wird und nicht ein saurer Apfel. Gleichzeitig weiss ich aber auch, dass ein saurer Apfel meinen Heimatkanton nicht verderben kann.s

«Die Atommüllentsorgung ist ungelöst.» Elisabeth Burgener* Grossrätin (SP/AG)

esentliche Fragen sind nicht geklärt, W das Verfahren ist undemokratisch und nicht zielführend.

Waren Sie schon mal auf dem Bözberg? Sicher ist Ihnen die geschichtsträchtige „Linner Linde“ bekannt; aber kennen Sie auch das bezaubernde „Sagemühletäli“? Haben Sie auch schon bei der Sennhütte ausgeruht und die wunderbare Aussicht genossen? Wir, die hier leben, wohnen und uns erholen, erfreuen uns tagtäglich dieser Schönheit. Grosse Sorgen macht uns aber, wie respektlos mit dem Bözberg oder „Jura Ost“ umgegangen wird: Er gehört zu den potentiellen Standorten eines Atommüllagers.


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REGIONEN | aargau Zurückhaltung trotz starker Betroffenheit

Der Kanton Aargau ist mit 3 der möglichen 6 Standorten der am stärksten betroffene Kanton. Neben „Jura Ost“ sind es noch „Jura Südfuss“ und „Nördlich Lägern“. Wie ist die Stimmung in unserem Kanton? Der Regierungsrat und vereinzelte Gemeindebehörden reagieren zwar kritisch, aber es fehlt, im Vergleich zu den anderen betroffenen Kantonen, ein aktives Agieren. Das verhaltene (Nicht-)Reagieren wird damit begründet, dass die Kantone seit 2005 kein Vetorecht mehr haben. Wieso sind aber die Anderen viel offensiver? Im Mai 2010 haben wir den Verein „KAIB – Kein Atommüll Im Bözberg“ gegründet. Wir wollen nicht mehr tatenlos zuschauen. Auch an allen anderen potentiellen Standorten gibt es Vereine wie „KAIB“. Wir arbeiten eng zusammen. Neben dem jeweiligen lokalen Wi-

Im Mai 2010 haben wir den Verein „KAIB – Kein Atommüll Im Bözberg“ gegründet. Wir wollen nicht mehr tatenlos zuschauen

derstand bildet die nationale Vernetzung, in Zusammenarbeit mit der Schweizerischen Energiestiftung (SES), einen wichtigen Bestandteil unserer Arbeit. Wir verlangen von Grund auf eine neue Atommüllpolitik! Die Nagra, finanziert von den AKW-Betreibern, hat seit 40 Jahren das Forschungs-, Wissens- und Entscheidungsmonopol. Viele sicherheitsrelevante und verfahrenstechnische Fragen sind aber ungeklärt, beispielsweise: • Warum ist die Rückholbarkeit der Abfälle nicht vorgesehen? • Eine Markierung ist im Kernenergiegesetz vorgeschrieben. Warum zeigt das NagraKonzept keine Lösung auf? • Die Meinung, was der beste Standort oder das beste Gestein ist, wechselt mit der Zeit und ist auch eine Frage der politischen Widerstände. Heute wird der Oplinuston als am besten geeignet angepriesen. Was wird es morgen sein? • Weshalb sind die potentiellen Standorte geologisch nicht gleich untersucht? • Wie kann mit unvorhersehbaren Naturgefahren umgegangen werden? • U.s.w., u.s.f. ATOMMÜLL XY UNGELÖST! Das Entsorgungsproblem muss gelöst werden, aber nicht so. Wir fordern eine verantwortungsvolle

Wir fordern eine verantwortungsvolle Atommüllpolitik für den Aargau und für die ganze Schweiz! Atommüllpolitik für den Aargau und für die ganze Schweiz!s Elisabeth Burgener Brogli* | Partei: SP | Amt: Grossrätin / Co-Präsidentin „KAIB – Kein Atommüll Im Bözberg“ | Kanton: Aargau | Beruf: Werklehrerin / Mentorin fhnw Soziale Arbeit | Person, mit der ich gerne mal Znacht gegessen hätte: Die „unbekannten“ Frauen und Männer, die den Widerstand im Wellenberg mit aufgebaut haben | Ort, an den ich gerne reisen würde: Überallhin, wo es hohe Berge hat | Das nervt mich: Wenn uns von denjenigen St. Florianspolitik vorgeworfen wird, die sich nie mit den Zielen unseres Widerstandes auseinandergesetzt haben. www.e-burgener.ch Diskutieren Sie mit auf www.statements.ch


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REGIONEN | BERN

Die Zukunft des Fachhochschulwesens im Kanton Bern Während die Standortfrage im Kanton Aargau aktuell im Zusammenhang mit der Lagerung von Atommüll heiss diskutiert wird, interessiert im Kanton Bern derzeit vor allem die Frage nach den Standorten der Berner Fachhochschulen. Für die konträren Interessen nach Konzentration einerseits und regionaler Organisation anderseits werden die unterschiedlichsten politischen Argumente angeführt. Einige davon liefern Ihnen nachfolgend Grossrat Jakob Etter (BDP) und Grossrätin Elisabeth Zäch (SP). «Fährt Bern den Karren selber in den Dreck?» Jakob Etter* | Grossrat (BDP/BE)

«Haushälterisch handeln ohne Luxus!» Elisabeth Zäch* | Grossrätin (SP/BE)

n der März – Session entscheidet der Grosse Rat über die Zukunft ie Berner Regierung heckte hinter verschlossenen Türen einen I der Fachhochschulen im Kanton Bern. Die Mehrheit der vorbera- D Plan zur Konzentration der Berner Fachhochschule aus. Sie machtenden Kommission versucht mit regionalpolitischen Argumenten ei- te die Rechnung ohne den Wirt. Analysiert man den Standortentscheid, nen zukunftsgerichteten Vorschlag der Regierung auszubremsen. Sollen die bisherigen Departemente der Fachhochschulen im Kanton Bern weiterhin an drei Standorten positioniert werden oder kommt es zu einer Teilkonzentration an zwei Standorten. Diese Frage diskutierte eine grossrätliche Kommission sehr intensiv und zum Teil kontrovers. Das Resultat ist ernüchternd. Bildungspolitische, wirtschaftspolitische und finanzpolitische Überlegungen wurden von den Gegnern der Teilkonzentration ignoriert zu Gunsten von regionalpolitischen Argumenten. Früher kursierte im Kanton Bern der Ausspruch: „jedem Tälchen sein Spitälchen“. Nach dieser Debatte muss ich eher sagen, „jedem Städtchen sein Campüschen“!

Für eine multidisziplinäre Bildung!

Die Ausbildung der jungen Leute, aber auch die Ansprüche der Wirtschaft haben sich verändert. Heute wird vermehrt über die Disziplinen hinaus gelehrt und geforscht. Deshalb macht es nur Sinn, die einzelnen Disziplinen von Technik und IT zusammen mit den Departementen Architektur, Holz und Bau am gleichen Standort zu vereinen. Die Wirtschaft erwartet heute von den jungen Fachleuten vernetztes Denken und Flexibilität über die eigenen Fachbereiche hinaus. Diese Vernetzung können sie nur an einer vernetzten Fachhochschule lernen. Mit einer Fachhochschule in Biel mit einem umfassenden Campus Technik ist die Nähe zur Mikrotechnik, zur Mikroelektronik, Architektur, Bauwesen, Holztechnik und zu den zahlreichen Industriebetrieben am Jurasüdfuss sichergestellt. Dieses Umfeld fehlt weitgehend an anderen Standorten. Mit einem reduzierten Campus ist auch die Ansiedlung des geplanten Innovationsparks in Biel gefährdet.

Berner Wirtschaft braucht gute Kaderleute

Mit der Teilkonzentration auf zwei Standorte wird die Berner Fachhochschule gegenüber den Instituten in anderen Kantonen wieder konkurrenzfähig. Damit schaffen wir die dringend benötigten Arbeitsplätze im Kanton und können so den Wirtschaftsstandort Bern stärken. Trotz Wirtschaftskrise fehlt den Unternehmen das mittlere und höhere Kader. Wenn es uns nicht gelingt, eine starke und leistungsfähige Fachhochschule zu realisieren, können wir kaum neue Unternehmen in den Kanton Bern locken. Im Gegenteil: Von den vorhandenen Betrieben riskieren wir, einige an attraktivere Standorte zu verlieren. Kann unser Kantonsparlament eine solche Fehlentwicklung mit ungeahnten Folgen verantworten?s *Jakob Etter | Partei: BDP | Amt: Grossrat | Kanton: Bern | Beruf: Gemüsebautechniker HTL | Person, mit der ich gerne mal Znacht gegessen hätte: Evelyne Widmer- Schlumpf | Ort, an den ich gerne reisen würde: Eine Bergwanderung über 5000 m ü. M. | Das nervt mich: Wenn jemand Unüberlegte und unqualifizierte Worthülsen jemandem „nach plappert“! www.jakob-etter.ch

ist er nur teuer und bringt zu wenig Lösung.

Mehr Bildung statt Beton

Wir lassen uns keinen Bären aufbinden! Biels sture Forderung nach einem Luxuscampus und die Träume von einem Technologiepark schaden der Fachhochschule mehr als sie ihr nützen. Die Zeche müssen der Kanton, die Studierenden und die Regionen Emmental/Oberaargau bezahlen: Ein noch grösserer Schuldenberg, über Jahrzehnte ungelöste Schulraumprobleme in Bern und ungenutzte wertvolle Infrastrukturen in Burgdorf sind die Folgen. Selbst Biels Vorzeigekonzern Swatch favorisiert einen reduzierten Campus für die klassische Technik und setzt selber auf dezentrale Lösungen, weil so mehr Innovation entsteht. Konzernchef Hayek hat dies kürzlich öffentlich dargelegt. Will die BFH konkurrenzfähig bleiben, braucht sie eine Konzentration. Die Regierung verfolgt aber die falsche Strategie. Neubauten für mehr als 600 Mio. Franken sind für den finanzschwachen Kanton Bern zu teuer. Der Konzentrationseffekt ist zu gering und kommt teilweise zu spät. Die BFH in Bern bleibt mehr als zehn Jahre auf zahlreiche teure Mietliegenschaften verstreut, während in Burgdorf kantonseigene Infrastrukturen an bester Lage leer stehen. Das ist weder im Sinne der BFH noch des Kantons oder seiner Regionen.

Optimieren vor investieren

Wenn wir Innovation fördern wollen, müssen ausreichende Mittel für die Qualität von Lehre und Forschung zur Verfügung stehen. Dieses Geld fehlt, wenn zu teuer gebaut wird. Deshalb heissen unsere Kernforderungen für die künftige BFH: „mehr Bildung statt Beton“, „haushälterisch handeln ohne Luxus“ und „optimieren vor investieren“. Wir haben aufgezeigt, dass die BFH mit der Hälfte der Mittel besser und rascher gestärkt werden kann - hauptsächlich in Biel und Burgdorf. Die Kommission des Grossen Rates sorgte dafür, dass in die emotionale Diskussion endlich Vernunft einkehrt. Sie rechnet mit massvollen Neubauten und spielt damit Geld frei für hochstehende Bildungs- und Forschungsqualität an der BFH. Das macht sie exzellent. Unser Kampf für den Standort Burgdorf ist von Verantwortung geprägt. Wir wollen das beste für die Berner Fachhochschule.s *Elisabeth Zäch | Partei: SP | Amt: Grossrätin / Stadtpräsidentin von Burgdorf | Kanton: Bern | Beruf: Journalistin | Person, mit der ich gerne mal Znacht gegessen hätte: Heinrich Pestalozzi, weil er die richtigen Akzente in der Bildung gesetzt hat | Ort, an den ich gerne reisen Würde: Silicon Valley, weil sich dort vielfältige Innovation über ein ganzes Tal erstreckt | Das nervt mich: wenn öffentliche Gelder für Pretigeprojekte vergeudet werden. www.elisabeth-zaech.ch



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Statements | Nr. 2 | März MMXII

regionen | luzern

Abschaffung der Pauschalbesteuerung für Ausländer im Kanton Luzern Oft wird der Schweiz der Vorwurf der Ausländerfeindlichkeit gemacht. Diesen Vorwurf müssen sich viele kantonale Finanzverwaltungen im Zusammenhang mit wohlhabenden Ausländern nicht gefallen lassen. Unter anderen Kantonen gewährt auch Luzern den reichen Ausländern mit Wohnsitz in seinem Hoheitsgebiet privilegierte Pauschalsteuervereinbarungen. Wie immer gibt es gute Gründe für und gegen die Abschaffung dieser Steuerprivilegien. Einen Überblick über die verschiedenen Positionen bieten Ihnen die Kantonsräte Katharina Meile (Grüne) und Andreas Heer (FDP). «Keine Extrawurst für reiche Ausländer – Ja zur Abschaffung der Pauschalbesteuerung!» Katharina Meile* Kantonsrätin (Grüne/LU)

ürich hat’s gewagt. Schaffhausen hat’s geZ wagt. Luzern wagt es nun auch und gewinnt!

Mit „es“ ist die Abschaffung der Pauschalbesteuerung gemeint. Mit dieser unfairen Steuerpraktik muss endlich Schluss gemacht werden. Darum wird am 11. März 2012 über die Initiative der Grünen „Schluss mit Steuerprivilegien für ausländische Millionärinnen und Millionäre! Abschaffung der Pauschalbesteuerung“ abgestimmt. An der Pauschalbesteuerung stört mich, dass sie absolut unfair und diskriminierend

An der Pauschalbesteuerung stört mich, dass sie absolut unfair und diskriminierend ist

ist. Jeder Normalverdienende wird nach seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit besteuert. Auch jede reiche Schweizerin, jeder reiche Schweizer zahlt seine Steuer nach festgelegten Regeln. Nur reiche Auslände*Katharina Meile | Partei: Grüne | Amt: Kantonsrätin | Kanton: Luzern | Beruf: Psychologiestudentin | Person, mit der ich gerne mal Znacht gegessen hätte: Mit Jim Morrison und Sigmund Freud gleichzeitig – eine spannende, lehrreiche Diskussion wäre garantiert! | Ort, an den ich gerne reisen würde: So einiges möchte ich noch entdecken, sei es Island, Rom oder St. Petersburg | Das nervt mich: Pauschalisierungen – ob bei den Steuern, bei undifferenzierten Aussagen oder inhaltlich nicht haltbaren Zuschreibungen. www.pauschalsteuerabschaffen.ch

rInnen, die in der Schweiz keinem Erwerb nachgehen, werden bevorzugt behandelt. Sie können sich pauschal besteuern lassen. Durch geschicktes Verhandeln und Optimieren ihrer Finanzen profitieren sie von einer tieferen Steuerrechnung. Das ist ungerecht und widerspricht der Schweizer Bundesverfassung. Ganz ehrlich, als reiche Schweizerin käme ich mir als für dumm verkauft vor, wenn andere mit gleichen finanziellen Möglichkeiten eine Sonderbehandlung bekommen...

Als reiche Schweizerin käme ich mir als für dumm verkauft vor, wenn andere mit gleichen finanziellen Möglichkeiten eine Sonderbehandlung bekommen Ende 2010 gab es im Kanton Luzern 157 Pauschalbesteuerte. Diese leisteten einen bescheidenen Beitrag an die Kantonsfinanzen. Sie sind, entgegen aller Behauptungen der Befürworter der Pauschalsteuer, nicht die fette Gans, um unsere Staatsfinanzen zu sanieren. Sie zahlen nämlich weniger als 1% des gesamten Steueraufkommens im Kanton Luzern. Werden in Zukunft alle normal besteuert, so wird Luzern gewinnen. Denn es gibt Mehreinnahmen bei den heutigen Pauschalbesteuerten. Und sollten doch ein paar wegziehen und die schöne Wohnlage, unseren wunderbaren Kanton verlassen, so wird das kein Verlust sein. Im Gegenteil! Denn Erfahrungen aus Zürich zeigen, dass diese Wohnungen und Villen der Weggezogenen durch reiche Normalbesteuerte gemietet oder gekauft werden – und so mehr Steuereinnahmen generiert werden. Die Abschaffung der Pauschalsteuer lohnt sich also für den Kanton und die Gemeinden, denn die Einnahmen werden steigen. Das Luzerner Parlament und die Regierung trauten sich nicht, die Pauschalbesteuerung abzuschaffen. Da sie den Unmut über die unfaire Praxis ein bisschen erkannt ha-

ben, legen sie in einem Gegenvorschlag eine leichte Verschärfung der Bestimmungen für die Pauschalbesteuerung vor und schaffen so eine Sonderregelung für aktuell gerade mal 19 Personen. Mit dieser Lösung bin ich nicht einverstanden. Denn es ist bloss eine Beruhigungspille. Der grundsätzliche Skandal der steuerlichen Privilegien wird durch den Gegenvorschlag nicht beseitigt! Es braucht die Abschaffung der Pauschalsteuer – jetzt!s

«Abschaffung der Pauschalbesteuerung: Ein klassisches Eigengoal!» Andreas Heer* Grossrat (FDP/LU)

m 11. März 2012 stimmt die Luzerner A Bevölkerung über eine Initiative ab, die zum Ziel hat, die Pauschalbesteuerung abzuschaffen. Die Pauschalbesteuerung wird bisher für ausländische Personen mit Wohnsitz in der Schweiz angewendet, die im Inland kein Einkommen erwirtschaften. Nimmt das Stimmvolk die Initiative an, werden die Konsequenzen in unserem Kanton deutlich spürbar sein. Die grossen Gewinner sind unsere umliegenden Nachbarkantone.

Nimmt das Stimmvolk die Initiative an, werden die Konsequenzen in unserem Kanton deutlich spürbar sein. Die grossen Gewinner sind unsere umliegenden Nachbarkantone Denn Luzern ist umringt von Niedrigsteuerkantonen wie Zug, Schwyz oder Ob- und Nidwalden, die ohne Ausnahme die Pauschalbesteuerung kennen. Entsprechend gross ist die Gefahr, dass Pauschalbesteuerte abwandern und dem Kanton somit beträchtliche Steuereinnahmen entzogen werden. Auch verliert


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Nr. 2 | März MMXII | Statements

Mo Bridge

REGIONEN | luzern

der Kanton durch eine allfällige Abschaffung ein kostengünstiges und effizientes Instrument, um komplizierte Einkommens- und Vermögensverhältnisse erfassen zu können. Überbordende Bürokratie ist die Folge davon. Bedauerlicherweise geht auch oftmals vergessen, dass Pauschalbesteuerte viel für den Konsum ausgeben und sich überdurchschnittlich stark für karitative und kulturelle Einrichtungen engagieren. So beteiligten sich Pauschalbesteuerte großzügig am Bau des Kunstmuseums oder dem Fussballstadion Allmend. Solche Beiträge kommen letztlich den Luzerner KMU zugute, weshalb eine Abschaffung der Pauschalbesteuerung unser Gewerbe empfindlich schwächen würde. Der Kanton kann es sich nicht leisten, solche Vorteile mutwillig aufs Spiel zu setzen! Um das

Der Gegenvorschlag hat zum Ziel, die Pauschalbesteuerung zu verschärfen. Damit stellt er sicher, dass Pauschalbesteuerte nicht bessergestellt werden als andere Besteuerte drohende Eigengoal abzuwehren, hat sich ein breit abgestütztes Komitee bestehend aus FDP, CVP, GLP, Gewerbeverband und der Industrie- und Handelskammer zusammengetan, um sich gemeinsam für den Gegenvorschlag des Kantonsrats einzusetzen. Der Gegenvorschlag hat zum Ziel, die Pauschalbesteuerung zu verschärfen. Damit stellt er sicher, dass Pauschalbesteuerte nicht bessergestellt werden als

andere Besteuerte. Gleichzeitig sorgt er aber dafür, dass die Pauschalbesteuerung erhalten bleibt und somit unseren Standort wie bis anhin stärkt. Aus diesen Gründen setzt sich das Komitee für ein NEIN zur Initiative und einem JA zum Gegenvorschlag ein!s *Andreas Heer | Partei: FDP.Die Liberalen | Amt: Kantonsrat | Kanton: Luzern | Beruf: Kaufmann | Person, mit der ich gerne mal Znacht gegessen hätte: Ottmar Hitzfeld | Ort, an den ich gerne reisen würde: Südafrika | Das nervt mich: Die Gier und Missgunst, die in unserer Gesellschaft immer mehr zunimmt! www.andreas-heer.ch


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Statements | Nr. 2 | März MMXII

Mo Bridge

regionen | ZÜRICH

Wer soll wie zum Zürcher werden? Schon in der letzten Ausgabe von „Statements“ stritten zwei Politiker über den richtigen Weg zur Einbürgerung. Damals betraf die Diskussion den Kanton Aargau, doch auf Grund des dreigliedrigen Bürgerrechts in der Schweiz ist das Thema auch andernorts stark umstritten. In Zürich muss das Volk nun über 3 Varianten entscheiden, die unseren Leserinnen und Lesern von Nationalrat Balthasar Glättli (GPS) und den Kantonsräten Gregor Rutz (SVP) und Patrick Hächler (CVP) vorgestellt werden.

«Unfair und willkürlich!» Balthasar Glättli* Nationalrat (ZH/Grüne)

m 11. März stimmen die Zürcher StimmA berechtigten über ein neues Bürgerrechtsgesetz samt Gegenvorschlag der SVP ab. Der bürgerliche Regierungsrat und die linksgrünen Parteien sagen gemeinsam 2xNEIN. Die Vorlage des Kantonsrates zum neuen Bürgerrechtsgesetz giesst Überfremdungsangst in bürokratische Paragraphen. Sie ist aus drei Gründen zu beanstanden.

Mobilitätsstrafe

Erstens wird bei jedem Gemeindewechsel das Einbürgerungsverfahren abgebrochen und kann erst nach einer Wartefrist von drei Jahren neu beantragt werden. Das ist absolut realitätsfremd. Junge Menschen zügeln heute häufig weil die Arbeitgeber von

den Angestellten Mobilität verlangen. Sie sollen nicht mit bürokratischen Schikanen bestraft werden.

Abschaffung der erleichterten Einbürgerungen für Secondas und Secondos

Zweitens wird die erleichterte Einbürgerung für Jugendliche, die hier aufgewachsen und zur Schule gegangen sind, abgeschafft. Die ZürcherInnen hatten dazu 1997 mit 65% deutlich Ja gesagt und die erleichterte Einbürgerung hat sich unterdessen bewährt.

Die Vorlage des Kantonsrates zum neuen Bürgerrechtsgesetz giesst Überfremdungsangst in bürokratische Paragraphen Mehr Bürokratie

Zuletzt wird die Einbürgerung nur noch AusländerInnen mit C-Ausweis erlaubt. Das ist eine bürokratische Einschränkung:

die Einbürgerung sollte von der tatsächlichen Integration abhängen, nicht von der „richtigen“ Ausweis-Kategorie. Gerade Menschen aus Bürgerkriegsgebieten haben oft auch nach 20 Jahren noch keine C-Bewilligung – aber die Schweiz ist ihnen zur neuen Heimat geworden. Der SVP-Gegenvorschlag seinerseits ist willkürlich. Die SVP will, dass Gemeinden auch Personen, die alle Voraussetzungen erfüllen und gut integriert sind, von der Einbürgerung ausschliessen können. Das wi*Balthasar Glättli | Partei: Grüne | Amt: Nationalrat | Kanton: Zürich | Beruf: Leiter Kampagnen und Werbung vpod schweiz | Person, mit der ich gerne mal Znacht gegessen hätte: Der Philosoph Michel Foucault | Ort, an den ich gerne reisen würde: Wieder einmal nach Helsinki | Das nervt mich: Menschen, die nie über sich selbst lachen können. www.balthasar-glaettli.ch


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Nr. 2 | März MMXII | Statements

REGIONEN | ZÜRICH derspricht der geltenden Rechtssprechung des Bundesgerichts, welche ja erst den Anstoss zur Gesetzesänderung im Kanton Zürich gegeben hat. Die SVP wollte die entsprechenden Rechtsgrundlagen ändern, aber die Schweizer Bevölkerung hat am 1. Juni 2008 die Initiative „Für demokratische Einbürgerungen“ zu Recht wuchtig verworfen – nun bringt die SVP das gleiche Anliegen auf kantonaler Ebene wieder ein. Erschreckend ist, dass die FDP nicht die demokratische Courage hatte, diesen rechtswidrigen Teil des Gegenvorschlags für ungültig zu erklären. Und traurig, dass sie auch im Abstimmungskampf nicht engagierter gegen den Gegenvorschlag auftritt. s

«Nein zum Bürgerrechtsgesetz – Ja zum Gegenvorschlag» Gregor A. Rutz* Kantonsrat (SVP/ZH)

a die neue Kantonsverfassung die kanD tonsweite Vereinheitlichung der Einbürgerungskriterien fordert, stimmt die Zürcher Bevölkerung am 11. März über das neue Bürgerrechtsgesetz ab. Dieses will die kommunal recht unterschiedlichen Voraussetzungen vereinheitlichen. Leider hat das neue kantonale Bürgerrechtsgesetz zwei erhebliche Mängel, weshalb die SVP einen Gegenvorschlag lanciert hat.

Rechtsanspruch auf Einbürgerung

Einerseits will das neue Gesetz einen Rechtsanspruch auf Einbürgerung schaffen: Sind die im Gesetz genannten Voraussetzungen erfüllt, müssen Ausländer zwingend eingebürgert werden. Das Gesetz schafft einen Anspruch, der gerichtlich durchsetzbar ist. Damit kann der Schweizer Pass neu auf dem Instanzenweg durch die Gerichte erstritten werden. Diese könnten definitiv über Einbürgerungen entscheiden. Die Gemeindeau-

Der Einbürgerungsentscheid soll in der Kompetenz der Gemeinde verbleiben tonomie würde ausgehöhlt. Kein Schweizer Kanton kennt einen solchen generellen Anspruch auf das Bürgerrecht. Auch die SVP lehnt einen solchen Anspruch ab: Der Einbürgerungsentscheid soll in der Kompetenz der Gemeinde verbleiben. Davon nicht berührt ist die Frage der Begründungpflicht für ablehnende Entscheide, welche das Bundesrecht vorschreibt. Diese Pflicht ist eine Folge der verfahrensmässigen Rechte, welche die Bundesverfassung garan-

tiert, hat aber nichts mit einem rechtlichen Anspruch auf Erteilung des Bürgerrechts zu tun.

Wiederspruch zur Ausschaffungsinitiative

Zweitens ist die SVP der Auffassung, dass Ausländer, welche schwere Straftaten begangen haben, nicht eingebürgert werden sollen. Nur Personen mit einem einwandfreien Leumund sollen das Bürgerrecht beantragen können. Nach dem neuen Bürgerrechtsgesetz wäre eine Einbürgerung selbst bei schweren Straftaten wie Vergewaltigung, Raub oder Einbrüchen schon nach wenigen Jahren möglich. Das neue Gesetz steht in Widerspruch zur Ausschaffungsinitiative: Nach dem neuen Art. 121 BV müssen Verbrecher nämlich ausgeschafft werden – und sicher nicht eingebürgert. Darum sagt die SVP Ja zum Gegenvorschlag und Nein zum Bürgerrechtsgesetz für eine faire Einbürgerungspraxis, die auch mit dem Bundesrecht übereinstimmt.s *Gregor A. Rutz | Partei: SVP | Amt: Kantonsrat, Vizepräsident SVP Kanton Zürich | Kanton: Zürich | Beruf: Kommunikationsberater/ Jurist. www.gregor-rutz.ch

«Warum braucht es überhaupt ein Gesetz?» Patrick Hächler* Kantonsrat (CVP/ZH)

eil die Kantonsverfassung dies verlangt. W Es ist aber auch aus praktischen Gründen nötig, bestehen doch zur Zeit grosse Un-

terschiede in den Vorschriften und in der Praxis der Gemeinden. So kann es ja nicht sein, dass für Ausländer als Voraussetzung für die Erlangung des Bürgerrechts in vielen Gemeinden eine Wohnsitzpflicht von zwei Jahren, in andern aber von 15 Jahren verlangt wird.

Welches sind die Stärken dieses Gesetzes?

Es enthält eine grosse Anzahl von Regelungen, die bei der Einbürgerung von Ausländern zu beachten sind. Manche dieser Festlegungen sind restriktiv, dies aus der Überlegung, dass das Bürgerrecht nicht verschenkt werden soll. Auch soll damit die willkürliche Behandlung der Gesuche weitgehend verhindert werden. So muss die Kandidatin z.B. die Niederlassungsbewilligung besitzen, Ausweis C. Die Wohnsitzpflicht in der Gemeinde beträgt drei Jahre. Nicht zugelassen wird, wer Arbeitslosengeld oder Sozialhilfe bezieht, dies vor allem aus Imageüberlegungen. Die Kenntnis der deutschen Sprache wird einem standardisierten Test unterzogen und die Integration muss in allen Fällen überprüft werden. Dies ist übrigens der einzige Punkt, wo Ermessen Platz hat.

Denn der Schutz vor Willkür ist ein Grundrecht in unserem Lande, das soll hier nicht geritzt werden Was sind die Nachteile des Gegenvorschlags?

Der entscheidende Punkt aus Sicht des Referendumskomitees ist der Passus „kann eingebürgert werden“. Im Klartext: Der Kandidat muss selbstverständlich alle Kriterien erfüllen und dann darf die Einbürgerungsbehörde frei entscheiden, ob dem Gesuch stattgegeben werden soll. Und dieser Entscheid wäre endgültig. Auf dieser Basis hätte das Gesetz viel kürzer werden müssen! Schliesslich wäre ja die Behörde stets problemlos und hemdsärmelig in der Lage, zu beurteilen, ob die Antragstellenden genug lange hier wohnen und integriert sind usw. Das darf doch nicht sein! Denn der Schutz vor Willkür ist ein Grundrecht in unserem Lande, das soll hier nicht geritzt werden. Ausserdem würde eine schweizerische Grundstruktur verletzt, nämlich, dass für jeden Entscheid der Obrigkeit eine Rekursmöglichkeit besteht. Der zweite Punkt des Gegenvorschlags betrifft die Einbürgerung von ehemaligen Straftätern. Taten, die mit mehr als drei Jahren Gefängnis bedroht werden, verunmöglichen lebenslang eine Einbürgerung. Auch wenn der Täter damals jung war, die Tat gesühnt hat und zudem eine lange Wartefrist einhalten musste. Nach schweizerischer und christlicher Auffassung soll jedoch nach jeder Straftat die Gelegenheit zur Besserung geboten werden und dann sind lebenslängliche Sanktionen - mit einzelnen Ausnahmen - ausgeschlossen. Dieser Punkt hat nun aber ohnehin nach der Annahme der unseligen Ausschaffungsinitiative massiv an Bedeutung verloren. Er wird aber auf den Plakaten trotzdem genüsslich ausgeschlachtet. Aufgrund dieser Überlegungen muss das Gesetzt unbedingt angenommen werden. Der Gegenvorschlag ist abzulehnen.s *Patrick Hächler | Partei: CVP | Amt: Kantonsrat | Kanton: Zürich | Beruf: Physiker | | Person, mit der ich gerne mal Znacht gegessen hätte: Doris Leuthard, weil sie eine souveräne Persönlichkeit ist | Ort, an den ich gerne reisen würde: Grönland, wegen der schönen, kargen Natur | Das nervt mich: Unseriöse Abstimmungspropaganda, die womöglich noch mit viel Geld hingeklotzt wird. http://zh.cvp-zh.ch/de/ persondetail---17--1011--17--0--18.html Diskutieren Sie mit auf www.statements.ch


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Statements | Nr. 2 | März MMXII

vimentis

Statements aus der Bevölkerung von Vimentis Nach der erfolgreichen Einführung des Polit-Magazins „Statements“, freuen wir uns, Ihnen die neue Zusammenarbeit mit „Vimentis“ vorzustellen. Die beiden Projekte „Vimentis“ und „Statements“ zeichnen sich durch grosse Überschneidungen in der Zielsetzung (bessere politische Aufklärung) aus. Mit dem „Bürger-Blog“ ermöglicht „Vimentis“ auch der breiten Bevölkerung, sich initial zu Wort zu melden. Wir bieten dem Vimentis-Team gerne die Gelegenheit, jeweils einige Bürger-„Statementes“ auf zwei (Papier-)Seiten kontradiktorisch zu publizieren.

Zweitwohnungsbau Für Mensch & Natur: Schluss mit dem uferlosen Bau von Zweitwohnungen! Lukas Horrer | Chur (JUSO)

ewohnerInnen grösserer Tourismusorte B kämpfen mit hohen Mietern und ständig steigenden Immobilienpreisen, die auch durch

den uferlosen Bau von Zweitwohnungen verursacht werden. Hinzukommen die finanziellen Lasten eines betroffenen Gemeinwesens. Gemäss einer Studie der Universität Bern entstehen der Gemeinde Davos durch Zweitwohnungen jährlich Infrastrukturkosten in Millionenhöhe. Das ist faktisch eine Subventionierung des Zweitwohnungsbaus.

Die Politik der letzten Jahre hat es versäumt diesem Problem Herr zu werden. Die Interessen der Bauwirtschaft und der Immobilienspekulanten fallen zu stark ins Gewicht und verhindern wichtige Regelungen. Massnahmen wie Kontingentierungen etc. lösen das Problem noch nicht im Kern. Grundeigentümern bleibt dabei die Aussicht auf eine, wenn auch etwas spätere, Bebauung mit Zweitwohnungen. So nimmt der Druck auf dem Erstwohnungsmarkt nicht ab und die Preise und damit auch die Mieten steigen weiter. Darum braucht es eine klare Trennung des

Bodenmarktes für Erst- resp. Zweitwohnungen. Die Initiative gewährleistet genau das. Die Gemeinden wären gezwungen Flächen zu bestimmen die nur mit Erstwohnungen bebaut werden dürfen. Dies senkt die Nachfrage nach Bauland, was eine lang ersehnte Senkung der Landpreise und damit auch der Mieten zur Folge hätte. Unsere Alpen, das wichtigste Kapital unserer Tourismuswirtschaft, werden durch die Initiative geschützt. Dem Verschandeln unserer Landschaft auf dem Altar des Zweitwohnungsbaus wird endlich Einhalt geboten.v

Nein zur Initiative gegen den Zweitwohnungsbau Rafael Wohlgemut | Kloten (JSVP)

m 11 März wird über die VolksinitiaA tive „Schluss mit uferlosem Bau von Zweitwohnungen“ abgestimmt. Die Initiative

fordert eine radikale Begrenzung des Zweitwohnungsbaus. Würde die Initiative angenommen, hätte dies verheerende Folgen für die Tourismusgemeinden der Schweiz. Nach der Revision des Raumplanungsrechts im letzten Sommer ist das Festhalten an der Initiative nichts als ideologische Zwängerei.

Schon letzten Sommer haben die eidg. Räte die Problematik erkannt und das Raumplanungsrecht im Sinne der Initiative revidiert. Verpflichtet diese Revision doch die Gemeinden wegweisende Massnahmen zur Verbesserung der Situation einzuleiten. Deshalb ist die Initiative klar abzulehnen. Die Ziele des Volksbegehrens sind mit der erwähnten Raumplanungsrevision und wenigen Massnamen wirksam erreichbar. Die Forderungen der Initianten werden den kommunalen und regionalen Gegebenhei-

ten nicht gerecht. Würde doch die die Annahme der Initiative in vielen Gemeinden faktisch zu einem Baustopp führen. Denn immer mehr Familien wollen ihre Ferien in Wohnungen verbringen. Beispielsweise sind im Kanton Graubünden jetzt schon rund 50% der Tourismus-Betten in Wohnungen zu finden. Das Festhalten an der Initiative erscheint nicht nur als unnötige, sondern vor allem als schädliche, nur noch ideologisch gefärbte Zwängerei.v

VIMENTIS Ziel von Vimentis ist es, eine bessere politische Entscheidungfindung für eine bessere Zukunft der Schweiz zu unterstützen. Deshalb haben wir uns für diese Ausgabe mit Statements zusammen getan. Einige Artikel aus Statements finden Sie momentan auch auf www.vimentis.ch/dialog. Lassen Sie uns wissen, was Sie von dieser Zusammenarbeit halten! Wir nehmen Ihr Feedback

gerne entgegen via redaktion@statements.ch oder dialog@vimentis.ch. Vimentis Dialog steht jedem offen um über politische Themen zu bloggen. Vier Texte von engagierten Bürgern aus dem vergangenen Monat hat Vimentis Dialog für die März-Ausgabe von Statements ausgesucht. Falls Sie diese vier Texte kommentieren und mit den Autoren diskutieren


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Nr. 2 | März MMXII | Statements

VIMENTIS

Ferieninitiative Mehr Ferien für alle! Martin Neukom | Winterthur (Junge Grüne)

or rund hundert Jahren war die BevölV kerung der Schweiz durchschnittlich sehr arm. Die Leute hatten zu wenig zu es-

sen, wichtige Grundbedürfnisse waren nicht gedeckt. Die Menschen waren demzufolge unzufrieden. Mit steigender Wirtschaftsleistung verbesserte sich diese Situation. Denn der zunehmende materielle Wohlstand ermöglichte es Grundbedürfnisse zu decken und die Zufriedenheit stieg. Damit lernte man: Wirtschaft ist wichtig und Wirt-

schaftswachstum führt zu Verbesserung. Heute ist die Situation anders. In der Schweiz leiden kaum mehr Menschen an Essentiellem. Die Grundbedürfnisse sind gedeckt. Eine weitere Verbesserung des materiellen Wohlstands bringt höchstens eine kleine Verbesserung an Zufriedenheit. Hingegen leiden die Menschen heute zunehmend an den Symptomen von Stress am Arbeitsplatz. Zudem verwenden wir zu viel Zeit für die Arbeit. Wenn wir im hohen Alter auf dem Sterbebett liegen, werden wir wohl kaum sagen: „Ich hätte mehr arbeiten

sollen“. Stattdessen werden wir sagen: „Ich hätte mir mehr Zeit nehmen sollen für Freuende und Familie“. Deshalb ist es an der Zeit sich vom Paradigma „Wirtschaft ist das Wichtigste“ zu lösen. Selbstverständlich ist die Wirtschaft nach wie vor wichtig. Für das Wohlbefinden ist jedoch auch verfügbare Zeit und Stress wesentlich. Genau deshalb macht es Sinn am 11. März ein Ja zur Ferien-Initiative einzulegen. Denn die Initiative will sechs Wochen Ferien für alle und schafft somit ein besseres Gleichgewicht zwischen Wirtschaft und Freizeit.v

Nein zur Initiative gegen den Zweitwohnungsbau Adrian Ineichen | Zürich Oerlikon (Jungfreisinnige)

ir können uns noch höhere ArbeitsW kosten nicht leisten – Nein zur Ferieninitiative

​Die Schweiz hat in Europa, wie zu erwarten war, mit Abstand die höchsten durchschnittlichen Arbeitskosten pro Stunde, wie der Bund kürzlich berichtete. Eine Stunde Arbeit kostete 2010 bei heutigem Wechselkurs 46.70 Euro, während diese Kosten in der EU-15 zwischen 12.15 Euro (in Portugal) und 37.70 Euro (Belgien) schwanken. Höher​e Arbeitskosten reduzieren die Wirtschaftlichkeit und Effizienz von Unternehmen bei gleichbleibender Produktion. Höhere Arbeitskosten sind deshalb preistrei-

bend und beeinträchtigen die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen. Im globalen Vergleich senkt dies die Standortattraktivität​der Schweiz für international tätige Firmen, hier Arbeitsplätze anzusiedeln. Die Schweiz hat also jedes Interesse, sicherzustellen, dass ihre Arbeitskosten nicht stark steigen, relativ zu anderen Ländern, damit wir auch in Zukunft viele Arbeitsplätze in unserem Land halten und neue ansiedeln können. Deshalb ist auch die Ferieninitiative abzulehnen. Sie würde zu geschätzten Mehrkosten von rund 6 Milliarden Franken pro Jahr führen. Dies würde mindestens zwei negative Konsequenzen haben: Zum einen könnten diese Mehrkosten dazu führen, dass in Unternehmen an den ge-

möchten, besuchen Sie www.vimentis.ch/dialog. Seit 2003 veröffentlicht Vimentis einfache, neutrale Texte zu Abstimmungen und anderen wichtigen politischen Themen. Zudem führt Vimentis jedes Jahr die grösste neutrale politische Online-Umfrage durch und veröffentlicht Blogs von führenden nationalen Parlamentarierinnen

samten Arbeitskosten gespart werden müsste, was zu weniger Neuanstellungen, oder gar zu Entlassungen führen könnte. Damit würde die Schweiz vermutlich an noch höherer Arbeitslosigkeit leiden (diese steigt seit kurzem bereits). Zum zweiten könnten diese Mehrkosten zu höheren Preisen führen. Dies mag zum einen die Inflation in der Schweiz fördern, was vor allem tiefe Einkommensschichten schwächen würde. Doch hohe Preise sind auf dem Weltmarkt schwierig durchzusetzen und der Umsatz würde darunter leiden, was längerfristig wohl zu Kostenreduktionen führen muss. Die Ferieninitiative ist abzulehnen, weil sie den Wirtschaftsstandort Schweiz und damit unseren Wohlstand schwächen würde.v

und Parlamentariern. Aber auch für kantonale PolitkerInnen sowie BürgerInnen stehen alle Blog-Funktionen offen. Vimentis ist ein Verein mit Sitz in St.Gallen, dessen Mitarbeiter (vorwiegend Studierende) ehrenamtlich tätig sind. Vimentis finanziert sich vollständig aus Spenden von privaten Gönnern.


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Statements | Nr. 2 | März MMXII

statements-dinner | März

Statements-Dinner am 20. März 2012 Liebe StatementsleserInnen: Mit dem Statements-Dinner wollen wir den LeserInnen die Gelegenheit bieten, einen Abend mit gastronomischen Höhenflügen und angeregten Diskussionen mit PolitikerInnen der Region zu verbringen. Nach dem Start in Basel besucht Statements nun den Kanton Aargau mit den Nationalräten Ueli Giezendanner (SVP), Cédric Wermuth (SP) und Geri Müller (Grüne). Die drei Politiker treffen sich mit drei unserer LeserInnen am Dienstag, 20. März 2012, im Restaurant ParkHotel am Rhein in Rheinfelden und freuen sich auf spannende Inputs und angeregte Diskussionen. Unsere Politiker werden mit Interesse hören, wo der Schuh drückt und unsere LeserInnen erhalten Gelegen-

Wählen Sie Ihren StatementsDinner Partner: Ihre Angaben: Name:

heit, hinter die Kulissen der Politik zu sehen sowie grosse und kleine Anekdoten zu erfahren. Um an der Verlosung teilzunehmen, senden Sie uns bitte den unten stehenden Talon ein und kreuzen den Politiker an, in dessen Begleitung Sie gerne wären. Unter den jeweiligen Begleitern kann leider nur einer gewinnen, aber alle andern können sich auf das Resumée in der nächsten Ausgabe von Statements freuen. Die GewinnerInnen werden per Los gezogen. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Restaurant Park-Hotel am Rhein Roberstenstrasse 31 · Rheinfelden · Telefon: 061 836 66 33

Ueli Giezendanner Cédric Wermuth Nationalrat Nationalrat (SVP/AG) (SP/AG)

Vorname:

Strasse, Nr: PLZ, Ort: E-Mail:

Telefon:

Senden Sie den Talon bitte bis zum 16. März 2012 an: (Per Post): Statements Media GmbH · Salinenstrasse 25 · 4133 Pratteln; (per E-Mail): info@statements.ch. Die GewinnerInnen werden per E-Mail oder Telefon informiert.

Geri Müller Nationalrat (Grüne/AG)


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Nr. 2 | März MMXII | Statements

STATEMENTS-DINNER | februar

Gelungener Auftakt der Statements-Dinner im Restaurant Schifferhaus in Basel Ständerätin Anita Fetz und FDP-Präsident Daniel Stolz waren die ersten politischen Gastgeber der Statements-Dinner-Serie. Redaktion m 21. Februar 2012 fand das erste StateA ments-Dinner im Basler Restaurant Schifferhaus statt. Unter den vielen inter-

essierten Leserinnen und Lesern wurden Noémi Lüdin und Felix Wanner als Begleiter von Ständerätin Anita Fetz (SP) und FDPPräsident Daniel Stolz ausgelost. Bedauerlicherweise konnte Nationalrat Sebastian Frehner aus gesundheitlichen Gründen nicht am Abendessen teilnehmen (an dieser Stelle nachträglich gute Besserung). Felix Wanner, der als Gast von Anita Fetz ausgelost wurde, hatte die längste Anfahrt, er wohnt nämlich im zürcheroberländischen Bäretschwil. Wanner ist als Gemeindeverwalter von Bäretschwil, der fünft grössten Zürcher Gemeinde, mit den Freuden und Problemen der kommunalen Politik in unserem Land bestens vertraut. Daniel Stolz`s Gast Noémi Lüdin kennt diesen persönlich, da sie als Vizepräsidentin der Jungfreisinnigen Basel-Stadt aktiv am Parteileben der FDP teilnimmt.

Zwischen Indien und Schawinski

Der Abend begann mit unterhaltsamen Anekdoten der gerade zu Ende gegangenen Indienreise von Ständerätin Fetz. Beim Gespräch stellte sich heraus, dass Grossrat Daniel Stolz ein grosser Fan von Indien und ein profunder Kenner der dortigen Verhältnisse ist. Natürlich war auch der Auftritt der Basler Sozialdemokratin Fetz am Vortag bei Roger Schawinski für einige Lacher und Überlegungen gut. Die beiden Basler Politiker interessierten sich sehr für das Politleben und die Sorgen der Landgemeinde Bäretschwil, was weniger überrascht, wen man bedenkt, dass der Kanton Basel-Stadt mit nur zwei Landgemeinden wenig Erfahrung in der Kommunalpolitik hat.

Basel mit Zürcher Augen gesehen

Umgekehrt interessierte sich der Zürcher Wanner sehr für die Zusammenarbeit und Unterschiede zwischen den beiden Basler Kantonen. Mit der Aussage „für mich ist Basel ein Kanton“, erntete Wanner verständnisvolles Nicken der ganzen Tischrunde, welcher auch der administrative Leiter von Statements, Roman Hänggi, die Leiterin Kultur, Michela Seggiani, und Daniel Ordás angehörten. Risikofreudig bestellten alle sieben Gesprächsteilnehmer das Menu Surprise, was sich als eine ausgezeichnete Entscheidung herausstellte. Da die Weinauswahl dem Editor Daniel Ordás überlassen wurde, erstaunt es wenig, dass neben dem

Von links nach rechts (unten): Daniel Stolz, Noémi Lüdin, Felix Wanner, Anita Fetz, (oben) der Wirt des Restaurants Schifferhaus Roger Willimann, Daniel Ordás. schweizerischen Weisswein (Schafiser AOC, Sauvignon Blanc, Stadtkellerei Bern, Bielersee) auch ein kräftiger spanischer Rotwein (Seleccion Rioja DOC) serviert wurde. Die anwesenden Damen Fetz und Seggiani freuten sich ausserordentlich über die Ausführungen der Jungpolitikerin Noémi Lüdin, die sie umgehend zu einem neuen Politstern am FDP-Himmel erklärten. Der Abend war aber nicht nur der Politik gewidmet, sondern erlebte mit Ausführungen zu Allergien, Ausbildungen und Berufstätigkeiten auch einige persönliche Akzente. Letzen Endes führten aber auch die persönlichen, biografischen Erfahrungen immer wieder zu politischen Statements. Immer wieder thematisierten die Gesprächspartner aus

ihrer jeweiligen Bundes-, Kantons- und Gemeindesicht die Vorzüge und Unzulänglichkeiten des Milizsystems. Letztlich war man sich aber von der kalten Vorspeise bis zum Espresso über alle Kantons- und Parteigrenzen hinweg einig, dass es uns in einem schwierigen Umfeld und unter turbulenten Zeiten in der Schweiz noch ausserordentlich gut geht. Das Statemens-Team freut sich schon heute auf das nächste Statements-Dinner im Kanton Aargau mit den dortigen Nationalräten Cédric Wermuth, Ueli Giezendanner und Geri Müller, welches am 20. März 2012 im Park-Hotel in Rheinfelden stattfindet. Statements dankt dem gesamten Team des Restaurants Schifferhaus für die freundliche und grosszügige Bewirtung.s


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Nr. 2 | März MMXII | Statements

Kultur | Bücher

Träume von Reinheit und die Katastrophen eines Jahrhunderts Sachbücher müssen nicht trocken sein. Wenn ein Reporter wie der Niederländer Frank Westerman Sachbücher schreibt, dann zieht er die Leserschaft flugs hinein in seine spannend erzählten Geschichten. mitten ins mêlee hinein. Andere zogen in den beiden Weltkriegen schwere Artillerie über schlammige Pfade. Allein im Ersten Weltkrieg starben schätzungsweise fünf bis acht Millionen Pferde.

Von Andrea Bollinger eschichten hinter der „grossen“ GeG schichte sind auch das Thema seines neuen Buches: „Das Schicksal der weissen

Pferde – Eine andere Geschichte des 20. Jahrhunderts“. Die weissen Pferde, das sind die berühmten Lipizzaner, die in der Spanischen Hofreitschule zu Wien (und an verschiedenen anderen Orten im ehemaligen Habsburgerreich) ihre Künste vorführten. Als Bub in den Niederlanden durfte Westerman (Jahrgang 1964) einen Lipizzaner aus dem Gestüt eines Freundes reiten. Dies wird später zum Ausgangspunkt einer besonderen Geschichtsbetrachtung: „In vier Generationen einer einzigen Familie dieses Pferdes kann man den Ersten Weltkrieg, den Zweiten Weltkrieg, den Kalten Krieg und die letzten Balkankriege ablesen. Wie in einer Familiengeschichte, nur eben bei einem Pferd“. Grundfragen des 20. Jahrhunderts geht Westerman in seinem Buch nach – einem Werk, das viel mehr ist als ein „Pferdebuch“. Zunächst streicht er die – oft stiefmütterlich behandelte – Tatsache heraus, dass Tiere immer auch nolens volens in die Streitigkeiten und Egomanien der Menschen mit hineingezogen wurden. Als Arbeitstiere und Kanonenfutter in Kriegen, aber auch, wie im Falle der besonders wertvollen Lipizzaner, als Kriegsbeute. Am Beispiel dieser „Kaiserpferde“ lässt sich eindrücklich aufzeigen, wie sich der Mensch immer schon Gedanken machte über Wünsche und Möglichkeiten der „Perfektion“ einer Rasse – einschliesslich seiner eigenen.

Am Beispiel dieser „Kaiserpferde“ lässt sich eindrücklich aufzeigen, wie sich der Mensch immer schon Gedanken machte über Wünsche und Möglichkeiten der „Perfektion“ einer Rasse – einschliesslich seiner eigenen Die grosse Frage „nature“ oder „nurture“ bewegt noch heute und spaltet die wissenschaftliche Welt: Was ist ausschlaggebend dafür, wie sich Tier und Mensch entwickeln – gezieltes Züchten (nature) oder Anpassung an äussere Umstände (nurture)? In welchem Masse ist das Verhalten von Mensch und Tier erblich determiniert? Die Frage ist hoch aktuell in Zeiten

In nahezu allen Kulturen stand das Pferd über dem sonstigen Vieh

Autor: Frank Westerman. (Aus dem Niederländischen von Gerd Busse und Gregor Seferens). Titel: Das Schicksal der weissen Pferde. Eine andere Geschichte des 20. Jahrhunderts Verlag: C.H. Beck, München 2012 ISBN: 978-3-406-63088-0 Seiten: 286.

des „Genom-Projekts“ und der Fixierung auf die DNA. Was macht zum Beispiel einen „bad boy“ (oder ein „bad girl“) aus, Erziehung, Milieu, Umwelt oder schlicht ein paar ererbte Gene? Was machte den Lipizzaner zum Ausnahmepferd, der kalkhaltige, harte Boden der Gebirgskette des im heutigen Slowenien liegenden Lipica oder die „Veredelungsversuche“? Oder beides? In nahezu allen Kulturen stand das Pferd über dem sonstigen Vieh. Zivilisationen wurden auf „horsepower“ gebaut – vom Ackergaul bis zum Kriegspferd. Das von der Natur als Fluchttier konzipierte Wesen wurde zur kriegsentscheidenden Allzweckwaffe umgepolt, bis in den Ersten und teilweise in den Zweiten Weltkrieg hinein. Statt ihren natürlichen Trieben nachzugeben und davonzurennen, galoppierten Kavalleriepferde

Aber zurück zu Westermans Spurensuche. Nach dem Ersten Weltkrieg bricht die Habsburger-Monarchie zusammen. Die Lipizzaner sind verwaist. Die Sieger teilen die verbliebenen Tiere unter sich auf. Und von da an beginnen die neuen Machthaber in Europa, sich um diese Pferde zu reissen, die wie kaum ein anderes Tier zum Symbol für Macht und Prestige geworden sind. Natürlich holt auch Hitler die Pferde „heim ins Reich“. Schon fast nahtlos stehen fortan wissenschaftliche Überlegungen zur „Reinheit des Blutes“ bei Tier und Mensch nebeneinander und werden von den Nazis fleissig gefördert. Die Deutschen folgen den Überlegungen des Vererbungs-Lehrers Mendel (nature), während die pragmatischen Russen auf den formenden Einfluss von Umgebung und Training schwören (nurture). Auch die wissenschaftlichen Exkurse im Buch sind anregende (anspruchsvolle) Lektüre, wenn auch manchmal etwas verzettelt. Den roten Faden aber verliert Westerman nicht aus den Augen. So erleben wir mit, wie 1945 die Amerikaner in einer spektakulären Aktion namens „Operation Cowboy“ die Wiener Lipizzaner vor den anrückenden Russen „in Sicherheit“ bringen – sprich in den „zivilisierten“ Westen retten. Willkommen im Kalten Krieg. Und danach? Im Balkankrieg der neunziger Jahre rauben Serben Lipizzaner – „dieses katholische, kroatische Pferd aus dem ehemaligen Habsburgerreich“. Ein symbolträchtiger Vorgang. Tiere als Spielball von Geschichte und Ideologie. Von „Animal Farm“ zum „Menschenpark“ – immer schneller fallen die Genetik-Tabus in der Wissenschaft, das ist das denkwürdige Fazit von Westermans Buch. Der achte Schöpfungstag ist angebrochen. Der Mensch „hat nicht nur die Funktion der Evolution ergründet, es ist ihm auch gelungen, deren Motor auseinanderzunehmen. Anschliessend hat er die Einzelteile zurechtgefeilt und wieder zusammengebaut, und jetzt düst er auf diesem frisierten Moped herum“. Man kann nur auf eine Helmpflicht hoffen.s


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Statements | Nr. 2 | März MMXII

kultur | diesen monat

Diesen Monat empfehlen wir… Sarah kuttner: wachstumsschmerz. Von Michela Seggiani

Autorin: Sarah Kuttner Titel: Wachstumsschmerz ISBN 978-3-10-042206-4 Seiten: 280. Broschiert. Verlag: S. Fischer

Dies sei gleich vorweg genommen: Um eine hochliterarische Lektüre, sogenannte „ernsthafte“ Literatur, handelt es sich nicht. Vielmehr ist es Pop-, oder auch einfach Unterhaltungsliteratur. Wenn Sie keine Lust haben, im Fernsehen zum bestimmt dritten Mal die selbe Folge von „How I met your mother“ zu sehen, dann lesen Sie „Wachstumsschmerz“. Und hier komme ich zur Beantwortung der Frage, die Sie sich jetzt vielleicht gestellt haben; warum ich Ihnen dieses Buch empfehle: Es liest sich wie fernsehen. Es ist einfach geschrieben, aber nicht trivial, es ist witzig, aber nicht unkritisch und es geht um stets aktuelle Themen wie Liebe, Beziehungen und Vertrauen. Es geht ums Erwachsenwerden und um das Erwachsensein (das Wort ‚Erwachsen’ kommt gefühlte 200 mal vor). Luise und Flo, beide zwischen Anfang und Mitte Dreissig, entschliessen sich, zusammenzuziehen. Als Folge davon bricht die Beziehung auseinander. Zwischen der Haupterzählung schreibt Luise Memos

als tagebuchähnliche Einträge, die an Flo gerichtet sind, in denen sie ihre Beziehung und die Trennung im Nachhinein rekapituliert, während die Kapitel in chronologischer Reihenfolge bei der Wohnungssuche beginnen und mit der Situation nach der Trennung enden. Sarah Kuttner beschreibt eine Welt voller Regeln und Konventionen, die entweder niemand mehr weiss oder an die sich niemand mehr hält. So sind z.B. die Nachbarn zu laut und die Protagonistin scheint zwischen einem uncoolen Reklamieren und einem resignierten Hinnehmen hin und her zu schwanken. Andere Konventionen jedoch scheinen das Leben der jungen Leute – und mit jung meine ich Menschen zwischen 20 und 40 – zu bestimmen. Zum Beispiel die Konvention, Ehrgeiz zu haben und Karriere machen zu wollen. Luise arbeitet als selbständige Schneiderin und hat keine Ambitionen, Karriere und damit das grosse Geld zu machen, was ihr aber von der Gesellschaft und vor allem von

ihrem Vater vorgeworfen wird. Dass sie keinen Ehrgeiz hat, scheint tatsächlich ein Tabu zu sein und wird wohl vielen Lesenden aus dem Herzen sprechen. Sarah Kuttner, 1979 in Berlin geboren, wurde als VIVA-Moderatorin bekannt und arbeitet heute neben der TV-Moderation (z.B. auf ARD, 3sat) seit 206 auch als Buchautorin. „Mängelexemplar“, 2009 erschienen, ist wohl ihr bis anhin bekanntestes Werk. Dass die Autorin durch und durch Fernsehfrau ist, fällt auch beim lesen auf, denn es werden so ziemlich alle bekannteren TV-Serien erwähnt, in etwa so, wie bei Proust oder Jack London noch namhafte Autorenkollegen genannt wurden. „Wachstumsschmerz“ beschreibt die Leiden des Erwachsenwerdens und der Gesellschaft, doch ein kritischer Blick auf eben die Gesellschaftsnormen wäre zu wünschen gewesen, geht es doch genau um diese offensichtlich kaum einzuhaltenden Normen. Aber es ist schnell, witzig und mit Charme geschrieben. Lesen Sie es; es muss ja nicht immer Kaviar sein!s

Ausstellung Im Aargauer Kunsthaus: Blick. Künstler/Innen Arbeiten Mit Dem Ringier Bildarchiv. Von Laurent Leu Wussten Sie, dass das Aargauer Kunsthaus eines der wichtigsten – und meiner Meinung nach eines der spannenderen – Kunstmuseen der Schweiz ist? Wenn Sie es noch nicht wussten und möglicherweise das Museum noch gar nie besucht haben, dann möchte ich Ihnen hiermit wärmstens empfehlen, die aktuel­le Ausstellung „Blick“ dafür zu nutzen, dies einmal zu tun. Und selbstverständlich sei Ihnen diese Ausstellung zu besuchen auch ans Herzen gelegt, wenn Sie das Kunsthaus bereits kennen. Kunstschaffende arbeiteten für die Ausstellung mit dem Ringier Bildarchiv. Sie haben aus diesem unwahrscheinlich grossen Archiv

– es umfasst rund 7 Millionen Bilder! – frei wählen können und haben mit dem Material sehr unterschiedliche Kunst geschaffen. Die Themen der medialen Welt, des Blickes der Betrachter, der Bildwahrheiten, aber auch der Ästhetik wurden von den Kunstschaffenden aufgegriffen und sind sehr präsent. Überaus spannend ist auch der sozialhistorische Aspekt, der durchaus ironisch oder humorvoll auch auf jeweils temporäre Selbstverständlichkeiten und Absichten der Zeitung hinweist. So montiert zum Beispiel die Künstlerin Daniela Keiser historische Bilder auf aktuelle Blick-Ausgaben, was zu interessanten Effekten und Assoziationen führt.s

Die Ausstellung dauert noch bis zum 22. April 2012. Weitere Informationen unter: www.aargauerkunsthaus.ch/de/ausstellungen/aktuell/


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Werben Sie!

Statements wird mit viel Liebe gemacht! Das alleine reicht aber bei Weitem nicht. In Zeiten, in denen die Printmedien totgesagt werden, ist es ein Abenteuer um nicht zu sagen ein Wagnis, mit einer neuen Publikation auf den Markt zu kommen. Wir sind überzeugt, dass dieses Magazin gut und nötig ist und dass der Markt es aufnehmen wird. Aus diesem Grund haben wir es lanciert und hoffen es über Generationen weiterführen zu können. Da Luft und Liebe nicht reichen, um einen solchen Betrieb zu finanzieren, sind wir auf die innovative und originelle Idee gekommen, Werbeflächen zu verkaufen. Sollte Ihr Betrieb an einer Werbung in den nächsten Ausgaben von Statements interessiert sein, kontaktieren Sie uns. Ihre Werbung ist keine Spende! Wir sind überzeugt, dass die spezifische Leserschaft von Statements für viele verschiedene Branchen ein interessantes Zielpublikum ist.

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Statements | Nr. 2 | März MMXII

PROFIL | marc limat | LEITER MUSEUM.BL

Museum als Leidenschaft

Proust Questionnaire:

Allrounder mit Herz: Der Familienmensch Marc Limat hat seine Passion für Museen zum Beruf gemacht. Von Michela Seggiani ls ich Marc Limat vor drei A Jahren kennenlernte, war er als Verantwortlicher für Bildung

und Vermittlung im Museum. BL tätig. Voller Leidenschaft und Freude hat er durch eines der vielen Museumsdepots des Kantons in Muttenz geführt und Trouvaillen gezeigt, abenteuerliche Geschichten über einzelne Objekte zum besten gegeben und mit seinem schier unerschöpflichen Fachwissen in der Biologie und Kulturgeschichte, z.B. im Arnoldi-Kabinett (Apfelnachbildungen aus dem Obstkabinett), bestens Rede und Antwort stehen können. Diese Leidenschaft ist dem 42jährigen, heute Leiter des Museums, zum Glück erhalten geblieben. Zwar hat er in seiner neuen Funktion, die er seit April 2011 (und seit September 2010 ad interim) innehat, kaum zeitliche Ressourcen, ein interessiertes Publikum durch die Ausstellungen und Sammlungen zu führen, dennoch ist er auch oft im ehemaligen Zeughaus, in dem sich das Museum.BL befindet, anzutreffen. Es ist die Freude am Musealen, Interdisziplinären und die Neugierde

an Details, die den gebürtigen Riehener auszeichnen. Und sein Wille, sich voll und ganz in etwas hineinzugeben. Dass ihm jedoch Wille und Freude bei weitem

nicht reichen, sondern er auch grossen Wert auch Kompetenz und Erfahrung legt, ist auch aus seinem Werdegang klar zu sehen. Marc Limat hat Zoologie, Botanik, Geologie und Paläontologie an der Universität Basel studiert und sich als Kulturmanager weitergebildet. Unter anderem war er während vielen Jahren projektbezogen im Naturmuseum Olten und im Naturhistorischen Museum Basel engagiert und hat die Geschäftsstelle im Verein Oberrheinischer Museums-Pass geleitet. Es zeigt sich, dass das Museum einen zentralen Stellenwert in seinem Berufsleben inne hat. Im Privaten ist Marc Limats Lebensmittelpunkt seine Familie. Dem Vater zweier Kinder ist seine Rolle als Partner und Miterzieher sehr wichtig und sein privates Glück steht für ihn selbstverständlich vor seiner Karriere. Sympathisch!s

1. Was ist für Sie das grösste Glück? Meine Familie. 2. Was ist für Sie das grösste Unglück? Auch wenn es jetzt abgedroschen tönt: Das viele Elend auf der Welt. 3. Ihre Lieblingstugend? Verbindlichkeit und Genuss. 4. Ihre Lieblingsbeschäftigung? An Museumsprojekten arbeiten, Wandern, Musik hören und mit Familie und Freunden Zeit verbringen. 5. Ihr grösster Fehler? Auch der grösste Fehler ist am nächsten Tag schon viel kleiner geworden. 6. Wo würden Sie gerne leben? Da wo ich bin: Ich habe den Ort, wo ich leben möchte, bereits gefunden. 7. Welche Sünden könnten Sie am ehesten verzeihen? Lügen, zumindest je nach Lüge. Jeder Mensch lügt nach neusten Erkenntnissen ca. 200 Mal pro Tag! 8. Welche sind Ihre LieblingsheldInnen in der Dichtung? David (gegen Goliath). 9. HeldInnen des richtigen Lebens? Médecins Sans Frontières. 10. Historische Persönlichkeiten, die Sie beeindrucken? Nelson Mandela, Aung San Suu Kyi, Bruno Manser, Charles Darwin, Carl von Linné. 11. LieblingsschriftstellerIn? Sven Regener, Michael Stauffer, Pedro Lenz. 12. LieblingsmalerIn? Paul Klee, vor allem seine Tierzeichnungen aus dem „Bestiaire“. 13. LieblingsmusikerIn? Tom Waits, Ani DiFranco, Roli Frei und natürlich Ween. 14. Welche Eigenschaften schätzen Sie bei einem Menschen am meisten? Ehrlichkeit, Verlässlichkeit und Humor. 15. Welche natürliche Gabe möchten Sie besitzen? Als Comicfreak würde ich gerne besser zeichnen können. 16. Welche Fehler entschuldigen Sie am ehesten? Viele alltägliche Fehler, denn Fehler bringen uns oft weiter. Angst vor Fehlern ist in Prozessen oft schädlich. 17. Ihr Motto? Ein Tag, an dem man nicht lacht, ist ein völlig vergeudeter Tag. 18. Politische Partei? Die gibt’s nicht in der Form, in der ich sie mir wünsche. Daheim bin ich eher im linken und grünen Spektrum.


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So f채ngt der Monat gut an. Nummer 3 erscheint am 6. April 2012

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