WIESBADENER*IN, Ausgabe II/2023

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Wiesbadener*in

Magazin für Kunst, KulTouren und Lebensfreude

Wild & frei!

Schinderhannes on Tour

Galerie neongolden

Kunst für Zuhause

Die Kunst der Animation

Trickfilmfestival Wiesbaden

Kreativ inklusiv

Projekttag bei Mal_anders

Idstein Jazzfestival

Die Mischung macht´s

Kunst-Premiere

Offene Ateliers am Rhein

Nibelungen 2023

Liebesgeschichte, Tragödie und Krimi

Unerhörtes & Ungesehenes

Wiesbadener Kunstsommer fluxiv

Unikate für die Seele

Die Künstlerin Elmira Wilms

Ausgabe II / 2023 Preis: 6,50 €
Lothar
Bronze
Holzstele 195,7 cm Höhe, 36 x 22 x 15 cm (Bronze) 120 x 12 x 10,5 cm (Stele) (Foto: David von Becker, Berlin
Bild-Kunst, Bonn 2023)
Skulptur bei der 6. Skulpturtriennale in Bingen bis 8. Okotber 2023:
Seruset Fliegen, 2015/2023
bemalt auf
© VG

Inhalt

Kunst – für viele Menschen immer noch ein Mysterium, das in Museen und Galerien zu finden ist und in Ausstellungen gezeigt wird. Die Hemmschwelle, sich der Kunst zu nähern ist oft sehr groß. Schade eigentlich!

Mit ihren Ausstellungen möchte Petra Bermes beispielsweise in ihrer Galerie neongolden diese Berührungsängste abzubauen. Mit der hier gezeigten „Kunst für Zuhause“ kann und soll der eigene Alltag bereichert werden. Es gibt originale Kunstwerke zu fairen Preisen – alltagstauglich, bezahlbar und originell (S. 14).

Die Kreativen wiederum profitieren von dem Verkaufserlös – so wie beispielsweise Elmira Wilms, die ihre „Scheibchen“-Kunst und Mirakelfänger sowohl auf Künstlermärkten als auch über ihren Webshop anbietet (S. 30).

schatz & schätze

Schmuck trifft Poesie S. 4

menschen & meinungen

Freiheit, Gleichheit.... S. 6

kultur & kreatives

Idstein Jazzfestival S. 7

Kreativ inklusiv S. 8

Trickfilmfestival S. 10

Schinderhannes S. 12

Kunst für Zuhause S. 14

Offene Ateliers am Rhein S. 16

Jazz & Joy in Worms S. 18

Nibelungen 2023 S. 24

Staatstheater Darmstadt S. 29

Unikate für die Seele S. 30

Kunstsommer Wiesbaden S. 32

Autorin Marlies Krämer S. 33

Theaterdonner S. 34

Staatstheater Saarbrücken S. 40

Kulturfonds S. 42

Geschichte von unten S. 43

magazin

KulTouren 1 S. 26

KulTouren 2 S. 36

unternehmen & märkte

Sternecup der Köche S. 20

SEG S. 22

zusammenleben

Gemeinschaftlich Wohnen S. 44

helfen & heilen

Süsse Heilpflanzenkraft S. 46

Mit dem Erwerb eines Kunstwerkes unterstützt man auch das Kreativprojekt „Mal_anders“ der EVIM Behindertenhilfe, dem der Erlös dann vollständig zugute kommt (S. 8).

Und die 19 Kunstschaffenden, die am 17. und 18. Juni in den rheinnahen Stadtteilen ihre Schaffensräume für das interessierte Publikum öffnen, um einen Blick in die Ateliers zu ermöglichen, freuen sich auch darüber, wenn ihre Kunst ein Zuhause findet (S. 16).

Zugleich blicken wir in dieser Ausgabe auf aktuelle Bühnengeschehen. Zusammen mit Sheela Berigai hat Lothar „Lothi“ Pohl die Lebensgeschichte des Schinderhannes in ein fetziges Musical gepackt, das ab Juli in unserer Region auf Tournee geht (S. 12).

Das und vieles mehr bietet das vorliegende Magazin. Da wünschen wir Ihnen wir immer viel Vergnügen mit Kunst, Kultur und Kulinarik in diesen spannenden Zeiten.

IMPRESSUM: Herausgeberin, Gesamtkoordination & Gestaltung: media futura • Inh. Petra Esser • Mittelstraße 3 • 56856 Zell/Mosel • Tel. 06542.954.00.80 • Fax: 06542.954.00.79 • www.media-futura.de • mail@media–futura.de • Gestaltung: Petra Esser • Redaktion: Petra Esser, Tobias Mahlow, Gesine Werner, Konstantin Mahlow • Anzeigenleitung: Tobias Mahlow

• Titelbild: Lothar Seruset Fliegen, 2015/2023

• Vignetten: Bernd Schneider • Druck: WIRmachenDRUCK GmbH, Mühlbachstraße 7, 71522 Backnang • Redaktionsschluss für die Ausgabe III/2023: 20.08.2023 • Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlages • alle Fotos und Logos wurden uns – wenn nicht anders dokumentiert – von den porträtierten Personen/Institutionen zur Verfügung gestellt.

wiesbadener*in II/2023

Skulptur bei der 6. Skulpturtriennale in Bingen bis 8. Okotber 2023: Bogomir Ecker, Baum #133, 2003 Aluminium, Lack, 20 Objekte, verschiedene Größen, 45 x 28 x 39 cm bis 62 x 40 x 50 cm (Foto: © Bogomir Ecker, Courtesy Produzentengalerie, Hamburg © VG Bild-Kunst, Bonn 2023)

Schmuck trifft Poesie

Außergewöhnliche Unikate auch aus recycelten Materialien

Lust auf etwas Außergewöhnliches? Oder Lust auf was Nachhaltiges? Oder doch lieber auf etwas Poetisches? Warum nicht auf alles auf einmal? Die Goldschmiede feilgold in Wiesbaden-Biebrich bietet außergewöhnlichen Schmuck, wer möchte, gefertigt aus dem eigenen Familienschmuck – also nachhaltig und auf Wunsch noch garniert mit reichlich Poesie!

Susanne Geiger, Goldschmiedemeisterin und Inhaberin der Goldschmiede feilgold, ist bekannt für ihre außergewöhnlichen Unikate. Wer das Besonders liebt und keinen Schmuck „von der Stange“ möchte, ist hier sehr gut aufgehoben. Neben bereits fertigen Stücken, die das Herz erfreuen können, haben Sie die Möglichkeit, ein ganz persönliches Unikat fertigen zu lassen. Susanne Geiger nimmt sich im Vorgespräch viel Zeit, um den Wunsch der Kundinnen und Kunden anschließend passend umsetzen zu können. Dabei haben Sie die Möglichkeit, Ihr neues Schmuckstück aus komplett neuen Materialien nach Ihren Wünschen fertigen zu lassen. Die Goldschmiedemeisterin bespricht mit Ihnen Ihre Wünsche, denkt mit Ihnen über die Umsetzbarkeit nach oder schlägt machbare (sowohl preislich als auch in der Wahl der Materialien) Alternativen vor. Hier wird alles individuell von Hand gefertigt!

Besonders gerne verwendet Susanne Geiger aber auch bereits vorhandenen Schmuck. Das Thema Nachhaltigkeit ist auch in der Schmuckbranche inzwischen weit verbreitet, und der Goldschmiedemeisterin eine Herzensangelegenheit. Hier könnte ihr geerbter Familienschmuck zu ganz neuem Leben erweckt werden, wie auf den Abbildungen Nr. 4 & 5 zu sehen. Hier wurden Schmucksteine verarbeitet, die eine Kundin aus eigenem Besitz mitgebracht hatte. Auch Gold oder Silber kann umgearbeitet oder eingeschmolzen werden und zu etwas vollkommen Neuem werden. So werden Schmuckstücke, die vielleicht bereits seit Jahren ein tristes Dasein in der Schublade fristen zu neuem Glanz erweckt, die dann der Besitzerin, dem Besitzer wieder Freude schenken und dennoch die Erinnerung erhalten können.

Eine weitere Besonderheit aus der Goldschmiede feilgold ist, wenn Poesie auf Schmuck trifft (siehe Abbildungen 2, 3, 4, 5). Hier sind der Fantasie (fast) keine Grenzen gesetzt. Wer es poetisch mag, kann hier seine – ggf. nach eigenen Entwürfen und/oder aus Familienschmuck gefertigten – Schmuckstück mit wunderbarer Poesie versehen lassen – eine weitere Veredelung des Unikates!

Aber auch Bewährtes, wie die Fertigung von Eheringen (siehe Abbildung 1) ist in der Goldschmiede weiterhin zu finden. Auch hier sind der Fantasie keine oder kaum Grenzen gesetzt. Kommen Sie mit altem Schmuck, der vielleicht eine liebe Erinnerung birgt und lassen Sie sich hieraus Ihre Eheringe fertigen. Oder Sie haben eine eigene Idee, wie Ihre Ringe aussehen sollen, vielleicht garniert mit etwas Poesie?

Das alles und vielleicht noch viel mehr können Sie mit der Goldschmiedemeisterin Susanne Geiger besprechen. Gehen Sie gemeinsam ihre Vorstellungen und auch ihr Budget

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durch. Oft gibt es hier Berührungsängste, zum einen was das Budget betrifft, zum anderen, dass man irgendwie unter „Kaufzwang“ steht, wenn man sich in einer so persönlichen Atmosphäre trifft. Wir empfehlen: trauen Sie sich! Susanne Geiger findet in der Regel gemeinsam mit Ihnen die passende Lösung. Und wenn nicht, dann gehen Sie vielleicht einmal unverrichteter Dinge, und beim nächsten Mal finden Sie dann mit einer neuen Idee zusammen.

Seit diesem Jahr betreibt die Goldschmiede feilgold auch einen online-Shop (www.feilgold.de). Hier finden Sie nach und nach immer mehr Unikate, die Sie erwerben können. Ein Besuch lohnt sich immer – sowohl online als auch persönlich in der Schmiede. Hier bitte stets einen Termin vereinbaren (0171313 44 56). Sie sind herzlich willkommen!

Mehrmals im Jahr öffnet Susanne Geiger ihre Goldschmiede zu verschiedenen Anlässen, wie dem Höfefest am 3. Juni oder für ihre Jahresausstellung im Herbst. Melden Sie sich zum Newsletter an (info@feilgold.de), um hier mehr zu erfahren oder schauen Sie auf der Webseite vorbei (www.feilgold.de)

Goldschmiedewerkstatt feilgold me. Susanne Geiger Am Schlosspark 103 65203 Wiesbaden

0171-3134456

0611-4503286

info@feilgold.de www.feilgold.de

1. Trauringe Weissgold Gelbgold, 18ct

2. Anhängervorderseite „2021 – Ein anderes Jahr – mit Gold, Silber und einem Bergkristallcacochon, gehüllt mit Apfelkernen und zum Umhängen an ein Band aus Leder

3. Anhängerrückseite aus Gold und Silber„2021 – Ein anderes Jahr“ – mit der Inschrift "Wenn ich wüsste, dass morgen die Welt unterginge, würde ich heute noch ein Apfelbäumchen pflanzen"

4. Beispiel für recycelten Schmuck: Spezialanfertigung für eine Kundin, die die Edelsteine (Lapis Lazuli aus Afghanistan) lieferte und sich Poesie dazu wünschte.Die Kette ist aus 18ct Rotgold.

5. Anhänger oben (4) mit Poesie: „Kostbar der Herzschlag. Jede Minute sie schenkt dir den Atem. Erlaubt Dir Anzufangen Aufs Neue“. (Preise auf Anfrage)

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Susanne Geiger, Foto: Monika Werneke, Wiesbaden

Freiheit, Gleichheit, Schwesterlichkeit

Die Intelligenz ist weiblich - Männer-Chromosom ist dumm

Und täglich grüßt die Mannbarkeit. Kein Gendern in Absurdistan. Als wären wir in den Achtzigern des vorigen Jahrhunderts. Das generische Maskulinum feiert fröhliche Urständ, Frauen sind „das andere Geschlecht“

Bank-Formulare wollen „Angaben zum Kontoinhaber/Zahler“ und sportlich erfolgreiche Frauen gelten - nicht nur bei Olympia - als „MANN“schaft“.

Der Mann ist die Norm und das gilt auch in Medizin und Pharmazie. Nicht allzu verbreitet, erforscht die „Gendermedizin“ spezifisch weibliche Belange und staunt. Krankheiten verlaufen bei Frauen anders als bei Männern. Wer hätte das gedacht?

Apropos Denken: Intelligenz ist Frauensache. Ohne Frauen wäre

die Menschheit nicht so klug, vermutete schon vor 20 Jahren ein Humangenetiker der Uni Ulm laut Saarbrücker Zeitung. Professor Horst Hameister verwies auf aktuelle Human-Genom-Forschung und die Gen-Verteilung auf den Chromosomen. Frauen haben bekanntlich zwei XX, Männer ein X und ein Y. Den Geschlechts-Chromosomen kommt bei der Evolution große Bedeutung zu. Für die Spezies Mensch ist Intelligenz einer der wichtigsten Faktoren ihrer Entwicklung. Genkarten zeigten, dass auf den X-Chromosomen besonders viele Intelligenz-Gene liegen. Partnerwahl steuert die Entwicklung der Intelligenz. „In den vergangenen Millionen Jahren haben sich die Frauen offenbar immer intelligente Partner gewünscht“, meinte der Experte. Wie viele Intelligenz-Gene hat das männliche Y-Chromosom? „Gar

keins“, weiß der Genforscher. „Für uns Männer ist das sehr enttäuschend, aber das Y-Chromosom ist offenbar für die Intelligenz nicht zuständig.“ Sind Männer also dümmer als Frauen? Ein Quantum Trost hat der Forscher parat. „Im Erbgut des Mannes kommt ja auch ein X-Chromosom vor, das er von seiner Mutter geerbt hat. Damit haben Männer eine den Frauen in etwa ebenbürtige Ausstattung mit Intelligenz-Genen.“

Frauen sind die Mehrheit der Bevölkerung, leisten die unsichtbare Denkarbeit und schultern „Mental Load“. Sie stehen ihren Mann in Absurdistan. Ein Leben im Déjà vuModus. Vor fast 40 Jahren bekam ich als Autorin der kommunikationsthematischen Diplomarbeit „Sprache - Macht - Geschlecht: Zum Geschlechterverhältnis im Spiegel der Sprache“ eine „Mannbarkeits-Urkunde“ der Johann Wolfgang von Goethe-Universität übergeben. Die Urkunde war unterzeichnet von „dem Dekan“ und „dem Vorsitzenden“ des Prüfungsausschusses – beides hochkarätige Professorinnen.

Meine Forderung auf Rücknahme der „Geschlechtsumwandlung“ und rechtskonformem Diplom gründete auf geltendem Recht. Beckett ritt den Amtsschimmel, der kam vier Jahre (!) aus dem Wiehern nicht raus. „Gendern“ war noch nicht erfunden. Die Alma mater blieb rechtswidrig stur, die Akademikerin hartnäckig und kündigte den Gang zum Europäischen Gerichtshof an.

Medien berichteten (FR: „Kein Geld für die Pädagogin“.) Das Kultusministerium war not amused, wollte an den Fachbereich herantreten, dann gehe es „ganz schnell“. Dem Prüfungsamt galt Gesine Werner als „Querulantin“, nie ging den Mitarbeitern das Licht auf, widerrechtlich zu handeln, hieß es im Radio. „Wirklich des Nachdenkens wert, dass Frauen Himmel und Hölle in Bewegung setzen müssen, um legitimes Recht verwirklicht zu sehen.“ Das rechtskonforme Diplom kam nach 8 Semestern, Kostenerstattung nicht. Einsicht in Fehlhandeln? Mitnichten.

Olympe de Gouges schrieb 1791: „Die Frau ist frei geboren und bleibt dem Manne gleich an Rechten.“

Anno 1878 schrieben die Brüder Grimm von „Gästinnen“. Feministische Umtriebe kannten sie

Gesine Werner, geprüfter Mann und Diplompädagogin

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nicht.
menschen & meinungen
Langer Atem in Absurdistan: „Kein Geld für die Pädagogin” titelte die Frankfurter Rundschau nach zwei Jahren Schriftverkehr mit der Alma mater. Birgitta Melten schrieb im Wiesbadener Tagblatt von einer „Provinzposse” über den vier Jahre langen Kampf gegen die „Geschlechtsumwandlung“, Foto: Gesine Werner

Einmal im Jahr ist Idstein der musikalische Mittelpunkt der Region – und das schon seit mehr als drei Jahrzehnten.

Beim Idstein JazzFestival 2023

dreht sich vom 7. bis 9. Juli in der Hochschulstadt wieder alles rund um Jazz, Swing und Soul.

Dabei kommen Liebhaber des Classic und Real Jazz genauso auf ihre Kosten wie die Freunde von Blues oder Rock & Pop – allesamt jazzverwandte Genres. Nach dem fantastischen Comeback des Festivals im vergangenen Jahr mit reduziertem Programm, hat sich der Verkehrsverein trotz gestiegener Kosten insbesondere für Technik und Sicherheit, aber auch für die Bands, entschieden, mit dem dreitägigen Programm und fünf Bühnen an die Zeit vor der Pandemie anzuknüpfen.

„Unser Dank gilt hier auch in diesem Jahr den Sponsoren, die uns immer wieder unterstützen und ohne die unser Festival nicht möglich wäre. Wir freuen uns auch über die erneute Unterstützung des Kulturfonds Frankfurt RheinMain“, so Bürgermeister Christian Herfurth.

In der idyllischen Idsteiner Altstadt laden insgesamt 31 Bands zum musikalischen Stelldichein vor historischer Kulisse. Mal international oder ganz lokal, mit langjähriger Erfahrung oder noch neu auf der Bühne – die Musikwelt ist vielfältig und genau so soll das Idstein JazzFestival sein. „Ich denke, wir haben mit der Mischung der verschiedenen Stile und Richtungen für jeden was dabei“, sagt Herfurth zur Gestaltung des Programms, für das neben Jörg Steiner auch Sabine Fritz und Ariane Özer in einem langen Prozess die

Idstein Jazzfestival

Die Mischung macht´s!

Bands für diesen interessanten Mix ausgewählt haben.

Während etwa ein Drittel der Bands aus der Region stammen, sind mit „Adam Hall & The Velvet Playboys“ und „Guy Verlinde & The Artisans of Solace“ auch internationale Künstler in Idstein zu hören. Schon mal erfolgreich dabei waren Musikgruppen wie die „Zydeco Playboys“, „Biber Herrmann & Anja Sachs“ oder auch „The Wild Bobbin´ Baboons“. „Außergewöhnlich wird mit Sicherheit auch der Auftritt von ,Alpcologne‘ – wer erwartet schon zwei Alphörner bei einem JazzFestival“, so Jörg Steiner.

Dass bei den drei Tagen in Idstein das Publikum durchaus mit der ein oder anderen fröhlichen Überraschung rechnen darf, zeigt schon das Titelbild der diesjährigen Veranstaltung. Auf lila-blauen Plakaten bläst der Musiker Adam Hall nämlich nicht einfach in seine Trompete, sondern schaut mit staunend offenem Mund in den Schalltrichter hinein. Und im Hintergrund werden Kanzleitor, Rathaus und Hexenturm am Rande eines farbigen Strudels fast eingesogen.

Damit den Musik-Fans an den drei Tagen vom Klatschen, Mitsingen und Tanzen nicht die Power ausgeht, haben Idsteins Gastronomen wieder ein – ebenfalls bunt gemischtes – Angebot an Getränken und kulinarischen Leckereien parat. Das Rahmenprogramm sorgt unter anderem dafür,

dass es auch den Kleinsten nicht langweilig wird. Neben dem „House of Music“ im Gerberhaus dürfte auch die Kontrabass-Ausstellung unter der Überschrift „Fixing the dead notes of Jazz“ in den Geschäftsräumen des Geigenbauers Charles Cousins zu einer vielversprechenden Anlaufstelle werden.

Also: Das zweite Juli-Wochenende verspricht einen rundum gelungenen Mix für eingefleischte Jazz-Fans, aber auch für alle, die es sich bei bester musikalischer Unterhaltung in Idstein einfach gut gehen lassen wollen.

Zu finden ist das komplette Festivalprogramm im Internet unter www.idstein-jazzfestival.de. Die beliebten Festivalbuttons und die Tageskarten sind an den Abendkassen erhältlich, aber auch bis zum 6. Juli 2023, 18.00 Uhr, im Vorverkauf in der Tourist-Info Idstein sowie beim Optik-Studio Noé in der Schulze-Delitzsch-Straße 28 in Idstein.

Informationen zum Festival gibt es auch beim Verkehrsverein Idstein e.V., Tel. 06126 78-614, E-Mail: jazzfestival@idstein.de.

Unterstützt wird das Idstein JazzFestival u.a. von: Nassauische Sparkasse, Süwag Energie AG, Wiesbadener Volksbank, Dietmar Bücher Schlüsselfertiges Bauen GmbH & Co. KG, Wiesbadener Kurier, Albert Weil Idstein GmbH

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kultur & kreatves
JUICEXBRASS

Kreativ inklusiv

Projekttag mit Studierenden und Art-BrutKünstlerinnen und Künstler von Mal_anders

Die Stimmung in und um den Malpavillon des Wohnverbundes der EVIM Behindertenhilfe hätte nicht besser sein können an diesem 8. Mai.

Künstlerinnen und Künstler aus dem Kunstatelier Mal_anders und Studierende der Schule für Sozialwesen der Lebenshilfe in Hochheim trafen sich zu einer praxisorientierten, ganztägigen Bildungsveranstaltung.

Vormittags stellten die Studierenden den Künstlerinnen und Künstlern der Malgruppe künstlerische und gestalterische Techniken vor. Der Nachmittag stand dann ganz im Zeichen der freien Gestaltung: Hier wartete eine weiße Wand auf ihr neues „Kleid“!

Das Atelier Mal_anders der EVIM Behindertenhilfe in Wiesbaden besteht seit über 20 Jahren. Die Gruppe mit aktuell etwa 11-12 Teilnehmenden trifft sich zwei Mal pro Woche, immer abends, da die meisten Mitglieder berufstätig sind. Hierbei handelt es sich NICHT um eine pädagogische Beschäftigungsinitiative, sondern um KünstlerInnen, die in diesem

Rahmen ihre Kunst weiterentwickeln können. Alle Menschen, aus dem Atelier Mal_anders haben eine Form von Beeinträchtigung, und wohnen im Wohnverbund der EVIM Behindertenhilfe. Unter der professionellen Anleitung des Mainzer Künstlers Artjom Chepovetskyy lassen sich die Teilnehmer/innen auf einen intensiven künstlerischen Arbeitsprozess ein, in dessen Verlauf überraschende Potentiale sichtbar werden.

Inzwischen stellt die Künstlergruppe bei zahlreichen regionalen und überregionalen Ausstellungen aus. Ziel ist es, dass sie mit ihrer Kunst an die Öffentlichkeit gehen können. „Die Kunst wird nicht für den Keller gemacht“, so Artjom Chepovetskyy, „sondern für die Öffentlichkeit. Die Gruppe bereitet sich eigentlich permanent auf Ausstellungen vor“. Die Kunst, die hier entsteht, muss gesehen werden und darf und soll auch gekauft werden. „Für die Ateliergemeinschaft ist es großartig, wenn ihre Kunst in Ausstellungen gezeigt wird“, bestätigt der Einrichtungsleiter David T. Pfirrmann. „Es ist, wie für

alle Kunstschaffende eine emorme Wertschätzung ihrer Arbeit und ihrer selbst“.

Und die Kunst, die hier entsteht, kann sich sehen lassen! In gemeinsamen Ausstellungen ist der Unterschied zwischen Arbeiten beeiträchtger Menschen und Menschen ohne Beeinträchtigung nicht sichtbar. Aber zurück zum Aktionstag: Für den vormittäglichen Bildungsteil des Projekttages hatten die Studierenden die Aufgabe, sich auf verschiedene kreative Techniken vorzubereiten, die von Artjom Chepovetskyy, der einen Lehrauftrag an der Schule für Sozialwesen hat, vorgegeben wurden. Zur Auswahl standen die Bereiche Malerei, Linolschnitt, Bildhauerei und Collage. Die Studierenden teilten sich in vier Gruppen, die jeweils eine der Techniken vorstellte.

„Der Benefit des heutigen Tages wäre“, so David T. Pfirmann, „wenn die Künstlerinnen und Künstler von den Ideen, die die Studierenden heute mitbringen, partizipieren würden. Die Studierenden können an

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Jenny Martin (re), Mal_anders (mit zwei Studierenden) probiert hier die sehr alte Technik des Marmorierens aus, Foto: EVIM

diesem Tag vom Theoretischen ins Praktische wechseln und gemeinsam mit den Kunstschaffenden von Mal_ anders die vorgestellten Techniken kreativ weiterentwickeln.“

Dieses Ziel wurde auf jeden Fall erreicht. Die Studierenden aus allen Gruppen berichteten einhellig, wie fasziniert sie von der Begeisterung der Künstlerinnen und Künstler und deren kreativem Umgang mit den vorgestellten Techniken waren. „Viele haben bei den Techniken eigene Ideen und bringen ihre eigene Note mit hinein“, erzählte eine begeisterte Studierende.

Sie alle waren von diesem Tag sehr angetan. „Man lernt etwas Neues dazu, kann in die Praxis reinschnuppern und Ideen für die spätere Arbeit sammeln.“ Die Studierenden arbeiten aufgrund der dualen Ausbildung bereits in verschiedenen Einrichtungen. Durch die unterschiedlichen Gegebenheiten in den Einrichtungen gibt es oft keine Möglichkeit, z.B. künstlerisch zu Arbeiten. Daher ist dieser Tag eine Bereicherung; hier kann mal anders gearbeitet werden.

Die Studierenden aus den Vormittagsgruppen sind alle im 2. Ausbildungsjahr. Der duale Studiengang geht insgesamt über 3 Jahre.

Die Studierenden der Heilerziehungpflege arbeiten an 3 Tagen in der Woche in entsprechenden Einrichtungen. Die schulische Ausbildung

Atelier Mal_anders

Das Projekt Mal_anders finanziert sich zu 100 % aus Spenden. Wichtig sind vor allem Geldspenden, um Leinwände, Pinsel und Farben zu kaufen. Gespendet werden kann auf folgendes Konto: Bank für Sozialwirtschaft

IBAN: DE37 5502 0500 0004 6010 00 BIC: BFSWDE33MNZ Verwendungszweck: Mal_anders

Der Bedarf von Sachspenden in Form von Leinwänden, Farben oder anderen Materialien kann mit Artjom Chepovetskyy (artchepo@googlemail.com) oder David T. Pfirrmann (david.pfirrmann@evim.de) besprochen werden.

Eine wunderbare Unterstützung für Projekt Mal_anders ist selbstverständlich auch durch den Erwerb der Kunstwerke möglich. Der Erlös läuft vollständig in das Projekt zurück.

Bei Interesse gerne Kontakt zur Geschäftsstelle aufnehmen: EVIM Evangelischer Verein für Innere Mission in Nassau Auguste-Viktoria-Str. 16 65185 Wiesbaden Tel.: 0611 99009-0 geschaeftsstelle@evim.de www.evim.de

findet an 2 Tagen pro Woche statt. Zwei Mal im Jahr findet ein 6-wöchiger Blockunterricht statt, und es gibt ein zusammenhängendes Praktikum. Einzelne Projekttage wie der heutige werden von den Studierenden als Bereicherung wahrgenommen, die die Möglichkeit bieten, Neues dazu zu lernen und den Blickwinkel zu wechseln oder in der Schule Gelerntes umzusetzen. Einige der Studierenden sind Quereinsteiger und ursprünglich aus anderen Berufen. Sie alle haben aber hier eine neue Berufung gefunden, und niemand bereut diesen Schritt. Der Nachmittag stand dann ganz im Sinne der „Freien Arbeit“. Nachdem am Vormittag konzentriert an den neuen Techniken gearbeitet wurde, widmete sich die Ateliergemeinschaft Mal_anders der freien Gestaltung. Die gleichen Künstlerinnen und Künstler trafen am Nachmittag auf eine andere Studierenden-Gruppe. Diese Gruppe aus dem Abschlussjahr hat gemeinsam mit der Ateliergemeinschaft die weiße Wand eines Wohnheims mit verschiedenen Maltechniken gestaltet.

Beteiligte Künstler:innen aus dem Atelier Mal_anders waren: Fatou Jassy, Ralf Ullrich, Heidi Lose, Christian Martiny, Mary Brecht, Jenny Martin, Stephan Knapp, Holger Wohn.

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kunst & kreatives
Das gesamte Team mit dem Ergebnis der Wandbemalung am Nachmittag, Foto: EVIM

Vier Tage im Juni: Alle Jahre wieder - ein Hoch auf die Kunst der Animation! Zum zweiten Male im Frühsommer wird Wiesbaden zum El Dorado der „trickreich“ flimmernden Hochkaräter.

FBW, der Omnimago GmbH - der besonderer Dank gebührt - und der Caligari FilmBühne. Alle Animationstechniken und Trickfilmarten sind an Bord. Selbst bewerben is´ nich - die Beiträge sind strikt kuratiert und werden auf Einladung gezeigt.

zeichnet, lässt der für „Quest“ mit dem Goldjungen belohnte Experte ins Nähkästchen gucken. Inspiration, Karriere, Zukunft. Tricks und Techniken, Zahlen und Fakten, Fotomaterial, Making-Of-Filme und Anekdoten.

Ein Oscar-Preisträger und trickreiche Hochkaräter

24. Internationales Trickfilm-Festival Wiesbaden vom 22. bis 25. Juni 2023 im Filmschloss und der Caligari FilmBühne

Das Internationale Trickfilm-Festival Wiesbaden steuert auf sein Silberjubiläum zu: Vom 22. bis 25. Juni 2023 geht die 24. Version des beliebten Dauerbrenners über die (Film-)Bühnen.

„Es ist unter den internationalen Trickfilmfestivals das einzige, das die Hauptpreisträger der wichtigsten Festivals und Trickfilmwettbewerbe der Welt im Programm hat“, betont Detelina GrigorovaKreck.

Die Filmexpertin ist eine wichtige Zeitzeugin und zusammen mit Filmkoryphäe Joachim Kreck in der Oral History-Anthologie „Erlebte Geschichte & Geschichten“, herausgegeben vom Stadtarchiv-Förderverein, vertreten.

Das international bekannte Festival basiert auf Zusammenarbeit mit dem Kulturamt Wiesbaden, der

Als kulturpreisgekrönte „Freunde der Filme im Schloss“ präsentieren die Krecks im Trio mit dem „Dritten Mann“ Michael O. Fechner „nur Filme mit mehreren Preisen. Alle sind auf ihre Art kleine Perlen, die das Mosaik ausmachen und die aktuelle Entwicklung des Trickfilms zeigen.“

Fast schon eine kleine Tradition: Das schwelgerische Filmvergnügen geht mit der Eröffnung in der Caligari FilmBühne und einem Experten in die nexte Runde. Am Donnerstag, den 22. Juni, wird mit dem Grußwort des scheidenden Kulturdezernenten Axel Imholz - ein bekennender Trickfilm-Fan - und einem „Stammgast“ aus Kassel ein unterhaltsamer Blick hinter die Kulissen gestartet. Getreu der Devise „Ein Oscar-Preisträger lernt laufen“ reist Thomas Stellmach aus Kassel an. Mit mehr als 100 internationalen Würdigungen ausge-

Sind bei der Quest-Figur (Oscar 1997) aus porösem Latexschaum ein paar Schrauben locker?

In der Sektion „Best of German Animation 2021/2022“wird unter den 10 ausgewählten Beiträgen natürlich auch das aktuelle StellmachWerk „The Sausage Run“ gezeigt, bei dem es für ein Lamm echt „um die Wurst“ geht. An der Story wirkte der vielfach ausgezeichnete Trickfilm-Grandseigneur und StellmachMentor Paul Driessen mit, von der Präsentation eigener Filme im Schloss gut erinnerlich.

Das Charakter-Design steuerte der Wiesbadener Janek Czechowski bei. Rotkäppchen verkehrt: Opa ist ein Schaf, der große böse Wolf ist ein Metzger mit Spezialproblem, der vierbeinige Jäger mag Würste. In der Sektion „Best of International Animation“ sind vier Programme am Start sowie das Programm „New Generations“ mit Diplomfil-

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kultur & kreatives
Yallah

men (Publikumspreis 500 Euro, Sparkassenversicherung). Das Publikum ist wieder die Jury und stimmt ab, das Katholische Filmwerk dotiert den Publikumspreis mit 1000 Euro. Weitere 1000 Euro macht der Ortsbeirat Biebrich locker für den besten deutschen Trickfilm.

Zwei großartige Langfilme sind auch mit an Bord. Beim berühmten Festival in Annecy als Bester animierter Langfilm gewürdigt, sehen wir die deutsche Fassung. „Der kleine Nick erzählt vom Glück“. Amandine Fredon & Benjamin Massoubre haben die Geschichte der Figur mit den Lebensgeschichten ihrer Erfinder verwoben – eine poetische und herzerwärmende Hommage an Sempé und Goscinny. Der zweite Langfilm „Flee“ von Jonas Poher Rasmussen war für drei Oscars nominiert, wird untertitelt gezeigt. Es geht um das Geheimnis des afghanischen Akademikers Amin, der in Dänemark lebt.

Des unvergleichlichen Bill Plymptons neuester, selbstredend schon vielfach ausgezeichneter Streich heißt „Demi´ s Park“ und läuft in Programm Zwo. Hier ist auch der in Wiesbaden wohlbekannte Maler und Trickfilmer Vuk Jevremovic´ zu Gast, der seinen genialen „Panther“ von 1998 in überarbeiteter Version mitbringt. Ganz einfach „11“ heißt Vuks experimentelle

Hommage an Fußball als „das Spiel des Lebens“ - Tinte auf Papier, Ölfarbe auf Leinwand. Den Kulturamtspreis der LH Wiesbaden wird Kulturamtsleiter Jörg Uwe Funk persönlich an Vuk Jevremovic überreichen am Samstagabend im Filmschloss. Glückwunsch.

Auch weitere Gäste werden erwartet. Nikita Diakur („Ugly“) kommt als Kurzfilmpreisträger 2022 aus Leipzig und stellt sein innovatives KI-Experiment „Backflip“ vor. Soll sich doch der Avatar beim Rückwärts-Salto den Hals brechen…

Ein Herz für Kinder

Detelina Grigorova-Kreck hat wieder ein besonderes Programm „Tricks für Kids“ kuratiert: In der Sonntagsmatinée werden 15 wunderschöne Geschichten für Kinder gezeigt. Zu Gast ist das Studio Film Bilder Stuttgart, „auf selbst geschaffene Bilder und Geschichten“ spezialisiert. Es kommen Zebra, Tom & Luisa die Kuh. Bei den Aimanimals heißt es „Tom ist doof“. Und was macht „der Pinguin auf meiner Schmusedecke“?

Beschränkungen sind derzeit nicht zu vermelden. Detelina Grigorova-Kreck betont „Zwischen den Vorstellungen werden wir gründlich lüften.“

Anmeldungen unter: info@filme-im-schloss.de www.filme-im-schloss.de

Telefon: 0611 – 84 07 66

Les Blanks Film „A Poem is a naked Person”, der 2015 in Wiesbaden lief.

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Text: Gesine Werner „The sausage run“ (Produktionsfoto), Foto: © Thomas Stellmach Detelina Grigorova-Kreck und Joachim Kreck mit Fachzeitschriften zu „The physics of Sorrow” und „Genius Loci”. Das T-Shirt macht Werbung für Foto: Gesine Werner

Vor 220 Jahren wurde Johannes Bückler, der unter dem Namen Schinderhannes in unserer Region sein Unwesen trieb, in Mainz unter die Guillotine geführt. Nun ehrt die Wiesbadener Kult-Band Crackers den Räuber und Rebell mit einem rockigen Musical in 23 Bildern.

Dabei wird die bunte MusicalTruppe die Geschichte so auf die

Er vertrinkt ihn lieber mit Kumpels und wird dafür mit Stockschlägen bestraft. Also Startschuss für eine Karriere im Gesellschafts-BackStage und Undercover. Er wird Hauptmann einer Räuberbande, die über ein Jahrzehnt den Großraum zwischen Koblenz, Trier und Mainz dominiert.

Schinderhannes klaut und raubt, kommt in Arrest und bricht wieder aus, sammelt wieder Minuspunkte

Schinderhannes wild & frei!

Bühne bringen, wie sie noch nie erzählt worden ist. Der Mainzer Comedian Sven Hieronymus gibt in diesem Stück den Erzengel Gabriel und Sheela Berigai die Luzifer. Den Schinderhannes singt Jott Fürwitt, das Julchen Lea Hieronymus. Als Gräfin tritt TV-Moderatorin Ingrid El-Sigai auf, während Clowns-Doktor Roland Strasser vom „Theater Trio Grande“ als Erzähler und Zeitenwandler zu hören ist. Lothar „Loti“ Pohl, Gründungsmitglied der Crackers, gibt den Vater des Schinderhannes.

Die Geschichte ist bekannt: Hannes, geboren 1779 in Miehlen (gestorben 1803) wird als junger Mann durch die Eskapaden seiner Familie recht entwurzelt durch die Gegend gewirbelt. Zurück im Hunsrück kommt er auf die schiefe Bahn: Zu verlockend erscheint der funkelnde Louis d’Or, für den er Branntwein kaufen sollte.

auf dem Karma-Konto, wird erneut eingefangen und dann nach Prozess und Kriegsrecht durch die Franzosen in Mainz mitsamt 19 Kumpanen unter der Guillotine geköpft.

Sheela Beigai und Lothar Pohl haben die Geschichte neu geschrieben. Die historischen Fakten sind gesichert, doch die beiden interessiert, was die Menschen damals wie heute an dieser Figur so fasziniert.

Ihr Fazit: es war – und ist – der Wunsch der Menschen unabhängig zu sein, das wilde, ungehorsame Leben der Räuber und die eigene Sehnsucht nach Freiheit. Auch wenn das echte Räuberleben davon gehörig abwich und es auch meist kein gutes Ende nahm – die Sehnsucht und die Geschichten darüber sind lebendig geblieben. Die Crackers als Band zusammen

mit den ebenfalls aus diesem Spielgebiet kommenden SolistInnen, präsentieren dieses „Historical“ – ein rockiges Singspiel mit einprägsamen Songs in knallhartem Rhythmus, Brettgitarren und vorlautem Gesang in deutscher Sprache, gerne auch mit herzhaftem Dialekt. Verpackt als Musical und ausgestattet mit modernster Sound- und Lichttechnik. Eine bühnenbreite Videowand spielt mit: als bildreiche Kulisse, aber auch mit Filmsequenzen, synchron zur Musik auf der Bühne.

Erzählt wird aus dem Leben der Menschen dieser Zeit: da gibt es Räubergeschichten, Liebesaffären, Klauereien und Saufgelage, Hoffnung & Heimatliebe und schließlich das furiose Finale. Alle für das Leben des Johannes Bückler relevanten Personen kommen auf die Bühne: Vater und Mutter, seine Geliebte Juliane Blasius, der französische Kommandant, die gierige Adlige, der Klerus, die Räuberkumpels und die Leute aus dem Volk – unter der Aufsicht von Erzengel Gabriel und Teufelchen Luzifer. Ein Spektakel, das seinesgleichen sucht.

Die Tour2023 bringt den „Schinderhannes“ am 21. Und 22. Juli in die Mainz-Kasteler Reduit, am 12. Und 13. August zu den Burgfestspielen nach Dreieichenhain und am 18. Und 19. August in die Burgkirche nach Ingelheim. Natürlich darf eine Aufführung in Simmern, wo der Räuber eingesperrt war, nicht fehlen: dort rocken die Crackers am 1. September in der Hunsrückhalle.

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kultur & kreatives
Schinderhannes, ein Musical in 23 Bildern, Foto: © 360 Grad Kultur GbR

Das „Schinderhannes“-Musical ist ein Termin der diesjährigen Ingelheimer Festsaison. Diese beginnt Frühlings-Weinfest am Winzerkeller (Freitag, 5. bis Sonntag, 7. Mai).

Von Freitag, 30. Juni, bis Sonntag, 2. Juli, laden die Ingelheimer Kultur und Marketing GmbH (IkUM) und der Südwestrundfunk zum SWR Sommerfestival ein. Ein Wochenende lang können Besucherinnen und Besucher auf dem Vorplatz der kING und in der Binger Straße ausgelassen feiern. Bei drei Abendveranstaltungen präsentieren SWR1, SWR3 und SWR4 herausragende Künstlerinnen und Künstler.

Am Freitag, 30. Juni, startet das Festival mit dem Berliner DJ-Duo YouNotUs. (Support Act: DJ D White). YouNotUs gehört inzwischen zu den relevantesten deutschen Dance-Acts.

Am Samstag, 1. Juli, rockt die kanadische Kult-Band SAGA die Bühne beim Open-Air-Festival (Support Act: Birth Control). Unter dem Motto „A Night To Remember 2023“ wird die Band mit Klassikern wie „Wind Him Up“, „Don t Be Late“ oder „Humble Stance“ für beste Live-Stimmung sorgen.

Den krönenden Abschluss des SWR Sommerfestivals bildet am Sonntag Howard Carpendale (Support Act: Eric Philippi) – leider bereits komplett ausverkauft.

Vom 14. bis zum 16. Juli findet wieder die Reihe „Künste & Klänge“ statt. Bei dem außergewöhnlichen Sommer-Kulturprogramm in historischem Ambiente gibt es ausgezeichneten Live-Jazz, IndiePop aus Berlin und eine Lesung mit Hanns-Josef Ortheil.

Am letzten Juli-Wochenende lädt das Hafenfest auf der Jungau wieder zum Feiern, Genießen und Verweilen ein. Am Ingelheimer Rheinufer erwartet die Gäste ein attraktives Programm mit großem Künstlermarkt, Live-Musik, Weinund Essensständen, Biergarten und Fahrgeschäften.

Zum Abschluß der Festsaison präsentieren sich vom 23. September bis 1. Oktober die Ingelheimer Winzer auf dem traditionellen Rotweinfest mit ihren neuesten und besten Jahrgängen.

Infos und Tickets gibt’s unter: www.ikum-ingelheim.de

Das Magazin WIESBADENER*IN verlost 2 x 2 Karten für die Musical-Vorstellung „Schinderhannes - wild & frei“ am 18.8.2023 in Ingelheim.

Bitte beantworten Sie folgende Frage: Wie alt wurde Schinderhannes?

Antworten bitte bis 15.7.2023 per Mail an: mail@media-futura.de

Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. MitarbeiterInnen des Verlages können leider nicht teilnehmen.

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Schinderhannes Gabriel, Foto: © 360Grad Kultur GbR Schinderhannes Loti Foto: © 360Grad Kultur GbR Schinderhannes Team Foto: © 360Grad Kultur GbR Schinderhannes Lucy & Gabriel Foto: © 360Grad Kultur GbR Schinderhannes Hannes & Julchen im Wald Foto: © 360Grad Kultur GbR Rotweinfest, Foto: © Michael Bellaire

Kunst für Zuhause

Neongolden@WiCoPop*

Kunst, für viele Menschen immer noch ein Mysterium! Daran haben auch Bewegungen, wie Fluxus oder Street Art usw. nichts geändert. Es gibt immer noch „Berührungsängste“, das Gefühl, nichts von Kunst zu verstehen oder mit Kunst nichts anfangen zu können.

Die Galeristin Petra Bermes hat sich zur Aufgabe gemacht, die Kunst zu den Menschen zu bringen und umgekehrt. „Kunst zum Anfassen“, zum Begreifen oder einfach zum Schönfinden! – Kunst im und für den Alltag, Kunst für zuhause!

„Während der Zeit im Schnittpunkt konnte ich feststellen, wie viele Menschen sich für Kunst interessieren, die kaum in Ausstellungen gehen oder Galerien besuchen.“, sagt Petra Bermes.

Die Ausstellungen im ehemaligen Schnittpunkt im Westend sind immer noch legendär und brachten die Kunst unweigerlich zu den Menschen. Während des Friseurbesuchs begegneten die Kundinnen und Kunden, die an den Wänden und im Laden ausgestellten Kunstwerke, ob sie wollten oder nicht. Und das Schöne: alle Werke konnten erworben werden. Es handelte sich stets um Ausstellungen, die auch die Besitzer:innen wechseln wollten, um so ein neues Zuhause zu finden. Und das taten sie auch!

Damals war es noch ziemlich neu, Kunst in einem Frisiersalon zu begegnen. Aber es war auch eine gute Möglichkeit, Menschen, die sich sonst nicht an Kunst herangetraut hätten, mit Kunst in Berührung kommen zu lassen, und eben diese nicht nur anschauen zu können, sondern auch mit nach Hause nehmen zu können, wenn man sich in ein Objekt verliebt hatte und sich Zuhause weiter daran zu erfreuen.

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kultur & kreatives
Galerie neongolden mit Werken von Roman Klonek & Jan Schmelcher (rechts) Marc Peschke

Neben den Ausstellungen im Schnittpunkt gab es drei Jahre lang parallel dazu Kunst in der Galerie neongolden in der Nerostraße im Wiesbadener Bergkirchenviertel.

WiCoPop*

Neue spannende Orte zum Improvisieren, Gestalten und Experimentieren entstehen unter dem Namen WiCoPop* im Leerstand in der Kleinen Schwalbacher Straße.

Das Projekt wird gefördert vom Programm ‚Zukunft Innenstadt‘ des Hessischen Ministeriums für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Wohnen und dem Referat für Wirtschaft und Beschäftigung. Die Wirtschaftsförderung der Landeshauptstadt, verantwortet durch die für den Bereich Wirtschaft zuständige Stadträtin Christiane Hinniger, hat sich mit diesem Projekt beim Land Hessen beworben. Es gibt Angebote von Start-ups in einem Laden in der Kleinen Schwalbacher Straße sowie Veranstaltungen und Ausstellungen. Hierdurch sollen neue Zielgruppen zu einem Besuch der Innenstadt angeregt werden und der Leerstand sinnvoll genutzt werden.

Bestehend aus einem PopUpStore* mit Schaufenstern auf der Straßenebene, einem CoLab* im ersten Stock und einem CoSpace* im zweiten Stock, bietet das WiCoPop* viele Möglichkeiten für die Entwicklung von innovativen Konzepten verbunden mit wertvollen Praxistests.

Auf WiCoPop.de sind Veranstaltungstermine und Informationen zu den Projekten zu finden. In den Social-Media-Kanälen ist die virtuelle Teilnahme an Events sowie ein reger Austausch von Ideen, Perspektiven und Erkenntnissen geplant.

Alle Infos zum Projekt unter: www.wicopop.de/wicopop-imherzen-von-wiesbaden/

fen, der Kunst erlebbar macht und gleichzeitig den KünstlerInnen eine Plattform geben, ihre Kunst in die Welt hinauszutragen.

Petra Bermes ist bekannt für ihre originelle Auswahl der Kunstwerke und der KünstlerInnen. Sie möchte den Mythos Kunst durch ihre Ausstellungen etwas entzaubern. Die BesucherInnen sollen nicht nur schauen und staunen. Die Galeristin wünscht sich, dass die Menschen, die die Galerie besuchen, sich an der Kunst erfreuen, sich von ihr berühren lassen und den Wunsch verspüren, ein Stück dieses Gefühls mit nach Hause nehmen zu wollen.

Die hier gezeigte Kunst ist alltagstauglich, bezahlbar und originell. Sie eignet sich natürlich auch zum Verschenken. Und im Unterschied zur „Kaufhauskunst“ sind diese Kunstwerke Originale und einzigartig.

Petra Bermes möchte auch ein Bewusstsein dafür schaffen, das Kunst für jede(n) eine Bereicherung auch für das eigene Zuhause sein kann und nicht unantastbar in Ausstellungen, Museen und Galerien verbleiben muss.

Und vielleicht begegnen die Menschen der Kunst dadurch insgesamt weniger ehrfürchtig, dafür mit mehr Interesse und Freude – egal, wo sie zu finden ist.

Galerie Neongolden@WiCoPop*

Öffnungszeiten: während der Ausstellungen Dienstag Mittwoch Donnerstag 15 - 19 Uhr

Freitag und Samstag 13 - 19 Uhr

Aktuelle Informationen unter: https://www.wicopop.de/ https://www.wicopop.de/ neongolden-popup-galeriewiesbaden/

„Hier konnte ich oft spüren, wie groß die Scheu, fast schon Angst und manchmal Abneigung war, eine Kunstgalerie zu betreten“, so die Galeristin.

Viele Menschen kaufen Bilder und Dekorationsobjekte in Kauf- oder Möbelhäusern. Die Galeristin möchte mit ihrer aktuellen Galerie in der Innenstadt einen Ort schaf-

Wir freuen uns über die Bereicherung der Wiesbadener Kunst- und Kulturszene und werden die Aktionen in 2023 in allen Ausgaben des Magazins WIESBADENER*IN begleiten.

Alle Fotos: © Rene Schenkel

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kultur & kreatives
Jan Schmelcher Sandra Trösch Wiebke Bartsch

Premiere:

Offene Ateliers am Rhein

Samstag/Sonntag 17./18. Juni 2023

Zum ersten Mal öffnen 19 Künstlerinnen und Künstler, deren Ateliers in den rheinnahen Stadtteilen MainzKastel, Wiesbaden-Biebrich, Wiesbaden-Schierstein sowie in Walluf liegen, ihre Schaffensräume gemeinsam für eine breite Öffentlichkeit.

Die Initiative ging von den Kunstschaffenden des ATELIEReins in Biebrich aus. Das Atelier gründete sich erst Anfang 2022. Vorher arbeiteten die Künstlerinnen und Künstler in anderen Ateliers und mussten oder wollten sich neu orientieren.

Schnell entstand die Idee, gemeinsam mit anderen Kunstschaffenden, die ihre Ateliers in den genannten Rhein-Anlieger-Vororten haben, sich der Öffentlichkeit durch eine gemeinsame Aktion zu präsentieren. Ähnlich, wie bei „Tatorte Kunst“, die einmal jährlich in der Wiesbadener Innenstadt stattfinden, sollen auch die „Offenen Ateliers am Rhein“ zukünftig jährlich stattfinden.

Alle teilnehmenden Künstlerinnen und Künstler laden ein, einen Blick in die ganz individuellen Produktionsräume zu werfen, in denen Kunst der unterschiedlichsten Sparten entsteht - von der Malerei über Grafik und Plastik bis zur Fotografie und Videokunst.

Es ist DIE Gelegenheit, die Kreativen in der gewohnten Umgebung bei ihrer Arbeit zu beobachten und zu befragen – Nahaufnahmen, die sonst verborgen oder unzugänglich sind.

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von l.n.re.: Wolfgang Blanke, Patricia Sant`Ana Scheld, Veronika Fass, Peter Bernhard, Michael Apitz, U. Berthe Knieriem, Uta Grün, Anna Bieler (guckt böse), Bernd Schneider, Annette Scharner, Anke Rohde, Roman Mikos, Mike Wosnitzka, Renate Reifert, Frank Widmann (der Fotograf), Eva Heinelt. Nicolaus Werner, Simon Hegenberg und Marie Fromme sind leider nicht auf dem Foto, können aber im Atelier getroffen werden.
kultur & kreatives

Der Atelierrundgang, der auch gut mit dem Fahrrad zu bewältigen ist, bietet die Möglichkeit, sich mit den KünstlerInnen vor Ort zu unterhalten, Eindrücke zu sammeln, sich bereichern und inspirieren zu lassen und eine Auszeit aus dem Alltag zu nehmen.

Öffnungszeiten:

Samstag, 17. Juni und Sonntag, 18. Juni jeweils von 12 – 19 Uhr

Mehr unter: www.offeneateliers-wi-rhein.de

Folgende 19 Künstler und Künstlerinnen nehmen an der Aktion teil:

Die Ziffern vor den Namen beziehen sich auf die Lage der jeweiligen Ateliers auf dem Stadtplan unten.

In Mainz-Kastel:

1 Peter Bernhard gemeinsam mit Veronika Fass

In Wiesbaden-Biebrich:

2 Uta Grün

3 Renate Reifert

4 Annette Scharner

5 Frank Widmann gemeinsam mit Eva Heinelt

6 Anna Bieler

6 Patricia Sant`Ana Scheld

6 Roman Mikos

6 Bernd Schneider

6 Mike Wosnitzka

7 Simon Hegenberg gemeinsam mit Marie Fromme

In Wiesbaden-Schierstein:

8 Wolfgang Blanke gemeinsam mit Berthe Knieriem

9 Anke Rohde gemeinsam mit Nicolaus Werner

In Walluf:

10 Michael Apitz

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Jazz & Joy in Worms

Beim Festival „Worms: Jazz & Joy“ können Musikbegeisterte auf vier Open-Air-Bühnen rund um den historischen Wormser Kaiserdom Konzerte von nationalen und internationalen Jazz-Größen sowie Sonderkonzerte von Stars anderer Musikrichtungen erleben.

Neben hochkarätigem Jazz stehen auch Soul, Swing, Pop und Rock auf dem Programm. Mit einem umfangreichen kulinarischen Angebot

sorgen Küchenchefs und Winzer aus der Region für das leibliche Wohl des Publikums. Die kleinen Besucher erwartet ein abwechslungsreiches Programm beim Kinderfest. In den Wormser Kirchen laden Jazzgottesdienste zum Mitsingen und Mitswingen ein.

Das Festival startet am Freitag, den 11.8.23, um 20 Uhr mit ENGIN. ENGIN zieht uns auf ihrem Debütalbum „Nacht‟ hinein in die Stunden zwischen Nachmittag und nächstem Morgen. Das energetische Trio liefert darauf eine grandiose Lebensgefühlverdichtung in einem detailverliebten und eingängigen deutsch-türkischen Indie-Rock Sound.

Ebenfalls auf der Renolit-Bühne treten am Freitag ab 22.30 Uhr Turfu auf. Das Duo verbindet traditionelle Tanzmusik mal mit rustikalen, mal mit wilden Melodien, mit Techno sowie mit digitalen Sounds, alles mit nur einem Ziel: die Leute zum Tanzen zu bringen.

Auf der Sparkassen-Bühne gibt am 11.8.23 der erfolgreiche Singer-Songwriter Max Giesinger ein Sonderkonzert.

Das offizielle Festival-Eröffnungskonzert bestreitet am Freitag auf

der Volksbank-Bühne die Nils Landgren Funk Unit. Wer die heißeste europäische Version des Funks, dieser unauflösbar mit Soul, Rhythm and Blues und Jazz verbundenen Musik hören will, der kommt an dieser Formation nicht vorbei.

Weitere Auftritte am Freitag, auf der EWR-Bühne: J’USED, die spielerisch die Tradition des Jazz mit einer Vielfalt zeitgenössischer Einflüsse verbinden. Darauf folgt der Meisterpianist Omar Klein, der das 10-jährige Bestehen seines Trios in diesem Jahr mit dem Erscheinen des Albums „Life & Fire” feiert - mitreißend, lebendig & spielfreudig!

Der Samstag beginnt um 17.30 Uhr mit dem Auftritt der Gruppe THE PLANETOIDS, eine vierköpfige Indie/Synthie-Pop-Band aus Hannover mit starkem Interesse an Wissenschaft und zeitgenössischer Kunst. Die Band bewegt sich auf der Grenze zwischen klassischer Live-Band und Produzentenprojekt.

Danach folgt um 18.30 die Formation „Botticello Baby“, die ihren Sound “JUNK” nennt - eine Mischung aus Jazz, Punk, Blues, Folk, Funk, Balkan und Pop. Die Band vermag es, eine Art gesunden und lange vermissten Schmutz in die Jazzmusik zurückzuführen.

Anschließend wird Novaa mit elektronischem Pop und orchestraler Pracht das Publikum begeistern.

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Alice Merton
kultur & kreatives
Botticello Baby

Auf der Sparkassen-Bühne werden dann Luciel zeigen, dass Popmusik facettenreich und gehaltvoll sein kann, ohne an musikalischer Leichtigkeit einzubüßen. Ihnen folgt LES YEUX D‘LA TÊTE, deren musikalischer Horizont sich vom Chanson bis zum Sinti-Swing erstreckt, der Balkanbeats und Walzer aufgreift und Folk mit Rock vermischt, das Ganze sehr französisch, lässig und tanzbar.

Im Anschluß kommt Alice Merton - Ihre Musik wurde weltweit über eine Milliarde Mal gestreamt, erreichte die Top Ten Charts vieler europäischer Länder und Goldstatus in den USA, wo sie beim legendären Coachella-Festival auftrat.

Bereits um 16 Uhr führt ESINAM die Besucher über kräftige, komplexe Rhythmen und poetische Texte in ihre unvergleichlichen Universen des Electronic Afro Jazz‘ und weit darüber hinaus ein.

Auf der Volksbank-Bühne beginnen „The new hot”, die spezialisiert auf aktuelle Interpretationen der Musik von Louis Armstrong ist: überschäumend, spritzig und ausladend.

Mit akustischem Techno-Jazz im Bigband-Format haben „Jazzrausch“ einen neuen Stil kreiert, der Jazzfans und Tanzwütige gleichermaßen begeistert. Mittlerweile ist die Jazzrausch Bigband eine der erfolgreichsten Bigbands der Welt und gastiert am Samstag zum Abschluss auf der Volksbank-Bühne.

Am Sonntag beginnen „De Breaks“ bereits mittags den dritten Festivaltag Die jungen Musiker aus Frankfurt und Frankenthal spielen Cover-Songs aber auch eigene Lieder. Danach betritt Gringo Mayer die Bühne, der mit einer augenzwinkernden Leichtigkeit und in feinstem Kurpfälzisch von den Absurditäten des gesellschaftlichen Alltags berichtet.

Auf der Sparkassen-Bühne beginnt um 17.30 Miu, die mit ihrer Stimme Soulfans genauso wie Gäste von Elbjazz und Jazz Baltica zu begeistern vermag. Ihr folgt Ray Wilson - in Worms präsentiert der

schottische Rocksänger sein mitreißendes Konzertprogramm “Genesis Classic”.

Um 11 Uhr beginnen auf der Volksbank-Bühne die South West Oldtime All Stars. Die Fachwelt ist sich einig: Keiner anderen Gruppe ist es gelungen, die Musik von Luis Armstrong so brillant, so unterhaltsam und mit so viel Detailtreue zu präsentieren, wie den South West Oldtime All Stars.

Um 15 Uhr kommen „LELEKA“ auf die Bühne - ein junges multikulturelles Berliner Quartett um die ukrainische Sängerin Viktoria, deren Stimme den Charakter und die Atmosphäre der Musik dieser Band bestimmt. Die von dynamisch groovenden Passagen bis zu zarten Folk-Balladentönen reichende Klangwelt findet den passenden Rahmen in einer durchaus zeitgemäßen Jazzsprache.

Eingängige Melodien, emotionale Ansprache und eine subtile Virtuosität, fernab von akademischer Nüchternheit und Technikaffinität sind das Markenzeichen von Stephanie Lottermoser IN-DEPENDENCE, die um 17.30 Uhr auftreten wird.

Zum Abschluss des Festivals gibt es noch einen besonderen Leckerbissen: Matti Klein Soul Trio meets Max Mutzke. Egal ob Pop, Rock, Soul, Funk oder Jazz – Max Mutzke ist unglaublich wandlungsfähig und begeistert ein breites Publikum.

Matti Klein ist einer der interessantesten jungen Groove-Jazzer der deutschen Szene. Im Trio mit Lars Zander sowie André Seidel präsentiert er sich ebenso facettenreich wie Mutzke und schafft einen souligen Groove-Jazz mit Suchtpotential.

Weitere Infos und Tickets findet man unter: https://www.jazzandjoy.de.

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kultur & kreatives
Max Mutzke Esinam Max Giesinger

Erfolgreicher „Sterne-Cup der Köche“ in Ischgl von Champagne Laurent-Perrier

Das 30-Haubendorf Ischgl versammelte über 40 Köche mit insgesamt 120 Hauben und 40 Sternen zum Duell auf die Piste – auch die Wiesbadener waren am Start

Nach 3 langen Jahren ohne Sterne-Cup trafen sich nunmehr zum 23. Mal die Spitzenköche aus Deutschland, Österreich, Südtirol, dem Elsass und der Schweiz zum kulinarisch, sportlichen Event, dem SterneCup der Köche in Ischgl.

Die Freude am Treffen altbekannter Weggefährten und die Lust auf den sportlichen Wettbewerb war groß. Auch die Wiesbadener Rene Ackermann (Audi Zentrum), Günter Gollner (Goldstein), Stefan Blöcher (Brita Arena) und Ralf Frenzel (Tre Torri Verlag) nahmen am Skirennen teil. Bei strahlendem Sonnenschein fuhren am Montag früh, nach einer ausgelassenen Tanznacht im Champagnerclub, alle auf die Idalp.

Ein spannender Wettbewerb wurde von den Skilegenden Marc Girardelli, Michael Veith und Thomas Schreiner als Vorläufer eröffnet. Im Zielbereich saßen unter anderem die prominenten Gäste Béla Réthy, Marcel Reif, Francis Fulton-Smith, Hansi Müller und Andi Brehme.

Anschließend bewiesen die Köche noch im Schneeanzug mit Kochjacke ihr Talent bei der kulinarischen Prüfung. Sechs Teams kochten mit einem regionalen Warenkorb korrespondierend zu den Cuvées aus dem Haus Laurent-Perrier um die Wette.

Ausgefallene Gerichte gab es zu La Cuvée Brut, Cuvée Rosé, Blanc de Blancs Brut Nature, Millésimé 2012 und Grand Siècle Itération 25 und 23.

Die Jurypräsidentin Deborah Middelhoff bat die Kultmoderatoren Béla Réthy und Marcel Reif neben sich zur Verkostung und Bewertung.

Am Abend lud Champagne LaurentPerrier und die sechs Ischgler Hauben-Restaurants zur Nacht der Köche und einem Sechs-GängeMenü mit den passenden Weinen und geschmacklich abgestimmen Champagnern aus dem Hause Laurent-Perrier ein. Ein Highlight war jeweils der Champagnergang zur Grand Siècle Itération No. 23 aus der Magnum.

Danach wurde es noch einmal spannend. In der Trofana-Alm kamen alle Gäste wieder zusammen und warteten gespannt auf die Siegerehrung.

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unternehmen & märkte
Foto: © TVB Paznaun - Ischgl Teamfoto

Deborah Middelhoff, Chefredakteurin „Der Feinschmecker“ und Thomas Schreiner ehrten das Team rund um Martin Sieberer vom Trofana Royal und Kochlegende Hans Haas für die beste Küchenleistung im kulinarischen Wettbewerb, der an drei riesigen PALUX Modulen direkt auf der Idalp Bühne stattfand.

Der berühmte Skimoderator Stefan Steinacher moderierte die Preisverleihung sehr sympathisch und kein geringerer als Marc Girardelli übergab die Urkunden und Preise.

Bei Champagner, erlesenen Weinen und Mitternachtsimbiss von der „Fischerei Tegernsee Mai Liabba“ wurde anschließend ausgelassen gefeiert.

Thomas Schreiner von Champagne Laurent-Perrier ist überglücklich dieses Event nunmehr zum 23. Mal umgesetzt zu haben und zieht folgendes Fazit: „Das Panorama auf der Idalp, die Stimmung und das Rennen machten dank dem strahlenden Sonnenschein, der Glanzleistung der Partner Ischgl Tourismus Verband, der Seilbahn AG, Pallux, San Pellegrino und dem Team von Laurent-Perrier den Tag zu einem unvergesslichen Erlebnis“.

Die besten Snowboarder

Platz 1 Germain Yannick, Auberge du Boeuf, Elsass (F)

Platz 2 Andreas Spitzer, Filiana Gourmet im Hotel Filian, Ischgl (A)

Platz 3 Benjamin Parth, Stüva, Genießerhotel Yscla, Ischgl (A)

Beste Köche

Platz 1 Thomas Hagleitner, Restaurant s’Pfandl, Reith bei Kitz (A)

Platz 2 Peter Girtler, Gourmetstuben Einhorn, Südtirol (I)

Platz 3 Raphael Herzog, Lucy Wang, Ischgl (A)

Masters und Gesamtsieger

Platz 1 und somit Gesamtsieger: Martin Schlegel, Schlegelhof, Kirchzarten (D)

Platz 2 Thomas Egger, Salzburger Hof de Luxe, Bad Gastein (A)

Platz 3 Hans Haas, Kochlegende, München (DE)

Mehr von Laurent-Perrier auf www.laurent-perrier.com oder auf Instagram: @champagnelaurentperrier und @hornstein_ranking

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Weltcup-Stars Michael Veith & Marc Girardelli mit Gunter Gollner (Goldstein, Wiesbaden), Foto: © TVB Paznaun, Ischgl-Flomitteregger
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Rene Ackermann (Audi Zentrum), Günter Gollner, (Goldstein), Béla Réthy (ZDF), Thomas Schreiner (Laurent-Perrier), Stefan Blöcher (Brita Arena), Ralf Frenzel (Tre Tori Verlag), Foto: © Markus Hildebrand

„Wir entwickeln Wiesbadenauch im Herzen unserer Stadt!“ Für diese Devise war der Hof des Elly Heuss-Gymnasiums als „Ort des Geschehens“ beim Jahresempfang der SEG perfekt: In nächster Nähe geben Sporthalle und Quartiersplatz gelungene Arbeitsbeispiele ab, das „Alte Arbeitsamt“ ist ein aktuelles Projekt.

Der kommunikative Dauerbrenner mit dem Branchentreff-Appeal steuert nach 18 Jahren, aus denen

jeweils mindestens ein Projekt erwuchs, auf ein Jubiläum zu. Seit 19 Jahren als SEG-Geschäftsführer im Amt, konnte Andreas Guntrum rund 200 Gäste „rund um unsere Branche“ und aus der Politik begrüßen wie Parlaments-Chef Dr. Gerhard Obermayr, die Bauausschussvorsitzende Christa Gabriel, Alt-OB Achim Exner, Bürgermeister Dr. Oliver Franz und dessen Amtsvorgänger Arno Goßmann.

„Tritt fest auf, mach´s Maul auf, hör bald auf.“ Mit dem Luther-Zitat

lobte Oberbürgermeister Gert-Uwe Mende die SEG als „tolle Partnerin“ für gute und verlässliche Realisierung „unglaublich vieler wichtiger Projekte“, die Stadt profitiere von der SEG-Professionalität. Bezahlbarer Wohnraum sei wichtigste soziale Frage. Mehr Unterstützung wünschte der OB sich bei der Innenstadtentwicklung.

Die Mauritiushöfe „werden was Wunderbares“. Auch die Walhalla-Sanierung schreite voran: „Wir können es nicht auf die lange Schiene legen.“ Als Baudezernent und SEG-Aufsichtsratsvorsitzender forderte Andreas Kowol mehr Tempo, um den Wandel deutlicher zu gestalten und mit „aktiver Bodenpolitik“ die Stadt voranzubringen.

Die SEG-Bilanz kann sich sehen lassen: Mehr als 100 Projekte werden gestemmt von Akquise bis Realisierung – es sind eigene Projekte, städtische Aufträge und Dienstleistungen. Rund 24 Liegenschaften wurden erworben im vergangenen Jahr. Die Bilanzsumme von 284 Millionen Euro ist eine Vervierfachung in zehn Jahren und zeigt die enorme Dynamik der SEG.

Die ist „ein wenig zum `Mädchen für alles` geworden, stellt der SEGChef fest. Sein Lieblingsausdruck der „Eier legenden Wollmilchsau“ träfe des Pudels Kern noch genauer. „Von der Bewältigung der Insolvenz eines wichtigen Sozialverbandes bis zur plötzlich auftretenden Krisensituation mit Flüchtlingsströmen“ waren es oft Spontansituationen, „in denen die SEG ihre Schlagkraft beweisen kann“, formuliert der Geschäftsführer. 94 Personen engagieren sich unter dem Dach der SEG, die als „Schnellboot in unruhigen Gewäs-

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Als „Mädchen für alles“ mit langem Atem für das Herz der Stadt
Stadtentwicklungsgesellschaft SEG richtet am „Ort des Geschehens“
ihren Jahresempfang aus
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„Wir
bauen dennoch!“ Zum traditionsreichen Jahresempfang empfing das SEG-Geschäftsführer-Duo Andreas Guntrum & Roland Stöcklin (von links) diesmal buchstäblich „im Herzen der Stadt“ auf dem Schulhof des Elly Heuss-Gymnasiums.

sern“ navigiere mit gebotener Wendigkeit. Die Stadtverwaltung als „Tanke“ halte den großen Kurs“. Die Basis engagierter und motivierter Arbeit ist Vertrauen.

„Wir engagieren uns mit viel Herzblut, um gute Lösungen zu finden“, betonte Andreas Guntrum. Der Schauplatz des Empfangs sieht bald anders aus, wird zum „Stadtplatz“ und öffnet sich zur Innenstadt. Ein „Geländesprung“ ist zu überwinden, da die Schwalbacher Straße tiefer liegt als der Schulhof. Der multifunktionale Neubau rückt in Richtung Dotzheimer Straße.

Neben den Elly Heuss-Schulräumen ziehen Gewerbe und Gastronomie entlang der Verkehrsachse ein, eine Kita für fünf Gruppen wird eingerichtet auf dem begrünten Dach. Ein leistungssportbezogenes Sportinternat mit eigenem Zugang („damit sich Niemand ins Gehege kommt“) soll einziehen als Nachbar der Sporthalle. „Im Zusammenspiel von Sportverbänden und Kommune ist der Landessportbund Hessen der angedachte Träger“.

Stichwort Faulbrunnenplatz und gute Lösung - „wir arbeiten daran.“ In Sachen Citypassage, von der Stadt sinnvollerweise erworben, wurde hinter den Kulissen vieles „gewuppt“. Der Zeitplan ist ambitioniert. Ein Jahr nach Kaufvertrag mit der ArtInvest Frankfurt ist jetzt der Bauantrag bei der Bauaufsicht einzureichen, um die Baugenehmigung für die „Mauritiushöfe“ zu bekommen. Es sollen „Leben, Vielfalt & Durchlässigkeit“ Platz greifen.

Das Prinzip Hoffnung gilt auch beim Projekt Walhalla, überaus wichtiger Baustein der Innenstadtbelebung. „Unsere Walhalla steht für kulturelle Entwicklung in der City. Grundlage für alle Planungen ist ein erarbeitetes Nutzungskonzept“, stellt der erfahrene SEG-Geschäftsführer (und Jurist) klar. Im OB-Dezernat angesiedelt, wird die neue Mitstreiterin Vanessa Remy mit vielen Beteiligten diese Planungsgrundlage entwickeln.

Auch auf große Herausforderungen richtet sich der Blick. Ende Juni ist

Stichtag, bei der „Kaufhof Galeria“ gehen die Lichter aus. „Die Stadt oder ihre Gesellschaft sollte Einfluss nehmen auf die künftige Entwicklung und das Areal erwerben“, plädiert der SEG- Geschäftsführer für eine gute Lösung. „Die Kommune darf sich das Heft des Handelns nicht aus der Hand nehmen lassen. Bisherige Projekte zeigen, wie man als Kommune richtungsweisend auf die Innenstadt einwirkt und können als „Blaupause“ dienen.“

Als Wissbadener Eigengewächs ist der SEG-Chef guten Mutes: „Es entwickelt sich etwas, nicht nur bei der SEG, sondern in unserer schönen Stadt insgesamt.“

Text und Fotos: Gesine Werner

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Die SEG braucht für das Walhalla langen Atem: Projektleiterin Vanessa Remy nahm im Februar ihre Arbeit auf. Die City-Passage hat die längste Zeit den Charme von „Bonjour Tristesse“ ausgestrahlt. Läuft alles glatt, sind ab 2027 hier die „Mauritius-Höfe“ als attraktiver Innenstadt-Kiez am Start.

Nibelungen 2023

Liebesgeschichte, Tragödie und Krimi

BRYNHILD heißt das neue Stück der Dramatikerin Maria Milisavljević, das vom 7. bis 23. Juli 2023 bei den Nibelungen-Festspielen uraufgeführt wird.

Inszenieren wird die Regisseurin Pınar Karabulut. Mit den beiden Künstlerinnen konnten zwei der profiliertesten Theatermacher*innen ihrer Generation für die Nibelungen-Festspiele 2023 gewonnen werden. Ihr Blick auf den Nibelungenstoff verspricht eine konsequent gegenwartsbezogene Lesart – und großes, überraschendes und aufregendes Theater.

Maria Milisavljević und Pınar Karabulut lassen bei der Uraufführung von „BRYNHILD“ vor dem Wormser Dom Brynhild und Sigurd mit aller Wucht aufeinanderprallen. Es ist die scheinbar bekannte Geschichte der Nibelungen, angefüllt mit dem alten Mythos des Nibelungenliedes und der nordischen Liederedda. Doch die alten Gewissheiten und Heldengeschichten sind längst brüchig geworden.

Nicht nur Brynhild, die Walküre, ist gezwungen, sich von den alten Erwartungen und den brutalen Intrigen zu befreien. Auch Sigurd, der Drachentöter, passt nicht mehr in das bekannte Heldenklischee. Wer bestimmt, wer wir sind? Das Schicksal, die Götter, die Familie – oder wir selbst? Gemeinsam

schreiben Brynhild und Sigurd ihre Geschichte neu: als große Liebesgeschichte, als Familiendrama, als Tragödie, als Krimi. Und als ein wütendes Aufbegehren dagegen, dass andere darüber entscheiden, wer wir zu sein haben. Mit allen blutigen Konsequenzen.

Intendant der Nibelungen-Festspiele seit 2015 Nico Hoffmann. Er ist sechsfacher Gewinner des Deutschen Fernsehpreises und dreimaliger Gewinner von BAMBI und Goldene Kamera. 2007 erhielt er den Schillerpreis der Stadt Mannheim sowie den Romy-Preis in der Sparte „Bester Produzent“.

Darüber hinaus wurde Hofmann 2009 mit der Landesverdienstmedaille des Landes Baden-Württemberg ausgezeichnet und erhielt zusammen mit Wolf Bauer den Video Champion Produzentenpreis 2014 für DER MEDICUS. 2015 wurde er mit dem Steiger-Award in der Kategorie „Film“ ausgezeichnet, auf dem Filmfestival Max Ophüls Preis 2016 erhielt Nico Hofmann den Ehrenpreis unter anderem für seine besonderen Verdienste um den Filmnachwuchs.

Regisseurin Pınar Karabulut arbeitete unter anderem an der Volksbühne Berlin, dem Theater Basel, den Münchner Kammerspielen, der Deutschen Oper Berlin und am Schauspiel Köln, wo sie in der Spielzeit 2016/2017 im Kollektiv das Britney, die Außenspielstätte am Offenbachplatz, kuratierte.

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Intendant Nico Hofmann Ruby Commey, Foto: © Bernward Bertram

Mit ihren Inszenierungen wurde sie dreimal zum Festival radikal jung eingeladen und erhielt den NachSpielPreis des Heidelberger Stückemarktes. Für ihre Inszenierung von „Endstation Sehnsucht” war sie 2019 für den Nestroy-Preis nominiert.Karabulut bringt in ihren Werken starke Frauenfiguren zur Geltung, arbeitet dabei auf kraftvoll radikale Weise die weibliche Perspektive heraus.

Die beiden Hauptrollen Brynhild und Sigurd spielen in diesem Jahr Lena Urzendowsky und Bekim Latifi. In den weiteren Rollen werden Bless Amada, Parisa Madani, Şafak Şengül, Alexander Angeletta, Laina Schwarz, Simon Kirsch, Ruby Commey und Jens Albinus zu sehen sein.

Zusammen mit der Videokünstlerin Susanne Steinmassl, mit der Pınar Karabulut bereits mehrfach unter anderem an den Münchner Kammerspielen und dem Schauspiel Köln gearbeitet hat, werden Filmsequenzen für die Bühneninszenierung entstehen. Als „Special Guest“ wird in diesen Videos der Hollywood-Schauspieler Ralf Moeller in der Rolle Fafnir zu sehen sein.

Susanne Steinmassl wurde für das 10-Stunden-Stück „Dionysos Stadt“

an den Münchner Kammerspielen 2019 zum Berliner Theatertreffen eingeladen. Zuletzt arbeitete sie mit Pınar Karabulut am Stück „DAS ERBE“ in München zusammen. Die Komposition der Musik übernimmt Daniel Murena, der auch als Musiker mit auf der Bühne stehen wird. Die renommierte Kostümbildnerin Teresa Vergho versetzt die Figuren in eine Sci-Fi Welt, die im lila Sand des Bühnenbilds von Michela Flück fragen, was die anderen von ihnen erwarten und wer sie dagegen selber eigentlich sein wollen.

Intendant Nico Hofmann: „Selten waren ein Team und ein Ensemble der Festspiele so vielfältig, energiegeladen und divers besetzt wie in diesem Jahr - darauf bin ich stolz. Die Nibelungen nicht immer nur als - gefühlt - alte Sage zu erzählen, sondern ihre Geschichte mit allen Facetten und Stärken in die Gegenwart zu holen, das war die Zielsetzung für dieses Jahr. Selten haben sich die Nibelungen für mich so zeitgemäß angefühlt, wie in diesem Jahr.“

Infos und Tickets unter: www.nibelungenfestspiele.de

wiesbadener*in II/2023 25 kultur & kreatives
Lena Urzendowsky, Foto: © Ren Fietzek Bless Amada, Foto: © Irina Gavrich

Musikalische Ladypower auf swingenden Samtpfoten

„Die Katzen“ zu Gast bei der Kulturbrücke MainzWiesbaden

Miau! „Katzen brauchen furchtbar viel Musik!“ Gilt für die „Aristocats“ und für „die Katzen“ erst recht. Die musikalischen Samtpfoten sind studierte Sängerinnen, fanden 2021 als Vocal-Swing-Trio á la Andrew-Sisters zusammen, bringen mit Eigen-Arrangements das Rhein-Main-Gebiet in Schwung.

Den pfiffigen Esprit gips nicht ohne instrumentale Kater, augenzwinkernd „Begleitsklaven“ genannt. Gitarrero Jens Mackenthun („I Giocosi“) und Sebastian Meyer am flott gezupften Kontrabass sind an Bord.

„Aus Spaß an der Freud“ laden Frank & Barbara Deubel mehrmals im Jahr ins Atelier im Wiesbadener Kohlheck zu Lesung, Musik oder Gespräch. „Es geht uns um Begegnungen in kulturellem Rahmen, wie es in den Berliner Salons der Zwanziger Jahre en vogue war“, erklärt die Gastgeberin. Tags darauf treten die Kunstschaffenden - bei ebenfalls freiem Eintritt - in der Mainzer Neustadt auf. Bei der „Kulturbrücke MainzWiesbaden“ geht der Hut rum.

Die Deubels mögen´s stilecht, begrüßen mit Eierlikör und haben zur Pause - extra lang für Gespräch & Co. - Käse-Igel, Kalten Hund und Ananasbowle in petto. Gastgeberin Bärbel überrascht mit „historischer“ Cocktailschürze. Alles Vintage.

Szenenapplaus für „Route 66“. Die Mädels zeigen, wo´s langgeht. Ein Waschbrett ist kein Küchengerät, ein Schlägel ist kein „Schläger“. Von wegen „Schüttel den Speck“. Trude Herr („Ich will keine Schokolade!“) ist da, Marlene lässt grüßen, die Pferde werden gesattelt. Sarah Schurig gibt die Sporen und das Kommando: „Hit the road Jack!“ Claudia Seng ist - Dubidu! - auch als Jazzröhre á la Satchmo prima besetzt, ein Mini-Schellenring kriegt seinen Einsatz. Anja Kintscher arrangiert die Songs und Britney Spears „Toxic“ kommt verswingt daher. Alles Goldkehlchen.

Am 12. August (Wiesbaden) und am 13. August (Mainz) kommt Cellist Victor Plumettaz mit KreislerSongs.

Text und Foto: Gesine Werner

Von Brüdern, Frieden, Liebe und Death Metal

„Filme im Schloss“ laden ein zu atemraubenden Produktionen

Mit dem Wiesbadener Kulturpreis gekrönt und in der Anthologie mit „erlebte(n) Geschichte(n)“ des Fördervereins für das Stadtarchiv prägnant vertreten, stehen Detelina Grigorova-Kreck & Joachim Kreck im Trio mit dem unverzichtbaren „Dritten Mann“ Michael O. Fechner weiter für cineastische Perlen.

Noch vor der aktuellen Ausgabe ihres Internationalen TrickfilmFestivals wird am 16. Juni (20 Uhr) „Frieden, Liebe und Dead Metal“ von Isaki Lacuesta in deutscher Fassung gezeigt. Der hochdekorierte Film des Spaniers Lacuesta basiert auf dem autobiografischen Bericht von Ramon Gonzalez, der den Terroranschlag auf die Konzerthalle Bataclan überlebt hat. „Schon jetzt ein Meisterwerk“ bescheinigt die internationale Presse und spricht von „atemberaubender Intensität“ mit „einer herausragenden Performance“. Noemie Merlant und Nahuel Pérez-Biscayart zeigen ein irrlichterndes Paar bei der individuellen Traumabewältigung – körperlich unversehrt, doch seelisch schwer verletzt.

Am 7. Juli (20 Uhr) kommt „Once were Brothers – Robbie Robertson an the Band“ als Originalversion ins Filmschloss am Rhein. Ein Schmankerl für alle Musikfans. Am Start ist das reinste Namedropping zu vermelden. Stars wie Martin Scorsese, Bruce „the Boss“ Springsteen, Eric Clapton, Taj Mahal, Bob Dylan, George Harrison und Van Morrison geben sich die Ehre in der Musikdokumentation von Daniel Roher, verantwortlich für Drehbuch und Regie.

Am 28. Juli steht mit „AIR – Courting a Legend“ der nächste Hochkaräter von Ben Affleck in Originalversion mit Untertiteln auf dem Plan. Neben Regisseur Affleck ist Matt Damon mit von der Partie.

Kartenvorbestellungen: www.filme-im-schloss.de

26 wiesbadener*in II/2023
Samtpfoten mit Swing: Claudia Seng, Sarah Kintscher & Sarah Schurig sind als „die Katzen“ mit den Katern Jens Mackenthun & Sebastian Meyer bei der Kulturbrücke Mainz-Wiesbaden zu Gast. Text und Foto: Gesine Werner
KulTouren
„Leinwand frei!” Jochim Kreck und Detelina Grigorova-Kreck zeigen wieder „Filme im Schloss” und laden zu den erfinderischen „Hustlers” ein.

Wie wirklich ist die Wirklichkeit?

Künstlerin Heike Wolf von Goddenthow im Museum Schlosspark Bad Kreuznach

Es leben die Gegensätze. „Kunst im Doppelpack“ nannte die Künstlergruppe Nahe ihre kontrastive Schau im Museum Schlosspark Bad Kreuznach. Hübsch gegensätzliche Werke begeisterten.

Die Vorsitzende Annette Thiergarten begrüßte freundlich, die Laudatio kam wunschgemäß im Doppelpack daher. Radmila Balabanova erläuterte Walter Kolianders Werke in epischer Breite, im Kontrast dazu widmet Gesine Werner sich Heike Wolf von Godenthows prägnanter Schau eher kurz und knackig.

Jazz geht´s los! Als bestens aufgelegter Viererpack um Gitarrero und Maler Peter Lenz sorgte „Intu Impro“ für den Groove, der in die Beine fährt. Pablo Lachmann griff dem E-Bass gekonnt in die Saiten, Markus Lauer gab den Tastenlöwen am Keyboard und Peter Götz ließ die Schlägel tanzen.

Dali lässt grüßen und Delvaux lugt um die Ecke. Der 88jährige Ingenieur Walter Koliander lädt in seiner fotorealistischen Retrospektive „Menschen“ zur Begegnung mit surrealen Szenen ein, auch magischer Symbolismus ist Trumpf. Pierrot und Vanitas, „Ikarus mit Sonnenbrand“, die Parzen mit dem Lebensfaden und der ICE in Konkurrenz zur Schnecke.

Zur sinnlichen „Seh-Reise“ laden die expressionistisch wirkenden Bilder der Kommunikations-Designerin Heike Wolf von Goddenthow ein. „Blickwinkel“, mit sicherem Gespür für Abstraktion mit der Kamera eingefangen und als Foto-Malerei am PC bearbeitet. Es sind optische Täuschung und Paradoxon, Spiegelung und Mehrdeutigkeit. Wie wirklich ist die Wirklichkeit? Seltsam und skurril, poetisch und magisch, eigentümlich und irritierend.

Die wissenschaftlich archäologische Illustratorin mit dem präzisen Strich und dem hintersinnigen Humor ist als Schöpferin dokumentarisch wirkender, lebenspraller Szenen der Römer bekannt. Als Schülerin von Wiesbadens Ehrenbürgerin Christa Moering zeigt sie eine unbekannte Facette ihres vielseitigen Schaffens und konfrontiert mit Rätseln. „Es geht mir ums Ent-Decken.“ Magische Nacht, Ansichten, Spiegelwelt, Dämmerung, Ahnung. Und der „ZwischenRaum“ auf Alu-Dibond inspiriert zum Ent-Schlüsseln.

www.atelier-goddenthow.de

Tradition mit neuer Adresse

Mainzer Leibniz-Zentrum für Archäologie als „LEIZA“ eingeweiht

Neuer Bau und neuer Name: Das Leibniz-Zentrum für Archäologie - „LEIZA“ an der Mainzer Neutorstrasse hat fertig. In rund sieben Jahren Bauzeit für 60 Millionen Euro von Land, Stadt und Bund errichtet, wurde das imposante Gebäude feierlich eingeweiht. Mit dem Namenswechsel signalisiert das „Römisch-Germanische Zentralmuseum RGZM“ den Schritt in die neue Ära. Beim Festakt verkündete Wissenschaftsminister Clemens Hoch in Vertretung von Ministerpräsidentin Malu Dreyer stolz: „Die Welt blickt auf Mainz“.

Dr. Jens Brandenburg, parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Bildung und Forschung, sah die Bundesförderung von 20 Millionen Euro gut angelegt und zitierte Konfuzius: „Erzähl mir die Vergangenheit und ich werde die Zukunft erkennen.“

Tage zuvor ins Amt gekommen, zeigte sich Nino Haase „extrem stolz“ auf einem seiner ersten Termine. Der frisch inthronisierte Oberbürgermeister wünschte sich ausdrücklich: „Das Institut sollte jedes Schulkind kennen. Es ist ein unsagbarer Schatz mit Ausstrahlung in die weite Welt, vielleicht sogar bis nach Hessen.“, zeigte sich das neue Stadtoberhaupt augenzwinkernd als Brückenbauer. „Als Stadt Mainz reichen wir die Hand.“

Professorin Dr. Martina Brockmeier war von dem „innovativen und nachhaltigen Gebäude“ als „begeisternd neue Wirkungsstätte“ äußerst angetan. „Tradition in neuer Adresse“. Die Präsidentin der Leibniz-Gemeinschaft mit 170jähriger Tradition war eigens aus Berlin angereist und hob den „Dreiklang von Forschung, Sammlung und Vermittlung, die interdisziplinären Geist leben“ hervor.

Dr. Alexandra Busch freute sich als Hausherrin über den neuen Ort für die Wissenschaft, die sich hier selbst feiere und mehr als 70 Forschenden Platz biete. „Es geht um das Zusammenleben, um das Menschsein.“

Eine gute Nachricht als Zugabe: Die Stadt Mainz bekommt das „LEIZA“-Aral mit LEIZA-Museum, Neutorschule und Lindenschmit-Forum samt angrenzenden Freiflächen zurück. Auch über das Museum für Antike Schifffahrt verhandeln Stadt und Land.

Text und Foto: Gesine Werner

wiesbadener*in II/2023 27
Text und Foto: Gesine Werner Rätselhafte BlickWinkel und die Faszination der ZwischenRäume sind zu entdecken auf Heike Wolf von Goddenthows aktuellem Werk
KulTouren
Die symbolische Schlüsselübergabe im künftigen LEIZA, Leibniz-Zentrum für Archäologie, zelebrierten Oberbürgermeister Michael Ebling und Generaldirektorin Prof. Dr. Alexandra W. Busch als Hausherrin mit Finanz- und Bauministerin Doris Ahnen (von links) im „wunderschönen Bau“.

Saarländisches Staatstheater Saarbrücken geht mit der Lust des Beginnens in die Spielzeit 2023/24

Endstation Sehnsucht. Wenn die Walküre und die Chinesinnen mit der Bettwurst und Woyzeck auf den Nussknacker in Herzog Blaubarts Burg treffen, sind draußen vor der Tür die Leiden des jungen Werther angesagt. „Bühne frei!“ für Aida und die Jungfrau von Orléans.

„Sehnsucht – Désirs – Desires“ ist das Motto der attraktiven Spielzeit 2023/24 am Saarländischen Staatstheater. Das Programm macht neugierig. Generalintendant Bodo Busse, in Wiesbaden aus seiner Zeit als beliebter Operndramaturg der Ära Beilharz prägnant in Erinnerung, betont im partiell zweisprachigen Spielplan: „Wenn ein Attribut, neben vielen anderen, das künstlerische Profil des Saarländischen Staatstheaters beschreibt, dann ist es Frankreichkompetenz.“

Kulturministerin Christine Streichert-Clivot freut sich: „Passend zum Elysée-Jahr stellt sich das `Festival Primeurs` neu auf“. Es gibt frische Werkstattinszenierungen und der neue „Primeurs PUR“ bietet ein abendfüllendes Gewinnerstück. „Die lieben Eltern“ von Armelle & Emmanuel Patron sind der Prix Primeurs 2022 und kommen zweisprachig in die Alte Feuerwache. Als Schauspieldirektor ist Christoph Mehler, mehrfach Gastregisseur, der Neuzugang aus Darmstadt: Mit Chefdramaturg Horst Busch leitet er das Schauspiel und bringt „Endstation Sehnsucht“ und den rabenschwarzen Klassiker „Arsen & Spitzenhäubchen“ raus.

Das Tanzfestival Saar lädt im März 2024 ein. Ballettdirektor Stijn Celis holt FAUST-Preisträger Bryan Arias („29.May 1913“ mit dem Hessischen Staatsballett) mit dem neuen Tanzstück „Odyssey“. Der international gefragte GMD Sébastien Rouland, in Wiesbaden bestens erinnerlich, bietet ein breites Konzertprogramm und schmiedet Wagners „Ring“ weiter mit der „Walküre“ unter Leitung von Alexandra Szemerédy & Magdolna Parditka. In Wiesbadens Musentempel zu erleben, kommt nun auch in Saarbrücken Puccinis “Il Trittico“ auf die Bretter. Wolfgang Nägele inszeniert im Bühnenbild von Lisa Däßler. Mit „#PEEP!“ startet die neue Spielzeit am 15. September.

Ein „Schwanengesang“ mit Aplomb

Finale Saison von Intendant Laufenberg am Staatstheater Wiesbaden - Spielzeit 2023/24

Letzte Worte – letzte Werke. In der „Stadt, in der immer Sonntagnachmittag ist“, stellte der scheidende Intendant das Programm für seine letzte Saison am Musentempel der Landeshauptstadt vor. Oberbürgermeister Gert Uwe Mende betonte, Theater funktioniere „durch die unglaubliche große Teamleistung“ und dankte allen Gewerken. Das Stadtoberhaupt blickt nach der „verdammt harten Zeit der Pandemie“ hoffnungsvoll auf die Spielzeit: „Wechsel gehören dazu“.

Im Vorwort des Programmhefts attestiert der scheidende Intendant seiner Dekade „intensives Leben mit wunderbaren Menschen und auch mit schrecklichen, mit Kleingeistern und Verrätern an unserer Kunst (…).“ Uwe Eric Laufenberg offeriert einen Schwanengesang mit Aplomb. „Das Ministerium“ ist der Titel des neuen „Politicals“ von Clemens Bechtel („Casino“) & David Gieselmann. Es geht um Figuren wie „Gehtal“ und „Frau Korn (41)“. Klar doch - ein Schelm, wer Böses denkt.

Kafka lebt! Wenn die Masken des Teufels mit Turandot und Falstaff auf die Riesen vom Berge treffen, ist Gingpuin auf der Suche nach dem großen Glück mit Lohengrin.

„Bühne frei!“ für den Dreierzyklus letzter Werke, den Häuptling Running Hil im „Grundbühnenraum“ stemmt. Shakespeares „Sturm“ trifft auf mozärtliche „Zauberflöte“ und Verdis „Falstaff“. Ballettdirektor Bruno Heyndericksx bleibt unter femininer Doppelintendanz dem Haus erhalten. Das Hessische Staatsballett ist jetzt „Tanzsparte“ und bietet Spektakuläres: Wiesbaden-Darmstadt-Mainz als Schauplätze. In erster Kooperation mit Honne Dohrmann und dem tanzmainz festival UPDATE holt der Ballettdirektor als Partner des europäischen Tanznetzwerks „Aerowaves“ das Festival „Spring Forward 2024“ erstmals nach Deutschland. Der „Ring“ wird nochmals geschmiedet. Für das Musical „Follies“ kündigt Operndirektor Marcus Carl mit Annette Luig, Andrea Baker und Sharon Kempton Publikumslieblinge an. Mit Schnitzlers „Komödie der Worte“ wird Schauspieler Noah Perktold zum Regisseur.

Text und Foto: Gesine Werner

28 wiesbadener*in II/2023
„Sehnsüchte“ und ein Neuzugang aus Darmstadt
Text und Foto: Gesine Werner „Bakchen“ im Blutrausch, in Sebastian Sommers Wiesbaden-Version gemäß Raoul Schrotts Euripides-Nachdichtung von Wicke Naujoks in quietschbunte Kostüme gesteckt.
KulTouren
Schon das Cover des Spielzeitprogrammes des Saarbrücker Musentempels verkündet „Sehnsüchte“...

Auf den Brettern der Büchner-Stadt sind Grenzüberschreitungen Usus, die Traumfabrik Staatstheater bietet Raum für Visionen. „Schön geträumt?“ als Motto der Spielzeit 2023/24 provoziert viele Deutungen. „Träum mit!“ freut sich Schauspieldirektor Oliver Brunner über „mutige Träumer*innen.

„Ohne Traum wäre unsere Gesellschaft wohl zum Stillstand verurteilt. Die Gemeinschaft mit dem Publikum, das sich mit den Spielenden auf eine Traumreise begibt, verleiht uns Kraft und Mut, vom Gewohnten loszulassen und aufzubrechen.“

Auf dem Spielplan der Saison 2023/24 stehen künstlerisch verdichtete Träume von Gerechtigkeit und Solidarität wie bei „Annette, ein Heldinnen-Epos“ von Anne Weber.

Um den Traum von der Möglichkeit des Neubeginns dreht sich alles in Nora Abdel-Maksouds „Jeeps“ und in Tomas Bernhards „Auslöschung. Ein Zerfall“. Und um den Traum von Solidarität geht es in der Uraufführung von Sergej Gössner, der sich dem Klassiker „Der Zauberer von Oz“ widmet. Wieder aufgenommen wird eine „struwwelige“ Art von Träumen, das schräge Grusical „Shockheaded Peter“ lädt in die Kammerspiele.

In der Opernsparte gibt es spannende Wiederaufnahmen wie die fulminante „La Traviata“, derweil

„Hoffmanns Erzählungen“ als Opéra fantastique in der Version von Michael Kaye & Jean Christophe Keck ihre Premiere haben. Gaetano Donizettis „Liebestrank“! kommt unter dem Titel „L´elisir d´amore“ neu heraus. Als Musical dürften die Herren „Jekill & Hyde“ wohl eher das Genre Alptraum bedienen.

„glue light blue“. Genreübergreifend ist der Doppelabend „gerade NOW!“ mit der Darmstadt-Premiere von Martin Harriagues „Of Prophets and Puppets“.

Das 8. Tanzfestival Rhein-Main der Tanzplattform Rhein-Main wird ermöglicht vom Kulturfonds Frankfurt-

Einladung zu theatralen Traumreisen

Staatstheater Darmstadt bietet in der neuen Spielzeit „traumhafte“ Szenen und ein europäisches Tanzfestival

Nur Träume? Die neue Spielzeit wird geprägt von der Spartenumbenennung von Ballett zu Tanz, „um der Bandbreite an ästhetischen Ansätzen der Companie mehr Rechnung zu tragen“, teilt Ballettdirektor Bruno Heynderickx mit.

Das Hessische Staatsballett ist gut beraten, seine grandios akrobatische Choreografie „V/ertigo“ wieder zu zeigen. Spektakuläres verspricht die Spielzeiteröffnung mit Ohad Naharins „Last Work“, in San Francisco als dessen „bestes Werk“ gefeiert. Der „rasant aufstrebende“ israelische Choreograf Nadav Zelner erarbeitet zu nahöstlicher Musik den Abend

RheinMain und lädt im November ein. Als Brückenschlag über den Rhein von Hessen nach RheinlandPfalz lang erträumt, sind Wiesbaden, Darmstadt und Mainz gemeinsame Schauplätze. In erster Kooperation mit dem tanzmainz festival UPDATE holt der Ballettchef, Partner des europäischen Tanznetzwerks „Aerowaves“, das Festival Spring Forward als wichtigste europäische Plattform für junge Choreografie erstmals nach Deutschland. Chapeau!

www.staatstheater-darmstadt.de

Text und Fotos: Gesine Werner

wiesbadener*in II/2023 29
kultur & kreatives
Intendant Karsten Wiegand (6. von links) hat mit seinem bravourösen Ensemble um „Violetta“ Hila Baggio (im weißen Kleid) und „Gastone“ Michael Pegher (3. von links) Verdis „La Traviata“ tief berührend inszeniert im eigenen, spektakulären Bühnenbild.

Unikate für die Seele!

Ihre Inspiration sind Menschen, Tiere und die Natur, aber auch Musik. Elmira Wilms, die in Wiesbaden lebende und arbeitende Kunsttherapeutin, Künstlerin und nun auch Kunsthandwerkerin lässt sich gerne von ihrer Umwelt inspirieren. „Ein Bild soll Freude bringen“, sagt die Künstlerin, „und gute Schwingungen erzeugen.“

Elmira Wilms malt aus Leidenschaft. Malen ist ihre Passion, ihre Therapie und sorgt für innere Einkehr. „Wenn ich male, entspanne ich mich. Ich bin dann ganz bei mir und meiner Inspiration.“

Die gebürtige Moskauerin ist ursprünglich studierte Bauingenieurin. „Eigentlich wollte ich Kunst studieren. Aber ich bin aus einer Familie von Ingenieuren, und da stand es außer Frage, dass ich eben auch Ingenieurin werde.“ „Die Kunst kannst du privat machen“, so die Haltung ihrer Mutter. Ihr Studium schloss sie mit Bravour ab, stellte aber bald fest, dass ihr bei dieser Art Arbeit etwas Entscheidendes fehlte.

Der Wunsch Kunst zu machen, blieb in ihrem Kopf. Auf einer Messe für Bauingenieurwesen lernte sie ihren späteren Mann kennen. Sie zog zu ihm nach Deutschland und begann ein Studium der Innenarchitektur in Wiesbaden, ein Schritt näher an die Kunst heran, so dachte sie. Privat hat Elmira Wilms immer gemalt und gezeichnet, mit verschiedenen Materialen experimentiert und sich mit Kunst beschäftigt.

Das neue Studium war interessant, aber doch nicht ihr eigentliches Ziel. Sie bekam zwei Kinder und war weiter auf der Suche nach einer Möglichkeit, Kunst zu ihrer Profession zu machen.

Die kam 2008 mit der Ausbildung zur Kunsttherapeutin, die damals nebenberuflich in Wiesbaden über eine Schule für Kunsttherapie und künstlerisches Gestalten angeboten wurde. Diese Ausbildung ebnete ihr den Weg in die Kunst.

Die frisch gebackene Kunsttherapeutin gab Kurse in Kitas, Altenheimen und bei der VHS. Um auch professionell in der Kunst Fuß zu fassen, machte sie viele kleine

Projekte, bis sie eine Anstellung als Kunsttherapeutin im Atelier für Integrative Kunst „Bunte Reiter“ des Psychosozialen Zentrum Süd bekam. Zunächst war diese Stelle auch eines ihrer vielen Projekte, die sie angestoßen hatte.

Elmira Wilms war aber mit ihrer Arbeit bei den Bunten Reitern so erfolgreich, dass bald eine feste Stelle daraus wurde. Das ist lange her, aber seitdem arbeitet sie hier mit Menschen mit psychischen und/oder anderen Beeinträchtigungen, die den Wunsch haben, sich über die Kunst auszudrücken. Inzwischen nehmen die Bunten Reiter regelmäßig an öffentlichen Ausstellungen teil und zeigen ihre Kunst sehr erfolgreich regional und überregional (z.B. in der Gruppenausstellung „Es brennt“, Wiesbadener*in berichtete).

Ihren eigenen Weg als Künstlerin hat Elmira Wilms aber auch nie aus den Augen verloren. Im Rahmen der Kulturtage AKK nahm sie im vergangenen Jahr mit der KünstlerKoalition-Synergie des Kastel-Kostheimer-Künstler-Trios bestehend aus der Malerin Elmira Wilms, des Musikers Michael Protzen und des Autors Stefan Simon teil.

Für diese Ausstellung hatte sich die Künstlerin von den Gedichten

30 wiesbadener*in II/2023
kultur & kreatives
Elmira Wilms vor ihrem Kunstwerk „Geburt der Venus“, eins von drei Bildern aus der gleichnamigen Trilogie

des Autors Stefan Simon anregen lassen und kleine Aquarelle dazu gemalt. Begleitet wurde die Ausstellung von dem Musiker Michael Protzen, der sowohl durch die Gedichte als auch durch die Gemälde inspiriert war. Es entstand eine besondere Synergie aus Sprache, Malerei und Musik.

Während der Lockdown-Phasen der Pandemie, als Kunst und Kultur eigentlich nicht stattfinden konnte, nutze Elmira Wilms die Zeit, um sich einer weiteren Leidenschaft zu widmen – dem Kunsthandwerk. „Ich arbeite gerne mit den Händen und wollte eine sinnvolle Beschäftigung, während des Lockdowns. Ich hatte schon so viele Bilder gemalt und suchte nach neuen Materialien.“

Die fand sie in Form von kleinen Holzscheibchen und anderen Naturmaterialien. Die Künstlerin bearbeitete zunächst die Holzscheibchen, so dass sie bemalbar wurden, ließ sich durch die Natur inspirieren und malte ganz filigran auf diese Scheibchen, was sie um sich herum sah.

Die Natur war ja nicht im Lockdown, Blumen blühten weiterhin, Vögel flogen vorbei, Inspiration gab es genug. „Ich habe versucht, jeden Tag etwas zu machen, dass ich gesehen habe und das mich berührt oder inspiriert hat.“ Und so entstand aus den kleinen bemalten Holzscheibchen ein „Tagebuch des

Wunders“. Daneben entwickelte sie die Mirakelfänger, Traumfänger, die das Wunder des Tages festhalten sollten.

Aber Kunst und Kunsthandwerk muss auch in die Welt getragen werden. Was eine ausgleichende, fast therapeutische Beschäftigung während des Lockdowns war, sollte nach der Pandemie nicht einfach verschwinden. Elmira Wilms entwickelte aus ihrem Kunsthandwerk eine eigene Marke: MirakelArt war geboren!

Künstlermärkte 2023

Sonntag 25. Juni 2023

11 bis 18 Uhr

HandmadeART

Hummelpark Hochheim

Am Daubhaus 2 65329 Hochheim am Main.

Sonntag, 30. Juli 2023

12 bis 19 Uhr

Sommernachtsfest 2023 Bad Schwalbach im Kurpark

Sonntag, 03. September 2023

11 bis 18 Uhr

HandmadeART am Wasserschloss Platz vor dem Wasserschloss 65719 Hofheim. www.MirakelArt.etsy.com

Die Mirakelfänger sind alle mit bemalten Holzscheibchen bereichert worden. Kleine Anhänger – Schlüssel- oder Taschenanhänger sind entstanden. Die Künstlerin fertigt

nun auch Ringe und Armbänder aus diesen wunderschön bemalten Scheibchen, eine ausgezeichnete Synergie zwischen dem archaischen Material Holz und der filigranen Malerei.

Inzwischen gibt es eine Webseite (www.mirakelart.de) und einen Shop (www.MirakelArt.etsy.com), um die Kunstwerke kaufen zu können.

Ab diesem Sommer wird die Künstlerin auch auf verschiedenen Künstlermärkten der Region zu finden sein (Termine im Kasten).

Elmira Wilms geht in ihrer Kunst auf. Sie hat ihre Berufung gefunden. „Ich muss malen. Es entspannt mich und bringt mich zu mir selbst“. Ihre Kunst soll Freude machen, ihr selbst und den Betrachterinnen und Betrachtern. Und ihre Kunst soll und darf natürlich auch gekauft werden. „Es gibt doch nichts Schöneres, als sich täglich an einem Kunstwerk zu erfreuen, dass man sich geleistet hat – ein Unikat für die Seele.“

Elmira Wilms ist zusätzlich auch noch als Dozentin bei ArtNight in Wiesbaden tätig, einer Onlineplattform für kreative Veranstaltungen, die in ganz Deutschland aktiv ist. Einmal im Monat gibt sie hier ihr Wissen und ihre Kreativität an kunstbegeisterte Menschen weiter, die sich hier in einem lockeren Ambiente ausprobieren können.

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MirakelArt - die Holzscheibchen warten auf ihre Weiterverarbeitung
kultur & kreatves

„Fluxus - Wenn Du es verstehst, isses zu spät“. Ganze 60 Jahre nach dem Urknall von 1962 mit den „Internationalen Festspielen Neuester Musik“ im städtischen Museum Wiesbaden samt Pianozertrümmerung bekamen die virtuosen Fluxus-Ladies Anno 2022 ihre Huldigung.

Das Ganze diente als „Vorspiel“ des Kunstsommers 2023, der vom 1. Juni bis 23. Juli 2023 „zeitgenössische Kunst im Gedanken der Kunstströmung Fluxus befragt“.

Mit Performances, Interventionen & Co. wird an 23 Schauplätzen mit 150 Aktionen und rund 70

Unerhörtes für Stielaugen & Ungesehenes für Spitzohren

Landeshauptstadt Wiesbaden feiert sich im Kunstsommer 2023 als Wiege von Fluxus

Der Nassauische Kunstverein NKV feierte Doppeljubiläum - zum 175. Geburtstag kam das fluxive Wiegenfest dazu. Es gab Unerhörtes für Stielaugen & Ungesehenes für Spitzohren aus femininer Perspektive. „A wild bunch of older bad girls“: Yoko Ono, Takako Saito, Guerilla Girls, Charlotte Moorman und Fluxus-Ikone Mary Bauermeister, die erklärte „Wir waren ästhetische Terroristen und wollten die Gesellschaft verändern.“ (WIESBADENER*IN 2/2022).

Akteur*innen die „Wiederauferstehung“ zelebriert - „FLUXUS S(I)EX TIES“ zum Zweiten.

Der Gesamt-Etat von 460.000 Euro wird von der Kommune gestemmt mit Finanzspritzen von Kulturfonds Frankfurt RheinMain und der Nemetschek-Stiftung. KulturfondsChefin Karin Wolff findet das nachhaltige Programm über mehrere Wochen „ausgesprochen wertvoll“ und entsprechende Förderung sinnvoll.

Menschen, Töne, Attraktionen, Liegelandschaften open air: „Der boxclub sind wir alle!“: La ProfGeschäftsführer Jörg Thums aus Frankfurt stellte den „boxclub“ von „red park“ vor als Hommage an FLUXUS-Gründer Georg Macunias und dessen „Eventboxen“. Die situative Kunst will animieren, „die Partitur Wiesbadens mitzugestalten.“ Start ist am Platz der Deutschen Einheit, am 22. Juli lädt der „rumble park“ am Marktplatz zum finalen „Live-boxCast“

Ein „performativer Stadtrundgang“ wird das Projekt „Startbahn Fluxus“ des Hessischen Staatsballetts unter Ballettdirektor Bruno Heynderickx mit der Hochschule RheinMain SG Media und der Akademie Mode & Design AMD“ Mitte Juni – für Projektleiterin Jana Dennhard „ein wunderbares Crossover-Projekt“.

Das kulturpreisgekrönte „Meeting of Styles meets Fluxus“ ist am Kranzplatz und in den Reisinger Anlagen aktiv.

Titus Grab interveniert im Westend: „mit/auf/ neu-mischen“. Ab Mitte Mai arbeitet Follow Fluxus-Stipendiatin Daniela Ortiz aus Peru im NKV. Mit Pink Champagne wird das „Museum für das Unterbewusstsein“ von FLUXUS-Mitgründer Ben Patterson am NKV aktiviert.

www.wiesbaden-kunstsommer.de Gesine Werner

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kultur & kreatives
FluxUs - Kunst als Haltung, Denk- und Lebensweise. Kulturdezernent Axel Imholz, Projektleiterin Jana Dennhard ,Kulturfonds-Chefin Karin Wolff &Kunstreferentin Monique Behr stellen im Kunsthaus den Kunstsommer 2024 vor: „FLUXUS S(I)EX TIES“, Foto: Gesine Werner

Unter dem Titel: „Dieser Mann war mein Weckruf“, hat Marlies Krämer die Biografie des verstorbenen Filmbeleuchters Günter Meyer verfasst. Die „Liebeserklärung“ an den Lebensgefährten liest sich wie die Doppelbiografie der 40 Jahre dauernden Beziehung. Es ist „die außergewöhnliche Geschichte über die Verbindung eines lernfähigen Mannes mit einer überzeugten Feministin.“

Ministerpräsidentin Anke Rehlinger wünschte per Video, das Werk möge Ansporn sein, „sich für eine bessere Welt zu engagieren.“

Zur Buchpremiere in der Sulzbacher „Aula“ kam mit dem früheren Saarland-Ministerpräsidenten Klimmt ein langjähriger Freund des „Paares wie Blitz und Donner“ zu Wort. In warmherziger Rede bekannte der Politiker, mit dem Freund und Genossen gerne philosophiert zu haben, oft über Fußball. „Günther war ein Vordenker und Aufräumer, hat respektvoll den anderen Menschen in den Mittelpunkt gestellt. Frieden war ein Hauptmotiv“, würdigte er den „unbezahlten Berufs-Sozialdemokraten.“

Reinhard Klimmt erinnerte sich „noch gut an den SPD-Parteitag zur Quotierung 1988“, der ihm ein „Schlüsselerlebnis“ war durch die „fulminante Rede“ der Autorin. „Den Parteitag habe ich in einem seltenen Moment der Einigkeit erlebt“, erinnerte sich der Ehrengast der Matinée, bei der Szenen aus Camilo Berstechers Film „Die Kundin“ gezeigt wurden.

Marlies Krämer aus dem saarländischen Sulzbach widmet als bekannte Feministin dem “lernfähigen” Lebensgefährten ein

literarisches Denkmal. Die Marie Juchacz-Frauenpreisträgerin würdigt das SPD-Urgestein aus Aschersleben als FilmBeleuchter und bricht eine Lanze für die „im Dunkeln”, ohne deren Spezialkönnen auf Bühne und Leinwand nichts zu sehen wäre. Günter Meyer setzte als „Herrscher des Scheins” auch Wolfgang Staudtes Nachkriegs-Klassiker „Rosen für den Staatsanwalt“ ins beste Licht.

„Er war mein Mentor. Mit seiner Hilfe habe ich mich zu der Frau entwickelt, die ich heute bin.” Das Zeitzeugnis ist eine Fundgrube an Fakten und Anekdoten mit klingenden Namen der Theater- und Filmszene und der Politik. Heinz Erhardt, Martin Held, Nadja Tiller & Walter Giller, Inge Meysel, Christine Kaufmann sind dabei. Es geht um eine “BürgER-Medaille”, das dumme “Männer-Chromosom”, um Oma Selma Simon und Rosa Luxemburg.

Lektoriert wurde das Buch von Autorin Gesine Werner, gendersensible Feministin seit den 70ern. Nach sprachlicher „Geschlechtsumwand-

lung“ erstritt der „geprüfte Mann“ das korrekte Diplom in vierjährigem (!) Kampf von der Goethe-Universität Frankfurt.

Das Buch von Marlies Krämer mit dem Titel „Dieser Mann war mein Weckruf“ aus dem Verlag media futura ist im Buchhandel erhältlich. An einer e-book-Version wird gearbeitet.

Ein Paar wie Blitz und Donner und ein Laudator mit Herz

Zur Buchpremiere von Marlies Krämer traf sich die saarländische Politpromienz

wiesbadener*in II/2023 33
Text und Foto: Gesine Werner
kultur & kreatves
Autorin Marlies Krämer und Alt-Ministerpräsident Reinhard Klimmt

Tartuffe mit Sister Act in der Schule der Diktatoren

TheaterDonner auf den Bretten von Wiesbaden

Wenn Tartuffe in der Schule der Diktatoren Sister Act erlebt, glüht Digitales Feuer.

Das Hessische Staatsballett als Zweistädte-Kompanie steht als Tanzsparte für höchste Qualität. Ballettdirektor Bruno Heynderickx holt gerne faszinierende Gastspiele wie „Joy Enjoy Joy“ der niederländisch-flämischen Kompanie „Ward/ Ward“ ans Haus.

Ihre eigenwillige „Ode an die Freude“ hat Choreografin Ann Van Brook interdisziplinär durchkomponiert. Regale und Tische aus Chrom, Massageliege, Life-Kamera, gesprochen wird auch. Kommando „Jooooy!“

Sinnlich fließende Kalligrafie in die Luft gezeichnet ist „Timelessness“ im gleichnamigen Tripleabend des Staatsballetts. Der „zeitlosen Ebene des Seins“ zwischen Bergen und Flüssen, auch mit Leuchten poetisch skizziert, widmet sich die

chinesische Choreografin Xie Xin. Philosophie trifft Malerei. Sylvian Wangs betörende Musik spielen Orchestermitgliedern live unter Leitung von Waldemar Martynel. Mit den Elementen konfrontiert Marc Brews Stück “exisTence“ und erkundet „bisher unbekanntes Terrain“. Eyal Dadon hinterfragt die Aktualität von Maurice Ravels „Bolero“ zweimal - als Solo und in fesselnder Gruppendynamik. Spannender Ansatz.

„Gott liebt den Gesang. Sogar diesen!“ Ohne göttliche Gunst bekäme die erfolglose Nachtclubdiva Deloris Van Cartier den unbegabten Nonnenchor für die Show vor dem Papst nicht auf Zack. „ZeuginnenSchutzprogramm“ mal anders, „Sister Act“ mit der schmissigen Musik von Alan Menken & Glenn Slater sei Dank. Frisch preisgekrönt, liefert das Junge Staatsmusical von Iris Limbarth und Team (Frank Bangert, Britta Lammers, Heike Korn) ein weiteres Schmankerl ab. Heiliger Bimbam!

Die jungen Leute um Tim Speckhardt sind echt gut.

Ein „Anheulen gegen den Krieg“. Das Donbas-Gebiet 2014. Einen Moment des Durchatmens braucht das tief berührte Studiopublikum vor dem anhaltenden Applaus nach dem Stück „Pussycat – In Memory of Darkness“, von Schauspielerin Kristin Milward auf weißer Bühne eindringlich gespielt, Regie Polly Creed. Die ukrainische Dramatikerin Neda Nezhdana hatte den aufsehenerregenden Fall der Kosmetikerin Iryna Dovgan aufrüttelnd verarbeitet. Der Hilfsverein Pitrimka und der Rotary-Club holten den Protest gegen die Eruption der Gewalt nach Wiesbaden.

Den heiligen Schein der Scheinheiligen nahm schon Molière aufs Korn, dessen Dauerbrenner „Tartuffe“ Intendant Uwe Eric Laufenberg mit dem exzellenten Ensemble auf puristischer Bühne genüsslich ausbreitet. Es knallt bei Orgon. Die Familien-Bagage hasst

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kultur & kreatves
Von wegen „Leidenschaft“ In der Wartburg zeigt Erich Kästners „Schule der Diktatoren“, was ein anonymisiertes Regenten-Double braucht – Leidenschaft ist nicht vonnöten.

den schmierig barfüßigen Schmarotzer Tartuffe (köstlich quer durch die Religionen frömmelnd, als Womanizer á la „Bunbury“ barfuß bis zum Hals: Christoph Kohlbacher). Der naiv patriarchale Hausherr (ein Schmankerl von Michael Birnbaum) wird übertölpelt und am Nasenring vorgeführt. Klarsichtiger Gegenpart ist die patente Zofe Dorine, alias Christina Tzatzaraki, die „graue Eminenz“.

Ein beglückendes Wiedersehen mit Monika Kroll. Frau Kammerschauspielerin feuert Sottisen aus der Hüfte und kredenzt als Madame Pernelle ein furioses Kabinettstückchen. Maria „Elmire“ Wördemann, Lukas „Damis“ Schrenk, Christian „Cléante“ Klischat, Paul „Valère“ Simon, Marlene-Sophie „Marianne“ Hagen und Benjamin KrämerJenster ergänzen das amüsante Panoptikum schräger Typen. Ein Molière mit Knalleffekt zum Schluss. Premiere und lautstarker Jubel.

Einen zeitlos aktuellen Erich Kästner bietet der Wiesbadener Musentempel auch, wie schön. Nicht allzu bekannt ist seine Politsatire „Schule der Diktatoren“, die ein bravouröses Ensemble mit Verve verkörpert. „Präsident/ Siebenter“ Phlipp Steinheuser, „Präsidentengattin“ Sybille Weiser, „Stadtkommandantin“ Evelyn M. Faber, „Leibarzt“ Lena Hilsdorf, „Kriegsminister“ Matze Vogel, „Premier“ Martin Plass, „Inspektor“ Felix Vogel, „Stella“ Lina Habicht und Philipp Alexej Voigtländer wurden von Bjarne Gedrath in der mobil beweglichen Antike-Ausstattung von Christine Hielscher inszeniert. Das Bild ist mit dem dicken Pinsel gemalt.

Wie wirklich ist die Wirklichkeit?

Wen interessiert es, wer vorgestanzte Platituden absondert und von Freiheit, Sicherheit, Geborgenheit, Leidenschaft faselt? Auf Videos flimmern Jubelkanzlerin bei der Fußball-WM, Kennedy in Berlin; Hände als Herz und schwebende Helikopter.

In der Wartburg sind die Doppelgänger los, oder die Drittgänger, die Viertgänger und so weiter und so fort. Kriegsminister, Premier, Leibarzt, Professor schicken einen Dummy-Regenten an die Front, wird er gemeuchelt, ist für Ersatz

gesorgt. Beim Nachschub ist Jeder eine Nummer, anonym, identisch kostümiert und praktisch allzeit austauschbar. Das Volk kriegt nix mit. Die Körpersprache der Marionetten lässt unsichtbare Fäden vermuten. Dr. Mabuse-Frankenstein lässt grüßen. „Die Schule der Diktatoren“ wird es schon richten. Nummer Sieben rebelliert, wird natürlich liquidiert und pflichtschuldigst großformatig betrauert. „Stadtkommandantin“ übernimmt. Freundlicher Beifall.

Lagerfeuer war gestern, Handy, Smartphon-Display, Laptop & Co. ist jetzt. Von wegen „Wärme“. Jung aktivistisch gegen Alt beharrend. 68er-Pathos versus ComputerNerd. Ossi-Ärztin, Heiner Müller, kurioser Ausdruckstanz, Brecht & Sci-Fi.

Psychiatrie oder Mehrgenerationen-Hausgemeinschaft, die sich in Ulf Erdmanns Stück „Digitales

Feuer“ trifft, doch nicht wirklich findet?

Als Regisseur brachte Mime Christoph Kohlbacher (Tartuffe/Bunbury) sein „Instame“ pfiffig ins Studio. Den Theater- und WeltgeschichtsRundumschlag von Romancier Erdmann rückt der Regisseur phantasievoll gewitzt zu Leibe.

Bühne Lars Werneke, Choreografie Marje Hirvonen, Licht Oliver Porst, Video Eduardo Mayorga, Kostüm Jannik Kurz.

Digitales Feuer - mehrdeutig und vielschichtig, komplex, irritierend. Selbst gucken, mitreden.

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Text und Fotos: Gesine Werner Intendant Uwe Eric Laufenberg hat Molières „Tartuffe“ rasant in Szene gesetzt, das Ensemble wird bei der Premiere bejubelt. Das junge Staatsmusical ist in Iris Limbarths temporeicher Version von „Sister Act“ wieder eine sichere Bank und reißt das Publikum zu Szenenapplaus hin.

Die Sache Anna N

Leidenschaftlicher Protest gegen Opernstar Anna Netrebko bei den Internationalen Maifestspielen

„Flieg Gedanke, auf goldenen Schwingen“. Das Zitat des Gefangenenchors der Verdi-Freiheitsoper „Nabucco“ ist heuer das Motto der Internationalen Maifestspiele 2023, die allen politischen Gefangenen der Welt gewidmet sind.

„No Netrebko! Russland ist ein Terrorstaat“ tönte es lautstark am Bowling Green vor dem Musentempel der Landeshauptstadt. „Schande, Schande!“ Poster mit Kriegsgräueln und Namen ukrainischer Städte wurden präsentiert.

Etwa 25 Mitglieder des Hessischen Staatsorchesters intonierten die ukrainische Hymne und die Europa-Hymne. Mädchen in ukrainischer Tracht sangen Volkslieder ihrer Heimat. Leidenschaftlich Protest schallte dem Publikum in Abendgarderobe entgegen auf dem Weg ins Große Haus.

„Wir zeigen Flagge und werden nicht ruhen, unterstützen die Ukraine so gut wir können.“ Zur Protestkundgebung gegen den „Nabucco“-Auftritt von Anna Netrebko hatte Peter H. Niederelz, Vorsitzender der überparteilichen Europa-Union, eingeladen - am 5. Mai, dem Gründungstag des Europarats.

Michael Gahler, Abgeordneter und Ukraine-Berichterstatter des EU-Parlaments, fand die Distanzierung des Stars vom russischen Angriffskrieg „halbherzig und unglaubwürdig“, sie habe „Kritik am Verursacher Putin unterlassen. Wir kämpfen gemeinsam für die territoriale Integrität der Ukraine.“

Der ukrainische Generalkonsul Vadym Kostiuk bedankte sich für den Protest als Stimme für die Ukraine - „das Theater in Mariupol hatte keine Chance“ - und dankte für Unterstützung und die Aufnahme vieler Landsleute. Die „Sache Anna N.“ fand schon im Vorfeld bundesweites Echo. „Diva non grata“ titelt der STERN und stellte noch vor ihrem „heiß umfehdeten Auftritt bei den Maifestspielen in Wiesbaden“ fest: „Der größte Opernstar der Welt muss sich an Buhrufe gewöhnen.“ Der Eindruck: „Der scheidende Intendant des Staatstheaters Wiesbaden, Uwe Eric Laufenberg, hat großen Anteil an der Aufregung; und er scheint den Aufruhr beinahe zu genießen.“ Stadt und Land als Träger des Hessischen Staatstheaters hatten vergebens appelliert, den Auftritt abzusagen.

Der Ruf „Slava Ukraini! Es lebe die Ukraine!“ begrüßte das Publikum am Theater.

Text und Foto: Gesine Werner

Candide in der West Side Story

Leonard Bernstein-Songs als musikalisch-szenisches Sternstündlein in den Internationalen Maifestspielen

Wenn Candide in der West Side Story auf Tony & Maria trifft, sind Eileen & Ruth in der Wonderful Town natürlich auch an Bord. Dem breit gefächerten Wirken des Multitalents Bernstein aus jüdisch-ukrainischem Elternhaus wurde musikalisch-szenisch gehuldigt. Brillant rasanten Klängen stand der Chichester-Psalm in hebräischer Sprache gegenüber. Das ausverkaufte Prunkfoyer des Musentempels wurde Klangraum.

Pastorin Rosalind Gnatt, studierte Opernsängerin und immer für kreative Ideen gut, hatte für ihr dramaturgisch ausgefeiltes Programm ein exzellentes Ensemble gewonnen, moderierte mit persönlicher Note.

Als Konzert in den Internationalen Maifestspielen avisiert, erwies sich der Abend „Leonard Bernstein – His Songs“ (aus Pandemiegründen verschoben) jetzt als charmantes Sternstündlein. „Ganz große Oper“: Das spielfreudige Ensemble war bestens bei Stimme, der ausgezeichnete Pianist Rhodri Britten entfachte - unterstützt von Kollege Tim Hawken - ein Tastenfeuerwerk, tat sich auch als Sidekick und „Chorleiter“ hervor. Das komplette Foyer wurde zur Kulisse, die Empore war der „Balkon“ für Bernsteins „Romeo und Julia“-Version. Heiko Schmitt zauberte Lichteffekte und funkelnde Sterne

Der warm timbrierte Bariton des Australia-Opera GrantGewinners Daniel Carison geht unter die Haut. „It`s love!“ Für glockenhellen Sopran und mädchenhafte Ausstrahlung wird die ausgezeichnete Sopranistin Deborah Lynn Cole gefeiert. Gleichfalls prämiiert, agiert Mezzosopranistin Tami Jantzi mit Verve und deutet eine ausbaufähige „Jazzröhre“ an. Jasmin Herrera, die in der „Lustigen Witwe“ als Grisette betört, berührt die Herzen mit dem kindlich schlicht gesungenen Chichester-Psalm „Der Herr ist mein Hirte“. Und an die grandiose Mottl-Version von „Candide“ (2019 im Großen Haus) erinnerte das köstliche Finale: „Make our garden grow“. Publikum aus dem Häuschen – da capo erbeten.

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„No Netrebko! Russland ist ein Terrorstaat!“ Gegen den Opernauftritt von Diva Anna Netrebko in den Maifestspielen 2023 formierte sich eine leidenschaftliche Protestkundgebung vor dem Theater auf dem Bowling Green. Text und Foto: Gesine Werner
KulTouren
Ein Foyer als Klangraum für die Songs von Leonard Bernstein: Rosalind Gnatt hatte für das IMF-Konzert ein brillantes Ensemble gewonnen mit Deborah Lynn Cole, Tami Jantzen, Jasmin Herrera, Daniel Carison und Rhodri Britton.

Open Air mit närrischen Hochkarätern

Carnevalclub Wiesbaden bittet zum Cabaret mit Andy Ost & Johannes Scherer im Nerotal

„Fassenacht wird wieder schee – wir starten durch beim CCW 2.0!“ Ihr Kampagnenmotto setzt die Großfamilie des Carnevalclubs Wiesbaden munter um - und das nicht nur zur Fassenachtszeit. Sie können Närrische Riesling- und Wein-Gala, auch die Tradition der Großen Kostümsitzung wird gepflegt in der vierfarbbunten Gudd Stubb, dem Kurhaus. Jetzt wird auch der Park im Nerotal zum Narrenschiff. Klar zum Entern! Ahoi!

Für hübsch schräge Ideen ist Clubpräsident Andreas Guntrum immer gut. Schon 2 x 11 Jahre im Amt und frisch gebackener Erzschelm, konnte er sich im vergangenen Jahr über den erfolgreichen Start eines neuen Formats freuen: „Cabaret unter freiem Himmel“ ist die Devise, wenn im Juni der zweite Open Air Comedy-Abend des CCW über die Bühne fegt im Nerotal. Das Vergnügen könnte als Ouvertüre durchgehen: Am Freitagabend, 23. Juni startet im Vorfeld des beliebten Nerotal-Festes das doppelte Lachtränen-Vergnügen im Grünen. Die Bühne ist leicht zu finden - sie ist in der Nähe des Schweizer Häuschens aufgebaut. Für leckeren Gaumenschmaus und edle Tropfen im Glas ist auch gesorgt – die entsprechenden Stände des Nerotalfestes sind geöffnet und ergänzen den Kulturgenuss. Umweltbewusst gewählt, ist der Spielort mit dem Bus gut zu erreichen. Von der Endhaltestelle der Linie 1 ist es nur ein kurzer Fußweg.

Mit Andy Ost & Johannes Scherer hat sich der CCW zwei Hochkaräter gesichert: Stammgast beim CCW und absoluter Publikumsliebling ist Andy Ost. Der sympathische Scherzkeks spielt Klavier und gibt den Gitarrero, ist mit erfrischender Selbstironie begabt und immer eine sichere Bank. Kollege Johannes Scherer ist von ähnlichem Schrot und Korn und ist gleichfalls als „ein echter Knüller“ anzukündigen.

Karten zu 22 Euro für den Comedy-Abend am 23. Juni gibt es unter karten@ccw-info.de

Text und Foto: Gesine Werner

Jazziges Sternstündlein als Rheingauer Frühschoppen

Beat Ager Quartett mit Jill Gaylord & Wahan Cherbettchian in der Alten Schmiede Kiedrich

Jazz geht`s los! Eine erfrischende Devise, die sich das „Best Ager Quartett“ mit der Vier-Oktavenstimme Jill Gaylord erfolgreich aufs Panier geschrieben hat. Wenn „My favorite things“ zur „Summertime“ zwischen „Night and Day“ die „One Note Samba“ spielen, ist der Mitwipp-Faktor enorm. FDP-Lokalpolitikerin Anne LinkeDiefenbch hatte zum traditionellen Jazzfrühschoppen am Maifeiertag ins Weingut Schüler-Katz gebeten. Mit edlen Tropfen und hausgemachtem Gaumenschmaus war fürs leibliche Wohl bestens gesorgt.

Der lauschige Hof der Alten Schmiede in Kiedrich swingt! Wer nicht mitgroovt, ist selber schuld. Mit improvisierten Soli der Spitzenklasse ist zu rechnen. Das Kopfkino wird prompt angekurbelt.

Sie können seidigen Soul, kommen bluesig verträumt daher und lassen es auch mal tüchtig krachen. Der Sound schmeichelt sich in die Gehörgänge, überbordende Spiellust lässt die Funken sprühen.

Aus Mainz kommt der bestens disponierte Tastenlöwe Karl H. Nagel (Karl Nagel-Trio), aus Limburg angereist, zupft Kontrabassist Ralf Schohl einen seelenvoll flotten Darm. Jazzdrummer Wahan Chebettchian brilliert mit Schlägeltanz und streichelndem Jazzbesen in seiner gut ausgestatteten Schießbude. Als geschulte Jazzröhre betört Jill Gaylord mit samtigem Charisma, frisch geölten Stimmbändern, balladeskem Charme und Scatgesang.

Fein austarierte Instrumentalstücke reißen zu „Szenenapplaus“ hin. Das Jazzquartett ist spürbar vertraut aufeinander eingespielt.

Bei „Take Five“ zeigt Jazzdrummer Wahan Cherbettchian, wichtiger Zeitzeuge in der Oral History-Anthologie „Erlebte Geschichte & Geschichten“ des Fördervereins Stadtarchiv Wiesbaden, woher der Trommelwirbel seinen Namen hat. „Fly me to the Moon!” Und jazz geht´s up and away.

Jazzdiva04@jillgaylord.com Text und Foto: Gesine Werner

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Jazz geht´s los! Das „Best Ager Quartett“ mischt mit Swing, Bossa, Soul, Blues & Latin den Hof der Alten Schmiede in Kiedrich auf.
KulTouren
Lachtränenalarm! CCW-Stammgast Andy Ost spielt Klavier und gibt den Gitarrero. Der Scherzkeks ist mit erfrischender Selbstironie begabt und immer „eine sichere Bank“.

Sherlock trifft den Hexer und das Karpatenkalb kommt auf den Hund von Dartmoor

Die preisgekrönten Umtriebe des Klaus K. zum Erleben & Mitnehmen

Wenn „der Hexer“ auf „Nicci & Vicci und das Karpatenkalb“ trifft, ist Sherlock mit dem „Hund von Dartmoor“ dabei. Das Ganze wird „ein Fall für Paul Temple“. Bühne frei für das Genre mit Lachtränenalarm, das pfiffige Schmankerl für Stielaugen und Spitzohren auch auf CD bietet.

Wer hat´s erfunden? HR-Redakteur Klaus Krückemeyer in der Redaktion funk ist ein Allrounder von Schauspiel bis Xang und ein umtriebig Kreativer. Heuer steht Jubiläum im Doppelpack an.

Als Eigengewächs des JugendClubTheaters debütierte Krücki vor 20 Jahren in Iris Limbarths Version des Musicals „Fame“. Kabinettstückchen bietet das begnadete Bühnenpferd gerne im Musentempel an – ob Professor Zoltan Karpaty („My Fair Lady“) oder Desirée Nicks Faktotum Penizek („Gräfin Mariza“ mit Thomas Blondelle). Spritziger Moderator kann er auch, siehe HRHörfest-Gala im Großen Haus.

Über das Zehnjährige jubiliert sein RadioLiveTheater.

Auf Anregung von HR2-Kulturredakteur Hans Sarkowicz wurde die Pandemie-Pause in CD-Produktionen umgemünzt. „Nicci, Vicci & das Karpatenkalb“ ist das Hörspiel des Jahres 2020. Beim 80minütigen Director`s Cut sind die Gaststars Katy Karrenbauer, Sonya Kraus und Ex-HR3-Chefredakteur Jörg Bombach zu hören. Jasna Fritzi Bauer und Charlotte Irene Thompson wurden mit Krücki 2017 beim Gastspiel in Wiesbaden bejubelt. Doppel-Chapeau! Von den Söhnen genehmigt, produzierte Krücki den verschollenen Durbridge-Mehrteiler

„Ein Fall für Paul Temple“. Auch Jeremy Pauls Töchter gaben Rechte frei, um „Sherlock s`Geheimnis“ als Doppel-CD zu produzieren mit Schauspielerin Carolin Freund und Sebastian W. Wagner (Showbühne Mainz). Der Theatererfolg „The secret of Sherlock Holmes“ war 1988 in London uraufgeführt worden.

„Ich bin der Sherlock und Sebastian Wagner is der Watson und wir gehen mit dem RadioLiveTheater auf Tournee!“

Info: www.RadioLiveTheater.de

Text und Foto: Gesine Werner

Der Zauber von Gesang, Spiel und Sprache

Jubiläums-Spielzeit und Sommerfest der „Werkstatt“ im Hinterhof-Palazzo

Es darf gefeiert werden! Die 1983 gegründete „Werkstatt für Gesang, Spiel und Sprache“ zelebriert ein seltenes Jubiläum. Seit 40 Jahren heißt es „Alles muss möglich sein!“ Der Hinterhof-Palazzo von Mary Lou Sullivan-Delcroix feierte 2021 Silberjubiläum – heuer ist ihre „Werkstatt“ dran.

Vielfach engagiert, ist die Prinzipalin eine wichtige Zeitzeugin der Buchneuerscheinung „Erlebte(r) Geschichte(n)“ des Stadtarchiv-Fördervereins.

Lass Dich überraschen! Am 24. Juni beginnt um 15 Uhr ein munteres Sommerfest: „40 JA!re Werkstatt für Gesang, Spiel & Sprache“ wollen gefeiert werden.

Im Juli leitet Mary Lou den Workshop „Singen mit dem ganzen Körper“ in Groß-Umstadt. Bei den „Kleinoden im Westend“ am 9. Juli (16 - 19 Uhr) ist im Hinterhof-Palazzo wieder „Open Haus“ angesagt. Die Hausherrin bietet kostenloses Reinschnuppern in Stimmbildung. Auch der beliebte Kurs „Stimme und Weite in der Toskana“ steht im Sommer an.

Ein Juwel hat im Herbst Premiere: „Pauline Viardot-Garcia – die Europäerin. Operndiva, Komponistin, Salonnière und mehr“ wird am 14. Oktober (19 Uhr) und 15. Oktober (17 Uhr) uraufgeführt. Der erste Teil des geplanten Doppelprogrammes über die Lebensfreundin von Größen wie Ivan Turgenjew, George Sand, Eugène Delacroix & Co. widmet sich der europaweit umjubelten Opernsängerin. Die „Werkstatt“-Chefin ist gerade von ihrer intensiven Recherche in Paris zurück.

Auch an den Westend-Kulturtagen ist die „Werkstatt“ wieder beteiligt. Am 1. Oktober geht um 17 Uhr die Femmage an „Frauen, die ihre Zeit mit künstlerischem Talent und Persönlichkeit geprägt haben“, über die Bühne. Das neue Programm „Frauenzauber und die Kraft der Stimme“ wird geboten. Christine Brieger, Ute Hilgenberg, Mia Bleker, Claudia Muhl und Erica Trimper huldigen unter musikalischer Leitung von Konzertpianist Wolfgang Stifter unvergesslichen Stars wie Marlene, der Knef und der Callas, Audrey Hepburn und Barbra Streisand.

Und für das Frühjahr 2024 ist der zweite Teil der Femmage an das Multitalent Pauline Viardot-Garcia im Hinterhof.Palazzo geplant.

info@hinterhof-palazzo.de

38 wiesbadener*in II/2023
Klaus Krückemyer, Allrounder von Schauspiel bis Xang, nutzte die Pandemie-Pause für ausgezeichnete CD-Produktionen seines RadioLiveTheaters. Text und Foto: Gesine Werner
KulTouren
Mary Lou Sullivan-Delcroix feiert mit ihrer „Werkstatt für Gesang, Spiel & Sprache“ Jubiläum und Ute Hilgenberg debütiert als Chansonette beim „Frauenzauber“.

Sie berühren die Herzen mit leidenschaftlichem Spiel

Das „jubilierende“ Theater Anders mischt Schultheatertage 2023 auf

Schiff ahoi! Das „Theater Anders“ im Semiramis e.V. feiert heuer ein schönes Jubiläum: 20 JA!re inklusive Theatertruppe.

2003 zeigten die Schultheatertage Priska Janssens

Handschrift: Vier Tage Festival nonstop für alle Altersstufen und alle Schulformen, 17 Aufführungen in Kooperation des Musentempels mit EVIM und Kulturamt Wiesbaden: Schnupperkurs, Festival-Café, Party, 50 jugendliche Hilfskräfte hinter den Kulissen.

Als „Theater Andersartig“ traten rund 30 Personen, die Hälfte davon mit einem Handicap, auf der Probebühne 2003 in Erscheinung. Kulturpreisträgerin Priska Janssens, Leiterin des Jugendreferates der Ägide Dr. Manfred Beilharz, führte Schulkinder der BodelschwinghSchule und Wichern-Schule mit Studierenden, Lehrkräften, Arzt und Ärztin plus zwei EVIM-Mitarbeiterinnen in Kooperation mit dem Jugendamt der Stadt zusammen.

2004 ging es mit dem Stück „Das wilde Leben in New York“ weiter. 2009 wurde das Festival auf 5 Tage erweitert. Neuer Name: „Theater Anders“ Die Devise bleibt: „Wir wollen die Herzen berühren.“

Die „tolle Truppe“ mischte die SchultheaterTage 2023 auf. „Schiff ahoi! Wir sitzen alle im selben Boot!“ An Bord ist eine wilde Mischung skurriler Gestalten. „Ich wär` so gerne Millionär!“ Luxusdampfer zu teuer? Ein Los macht den Milliardär. Mutter und Tochter machen sich hübsch und an den Glückspilz ran. Ein Maler zeigt eine „lebende Ausstellung“. Die Wahrsagerin guckt in die Kugel. Lord Voldemort gibt den Magier und verzaubert Passagiere. Es geht rund am „Tatort Kreuzfahrt“.

Jeden Montag erfindet die inklusive Crew eine neue Welt. Priska Janssens und Christine Rupp-Kuhl, Helga Freitag, Cornelia Ringenberg & Rüdiger Schmitt leiten die Truppe. Aus gemeinsamen Proben entsteht ein Stück. Improvisation ist Trumpf. „Theater Anders“ eben. Ohne Hilfe geht die Chose nicht: Dem Verein Semiramis e.V. als Träger, dem Kulturamt und dem Staatstheater gilt herzlicher Dank für die Unterstützung.

www.hotspot-theater.de

Momo for Future

Schwarzes Theater Velvets mit aktuellem Charme

Wie aktuell is das denn? Momo for future! Michael Endes geradezu hellsichtiger Klassiker „Momo“ zum Thema Zeit ist 1972 erschienen und versprüht hoch aktuellen Charme. Die Grauen Herren Zeitdiebe wollen Momo und bekommen es mit Schildkröte Cassiopeia zu tun. Sie haben im Nirgend-Haus nichts verloren. „Kinder sind unsere natürlichen Feinde“. Von wegen „Zeit sparen“. Mit Un-Sinn ist Momo nicht zu ködern.

Der von Dana Bufkova behutsam überarbeiteten Version bekommt ein Hauch von Greta Thunberg prima – passt gut zum szenischen Witz, den verblüffenden Bildern und dem einzigartigen Charme des Schwarzen Theaters. Die Zeit ist weiblich und Juliane Fuhrmann ist eine würdevolle Meisterin Hora – übrigens im Originalgewand einer historischen Shakespeare-Produktion der Velvets.

Anette Krämer-Bourmer (Schauspielszenen), Regisseurin Dana Bufkova, Licht-/Ton-/Filmregisseur Bedo Hanys, musikalische Leiterin Cordula Hacke und Choreographin Barbara Naughton haben eine Perle inszeniert und mit Handy, Flatscreen-PC & Co. aktualisiert. Die Titelfigur ist mit der erfrischend natürlich agierenden Michaela Krieg perfekt besetzt.

Das Ensemble Fabian Klatt, Leonard Schärf, Verena Dik, Aleksandra Hunger, Violetta Sliwinski und Maurice Falz bietet Spielfreude. International renommiert, vielfach ausgezeichnet und mit dem Wiesbadener Kulturpreis gekrönt, ist das Schwarze Theater Velvets immer einen Besuch wert. Ihr unglaublich spannender Werdegang ist in der oral-history-Anthologie des Stadtarchiv-Fördervereins nachzulesen („Erlebte Geschichte & Geschichten“) und in ihrer eigenen Revue zu erspüren. Neben ihrem legendären Kultstück des „Kleinen Prinzen“ und der betörenden Version von Carlo Collodis „Pinocchio“ zieren Gastspiele und eine köstliche Eigenproduktion der neuen Sparte Revuetheater den Spielplan.

Natürlich können sie auch die mozärtliche „Zauberflöte “ - am 4. Juni und am 2. Juli. Am 11. Juni ist Momo wieder da. Der legendäre Kleine Prinz kommt am 17. Juni und am 9. Juli. Pinocchio ist am 18. Juni zu sehen, die Revue Heisse Zeiten zeigen die Velvets am 3. Juni und am 24. Juni im eigenen Haus. www.velvets-theater.de

Text und Foto: Gesine Werner

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Text und Foto: Gesine Werner Momo for future! Die spielfreudigen Velvets bezaubern Groß und Klein mit ihrer frischen Version von Michael Endes Klassiker „Momo“
KulTouren
Das inklusive Ensemble “Theater Anders” feiert Jubiläum und mischte mit dem eigenen Stück “Tatort Kreuzfahrt” die SchulTheaterTage 2023 im Studio auf.

Sie zeigen Kunst –meistens Theater

Saarländisches Staatstheater mit grenzüberschreitendem Bühnengenuss

Saarbrücken ist eine Erste Adresse für prall sinnliche Bühnenkunst und immer eine Reise wert. Das Staatstheater Saarbrücken kann ganz große Oper und gar nicht so kleine Kleinkunst. Dem beliebten Generalintendant Bodo Busse, aus seiner Zeit als veritabler Operndramaturg der Ära Beilharz in Wiesbaden noch bestens erinnerlich, liegt auch grenzüberschreitender Bühnengenuss am Herzen.

Das Spielzeitmotto „Anders! In welcher Welt?“ wird mit ausdruckstarken Inszenierungen umgesetzt.

Welch eine Perle. „Willkommen in Frankreich“ ist die Devise beim Publikumsaustausch „Le Carreau, Scène nationale de Forbach et de l ´est Mosellan“. Für die Fahrt zum Partnertheater in Frankreich wird

ein Shuttlebus ab Saarbrücken gechartert. Glänzend organisiert. Im Elyssee-Jahr gab sich - und dem schwer begeisterten Publikum erst recht - La Lemper mit einem einzigartigen Auftritt die Ehre.

Ute Lemper hat - in der Moderation nahtlos zwischen den Sprachen wechselnd – das französisch-deutsche Publikum mit Charme und leisem Humor im Griff. Das Auditorium atmet bei der halbszenischen Collage spürbar mit und liegt der Diva zu Füßen. Mit sprühendem Esprit, in wechselnder Garderobe schauspielerisch auf dem Punkt, mit nuancenreicher Präsenz und charakteristischer Stimme betört die aus den USA angereiste Ausnahmekünstlerin.

„Rendezvous mit Marlene“ erweist sich als ebenso furiose wie anrührende, Las Vegas-würdige Show, die auf einem dreistündigen

Telefonat Anno 1988 mit Marlene Dietrich basiert. „Wenn ich mir was wünschen dürfte…“ Lebensstationen werden aufgeblättert, Wegbegleiter von „Lilli Marleen“ wie Friedrich Holländer und Burt Bacharach, kürzlich verstorbener Pianist und Dietrich-Bandleader, sind an Bord. Eine Sternstunde mit Depotwirkung.

Alleh hopp, Saarbrigge. „Die Module spiel`n verrückt“- und das nicht nur bei der Neuen Deutschen Welle, die fröhliche Urständ feiert. „Melodien für Millionen“ – kleiner hamses nich bei der jüngsten Spielstätte als einzige auf der „falschen“ Saarseite angesiedelt. Eines der „handverlesenen Formate“ kommt mit neuer Direktmusik daher, Ensemblemitgliedern geben ihrem Affen Zucker. Eine veritable Jazzröhre pustet die Gehörgänge durch, KoloraTouren perlen, die KI moderiert und ist um eigenwillige Betonung nicht verlegen. Köstlich.

Echt starke Stimmen, wunderbar starke Bilder, monumental exzellentes Opernerlebnis mit Nachhall. „La Forza del Destino“ (Die „Macht des Schicksals“), die einem Thriller gleichende Racheoper von Giuseppe Verdi, ist bei Regisseur Lorenzo Fiorini sinnlich pralles Bildertheater (Dramaturgie Benjamin Wäntig). Mit hinreißendem Einfallsreichtum überwältigen monumentales Bühnenbild (Ralf Käselau), „sprechende“ Kostüme (Katharina Gault) und fein austariertes Licht (Karl Wiedemann).

Die aufregende Zeitreise besticht mit barocker Opulenz und spanungsgeladenen Szenen. GMD Sébastien Rouland am Pult lässt das bestens disponierte Staatsorchester in Hochform erstrahlen. Für vokale Brillanz stehen Markus Jaursch, Jordanka Derilova, Hansung Yoo, Angelos Samartzis, Daria Samarkaya, Stefan Röttig, Tamara Nüßl und Sebastian Gros. Rauschhafter Abend, stürmischer Applaus...

Einen richtigen Knüller hat Meisterchoreograph Stijn Celis parat mit dem faszinierend kombinierten Doppel-Ballettabend „Courage“.

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kultur
kreatives
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Die weltbekannte Diva Ute Lemper reiste aus den USA zum „Rendezvous mit Marlene“ im Partnertheater Forbach an. Für die Fahrt zum Publikumsaustauch „Le Carreau, Scène nationale de Forbach et de l ´est Mosellan“ hatte der Saarbrücker Musentempel einen Shuttlebus organisiert.

Schon mit seiner avantgardistischen Choreographie „Antikthon“ zur gleichnamigen, klanggewaltigen Komposition von Iannia Xenakis, hatte der Ballettdirektor in den Bann gezogen.

Das Staatsballett zeigt sich in Höchstform, präsentiert im zweiten Teil mit höchster Präzision und schauspielerischer Präsenz das berühmteste Antikriegsballett von Folkwang-Mitgründer Kurt Jooss. Ausdruckstanz mit hohem Gänsehautfaktor. „Der grüne Tisch“ gewann den großen Preis des choreographischen Wettbewerbs der Archives Internationales de la Danse in Paris im Juli 1932 und machte Kurt Jooss zur globalen Berühmtheit. Mittelalterlicher Totentanz und entlarvte Kriegsgewinnlerallen nimmt der Tod das Leben.

Der hellsichtige Choreograph musste mit seiner Kompanie aus Nazideutschland fliehen. Bedrückend, wie aktuell „Der grüne Tisch“ heute ist. Erst nach einem leisen Moment des Nachhalls spendet das Publikum ausdauernden Applaus.

Nicht Hamlet, sondern Dvorak und Rachmaninow, kein ShakespeareKlassiker, sondern ein Sinfoniekonzert der Extraklasse wurde dem auf Schauspiel geeichten Publikum zu Ostern geboten. „Auf der Suche“ war das Motto und „gefunden“ hatte der Musentempel den genialen Cellisten Johannes Moser. Intendant Bodo Busse hieß den Stargast persönlich auf der Bühne willkommen.

Das Dvorak-Konzert für Violoncello und Orchester h-Moll und die Sinfonie Nr: 2 e-Moll von Sergej Rachmaninow schmeichelten sich in die Gehörgänge und wurden zum Ohrenschmaus am Ostersamstag.

Mit höchsten Weihen versehen, bereitete der vielfach ausgezeichnete Brahmspreisträger Johannes Moser, der erfrischend unkonventionell auftritt, dem gebannt lauschenden Auditorium ein wahres Sternstündlein. Das seelenvolle Spiel mit umwerfend warmem Ton „geht ans Herz“, schwärmt die

Sitznachbarin. Es ist zum Wegträumen schön. In stetem Augenkontakt mit dem feinfühlig kraftvoll dirigierenden GMD Rouland und dem fabelhaft musizierenden Staatsorchester versinkt der Meistercellist mit spürbarer Leidenschaft in sein Spiel auf einem Cello von Andrea Guarneri (1694).

Der Beifall will nicht enden, auch das Orchester applaudiert herzlich. Johannes Moser lässt sich nicht lumpen und kredenzt eine spontane Solo-Zugabe. Zum Abschluss kommt mit Augenzwinkern Shakespeare doch noch zu Wort: „Der Rest ist…“

www.staatstheater.saarland.de Text und Fotos: Gesine Werner

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Steuert auf den Kultstatus zu: Die jüngste Spielstätte „sparte42“ ist auf der „falschen“ Saarseite verortet und punktet mit „handverlesenen Formaten“. Einfach die Stahltreppe hoch, dann lädt die kleinkunstnahe Kelleratmosphäre „lichtscheue Geeks“ & Zivilisationsgeschädigte zum Chillen ein.

Fluxiver Kunstsommer und Tanz im Raum der Stadt

Der Kulturfonds Frankfurt RheinMain fördert Leuchtturmprojekte und verbindet die Sparten

FLUXUS! „Wenn Du es verstehst, ist es zu spät.“ Aber nicht ohne den Kulturfonds. Als „Vorspiel“ zum Kunstsommer 2023 waren im Vorjahr diverse Performances & Co. über die Bühnen der FluxusWiege Wiesbaden gegangen.

Vom Kulturfonds gefördert, wurden 60 Jahre „Internationale Festspiele Neuester Musik“ an diversen Orten der Landeshauptstadt zelebriert. Endlich stand die feminine FluxusKunst im Mittelpunkt.

Der Nassauische Kunstverein e.V. feierte seinen 175 Geburtstag und offerierte zum Doppel-Jubiläum ein Festivalprogramm mit vielen Highlights. Devise: „FLUXUS SEX TIES! - Hier spielt die Musik!“

Anno 2023 steht der biennal angebotene Kunstsommer ganz im Zeichen von „FLUXUS SEX TIES“ und stellt sich den „Fragen nach

der der zeitgenössischer Aktualität und Wirksamkeit der Fluxus-Strömung“. Könnte durchaus sein, dass wir alle im Juni und Juli 2023 „von Kunst überfallen“ werden, war Kulturfonds-Chefin Karin Wolff bei der Programmpräsentation schon fluxiv aufgelegt.

Dass der Fonds „mit Freude die lebendigen Ideen der Fluxus-Bewegung in aktuellen Kunstproduktionen“ fördert, verwundert nicht. Kuratorin Dr. Julia Cloot hatte auf FluxusKünstler John Cage, der einen „Bedarf des Wandels“ und „Ineinanderwirken“ skizzierte, kürzlich verwiesen mit Blick auf das übergreifende Thema „hier leben“. Unter diesem Titel unterstützt der Kulturfonds Projekte der Gegenwart. Das eigene Essayprojekt mit Profis der Sparten Literatur, Philosophie & Soziologie kuratiert Beiträge zu 24 Begriffen von „Atmosphäre“ bis „Zeit“.

Der 2007 gegründete, seit über 15 Jahren gezielt fördernde Fonds will die Region einen und international ausrichten.

So ging großformatige Förderung an die Internationalen Maifestspiele Wiesbaden.

„Die Welt ist in Bewegung.“ Open Air und an vielen Schauplätzen im Stadtraum war in über 100 Workshops, Performances und Aufführungen „Wiesbaden tanzt!“ angesagt. „Welche Rolle spielt die Choreographie, der wir alle jeden Tag folgen?“ Auch die Tanzplattform und das Tanzfestival RheinMain sind als innovatives Kooperationsprojekt des Hessischen Staatsballetts mit dem KünstlerInnenhaus Mousonturm ein gefördertes Kulturereignis.

Die 23. Ausgabe von „Go East - Festival des mittel- und osteuropäischen Films“ stand im Schatten des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine. Die mit 90.000 Euro großzügige Förderung ermöglichte des interdisziplinäre Rahmenprogramm „Cinema Archipelago“. Antikriegs-Aktivist:innen der indigenen Minderheit in Russland, „die erzählen, lachen und weinen“ , konnten eingeladen werden. „Der Kulturfonds will einen Beitrag leisten. Nach einem Jahr ist der Krieg in der Ukraine zum traurigen Alltag geworden. Krieg darf kein Alltag sein“, betonte Karin Wolff.

Der Blick durch die „dekoloniale Linse“ als sinnvolles Werkzeug der Filmanalyse wurde ermöglicht. Das VRChat-Projekt „Tales from the Bathhouse“ konnte wieder realisiert werden.

Ob die Bewerbung des Kulturfonds in punkto „World Design Capital“ Chance hat, wird die Shortlist im Juni zeigen.

www.kulturfonds-frm.de

42 wiesbadener*in I/2023
kultur & kreatives
Text und Foto: Gesine Werner In der Humorkirche von Michael Berger zeigte Mary Bauermeister ihr textiles Objekt „Auch nur ein Mensch“ und blickte hinter die katholische Klerus-Kulisse. Unter dem edlen Zwirn eines prächtigen Ornats wurd eine armselige Unterhose mit Flicken sichtbar.

„Ein kleines Wiesbaden-Universum tut sich auf“ und: „Ihr Buch hat mich sehr beeindruckt in Ihrer lebendigen Sprache, die in den Bann zieht und auch sehr berührt. So sollte Literatur sein - ganz großartig!“ Zeitzeugin Dr. M. ist „wirklich ganz angetan. Mein Kompliment für die sehr gute Zusammenfassung der Blütezeit unserer Gesellschaft. Habe das Buch schon oft besorgt und verschenkt.“ Positive Resonanz aus dem Publikum und aus berufenem Munde. Buchhändler Z. meint: „Endlich ein Buch über Menschen, das man gerne liest.

Die Sprache ist anders als sonst bei Biographien, so einfühlsam.“ Leser T.R. „kann“ sich „nur anschließen. Ein tolles Buch. Brava! Das hat heute schon das Zeug, zu einem Klassiker über die Wiesbadener Kulturszene zu werden.“

Zeitzeuge H. formuliert: „Das ist überwältigend, was wir da lasen in dem Buch“, es sei „phantastisch geschafft“.

Zeitzeugin E. dankte: „Das haben Sie ja sehr schön gemacht, 0geradezu elegant.“ Zeitzeugin M. bekennt. „Ich habe geweint, als ich das wundervolle Buch gesehen habe.“

Mit der Publikation: „Erlebte Geschichte und Geschichten, Wiesbadener Zeitzeuginnen und Zeitzeugen erzählen“ debütierte der Verein zur Förderung des Stadtarchivs Wiesbaden e.V. als Herausgeber. Die reich bebilderte Anthologie von Journalistin/Fotografin Gesine Werner ergänzt das Wiesbadener Stadtlexikon. Ein Cover in Blau und Gelborange war der Autorin wichtig als Symbol für Wiesbaden und Nassau.

Auch medial erfährt die Anthologie als „Textsammlung über geführtes und erzähltes Wiesbadener Leben“

Wiesbaden persönlich als

Förderverein für Stadtarchiv Wiesbaden gibt allseits gelobte oral history-Anthologie von Gesine Werner heraus

gebührende Würdigung. Dr. Viola Bolduan, legendäre Feuilleton-Chefin des „Wiesbadener Kuriers“ a. D., widmete ihrer feinfühligen Rezension unter der Dachzeile: „Ein städtischer Chor mit 50 Stimmen“ großformatigen Raum. „Akribische Fleißarbeit“ wird der Autorin attestiert. Sie habe „in ihren Porträts Fakten und Gespräche“ zusammengefügt und „mit Empathie kleine Persönlichkeitsstudien“ formuliert „über Menschen, die diese Stadt lebens- und liebenswürdig gestaltet haben.“

Die Schatztruhe persönlicher Erfahrungen verbindet Generationen, blickt in das Leben zwischen Weimarer Republik und Gegenwart. Kunst, Kultur & Kirche, Gastronomie, Medizin, Fassenacht, Literatur, Pädagogik, Politik & Sport, „frei von der Leber weg“ erzählt. Wiesbadens einzige Ehrenbürgerin Christa Moering, der generöse Kunstmäzen Frank Brabant, Tanzkönigin Helga Bier, JoHo-Oberin Christa Kaltenbach, Jazz-Drummer und Instrumentenbauer Wahan Cherbettchian, Casino-Gesellschaft-Chef Georg Schmidt-von Rhein, Kulturpreisgekrönte (das Velvet-Trio, Trickfilmikonen Kreck & Grigorova-Kreck, Professor Dr. Wolf Spemann, Fluxus-Veteran Ben Patterson), Hinterhof-Palazzo-Chefin Mary Lou Sullivan-Delcroix, Theaterfreundin Dr. Dietlinde Munzel-Everling, Gastronomin Helene Martin, Heils-

armee-Seelen Margarete & Hans-Jürgen Schürmann, Schokoladen-Lady Doris Eisenbach, CCW-Aktive Suresh Soni & Hannelore Soni, FassenachtsUrgestein Werner Wörle, Stadtdekan Joseph Bardenhewer, Miriam Schmetterling, Tanzkönigin Helga Bier, Pfingstturnier-Erfinderin Veronika Dyckerhoff, Kunder-Chefin Charlotte Brand, Dr. Enno von Rintelen, Zygmunt Apostol, Eike Wilm Schulte, GMD Siegfried Köhler und „Don Tango“ Gabriel Sala, Buchhändler Hans Angermann sind vertreten.

Die Buchpremiere war ein „besonderer Abend“.. Hausherr Dr. Peter Quadflieg freute sich vor vollem Haus über die „Punktlandung“ des „vielerlei ungewöhnlichen Projekts. Ein Förderverein wurde wissenschaftlich tätig und bringt ein eigenes Buch zur Stadtgeschichte heraus.“

Kulturamtsleiter Jörg-Uwe Funk sah das „sehr ambitionierte Projekt“ als „Pionierarbeit und farbenfrohes Mosaik der Stadtgesellschaft.“ Fördervereins-Chef Ulrich Kirchen verwies auf den verstorbenen Kulturdezernenten a.D. Peter J. Riedle als Projekt-Initiator. Ausdruckstarke Lesung von Publikumsliebling Uwe Kraus-Fu vom Staatstheater („Hiob“) und inspiriertes Tastenspiel von Konzertpianist Wolfgang Stifter bekamen viel Beifall.

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„Geschichte von unten“
kultur & kreatives
Buchpremiere im Foyer des Stadtarchivs Wiesbaden mit Schauspieler Uwe-Kraus-Fu (vorne links) Fotos: Gesine Werner Jazzdrummer und Instrumentenbauer Wahan Cherbettchian ist ebenso wie Prinzipalin Mary Lou Sullivan-Delcroix vom HinterhofPalazzo in der Wiesbaden-Anthologie vertreten

Von der Geschichte geprägt

Am 28. April lud die Genossenschaft Gemeinschaftlich Wohnen unter der Führung von Udo Schläfer zu einem Rundgang in der Blücherstraße 17 ein – ein einprägsamer Vortrag über die architektonische Geschichte des Viertels mit anschließender Gesprächsrunde.

Vor fast 20 Jahren übernahm die Genossenschaft das 1905 erbaute, dreiteilige Jugendstilhaus inmitten des quirligen Westends – und Udo Schläfer scheint das Gebäude seitdem besonders ans Herz gewachsen zu sein.

Der Referent und Organisator des gemeinsamen Rundgangs ist sichtlich Feuer und Flamme für das Haus, das Viertel und die Genossenschaft, die sich hier längst etabliert hat und einen gewissen Fixpunkt in der Nachbarschaft darstellt. 2005 konnte die Liegenschaft das Grundstück erwerben, seit 2007 existiert das Wohnprojekt Blü17.

51 Mitglieder zählt die Genossenschaft heute, die Hausgemeinschaft in der Blücherstraße besteht aus 32 Erwachsenen und 11 Kindern im Alter von 1 bis 82 Jahren aus sieben verschiedenen Nationen. In diesem Sommer feiern sie mit verschiedenen Veranstaltungen ihr 20jähriges Jubiläum.

Um das vor einiger Zeit sanierte Haus tobt das hektische Leben der

geschäftigen Landeshauptstadt, doch Schläfer weiß – das war nicht immer so: „Die anderen Häuser und Viertel, der ganze Bereich zwischen dem 1. und fast bis zum 2. Ring sind in wenigen Jahren entstanden. Vorher waren hier Wiesen, Felder und Gärten – aber keine Häuser.

Genossenschaft

Gemeinschaftlich Wohnen

wurde 2003 in Wiesbaden gegründet. Ziel war und ist es, ein „anderes Wohnen in der Stadt“ zu realisieren. 2005 wurde die Liegenschaft des 1905 errichteten Gebäudes erworben. Seit 2007 existiert das Wohnprojekt Blü17. 51 Mitglieder zählt die Genossenschaft heute, die Hausge-meinschaft in der Blücherstraße besteht aus 32 Erwachsenen und 11 Kindern im Alter von 1 bis 82 Jahren aus sieben verschiedenen Nationen.

Das Gelände in der Blücherstraße 17 wurde 2001 entdeckt, und mit Unterstützung der Lokalen Agenda 21 der Stadt Wiesbaden konnte das Gebäudekomplex auf seine Eignung für die Umsetzung des Wohnprojekts geprüft werden. 2003 kam es zur Gründung der Genossenschaft.

Am 7.März 2005 wurde der Kaufvertrag abgeschlossen und umgehend mit der Sanierung der Gebäude begonnen. 2007 konnten die ersten Mieter einziehen.

Alle Infos unter: www.gemeinschaftlich-wohnen.de

Sie kennen vielleicht das aktuell geplante Westfeld zwischen Sauerland und Feldberg.

So muss man sich das damalige Gelände hier vorstellen, eine große, unbebaute Fläche außerhalb von Wiesbaden. Und dann kamen die Bauarbeiter und ein Neubaugebiet entstand.“

Die heutige Großstadt brauchte tatsächlich ewig, um aus ihrem dörflichen Dasein herauszuwachsen. Lebten hier um 1800 knapp 2300 Menschen, waren es 1905, im Baujahr des Genossenschaftshauses, bereits mehr als 100 000. Diesen explosionsartigen Aufstieg hatte die Kurstadt ausgerechnet einer militärischen Auseinandersetzung zu verdanken, deren erfolgreicher Ausgang den deutschen Geist auf Jahrzehnte zur Verherrlichung von Kriegen verführen wird.

„Dieses Viertel wird auch Feldherrenviertel genannt“, weiß Schläfer. „Dieser recht imposante Name bezieht sich auf Generäle, die im 19. Jahrhundert für die Preußen gegen Frankreich Kriege und Schlachten geführt haben.“ Die Großmacht Preußen expandierte damals in alle Himmelsrichtungen und erreichte bald auch das beschauliche Wiesbaden, das es sich nach dem preußisch-österreichischen Krieg von 1866 einverleiben konnte. General Blücher war der älteste der zehn Feldherren, die nur wenige Jahre später im deutsch-französischen Krieg von 1870 als siegreiche Helden zurückkamen und mit ihrem enormen Erfolg auch den darauffolgenden Wachstumsboom in Wiesbaden auslösten.

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zusammenleben

„Er (Blücher) überquerte bei Kaub mit seinen Truppen den Rhein, was entscheidend den Sieg über die Franzosen ermöglichte. Und weil Frankreich kapitulierte, musste es als Verlierer Gebiete, nämlich Elsass und Lothringen, an Deutschland abtreten und Reparationen zahlen. 5 Milliarden Franc – Geld, das im neu entstandenen deutschen Reich zu einem Investitionsund Wachstumsschub führte.“

Eine kleine Lektion in Geschichte, die den ein oder anderen sicherlich zum Schlucken gebracht hat. Das schöne und für seinen Jugendstil bekannte Wiesbaden, errichtet mit der Hilfe blutiger Kriegsbeute.

Nicht weniger befremdlich scheint die Tatsache, dass in der Stadt an der „Verehrung der Preußen festgehalten“ wird: „Die Denkmäler der preußischen Kaiser und die Straßennamen der Hohenzoller blieben alle erhalten. Gerade entsteht nahe des Kurparks ein neues Wohnviertel, benannt nach Viktoria, der Gattin Wilhelm I.“ Doch der preußische Einfluss brachte nicht ein militantes Denken mit in den Süden, sondern eben auch den bis heute erhaltenen und zugleich bewunderten Baustil: „Bebauung und Architektur waren preußisch geprägt und erinnern an Berlin. Kunstvolle Fassaden, prächtige Eingänge, neben dem Eingang zum Vorderhaus ein Tor zu ein oder zwei Hinterhöfen.“

Womit endlich der Bogen zu der Genossenschaft geschlagen werden kann: „Die Häuser der Gründerzeit sind alle ähnlich, und doch im Detail sehr unterschiedlich.

Jeder Architekt, jeder Bauherr hat sein Haus nach seinen persönlichen Vorstellungen gestaltet“

Anhand der Blücherstraße 17 könne man nach wie vor die drei wichtigsten Eigenschaften des damaligen Stils der Blockbebauung erkennen – alle sozialen Schichten unter einem Dach, noch keine am Auto ausgerichtete Bebauung und das Zusammenführen von Arbeiten und Wohnen am gleichen Ort.

Auf dem fast 1000 qm großen Gelände zeugen die Einteilung in einem Vorder-, Mittel-, Seiten- und Hinterhaus von dem engen Zusammenleben der verschiedenen Schichten – eine Idee, die in der Genossenschaft bis heute gelebt wird.

Die Betonung könnte man derweil auch auf das enge Zusammenleben legen: „Dieses enge Wohnen und Arbeiten war sicherlich nicht konfliktfrei zwischen den hier lebenden Menschen. Wir wohnen hier heute auch sehr dicht beieinander, aber wir haben uns ausgewählt und kennen uns, dass sichert das Verständnis und die Harmonie im Haus.“ Das ist auch gut so, damit das bisher so erfolgreiche Projekt der Genossenschaft, das so gar nichts mit der bewegten Vergangenheit des Viertels zu

tun hat, auch noch lange weiter gehen kann – mit all ihren historisch bedingten Besonderheiten, die das Haus ausmachen: Die optimale Nutzung des für heutige Maßstäbe viel zu eng bebauten Geländes, die begrünten Dachterrassen und Höfe, die Achtung umweltschonender Aspekte wie der Regenwassernutzung sowie der Denkmalpflege und der Wahrung verschiedener Gemeinschaftsflächen- und räumen.

ADFC Kidical Mass: Straßen sind für alle da!

Am 7. Mai 2023 veranstaltete der Fahrradclub die 9. Kidical Mass Wiesbaden. Beim KinderFahrrad-Korso konnten Kinder und ihre Eltern gut eine Stunde bequem und sicher durch die Stadt fahren. Sie starteten am Dernschen Gelände und fuhren bis zum Schlachthof.

In einer kurzen Pause erwarteten die kleinen Radfahrende eine stärkende Überraschung von der Genossenschaft Gemeinschaftlich Wohnen, anlässlich des 20-jähries Bestehens des Wohnprojekt Blü17.

Hier wurde bereits am Freitag, den 5. Mai zum gemeinsamen Schilderbasteln in den Innenhof in der Blücherstraße 17 eingeladen.

Die ADFC ist Teil eines bundesweiten Aktionswochenendes.

An den Aktionstagen vom 5. bis 7. Mai 2023 fuhren zehntausende Menschen in über 400 Orten Rad. Von der Metropolregion bis in den ländlichen Raum machten sich die Menschen für sichere Schulwege und selbstständige Mobilität stark. Für die Kinder bedeutete dies für einen kurzen Moment nicht mutig sein zu müssen, um auf der Straße Rad zu fahren.

Fabian Heil, Initiator der Kidical Mass, brachte es auf den Punkt: „Kinder haben ein Recht darauf, sich sicher, selbstständig und geschützt zu bewegen. Erst wenn wir Kinder und vulnerable Menschen bei der Verkehrspolitik in den Fokus setzen, schaffen wir eine zukunftsgerechte Gestaltung des öffentlichen Raumes für alle. Städte wie Paris, Gent und Utrecht machen es jetzt vor und krempeln dafür das Verkehrssystem schnell und effizient um. Genauso wollen wir das auch in Wiesbaden!“

Hintergrund „Kidical Mass“

Die Kidical Mass ist eine Aktionsform für kinder- und fahrradfreundliche Städte, die 2008 in Oregon erfunden wurde. Die ersten deutschen Kidical Mass-Demos organisierten Familien 2017 und 2018 in Berlin, Darmstadt, Stuttgart und Köln. 2019 fand erstmalig im Rahmen des Stadtradeln eine Kidical Mass in Wiesbaden statt.

Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club e.V. (ADFC) ist mit mehr als 220.000 Mitgliedern die größte Interessenvertretung der Radfahrerenden weltweit. Er berät in allen Fragen rund ums Fahrrad. Politisch engagiert sich der ADFC für die konsequente Förderung des Radverkehrs.

Foto: Blü17

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zusammenleben
Konstantin Mahlow

Süß kann auch gesund sein! Heilpflanzenauszüge aus heimischen Wild- und Gartenkräutern ergeben zusammen mit alternativen Süßungsmitteln sanfte Hausmittel, die Sie gesund erhalten und stärken. Machen Sie Oxymel, Tonixier, Sirup und Bonbons einfach selbst!

Sie unterstützen das Immunsystem, bringen den Stoffwechsel in Schwung und helfen bei vielen Alltagsbeschwerden wie Husten, Kopfschmerzen und Abgeschlagenheit. Die Rezepturen werden mit natürlichen Süßungsmitteln wie Apfeldicksaft, Gerstenmalz oder Honig hergestellt. Mit der besonderen Kombination aus Heilpflanzen und Süßem verbinden Sie in idealer Weise Vitalstoffe, Geschmack und gute Haltbarkeit.

Monika Rein

2023, 160 Seiten, 64 Fotos, Klappenbroschur

ISBN 978-3-8186-1727-1, 20 €

Rezept:

Winterblues vertreiben

2 Prisen* Basilikum (Blätter),

2 Prisen Dost (Kraut), 1 Prise

Gänseblümchen (Blüten), 1 Prise

Johanniskraut (Kraut), 1 Prise

Melisse (Blätter)

Kräutermischung mit 500 ml frisch abgekochtem, heißen Wasser übergießen, 5 Minuten abgedeckt ziehen lassen und abseien. Die Kräuter sind Sonne für die Seele. Zum Süßen wird Birnendicksaft empfohlen. Enthaltene Vitamine des B-Komplexes tragen zum Aufbau von Serotonin bei, dem Glückshormon.

*Prise: Soll heißen, nehmen Sie stets die gleiche angegebene Menge der Maßeinheit, die Sie vorher gewählt haben. Das heißt: Haben Sie einen Esslöffel als Maßeinheit gewählt, wäre dann die „Prise“ ein Esslöffel, bei 2 Prisen = 2 Esslöffel usw.; nehmen Sie einen Teelöffel, als Maßeinheit, wäre die „Prise“ ein Teelöffel, bei 2 Prisen = 2 Teelöffel usw.; Sie wählen die Maßeinheit und achten beim Mischen darauf, dass Sie die gewählte Maßeinheit beibehalten.

Kräuter- und Heilpflanzen-Fans kommen hier richtig auf ihre Kosten. Das Buch ist sehr gut aufgebaut, richtig informativ und regt zum Ausprobieren an.

Zunächst gibt Monika Rein einen Überblick über verschiedene Süßungsmittel, ihren Ursprung, ihrer

Verarbeitung und deren Verstoffwechslung (wichtig für Diabetiker!) Sie gibt außerdem Hinweise, ob das entsprechende Süßungsmittel für VeganerInnen geeignet ist.

Es folgt ein Kapitel über Basisrezepte, um die Grundlagen für die Zubereitung der Tees, Bonbons, Sirups und vielem mehr zu legen. Und los geht´s!

Die Autorin hat für fast alle gängigen Beschwerden ein Kraut bzw. Kräutermischungen gefunden. Auf Basis der vorangegangenen Informationen und Rezepte kann nun mit den passen Kräutern und – ganz wichtig – mit dem ebenfalls passenden Süßungsmittel gearbeitet werden. Denn, das haben wir hier gelernt, die passende Süße kann die Wirkung der Heilkräuter sinnvoll ergänzen!

Es gibt bei jedem Rezept eine kleine Einführung über die verwen-

deten Kräuter und ihre Wirkung, und am Ende folgen Kapitel über Wirkung der Heilpflanzen, Bestimmungshinweise, Bezugsquellen sowie wichtige und interessante Informationen, um selbst heilende Bonbons, Elixiere oder Tonixiere (eine Wortschöpfung der Autorin, die im Buch erklärt wird) zuzubereiten.

Nun im Frühling, da alles zu wachsen und blühen beginnt, können wir uns bis weit in den Herbst hinein mit der Kraft der Natur versorgen, um bei Bedarf, spätestens wenn die Erkältungswellen wieder anrollen mit den passenden Kräutern versorgt zu sein.

Mich hat das Buch begeistert und sehr inspiriert! Und meine täglichen Spaziergänge in der Natur sind mit einem neuen Blickwinkel bereichert worden!

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helfen & heilen

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