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Starke Weibs-Bilder S
Zwei weibliche Fluxuslegenden von über 80 zarten Lenzen: Takako Saito entzückt mit ihrer open Air performten „Headmusic“ und Mutter Gaia, alias Mary Bauermeister, lehnt schmunzelnd an der Hauswand des Nassauischen Kunstvereins und guckt zu.
„Besser gleich berechtigt als später“ war in den Achtzigern ein Slogan der Frauenbewegung. Heute sind wir Weibs-Bilder längst gleichberechtigt – in Beruf, Familie, Gesellschaft und in den Künsten sowieso. Schon in den Achtzigern wurden „Die Vorteile eines Künstlerinnen-Daseins“ als „Öffentlich-rechtliche Nachricht“ von den Guerilla Girls – das Gewissen der Kunstwelt – postuliert.
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„Du arbeitest ohne Erfolgsdruck. Deine vier Nebenjobs bieten Dir eine Abwechslung zur Kunstwelt. Du weißt, dass Deine Karriere nach achtzig richtig losgehen könnte. Ganz egal, welche Art von Kunst Du machst: Du kannst sicher sein, dass diese als feminin bezeichnet wird. Du sitzt nicht auf einem unbefristeten Lehrstuhl fest. Du siehst, wie Deine Ideen in den Arbeiten Anderer weiterleben. Du kommst nicht in Verlegenheit, als Genie bezeichnet zu werden. Du wirst in Kunstzeitungen abgebildet – als Gorilla verkleidet.“ Es hat auch nur schlappe sechzig Jahre gedauert, bis die starken Weiber von FluxUs gewürdigt wurden: Nicht nur „bad boys“, auch bad girls haben die künstlerische Landschaft in den Sechziger Jahren revolutioniert (siehe „Fluxusfrauen“). „Art is what you do surprise yourself“ ist das Motto von Fluxus-Legende Takako Saito. Die hurmorvolle Japanerin ist neben Mary Bauermeister, Yoko Ono und Alison Knowles – die zum Goldjubiläum 2012 in Wiesbaden ein letztes Mal auftrat – die letzte lebende Fluxusvirtuosin der ersten Stunde. Takako steuert kregel auf die Neunzig zu und war zum Jubiläum „Fluxus Sex Ties“ in die Fluxuswie-
ge Wiesbaden gereist. Verschmitzt lächelnd, performte sie open Air ihre legendäre „Headmusic“. Mutter Gaia, alias Mary Bauermeister, sowie Kollegin Ann Noel nebst Fluxus-Mitgründer Eric Andersen aus Dänemark guckten zu. Auch die Saarländerin Marlies Krämer ist eine „starke Frau“, die sich immer wieder ungewollter „Geschlechtsumwandlung zum Mann“ entgegenstemmt. Von wegen „Frauen sind nicht der Rede wert“. Der „Inhaber“ eines Reisepasses wollte alleinerziehende Mutter von vier Kindern nicht sein, blieb jahrelang ohne das Dokument und erreichte über EU-Verhandlungen die Formulierung „Unterschrift der Inhaberin/des Inhabers“ in Personalausweis und Reisepass. Geht doch. By the way hatte die Autorin Mitte der Achtziger vier Jahre (!) mit der Uni Frankfurt/Main um ihr geschlechtsadäquates Diplom kämpfen müssen. Ging dann plötzlich auch. Unter der gewitzten Titulierung „Die Recht-Inhaberin“ widmete Lena Giovanazzi kürzlich im Magazin der „Süddeutschen“ der „dezidiert mündigen Bürgerin“ eine umfängliche Hommage. „Wer sich nicht wehrt, lebt verkehrt!“ In ihrer autobiografischen Erzählung „Tausend und ein Leben“ (Conte Verlag) berichtet Marlies Krämer in assoziativen Bögen von ihren Erfahrungen als Stadträtin, als Küchenhilfe der Uni-Mensa Saarland, an der die Seniorin dann ohne Abitur ein Studium der Soziologie absolvierte. Sie setzte sich erfolgreich ein für die gleichberechtigte Namensgebung beim Wetter – zuvor trugen die Tiefs Frauennamen und die Hochs bekamen Männernamen. Marlies Krämer gratulierte Hillary Clinton (!) zur Wahl von Bill zum Präsidenten der USA.
Von starken Weibs-Bildern & ihren Privilegien
Frauen kommen nicht in Verlegenheit, als Genie zu gelten
Gendern in Absurdistan: Mit der Forderung, auf Sparkassenformularen nicht als „Sparer, Kunde, Kontoinhaber“ aufzutauchen, klagte sie erfolglos vor dem BGH. Der lehnte mit der Begründung ab, die männliche Formulierung könne als „geschlechtsblind“ gelten. (Heft 4/2021) Marlies Krämer hat eine Biografie über ihren verstorbenen Lebensgefährten Günter Meyer geschrieben, eine „Liebeserklärung“ an den exzellenten Film-Beleuchter („Rosen für den Staatsanwalt“), dessen Name auf keinem Abspann genannt wird. Der Verlag bezeichnete sie als „der Autor“ und verweigerte die zutreffende Bezeichnung als „die Autorin“. Gendern in Absurdistan, siehe oben. Konsequenz: Das Manuskript forderte Marlies Krämer zurück.