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Theaterdonner S

Mit der formidablen Inszenierung „Königin Lear“ mit Genderswitch (Buch: Tom Lanoye) bietet Regisseur Gustav Rueb in den Darmstädter Kammerspielen (Bühne: Florian Barth, Video Jan Heck) aktuelle Szenen aus dem Industriellenmilieu, die unter die Haut gehen. Das exzellente Ensemble um Titelfigur Karin Klein und Hubert Schlemmer (Kent), den „Söhnen“ Thorsten Loeb, Bela Milan Uhrlau und Nesthäkchen Marielle Layher spielt Interessenkonflikte knallhart aus. Tüchtiger Beifall. MAM von und mit dem irischen Teatr Damsa - Haus des Tanzes des StarChoreografen Michael Keegan-Dolan bietet tänzerisch-musikalischen Genuss ohne Tapdance-Folklore. Das Ensemble ist multinational und hat das facettenreiche Stück in achtwöchigen Proben mit dem Konzertina-Virtuosen Cormac Begley und dem Musikkollektiv stargaze als gemeinsame Kreation erarbeitet. Ein umjubeltes Schmankerl.

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König Lear wäre auch als Königin Lear vorstellbar

TheaterDonner auf den Bühnen in Wiesbaden und Darmstadt

Hashtag OMG! Eine „Eskorte“ auf den Stufen zum Foyer? Köstlicher Clou, diese „Zugabe“ nach der Premiere von „Instame“. Mit Lena Hilsdorf, Klara & Maria Wördemann, Philipp Steinheuser & Anna Lena Owen hat der Schauspieler Christoph Kohlbachers (Bunbury) sein eigenes Stück als hinreißende Realitätsflucht in die pinkfarbene GlitzerParallelwelt inszeniert mit Elvis, Rocky & Harry Potter. Fehlt nur noch der Walkürenritt. „It`s so nice!“ Hat das Zeug zum Renner.

Königin Lear trifft auf Kalldewey, Farce. Peeping Tom ist auch da. Schmankerln auf den Bühnen der Region unter Pandemieregeln.

Blick nach Wiesbaden

Vor 40 Jahren uraufgeführt, sprachlich angejahrt, doch amüsant, kommt Bernd Mottls rasante Version von „Kalldewey, Farce“ daher - in buchstäblich auf den Punkt/die Punkte gebrachtem Bühnenbild & Kostüm von Friedrich Eggert. Ja, Botho Strauß konnte schon 1981 „Komödiant der untersten Garnitur“ sein. Und das formidable Ensemble - Christian Klischat, Sybille Weiser, Evelyn M. Faber, Lina Habicht, Felix Strüwen & Jan Diener - gibt dem Affen Zucker. Einfach köstlich. Final verschmelzen die Figuren mit der Bühne. Das Publikum klatscht sich die Hände wund.

Ohne Krone und ohne Halt. Shakespeares Dauerbrenner „König Lear“ zeigt Uwe Eric Laufenberg (Bühne Rolf & Marianne Glittenberg) als packendes Drama an einem langen Abend. Durchhalten lohnt. Das konzentriert aufgelegte Team um Titelheld Nicolas Brieger nötigt Hochachtung ab. Uwe Kraus, Michael Birnbaum, Lukas Schrenk, Tobias Lutze, Klara & Maria Wördemann (alternierend als Cordelia & Narr) Christina Tzatzaraki, Lina Habicht, Christoph Kohlbacher, Christian Klischat, Paul Simon sowie Noah L. Perktold werden angemessen gefeiert.

Blick nach Darmstadt

Industriemagnatin Elisabeth Lear ist eine moderne „Königin“ Lear. Im Stück von Tom Lanoye ist sie so anmaßend borniert wie ihr Shakespeare-Urahn im 16. Jahrhundert. Mit Livekamera hat Gustav Rueb markant inszeniert. Tolles Ensemble – viel Beifall.

Text und Fotos: Gesine Werner

Hitchcock meets Tarantino meets David Lynch. Kopflos mit Bunuel auf der Titanic. Oder so. Mit dem artistisch versierten Ensemble „Peeping Tom“ aus Belgien sorgte die Tanzsparte von Bruno Heynderickx für Furore. Das bizarre „Triptych“ aus „The missing door” und „The last room“ sowie „The hidden floor“ reißt mit surreal-grotesken, filmisch anmutenden Bildern zu Grusel und Applaussturm hin.

„May I dance with you?“ Die nrw-tanzhaus-Akademie lädt schon Zweijährige zu Kursen ein: Daniel Luka (Tap), Leiterin Dörte Kordzumdieke, Carlo Melis (Modern Dance/Jazz), Manis Sjahroeddin (Orientalisch) und Hausherrin ingrida Gerbutaviciute (von links) freuen sich auf die neue Spielzeit. Neuintendatin Ingrida Gerbutaviciute bindet internationale Hochkaräter wie Choreograf Fabien Prioville und den interdisziplinär wirkenden Tänzer Ben J. Riepe (rechts) an das nrw tanzhaus.

Künstlerische Umarmung für Klein & Gross

Die neue Intendantin Ingrida Gerbutaviciute macht aus dem tanzhaus nrw zu Düsseldorf einen Ort der Vernetzung

Davon kann Wiesbaden nur träumen – ein eigenes Haus für den Tanz. Das tanzhaus nrw wird als eingetragener Verein geführt. Das Haus der freien Szene basiert auf den Säulen Bühne – mit 350 und knapp 100 Plätzen – und Akademie. Alle Generationen sind eingeladen zur Freude an Tanz und Bewegung in der „neuen Normalität“.

Am Anfang steht eine Umarmung. Mit der preisgekrönten Dramaturgin und Produzentin Ingrida Gerbutaviciute aus der litauischen Hauptstadt Vilnius bahnt sich eine verheißungsvolle Ära an. Die neue Intendantin kuratierte in Mainz den Tanzkongress 22 unter dem Motto Sharing Potentials“ (S. 40). Das Spielzeitmotto „May I hug you?“ thematisiert „körperliches Erleben in pandemischen Zeiten“. Die neue Hausherrin offerierte mit Lucie Ortmann & Philipp Schaus (Dramaturgie) und Akademie-Leiterin Dörte Kordzumdieke als Team den zukunftsweisenden Spielplan. Ein „Ort der Vernetzung“. Die Bereiche „intime Körperlichkeit“ und „Körperlichkeit der Gemeinschaft sowie „expansive Körperlichkeit“ wollen gesellschaftlichen Diskurs und Distanz aufbrechen. „Eine Institution mit Vielen und für Viele“ ist das nrw tanzhaus. „May I dance with you?“ In die Akademie ist „jedes Alter, jedes Level!“ ab 2 Jahren eingeladen, die Kursleitungen sind alte Hasen und Häsinnen wie Carlo Melis, Manis Sjahroeddin (die orientalischen Tanz auch schon im Wiesbadener Studio von Beate von Gruenewaldt lehrte) und Tapdancer Daniel Luka. Das Programm wird erweitert und ein Pilotprojekt lädt Menschen mit Demenz ein. Eine hochkarätige Masterclass mit Chien-Ming Chung, Probenleiter der Hofesh Shechter II-Company, lädt ein. Das Eröffnungswochenende am 16. bis 18. September bringt Sami-Choreografin Elle Sofé Sara aus Oslo mit „Vastadus eana/The answer is land“ und ihre Jork-Vokalisen sorgen für Gänsehaut pur. Sehen mit den Ohren bietet das „House of Labrys“ von levaKrish/Litauen & Nimanis/Lettland – es wird ein vierstimmiger Tanz“. Und sieben Tänzerinnen treiben mit „Queen Blood“ in den Tanzrausch, bevor die Late Night im Foyer zum „Happy Hype“ bittet. Neben internationalen Gastspielen und Residenzen mit Austausch und gemeinsamer Reflexion widmet sich das Haus der Nachwuchs-Förderung und setzt auf Nachhaltigkeit, auf Barrierefreiheit und Inklusion. Hochkaräter freuen sich auf die neue Chefin. „May be data ist the new dada?“ Der französische Choreograf Fabien Prioville bringt Tanzerfahrung im Pina BauschEnsemble mit und forscht zu Tanz & Bewegung im digitalen Raum: „Tanz & Digitalität“. Der spartenübergreifend wirkende Tanzkünstler und Bildende Künstler Ben J. Riepe steht für internationale Projekte, wirkt am Haus und bereichert die Internationale Tanzmesse NRW 2022. Ein Netzwerk aus Kooperationen: Aerowaves – European dance network for research and cross-bordwer presentation gehört das nrw-Tanzhaus nun an, ist Partner von New Italian Dance und dem italienischen Kulturinstitut Köln. Im Rahmen von „Take off“ wird die Zusammenarbeit mit Schulen verstärkt. Nachwuchs der Ballettszene wird in Kooperation mit der Oper am Rhein im Programm „Step by Step“ weiterhin gefördert. „Dancing is power!“

tanzhaus-nrw.de/de

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