WIESBADENER, Ausgabe IV/2018

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Wiesbadener Ausgabe IV / 2018

Magazin für Kunst, KulTouren und Lebensfreude

Comeback eines Klassikers: Die 7. Wiesbadener Night of Music

Wiesbaden Stiftung: Aus Ideen werden Taten

Rezeptsammlung des Grauens: Gerichte aus der Hölle

Ecosia –

Die grüne Suchmaschine

Der doppelte Detektiv oder: Würzen nach Gehör

Wiesbaden auf die süße Tour: Traditionshaus Kunder

Maßlosigkeit und Opulenz: Bruno Gironcoli in Frankfurt

Andenken für die Ewigkeit Fingerabdruck-Trauerschmuck

Preis: 6,50 €



Inhalt

...... Es gibt schon verrückte Dinge. Zum Beispiel den Hund auf unserem Titelbild. In Wiesbaden haben wir ihn allerdings noch nicht gesehen, vielleicht ist das Wetter noch nicht winterlich genug. Aber wir sind geduldig und warten, so wie Alexander Schrumpf bei seinen Observationen. Den Wiesbadener Detektiv gibt es übrigens gleich doppelt– real und als Fiktion (S. 6). Verrückt oder?

„get green“ – das gesunde Zwischendurch

MENSCHEN

& MEINUNGEN

ANDENKEN FÜR DIE EWIGKEIT DER DOPPELTE DETEKTIV KULTUR

& KREATIVES

BLOCKBUSTER IM DOPPELPACK NEW OPTICS NIGHT OF MUSIC VELVETS JUBILÄUM THEATERDONNER PERFORATED WALLS CHOCOLATERIA KUNDER BRUNO GIRONCOLI FRAUENLOB! BAD NEWS MAGAZIN

KULTOUREN I KULTOUREN II

S. 4 S. 6 S. 8 S. 10 S. 12 S. 18 S. 19 S. 22 S. 24 S. 26 S. 28 S. 29 S. 13 S. 30

GAUMENKITZELEIEN

GERICHTE AUS DER HÖLLE UNTERNEHMEN

& MÄRKTE

DIE GRÜNE SUCHMASCHINE GET GREEN PLUS

LOFTWERK WEIHNACHTSMÄRKTE ZUSAMMEN LEBEN

WIESBADEN STIFTUNG AFRICA ACTION

S. 35 S. 38 S. 40 S. 42 S. 44 S. 45 S. 47

In diese Kategorie gehören auch die Gerichte aus der Hölle. In dem neuen „Antikochbuch” werden die „Rezepte des Grauens” ans Licht gebracht, zwei davon wagen wir vorzustellen – Bon Appetit (S. 35)!

Vorfreude

Dagegen kann man die erlesenen Leckereien der Chocolateria Kunder nur in den süßesten Tönen loben. Das Traditionshaus an der Rue ist ein Eldorado für Naschkatzen. Seit 120 Jahren wird hier „die Kunst der süßen Köstlichkeiten” meisterlich gepflegt (S. 24). Ob man Kunder auch bei „Ecosia” findet? Das neue Internetportal versteht sich als grüne Suchmaschine, die 45% ihrer Einnahmen in die Pflanzung von Bäumen steckt. Der WIESBADENER empfiehlt, Ecosia einfach mal auszuprobieren (S. 38)! Die magische Zahl 7 hat schon immer einen besonderen Stellenwert; und so verspricht auch die 7. Night of Music ein magisches Event zu werden und auch dieses Jahr tausende Musikliebhaber in der Vorweihnachtszeit zu verzaubern (S. 12). Ansonsten ist das zu erwartende ungemütlichere Wetter der richtige Anlass, um Kunst zu tanken. Eduardo Chillida, der „Architekt der Leere” aus der baskischen Partnerstadt San Sebastian-Donostia ist im Landesmuseum Wiesbaden der großformatig-gewichtige Stargast einer beeindruckenden Blockbuster-Schau (S. 8).

naspa.de

Etwas weiter weg, im Museum Modern Art Hünfeld, wird die sehenswerte Ausstellung „New Optics” gezeigt, die vom Wiesbadener Künstler Edgar Diehl kuratiert wurde (S. 10). Und ab Februar 2019 kann man die gigantischen Objekte des exzentrischen Künstlers Bruno Gironcoli in Frankfurt bestaunen (S. 26). Das und vieles mehr bietet das vorliegende Magazin. Da wünschen wir Ihnen wir immer viel Vergnügen mit Kunst, Kultur und Kulinarik in dieser Ausgabe und einen verrückten Winter! IMPRESSUM: Herausgeberin, Gesamtkoordination & Gestaltung: media futura • Inh. Petra Esser • Balduinstraße 28 • 56856 Zell/Mosel • Tel. 06542.954.00.80 • Fax: 06542.954.00.79 • www.media–futura.de • mail@media–futura.de • Gestaltung: Petra Esser • Redaktion: Petra Esser, Tobias Mahlow, Gesine Werner, Konstantin Mahlow • Anzeigenleitung: Tobias Mahlow • Titelbild: „Winterhund“, © damedeeso, www.fotosearch.de • Vignetten: Bernd Schneider • Druck: Printgroup GmbH & Co. KG, 97526 Sennefeld • Redaktionsschluss für die Ausgabe I/2019: 20.02.2019 • Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlages • alle Fotos und Logos wurden uns – wenn nicht anders dokumentiert – von den porträtierten Personen/Institutionen zur Verfügung gestellt. WIESBADENER

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Ihre Naspa wünscht Ihnen eine frohe Weihnachtszeit.

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MENSCHEN

&

MEINUNGEN

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er Tod gehört zum Leben, aber die Trauer ist ein schwieriges, ein individuelles Thema! Wir alle werden irgendwann einmal im Leben damit konfrontiert. Jede Kultur hat seit jeher ihre Rituale, um dem verstorbenen Menschen und der Trauer um ihn Raum und Würde zu geben. Die Rituale sollen helfen, den Schmerz um den Verlust erträglicher zu machen; in einigen Kulturen wird der Übergang vom Leben in den Tod freudig gefeiert; andere finden in stilleren Ritualen Trost. Aber letztendlich trauert jede( r ) auf ihre/seine eigene Weise. Der Verlust eines geliebten Menschen durch die Endgültigkeit des Todes ist schwer zu ertragen. In Ritualen, Gedenktagen oder Andenken können wir oft Trost finden. Alle Formen, mit der Trauer umzugehen, haben aber eins gemeinsam: Der verstorbene Mensch bleibt uns nah und lebt ein bisschen in uns und mit uns fort. Und das tröstet oft.

Zuvor hatte sich die Familie bereits mit dem Thema auseinandergesetzt, aber die üblichen Angebote zum Trauerschmuck wurden dem eigenen Trauern nicht gerecht. Und so fanden sie den Weg zur Goldschmiedin.

etwas Tröstendes. Die Trauernden öffnen sich oft sehr in den Gesprächen, was natürlich auch notwendig ist, um sich so einzufühlen, dass am Ende auch die individuelle Erinnerungsform in ein passendes Schmuckstück mündet.

Andenken für die Ewigkeit Fingerabdruck-Trauerschmuck

Das Thema Trauerschmuck fand im vergangenen Sommer zum ersten Mal den Weg in das Leben der Goldschmiedemeisterin Susanne Geiger (feilgold). Bis dahin hatte Trauerschmuck eher eine historische Bedeutung und kam in ihrer alltäglichen Arbeit nicht vor.

Es folgten einige – oft auf beiden Seiten sehr emotionale – Gespräche, die dann in drei individuellen Schmuckstücken (Eltern und Bruder) mündeten. Jeder der Trauernden hatte seine eigene Vorstellung, wie er sich gerne an den Verstorbenen erinnern wollte. Und so entstanden drei verschiedene Schmuckstücke, denen der gleiche Fingerabdruck des Verstorbenen gemeinsam war. Von Seiten der Goldschmiedin gehört neben der Bereitschaft, sich auf das Thema Tod und Trauer einzulassen, enorm viel Empathie mit den Trauernden.

Dann kam eine Familie, deren erwachsener Sohn plötzlich verstorben ist auf sie zu, um sich besondere Andenken an den Verstorbenen anfertigen zu lassen. 4

Nicht nur der Schmuck, der entsteht, sondern auch die Gespräche, die der Entstehung des Trauerschmucks dienen, gehören zur Trauerarbeit und haben durchaus

Das entstandene Schmuckstück ist nicht als Trauerschmuck offensichtlich, so dass es dem Trauenden obliegt, seine Bedeutung zu offenbaren oder still mit sich zu trauern. Und wie das im Leben oft so ist; die anstehenden Themen müssen nicht gesucht werden, sondern finden einen. Es kamen und kommen seither immer wieder Menschen, die einen geliebten Menschen verloren haben und sich an diesen in Form eines individuellen FingerabdruckWIESBADENER

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MENSCHEN

&

MEINUNGEN

feilgold me. Susanne Geiger Am Schlosspark 103 65203 Wiesbaden

Schmuckstücks erinnern und damit Trost finden möchten. Seitdem gehört die individuelle Anfertigung von Trauerschmuck in das Repertoire der Goldschmiedemeisterin, für die die Auseinandersetzung mit den Angehörigen und die Arbeit am Trauerschmuck stets sehr berührend, aber auch bereichernd ist.

0171-3134456 0611-4503286 info@feilgold.de www.feilgold.de

Nicht für jeden ist Trauerschmuck das Richtige, um Trost zu finden, aber „wer die Symbolik liebt”, so Susanne Geiger, „ kann mit Trauerschmuck Trost finden.” Für sie selbst schließt sich der Kreis: Nachdem sie bereits für alle anderen Lebensbereiche, wie Geburt, Hochzeit, Geburts- und Jubiläumstage individuelle Schmuckstücke angefertigt hat, erweitert sich ihr Repertoire nun auch um das sensible Thema Tod und Trauer, das sich, wie auch die anderen Lebenszyklen bei Susanne Geiger in guten Händen befindet.

FingerabdruckTrauerschmuck Der Fingerabdruck ist die individuellste sichtbare Spur, die ein Mensch hinterlassen kann. Für diese Form des Trauerschmucks wird dem Verstorbenen der Fingerabdruck von den Mitarbeitern des Beerdigungsinstitutes abgenommen. Hierfür wird eine Masse verwendet, die man aus der Zahntechnik kennt und aus der sich problemlos eine Form herstellen lässt. Es wird ein Gussmodell gefertigt, um den Fingerabdruck für die Schmuckherstellung fertigen zu können. Die Trauernden haben die Möglichkeit, wie bei einem Seriengrabstein eine weniger indiWIESBADENER

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viduelle und persönliche Form des Trauerschmucks zu wählen. Üblicherweise haben sie die Wahl zwischen einer Anzahl verschiedenen Formen, Schriften und Materialien in die der Fingerabdruck eingelasert wird. Für die Umsetzung eigener und spezieller Wünsche ist die Goldschmiedin, der Goldschmied die geeignete Wahl, die übrigens nicht unbedingt kostenintensiver sein muss, als die Serienfertigung. Wer sich für die Zusammenarbeit mit der Goldschmiedemeisterin Susanne Geiger von feilgold entscheidet, vereinbart einen Termin zum Vorgespräch. Hier entwickeln die Trauernden gemeinsam mit der Goldschmiedin

in intensiven Gesprächen Ideen über die Form und das Material des passenden Schmuckstücks. Danach wird ein Model aus unedlem Material zur plastischen Anschauung gefertigt und ggf. durch Zeichnungen ergänzt. Bis zur Fertigstellung finden stets mehrere Gespräche statt; gerne zeigt Susanne Geiger auch Zwischenschritte, um die Abstimmung mit den Trauernden zu verfeinern. Alle Schmuckstücke werden aus hochwertigen Materialien gefertigt und sind nach den speziellen Wünschen der Trauernden hergestellt. Selbstverständlich wird den Angehörigen das FingerabdruckModell einschließlich des Gussmodells nach Fertigung ausgehändigt. 5


MENSCHEN

&

MEINUNGEN

Im Einsatz: Marion Schadek und Alexander Schrumpf

Der doppelte Detektiv Oder: Wie würzt man nach Gehör?

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ir mögen sie alle. Ob Philip Marlowe, Magnum, Rockford oder den „neuen” Sherlock Holmes – sie sind unsere Helden im Kampf gegen das Böse. Doch Detektive gibt es nicht nur in Filmen und Romanen. Es gibt auch die „Echten”, doch deren Arbeitsalltag sieht völlig anders aus, wie Alexander Schrumpf, einer von ca. 5000 Sachermittlern in Deutschland, bei unserem Treffen erzählt. Der gebürtige Wiesbadener und Privatdetektiv mit Leib und Seele lässt dabei kein gutes Haar an den „Kollegen”, die vornehmlich im Privatfernsehen ihr Unwesen treiben. Besonders hat es ihm Karsten Stahl angetan, von dem die FAZ schreibt, dass er „überhaupt kein Detektiv (ist), im Grunde aber auch kein Schauspieler”. Auf jeden Fall ist er auffällig tätowiert, für Schrumpf eine klare Berufsbehinderung, denn ein Detektiv müsse in der Masse untergehen, quasi unsichtbar werden können. 6

Er muss es wissen, hat er doch diesen Beruf von der Pike auf gelernt. Auf das Abitur hat er verzichtet, dafür in Mainz eine mehrjährige Ausbildung hinter sich gebracht und 1995 als Jahrgangsbester seinen Abschluss als „Geprüfter Detektiv” bei der Zentralstelle zur Ausbildung im Detektivgewerbe (ZAD) gemacht. Dort ist er noch immer als Referent für Spurenkunde, Fangmittel und Berichterstattung tätig. Heute dauert die Ausbildung, die im dualen System angelegt ist, zwei Jahre und endet mit einer Prüfung vor der IHK. 1996 übernahm er dann in Wiesbaden die Detektei Adler, und ist seitdem als selbstständiges „Private Eye” für seine Kunden unterwegs. Am Anfang hieß es: Klinken putzen. Doch wie macht ein Detektiv das? Alexander Schrumpf hat beim naheliegenden angesetzt, sein Autohaus, sein Fitnessstudio und andere Firmen, mit denen er privat zu tun hatte, aufgesucht und seine Hilfe angeboten. Sich „tote Akten” geben lassen, säumige Zahler aufgesucht und Geld einge-

trieben. Mit der Zeit machte er sich einen Namen und wurde weiter empfohlen. Mittlerweile sind rund 90% seiner Aufträge Wirtschaftsdelikte, und das heißt: Diebstahl am Arbeitsplatz, Stechkartenbetrügereien, Mobbing oder Blaumacher, die woanders arbeiten. Für die Recherche muss er sich in Firmen als neuer Mitarbeiter einschleusen lassen, viele Stunden vor Häusern warten oder unterm Tarnnetz versteckt Plätze beobachten. Nicht immer ist es spannend, aber letztlich macht für Alexander Schrumpf die Faszination seines Berufes aus, dass er nie das Gleiche über einen längeren Zeitraum machen muss. Private Auftraggeber spielen kaum mehr eine Rolle. Und wenn eine Frau wegen ihres untreuen Ehemannes anruft, dann versucht er ihr klar zu machen, dass sie es eigentlich schon längst weiß und die Beauftragung eines Detektivs im Grunde nur eine Verlängerung ihres Leidens ist. Doch nicht alles läuft rund im Detektivgewerbe. Mal ganz abWIESBADENER

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gesehen von den täglichen Pseudo-Doku-Soaps im Privat-TV, die Detektive weitab jeglicher Realität zeigen, gibt es noch ein paar andere handfeste Probleme. Da ist zum einen die Tatsache, dass es sich nicht um einen geschützten Beruf handelt. Folglich kann sich jeder als Detektiv bezeichnen, was einige experimentierfreudige Mitmenschen auch tun; das führt nicht selten zu negativen Schlagzeilen, was ohne die richtige Ausbildung nicht weiter verwundert. Zum anderen ist da die neue „europäische Datenschutz-Grundverordnung”. Nach der hätten alle Detektive Berufsverbot, wenn sie konsequent umgesetzt würde, ist sich Alexander Schrumpf sicher. Denn für das Erheben personenbezogener Daten braucht es vorab das Einverständnis der betreffenden Person, was eine verdeckte Observierung unmöglich macht. „ Die Datenschützer können uns den Hahn zudrehen” befürchtet er – und schaut sich schon mal nach Alternativen um. Wie gesagt, der Wiesbadener ist Detektiv aus Leidenschaft, doch weiß er, dass noch andere Fähigkeiten in ihm schlummern. Nicht nur, dass er in seinem Fitnessstudio bereits einen Trainerschein erworben hat, nein – er hat auch ein Buch (mit-)geschrieben, natürlich einen Krimi und selbstredend mit einem Privatdetektiv in der Hauptrolle. Sechs Jahre hat es gedauert, bis das Buch erscheinen konnte. Den Plot hatte er schon 2011 skizziert, doch bei der Umsetzung brauchte er professionelle Hilfe. Da traf es sich, dass er mit der Autorin und Lehrerin Marion Schadeck wiederholt bei Schreibwerkstätten und für Nachwuchsautoren zusammenarbeitete, und so gewann er sie dafür, sich seiner Story anzunehmen. Gemeinsam firmieren sie nun als Autoren des Krimis „Kalte Köche –Mord im Möbelhaus”, der letztes Jahr beim Ingelheimer Leinpfad-Verlag erschienen ist. Die Hauptfigur heißt Alexander und ist Inhaber der Detektei Adler – doch mehr Verdoppelung der Realität sollte nicht Eingang finden in das Buch. Es wird gemordet – „sonst ist ein Krimi kein Krimi” -, und der Detektiv befindet sich mittendrin in dem unterirdisch gelegenen Küchenstudio eines großen MöWIESBADENER

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belhauses, zusammen mit einer illustren Schar von Personen, die als geladene Gäste kamen und allesamt zu Verdächtigen wurden, als der Star des Abends, ein bekannter Fernsehkoch, erhängt im Kühlraum aufgefunden wurde. Da gibt es den Chili-Oli, einen boden-

wie in Wirklichkeit, von einem Kriminalkommissar gestellt wird. Für Schrumpf ist es „mit Sicherheit nicht das größte Stück Literatur, das geschrieben wurde”, hat ihm aber so viel Freude gemacht, das bereits an einem Folgeband gearbeitet wird, diesmal mit einem Dritten im Bunde, Krimiautor Peter Metzdorf. Es geht um die Entführung einer Weinprinzessin an der Mosel, aber mehr soll noch nicht verraten werden. Bleibt zu hoffen, dass es diesmal nicht wieder sechs Jahre dauert, bis die Leser in den Genuss des zweiten Falles kommen. Aber auch um den Nachwuchs kümmert sich der umtriebige Sachermittler. Seit 1998 bietet er Detektiv-Veranstaltungen für Junior-Detektive an. Sie finden in Bibliotheken, Schulen, Kindergärten oder Vereinsheimen statt. Alexander Schrumpf liest aus „Kalte Köche“ am 14. Dezember 2018, um 20 Uhr im Tschillma/ Anders pausen in Wiesbaden, Adolfstraße 8, Einlass 19 Uhr

ständigen Naturburschen, Nancy, die kurzbeinige Winzertochter oder das Musiker-Trio „Kaffee, Milch und Zucker”, das mit ihrem neuesten Song „Würzen nach Gehör” brilliert. Alles in allem: „Kalte Köche” ist ein gut lesbarer Stoff mit originellen Typen, witzigen Dialogen und einem Täter, der am Schluss,

Vorverkauf: 5 € / Abendkasse 7 € Karten unter: 0611 – 450 52 52 oder info@tschillma.de www.detektiv-club.de Marion Schadek/Alexander Schrumpf: Kalte Köche. Mord im Möbelhaus. Krimi ISBN 978-3-945782-26-2, 168 S., Broschur, 10 €, Leinpfad Verlag, Ingelheim 7


KULTUR

&

KREATIVES

onalen Crowdfunding-Plattform „kulturMut“ der Aventis-Foundation, die der Kulturfonds seit 2016 unterstützt. Jetzt ist „kulturMut“ eine permanente Initiative, die freie Szene zu fördern, damit sie nicht durch etablierte Raster fällt. Jederzeit können sich Kulturprojekte bewerben unter www.kulturmut.de. Geschäftsführer Dr. Müller ist das Programm „KUNSTvoll“ wichtig, mit dem der Kulturfonds kulturelle Bildung und bleibende Strukturen an und mit Schulen unterstützt.

Das Museum Wiesbaden zeigt „Kompositionen“ von Piet Mondrian

Europäische Circuskultur und hochkarätige Blockbuster im Doppelpack Der Kulturfonds Frankfurt Rhein-Main goes Mondrian und Chillida

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anz schön viel Europa im Jubeljahr und ganz große Kunst – von Circus bis zu „Gastspielen“ aus den Niederlanden und Spanien. Seit zehn Jahren wirkt der Kulturfonds Frankfurt Rhein-Main als einzigartiges Erfolgsmodell und 8

fördert die „Leuchttürme“ der Region, kleine und große Projekte. „Kunst und Kultur sind ein Labor. Ein Labor, in dem die gesellschaftlichen Fragen aufgegriffen, veranschaulicht und vor allem zur Diskussion gestellt werden“, unterstreicht Geschäftsführer Dr. Helmut Müller. Good News von der regi-

„Dem Nachwuchs eine Chance“ war auch die Devise beim European Youth Circus. Schirmherr kein Geringerer als EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. Für „Circuskunst auf Augenhöhe mit der Hochkultur“ steht Johnny Klinke schon seit Jahrzehnten. Sein weltweit anerkannter „Tigerpalast“ feiert 30. Geburtstag und der Kulturfonds gratuliert dem langjährigen Juror des EYC zum höchstdotierten Kulturpreis in Deutschland. „In Europa ist das nicht kommerzielle Karrieresprungbrett Wiesbaden einzigartig und muß erhalten bleiben.“ Zum Gesamtbudget von 400 000 Euro steuerte der Kulturfonds Rhein-Main 100.000 Euro aus dem Schwerpunkt „Transit“ bei. Dr Müller ist überzeugt von dem „einzigartigen Juwel der Circuskultur mit seinen immer wieder neuen Facetten.“ Ein hübscher Coup ist der Kulturbrückenschlag des Museums Wiesbaden zum Gemeentemuseum Den Haag, den der Kulturfonds als erste Retrospektive von Piet Mondrian im Rhein-Main-Gebiet mit 60.000 Euro fördert. Schirmherr ist der niederländische Botschafter Wepke Kingma. Den Haag fragte in Wiesbaden an um Leihgaben des hiesigen „Hausgottes“ für die erste Expressionismusschau seit 20 Jahren in den Niederlanden und zeigt jetzt eine große Jawlensky-Schau. Im Gegenzug sind 60 Gemälde und Papierarbeiten des De Stijl-Mitgründers, weltberühmt für seine „Drei Farben-Lehre“ Rot, Gelb und Blau, als Weg des Malers in sieben Sälen zu erkunden: „Natur und Konstruktion“: In seiner WIESBADENER

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KULTUR

&

KREATIVES

ausgefeilt klugen Hängung zeigt Kurator Roman Ziegsgänsberger, daß Mondrians tiefgründige Landschaftsmalerei (mit Spiegelungen) und die sakral angehauchten Mühlen wie die „Oostzijder Mühle“ mit den Ikonen der Moderne sehr gut mithalten können. Im Hintergrund seines naturalistisch wirkenden, zu De Stijl-Zeiten entstandenen „Selbstbildnisses“ von 1918 ist das „Gitter“ gut zu erkennen. Was lange währt, wird endlich zur Blockbuster-Schau mit „Windkämmen“: Eduardo Chillida, der „Architekt der Leere“ aus der baskischen Partnerstadt San Sebastian-Donostia ist im Landesmuseum Wiesbaden der großformatig-gewichtige Stargast. „Es ist die größte Schau seit dem Tod von Eduardo Chillida im Jahr 2002 und mit 120 Werken seine größte, die es je in Deutschland gegeben hat. Über den Zuschuss von 220.000 Euro wurde keine fünf Minuten diskutiert“, ist Dr. Müller „sehr zufrieden mit der besonderen Beziehung zur Partnerstadt San Sebastian“. Der Geschäftsführer hat als früherer Stadtkämmerer und Oberbürgermeister eine spezielle

Dr. Müller vom Kulturfonds RFM mit dem Sohn von Eduardo Chillida

Beziehung zu Donostia und zu Ignacio Chillida, dem Co-Kurator von Museumsdirektor Dr. Alexander Klar. „Die Idee, einen der größten Bildhauer der Nachkriegszeit in Wiesbaden zu zeigen, stand seit zehn Jahren im Raum.“ Mehrere Tonnen gewichtig sind einige die Stahlgiganten wie „der Tisch des Architekten“, der augenscheinlich verblüffend „leicht“ wirkt. „Der Architekt der Leere“ Eduardo Chillida Jantegui hat in

Eduardo Chillida, Architekt der Leere, Proyecto para, Berlin, II 1999

Madrid, Paris und Hernani bei San Sebastian mit Eisen und Stahl gearbeitet, mit Granit und Alabaster wie beim „Lob an das Licht“. Die Hand als Motiv zieht sich durch sein Werk, zeigt sich auch an den ikonischen „Windkämmen“ von San Sebastian. Auch der Gurutz Aldare (Kreuz-Altar) von Sankt Peter Köln ist zu Gast in Wiesbaden. Die hervorragend kuratierte Schau dürfte ein Publikumsmagnet werden. Die Trilogie „Vertrauen verloren“ mit den deutschen Erstaufführungen „Der Bußfertige“ von Pulitzerpreisträger David Mamet, „Betrogen“ von Harald Pinter und der Bühnenadaption des Films „Toulouse“ von Autor David Schalko – mit dem früheren Ensemblemitglied Sybille Weiser als dreifach brillierende Protagonistin – wurde als Produktion des Staatstheaters Wiesbaden vom Kulturfonds unterstützt. „Erstmals haben wir das „Walhalla“ gefördert, das im früheren „Jazzhouse“ arbeitet und das „Exilfestival Minenfeld“ produziert hat.“ Die freie Szene geht beim Kulturfonds Rhein-Main also auch nicht leer aus. www.kulturfonds-frm.de Text und Fotos: Gesine Werner

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KULTUR

&

KREATIVES

New Optics Ausstellung des Wiesbadener Malers Edgar Diehl im MMK Hünfeld

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as Museum Modern Art Hünfeld wurde 1990 von dem polnisch-deutschen Künstler Gerhard Jürgen BlumKwiatkowski auf dem Gelände des alten Gaswerks in Hünfeld (Osthessen) gegründet.

Jürgen Blum war Schüler der ersten Konstruktivsten und Suprematisten, die in Russland und Polen lehrten. Mit einem konsequenten Ausstellungsprogramm, das sich auf die gegenstandsfreie, „Reduktive Kunst" konzentrierte, gelang es

ihm das Museum weltweit bekannt zu machen. Die Stiftung des Museums verfügt heute über 3000 Werke der Reduktiven Kunst. Seit 1995 wird das Museum von Günter und Peter Liebau geführt, die das Programm erweitert haben. Die Ausstellung „NEW OPTICS" wurde von Edgar Diehl kuratiert, der seit 1986 in der Walkmühle in Wiesbaden sein Atelier hat und mit eigenen Arbeiten teilnimmt. Er studierte am Städel in Frankfurt/ Main Malerei und Kunsttheorie und kuratiert neben seiner Arbeit als Maler und Bildhauer seit den 90er Jahren Ausstellungen. Er betont, dass das Auge eines bildenden Künstlers durch das tägliche Training geschärft sei, was die Beurteilung der Qualität von Bildwerken angeht. Entsprechend gezielt sind die Exponate dieser Präsentation ausgewählt.

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KULTUR

&

KREATIVES

Der Titel „NEW OPTICS" bezieht sich auf den Begriff OP-ART, der in den 60er-Jahren eine Kunst populär gemacht hat, die sich mit der visuellen Wahrnehmung des Menschen beschäftigt. Was man gemeinhin als optische Täuschung kennt, ist u.a. Grundlage dieser Kunst. Edgar Diehl, hat neue Ansätze der Optischen Kunst gesucht und wurde u.a. bei Kollegen in Melbourne (John Aslanidis) und New York (Daniel Hill, Gilbert Hsiao und Rob de Oude), sowie Neapel (Antonio Marra) und Fürstenfeldbruck (Roland Helmer) fündig. Die Ausstellung wird von der Fachwelt geschätzt. „NEW OPTICS" hat im Museum Modern Art Hünfeld ihre dritte Station gefunden und wird weiter wandern. Wenn 2020 die Sanierung der Walkmühle abgeschlossen sein wird, ist geplant, dass diese Ausstellung dort auch stattfindet. Zur Zeit sind auch in Wiesbaden neue Arbeiten von Edgar Diehl zu sehen.

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Für die Kunsthalle am Schulberg hat der Schweizer Kurator Thomas Keller sieben internationale Positionen medienübergreifender, audiovisueller Raumkunst ausgewählt. „Out of Shape“ läuft bis zum 16. Dezember und zeigt auf überraschende Weise Wandgestaltungen, 3DProjektionen und Reliefs, die das Phänomen Raum neu darstellen. Nichts wie hin! Infos unter: www.museum-modern-art.de

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KULTUR

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KREATIVES

Ein Klassiker kehrt zurück Die 7. Wiesbadener Night of Music

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s ist wieder so weit, im Dezember kündigt sich auch für 2018 die nun 7. Wiesbadener Night of Music an. Wie in den vergangenen Jahren wird mit frischem Wind, Stolz und Hingabe an der nächsten „Night” gefeilt. Vorweihnachtlich und unter dem Motto POP MEETS KLASSIK findet die Konzertreihe im Wiesbadener Kurhaus am Freitag, den 14.12. und Samstag, den 15.12.2018 statt.

Wiesbadener Sinfonieorchester e.V. unter der Leitung von Frank Segner, der Night of Music Band und dem stimmgewaltigen Five Seasons Chor aus – allesamt mit regionalen Wurzeln. Dieses Zusammenspiel macht die Night of Music zu etwas ganz Besonderem und schafft für alle Gäste ein wohl einzigartiges Musikerlebnis in historischer Kulisse des atemberaubenden Friedrich-von-Thiersch-Saals.

Zum 7. Mal nun zeichnet sich das musikalische Kultevent mit dem Leitfaden „Made in Wiesbaden” durch die Performances herausragender Solisten, dem 70-köpfigen

Die magische Zahl 7 hat einen besonderen Stellenwert; seien es die 7 Weltwunder, die Zahl 7 in unzähligen klassischen Märchen oder die schon seit Jahrhunderten bekannten 7 Himmelskörper.

So verspricht auch die 7. Night of Music ein magisches Event zu werden und verzaubert auch dieses Jahr tausende Musikliebhaber in der Vorweihnachtszeit. „Wir wollen die Gäste immer wieder neu überraschen, inspirieren und begeistern.”, sagen Michael Stein und Lothar Pohl, Geschäftsführer der Veranstaltungs- und Consultingagentur Palast Promotion. Freuen Sie sich auch dieses Jahr auf ein erlesenes Crossover-Programm aus Jazz, Rock, Pop und Klassik, das von großen Stimmen wie Dunja Koppenhöfer, Thomas Gundert, Lisa Bund, Chris & Taylor, Night Fever uvm präsentiert wird. Dieses Event bietet eine Show mit Unterhaltung auf höchstem Niveau. Lothar Pohl sorgt dabei als Moderator humorvoll für eine entspannte Abendunterhaltung. Lassen Sie sich verzaubern von einem unvergesslichen Abend mit vollem Programm und vielen musikalischen wie optischen Highlights. Kartenvorverkauf: Tourist Information Marktplatz 1, Wiesbaden TicketBox (Galeria Kaufhof) Kirchgasse 28, Wiesbaden oder online auf: www.wiesbaden-nightofmusic.de

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KULTOUREN

„Deine Menschenrechte werden 70. Aber sie werden von vielen Seiten angegriffen.” Amnesty-Sprecher Matthias Chalmovsky informiert über das Geburtstagskonzert von Beethoven-Preisträger Aeham Ahmad im Schlachthof.

Der neue Vorstand des Bellevuesaal-Vereins bereitet das SilberJubiläum im kommenden Jahr vor: Wolfgang Gemmer, Gottfried Hafemann, Dr. Isolde Schmidt, Christa Göppert und Thomas Roth (von links).

Frei und gleich an Würde und Rechten...

Künstlerische Projekte mit gesellschaftlicher Relevanz im Bellevuesaal peilen ihr Silberjubiläum an

Amnesty International feiert 70. Geburtstag der Menschenrechte mit einem Konzert des BeethovenPreisträgers Aeham Ahmad „Diskriminierung ist seit 70 Jahren verboten. Aber Ungleichbehandlung hat System“ weiß Wana Limar. „Freie Meinung wird 70. Aber sie zu äußern, wird immer gefährlicher“ sagt Idil Baydar. Der Jurist und Politiker Gerhart Baum verkündet „Dein Recht auf ein faires Gerichtsverfahren wird 70. Aber Willkür geht durch alle Instanzen.“ Die Menschenrechte feiern 70. Geburtstag! Am 10. Dezember 1948 beschloß die Generalversammlung der Vereinten Nationen die „Allgemeine Erklärung der Menschenrechte“. „Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren.“ Gleich im ersten Satz haben die UN jeder einzelnen Person – weltweit und unabhängig von Hautfarbe, Geschlecht, Sprache, Religion, politischer Anschauung sozialem Status, ethnischer und soziale Herkunft - die gleichen Rechte und Freiheiten zugesichert. Der britische Rechtsanwalt Peter Benenson gab mit seinem „Appeal for Amnesty“ 1961 den Anstoß zu Amnesty International. Die rund 20 Aktiven von Amnesty International Wiesbaden um Sprecher Matthias Chalmovsky ließen sich was einfallen. Zum 60. Geburtstag hatte die „Straße der Menschenrechte“ auf den Säulen der Theaterkolonnaden die Artikel in den Blick gerückt. Zum 70. Jahrestag hatte Amnesty auf dem Luisenplatz das „Lieblingsbuch in XXL-Version“ aufgestellt. Die Aufmerksamkeit sollte auf die einzigartige Deklaration gelenkt werden, deren Errungenschaften immer mehr in Frage gestellt werden Wer in die Stadtmitte kam, hatte die Menschenrechte im Blick. Am 30. November strahlte St. Bonifatius in blauem Licht im Rahmen von „Cities for Life – Städte für das Leben“. Wiesbaden hat sich als eine von über 2000 Städten der Aktion von Sant´Egidio zur weltweiten Abschaffung der Todesstrafe angeschlossen. „Und die Vögel werden singen...“ Zu „Music for Hope“ mit Beethovenpreisträger Aeham Ahmad laden Amnesty und vhs Wiesbaden am 10. Dezember in den Schlachthof. info@amnesty-wiesbaden.de www.anmesty-wiesbaden.de Text und Foto: Gesine Werner WIESBADENER

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Kunst darf Spaß machen, auch wenn sie von „gesellschaftlicher Relevanz“ ist und im noblen Bellevuesaal gezeigt wird. Kulturdezernent Axel Imholz zeigte sich bei der Eröffnung der dritten Gemeinschaftsschau von Björn Drenkwitz und Dominik Halmer beeindruckt. Der freie Kurator Sergey Harutoonian, vom MMK Frankfurt zum Kunstverein Hannover gewechselt und langjährig bekannt mit dem ausstellenden Duo, würdigte in seiner erfrischenden Kurz- Laudatio die Doppelpräsentation „Intercourse“ als einen Pas des deux. Dominik Halmer, dem zeitgleich im Projektraum des Museums eine Schau mit aktuellen Werken gewidmet ist als Vorgriff auf die große Schau moderner Malerei in Deutschland im kommenden Jahr, lotet mit seinen mobilen Bildobjekten die Grenzen der Malerei aus. Visuelle Experimentierfreude - mit freundlichen Grüßen von M. C. Escher. Die gewitzte Erweiterung ins Dreidimensionale spielt mit Sehgewohnheiten, wechselt den Kontext, provoziert Assoziationen und macht vor Gartenschlauch, Bällen oder Hulahoop-Reifen nicht halt. Der Frankfurter Björn Drenkwitz ist vom Phänomen „Zeit“ fasziniert und nutzt diverse Medien und Erkenntnisse, auch aus der Medizin und anderen Naturwissenschaften. Mit dem Verfahren der Cymaskopie können Töne als Wellen auf einer Wasserfläche sichtbar gemacht werden. Die visuelle Komposition regt zu meditativer Betrachtung an. „First Cry - Last Breath“, der „erste Schrei“ und der „letzte Atemzug“ ist ein Diptychon mit den Sinnbildern für Leben und Tod. Zwölf Taschenuhren bilden einen Kreis: „As time goes by“. Das Motto gilt auch dem Kunstverein Bellevue-Saal, der 2019 auf sein Silber-Jubiläum zusteuert. Dem aktuellen Vorstand gehören neben dem 1. Vorsitzenden Wolfgang Gemmer und dem Vizevorsitzenden Thomas Roth, auch Schatzmeisterin Christa Göppert sowie Dr. Isolde Schmidt, Gründungsmitglied Gottfried Hafemann, Nicole Ahland und Dr. Anja ScherdronModig an. Am 27.Mai 2019 wird die Jubiläums-Schau von Micha Laury aus Paris eröffnet.. www.kunstverein-bellevue-saal.de Text und Foto: Gesine Werner 13


KULTOUREN

Konzertpianistin Sigrid Jennes-Müller, Vizevorsitzende der BrahmsGesellschaft, und ihre Tochter Tabea Rotter am Violoncello bei der Hommage an Ethel Smyth.

Familienbande inspirieren eine gelungene Hommage an den „weißen Raben“ Ethel Smyth George Bernard Shaw befand: „Ihre Musik ist männlicher als die von Händel!“ Mit Edward Grieg und Tschaikowsky stand Ethel Smyth auf freundschaftlichem Fuß, war mit Clara Schumann bekannt. Mit Brahms, der weibliche Kreativität als Konkurrenz ablehnte, diskutierte sie über komponierende Frauen. Vier ihrer sechs Opern wurden in Deutschland uraufgeführt. Zu ihrem 160. Geburtstag machte sich Brahms-Gesellschaft verdient um die hochkarätige viktorianische Komponistin, Autorin, Dirigentin und widmete der couragierten Suffragette ihre klingende Hommage „Weißer Rabe – die Komponistin und Schriftstellerin Ethel Smyth“. Die dramaturgisch ausgefeilte Zeitreise in Klang und Wort hatte ein weibliches Duo entwickelt. Mit Blick auf das Jahres-Thema „Familien-Bande“ und das Jubiläum „100 Jahre Frauenwahlrecht in Deutschland“ war die Matinee ein Coup, denn der gemeinsame Auftritt von Mutter Sigrid Jennes-Müller und Tochter Tabea war eine äußerst gelungene Premiere. Ein Genuß, dem offenkundig bestens aufeinander eingespielten Duo zu lauschen. Tabea Rotter, Gründerin des auf Kammermusik spezialisierten Picea-Ensembles, verführt mit wunderbar warmem Ton zum Wegträumen. Pianistin Jennes-Müller, Vizevorsitzende der Brahmsgesellschaft, wußte mit einfühlsam variationsreichem Spiel zu begeistern. Das Publikum atmete mit und spendete freigiebig Applaus. Ethel Smyth, der `weiße Rabe` unter den schwarzen Raben Komponisten, dürfte die Matinée gefallen haben. Mit dem „musikalischen Advent á la Brahms“ in familiärem Rahmen an historischem Ort startet die Brahmsgesellschaft ein neues Format. Gäste dürfen gerne mitwirken, ob Musikbeitrag oder Gedicht. Am 9. Dezember beginnt um 16 Uhr die finale Veranstaltung, mit der das Jahresmotto „Familienbande“ einmal gelebt wird. info@brahms-gesellschaft.de oder: Dr. Frieder Schwitzgebel, Telefon 06133 – 509541.

Zwei Kolleginnen, die Leseförderung betreiben und gerne gemeinsame Sache machen: Gudrun Olbert (Büchergilde) und Jutta Leimbert (Vaternahm) wurden mit dem deutschen Buchhandlungspreis 2018 ausgezeichnet.

Kreative Leseförderung an buchstäblich ausgezeichneten Orten der Kultur der Stadt Chapeau! Erstmals ging der deutsche Buchhandlungspreis nach Wiesbaden - und das gleich im Doppelpack. Monika Grütters, die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur Medien, vergab die mit 7000 Euro dotierten Ehrungen in der Kasseler Documenta-Halle. Gudrun Olbert nahm die Urkunde für ihre Büchergilde in Empfang, Jutta Leimbert für ihre Buchhandlung Vaternahm. Beide hatten sich zum zweiten Mal beworben und wurden mit dem Prädikat „deutscher Buchhandlungspreis 2018 – ausgezeichneter Ort der Kultur“ gewürdigt. Die Fachfrauen sind sich einig, treffen ihre Auswahl bewußt „jenseits von Bestsellerlisten und TalkshowEmpfehlungen. Wir gehen nach unserem Geschmack und dem unserer Stammkundschaft“, berichtet Gudrun Olbert. Leseförderung wird groß geschrieben. Wenn wir Kinder zum Lesen bringen, ist das unser größtes Lob.“ Jetzt kommt schon die nächste Generation zu den Expertinnen. Gemeinsame Sache wird auch gemacht. Das Pilotprojekt mit dem schottischen Autor Martin Walker war erfolgreich und wird 2019 fortgesetzt. „Wir müssen nicht alles alleine können“, schmunzelt Jutta Leimbart. Bei den „sechs Richtigen“ ist das Duo auch engagiert und lädt am 14. Februar 2019 zu „Very british“ in die Villa Clementine. Gudrun Olbert hatte den gefragten Pianisten Aeham Ahmad aus Yarmouk in den Hinterhof-Palazzo von Mary Lou Sullivan-Delcroix gelotst. Michael Stein las aus dessen Autobiographie „Und die Vögel werden singen“. Das Publikum lauschte dem berührenden Spiel des Beethovenpreisträgers. Bis zum 29. Dezember zeigt die Kellergalerie der Büchergilde noch die Schau „Schein und Zeit“ von Ludwig Knobloch. www.buechergilde-wiesbaden.de www.buchhandlung-vaternahm.de Text und Foto: Gesine Werner

Text und Foto: Gesine Werner 14

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„Schwarz-Rot-Petticoat beim CCW: Pianist Waldemar Martynel, Klaus Krückemeyer, Annette Luig, CCW-Clubpräsident Andreas Guntrum und Wolfgang Vater im närrischen Foyer.

Fair Lady in schwarz-rotem Petticoat CCW startet mit Karacho furioso in die Jubiläumssaison Wenn die „fair Lady“ sich in schwarz-güldenen Petticoat wirft, trifft sie auf die närrische CCW-Mischpoke. Erster Akt: „Die Sprache macht den Menschen, die Herkunft macht es nicht.“ Klingt nach Pisa-Studie, stammt aus Shaws „Pygmalion“ und ist der Markenkern von „My fair Lady“. Das soziokritische „Evergrün“ hat Beka Savic am Musentempel inszeniert. Die Aschenputtel-Story der Berliner Göre Eliza Doolittle, von Sprachdiktator Henry Higgins auf Lady getriezt, spielt in nostalgischem Ambiente. Der sarkastische Professor, gut besetzt mit Intendant Uwe Eric Laufenberg, lernt als Gefühls-Analphabet von „seinem“ Geschöpf Eliza (Mira Benser) Menschlichkeit. Uwe Kraus, Michael Birnbaum und Klaus Krückemeyer verdienen sich Szenenapplaus. Beim zweiten Akt im knallvollen Vierfarbbunt-Foyer blieb kein Auge trocken. Die Großfamilie des Carneval Clubs Wiesbaden 1954 e. V. steuert mit Karacho ins Jubiläum: „65 und kein Ende – Narren gehen nie in Rente“. Club-Präsi Andreas Guntrum und Sitzungspräsi Michael Wink sind mit Pfiff das perfekte Gespann, das Theo Baumstark, Wolfgang Landsberger & Heinz Jaekel zu Schelmen kürte. Hans-Dieter Hormann & Joachim Thiemann sind Ehren-Komitäter. Parole: „Schwarz-Rot-Petticoat“. Drei kleine Italiener waren da und ohne Krimi ging die Mimi nie ins Weiße Rössel. Dem genialen Dreigestirn der CCW-Ehrenmitglieder Klaus Krückemeyer, Annette Luig und Wolfgang Vater samt Tastenlöwe Waldemar Martynel liegt der Saal zu Füßen. Lustvoll kredenzte 50erJahre-Hits kitzeln einen erstaunlich textsicheren Chor hervor mit Schunkeln querbeet. Ohne Zugabe kommen die Goldkehlchen nicht davon. Am 8. Februar 2019 wird zur Närrischen Riesling-Gala & Weinparty gebeten, am 9. Februar 2019 tobt die große CCW-Kostümsitzung im Kurhaus.

So bleibt Dieter Werner in Erinnerung. Das Geburtstagskind hatte zum „Freundschaftsfest” mit Talkrunde zum Pflegenotstand geladen: Rudi Sanner, Professor Dr. Joachim Thüroff, Yvonne Dintermann, Monica Schwarz, Gastgeber Dieter Werner, Professor Dr. Jens Lutz und Pfleger Hans-Georg Nagel (von links) auf der Kurhausterrasse der Kuffler-Gastronomie „Lambertus”.

Abschied von Dieter Werner, ein vielseitig engagierter Benefizorganisator und Medienmann mit Herz Als langjährig von Herzen engagierter Benefiz-Organisator (Ein Herz für Kinder, Unicef, Multiple-Sklerose-Bund, Stiftung Mainzer Herz) hatte Dieter Werner am 23. Mai seinen 87. Geburtstag zum Freundschaftsfest definiert. Motto: „Medizin trifft Musik“ Neben musikalischen Größen wie „the Voice“ Joan Faulkner, Tastenlöwe Gustav Csik, Wolf Dobberthin & Tom Woll waren Medizinkoryphäen wie Professor Dr. Joachim Thüroff, Professor Dr. Thomas Münzel und Professor Dr. Jens Lutz geladene Gäste. Dieter Werner als Initiator und Gründungsvorstand der Deutschen Stiftung Niere und Harnwege e.V. war vom Langzeitproblem „Pflegenotstand“ umgetrieben. Der hoch dekorierte Bundesverdienstkreuzträger hatte Fachleute aus Medizin und Pflege auf die Kurhaus-Terrasse der neuen Kuffler-Gastronomie Lambertus geladen zur Talkshow mit Appellcharakter. Seine Botschaft - den Zusammenhalt der Gesellschaft nicht aufs Spiel setzen und die medizinisch-pflegerische Versorgung besser wertschätzen. In der Mainzer Uniklinik ist Dieter Werner, der sich der französisch-deutschen Wurzeln seiner Herkunftsfamilien Noldé und Werner sehr bewußt war, nach schwerer Krankheit gestorben. Mit einer sehr berührenden Trauerfeier in der Marktkirche, wo ihn der frühere Mainzer Uniklinik-Chefarzt Professor Thüroff, Präsident der Internationalen Urologie-Societät und NierenstiftungsChef, als Benefaktor, Mäzen und Menschenfreund rühmte, wurde Dieter Werner verabschiedet. Ein kleiner Kreis Vertrauter gab ihm auf dem Sonnenberger Friedhof das Geleit, wo er neben seiner 2014 verstorbenen Frau Chris Brady seine letzte Ruhe fand. Mit dem Paar seit Jahrzehnen befreundet, sang Weltstar Joan „for Dieter“ am offenen Grab noch einmal einen Lieblingssong des Verstorbenen: „When the saints go marching in“.

www.ccw-info.de Text und Foto: Gesine Werner WIESBADENER

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KULTOUREN

Fußgängerzone fertig – Freigabe der Hochstättenstraße mit „großem Bahnhof“ Es tummelt sich neben den SEGGeschäftsführern Roland Stöcklin und Andreas Guntrum auch fast beschlußfähig der Magistrat mit OB Sven Gerich, den Dezernenten Christoph Manjura und Andreas Kowol, Stadtrat Helmut Nehrbaß und Parlaments-Chefin Christa Gabriel (von links).

Mosaikstein für die Parallelwelt zur Fußgängerzone Hochstättenstraße freigegeben . Zum Schluß ging es dann doch recht schnell. Die Neugestaltung der Fußgängerzone ist nach 15 Jahren jetzt abgeschlossen. Eine „Attraktivitätszone für urbanes Leben, Handel, Einzelhandel Gastronomie und Dienstleistungen“ soll jetzt hier „in Topform angeboten werden in den Straßen und auf den Plätzen.“ Stadtrat Andreas Kowol weihte mit Stadtrat Christoph Manjura die neuen alten Wege ein, die als „wichtiger Baustein“ für hohe Aufenthaltsqualität der Innenstadt stehen – Hochstättenstraße und Gemeindebadgäßchen. Der Umweltdezernent verweist auf neue Freifläche mit Baumbepflanzung. Beide Straßen haben neue Beleuchtungsanlagen, analog zu den Bauabschnitten Schulgasse und Kleine Schwalbacher Straße wurden Natursteinplatten verlegt und die Mittel-Rinne entwässert. Eingänge sind barrierefrei ebenerdig angebunden. Die Gesamtkosten von 650.000 Euro sind abgefedert durch 400.000 Euro aus dem Städtebauförderprogramm „Aktive Kernbereiche“. Die Stadtentwicklungsgesellschaft SEG steuerte das Bauprojekt. 2003 hatte das Stadtparlament das Langzeitprojekt der neuen Fußgängerzone beschlossen. Rund 25.000 Quadratmeter Fläche sind insgesamt als sogenannte „neue“ Fußgängerzone fertig für einen Kostenpunkt von etwa 15 Millionen Euro. SEG-Geschäftsführer Andreas Guntrum nannte die Bedeutung „der Parallelachse“ beim ersten Spatenstich vor einigen Monaten „ein großes Ziel für die Innenstadt. Wir schaffen eine Parallelwelt zur Fußgängerzone und die Umgestaltung dieses Nebenbereiches ist als Mosaikstein ein wichtiger Teil der ganzen Planung.“ Text und Foto: Gesine Werner

An Zugaben nie genug: Hausherrin Mary-Lou Sullivan-Delcroix und Theater-Urgestein Gottfried Herbe begeisterten im HinterhofPalazzo bei ihrer Hommage an Gottfried von Einem wie erwartet als Dreamteam.

Der feuerspeiende Hermelinbär und der mozärtliche Gottfried von Einem im HinterhofPalazzo Der „feuerspeiende Hermelinbär” war zu Gast im Westend und heimste jede Menge Applaus ein. Ein mozärtlicher Puccini traf auf Verdi und Schubert und Alma Mahler– die dem Komponisten in New York die Partitur von Mahlers 10. Sinfonie schenkte – und ein Gesamtkunstwerk wurde dem genüßlich lauschenden Publikum zuteil. Die spartenverbindende Serenade für Gottfried von Einem zum 100. Geburtstag ging als funkelndes Juwel über die Bühne des HinterhofPalazzos. Eine seelenvoll aufspielende Konzertpianistin Sigrid Jennes-Müller und die mit strahlendem Sopran bezaubernde Hausherrin Mary Lou Sullivan-Delcroix feierten das Geburtstagskind mit dessen Kompositionen, Liedern von Gemahlin Lotte Ingrisch, Vertonungen (Heine, Goethe, Rilke und M. Claudius) „Ich wandle unter Blumen...” Publikumsliebling Gottfried Herbe, auf den Brettern im Staatstheater zu erleben (Floh im Ohr/Schade, daß sie eine Dirne war), kam nach seiner wunderbar ausdruckstarken Lesung aus von Einems Autobiographie und Lotte Ingrisch-Texten nicht ohne Zugaben von der Bühne Von wegen „Imbezil.” Auch die Sonntags-Gala zum Jubiläum mit „love-duets and other songs”, von der charismatischen Hausherrin mit dem Tenor Christopher Patrick Ryan (Staatstheater Darmstadt) und dem sensibel begleitenden Konzertpianisten Wolfgang Stifter im HinterhofPalazzo wurde vom Publikum ausdauernd gefeiert. Mit dem Jubilieren der beliebten Vielsaitigkeits-Sopranistin geht es bis zum Jahresende munter weiter. Ihre „Werkstatt für Gesang, Spiel und Sprache” im Hinterhof-Palazzo ist eine bundesweit einzigartige „Institution” und besteht Anno 2018 runde 35 Jahre. Nicht vergessen: Am 18. Dezember wird die beliebte Tradition des „Chrismas Caroling” wieder gepflegt. Rentier Rudolf mit der roten Nase ist da und ein Hauch von Loriot könnte auch wehen. Früher war mehr Lametta? Ach was. www.hinterhof-palazzo.de Text und Foto: Gesine Werner

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KULTOUREN

Die Zukunft ist weiblich. Prof. D. Matthias Kleiner, Minister Prof. Dr. Konrad Wolf sowie Unipräsident Prof. Dr. Georg Krausch und Dezernentin Marianne Grosse (von links) nehmen die neue RGZMGeneraldirektorin Univ-Professorin Dr. Alexandra Busch in ihre Mitte.

Der nachtblaue Wiesbaden-Becher ist ein beliebtes Sammelobjekt. Die drei Lilchen Jasmin Rust, Svenja von Rossum und Leonie Tomann (von links) zeigen die Tasse 2018 mit dem RheinMain CongressCenter.

Die Zukunft ist weiblich

Lichterglanz im Advent beim 17. Sternschnuppenmarkt

Römisch-Germanisches Zentralmuseum in Mainz hat mit Generaldirektorin Professorin Dr. Alexandra Busch erstmals eine Frau an der Spitze So viel Aufbruch war nie. Kaum wurde – 15 Monate nach Grundsteinlegung – das Richtfest zelebriert für den 51,4 Millionen-Neubau der renommierten Forschungseinrichtung, da feiert das Römisch-Germanische Zentralmuseum RGZM und Leibniz-Forschungsinstitut der Archäologie eine Premiere. Die Zukunft ist weiblich. Das RGZM hat mit Universitäts-Professorin Dr. Alexandra Busch jetzt eine Generaldirektorin. Nach 166 Jahren und sieben Generaldirektoren wurden die Zeichen der Zeit erkannt. Erstmals leitet eine Frau die weltweit anerkannte Forschungsinstitution. Prof. Dr. Konrad Wolf sprach als Wissenschaftsminister von einer neuen Ära mit einer Käptenin, die den Kurs auf der Brücke des „ziemlich behäbigen alten Tankers“ bestimme und gemeinsam mit der Universität Mainz berufen wurde. Beim „Manövrieren in unkartierte Gewässer“ wünsche er der neuen Chefin Mut zum interdisziplinären Arbeiten. „Tolle Frau!“ dachte Dezernentin Marianne Groß in Vertretung von OB Ebling nach der Lektüre eines Zeitungsinterviews „an diesem für die Stadt Mainz so besonderen Tag, der in die Zukunft weist.“ Die RGZMLeitung komme in kompetente, erfahrene Hände. Die Institution leuchte aus der „Wissenschaftsstadt Mainz“ in die Welt. „Sie wird es großartig machen!“ Uni-Präsident Prof. Dr. Georg Krausch wünschte der „lieben Alexandra“ in der Umbruchphase des RGZM – „eine wunderbare Gelegenheit zum Gestalten“ – neben der „richtigen Kombination von Herz und Härte“ auch „das nötige Quäntchen Glück.“ Der ersten RGZM-Generaldirektorin selbst sind erhöhte Sichtbarkeit, interdisziplinäre Kooperationen, der Bildungsauftrag „für Menschen aller Lebensalter“, Wissenstransfer und Profilschärfung wichtig. Sie will „einen Ort für gesellschaftlichen Austausch schaffen in Mainz.“ Und sie plant nachhaltig: „In den kommenden 24 Jahren baue ich auf kollegiale Zusammenarbeit.“ Text und Foto: Gesine Werner

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Adventsstimmung in der Stadt mit dem „weihnachtlichsten Markt“ in ganz Deutschland. Bis zum 23. Dezember lädt der stilvoll gemütliche Sternschnuppen-Markt mit seinen blaugoldenen Budengassen in der 17. Saison ein. Das Gelände zwischen Rathaus, dem eingerüsteten Landtag und Marktkirche wird wieder zum „Wiesbadener Winterwunder“. Die handgeschnitzte Krippe mit den lebensgroßen Figuren steht als Publikumsmagnet bis zum 6. Januar 2019 vor dem Rathaus. Nach dem Fest ist die Weihnachtskrippe im „Schaufenster“ aus Acrylglas eingehaust. Der imposante Weihnachtsbaum mit blaugüldenen Schleifen und 3000 umweltfreundlichen LEDLämpchen lädt ins Herz der Stadt. So laden 138 blaugoldene „Knusper“-Häuschen mit Gaumenschmaus von süß bis herzhaft und vielfältige Geschenkideen zum entspannten Bummeln ein. Von Schmuck bis Tee und Baumschmuck wird alles geboten. Fünf neue Stände bieten Kunsthandwerk, Korbwaren, Windfänger und Holzmosaike an. Die Marktkirche wird illuminiert und lädt ein zu Orgelmusik und Weihnachtsliedern vom Carillon. Stadtpfarrerin Anette Kassing bietet eine Kirchen- und Krippenführung an Kinderbetreuung offeriert die evangelische Familienbildungsstätte. Die nachtblauen Wiesbaden-Becher mit Reliefdekor zeigen heuer das mehrfach ausgezeichnete RheinMain CongressCenter. Das beliebte Sammelobjekt geht mit 30.000 Tassen an den Start. Die Bühne vor dem Rathaus wird zum Adventskalender und öffnet täglich ein Türchen. Es gibt Italienische, Amerikanische und Russische Weihnachten. Auf dem Platz geht es rund im Kinderkarrussel und der Mini-Eisenbahn. Lilienleuchten und Adventsglanz gibt es in der Fußgängerzone und an der Wilhelmstraße. Das Sternschnuppenmarkt-Busticket gibt es bis zum 23. Dezember für 4,50 Euro, Kinder zahlen 2,70 Euro. Text und Foto: Gesine Werner

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KULTUR

&

KREATIVES

Stepdance, Dokufilm und Gesang steht auf dem Spielplan (7.12.). „Der Blaue Vogel oder Die Suche nach dem Glück“ nach Maurice Maeterlinck, der die Holzfällerkinder Mytyl und Tyltyl auf eine traumwandlerische Reise ins Land der Erinnerung schickt (15.12.), besticht durch Poesie. Ein überraschendes Wiedersehen beschert „Velvet“Spieler Branko Stanisic, der in den Neunziger Jahren zum Ensemble gehörte und erfreulicherweise an Bord ist. Tolle Nachricht: Die unvergeßliche Produktion „der Zauberlehrling“ wird nach langer Zeit wieder aufgenommen. Velvet-Legende Bedo Hanys studiert seinen Part mit seiner Nachfolgerin ein und machte mit einem Proben-Ausschnitt neugierig auf die Premiere.

Die jubilierenden „Velvets” Bedo Hanys und Dana Bufkova umrahmen Tochter Barbara Naughton, die künstlerische Leiterin des Hauses.

Einzigartig zauberhafte Puppenspiel-Pantomime feiert Doppel-Jubiläum Die samtenen „Velvets“ betören seit 40 Jahren mit dem „Kleinen Prinzen“ und seit 30 Jahren mit der mozärtlichen „Zauberflöte“

Am 2. Dezember (18 Uhr) und zu Weihnachten, am 25. Dezember (18 Uhr) wird der kleine Prinz sein Publikum berühren.

Wenn der Kleine Prinz der Zauberflöte poetische Töne entlockt, klingt das nach den „Velvets“. Die „Samtenen“ können Jubiläum feiern - gleich im Doppelpack. Sie sind einfach puppenspiel pantomimisch zauberhaft und überraschten die Ehrengäste ihrer Kulturpreisverleihung im Rathausfestsaal mit der live gespielten Schlüsselszene aus dem „kleinen Prinzen“. Der lernte bekanntlich vom Fuchs: „Man sieht nur mit dem Herzen gut.“

Weltweit mit Auszeichnungen gewürdigt und in Deutschland singulär, hatte das Schwarze Theater in Anwesenheit on Wiesbadens First Lady Christa Gabriel die WinterSpielzeit eröffnet mit „einem Blick in die Zukunft“. Als Frau von Stil war die Stadtverordnetenvorsteherin nicht mit leeren Händen gekommen und übergab Hausherrin Barbara Naughton eine „stille“ Zuwendung.

Der blaublütige Klassiker, der schon als Handpuppe Seele ausstrahlt, erblickte vor 40 Jahren das Bühnenlicht. Bedrich Hanys und Dana Bufkova, Puppenbauerin Marianne Fink und Bühnenbildnerin Ursula Gielnik schufen die unschlagbare Originalversion (Bühne, Kostüm, Maske), die genauso von den Velvets bis heute gespielt wird. 18

Die gewitzte Velvets-Version von „Schneewittchen und den 7 Zwergen“ geht am 16.12. um 15 Uhr über die Schwarzlichtbühne. Die Velvets können auch Oper. Ihr unnachahmliches „Spiel in Schwarz“ adelt die Eigenfassung der mozärtlichen „Zauberflöte“ mit den Berliner Philharmonikern und „Tamino“ Dietrich Fischer-Dieskau Zu Weihnachen, am 26. Dezember (18 Uhr) feiert die Velvets-Version ihren 30. Geburtstag. Am 28. Dezember geht mit dem Klassiker „Momo“ das Jahr 2018 zu Ende. „Wir schlagen in unseren Inszenierungen immer die Brücke vom Herzen zum Kopf und von der Bühne zum Publikum.“ www.velvets-theater.de Text und Foto: Gesine Werner Bei den „Samtenen” Bedo Hanys und Dana Bufkova ist Velvetspieler Branko Stanisi´c wieder mit an Bord und läßt die Puppen tanzen (von links).

Die Lebens- und AuftrittsGeschichte(n) der 1967 gegründeten „Samtenen“ aus dem Goldenen Prag bieten jede Menge Stoff. Nicht von ungefähr sind die Velvets eingebunden in das Oral historyProjekt „Erlebte Geschichte & Geschichten“ des Stadtarchiv-Fördervereins. Ihre spannende autobiografische Revue „Grenzen-Los“ mit Schwarzem Theater, Schauspiel, WIESBADENER

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KULTUR

Für „my Fair Lady” haben sie sich in Schale geworfen: Ungar Zoltan (Klaus Krückemeyer), Oberst Pickering (Uwe Kraus), Eliza Doolittle (Mira Benser) und ihr Vater (Michael Birnbaum).

&

KREATIVES

Ein Autogramm der „Herzkönigin” Annabelle Mierzwa, kurz zuvor von „von Alice im Wunderland” auf der Bühne besucht, ist bei den Kindern nach dem Weihnachtsmärchen sehr begehrt.

Maria Stuart mit Fair Lady und dem Floh im Ohr bei Alice im Wunderland von Faust und den Meistersingern Theaterdonner auf den Bühnen in Wiesbaden, Mainz und Darmstadt Die Sprache macht den Menschen, die Herkunft macht es nicht.“ Klingt nach Pisa-Studie, ist von G. B. Shaw, steht in seinem „Pygmalion“, ist der Kern im soziokritischen Evergrün „My Fair Lady“, von Beka Savic am Wiesbadener Musentempel neu eingerichtet. Die Aschenputtel-Story der Blumen-Göre Eliza Doolittle (stimmlich darf Mira Benser noch zulegen), vom sadistisch angehauchten Sprachdiktator Higgins auf Lady getriezt, spielt in nostalgischem Ambiente. Als Analphabet der Gefühle kann sich das professorale Trockenbrötchen, typgerecht gegeben von Intendant Uwe Eric Laufenberg, von „seinem“ Geschöpf Eliza was abgucken an Humanität. Der soignierte Oberst WIESBADENER

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Pickering (Uwe Kraus), Müllkutscher-Vater Doolittle (Michael Birnbaum mit Tom Waits-Röhre) und der köstlich ölige Paprikaprinz Zoltan (Klaus Krückemeyer) werden für ihre Kabinettstückchen gefeiert. Ein rares Vergnügen bereitet Uwe Eric Laufenbergs Feydeau-Inszenierung „Floh im Ohr“ mit einem Bühnen-Urgestein. Gottfried Herbe kennt ebenso wie Gemahlin Evelyn M. Faber keine Gnade – das halbseidene Rotlicht-Hotelduo ist zum Niederknien. Der „doppelte“ Michael Birnbaum als Chandebise & Poche ist bravourös, Uwe Kraus steht ihm nicht nach, Benjamin Krämer-Jenster kriegt den Drehwurm im Bette, Mira Benser & Llewellyn Reichmann sind als ziemlich beste Freundinnen am Chaos schuld.

Daß sich das Hessische Staatsballett auf faszinierenden Tanz versteht, belegt nicht nur der Theaterpreis FAUST, den gerade der „beste Darsteller Tanz“ Ramon A. John als „Wanderer“ in Tim Plegges „Winterreise“ hoch verdient bekam. Die Companie wurde ausdrücklich gefeiert für die exzellent umgesetzte Choreographie „Sadeh 21“ (hebräisch für „Feld“) des großen Israelis Ohad Naharin. Vielfältig bestechende Szenen zwischen Zartheit und Gewalt tanzt das Ensemble mit technischer Brillanz spürbar leidenschaftlich. Irritierend und schade, daß ein filmischer „Abspann“ das Verbeugen der Companie zum anhaltend applaudierenden Publikum ersetzte. 19


KULTUR

&

KREATIVES

„Ein Freund, ein guter Freund...” In Mainz sind die stimmkräftigen „Comedian Harmonists” Alin Deleanu, Johannes Mayer, Steven Ebel, Peter Felix Bauer und Stephan Bootz (von links) mit ihrem „kleinen grünen Kaktus” ins Große Haus umgezogen.

Zu Weihnachten guckt „Alice im Wunderland“ rein. Carsten Kochan hat den Dauerbrenner von Lewis Carroll mit der Grinsekatze, die ein veritabler Kater (Deryl Kenfack) ist, kindgerecht inszeniert. Neben der quirligen Alice (Jessica Krüger) macht Annabelle Mierzwa als „Herzkönigin“ und Blaue Raupe mit warm timbrierter Stimme auf sich aufmerksam. Die „Meistersinger von Nürnberg“ sind bei Regisseur Bernd Mottl in Wiesbaden ein gebrechlicher

Altherrenclub, den der MotorradRitter Walther von Stolzing (stimmstark: Marco Jentzsch) mit freundlicher Unterstützung von Hans Sachs (souverän: Oliver Zwarg) überzeugt. Nur so kann er die wunderbare Betsy Horn (Eva Pogner) gewinnen. Margarete Joswig (Magdalene), KS Thomas de Vries (ein herrlicher Beckmesser) und Erik Biegel (ein anrührender David) runden das hochkarätige Ensemble ab. GMD Patrick Lange dirigiert das klangschöne Orchester und den bestens disponierten Chor.

Für ihre grandiose Choreographie „Soul Chain”, kraftvoll-intensiv vom tanz mainz-Ensemble auf der Bühne gelebt, wurde Sharon Eyal mit dem Theaterpreis „Der FAUST” gewürdigt.

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Blick nach Mainz

Good News in Mainz: Das Kleine Haus war jedes Mal proppenvoll ausverkauft, also haben die stimmkräftigen „Comedian harmonists“ ein geräumigeres Quartier bezogen. „Ein Freund, ein guter Freund...“ heißt es jetzt bei den Goldkehlchen Alin Deleanu, Johannes Mayer, Steven Ebel, Peter Felix Bauer und Stephan Bootz im Großen Haus. Nicht ohne ihren „kleinen grünen Kaktus“ – Ehrensache.

„Die Reise um die Erde in 80 Tagen” wird von Robert Lang, Samuel Koch, Yana Robin la Baum und Hubert Schlemmer (von links) mit originellem Geräusch-Arsenal unternommen.

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KULTUR

Spektakulärer Tanz hört auf den Namen „tanzmainz“. Für ihre hypnotische Choreographie „Soul Chain“, kraftvoll-intensiv vom tanz mainz-Ensemble auf der Bühne gelebt (wir berichteten) mit dem Choreographie-Theaterpreis „Der Faust 2018“ ausgezeichnet wurde Sharon Eyal.

Den Theaterpreis „Der FAUST” hat sich Ramon A. John als „bester Darsteller Tanz” mit charismatischer Präsenz und ausdrucksstarker Körper-Sprache redlich verdient. Der Ausnahme-Tänzer faszinierte schon als „Oberon” im „Sommernachtstraum” (siehe Bild) und berührte erst recht als „Wanderer” in Tim Plegges Choreographie „Eine Winterreise”

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„Faust“ zum Zweiten: Für ihre grandiose Choreographie „Fall Seven Times“ wurden Guy Nader & Maria Campos mit dem „Faust 2017“ gewürdigt. Prima: Die atemberaubende Choreographie (auch als „Impetus“-Vorläufer zu sehen) wird wieder gezeigt. Jetzt fasziniert sie als Doppel mit Alexandra Waierstalls „Im Orbit“. Augenscheinlich spiegelt eine „Wasser“-Fläche Kraft, Präzision und Zärtlichkeit – eine subtile Bewegungssprache, die ihr eigenes Universum schafft. Shakespeares „Maria Stuart“ in Dariusch Yazdkhastis Sicht kommt in Mainz als ungemein fesselnder Polit- und Psvcho-Thriller daher. Die durchweg exzellente Besetzung mit Annika Baumann in der Titelrolle

&

KREATIVES

und Hanna von Peinen als Gegenspielerin Elisabeth, Henner Momann (Graf Leicester) , Sebastian Brandes (Baron von Burleigh), Andrea Quirbach (Amme Hanna Kenndy) und Heißsporn Mortimer (Julian von Hansemann) läßt frösteln und macht atemlos. Die historischen Kostüme (Josephin Thomas) tun der Aktualität von Religionskrieg und Terrorismus, Intrigen, Männerseilschaften versus Frauendominanz Null Abbruch. „Ich verlasse mich auf meine beiden offenen Augen“ spricht Anius Paulets – könnte auch Maria sagen... Elisabeth allein zu Haus – ein starkes Schlußbild.

Blick nach Darmstadt

Von wegen „Live-Hörspiel“: Eike Hannemann hat den Jules VerneKlassiker „Reise um die Erde in 80 Tagen“ mit Samuel Koch – der in seinem Rollstuhl mit dem Ballon echt abhebt! – und Robert Lang, Yana Robin la Baum sowie Hubert Schlemmer als köstliches Schmankerl inszeniert. Auch die Augen kriegen was zu „hören“. Text und Fotos: Gesine Werner

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KULTUR

&

KREATIVES

Betrachterin oder der Betrachter wurden durch eine Art Schlauch aus einer mit Netzen bespannten Metallkonstruktion geleitet. Der Clue war, dass dabei der Weg durch die beiden den Raum stützenden Säulen führte. Bei Sofi Zezmers Arbeit wurde ebenfalls der Umraum zum Bestandteil der Arbeit, da der teilnehmende Blick einen auf Kopfhöhe gehängten Reifen aus gelochter Spiegelfolie durchdrang. Peer Veneman, 2014 Gastgeber für PARTI-cipation III in Amsterdam, war mit zwei Konzeptmalereien und einer Raumplastik vertreten, die auf monumentale Weise Unbeständigkeit ausstrahlte. Der Brasilianer Francisco Klinger Carvalho, mit dem das Team 2015 an den Amazonas gereist war, blieb seinem Formvokabular, das auf Gittern, Zäunen und Barrieren basiert, treu und schuf eine Skulptur, die mahnend auf unfreie Gesellschaftsentwürfe verwies.

Durchblick von Vorne nach hinten die Arbeiten von Monika Linharg (Anschnitt) Sofi Zezmer, Silvia Beck

B

ereits zum siebten Mal begab sich der Wiesbadener Galerist Gottfried Hafemann gemeinsam mit Kuratorin Nadine Hahn an einen biografisch wichtigen Ort einer Künstlerin oder eines Künstlers aus dem Programm der Galerie Hafemann und veranstaltete dort eine Ausstellung im Rahmen der Ausstellungsreihe PARTI-cipation. Gastgeberin war in diesem Jahr die Künstlerin Silvia Beck, die in ihre Wahlheimat Berlin einlud und unter dem Titel Perforated Walls zehn weitere künstlerische Positionen auswählte, um den Projektraum im Kunstquartier Bethanien zu bespielen. Ausgehend von den architektonischen Parametern der Ausstellungsräume, die einmal quer von einer

Sichtachse durchbrochen werden, beschäftigten sich die ausgewählten Werke mit skulpturalen Aspekten des Durch-, Raus- und Einblickens. Unter den ausgewählten bildhauerischen Positionen befanden sich dieses Mal auch zahlreiche ehemalige Gastgeberinnen und Gastgeber der Ausstellungsreihe. Burkhard Blümlein hatte 2012 in Kooperation mit Karl Groetsch in das bayrische Iphofen eingeladen. In Berlin zeigte er zart manipulierte Trinkgläser, denen er Gebrauchsspuren eingraviert hatte. Buchstäblich durchdrungen wurde die Glaswand nur von jeweils einem Metallnagel, auf denen die Gläser an die Wand gehängt wurden. Zum Betreten war die Arbeit „Shared Spaces" von Cordula Prieser. Die

Im Jahr darauf stellten auf Einladung von Monika Linhard über 20 Künstlerinnen und Künstler im Rhönmuseum in Fladungen aus. Das Ergebnis war eine Ausstellung, die sich rund um handwerkliche Aspekte in der zeitgenössischen Kunst drehte. In ihrem Werk beschäftigt sich Monika Linhard mit der Transformation alltäglicher Gegenstände und ihrer Gebrauchsspuren. In Berlin zeigte sie eine Arbeit aus den Resten schon gebrauchter Baufolie, die Durchblicke zuließ. Die in Berlin lebende Künstlerin Susanne Specht präsentierte eine weiche Wandskulptur aus tiefschwarzem Zellkautschuk. Der Blick versuchte, die geometrisch zerlegte Fläche, bei der zahlreiche Stellen herausgeschnitten und verdreht wurden, wieder zurückzuführen. Über die Fern- und Nahwirkung erschloss sich ebenfalls die Arbeit von Young W. Song. Ihr gehäkelter Riss in der Wand wirkte, als habe er zufällig seine Form gefunden und sei das Resultat von gewaltigen Spannungen, die auf ein morbides Gemäuer

Perforated Walls

Wiesbadener Galerie Hafemann organisiert Ausstellung in Berlin 22

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KULTUR

&

KREATIVES

Durchblick von vorne nach hinten die Arbeiten von Cordula Prieser, Peer Veneman, Knut Eckstein

einwirken. Dabei besteht das gesamte Objekt bloß aus einem einzelnen Wollfaden. Young W. Song war 2017 in der koreanischen Hauptstadt Seoul Gastgeberin der PARTI-cipationReihe. In den Berliner Räumen befand sich an dem einen Ende der Blickachs eine Wandinstallation von Katja von Puttkamer, die serielle gefertigte Fassadenstrukturen in ihren Gouachen festhält.

Bürgerinnen und Bürger zu gläsernen Menschen. Gottfried Hafemann und Nadine Hahn bereiten bereits eine nächste Ausstellung der PARTI-cipation-Reihe vor. In Zusammenarbeit mit dem polnischen Künstlerpaar Tatiana Czekalska und Leszek Golec sollen Künstlerinnen und Künstler in das

Center of Polish Sculpture im polnischen Orońsko eingeladen werden. Neben der Entwicklung neuer Arbeiten vor Ort wird zudem ein reger Austausch mit polnischen Bildhauerinnen und Bildhauern erwartet. Infos unter: www.galerie-hafemann.de Text: Nadine Hahn

Wie bei Knut Ecksteins Arbeit, die sich auf der anderen Seite der Ausstellung befand, handelte es sich um Auseinandersetzungen mit gebautem Raum – mit Architektur, die als von Menschen gestaltete Umwelt begriffen wird. Gemeinsam kamen beide Arbeiten der „Wall" im Sinne eines senkrecht ausgeführten Bauteiles als seitliche Begrenzung eines Raumes, der Wand, am nahesten. Die diesjährige Gastgeberin Silvia Beck interpretierte das Ausstellungsthema Perforated Walls gesellschaftskritisch. In ihrer Videoinstallation untersuchte sie die systematische Durchleuchtung des Einzelnen. Wenn die Überwachung durch den Staat zunimmt, werden WIESBADENER

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Gruppenfoto von links nach rechts- C. Prieser, K.Eckstein, P.Veneman, M.Linhard (mit Enkel), G. Hafemann, Y.W.Song, F.K.Carvalho, S.Zezmer, N.Hahn

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KULTUR

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KREATIVES

Die Kunder Chocolateria steht für süße Verführungen – Frankfurter Kranz, Schokotörtchen und die berühmten „Kunder Wiesbadener Ananastörtchen”.

Wiesbaden auf die süße Tour Chocolateria Kunder feiert 120. Geburtstag und kehrt mit einem Café zu den Wurzeln zurück Die Chocolateria Kunder ist einfach Kult. Das Traditionshaus Kunder ist ein Eldorado für Naschkatzen. Seit 120 JA!hren wird hier „die Kunst der süßen Köstlichkeiten“ meisterlich gepflegt. Der Name Kunder steht seit 1898 für erlesene Leckerein erster Güte. Ehrensache: Die kulinarischen Genüsse sind ausnahmslos hauseigene Kreationen. Frische und hohe Qualität sind Markenzeichen – ob hochfeine Praline oder Confiserie-Spezialität. Zu Kaiserzeiten haben Fritz und Hermine Kunder in der angesagten Kurstadt das Familienunternehmen gegründet. Jürgen Brand, Geschäftsführer in vierter Generation, und seine Tante Charlotte Brand kehren im Jubiläumsjahr zu den Foto links: Die neuen Kunder-Lillies nach selbst ausgetüfteltem Rezept sind eine Hommage von Enkel Jürgen Brand an Großmutter Lili, die Tochter von Gründer Fritz Kunder. 24

Wurzeln zurück. Im Stammhaus an der Wilhelmstraße lädt jetzt (wieder) ein kleines Café unter dem historischen Kronleuchter mit Aussicht auf die „Rue“ zum gemütlichen Verweilen ein. Frische Croissants und die Kunder-Lillies sind eine Hommage an Großmutter Lilli Brand, Tochter des Gründerehepaares Kunder. „Ich hab die Lillies mit Schokolade, Nougat, Cranberry-Walnuß, Ananas-Kokos und Hafer-Porridge zu Hause in Ruhe entwickelt“, plaudert Enkel Jürgen Brand aus dem Nähkästchen. Für den Wiesbaden-Besuch von Königin Maxima hatte er die Praline „Oranje“ komponiert. Auch für die Qualität der traditionellen Stollen nach Original-Familienrezept inklusive der neuen BratapfelKreation steht der Chef ein. „Wiesbaden auf die süße Tour“ hat sich auch Charlotte Brand aufs Panier geschrieben. Die charmante Lady ist als „Wiesbaden-Botschafterin der gaumenfreudigen Art“ WIESBADENER

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KULTUR

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KREATIVES

als Zeitzeugin in das Oral-History Projekt „Erlebte Geschichte(n)“ des Fördervereins des Stadtarchiv Wiesbaden eingebunden und setzt sich auch ehrenamtlich für ihre Heimatstadt ein. Die Spezialistin ist Vorstandsmitglied der Interessengemeinschaft Wilhelmstraße & Quellenviertel (IGW) e.V. und erfand den „Charity-Kolonnaden-Lunch“ getreu der Devise: „Schlemmen für den guten Zweck“. Der Ankauf der neuen Harfe und von Pauken für das Hessische Staatsorchester wurde gefördert und der Schwingboden für das Hessische Staatsballett. Als Clou sorgte ein gaumenfreudiges „Kunststück“ mit zartem Schmelz beim Benefizlunch für Furore - die „SommernachtstraumPraline“ von Jürgen Brand. Mit Eigen-Kreationen wie der „Praline des Monats“ führt der Lebensmitteltechnologe die Familientradition weiter. 1903 hatte Fritz Kunder ein Ananastörtchen als genialen Dauerbrenner komponiert. „Der Name `Kunder Wiesbadener Ananastörtchen` ist geschützt. Das Rezept aus der Kaiserzeit ist ganz einfach und wurde schon oft kopiert“, erzählt Charlotte Brand. Neffe Jürgen zählt die Zutaten auf: „Waffelboden, Nougat, Marzipan, Ananas und Schokolade“. Stammhausleiterin Christa Schön trägt eine nach historischem Originalschnitt genähte Rüschenschürze wurde von Charlotte Brand „vor 40 Jahren persönlich ausgebildet“. Einer von acht „Süßschnäbeln“ im Team, erzählt sie von den Monats-Pralinen, die der Chef im Jubiläumsjahr den 12 Jahrzehnten widmet. Die Goldenen Zwanziger kitzeln den Gaumen mit Sekt und Grappa, den „Wandel der 40er“ markierten Himbeer-Rharbarber, die 60er betörten mit dem „Klassiker“ Williamsbirnchen, den „Velvets“ – die damals von Prag nach Wiesbaden kamen – waren die 70er gewidmet und die 80er kamen als silbrige „Discokugel“ daher.

Die Adventszeit kann kommen. Kunder-Geschäftsführer Jürgen Brand präsentiert die einzigartige Auswahl.

werke im Landesmuseum auch. Im Jugendstiljahr 2019 widmet Jürgen Brand seine Kreationen „Wiesbadener Sehenswürdigkeiten“ und meint nicht nur Gebäude. Wer das Stammhaus an der Wilhelmstraße betritt, schickt seine Augen auf Seh-Reise. Die Nase schnuppert schon mal Düfte von „Klassikern“ wie Teufelsbirnchen und Venusbrüstchen. Auch MiniGuglhupf, Macrones, schokolierte Früchte locken. Lust auf zarten Baumkuchen oder ein Stück Stollen?

Pralinenworkshop In der Wiesbadener Pralinen- und Schokoladen-Manufaktur Kunder kann die Kunst der süßen Verführung vom erlernt werden. Am 8. Dezember leitet der Chocolatier Paul Hugargowitsch einen exklusiven Pralinenworkshop.

Das Staatstheater war schon Inspiration und ausgewählte Kunst-

Anmeldung: stammhaus@kunder-confiserie.de

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www.kunder-confiserie.de Telefon 0611 – 30 15 98 Text und Fotos: Gesine Werner

An exquisiten Geschenkideen wie der Rheingau-Schokolade oder dem speziell gefüllten Advents-Kalender ist kein Mangel. Die KlassikSerie in Buchform mit Motiven wie Kurhaus oder Nerobergbahn ist in ganz Deutschland begehrt. Auf Wunsch dient der Mainzer Dom als Motiv, oder der Frankfurter Römer, oder...

Der legendäre Yehudi Menuhin, der von Kunder eine Krokant-Geige in Originalformat bekam, inspirierte die 90er-Praline. Die „Gin-Praline“ ist veredelt mit dem „besten deutschen Gin International“ aus Hirschberg.

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Chocolateria Kunder öffnet: Montag bis Freitag von 9 Uhr bis 18.30 Uhr, Samstags von 9 Uhr bis 16 Uhr. Im Advent ist Freitags bis 19.30 Uhr und Samstag bis 18 Uhr geöffnet.

Foto 0ben: Beim Benefiz-KononnadenLunch 2017 präsentierte Jürgen Brand die Kunder-Sommernachtstraum-Praline mit seiner Tante Charlotte Brand.

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KULTUR

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KREATIVES

Als seien sie einem Theater des Absurden oder einer surrealen Traumwelt entsprungen, erscheinen die gigantischen Objekte wie Prototypen einer neuen Spezies, getaucht in glänzende, verführerische Oberflächen aus Gold, Silber und Kupfer. Fremdartig und doch vertraut sind sie mit ihren organischen Formen und den Versatzstücken einer Alltagskultur, die sich häufig am Lokalen orientiert: Bald glaubt man ein Weinfass zu erkennen, eine Ähre, eine Weinrebe.

Bruno Gironcoli, Ohne Titel, 2001, Foto: Hans Christian Krass

D

er Österreicher Bruno Gironcoli (1936–2010) ist einer der wichtigsten Bildhauer seiner Generation. In einer persönlich gefärbten, individuellen Bildsprache schuf er ab den frühen 1960er-Jahren in einer schier nicht enden wollenden erfinderischen Unersättlichkeit ein sehr eigenwilliges, singuläres Œuvre. Mit immer neuen Werkgruppen gelang es ihm, eine jeweils unverkennbare, überraschende Sprache zu finden. Nacheinander entstanden Drahtplastiken, Hohlkörperformen, Polyesterobjekte und irritierende Environments. Der Mensch mit seinen Abgründen befand sich dabei im Zentrum der künstlerischen Arbeit Gironcolis.

Akademie der bildenden Künste in Wien. Ermöglicht durch die nun großzügige Ateliersituation entstanden erstmals raumfüllende, oft raumsprengende Skulpturen. In einer eindringlichen Ausstellung präsentiert die Schirn Kunsthalle Frankfurt Ausschnitte aus Gironcolis monumentalem Spätwerk, das selten zu sehen ist.

Dann wieder inszeniert Gironcoli einen seltsamen Aufmarsch von Säuglingen oder eine imposante ameisenartige Skulptur. Seine grandiosen und irritierenden Werke überraschen stets als postmoderne Pastiches. Bruno Gironcoli: Objekte aus dem Spätwerk 14. Februar bis 12. Mai 2019 Schirn Kunsthalle Frankfurt Römerberg 60311 Frankfurt Geöffnet: Di, Fr – So 10 – 19 Uhr, Mi/Do 10 – 22 Uhr www.schirn.de

Bruno Gironcoli, Figur mit großen Scheibenformen, 1986-1990-1995, Foto: Hans Christian Krass

Existenzielle Fragen und einen durchaus politisch motivierten Avantgardegedanken teilte er mit den Kollegen der Wiener Szene. Gironcolis Ästhetik der Maßlosigkeit und der Opulenz, die ständig Wucherungen und Schnörkel ausbildete, hat unzählige jüngere Künstler inspiriert. 1977 übernahm der Exzentriker Gironcoli die Leitung der Bildhauerschule der

Maßlosigkeit und Opulenz: Bruno Gironcoli in der Schirn Frankfurt 26

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KURHAUS WIESBADEN

Fr 14. 12. 2018 Sa 15.12. 2018 ���������������

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KULTUR

&

KREATIVES

Wie kommentieren Künstlerinnen von heute einen mittelalterlichen Dichter, der den Frauen huldigte? 17 Künstlerinnen haben sich mit Frauenlob und seinen Werken beschäftigt und antworten ihrem großen fernen Verehrer mit Malerei, Skulptur, Drucken, Collagen, Foto- und Videokunst (vom 5. Bis 16.12.18 im Frankfurter Hof Mainz Augustinerstraße 55, 55116 Mainz; Eröffnung am 4.12.18 um 19 Uhr). Am Samstag, den 8. Dezember spüren eine Frau und zwei Männer dieser ebenso berühmten wie rätselhaften Figur des Hochmittelalters nach, wühlen sich durch alte Folianten, studieren Quellen und präsentieren Texte von und über den sagenumwobenen »letzten Minnesänger«. Es entsteht das Bild eines zu Unrecht fast vergessenen, faszinierenden Autors, der die Liebe zum universalen Prinzip erklärte (Staatstheater Mainz ab 19.30 Uhr; Tickets: 06131 285 12 22 www.staatstheater-mainz.com). Den Abschluss der Veranstaltungsreihe bildet ein Konzert am 15. Dezember im Mainzer Frankfurter Hof. Thema ist der »Guldin Fluegel«, ein Zyklus von 17 Liedern, der als Frauenlobs Meisterwerk gilt. Die Adaption des Hohen Liedes wurde seinerzeit mit einer gotischen Kathedrale verglichen. Frauenlob gestaltete das Werk dialogisch: Nach des Dichters Lobgesängen auf die höchste Frau, die Jungfrau Maria, erhebt sie selbst die Stimme: des Dichters Vision wird hör- und erlebbar. ... so nannte man ihn schon zu Lebzeiten, den letzten großen Minnesänger des Mittelalters, geboren um 1250 zu Meißen, gestorben und beerdigt am 29. November 1318 im Kreuzgang des Mainzer Doms. Sein Ideal, die höfisch-ritterlichen Tugenden, versuchte er vor dem Vergessen zu bewahren, beschwor zugleich die christliche Ethik seiner Zeit und fand sein Thema und seine Bestimmung in der Verehrung der Frau, sei es die Jungfrau Maria oder ein unerreichbares Objekt der Minne- Begierde.

Das verschaffte ihm den Namen Frauenlob. In Mainz, seiner letzten Wirkungsstätte, sind eine Straße, ein Platz und eine Schule nach ihm benannt, Denkmäler erinnern an ihn, und dennoch weiß wohl kaum einer, wer dieser Frauenlob eigentlich war. Zu seinem 700sten Todestag versucht die Mainzer Kunst-und Kulturinitiative dreimalklingeln, durch eine Ausstellung mit Künstlerinnen von heute, eine Theaterrevue, ein Konzert und eine öffentliche Parade, den Dichter Frauenlob zurück in die Stadt zu holen.

wrõwenlob – frauenlop – Frauenlob! 28

Aufführen werden den Zyklus das Ala Aurea – Ensemble für mittelalterliche Musik - Maria Jonas (Gesang) und Susanne Ansorg (Fidel), die mit Gesang, Fidel, Drehleier und Glockenspiel -, Bassem Hawar (Djoze, irakische Kniegeige) und Elisabeth Seitz (Hackbrett). Alle drei Musiker*innen improvisieren ihre Begleitungen zum Gesungenen. Gemeinsam entsteht dabei ein Stil, den sie »free medieval music« nennen. Die öffentliche Parade beginnt am 15. Dezember um 14 Uhr, Treffpunkt ist am Frauenlob-Brunnen am Rheinufer – ein bunter Umzug, mit oder ohne mittelalterliche Kostümierung, auf jeden Fall aber ohne Kommerz und Vereine zu Ehren des ältesten Dichters der Stadt.

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KULTUR

„Der Menschheit Würde ist in Eure Hand gegeben, bewahret sie!” Schiller sinniert zwischen Autokino-Rampe und Supermarktposter

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KREATIVES

Eine Installation mit Gruselfaktor im Nassauischen Kunstverein

Ein Bild sagt mehr als 1000 Worte oder Was von der „Wiesbaden-Biennale” und deren „Bad News” übrig blieb... Eine fotogräfliche Spät-Lese des Staatstheater- Festivals Text und Fotos: Gesine Werner

Eintagsfliege mit Langzeitwirkung. Er(dogan) stand nur 25 Stunden, spaltete am Platz der deutschen Einheit die erhitzten Gemüter und brachte Wiesbaden weltweit in die Schlagzeilen.

Ein Container für die „Frankfurter Hauptschule” als „Ankazentrum” auf dem Faulbrunnenplatz mit Blick zum „Migrantenstadl“ in der Wartburg.

Eine goldene Handgranate im XXL-Format als „Begrüßungskomitee” im Biennale-Festivalzentrum an der Schwalbacher Straße.

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KULTOUREN

Eben noch mit wurden sie mit der Choreographie „From In” auf der Bühne gefeiert, jetzt wird entspannt. Das exzellente Ensemble des „Xie Xin Dance Theatre” aus Shanghai.

Strahlen mit Emma Laule, der Preisträgerin 2016 auf dem Plakat, um die Wette: Kulturdezernent Axel Imholz, Tigerpalast-Chef und Jury-Sprecher Johnny Klinke, Festivalleiter Jörg-Uwe Funk und Kulturfonds-Geschäftsführer Dr. Helmut Müller (von links).

Berührend moderne Tanzsprache aus dem alten Reich der Mitte

Einzigartiges Juwel der Circuskultur

Xie Xin Dance Theatre zu Gast beim Hessischen Staatsballett

EU-Parlamentspräsident Jean Claude Juncker Schirmherr beim EYC/ Hessischer Kulturpreis für den Tigerpalast

Ni Hao! Aus Shanghai war eine Kompanie beim Hessischen Staatsballett zu Gast, die das Publikum betörte. Es berührt die Seele. Zart und von fließender Eleganz sind die zeitlupenartigen Bewegungsfolgen. Mal wirken sie wie ein Mandala, dann wie ein Schwanken im Wind oder auch wie das Mäandern und das Kreiseln eines Paares umeinander. Ein wunderschönes Bild ist der gemeinsame „Flügelschlag” und das „Schwimmen” einer Tänzerin in der Luft. In weiten, pastellfarbenen Hosen und Oberteilen aus weich fließendem Material muten die Tänzerinnen und Tänzer fragil an, wechseln zu kraftvollem Stampfen, und kraftvoll zugleich, ziehen magnetisch wie ein Sog in ihren Bann. „Pantha rei” könnte der Titel der zuweilen meditativ wirkenden Choreographie sein, den Xie Xin „From IN” genannt hat. Die Chefin tanzte mitten in ihrer Kompanie mit (!) zur Musik von Jiang Shaofeng und Yin Yi im ausgefeilten Lichtdesign von Gao Jie. Ein besonderes Schmankerl, das nicht gerade üblich ist. Der chinesische Generalkonsul Mr. Wong Shun Qing persönlich gab dem vom begeisterten Publikum ausdauernd gefeierten Gastspiel des Xie Xin Dance Theatre in Wiesbaden die Ehre und zeigte sich erfreut. Vor gerade mal vier Jahren hat die frühere Tänzerin bei Sidi Larbi Cherkaoui, die bei den Internationalen Maifestspielen 2015 in der Eastman & Yabin-Studio Coproduktion „Genesis” bezauberte, ihre Kompanie gegründet. International erfolgreich und bei Wettbewerben mehrfach ausgezeichnet, legt Xie Xin den Schwerpunkt auf körperliche Forschung, (Aus-)Bildung im zeitgenössischen Tanz und die Kreation eigener Arbeiten. „From IN ist immer auch eine Reflexion meines eigenen Inneren. Wir sind als Menschen, die aus unserer Einsamkeit in Raum und Zeit Kreuzungen mit anderen Menschen schaffen können, Dreh- und Angelpunkte unseres eigenen Lebens.” Text und Foto: Gesine Werner 30

Jubiläum! Wiesbaden war zum 20. Mal das Mekka der Circuskultur. „Dem Nachwuchs eine Chance“ war die Devise beim European Youth Circus. Schirmherr war EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. Heute schon die Stars von morgen sehen. Bestes Beispiel sind die beim EYC 2008 dreifach preisgekrönten Zwillinge Ele & Julia Janke, als Duo Elja weltweit gebucht. „Feuer und Flamme“ ist Kulturdezernent Axel Imholz stolz auf das Festival. „Wir machen Europa erlebbar auf kulturell hohem Niveau.“ Festivalchef Jörg-Uwe Funk vom Kulturamt ist es „ein Herzensanliegen, hochkarätigen Talenten eine Plattform des Miteinanders über Nationalitäten und Grenzen hinweg“ zu bieten. 25 Bewerbungen aus 12 Ländern wurden gezeigt, „Luftnummern“, Fangstuhl, Jonglage, SprungstiefelAkrobatik, Diabolo, Hula Hoop, chinesischer Mast, Schlappseil, fliegendes Lasso waren im Rennen. Die Region vertrat Stella Garbe Huedo vom Circus Waldoni. Deutschland, Schweiz, Skandinavien, Italien, Ungarn, Tschechien, Ukraine, Rußland, Weißrußland waren dabei. Der große EYC-Preis ging an den tschechischen Jongleur Zeejay, der damit sein deutsches Festivaldebüt mit „goldischem“ Erfolg krönte. Für „Circuskunst auf Augenhöhe mit der Hochkultur“ engagiert sich Johnny Klinke schon seit Jahrzehnten mit Herzblut. Sein weltweit anerkannter „Tigerpalast“ feiert 30. Geburtstag. Die Gründungsmitglieder Johnny K. und Margareta Dillinger bekamen in einem Festakt von Ministerpräsident Volker Bouffier den mit 45.000 Euro höchstdotierten Kulturpreis in Deutschland. Seit 1990 als Jurysprecher beim EYC an Bord, bricht der Experte eine Lanze für das nicht kommerzielle Festival. „In Europa einzigartig, ist das Kleinod für den Tigerpalast eine Kraftquelle. Das Karrieresprungbrett Wiesbaden ist überall ein Begriff.“ Den Etat von 400 000 Euro stemmt die Kommune mit Sponsoren wie dem Kulturfonds Rhein-Main, der 100.000 Euro beisteuert.

Text und Foto: Gesine Werner WIESBADENER

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KULTOUREN

Das Küßchen von Professorin Claudia Eder, die Chris Pichler an die Hochschule für Musik Mainz einludt, hat sich die Schauspielerin redlich verdient im Trio mit Pianist Christian Rohrbach und Bariton Hans Christoph Begemann (von links).

Bühnen-Urgesteine zu Gast beim Kulissengeplauder der Theaterfreunde im Weinkeller der Casino-Gesellschaft: Evelyn M. Faber und Gottfried Herbe in Aktion, Theaterfreundin Ruth DebusmannRoth und Theaterfreund Dr. Clemens Kuntzsch sind am Tisch ganz Auge und Ohr.

Die schöne Magelone, der Duft der Liebe von Marilyn und Sisi als Kaiserin der Herzen

Wenn Bühnen-Urgesteine ins Nähkästchen blicken

Wiener Schauspielerin Chris Pichler wird in Mainz und Wiesbaden bejubelt Wenn es um den „gefährlichen Duft der Liebe“ von Marilyn Monroe und Sisi als „Kaiserin der Herzen“ geht, kann die (Lob-)Rede nur von der Wiener Bühnenkünstlerin Chris Pichler sein. Die vielfach preisgewürdigte Aktrice zeigte, „wie Shakespeare zu Romeo und Julia kam“. 2017 debütierte die Opernregisseurin mit Alessandros „La Giuditta“. Musikalische Leitung: Christian Rohrbach. Jetzt rezitiert sie auch noch. Beim „Singing Summer“ der Mainzer Hochschule für Musik wird sie zur „Schönen Magelone“ und ihrem Grafen Peter. Aus dem selbst „aktualisierten“ Tieck-Opus macht sie ein Vergnügen für Auge und Ohr. „Es war nicht wegen der Nachtigall und nicht wegen der Lerche!“ Pathos trifft Zwinkerauge, die Amme spricht Shakespeare. Den Brahms-Liedzyklus brachte warm timbriert und mit spürbarer Hingabe der preisgekrönte Bariton Hans Christoph Begemann zu Gehör, fein verwoben mit der Romanze, am Flügel einfühlsam begleitet von Christian Rohrbach. Um den „gefährlichen Duft der Liebe“ mit Sex & Crime und Texten von Heine bis Loriot geht es in der erotischhumorigen Revue, der wir gerne folgen mit rosaroter Brille. Marilyn lebt. Norma Jean Baker, das mißbrauchte Kind mit dem fragilen Sexappeal, macht aus ihrem Herzen keine Mördergrube. „Ich – Marilyn“ ist Chris Pichlers eindrückliche Hommage an die Ikone Monroe, mit der sie der verletzlichen Ikone ganz nah kommt und Trauer hinterläßt. Ein zutiefst berührender Geniestreich mit Langzeitwirkung ist Chris Pichler mit „Sissi goes Elisabeth – Kaiserin der Herzen“ gelungen, bei der WiesbadenPremiere mit Beifall überschüttet. Die Legende wird feinfühlig gezeigt als facettenreiche Person, die hinter den Kulissen nicht zu beneiden ist. Chapeau! „Noch ein Champagner, und ich lieg unterm Gastgeber!“ Das kann ja heiter werden an Silvester. Chris Pichlers 20er-Jahre-Revue fetzt zweimal über die Wiesbadener Bühne und Jo van Nelsen ist auch mit von der Partie. Cheers! Text und Foto: Gesine Werner WIESBADENER

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Gotfried Herbe und Evelyn M. Faber beim Kulissengeplauder Die altehrwürdige „Gesellschaft der Freunde des Staatstheaters Wiesbaden” als 1300 Mitglieder starker Förderverband und recht „junges” Mitglied des Dachverbands MUTHEA, dem Netzwerk der deutschen Musik- und Theaterfördergesellschaften, hat nicht nur ein großes Herz (wir berichteten). sondern auch pfiffige Ideen. Ganz einfach „Kulissengeplauder” nennt Katharina Queck ihr Format, zu dem sich die TF-Vizevorsitzende nach eigenem Gusto Theaterleute einlädt. Die honorige Casinogesellschaft bietet mit ihrem urigen Weinkeller die „Kulisse”. Iris Limbarth, Chefin des Jungen Staatsmusicals, war schon da und Kammersänger Eike Wilm Schulte. Sie sind ein „eingespieltes“ Paar auf der Bühne und im Leben. Als köstlich halbseidenes Rotlicht-Hotelduo veredeln sie Feydeaus „Floh im Ohr“ zum raren Vergnügen. Mit Gottfried Herbe, der knochentrocken und fit wie ein Turnschuh „zufällig“ seinen 80. Geburtstag im Januar kokettiert, und Gattin Evelyn M. Faber kamen Publikumslieblinge. Die Bühnen-Urgesteine ließen hören, warum sie den „kleinen Hai“ schätzen – Gottfried lehrt verständliches Sprechen (!) an der Schauspielschule - und machten aus dem Briefwechsel Adele Sandrock & Schnitzler ein fast szenisches Schmankerl. Gut, daß Gottfried nicht „die kriminelle Laufbahn“ beschritt, zum Sänger ausgebildet wurde, dann doch zum Schauspiel kam und nach sechs Jahren „Zampano“ Zadek in Wiesbaden landete. „Ich bin ein stillen Zecher“ – von wegen. Evelyn M. Fabers Karriere „klingt wie ein Märchen“. Früher galt das staatliche Zeugnis als „sichere Bank für ein Engagement“. Bochum war Traumerfüllung „es war toll, im Ensemble sein zu dürfen.“ Nach Wiesbaden kam sie als Jüngste. „Jetzt bin ich ein Fossil, das sehen Intendanten nicht gerne.“ Ihre Unkündbarkeit ist eine eigene Geschichte. Am 13. Dezember (19.30 Uhr) kommt Chordirektor Albert Horne.

Text und Foto: Gesine Werner 31


KULTOUREN

Für die Theatergemeinde Wiesbaden sind sie jetzt im neuen Domizil in den Theater-Kolonnaden tätig: Ehrenamtlich engagiert sich Gabriele Brendel, die im Büro die hauptamtliche Mitarbeiterin Marianne Thiel unterstützt.

Ein neues Domizil für die Organisation von Theaterbesuchen Näher dran. Jetzt ist die altehrwürdige Organisation für Theaterbesuche in bester Lage untergebracht und nicht mehr zu übersehen. Die Theatergemeinde Wiesbaden hat ihr neues Domizil bezogen und residiert in den Theaterkolonnaden. Die Geschäftsstelle wird passiert von allen Bühnenfans, die von der Wilhelmstraße in Richtung Kassenhalle, Großes Haus und Kleines Haus flanieren. Der rund 700 Mitglieder starke gemeinnützige Verein wird jetzt geführt von Dr. Thomas Weichel, dem die langjährige zweite Vorsitzende Elke Wirtz-Meinert zur Seite steht. Bereits Anfang der 50er Jahre organisierte der Zentralausschuß der Katholiken sogenannte „Kirchenveranstaltungen“ auf der Bühne der Wartburg. Am 1. September 1951 „wurde zusammen mit den Protestanten eine christliche Theatergemeinschaft gegründet, der das Kleine Haus an gewissen Tagen für gute Stücke zur Verfügung gestellt wird“, ist dem Spielzeitheft 2018/ 2019 zu entnehmen. „Theater sehen und verstehen“ ist die Leitlinie. Die Angebote der Theatergemeinde sind breit gefächert von Theaterbesuch über Theaterreisen auf eigene Faust und dem „Mainzer Fassenachts-Paket“ bis zum Besuch von Kunstausstellungen und der Entdeckungsreise nach Brüssel. Die Theatergemeinde unterstützt den Freundeskreis Wiesbaden der africa action, sammelte Spenden und war Mitveranstalterin der literarisch-musikalischen Benefiz-Reise in die Eichendorff- Romantik mit Benjamin Krämer-Jenster und Mirjana Petercol, ökumenisch organisiert mit der katholischen Erwachsenenbildung und der evangelischen Stadtakademie im Roncallihaus. Geöffnet ist die Geschäftsstelle dienstags und freitags von 9.00 bis 13.00 Uhr. mthiel@theatergemeinde-wiesbaden.de www.theatergemeinde-wiesbaden.de

Kulturfonds-Chef Dr. Helmut Müller, Oscar-Preisträger Thomas Stellmach, Kulturamt-Preisträgerin Michelle Nardone aus Viborg, Gastgeber Joachim Kreck (von links) beim TriFi-Jubiläum im Schloß Biebrich.

Jubiläum der trickreich flimmernden Hochkaräter 20. Internationales Trickfilm-Festival im Caligari & Filmschloß Biebrich mit Überraschungen GratulARTion! Maximale Film-Kunst zu minimalem Budget feierte 20. Geburtstag. Ministerpräsident Volker Bouffier war ein spendabler Schirmherr. Die Jubiläumsedition des Internationalen Trickfilmwochenendes – organisiert von den kulturpreisgekrönten „Freunden der Filme im Schloss“ Joachim Kreck, Detelina Grigorova-Kreck und Michael Fechner – zeigte 100 Werke aus 25 Ländern. Als Stammgast kam Oscarpreisträger Thomas Stellmach. Filmikone Mariola Brillowska zeigte ihre „Schwarze Welle“. Wouter Bongaerts aus Wiesbadens Partnerstadt Gent berührte mit dem persönlich grundierten „Panta Rhei“. Zum Opening in der Caligari-Filmbühne mit Kulturdezernent Axel Imholz sorgten Detelina Grigorova-Kreck und Omnimago für eine Überraschung. Joachim Krecks „Falschspieler“ lief als Digitalversion. Der „Preis des Kulturamts“ für die dänische Filmschule „Animation workshop“ wurde von Stadtrat Helmut Nehrbaß an Direktorin Michelle Nardone überreicht. Bei „Young Animation“ siegte „Voyagers“ von Gauthier Ammeux, gefolgt von „Enough“ (Anna Mantzaris). „Animal Behaviour“ vom Oscar-Duo Alison Snowdon & David Fine siegte bei „Best of International Animation“. Der 2. Platz ging an „Inanimate” von Festivalgast Lucia Bulgheroni aus London. Bei “Best of German Animation” siegte “Obon” von Andre Hörmann, gefolgt von Veronika Solomons “Love me, Fear me”. Das Festival-„Elternpaar” ist in das Oral history-Projekt „Erlebte Geschichte & Geschichten” des Fördervereins Stadtarchiv Wiesbaden eingebunden. Exklusiv gezeigt werden durften „Trump Bites“ von Bill Plympton, vom „King of Animation“ für die New York Times geschaffen. Vorschau: Am 18. Januar 2019 läuft der experimentelle Kultfilm „Mandy“ von Panos Cosmatos mit Nicolas Cage als Wiesbadener Erstaufführung (20 Uhr).

Text und Foto: Gesine Werner

www.filme-im-schloss.de Text und Foto: Gesine Werner 32

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KULTOUREN

Schwein gehabt! Preisverleihung mit Weltkugel-Puzzlespielen nach der Aktion von Schulpfarrer und Dekan Norbert Heide in der Theo Koch-Schule Grünberg IGS und Schulleiter Jörg Keller und Aktionskreisleiterin Bea Ackermann.

Es kommt auf jede Münze an! „Zehn-Prozent-Aktion” sucht neuen Mister X und animiert zum „tierisch Kreativ Sein” Mitmachen! Die „tierische” Initiative des ökumenischen Erfolgsmodells geht weiter: Die weltweit tätige „ZehnProzent-Aktion” animiert Klein und Groß, Einzelpersonen, Schulklassen, Kindergottesdienstkinder & Co. dazu, die eigene Phantasie auszuleben: Weiße Sparschweinderl verkünden auf grüner Banderole „Jede Münze hilft! Schwein gehabt!” Die lieben Tierchen wollen „Farbe bekennen”. Ob Malerei oder Graffiti – nix ist unmöglich. Das „Kunstwerk” von beiden Seiten fotografieren und die Bilder mit eigener Absende-Adresse schicken an zehn-prozent-aktion@ekhn-kv.de Interessierte melden sich bei bea53ackermann@gmail.com (Infotelefon: 06127 – 70 58 233). Die 5 originellsten „Kunstwerke“ bekommen Preise und werden in den „MitTEILungen“ der 10%Aktion präsentiert. Die 50. Spendenaktion läuft bis zum 31. März 2019 und steht unter dem Motto: „Es kommt auf jede einzelne Person an“. Pastorin Bea Ackermann als Aktionskreisleiterin appelliert: „Wir suchen noch 250 Spendenwillige. Dann gibt „Mister Zehnprozent“ seinen Anteil von 50.000 Euro frei.“ Der Dauerbrenner steuert sein Goldjubiläum an. Am 5. Mai 2019 ist am Ort der Gründung vor 50 Jahren feiern angesagt. Der Festgottesdienst beginnt um 10 Uhr in der Bergkirche. Danach wird mit Klein und Groß und Gästen aus Nah und Fern fröhlich gefeiert. Mister Zehnprozent, der getreu dem Bibelwort anonym bleibt, will in Pension gehen und sucht einen Nachfolger. „Es kann auch eine Misses X oder ein Mister-X-Pärchen sein“, erklärt Bea Ackermann. Die jährliche Spendensumme richtet sich nach dem individuellen Einkommen und muß nicht die bisherige Summe sein. „Mister X ist zur Einarbeitung gerne bereit.“ Die Zehnprozenaktion ist weltweit engagiert. Bislang gingen rund 9 Millionen Euro an mehr als 200 Projekte in 70 Ländern auf vier Kontinenten. Zudem wurden rund 70 Hilfsprojekte „vor der Haustür“ in Wiesbaden und der Region gefördert. „Brot für die Welt“ ist von Beginn an Schirmherr der ökumenischen Spendenaktion. Seit über 40 Jahren ist „Misereor“ Partner.

Das Duo erweist sich beim Herbstkonzert in der Oranier Gedächtnis-Kirche als Dreamteam: Sopranistin Anja Stader und Bariton Christian Balzer (von links).

Fülle des Wohllauts mit Feuerwerksmusik „Verschönerungs- und Verkehrsvereins Biebrich” mit Herbstkonzert in der Oranier-Gedächtniskirche Wenn der „Barbier von Sevilla” auf die „lustige Witwe” trifft und zur „Feuerwerksmusik” die „Lippen schweigen”, ist die Fülle des Wohllauts angesagt. Der „Verschönerungs- und Verkehrsverein Biebrich am Rhein 1870 / VVB” lud zum ersten Konzert vor der Adventszeit. „Unser neues Format der Herbst-Konzerte feiert Premiere in der evangelischen Oraniergedächtnis-Kirche, die eine gute Akustik und viele Sitzplätze hat”, begrüßte Klaus Zengerle. Der VVB-Vorsitzende konnte sich als „Gastgeber” über ein prallvolles Haus freuen, Das Konzert bot ein Wiederhören mit Publikumslieblingen wie Stargast Anja Stader vom Papageno-Theater, die mit warmem Timbre und ausdrucksstarker Präsenz begeisterte. Die preisgekrönte Sopranistin hatte ihre Karriere mit einem VVK-Konzert gestartet. Bariton Christian Balzer gehört dem Ensemble des Staatstheaters Wiesbaden an und feierte ein gelungenes VVK-Debüt. Seine Figaro-Kavatine war ein Genuß für Ohr und Auge - inklusive Mini-Zugabe. Auch im Opern-Duett können sich die beiden Goldkehlchen gut hören und sehen lassen. Das Publikum war hingerissen und forderte nach dem offiziellen Teil energisch Zugaben. Zur Stammbesetzung zählt der frühere Hörfunk-Moderator Bernd Peter Arnold. Mit sonorer Stimme führte er gekonnt durchs Konzert und steuerte Anekdoten bei. „Arcangelo“ von der Wiesbadener Paul GerhardtGemeinde feiert Silberjubiläum und legte sich mächtig ins Zeug. Dirigent Johannes Harbich ist von Hause aus Geiger, wechselte kurz vom Stab zum Fidelbogen und hatte einen bunten Melodienstrauß geflochten mit Werken von Händel über Verdi bis Léhar. Der neue „Spielort“ mitten in Biebrich könnte sich zum Dauerbrenner mausern. Text und Foto: Gesine Werner

Info: www.zehn-prozent-aktion.de Text und Foto: Gesine Werner WIESBADENER

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KULTOUREN

Die mehrfach ausgezeichnete, international renommierte Mezzosopranistin Professorin Claudia Eder ist eine engagierte Musikpädgogin an der Hochschule für Musik Mainz.

Alte Musik und neue Projekte Universitäts-Professorin Claudia Eder und ihre faszinierenden Vorhaben „Persönlicher Brückenschlag“ wäre ein passender Titel für Professorin Claudia Eder, die zwischen ihrem Wohnort Wiesbaden und der Mainzer Hochschule für Musik pendelt und für faszinierende Projekte steht. 1988 wurde die mehrfach ausgezeichnete Opern- und Konzertsängerin, die auch Violoncello in München und Frankfurt studierte, als Professorin für Gesang nach Mainz berufen. Als gefragte Mezzosopranistin stand die vielseitige Expertin auf den großen Opernbühnen der Welt, hatte dem Wiesbadener Staatstheater-Ensemble mehrere Jahre angehört. Die Expertin könnte Jubiläum feiern, tat sie aber nicht. Statt dessen bewies die begnadete Musikpädagogin einmal mehr ihr „Händchen“ an ihrer Internationalen Sommerschule, für die sie immer wieder klingende Namen verpflichtet wie Alfed Brendel oder Georges Delnon. Die Künstlerische Leiterin und Gründerin des „Singing Summers“ holte sich für den Brahms-Abend „Die schöne Magelone“ mit der Wienerin Chris Pichler die wandlungsfähige Schauspielerin ins Haus, deren „Romy“-Solo sie begeistert hatte. Im Frühjahr 2017 hatte die Opernregisseurin Pichler ihr Debüt mit Alessandro Scarlattis „La Giuditta“ mit Studierenden der Mainzer Hochschule erarbeitet unter musikalische Leitung von Christian Rohrbach, Pianist der „Magelone“. (siehe KulTouren S. 31) Der Kammeroper Schloß Rheinsberg ist Musikpädagogin Eder seit dem ersten Meisterkurs 1991 verbunden. Das künstlerische Exzellenzprogramm „Barock Vokal“ für „historisch informierte Aufführungspraxis“ konnte Professorin Eder 2010 im Rahmen des Fellowships des Gutenberg Forschungskollegs ins Leben rufen. Das „Who is Who“ Alter Musik gab schon die Visitenkarte ab - Michael Hofstetter (Eingeweihten bekannt aus Wiesbaden), Martin Lutz, Konrad Junghänel, Dame Emma Kirkby, Counter Andreas Scholl. Der „Singing Summer“ 2019 bringt Sopranistin Juliane Banse und Dirigent/Geiger Christoph Poppen nach Mainz. Die Artists in Residence gastieren in Wiesbaden am 22. September 2019 bei Amici dell´Arte zur AbschlussMatinée.

Walpurgisnacht als Höllenritt Theater Willy Praml nimmt sich in der Frankfurter Naxoshalle Goethe & Nietzsche & Kluge & Heiner Müller vor Willkommen in der Hölle! Die hatte im Rahmen der Goethefestwoche 2018 die Frankfurter Naxoshalle okkupiert. Und das Theaterurgestein Willy Praml hatte in seinem Domizil was Erschröckliches angerichtet, das sich so deftig wie aktuell ausnahm und in einer veritablen „Walpurgisnacht“ als „deutsche Höllenfahrt“ kulminierte. Natürlich war Goethe da, auch Friedrich Nietzsche & Alexander Kluge & Heiner Müller. Daphne du Maurier ließ grüßen. Heine lugte um die Ecke. Brecht kam auch – in den Sinn mit seinem „Schoß“, der „fruchtbar noch“ ist, „aus dem das kroch:“ Fausts psychopathologische Fallgeschichte mit Mephisto spielt im Hier und Jetzt. Auf dem Brocken als angeblichem „Hexentreff“ sind die Harz-Touris los und Einar „Schleeft“ übers Kuckucksnest, als seine Klavierlehrerin Frollein Bühlow nicht in den Westen rübermachen kann. Von wegen „Übermensch“ taucht auch Hitler, der sich am 30. April - wieso dieses Datum? - erschossen hat, mit Hund Blondie auf. „Ich habe Europa zu meinem Scheiterhaufen gewählt.“ Ein paar GI`s pflanzen Stars and Stripes auf dem (Plaste-) Brocken. Der Heinrich Heine-Chor an Biertischen schneidet das Horst Wessel-Lied mit dem „kühlen Grunde“ zusammen, eine „Rohrzangengeburt“ fehlt ebensowenig wie Wagners Walkürenritt. Und: Alles so hübsch laut hier – Stomp läßt grüßen. Regisseur Willy Praml, Faust-Darsteller Michael Weber (Textfassung), Paula Kern (Kostüme) und MusikerPercussionist Jakob Rullmann haben das Publikum mit ihrer grotesk-makabren Collage durch einige starke, auch anrührende Bilder beim Kanthaken genommen. Und sie ließen bis zum bitteren Ende nicht locker. Die Naxoshalle spielte prima mit, ist als einzigartiges Refugium ja schon die halbe Miete an Bühnenbild. Das Theater Willy P. ist auch für Konzerte und Kino gut. Und als er kürzlich Grund zum Feiern hatte, zelebrierte der Kulturfonds Frankfurt RheinMain seine Geburtstagsparty standesgemäß und mit „großem Bahnhof“ an illustren Gästen – auch mit Nachbar Pees vom Mousonturm – im denkmalgeschützten Industriedenkmal. www.theater-willyprml.de

www.musik-uni-mainz.de Text und Foto: Gesine Werner 34

In der Naxoshalle Frankfurt sind nicht nur die „Hexen” los. „Faust” Michael Weber (Text & Bühne), Regisseur Willy Praml und Schauspielein Birgit Heuser luden zur „Höllenfahrt” ein.

Text und Foto: Gesine Werner WIESBADENER

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hefkoch.de, ein deutsches Webportal zum Thema Kochen, ist mit 300.000 Rezepten Europas größte Kochseite. Sie bietet eine umfangreiche Rezeptdatenbank, ein Forum zu Koch- und Backthemen und Kochvideos auf dem YouTubeKanal. Jeder kann hier seine Lieblingsrezepte hochladen und der Chefkoch-Gemeinde frei zur Verfügung stellen; meist sind sie versehen mit einem (oft unprofessionellen) Foto des Gerichtes. Bei so vielen Hobbyköchen bleibt es nicht aus, dass Rezepte eingestellt werden, die sich durch besonders skurrile Zutatenkombination und Macharten auszeichnen. Die beiden Autoren Lukas Diestel und Jonathan Löffelbein haben sich aus einer Bierlaune heraus den Spaß gemacht, die ihrer Meinung nach absurdesten Rezepte der Hobbychefköche im Internet hochzuladen und sie mit humoristischen Kommentaren zu versehen. »Wir haben uns die schlechtesten

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Gerichte aus der Hölle Rezeptsammlung des Grauens Rezepte per Handy hin und her geschickt und uns köstlich amüsiert. Irgendwann dachten wir: Wird das eigentlich irgendwo gesammelt?« Was als Spielerei begann, hatte in kürzester Zeit großen medialen Erfolg. Mit ihrem Blog »Worst of Chefkoch« wurden sie Foodblogger des Jahres 2017, im GoldmannVerlag erschien ihre „Rezeptsammlung des Grauens”, und zur Zeit ziehen sie mit einer Koch-LeseShow durchs Land (Rhein-MainTermine am Ende des Artikels). Die beiden bezeichnen ihr Werk als „Antikochbuch”, in welchem die Ergebnisse ihrer Schatzsuche nach den verrücktesten, ekligsten, lustigsten und komischsten Rezepten auf chefkoch.de nachzulesen sind. Wer wollte nicht schon immer mal mit Käse überbackenen Käse, Hackfleisch vom Blech mit Ananas

und Frühstückspeck oder KartoffelFleischwurst-Topf mit Harzer Käse probieren? Der WIESBADENER hat aus dem Buch zwei Leseproben ausgewählt, der Künstler Bernd Schneider hat sie illustriert. Lukas Diestel, Jonathan Löffelbein: Worst of Chefkoch Goldmann Taschenbuch ISBN 978-3-442-15979-6. Blog: worstofchefkoch.tumblr.com Lesungen im Rhein-Main-Gebiet: – 13.02.2019 Mainz, KUZ Kulturzentrum Dagobertstr. 20b – 09.05.2019 Frankfurt, Brotfabrik Bachmannst. 2-4

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Kartoffel-Hot-Dogs Zutaten 1 Packung Thüringer Bratwurst, 10 Kartoffeln, 1 Päckchen Saucenpulver (Pfeffersauce), 1 TL Gemüsebrühe instant, je ein Becher sahne, Milch und Wasser; 200 gr. Käse nach wahl. Wer hat nicht schon mal in einen Hotdog gebissen und sich gedacht: »Hmm, schmeckt schon okay, aber man sollte das Brot, die Gewürzgurken, die

Röstzwiebeln, das HotdogWürstchen und die Sauce ersetzen. Zum Beispiel mit einer Kartoffel und einer gekochten Bratwurst.« Dieses kulinarische Äquivalent zu Tennissocken in Sandalen wird nämlich im Ofen, in einer Suppe aus Brühe, Sahne, Milch und Saucenpulver (Pfeffersauce) gekocht. Und ganz ehrlich, was macht es schon, wenn jemand kurz vor dem Foto noch auf den farblich passenden Teller kotzt? Guten Hunger! Zubereitung Kennen Sie das? Sie lieben Hotdogs, aber die sind Ihnen irgendwie zu groß, weil Ihre Hände so klein wie ein Eierbecher sind? Und die Zwiebeln sind Ihnen zu deftig? Die Gewürzgurke hat irgendwie so viel … wie sagt man noch … »Geschmack«? Ketchup ist Ihnen zu süß und Mayo zu fettig? Die Würstchen sind immer so knackig, dass es Ihnen an den Zähnen schmerzt, und außerdem glauben Sie einfach nicht an Brot? Wenn es doch nur die Möglichkeit gäbe, wenigstens das Brot des Bodens, die Kartoffel, das gelbe Gold, die mehlig- trockene Nahrhaftigkeit in Reinformat in den Hotdog mit einzubauen, er würde von Ihnen eine letzte Chance bekommen. 36

Wenn es doch nur die Möglichkeit gäbe, das Würstchen so labberig zu machen wie das Rückgrat diverser Politiker*innen! Aber halt, nicht so schnell! Diese Optionen gibt es doch! A lles, was Sie dafür brauchen, ist der Verlust jeglicher kulinarischen Ambitionen und eine Extraportion der »Eigentlich ist doch alles egal, reicht der zweite Stock schon, um hier einmal runterzuspringen?«-Einstellung. Nehmen Sie 10 Kartoffeln, machen Sie sie nackig, auch die Sandalen und Socken müssen weg. Kleiner Spaß, natürlich ist das Gemüse gemeint, Sie kleiner Dummkopf. Aber das überrascht mich nicht, dass Sie das missverstehen, immerhin sind Sie nicht davon abzubringen, den KartoffelHotdog zuzubereiten. Greifen Sie jetzt zum Apfelausstecher Ihrer Wahl, widerstehen Sie aber der Versuchung, sich damit ein Loch in die olle Denkfabrik zu stanzen, sondern durchbohren Sie viel lieber der Länge nach eine Kartoffel. Füllen Sie jetzt dieses so entstandene Loch mit einer ungebratenen Bratwurst. Toll! Und überhaupt nicht phallisch angehaucht. Wollen Sie mir an dieser Stelle von Ihrer Mutter erzählen? Nein, okay, auch gut. Dann lassen Sie halt Ihre Kartoffel-Colddogs lieber in eine Auflaufform purzeln, klauen Sie noch eine Fertigmischung Pfeffersoße, bereiten Sie diese zu, und kippen Sie das Ganze als weiße klebrige Masse über die überhaupt nicht phallisch anmutende Würstchen-LochKonstruktion. Wie geht es eigentlich Ihrem Vater? Auch nicht? Okay, okay. Backen Sie das jetzt alles ein und lassen Sie es bei 180 Grad im Ofen. Dann noch einmal in die Röhre spickeln, und widerstehen Sie bitte der Versuchung, den Kopf gegen die offene Backofentür zu rammen. Lassen Sie ein wenig Käse auf Ihre Konstruktion fallen und diese noch mal 15 Minuten backen. Wie Sigmund Freud sagen würde: Bon AppeTitte.

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Kalter Braten mediterran Zutaten 150 gr. Roastbeef oder andrer kalter Rinderbraten, dünn aufgeschnitten; Parmesan, Zitronensaft Dieses Rezept wirkt so, als habe ein Langzeitstudent namens Bernd irgendwann seinen Eltern versprochen, für sie einen mediterranen Braten all’ingles zu zaubern, um ihnen von seinen Auslandssemestern in Italien und England zu berichten. Nur scheint besagter Bernd besagte Auslandssemester niemals angetreten zu haben. Stattdessen – meine persönliche Vermutung– saß er ein ganzes Jahr in seiner Wohnung, fraß jeden Tag Fisch und Pommes und murmelte immer wieder »It’s a me, Mario!«, was ihm wohl englisch-italienisch genug war.

ren wir hier auch noch mal in ihrer vollen, wunderbaren Länge: »Das Fleisch auf Tellern anrichten, mit Zitronensaft beträufeln und Parmesan darüber hobeln.« Tja. Denken Sie da mal 13 Semester drüber nach. Dieses Rezept ist in meiner Fantasie Bernds panischer und verkaterter Versuch, seine Eltern zu täuschen. Was für eine Lüge, Bernd. Und hier gleich noch eine: Guten Hunger! Zubereitung Ein Rezept aus der Kategorie »kalt«. Allerdings eher als emotionaler Zustand zu interpretieren.

Lebensgefühl, denn Sie werden fühlen, dass Sie noch leben, wenn Sie mit 400g Pommes im Bauch, halb komatös, halb kotzend, auf dem Küchenboden liegen. Versprochen! Kälteverbrennungen, kann es die überhaupt geben? Fett armer Käse, alkoholfreies Bier, christlich-soziale Union, alles ein Widerspruch, ein Seil, bis zum Zerreißen gespannt. Wie können wir das alles ertragen? Haben Sie nicht auch immer wieder solche Gedanken in I hrem tiefsten Wesen gefühlt? Ja? Dann schließen Sie endlich Ihr verdammtes Philosophiestudium ab, mein Gott, Sie sind im 13. Bachelorsemester und kiffen den ganzen Tag. Kriegen Sie Ihr Leben auf die Reihe, damit Sie sich endlich schön selbst ausbeuten können für den völlig willkürlichen Markt, der nach Ihren Kompetenzen verlangt! (»Uhhhh, da kann jemand über das Denken nachdenken, hui!«) Und falls Ihnen das a lles zu viel sein sollte, dann entspannen Sie sich. Aber schön effiz ient! Vielleicht mit eben jenem einfachen, aber leckeren R ezept? Sie benötigen dafür nur (Zitat): »150 Gramm Roastbeef oder anderer kalter Rinderbraten, dünn aufgeschnitten, Parmesan und Zitronensaft«. Und wissen Sie was? Die originale Zubereitungsanleitung zitieWIESBADENER

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Es ist die Art von Kälte, die wir spüren, wenn uns unsere Eltern das erste Mal enttäuschen, weil wir merken, dass sie auch nur Menschen sind. Es ist die Kälte, die wir spüren, wenn die erste Liebe zerbricht. Es ist die Kälte, die sich in uns breitmachte, als wir erfuhren, dass Jan Ulrich gedopt und uns alle verraten hat. Es ist ein Gefühl des absoluten Alleingelassenseins. Ein »als Kind verloren gehen im Spielzeugladen«. Ein »keine Lyoner mehr an der Fleischtheke angeboten bekommen«. Ein großes Kaputtgehen in uns angesichts der Erkenntnis, dass Peter Lustig Kinder eben doch mochte und wir alle nur dem Artikel einer hetzerischen Zeitung (looking at you, Bild) auf den Leim gegangen sind. Die Geschichte wiederholt sich. Es ist ein Trauern. Doch in dieser Einsamkeit

ist auch eine gewisse Schönheit verborgen. Es schläft eine Selbsterkenntnis darin, wie Goethe sie einst auf seiner Italienreise verspürte. Und vielleicht ist es diese Mischung aus Ichfindung und grundsätzlichem Misstrauen gegen die Welt, gegen sich selbst, welche dieses Gericht mediterran und gleichzeitig englischer Art sein lässt. Alles in diesem Leben ist ein Paradoxon, alles ist nichts. Es ist der Braten – der aber kalt ist. Es ist der Zitronensaft – der süßlich mundet. Und so konfrontiert dieses Gericht uns mit der eigenen Sterblichkeit und ähnlich großen paradoxen Fragen wie: Was ist eine Doppelhaushälfte? Was ist ein flüssiger Klostein? Vignetten: Bernd Schneider 37


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Fotosearch © adam121

Die Welt zu retten war noch nie so einfach: Das Internetsuchportal Ecosia spendet 45% seiner Einnahmen in die Pflanzung von Bäumen, ohne dass ihre Nutzer Mehrkosten zu tragen hätten. Über die grüne Alternative zu Google und Co. 42.285.400 gepflanzte Bäume zu Beginn der Entstehung dieses Artikels, und von Sekunde zu Sekunde werden es mehr: Glaubt man der riesigen Zahl auf der Startseite

Wiederaufforstung investiert, wie dem regelmäßig erscheinenden Finanzbericht entnommen werden kann. Und die Kombination aus Transparenz und ökologischer Zielsetzung scheint gut anzukommen: Über 7 Millionen aktive User sorgen mittlerweile dafür, dass nur noch 1,1 Sekunden bis zur nächsten Neupflanzung vergehen. Die Idee für eine Suchmaschine, die Gutes für Mensch und Natur bewirken kann, hatte Ecosia-Grün-

Die grüne Suchmaschine von Ecosia scheint es die in Berlin ansässige Gesellschaft, die sich selbst lieber Social Buisness nennt, ernst zu meinen mit dem Ziel von einer Milliarden neugepflanzten Bäumen auf der ganzen Welt. Und das alles so bequem wie möglich. „Kostenlos und nebenbei” können Internetnutzer Bäume pflanzen (lassen) und müssen dafür nichts weiter unternehmen als Ecosia als neue Standard-Suchmaschine einzurichten und sich ansonsten wie gewohnt durch das Netz zu wühlen. Knapp die Hälfte des Einkommens oder mindestens 80% des Überschusses wurden dafür im letzten September für Projekte zur 38

der Christian Kroll aus Wittenberg ursprünglich in Nepal. Die Einnahmen aus dem kleinen Projekt, ein eigens nepalesisches Suchportal, sollten soziale Organisationen vor Ort unterstützen. Zwar scheiterte eine dauerhafte Umsetzung an dem mangelnden Netz im Himalaya, doch der Gedanke an eine Webseite, die das Potenzial hat der Umwelt nachhaltig zu helfen und dabei keinen zusätzlichen Aufwand von ihren Nutzern verlangt, war unwiderruflich geboren. Ein paar tausend Kilometer weiter westlich fand Kroll in Berlin nicht nur funktionierendes W-lan (und

das trotz der nur schleppend voran gehenden Digitalisierung in Deutschland), sondern auch ein engagiertes Team, das sich heute aus Posten wie den „Happiness Officer” oder dem „Tree Planting Officer” zusammensetzt. 2009 ging Ecosia schließlich online und hat seitdem nicht nur dazu beigetragen Millionen von Bäumen zu pflanzen, sondern damit gleichzeitig auch unzählige Tonnen CO2 aus der Atmosphäre zu filtern. Weil sich das prinzipiell alles viel zu gut anhört um wahr zu sein, bemüht sich das Team um eine möglichst hohe Transparenz. So kann man auf der Webseite neben der Suchleiste so ziemlich alles finden, was man über Ecosia wissen wollen könnte: Die Geschichte hinter der Idee, jeden einzelnen Mitarbeiter, monatliche Finanzberichte und natürlich eine Vorstellung der aktuellen Projekte. Außerdem wird ein Forum angeboten, in dem die Nutzer Fragen an das Team stellen können. Die einzelnen WiederaufforstungsProjekte, die sich über den ganzen Globus verteilen, aktuell aber vor allem in Südamerika und Afrika zu finden sind, werden vom Team ausgewählt und auf der Webseite beschrieben und verlinkt. So dürfte niemand bei Ecosia Angst davor WIESBADENER

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haben, bezüglich ihrer eigenen Ansprüche genau unter die Lupe genommen zu werden. Selbst die Server laufen alle klimafreundlich mit erneuerbaren Energien, aber das versteht sich ja eigentlich von selbst. Hinter der Idee steckt ein Erfolgsrezept, das immer öfter Schule macht: Menschen die Möglichkeit zu geben, sich für etwas Nachhaltiges einzusetzen, ohne sie dabei wirklich aktiv werden lassen zu müssen. Das hört sich vielleicht etwas deprimierend an, ist aber ehrlicherweise ein überzeugendes Konzept, das z.B. schon vor Jahren von Krombacher entdeckt wurde, als man fleißig gegen die Zerstörung des afrikanischen Urwalds trinken konnte. Ob Ecosia tatsächlich zu einem dauerhaften Konkurrent für Google und den übrigen Konsorten aufsteigt, hängt letztendlich auch an der Leistung der Suchmaschine. Millionen von Usern und noch viel mehr gepflanzte Bäume zeigen aber schon recht eindrucksvoll, dass das Team um Christian Kroll nicht nur auf einem guten Weg ist, sondern bereits einiges für unseren Planeten geleistet hat. Der WIESBADENER empfiehlt Ecosia einfach mal auszuprobieren und selber zu sehen, ob die Seite das Zeug zur neuen Standard-Suchmaschine hat. Und sollten Sie nach ein paar Tagen doch nicht überzeugt werden, dürfte trotzdem ein Baum dabei rausgesprungen sein. Konstantin Mahlow

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Mut tut gut! Frankfurter Start-up will Rhein-Mainers ein bisschen gesünder machen

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rankfurt am Main, 11/2018. Die Geschichte beginnt in New York. Hans-Christian Kämpfer ist begeistert – vom Herzschlag der Stadt, die niemals schläft, von den Menschen und ihren Ideen, die wie er dort leben und ar-beiten und von den unbegrenzten Möglichkeiten, die der Big Apple bietet. Hier ist immer was los. Bloß keine Zeit verschwenden mit Dingen, die man schnell und nebenbei erledigen kann! Zum Beispiel Einkaufen und Kochen und auch Essen und Trinken. Doch das dicke Ende ist bereits vorprogrammiert. Auch bei Hans-Christian stellen sich zu viele Pfunde ein und er fühlte sich einfach nicht mehr wohl in seiner Haut. Hilfe kommt aus grünem Gemüse, erfrischender Minze, sanften Süßkartoffeln und aus Pflanzen Proteinen, die man trinken kann. 40

Alles Bio, zu 100 Prozent handgemacht, superfrisch und supergesund. Hans-Christian greift zu, nimmt ab und spürt die wohltuende Wirkung dessen, was heute als Detoxing oder General-Reinigung des gesamten Körpers durch die Welt der Medien geistert. In regelmäßigen Abständen gönnt er sich eine Cleanse-Kur und erfreut sich bester Gesundheit. Nach zwei Jahren zurück in Deutschland, mittlerweile Papa eines quickle-bendigen Söhnchens, will er wieder einmal durchstarten mit der Kur, die ihm in so guter Erinnerung geblieben ist. Aber Fehlanzeige. Weit und breit kein vergleichbares Angebot zu finden. Alle Säfte, Smoothies und Kuren, die er auftut, enthalten hohe Obstanteile und damit jede Menge Zucker. Im Freundeskreis als Macher

Wollen auch Sie sich wieder wohler fühlen in Ihrem Körper? Hier kommt Ihr Kick-Off! Gewinnen Sie eine Drei-TageCleanse-Kur von „get green plus”. Genießen Sie den nährstoffreichen Dreiklang aus Green Drink, Proteinshake und Suppe und putzen Sie Ihren Body einfach mal gründlich durch. Ohne Hungergefühl! Durch den Cleanse-Effekt verbessert sich Ihre Verdauung und der Stoffwechsel kommt in Schwung. Außerdem pushen Sie Ihr Immunsystem mit vielen guten Nährstoffen. Das Ergebnis: Sie fühlen sich leicht und richtig gut! Bitte beantworten Sie folgende Frage: Wie heißt der Koch bei Get green plus mit Vornamen? Antwort-Mail unter dem Stichwort „get green plus” bis zum 15.1.2019 an: mail@media-futura.de. Die Gewinner werden aus den richtigen und rechtzeitigen Einsendungen gezogen. Einsendungen OHNE Stichwort und OHNE Adressangaben sind von der Teilnahme ausgeschlossen. Es gilt Datum (& Uhrzeit bei eMails) der Einsendung (bzw. des Poststempel). Der Rechtsweg ist ausgeschlossen, ebenso sind die Mitarbeiter der media futura von der Teilnahme an der Verlosung ausgeschlossen. WIESBADENER

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bekannt, ergreift er die Initiative und wird aktiv. Das Ergebnis sind Produkte, die so ganz anders sind, als all’ das, was ihm in seiner neuen Heimat in Frankfurt begegnete. Nach einem Jahr harter Entwicklungsarbeit – gemeinsam im mittlerweile fünfköpfigen Team – stehen Produktpalette und Name des neuen, kleinen Unternehmens, das sich als Start-up profilieren möchte. Jetzt will die „get green plus GmbH” mit ihrem Green Drink, den Detox Suppen und einem rein pflanzlichen Proteinshake – alles in Bioqualität – bei ihren Kunden punkten. Ernährungsexperten und Lebensmittelchemiker sind an der Seite des engagierten Teams rund um Gründer und Geschäftsführer Hans-Christian Kämpfer. Firmensitz der „get green pus GmbH” ist Frankfurt am Main. Auch hier leben viele Menschen auf der Überholspur und haben wenig Zeit, sich gesund zu ernähren. Mit jedem einzelnen Produkt aus der Range von „get green plus” können sie sich schnell und unkompliziert etwas Gutes tun – ob im Job oder zu Hause – ob als Kur oder einfach so als Alternative zu Fast Food und Snacks, zu denen man in Eile immer wieder gerne greift.

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mixt und mit Liebe zubereitet. Zusatzstoffe sind keine drin und auch Veganer dürfen bedenkenlos zugreifen. Ein Spezialverfahren, HPP oder High Pres-sure Processing genannt, sorgt für schonende Haltbarkeit ohne Vitaminverlust und damit für die Voraussetzung, dass „get green plus” seine Produkte auch an Kunden in ganz Deutschland auf den Weg bringen kann. Neue Produkte wie zum Beispiel energiegeladene Ingwer Shots sind bereits in der Pipeline und die Erweiterung der Vertriebswege ins deutsch-sprachige Ausland ist in Vorbereitung. Weitere Infos gibt’s unter www.getgreenplus.com oder ganz persönlich vom get green plus Quintett in der Frankfurter Schloßstraße, wo das kleine Büro, die Küche und die Packstation von „get green plus” beheimatet sind. Kontakt: get green Plus GmbH Schloßstraße 83 60486 Frankfurt am Main Telefon: +49 69 7103 4565 E-Mail: info@getgreenplus.com Website: www.getgreenplus.com

Die grünen, pflanzlichen Alternativen schmecken gut, sind handgeWIESBADENER

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Perle küsst Auster im LOFTWERK

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– Erlebnisraum für alle Sinne

auf kunstvolle Inspiration und ließen unvergessliche Momente entstehen. Nun ist das neue Programmheft für die 1. Hälfte des Jahres 2019 erschienen und begeistert mit einer Vielfalt erlesener Events. Um nur einige davon zu nennen:

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as LOFTWERK nennt sich der Ort im Herzen Wiesbadens, in dem auf einzigartige Weise Goldschmiedekunst, genussvolle Erfahrungen und wechselnde Kunstausstellungen miteinander verschmelzen. Geschaffen hat diesen außergewöhnlichen Erlebnisraum die Goldschmiedemeisterin Anja Roethele, die sich zum Ziel gesetzt hat, in diesem beeindruckenden Ambiente alle Sinne zu berühren. So konnte sie ihren Gästen in den letzten Monaten außergewöhnliche Veranstaltungen anbieten, welche die Zeit wie im Fluge vergehen ließen. Verführerische Törtchen, Gin, Vernissage, Wein und Musik, Sinneserlebnisse und SuperFood-Eis sowie viele weitere intensive Genüsse trafen hier 42

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Bei „tango@Loftwerk” geht es um Kommunikation und Kultur, um (Führungs-)Kultur in Unternehmen und darum, was wir vom Tango über Führen, Führung und Führungskräfte lernen können. Der Referent, Ricardo „El holandés”, weiß, wovon er spricht, denn er arbeitete zunächst als Bauingenieur, bis er nach Buenos Aires ging, um mit seinem Tango berühmt zu werden. Im Eis-Workshop von Kerstin Pooth lernen die Teilnehmer, das besondere Eis selbst herzustellen: Eis auf pflanzlicher Basis, das geschmacksintensiv, soja-, laktose- & glutenfrei ist, sowie ohne raffinierten Zucker auskommt.

Appetit auf mehr bekommen? Dies ist nur eine kleine Auswahl aus dem neuen Programm. Ob Gin Lounge, Ring-Workshop, Sinneserlebnis, Kunst-vernissagen oder Pink Day – jede Veranstaltung des LOFTWERKS ist ein Fest für Genießer!

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Alle Termine & weitere Infos zur Anmeldung unter: www.loftwerk-roethele.de

Unser Tipp zur Weihnachtszeit: Verschenken Sie einen unvergesslichen Genuss-Moment, wählen Sie auf der LOFTWERK-Website Ihr persönliches Event aus und reservieren es online. Sie erhalten dann eine Rechnung und unseren Genuss-Gutschein.

„Perle küsst Auster” – Goldschmiedemeisterin Anja Roethele nimmt Ihre Gäste mit auf eine ästhetische und kulinarische Reise ins Reich dieser faszinierenden Geschenke des Meeres. Man erfährt Spannendes, Wissenswertes, Historisches und Aktuelles über die Perle, deren Glanz immer wieder bezaubert. Anschließend folgt die Verführung mit kulinarischen Gaumenfreuden aus dem Meer. Mit SOUL WINE 2019 kehren die Sängerin Michelle Poole und der Sommelier Michael Kietzmann zu ihrer Ursprungsidee zurück: ein exklusives Programm für den musikalisch-kulinarischen Genuss im kleinen Kreis, gefühlvoll und sinnlich, atmosphärisch und emotional. So hat Wein noch nie geklungen und Musik noch nie geschmeckt. WIESBADENER

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Weihnachtsmarkt im Traubenwerk, alle Fotos: Marcel Müsel

Weihnachtsmärkte der Winzer

Gemütlich und ein bisschen so, wie es früher einmal war

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ald ist es wieder soweit. Die Weihnachtsmärkte öffnen ihre Pforten und die Menschen drängen sich vor den Ständen.

Im Rheingau auf den Weihnachtsmärkten der Winzer ist die Weihnachtszeit noch eine stille Zeit – frei von Kitsch und Kommerz. Zum Beispiel in Lorch. Hier lebt sie noch, die Vorfreude auf die Weihnachtstage, die mit Spannung erwartet werden. In drei Veranstaltungen feiert die kleine Weinstadt die Vorweihnachtszeit und lädt Gäste zu nah und fern zu einer kleinen, gemütlichen Auszeit ein. Los geht’s mit “Advent im Keller” am 2. Dezember im Weingut Altenkirch. Traditionell am ersten Adventssamstag findet auch der Lorcher Weihnachtsmarkt rund um das historische Hilchenhaus statt. Fast noch ein Geheimtipp ist der Adventsmarkt im “Traubenwerk” am 9. Dezember. Von Lorch aus sind viele weitere Weihnachtsmärkte im Rheingau bequem mit dem Zug zu erreichen. Das macht Sinn, denn ob Winzerglühwein oder Traubenpunsch, heißer Roter oder Tresterschnaps – das Auto lässt man besser stehen, wenn man sich auch einmal das eine oder andere Gläschen genehmigen möchte. In selbst gezimmerten Buden, auf liebevoll gedeckten Tischen und in den Regalen – natürlich aus Weinkisten – haben die Winzerfamilien und die

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Landfrauen, die Vereine und regionale Künstler viele schöne Dinge aufgereiht, die um die Gunst der Betrachter wetteifern. Das Kunstgewerbe stammt aus der Töpferei um die Ecke, die Kissen sind handgenäht, die Ringe sind Unikate und die Teddys stopft seit ewigen Zeiten die Oma. Ein besonderes Highlight sind neben den winterlichen Weinkollektionen die hausgemachten Spezialitäten und der Glühwein nach alten Hausrezepten. Bei den Riesling-Sternen wird garantiert nicht an guter Butter gespart und zum Stollen mit eingelegten Weintrauben gibt es gleich die passende Weinempfehlung. So bleibt der Rheingau in bester Erinnerung! Gemütlich übernachten kann man im Lorcher “Hotel Im Schulhaus”. Hier kann man dem Weihnachtstrubel entfliehen, einfach mal entspannen oder auf Winterwanderschaft gehen. Das Hotel Team kennt sich bestens aus in der Region und hält neben einer Übersicht der Rheingauer Weihnachtsmärkte auch viele weitere Geheimtipps für ein rundum gelungenes, vorweihnachtliches Wochenende bereit. Weitere Infos unter: Tel. 06726 80 71 60 oder auf der Website www.hotel-im-schulhaus.com WIESBADENER

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ZUSAMMEN LEBEN

Aus Ideen werden Taten Dem Gemeinwohl in der Stadt dienen!

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or 15 Jahren gegründet, kann die Wiesbaden Stiftung auf eine beeindruckende Bilanz schauen. Sie hat sich als erfolgreiche Plattform für bürgerschaftliches Engagement etabliert. Neben großen und kleinen Problemen, die wohl jede Stadt dieser Größenordnung hat, warten auf die hessische Landeshauptstadt auch phantastische Chancen. Das im zweiten Weltkrieg relativ wenig zerstörte Wiesbaden ist eine schöne Stadt – ein Diamant, an dem jedoch so manche Seite noch geschliffen werden kann. Die Wiesbaden Stiftung möchte, dass Wiesbaden schöner, lebensund liebenswerter wird. Sie bietet Privatpersonen, aber auch Vereinen, Institutionen und Unternehmen unbürokratische Möglichkeiten, sich dauerhaft und effektiv für Wiesbaden zu engagieren. „Nehmen Sie als Bürger von Wiesbaden Einfluss auf die Entwicklung Ihrer Stadt – hinterlassen Sie Spuren!“ Die Wiesbaden Stiftung setzt ihre Ziele hauptsächlich in thematischen Projekten um, die sie entweder alleine oder mit Unterstützung von Sponsoren und Partnern durchführt. Zugleich werden Projektideen Anderer gefördert und mitWIESBADENER

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Mitmachen erwünscht! Sie haben verschiedene Möglichkeiten, sich selbst für Ihre Stadt Wiesbaden im Rahmen unserer Bürgerstiftung einzusetzen: – Werden Sie Stifterin oder Stifter. Sie können jeden beliebigen Betrag direkt zustiften, oder Sie stiften einen größeren Betrag und bekommen Ihre eigene Treuhandstiftung oder gründen einen Stiftungsfonds – beides von uns verwaltet.

geholfen, gute Initiativen auf den Weg zu bringen. Beispielhaft dafür stehen folgende Projekte: – Das BürgerKolleg bietet seit September 2010 Weiterbildung für Ehrenamtliche – eng an deren realen Bedarf angepasst und zudem für diese kostenfrei. – Der Leonardo Schul Award zeichnet erfolgreiche Projekte von Schülerinnen und Schüler (7. bis 13. Klasse) aus.

– Spenden Sie einen beliebigen Betrag – mit oder ohne Zweckbindung. Für die Stiftung als ganzes oder für einzelne Projekte der Stiftung. Ihr Geld erreicht immer zu 100 Prozent den von Ihnen angestrebten Zweck.

– Das Projekt LeseRitter ermutigt junge Menschen, in Altenheimen, Kindergärten, Buchhandlungen, Schulen und bei speziellen Anlässen als Vorleser zu agieren.

– Werden Sie Mitglied im Verein “Freunde der Wiesbaden Stiftung”. Hier gibt es wiederum drei Mitgliedschaften, so dass für jedes Portemonnaie etwas dabei ist.

– Bei den „Stadtteilhistorikern” werden Amateur-Historiker eingeladen, in eineinhalb Jahren ein stadtgeschichtliches Thema aufzuarbeiten und zu dokumentieren.

– Engagieren Sie sich selbst – stiften Sie sozusagen Zeit. Dieses geht direkt bei der Stiftung oder im Verein (in den jeweiligen Gremien), oder bei den bestehenden Projekten. Genaues erfahren Sie in der aktuellen Broschüre “Mitmachen” auf www.wiesbadenstiftung.de.

– Der Fotowettbewerb ZOOM! zum Thema Umwelt findet alle zwei Jahre statt – Der Verein “Freunde der Wiesbaden Stiftung” veranstaltet historische Vorträge und Führungen. 45


ZUSAMMEN LEBEN

Die Stiftung bietet allen gesellschaftlichen Gruppen die Möglichkeit zur Zusammenarbeit und vernetzt Institutionen, Unternehmen und Bürger Wiesbadens, die die Stadt lebenswerter machen wollen. Sie ist dabei parteipolitisch neutral und unabhängig. Zudem unterstützt sie andere Bürgerstiftungen bundesweit. „Projekttransfer” ist ihr wichtig. Ihre größten Projekte werden mittlerweile in anderen Städten kopiert. Umgekehrt hat die Wiesbaden Stiftung auch schon viele gute Anregungen von anderen Stiftungen bekommen, die in die Projekte eingeflossen sind. KONTAKT: Die Wiesbaden Stiftung Im Hause der IHK Wilhelmstraße 24 – 26 65183 Wiesbaden info@die-wiesbaden-stiftung.de www.wiesbadenstiftung.de Fax: 0611 – 150 071 36 Bankkonten der Wiesbaden Stiftung Wiesbadener Volksbank BIC: WIBADE5W IBAN: DE74510900000001000500 Nassauische Sparkasse BIC: NASSDE55 IBAN: DE81510500150555000025 46

INTERVIEW Mit Thomas Michel, Vorstand der Wiesbaden Stiftung Wie sehen Sie das Selbstverständnis der Wiesbadener Bürgerstiftung? Wir wollen weder in Konkurrenz zur Stadt und Kommune treten noch streben wir an, Aufgaben aus dem Bereich der staatlichen und kommunalen Verantwortung zu übernehmen. Aber wir möchten in enger Zusammenarbeit mit der Stadt und ihrer Verwaltung das städtische Angebot ergänzen und mit modellhaften Initiativen Innovationen auf den Weg bringen. Seit 15 Jahren gibt es nun die Wiesbaden Stiftung… …was für eine Stadt zwar keine lange Zeit ist, trotzdem hat sich seit unserer Gründung am 5. August 2003 in Wiesbaden viel bewegt. Unsere Bürgerstiftung konnte in diesen 15 Jahren eine doch sehr stattliche Bilanz aufstellen. Unser Eigenkapital sowie das verwaltete Kapital haben wir verzwanzigfacht, über 10.000 Jugendliche haben beim Leonardo mitgemacht, über 6.000 Ehrenamtliche wurden durch unser Bürgerkolleg weiter qualifiziert, viele Tausende Menschen haben erfolgreiche Aktionen durchgeführt wie Bürgersteine, Parkverschönerungen,

Baumaktionen – eine fast nicht endende Aufzählung könnte hier noch folgen. Was sehen Sie derzeit als große Herausforderung? Eine große Herausforderung besteht sicherlich darin, unsere Stifter und Stifterinnen dauerhaft für unsere Arbeit zu begeistern und neue Akteure hinzu zugewinnen. Denn die Gemeinschaft läßt sich am besten dadurch stärken, dass sich viele aktiv einbringen oder uns durch Zuwendungen unterstützen. So hat uns gerade ein privater Förderer ein ganzes Haus übertragen, dass wir zukünftig als Zentrum für alle Wiesbadener einrichten wollen. Und die nächsten 15 Jahre? Mit ihrer unglaublichen Vielfalt an Angeboten und Projekten sieht sich die Wiesbaden Stiftung für die gesellschaftlichen Herausforderungen der nächsten Jahrzehnte gut gewappnet. Wir fordern alle Bürgerinnen und Bürger der hessischen Landeshauptstadt auf: Lassen Sie Wiesbaden wieder zu ihrer geliebten und geschätzten Heimat werden! WIESBADENER

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ZUSAMMEN LEBEN

für den vierjährigen Obeed aus Kinshasa im Kongo. Eine schwere Wirbelsäulen-Operation in de Spezialklinik Vogtareuth soll den kleinen Jungen vor der Lähmung bewahren. Die OP-Kosten sind gesichert, doch Fahrtkosten, Vor- und Nachbehandlung, Begleitung brauchen noch Spenden. Info gibt es bei Dr. Mohammed Ghodsinat von der „Initiative für Einzelschicksale e.V.“ unter Telefon: 06831 – 70 14 20. kontakt@hilfe-einzelschiksale.de „Gott allein genügt”: Das deutsch übersetzte Lebenszeugnis des Kardinals Philippe Ouédraogo von Burkina Faso wurde vom früheren katholischen Stadtdekan Werner Bardenhewer herausgegeben.

„Africa action“ begeistert mit literarisch-musikalischem Nachmittag und „Motor“ Werner Bardenhewer bringt ein Buch heraus. „Es war, als hätt` der Himmel die Erde still geküßt...“ Der Freundeskreis Wiesbaden der „Africa action“ hatte zum literarisch-musikalischen Benefiz-Nachmittag ökumenisch eingeladen mit der katholischen Erwachsenenbildung, der evangelischen Stadtakademie und der Theatergemeinde Wiesbaden. Initiiert von Benjamin Krämer-Jenster, war die Begegnung mit dem „letzten Romantiker“ Joseph von Eichendorff mit dem renommierten Staatstheater-Schauspieler („Liliom“/ „Antigone“) und der bekannten Kirchenmusikerin Mirjana Petercol hochkarätig besetzt. Spendenkonto IBAN DE03 3706 0193 0000 9988 77 BIC GENODED1PAX (Pax-Bank) Verwendungszweck „Für Sahel”. Info: www.africa-action.de/wiesbaden.html

Der Erlös fördert behinderte Kinder in Burkina Faso, Mali und Niger wie die taubblinde Marguerite Gansore, die bitterarm in der Nähe der Hauptstadt Quagadoudou lebt und seit Jahren von der africa action gefördert wird. Der frühere katholische Stadtdekan und Freundeskreis-

Werner Bardenhewer ist unter die Herausgeber gegangen und brachte das Lebenszeugnis einer „faszinierenden Persönlichkeit“ heraus: Kardinal Philippe Ouédraogo wählte den Titel: „Gott allein genügt.“ Die starke spirituelle Botschaft ist das Fundament des Kirchenrechtlers aus Obervolta aus muslimisch-christlicher Familie, dem der interreligiöse und interkonfessionelle Dialog wichtig ist. Der Wiesbadener Freundeskreis der

Eine Begegnung mit dem „letzten Romantiker” von Eichendorff und mit Kardinal Ouédraogo von Burkina Faso „Motor“ dankte den Wiesbadener Rotariern für ihre 19.000 Euro-Spende an die Augenklinik in Mopti im Norden von Mali, eine von mehreren Augenkliniken des Freundeskreises. „Entscheidend sind persönliche Kontakte. Unsere Spenden helfen den ärmsten Menschen unmittelbar.“ Werner Bardenhewer setzt sich auch persönlich ein mit der Bitte um Hilfe

Africa Action plant eine siebte Augenkliniken der Diözese Tenkodogo, Region Darangu. 2019 wird der 20. Geburtstag zelebriert. Am 18. Mai 2019 beginnt um 18 Uhr der Festgottesdienst in der St. Bonifatiuskirche, danach wird im Roncallihaus fröhlich gefeiert. Text und Fotos: Gesine Werner

Es war ein Sternstündlein mit langem Nachhall, das Kopfkino wurde von der ausdrucksmächtigen Lesung tüchtig in Gang gesetzt. EichendorffWorte waren mit Klängen von Schubert, Beethoven, Scarlatti, Tournemire und Co. als zartes Gespinst verwoben. Diplom-Musikerin Petercol faszinierte mit Flügel, Drehleier und dem speziell angefertigten Portativ Auge und Ohr. Mucksmäuschenstille im voll besetzten Roncalli-Saal. Begeisterter Applaus. An Zugaben nie genug und der einhellige Wunsch: Das außergewöhnliche Gesamtkunstwerk soll keine „Eintagsfliege“ sein. WIESBADENER

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Staatstheater-Schauspieler Benjamin Krämer-Jenster und DiplomMusikerin Mirjana Petercol faszinierten mit ihrem literarisch-musikalischen Benefiznachmittag der Africa Action.

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