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Heilige Corona, bitte für uns

einem Luxusproblem. So kann nur jemand reden, der den Luxus genießt, die Heilige Messe für sich selbst –auch ohne Gläubige –feiern zu können. Und so war die Botschaft vieler Bischöfe in der Coronakrise eine erschreckende Umkehr alles bisher durch die Kirche Gepredigten. Auf einmal geht es ohne Sonntagsmesse. Es geht ohne Osterbeichte. Es geht sogar ohne Taufen. Ausgefallen oder zumindest verschoben auch Firmungen und Erstkommunionen. Vielerorts keine Spendung der Krankensalbung für Sterbende, weil Priester keinen Zutritt in Krankenhäuser und Altenheime erhielten. Keine Exequien, kein Seelenamt für unsere Verstorbenen. Alles irrelevant, alles ein Luxusproblem? Und das der Würzburger Bischof in der Coronakrise eine bürgerliche Binsenweisheit aufgreift und sagt: „Das Wichtigste sei die Gesundheit der Menschen“, zeigt; wie sehr sich offensichtlich weite Teile der Kirche von derVorstellung entfernt haben, das Wichtigste sei das ewige Seelenheil der Gläubigen. Und auch ich glaube, dass wir viel deutlicher auf das schauen müssen, was für das Seelenheil der Menschen relevant ist. Oft höre ich die pastorale Phrase: „Wir wollen Menschen zu Christus führen.“ Ist dann nicht, gerade jetzt in Krisenzeiten, der Moment da, um zu hinterfragen, wie sehr wir auch (binnen-) missionarisch unterwegs sind - in unserer Ehe-, Tauf-, Firm- und Erstkommunionsvorbereitung, aber vor allem auch in unseren Vereinen, Verbänden, KiTas, Krankenhäusern und Pflegeheimen? Kann Corona uns zu der Neubesinnung führen, dass die Seelsorge wieder zuvorderst die Seele sorgend in den Blick nimmt? Und zu der Einsicht, dass der Wunsch nach geistlicher Hilfe aus dem Sakramentenempfang kein Luxusproblem der Gläubigen ist, sondern deren gutes Recht als Glieder des Volkes Gottes!

Haben Sie schon einmal von der Heiligen Corona gehört? Ich jedenfalls noch nie! So habe ich mich in diesen besonderen Zeiten mal eingelesen in die Geschichte derer, die den gleichen Namen trägt wie unsere unheilvolle Pandemie. Gibt es da vielleicht eine Verbindung? Sagt sie uns was Tröstliches, Mutmachendes?

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Die Legende (!) sagt, dass Corona im Jahr 177 nach Christus mit 16 Jahren den Märtyrertod starb, indem sie an heruntergebogenen Zweigen zweier Palmen festgebunden und beim Loslassen der Zweige in die Luft geschleudert und zwischen den Bäumen zerrissen wurde. Grund für dieses grausige Todesurteil war angeblich, dass sie Victor von Siena in seiner Marter beigestanden hat, bevor er enthauptet worden ist. Diese Geschichte entbehrt allerdings jeglicher historischer Nachweise.

Corona gilt als die Schutzheilige der Fleischer, Schatzgräber und des Geldes (Corona = Krone als Währungseinheit). Vereinzelt wird sie auch als Fürsprecherin bei Seuchen angebetet (welche Ironie des Schicksals!). Teile ihrer Gebeine ruhen in der Domschatzkammer in Aachen. Die Hl. Corona wird vielerorts und in einigen Ländern verehrt, z.B. in Österreich, Italien, Tschechien und auch bei uns in Deutschland. Ich zeige mich also beschämt ob der Wissenslücke in meinem Heiligenrepertoire.

Corona-und-Leopardus-Schrein in der Domschatzkammer Aachen. Zu sehen ist das Martyrium der Heiligen Corona. Hinter ihr die Palmen, links vor ihr Victor von Siena, der bereits vor dem Richtblock kniet.

Foto: Domkapitel Aachen/Andreas Steindl

Irgendwie stellt mich meine Recherche nicht zufrieden. Mir scheint die „Unbekannte“ eher nichtssagend, als Schutzpatronin willkürlich eingesetzt (oder was haben die Metzger mit ihr zu tun?), vielleicht nicht einmal der Realität entsprungen. Und als Beschützerin vor Seuchen hätte sie doch jetzt allemal ihren Titel verwirkt. Aber ich will nicht respektlos erscheinen.

Die Ernennung und auch Anbetung von Schutzpatronen entspricht dem zutiefst menschlichen Bedürfnis nach Sicherheit und Halt, nach „etwas“ zwischen Himmel und Erde, zwischen Gott und den Menschen. Eine Person, die unser Vorbild im Leben und Glauben ist, die uns sozusagen zeigt, „wo es lang geht“.

Wir flehen zum Hl. Antonius, wenn wir etwas verloren haben, oder zum Hl. Blasius, wenn wir Halsschmerzen haben. Einem jeden schreiben wir besondere Kräfte zu, die wir in der Not zu unserem Nutzen erbitten.

Aber, liebe Leser, so geht das doch nicht! Wir selbst sind verantwortlich für unser Leben, müssen achtsam mit unserer Gesundheit umgehen und uns vor Gefahren schützen. Geht was schief, können wir nicht den Schutzpatron hierfür bezichtigen. Wer im Chaos lebt, muss die Dinge ordnen, um etwas wiederzufinden. Das macht nicht der Hl. Antonius. Wenn wir alles für das Gelingen einer Sache tun, dürfen wir hierbei um „heilige“ Unterstützung bitten. So herum wäre es richtig. Ein Bittgebet schadet allerdings nie und auch nicht das Vertrauen auf Schutz und Hilfe.

Kommen wir nochmal auf die Heilige Corona zurück, sofern es sie überhaupt gab! Mir fehlt die Verbindung zwischen ihr und meinem Leben, zwischen ihr und der weltweiten Pandemie namens Corona, die uns immer noch in ihren Klauen hält. Und ich komme zu dem Schluss, dass es eine unbedeutende Namensgleichheit ist. Ich glaube, ich würde sie zumindest von der Liste der Schutzheiligen gegen Seuchen streichen, mir aber bei ihr Kraft dafür erbitten, anderen in ihren schwersten Stunden beizustehen und sie nicht alleine zu lassen, wenn sie mich am meisten brauchen. Hierin war sie Vorbild. Den ersten Schritt muss ich allerdings selber wagen.

„Heilige Corona stehe allen bei, die sich hingebungsvoll um Erkrankte kümmern und in Kauf nehmen, sich dabei selbst zu gefährden.“ Ein Gebet, das zum Himmel geht –ob auf direktem Wege oder über die Heilige Corona ist nicht so erheblich, oder? Und so hat mir die Heilige doch noch etwas vermittelt. Schade aber, dass ihr Name seit 2020 negativ besetzt sein wird!

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