Philosophie Magazin Nr. 3 / 2017

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Nr. 03/ 2017

April/Mai

MAGAZIN Noam Chomsky „Sprache ist nicht zum Kommunizieren da!“

Und woran

zweifelst

du

und die Überwachung

Sammelbeilage

Vorwort / Éric Sadin Überblick / Victorine de Oliveira

Der Klassiker zur Überwachung, mit 16-seitigem Booklet

„1984“ (Auszüge)

1 / Orwell und die Überwachung

Mittelheft_Orwell_PMD_03_2017_final.indd 1

28.02.17 15:53

HYGGE – DER DÄNISCHE WEG ZUM GLÜCK? ANALYSE: IM KOPF VON MARINE LE PEN

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Orwell Nr. 33

D: 6,90 €; Ö: 7,- €; CH: 12,50 SF; Benelux: 7,40 €

LEITFADEN FÜR DAS POSTFAKTISCHE ZEITALTER


Denker in diesem Heft

Kluge Antworten auf eine der drängendsten Lebensfragen. Broschiert · 144 S. 978-3-15-020490-0 · € 12,00

S. 68

S. 56

S. 58

Noam Chomsky

Catherine Newmark

Georg Mascolo

Der emeritierte Professor für Sprachwissenschaft hat die Linguistik mit seinem Modell der „generativen Grammatik“ grundlegend verändert. Nicht zuletzt wegen seiner kritischen Analysen gegenüber der US-Politik zählt er zu den wichtigsten Intellektuellen der Gegenwart. Im Gespräch erläutert er, warum in der unveränderlichen Natur des Menschen zugleich das Fundament der Freiheit liegt.

„Warum die Skepsis männlich ist“ lautet der Titel des Beitrags von Catherine Newmark. Die promovierte Philosophin ist Redakteurin des Philosophie Magazins und Chefredakteurin der zweimal jährlich erscheinenden Sonderausgabe. Neben ihrer Tätigkeit beim Deutschlandradio Kultur betreut sie den feministischen Autorenblog „10 nach 8“ auf ZEIT ONLINE.

Seit 2014 ist der Journalist Leiter des Rechercheverbunds NDR, WDR und Süddeutsche Zeitung, der im letzten Jahr maßgeblich an den Veröffentlichungen der Panama Papers beteiligt war. Im Dialog mit Lorraine Daston erläutert der ehemalige Spiegel-Chefredakteur, welche Rolle den Medien angesichts des „postfaktischen“ Zeitalters zukommen wird, und wie sie diese verantwortungsvoll ausfüllen können.

S. 50

S. 58

S. 1–100

Philipp Hübl

Lorraine Daston

Nils Markwardt

Wie in seinem 2015 erschienenen Buch „Der Untergrund des Denkens“ (Rowohlt) stellt er sich auch in seinem Beitrag wieder auf die Seite der kritisch Hinterfragenden. Er zeigt sechs Argumentationsstrategien auf, um sich gegen pseudoskeptische Gesprächspartner zu wappnen. Der Juniorprofessor für Theoretische Philosophie lehrt und forscht am Institut für Philosophie in Stuttgart.

Die Direktorin des Max-PlanckInstituts für Wissenschaftsgeschichte in Berlin lehrte bereits in Harvard, Princeton und Göttingen. 2007 veröffentlichte sie ihr Buch „Objektivität“ (Suhrkamp), das auch fünf Jahre nach seinem Erscheinen aktueller nicht sein könnte. Im Gespräch mit Georg Mascolo geht sie der Frage nach, wie aus Daten Fakten werden und was eine Kultur tun muss, um die Idee der Wahrheit zu schützen.

Mit Duftkerzen gerüstet streifte Nils Markwardt als Reporter durch Kopenhagen: auf der Suche nach dem dänischen Lebensgefühl „Hygge“. Nach dem Studium der Literatur- und Sozialwissenschaft arbeitete er als Redakteur bei der Wochenzeitung Der Freitag und war u.a. als freier Autor für ZEIT ONLINE tätig. Nun begrüßen wir ihn als Leitenden Redakteur des Philosophie Magazins. Willkommen!

Nichts charakterisiert den modernen Menschen so sehr wie seine Arbeit. Ich arbeite, also bin ich? Diese Frage stellen nicht erst wir uns; bereits seit der Antike fragt man sich: Macht Arbeit glücklich?

Mit diesem Band startet eine neue Buchreihe von Philosophie Magazin und Reclam. Die Bände bieten knappe Gedankenanregungen; eine geistreiche Mischung aus Essay, Einführung in das Denken und Texte der wichtigsten Philosophen sowie Gespräche mit zeitgenössischen Denkern: kluge Antworten auf wichtige Fragen unserer Zeit.

Reclam

Die nächste Ausgabe erscheint am 18. Mai 2017

www.reclam.de

Fotos: Edouard Caupeil; Johanna Ruebel; Malte Jäger (2); Rowohlt/Juliane Marie Schreiber

In Kooperation mit dem


Intro

Horizonte

Dossier

Ideen

S. 3 Editorial S. 6 Ihre Frage S. 7 Kinder fragen Tomi Ungerer S. 8 Leserbriefe

S. 24 Analyse Im Kopf von Marine Le Pen Die Ideologie des Front National Von Michel Eltchaninoff S. 32 Reportage Hygge – der dänische Weg zum Glück? Von Nils Markwardt

Und woran zweifelst du?

S. 68 Das Gespräch Noam Chomsky S. 74 Werkzeugkasten Lösungswege / Gedanken von anderswo / Die Kunst, recht zu behalten S. 76 Der Klassiker Orwell und die Überwachung + Sammelbeilage: „1984“ (Auszüge) Mit Éric Sadin

Zeitgeist S. 10 Sinnbild S. 12 Denkanstöße S. 14 Resonanzen Martin Schulz und die Dialektik des Charismas / Vom Stadionverbot zum „Muslim Ban“: Wie gerecht sind Kollektivstrafen? / Robotersteuer: Der Anfang vom Ende des Kapitalismus? S. 18 Tatendrang Charles Fosters einzigartiges Tierexperiment S. 20 Erzählende Zahlen Die Kolumne von Sven Ortoli

S. 32

S. 40 Trumps dunkle Skepsis Von Wolfram Eilenberger S. 44 Kaum zu glauben! Die einflussreichsten Skepsisargumente Von Yves Bossart S. 50 Wege aus der Verwirrung. Wie man mit Trollen argumentiert Von Philipp Hübl S. 56 Wenn Männer zu sehr zweifeln Von Catherine Newmark S. 58 Welchen Fakten können wir trauen? Lorraine Daston und Georg Mascolo im Gespräch S. 24

Bücher S. 82 Buch des Monats Aufstand der Rechten S. 84 Thema Kracauer und Benjamin S. 86 Scobel.Mag S. 88 Die PhilosophieMagazin-Bestenliste S. 90 Unterwegs nach Amerika. Jonas Lüscher und Armen Avanessian finden eine neue Welt

Fotos: Javier Jaen; Joakim Eskildsen; Fred van Deelen/l’un & l’autre; Jorge Perez Higuera

Finale S. 92 Agenda S. 94 Comic + Spiele S. 96 Lebenszeichen Von Tieren lernen: Der Tiger / Das Gare ist das Wahre / Impressum S. 98 Sokrates fragt Ronja von Rönne

S. 41

S. 23

Philosophie Magazin Nr. 03 / 2017 / 5


 IM KOPF

VON

MARINE

LE PEN


Horizont

Analyse Marine Le Pen will das von ihrem Vater stammende ideologische Fundament des französischen Front National umkrempeln. Sie beruft sich auf linke und antiautoritäre Denker. Sie gibt sich als Kämpferin gegen die Globalisierung und sieht diese als eine neue Form des Totalitarismus. Aber hat sie ihre Partei wirk­ lich aus der rechtsextremen Ecke herausgeholt? Wer ihre Reden liest und ihre Kundgebungen besucht, erkennt, dass es damit nicht weit her ist. Entschlüsselung der neuen Sprache des Front National Von Michel Eltchaninoff

S

aint-Cloud, ein Vorort von Paris,

Illustration: Fred van Deelen/l’un & l’autre; Autorenfoto: privat

Michel 12. Juli 2016. Wenn man den privaten, von luxuriöEltchaninoff sen Anwesen gesäumten Park Montretout durchNachdem der russischstämmige Philosoph und Journalist Michel Eltchaninoff letztes Jahr sein Buch „In Putins Kopf“ (Tropen, 2016) veröffentlichte, folgt nun mit „Dans la tête de Marine Le Pen“ (Coédition Actes Sud; dt.: Im Kopf von Marine Le Pen) auf Französisch die zweite Analyse einer durchaus streitbaren politischen Persönlichkeit. Eltchaninoff ist leitender Redakteur des französischen Philosophie Magazins

quert, kommt man zu den Le Pens. Marine Le Pen hat hier jahrelang in einem zum Loft ausgebauten Nebengebäude gewohnt. Sie verließ den Ort Ende 2014, einige Monate vor dem offiziellen Bruch mit ihrem Vater. Der Grund? Ein Dobermann des Patriarchen soll eine der Katzen seiner Tochter getötet haben. Symbolträchtig. Einer dieser Dobermänner knurrt übrigens beim Eintreten des Besuchers. Der Mann, der das Gartentor öffnet, lächelt nicht, als er gefragt wird, ob der imposante Wachhund beißt oder einen fressen könnte. „Das kommt auf die Person an“, antwortet er gleichgültig und kühl. Nun muss sich der Besucher im Erdgeschoss des Hauptgebäudes gedulden, in einem Salon im Stil von Napoleon III. Jean-Marie Le Pen empfängt eine Etage höher in seinem Büro, das einen Panoramablick auf Paris bietet. Der Stil ist bürgerlich, ohne Pomp, das Zimmer vollgestopft mit Nippes, Büchern und Fotos des ehemaligen Parteichefs des Front National. Auf seinem Schreibtisch steht ein riesiger Kalender mit dem Konterfei von Wladimir Putin. JeanMarie Le Pen, 88 Jahre alt, trägt einen makellosen nachtblauen Anzug und ein Hemd ohne Krawatte. Er hat eine undurchdringliche Miene aufgesetzt. Wir haben den ehemaligen Vorsitzenden des Front Natio-

nal gebeten, uns seine Weltsicht zu erläutern, um sie mit der von Marine Le Pen vergleichen zu können, die 2011 an die Parteispitze gewählt wurde und ihren Vater 2015 aus der Partei ausschloss.

Ist die Krise weiblich? Der Kern von Le Pens Ideologie ist die Idee des Niedergangs: „Unsere Kultur erlebt einen Niedergang. Das liegt zum großen Teil am Verfall der religiösen Werte in unserer Gesellschaft seit den 1960er-Jahren und dem Zweiten Vatikanischen Konzil“ (1962–1965), dessen Ziel es war, die katholische Kirche zu modernisieren. „Davor“, fährt Jean-Marie Le Pen fort, „war die französische Gesellschaft zutiefst durch die christliche Religion geprägt. Sie gab dem ganzen Leben Orientierung, von Kindesbeinen an, mit der Taufe, bis hin zum Tod und dem Begräbnis. Dass man das Rituelle aufgegeben hat, das, was meiner Meinung nach essenziell war – die Gesten, Worte, Gesänge mit ihrem ästhetischen Wert, die zugleich schmückend, musikalisch und symbolisch sind –, das hat zu einem regelrechten Bruch geführt.“ Was ist der Grund für dieses Verschwinden der religiösen Praxis? Eine „demografische Krise, die den Ruin der geistigen, moralischen und psychologischen Strukturen zur Folge hatte.“ Und was ist wiederum deren Ursache? „Der berufliche Aufstieg der Frau außerhalb ihrer Familie, die Gleichmacherei der Geschlechter. Obwohl Mann und Frau zutiefst verschieden sind, obwohl die Natur die Frau so programmiert hat, dass ihre wesentliche Aufgabe darin besteht, die Reproduktion der Gattung sicherzustellen, trotz alledem hat die Feminisierung der Gesellschaft zur gesellschaftlichen Unabhängigkeit der Frau geführt und dazu, dass sie sich von ihrer wichtigen Reproduktionsfunktion entfernt. Die Frauen haben in den großen Weltkriegen den Platz der Männer eingenommen. Sie haben sich aus Notwendigkeit beruflich >>> Philosophie Magazin Nr. 03 / 2017 / 25


Horizonte

Reportage

32 / Philosophie Magazin April / Mai 2017


Hygge – der dänische Weg zum Glück?  Alle Menschen streben nach Glück. Und ganz offenbar haben die Dänen einen besonders vielversprechenden Weg zu diesem Ziel gefunden: „Hygge“. Denn dahinter verbirgt sich weit mehr als ein Wellnesshype. Auf den Spuren einer Nationalphilosophie, die von der Romantik bis ins Zentrum heutiger Sehnsüchte führt

Foto: Joakim Eskildsen

H

Von Nils Markwardt

ygge, sagt die Verkäuferin im Illums Bolighus, Kopenhagens traditionsreichem Tempel für Inneneinrichtung, das habe für sie mit einer heißen Tasse Kakao, kuscheligen Decken und einem guten Buch zu tun. Und Kerzen natürlich, Kerzen seien wichtig. Sie hätten sogar eine im Sortiment, die „Hygge“ heißt. Eben diese, so verrät die Verpackung, verkörpere nicht nur die „dänische DNA“, sondern ebenso die „skandinavische Kunst, Innigkeit, Gemeinschaft und Gemütlichkeit in die kleinsten Momente des Alltags“ zu bringen. Spätestens an der Kasse ist es jedoch vorbei mit der Gemütlichkeit. Das Stück Wachs, das den Duft von Tee, Erdbeerkuchen und wilder Minze zu verströmen verspricht, kostet nämlich 280 Kronen. Rund 40 Euro. Aber vielleicht ist das ja der Preis fürs Glück? Denn genau das verspricht Hygge. Zumindest wenn man jenem Hype glaubt, der seit Monaten die USA und Großbritannien erfasst hat. Ratgeber wie „Hygge. The Danish Art of Happiness“, „How to Hygge. The Secrets of Nordic Living“ oder „The Book of Hygge. The Danish Art of Well Living“ bevölkern dort die Buchläden, in Los Angeles gibt es eine Hyggebäckerei und am Londoner Morley College konnte man sogar einen Hyggekurs belegen. Mittlerweile ist das Phänomen auch in Deutschland angekommen, wo Bücher wie Meik Wikings „Hygge. Ein Lebensgefühl, das einfach glücklich macht“ zu Bestsellern avancieren. Dabei ist gar nicht so leicht zu sagen, was Hygge eigentlich ist. Und das beginnt schon beim Wort. Dieses stammt ursprünglich wohl aus dem Norwegischen und leitet sich von „hug“ ab, was „Umarmung“ bedeutet. Die deutsche „Gemütlichkeit“ kommt dem Begriff zwar nahe, ist aber insofern irreführend, als dass „Hygge“ ein viel weiteres Bedeutungsfeld besitzt. Das sieht man bereits daran, dass es ebenfalls als Verb „hyggen“ und als Adjektiv „hyggelig“ existiert. Zum anderen ist es auch >>> Philosophie Magazin Nr. 03 / 2017 / 33


Und woran

zweifelst

du?

LEITFADEN FÜR DAS POSTFAKTISCHE ZEITALTER

Illustration: Lennart Gabel

P

opulismus, Trump, „Fake News“: Eine neue Verunsicherung prägt die Weltlage, zunehmendes Misstrauen unseren politischen Alltag. In der Rolle des Skeptikers stellt der amerikanische Präsident die Säulen unserer freien Gesellschaft infrage: Justiz, Wissenschaft, Medien. Dabei ist die Kunst des Zweifelns ursprünglich eine befreiende und genuin philosophische Tugend. Wie lässt sich diesem Paradox begegnen? Was unterscheidet die ­gute, weltöffnende Skepsis von ihrem zynischen Zwilling? Welche Zweifel verdienen es, unbedingt geklärt zu werden? Warum führen andere notwendig in die Irre? Vor allem aber: Welches Schicksal droht einer Gesellschaft, die keinen Unterschied mehr zwischen Fakt und Fiktion anerkennt?


DOSSIER


DOSSIER

Und woran zweifelst du?

Kaum zu glauben! Skeptiker sind Querdenker. Mit einfallsreichen, bisweilen surreal anmutenden Gedankenexperimenten stellen sie die Grundlagen unseres Weltbildes infrage. Sie erweisen sich damit bis heute als die eigentlichen Motoren der Philosophiegeschichte. Ein Überblick der einf lussreichsten Zweifels-Fälle. Und ihrer Entgegnungen Von Yves Bossart / Illustrationen von Birgit Lang

I

Pyrrhons Trilemma

A

ngenommen, Sie haben ein vierjähriges Kind, das rund um die Uhr „Warum?“ fragt. „Du musst jetzt die Schuhe anziehen!“ – „Warum?“ „Weil wir nach draußen gehen.“ – „Warum?“ „Wir müssen noch einkaufen.“ – „Warum?“ „Der Kühlschrank ist leer.“ – „Warum?“ … Egal, was Sie als Grund angeben, das Kind kann immer weiterfragen. Die Kette der Gründe nimmt kein Ende. Ihnen bleiben aus logischer Sicht exakt drei Optionen: Entweder Sie geben für jeden Grund einen weiteren Grund an – dann müssten Sie sich unendlich lange mit dem Kind unterhalten, jedenfalls werden Sie nicht vor Ladenschluss zum Einkaufen kommen. Oder Sie brechen irgendwo ab und sagen dem Kind „Das ist einfach so! Da gibt es nichts zu begründen.“ Oder, als dritte Option, Sie geben eine zirkuläre Begründung, etwa indem Sie dem Kind sagen: „Wir müssen einkaufen gehen, weil du Hunger hast.“ – „Und Hunger hast du, weil der Kühlschrank leer ist und wir noch einkaufen müssen.“ Alle drei möglichen Optionen sind damit unbefriedigend: Die Begründungskette nimmt kein Ende; der dogmatische Abbruch ist willkürlich und der Zirkelschluss ist ungültig. Sie stecken in einem sogenannten Trilemma und können Ihrem Kind gegenüber nicht begründen, warum es seine Schuhe anziehen soll. Dieses Problem stellt sich nicht nur bei Schuhen, sondern bei jedweder Begründung. Jede unserer Überzeugungen steht in skeptischem Verdacht, grundlos zu sein. Meist spüren wir das erst, wenn wir uns mit Andersdenkenden unterhalten, die unsere stillschweigenden Voraussetzungen nicht teilen. Was also tun? So lautet auch die Frage der sogenannten Pyrrhoniker – einer skeptischen Schule der Antike. Und deren Antwort ist ganz einfach: loslassen und entspannen! Tatsächlich gilt die pyrrhonische Skepsis

44 / Philosophie Magazin April / Mai 2017

in der Philosophiegeschichte als radikalste Form des Zweifelns. Die Grundgedanken der Pyrrhoniker hat der Arzt und Philosoph Sextus Empiricus in dem lesens­werten Werk „Grundriss der pyrrhonischen Skepsis“ im zweiten Jahrhundert dargelegt: Pyrrhoniker glauben, wir könnten lediglich beurteilen, wie uns die Dinge erscheinen, niemals aber, wie sie wirklich sind. Ihnen schien es zudem so, dass bei jeder Meinung jeweils gleich gute Gründe dafür wie dagegen sprechen. Pro und Contra halten sich die Waage, egal, worum es geht: Ist das Weltall endlich oder unendlich? Gibt es Gott oder nicht? Atomkraft ja oder nein? Demokratie schützen oder abschaffen? Besser der Vernunft oder dem Gefühl vertrauen? In all diesen Fragen ließe sich keine gut begründete Entscheidung treffen, meinen die Pyrrhoniker. Es spreche jeweils ebenso viel für die eine wie für die andere Seite. Dieses Gleichgewicht widerstreitender Ansichten nannten sie „Isosthenie“. Wer erst einmal eingesehen habe, dass sich Pro und Contra in jeder Frage die Waage halten, der werde sich in seinen Urteilen zurückhalten. Diese Urteilsenthaltung bezeichneten sie als „Epoché“. Aus ihr folge die Seelenruhe, die „Ataraxie“. Wer sich nämlich von allen festen Meinungen befreie, der lege auch alle Sorgen, alle Empörung und allen Eifer beiseite. Skepsis war für die Pyrrhoniker eine Lebenskunst – ein Weg zum Glück. Eines der wichtigsten skeptischen Argumente der Pyrrhoniker war das Begründungstrilemma. Es soll zeigen, dass jeder Begründungsversuch von vornherein zum Scheitern verurteilt ist. Irgendwo müsse man nämlich die Begründungskette abbrechen, ohne Grund. Damit steht das ganze Haus unserer Überzeugungen auf Sand und kann jederzeit in sich zusammenfallen. Durchaus nicht alle Zeitgenossen sahen darin einen Grund zur Tiefenentspannung.

Yves Bossart Der promovierte Philosoph ist Moderator der Sendung „Sternstunde Philosophie“ beim Schweizer Fernsehen. Sein Buch „Ohne Heute gäbe es morgen kein Gestern“ (Blessing, 2014) ist eine Einführung in das philosophische Denken anhand der größten Gedankenspiele der Philosophiegeschichte

Foto: privat

Keine Meinung ist gerechtfertigt


Der aristotelische Konter: Axiome sichern alles! Aristoteles, Schüler von Platon und im Mittelalter „der Philosoph“ genannt, war anderer Meinung und behauptete, es gäbe sogenannte Axiome: Sätze, die zwar nicht bewiesen werden können, die aber auch keines Beweises bedürfen. Solche Axiome leuchten unmittelbar ein und können nicht sinnvoll bezweifelt werden. Sein prominentes Beispiel ist der „Satz vom Widerspruch“: „Es ist unmöglich, dass dasselbe demselben in derselben Hinsicht zukommt und nicht zukommt“, wie Aristoteles schreibt. Es kann unmöglich etwas der Fall sein und gleichzeitig nicht der Fall sein. So kann meine Frau nicht zugleich schwanger und nicht schwanger sein. Wer den Satz vom

Widerspruch bestreiten möchte, verwickelt sich in Widersprüche, denn er würde zugleich eine Aussage und ihr Gegenteil behaupten. Entweder also man akzeptiert den Satz vom Widerspruch oder man schweigt, so Aristoteles, „wie eine Pflanze“. Der Skeptiker verwickelt sich also in einen sogenannten „performativen Widerspruch“, da er etwas bezweifeln möchte, das er braucht, um den Zweifel überhaupt formulieren zu können. Wer beim Sprachspiel des Nehmens und Gebens von Gründen mitspielen möchte, muss bestimmte Regeln akzeptieren. Bleibt nur zu klären, ob es neben diesen logischen Axiomen weitere Meinungen gibt, für die wir gute Gründe haben oder die wir gar mit Gewissheit vertreten können. Die Frage ist letztlich: Was sind gute Gründe? Worauf dürfen wir unsere Meinungen stützen?

II

Descartes’ Dämon

Im Bann des Allmächtigen

S

tellen wir uns einen bösen, allmächtigen Dämon vor, der jede Art von Wahrnehmungen und Gedanken in uns hervorrufen und uns so eine täuschend echte Welt vorgaukeln kann. Auch bei den einfachsten Dingen könnte uns dieser böse Geist hinters Licht führen. So könnte er uns etwa dazu bringen zu glauben, eins plus eins ergibt drei. Wir würden den Fehler nicht bemerken. So ähnlich, wie in einem sehr realistischen Traum. Nur eben für immer. Ohne die geringste Chance, jemals daraus aufzuwachen: dem Bann des Dämons zu entkommen. Genau dieses Gedankenexperiment ersann im 17. Jahrhundert der französische Philosoph René Descartes in seinen „Meditationen“. Descartes hat mit die-

sem Experiment den philosophischen Zweifel an der Erkennbarkeit der Welt radikalisiert. Sein eigentliches Ziel war jedoch nicht die Vertiefung dieser Skepsis, im Gegenteil: Er wollte die Wissenschaft auf ein festes und unbezweifelbares Fundament stellen. Zu diesem Zweck versuchte er an allem zu zweifeln, woran man überhaupt zweifeln kann: selbst an der Existenz der Außenwelt, die ihm doch eigentlich klar vor Augen stand. Descartes fragte sich deshalb: Gibt es etwas, worin uns dieser böse Geist unmöglich täuschen kann? Gibt es etwas, woran wir nicht zweifeln können? Descartes meint, ja, es gäbe eine unbezweifelbare Gewissheit, nämlich die Tatsache, dass ich jetzt gerade denke. Auch wenn ich in allem, was ich denke, getäuscht werde, gilt Philosophie Magazin Nr. 03 / 2017 / 45


DOSSIER

Foto: Reuters/Carlos Barria; Autorenfoto: Julia Marie Schreiber/Rowohlt

Und woran zweifelst du?

Wege aus der Verwirrung In einer komplexen Welt bleibt Skepsis erste Bürgerpflicht. Oft genug verdrehen Menschen die Fakten aus politischen Gründen. Wirrköpfen und Extremisten ist dabei besonders schwer beizukommen: Verschwörungstrolle, Impfgegner, Faktenfeinde. Sechs beispielhafte Klärungsversuche für alle, die auch in Zukunft bei Verstand bleiben wollen Von Philipp Hübl 50 / Philosophie Magazin April / Mai 2017


Fake sind nur die anderen! Philipp Hübl

Der als Juniorprofessor für Theoretische Philosophie an der Universität Stuttgart lehrende Philipp Hübl studierte u. a. in Berlin, New York und Oxford. Nachdem sein erstes Buch „Folge dem weißen Kaninchen“ (Rowohlt, 2012) zum Bestseller wurde, erschien im vergangenen Jahr sein zweites Buch mit dem Titel „Der Untergrund des Denkens“ (Rowohlt)

Die Welt hängt an seinen Lippen, Präsident Trump pflegt dabei ein freies Verhältnis zur Wahrheit

„Sämtliche negative Umfrageergebnisse sind Fake News, genau wie die von CNN, ABC, NBS während der Wahl. Sorry, aber die Leute wollen Grenzsicherheit und extreme Sicherheitsüberprüfungen.“ Tweet des US-amerikanischen Präsidenten Donald Trump über seinen verifizierten Twitter-Account @realDonaldTrump, 06.02.2017

J

a, das hat Donald Trump tatsächlich getwittert. Auch wenn die Aufregung angesichts seiner haarsträubenden Mitteilungen schon etwas ermattet ist, muss man es sich immer wieder klarmachen: Das schreibt der Präsident einer freiheitlichen Demokratie. Trumps Aussage hat Vorbilder, die wir eigentlich nur aus Kinderbüchern kennen: Pippi Langstrumpf und Humpty Dumpty aus „Alice im Wunderland“. Pippi Langstrupf sagt: „Ich mach mir die Welt, wie sie mir gefällt.“ Und Humpty Dumpty behauptet: „Was meine Worte bedeuten, das bestimme immer noch ich.“ Natürlich steckt hinter diesem trotzigen Subjektivismus eine tiefe Wissenschaftsfeindlichkeit. Den Scherz „Trau keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast“ nimmt Trump wörtlich. Das Perfide daran ist, dass der Ausdruck „Fake News“ ein Euphemismus für „dreiste Lügen“ ist, die man mit der Bezeichnung „News“ zur Nachricht adelt. Eine repräsentative Umfrage mit einer dreisten Lüge als „Fake News“ abzutun, ist gleich doppelt perfide. Man muss sich das noch einmal vor Augen führen: Der mächtigste Mann der Welt sagt sinngemäß: „Alles, was negativ über mich gesagt wird, ist gelogen.“ Nicht einmal ein bockiger Junge auf dem Höhepunkt seiner Pubertät denkt so. Trump versucht damit, sich gegen Kritik zu immunisieren. Das ist nicht nur infantil, sondern auch narzisstisch. Der Narzisst will von allen geliebt werden und kann deshalb nicht mit Zurückweisung umgehen. Was tun Menschen bei Zurückweisung? Sie haben drei Möglichkeiten: stoisch akzeptieren, den Fehler

bei sich oder den Fehler bei anderen suchen. Während Depressive zu schnell den Fehler bei sich vermuten, deutet der Narzisst lieber die Welt um. In schwacher Form kennen wir diese Form der Selbstüberschätzung alle. Einer Studie zufolge halten sich 94 Prozent aller Professoren für überdurchschnittlich gute Dozenten. Zwei Drittel aller Deutschen halten sich für überdurchschnittlich gute Autofahrer. Weil dieses Phänomen so verbreitet ist, nimmt der US-amerikanische Evolutionsbiologe Robert Trivers an, dass sich Selbsttäuschung im Dienste der Fremdtäuschung entwickelt hat. In der Evolution mussten sich unsere Vorfahren als stark und attraktiv darstellen, um Partner zu finden und Nachwuchs zu zeugen. Erfolgreich waren dabei diejenigen, die sich selbst einreden konnten, die Größten zu sein, denn sie konnten auch andere davon überzeugen. Dabei kommt uns eine Fehlfunktion unserer Kognition zu Hilfe: der „Bestätigungsirrtum“ (engl. confirmation bias). Wir tendieren nämlich dazu, nur nach Hinweisen zu suchen, die unsere Ansicht bestätigen, vor allem, wenn es um uns selbst geht. So denkt auch Trump, wenn er sagt: „Menschen wollen Grenzsicherheit und extreme Sicherheitsüberprüfungen.“ Diese Leute zählen für ihn, weil sie sein Vorgehen bestätigen. Dabei ist ihm egal, dass die Gruppe in der Minderheit ist. Die schlechten Umfragewerte hingegen können nur Lügen sein. Trumps Wissenschaftsskepsis ist eine Folge seines Narzissmus. Sie ist ein idealer Weg, kognitive Dissonanzen zu vermeiden, wenn die Fakten den eigenen Vorstellungen widersprechen. >>> Philosophie Magazin Nr. 03 / 2017 / 51


DOSSIER

Und woran zweifelst du?

Welchen

Fakten können wir trauen?

Der Boden der Tatsachen gerät derzeit ins Wanken. Dabei sind die Verfahren, mit denen wir Fakten überprüfen, seit Jahrhunderten bestens erprobt. Die Wissenschaftshistorikerin Lorraine Daston und der Investigativjournalist Georg Mascolo über die Krise der Wahrheit in der Ära Trump

D

er sonnige Vorfrühling hat eine trügerische Note. Die Nachrichten, die aus den USA zu uns gelangen, klingen nämlich gar nicht gut. Donald Trump hat einen Krieg gegen die Wahrheit angezettelt. Auch in Europa bricht sich ein die Grundlagen unseres Zusammenlebens gefährdender Zweifel Bahn. Lorraine Daston, die Direktorin des Berliner Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte, kennt diese Herausforderung. Seit Jahrzehnten erforscht sie die gesellschaftlichen und historischen Bedingungen von Wahrheit. Sie weiß, dass es Erschütterungen von Gewissheiten gibt, die lange Krisen nach sich ziehen. Auch Georg Mascolo ist angesichts der jüngsten Ereignisse alarmiert. Doch hält der Investigativjournalist, der als Chefredakteur des Spiegel die Daten von Edward Snowden veröffentlichte, seiner Gesprächspartnerin eine Zuversicht entgegen, die sich aus seiner Praxis speist. Ab wann wird Skepsis zum Problem? Und warum tut sie gerade heute not?

58 / Philosophie Magazin April / Mai 2017

Fotolocation: Bar Babette, Berlin

Das Gespräch führte Philipp Felsch / Fotos von Malte Jäger


Georg Mascolo

Lorraine Daston Die Direktorin am Berliner Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgeschichte und Professorin an der Universität Chicago promovierte in Harvard und lehrte in Princeton und Göttingen. Daston widmet sich in ihrer Forschung einer Vielzahl von Gebieten innerhalb der Wissenschaftsgeschichte und publizierte u. a. zum Problem der Wunder in der modernen Wissenschaft. Jüngstes Buch zum Thema: „Objektivität“ (Suhrkamp, 2007)

Philosophie Magazin: Noch nie war es leichter, sich über die Welt zu informieren. Und noch nie war der Zweifel an unseren Informationen so groß. Haben Sie eine Idee, warum das so ist? Georg Mascolo: Durch das Internet übersteigt unser Zugang zu Informationen heute tatsächlich all unsere frü­ heren Erwartungen. Wenn ich an die Anfänge meines Berufslebens zurückdenke, da konnte ich in die Stadtbücherei oder vielleicht in die Universi­tätsbibliothek gehen; dazu gab es die Tageszeitungen, die in meinem Heimatort zu bekommen waren, das Fernsehen und eine Handvoll Radiosender. Damals hätte sich niemand vorstellen können, etwa die New York Times oder wissenschaftliche Artikel aus Harvard oder Stanford zu lesen. Aus journalistischer Perspektive, was den Wissenszuwachs

angeht, ist das Internet insofern eine große Errungenschaft. Lorraine Daston: Allerdings sollten wir hinterfragen, was es bedeutet, informiert zu sein. Wir sind von Daten überf lutet! Zwischen Daten und Tatsachen besteht jedoch ein großer Unterschied. Tatsachen sind das Ergebnis einer geregelten Untersuchung. Daten gibt es überall. Sie können überprüft oder nicht überprüft werden. Sie können komplex oder einfach sein. Wir ernähren uns von Daten – wir können aber auch darin ertrinken. Daher glaube ich, dass wir ein Vokabular brauchen, mit dem wir solche „Möchtegern-Tatsachen“ von echten Tatsachen unterscheiden können. Mascolo: In Timothy Garton Ashs Buch „Redefreiheit“ findet sich der

Der ehemalige Chefredakteur des Spiegel ist seit 2014 Leiter des Rechercheverbunds NDR, WDR und Süddeutsche Zeitung, der maßgeblich an den Veröffentli­chungen der Panama Papers beteiligt war. Sein Bericht von der Ostseite des Berliner Grenzübergangs Bornholmer Straße über den Moment, als die DDR-Grenze ohne Befehl geöffnet wurde, gilt als Dokument der Zeitgeschichte und wurde von der UNESCO ins Weltdokumentenerbe aufgenommen

Gedanke, dass das Internet ein Segen, zugleich aber auch die größte Kloake der Menschheitsgeschichte ist. Die Diskussion über Fake News, alternative Fakten und Lügenpresse, die wir in der Gegenwart erleben, ist Ausdruck einer neuen, radikalen Skepsis. Manches, vor allem das Wort „Lügenpresse“ ist eine Unverschämtheit, aber dennoch mag ich die Heftigkeit dieser Debatte. Ich mag auch, dass sich die großen amerikanischen Internetkonzerne endlich an ihr beteiligen, nachdem sie lange die Auffassung vertreten haben, die Bereitstellung der neuen Technologien führe automatisch zu einer besseren Welt. Die Verunsicherung, die die Wahl von Donald Trump ausgelöst hat, führt dazu, dass wir aufhören, unsere Diskussion auf Gadgets, Apps und die Frage, was das neue Smartphone kann, zu beschränken. Stattdessen fangen wir an, >>> Philosophie Magazin Nr. 03 / 2017 / 59



Ideen

Noam Chomsky

Das Gespräch

Jeder Mensch trägt die Unendlichkeit in sich. Und zwar dank der sprachlichen Regeln, die wir alle tagtäglich befolgen. Für den Linguisten Noam Chomsky bildet diese Fähigkeit nicht nur die Basis von Kreativität und Freiheit, sondern auch das Fundament einer weltpolitischen Vision Das Gespräch führte Martin Legros / Fotos von Edouard Caupeil

Noam

Chomsky

»Sprache ist nicht zum Kommunizieren gemacht!«

N

oam Chomsky ist kein gewöhnlicher Sprachwissenschaftler, sondern ein Denker, dessen Theorie der „generativen Grammatik“ die gesamte Linguistik tief greifend erneuert hat. Zugleich ist Chomsky, emeritierter Professor am renommierten MIT in Cambridge bei Boston, auch ein engagierter, von der Tradition des anarchistischen Sozialismus geprägter Intellektueller, weltweit bekannt für seine kritischen Stellungnahmen zum globalisierten Kapitalismus. Am erstaunlichsten ist jedoch, mit welcher inneren Ruhe und Klarheit der beinahe 90-Jährige an diesem Winternachmittag in Paris seine Thesen über die menschliche Natur, die Freiheit und den Zustand der Welt darlegt. Er verbindet in bemerkenswerter Weise Radikalität und Bescheidenheit. Das gilt auch für sein philosophisches Werk: Chomsky verteidigt den klassischen Gedanken einer unveränderlichen menschlichen Natur und angeborener mentaler Strukturen. In ihnen sieht er das zeitlose und kulturübegreifende Fundament unserer Freiheit.

Wären wir ganz und gar formbar und hätten nicht die feste Grundlage der Natur, so seine Überzeugung, hätten wir auch nicht die Kraft, politischen, medialen und geistigen Mächten zu widerstehen – und uns auf das Wesentliche zu konzen­ trieren: unsere von klaren Regeln fundierte Freiheit.

Philosophie Magazin: Sie sind einer der meistgelesenen amerikanischen Intellektuellen, vor allem aber der weltweit einflussreichste Sprachwissenschaftler der letzten Jahrzehnte. Sie wurden 1928 in Philadelphia geboren, Ihre Eltern waren Jahre zuvor aus Russland geflohen. Was war der Grund für diese Flucht? Noam Chomsky: Mein Vater stammte aus einem Dorf in der Ukraine. Er floh als junger Mann 1913 aus Russland, um sich der Einberufung in die Armee zu entziehen – die einem sicheren Todesurteil gleichkam. Meine Mutter stammte aus einer Stadt im heutigen Weißrussland und kam noch als Kind in die Vereinigten Staaten. Ihre Familie floh vor Pogromen.

>>>

Philosophie Magazin Nr. 03 / 2017 / 69


76 / Philosophie Magazin April / Mai 2017

Illustration: Sam Green; Bildvorlage: akg-images/Pictures from History


Ideen

Der Klassiker

Orwell und die

ÜBERWACHUNG „Big Brother ist watching you“, kaum ein

Satz ist so tief in unser politisches Bewusstsein eingedrungen wie die Kernbotschaft aus George Orwells dystopischem Roman „1984“. Mit großer Eindringlichkeit und Präzision schildert Orwell in diesem Werk den Alltag in einer totalitären Überwachungsgesellschaft. Kein Wort bleibt hier unbelauscht, keine Geste ungeprüft, kein Gedanke folgenlos. Mit den digitalen Informationstechniken, die im Zeichen von Big Data unseren gesamten Alltag protokollieren und erfassen, hat Orwells Vision vom totalen Überwachungsstaat neue Aktualität gewonnen. Kurz nach der Amtsübernahme von Donald Trump schnellte das Buch in den USA sogar zurück auf die Bestsellerlisten, aus konkreter Angst vor einer neuen Ära des Freiheitsverlusts und der Wahrheitsferne. In seinem E ­ ssay untersucht der Philosoph Bruce Bégout, wie Orwells Idee zu dem Buch entstand. Im Vorwort zum Beiheft geht Éric Sadin dem Phänomen der globalen Überwachung nach.

Philosophie Magazin Nr. 03 / 2017 / 77


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MAGAZIN Sonder e ausgab

Die griechischen

Mythen Was sie über uns verraten

Ödipus oder Das Ende der Verwandtschaft Antigone – Zwischen Recht und Begehren Der Narziss in uns allen Daidalos – Im Bann der Technik Argos und die Grenzen der Überwachung

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DIE KLASSISCHEN TEXTE KOMMENTIERT VON JAN ASSMANN • BARBARA VINKEN • THOMAS MACHO MICHEL SERRES • JOSEPH VOGL • WINFRIED MENNINGHAUS MIT BEITRÄGEN VON FREUD • ILLOUZ BLUMENBERG • DERRIDA • HEGEL • CIXOUS • BLANCHOT • NIETZSCHE • BUTLER • DELEUZE ...

Die Sonderausgabe Nr. 02: Die griechischen Mythen. Was sie über uns verraten

Die Sonderausgabe Nr. 03: Die Philosophen und der Nationalsozialismus

Die Sonderausgabe Nr. 04: Der Koran

Die Sonderausgabe Nr. 05: Star Wars. Der Mythos unserer Zeit

Die Sonderausgabe Nr. 06: Hannah Arendt. Die Freiheit des Denkens

Die Sonderausgabe Nr. 07: Die Bibel und die Philosophen

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Die Sonderausgabe Nr. 01: 1914–2014. Das Jahrhundert im Spiegel seiner großen Denker

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Illustriertes Buch Diogenes oder der Mensch als Hund (diaphanes)

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# 06 / 2012 Dossier: Wie viel Tier steckt in mir? Klassiker: Buddha

# 03 / 2015 Dossier: Die Hölle, das sind die Anderen? Klassiker: Voltaire Nr. 05 / 2016

Nr. 03 / 2016

MAGAZIN

MAGAZIN

Augenblick, verweile

wahres

Selbst?

Big Data vs. freies Leben:

Wie

berechenbar

Können wir ganz im Moment leben, ohne aus der Zeit zu fallen?

ÉLISABETH BADINTER IM GESPRÄCH: „Die Linke hat ihre Seele verloren“

# 01 / 2016 Dossier: Gibt es einen guten Tod? Klassiker: Butler

Oktober / November

MAGAZIN

Wer ist mein

# 06 / 2015 Dossier: Macht meine Arbeit noch Sinn? Klassiker: Barthes

Nr. 06 / 2016

August / September

April / Mai

sind wir?

STREITGESPRÄCH MIT ALAIN BADIOU: Was hat Europa ausgehöhlt? REPORTAGE: Der Schrebergarten – eine deutsche Utopie

PETER SLOTERDIJK:

Machiavelli

UTOPIA IN KURDISTAN

Reportage aus der anarchistischen Republik Rojava

# 04 / 2015 Dossier: Bin ich, was ich esse? Klassiker: Dostojewski

und der Krieg

Nr. 27

Sammelbeilage

Vorwort / Jean-Claude Zancarini Überblick / Victorine de Oliveira

„Im Orgasmus schlägt die Natur die Augen auf“

REPORTAGE AUS MAROKKO: Atheist sein in einem islamischen Land

Vorwort / Alain Laurent Überblick / Martin Duru

Vorwort / Enzo Traverso Überblick / Victorine de Oliveira

Sammelbeilage

ein Religionsstifter?

und die Angst

und die Geschichte

Nr. 30

Epikur–

Luther

Benjamin

und der Egoismus

Sammelbeilage

Martin

Walter

Ayn Rand Nr. 29

Nr. 31

Sammelbeilage

Vorwort und Überlick / Andreas Kubik

Nr. 32

Sammelbeilage

Vorwort / Jean-François Balaudé Überblick / Victorine de Oliveira

und der Egoismus

Sammelbeilage

Vorwort / Alain Laurent Überblick / Martin Duru

„Der Streik“ (Auszüge)

Ayn Rand und der Egoismus

Benjamin und der Sinn der Geschichte

„Der Streik“ (Auszüge)

1 / Ayn Rand und der Egoismus

1 / Machiavelli und der Krieg

# 03 / 2016 Dossier: Wer ist mein wahres Selbst? Klassiker: Machiavelli

# 05 / 2016 Dossier: Augenblick, verweile Klassiker: Rand

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Ayn Rand Nr. 29

D: 6,90 €; Ö: 7,- €; CH: 12,50 SF; Benelux: 7,40 €

Machiavelli und der Krieg

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„Die Kunst des Krieges“ (Auszüge)

D: 6,90 €; Ö: 7,- €; CH: 12,50 SF; Benelux: 7,40 €

Vorwort / Jean-Claude Zancarini Überblick / Victorine de Oliveira

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und der Krieg

Sammelbeilage

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Machiavelli Nr. 27

D: 6,90 €; Ö: 7,- €; CH: 12,50 SF; Benelux: 7,40 €

„Die Kunst des Kriege (Auszüg s“ e)

„Von der Freiheit eines Christenmenschen“ (Auszüge)

„Über den Begriff der Geschichte“ 1 / Walter Benjamin und die Geschichte

# 06 / 2016 Dossier: Wie berechenbar sind wir? Klassiker: Benjamin

„Brief an Menoikeus“ und „Brief an Pythokles“ (Auszüge)

1 / Martin Luther und die Angst

# 01 / 2017 Dossier: Die Familie: Zuflucht oder Zumutung? Klassiker: Luther

101 / Epikur – ein Religionsstifter?

# 02 / 2017 Dossier: Sie ist wieder da. Die Frage nach der Identität Klassiker: Epikur

Die Ausgaben Nr. 2/2012, 3/2012, 4/2012, 2/2013, 3/2013, 5/2013, 6/2013, 1/2014, 3/2014, 4/2014, 5/2014, 6/2014, 1/2015, 2/2015, 5/2015, 2/2016 und 4/2016 sind leider vergriffen.

Deutschland 9,90 €;

Österreich 9,90  €; Schweiz: 16,50 CHF; Benelux: 10,40  €; Italien & Spanien: auf Nachfrage

MAGAZIN ERSONDAB E AUSG

Die

BIBEL und die

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PHILOSOPHEN

Sonderausgabe Nr. 01: 1914–2014. Das Jahrhundert im Spiegel seiner großen Denker

Sonderausgabe Nr. 02: Die griechischen Mythen. Was sie über uns verraten

Sonderausgabe Nr. 03: Die Philosophen und der Nationalsozialismus

Sonderausgabe Nr. 04: Der Koran

Sonderausgabe Nr. 05: Star Wars. Der Mythos unserer Zeit

Sonderausgabe Nr. 06: Hannah Arendt. Die Freiheit des Denkens

Die zentralen Passagen des ALTEN TESTAMENTS interpretiert von IMMANUEL KANT • HANS BLUMENBERG • HANNAH ARENDT • SPINOZA • UMBERTO ECO • WALTER BENJAMIN • KIERKEGAARD und SASKIA WENDEL • CHRISTOPH MARKSCHIES • SUSAN NEIMAN

Sonderausgabe Nr. 07: Die Bibel und die Philosophen

Tipp: Bestellen Sie Ihr Abo und erhalten Sie eine Sonderausgabe als Prämie! Siehe S. 65 im Heft

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