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Interview Jochen Horst

Wenige Kompromisse

eingehen

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Theater “Unsere Frauen“, 2008 Jochen Horst in der Gallery Can Boni, Palma

Sekretärinnen, ab 2013 Rote Rosen, 2015

Nach der Ausbildung an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Graz und am Lee-Strasberg-Institut, wurde Jochen Horst 1986 mit dem O.E. Hasse-Preis als Bester Newcomer des Jahres ausgezeichnet. Einem breiten Publikum bekannt wurde er in der Rolle des Sascha in der Fernsehserie „Das Erbe der Guldenburgs“. 1996 erhielt er für seine Rolle in der Krimiserie „Balko“ den Adolf-Grimme-Preis. Er wirkte in internationalen Produktionen mit wie 1990 in „Die Entführung der Achille Lauro“ mit Burt Lancaster und 1993 in “Der Zementgarten” und ist auch am Theater zu sehen. Der 59jährige ist in zweiter Ehe verheiratet mit Tina Horst und hat zwei Kinder. Wir trafen Jochen Horst in der Can Boni Galeria de Arte der Künstlerin Kate Kalashnikov in Palma. nach Hause kam, war ich eher energiegeladen.

EA: Sie wollen nicht im Mittelpunkt stehen, bezeichnen sich nicht als Machertyp. Will man sich als Schauspieler nicht irgendwann so etwas wie ein Denkmal setzen? JH: Nein, weil ich weiß, es ist alles vergänglich. Ich habe beobachtet, dass die Kinder von früh verstorbenen Freunden sich an ihre Väter überhaupt nicht mehr erinnern konnten. Heute ist das zwar nochmal anders, mit der Möglichkeit alles auf Film festzuhalten, aber trotzdem bleibt es nicht für ewig. Denken sie an Saddam Hussein, der hat sich Denkmäler gesetzt, die es heute nicht mehr gibt. Das mit Denkmälern hat alles keinen Sinn. EA: Und Ihr Buch „Spielen amerikanische Schauspieler besser?“… JH: Das war ein Projekt, das ich machen wollte, weil es keine deutschen Schauspieler gibt, die über ihren Beruf schreiben. Alles, was ich im Buchhandel fand, waren Sachbücher und Biografi en amerikanischer und englischer Kollegen. Der Grund ist, die englische Kultur ist aktiver, wir Deutschen sind sehr faul. Ein Vorwurf, den ich auch an meine Kollegen weitergebe: Man schreibt nicht nur Bücher, um Geld zu verdienen! Ein Teil der Einnahmen meines Buches geht deshalb an eine Stiftung, um klar zu machen, was ich will: Es ist auch ein Buch für das Publikum, ein wenig autobiografi sch, aber eben vor allem auch eine Hilfestellung für junge Kollegen.

EA: Spielen die amerikanischen Kollegen denn besser? JH: Wenn man die Frage mit Ja oder Nein beantworten könnte, hätte ich kein Buch geschrieben (lacht). Man muss sich die Geschichte des Theaters und des Films in den einzelnen Ländern anschauen. Wenn man das berücksichtigt, kommt man nicht unbedingt zu dem Ergebnis, das die amerikanischen Schauspieler besser sind, aber die englischen Schauspieler sind in der Regel besser als die amerikanischen. Das ist seit Jahrzehnten so, und den Grund beschreibe ich im Buch.

EA: Was gehört denn zu einem guten Schauspieler? JH: Das sind viele Dinge. Für mich ist das hauptsächlich Passion und dass er nicht kaufmännisch denkt, damit meine ich, dass er in seinem Beruf sicherlich nicht kompromisslos ist, aber nur sehr wenig Kompromisse eingeht. Es gibt einen Unterschied zwischen Schauspielern, die künstlerisch denken und denen, die kaufmännisch denken und reich werden wollen. Das sieht man auch am Ergebnis, und das

EL AVISO: Nach der zweiten erfolgreichen Sta el von „Sekretärinnen – Überleben von 9 bis 5“ spielen Sie jetzt bei Netfl ix in der Produktion „Jaguar“ einen KZArzt. Was hat Sie daran, vielleicht auch an dem Gegensatz zur unterhaltenden Sitcom gereizt? Jochen Horst: Wenn eine Comedy stimmt, also gut geschrieben ist, stimmt es auch für mich. Wenn ich dann ein Angebot bekomme, was mit Comedy überhaupt nichts zu tun hat, eine Figur die zudem wie dieser KZ-Arzt historisch ist, ist es ein umso größerer Anreiz. Mein Beruf beruht zu 90 Prozent auf Recherche. Bei Comedy macht das weniger aus, Jaguar, 2020 bei der spanischen Produktion „Jaguar“ ist das so, dass die Figur des KZ-Arztes ausschließlich auf Recherche beruht. Das war eine großartige Erfahrung, ich konnte sehr viel lernen. Der Einsatz war zwar um 100 Prozent höher als bei Comedy, aber keineswegs Kraft raubend: Wenn ich abends

ist schade. Hinzu kommt, es gibt viele große Talente in diesem Land, aber es gibt kein Interesse mehr, Schauspielkunst zu sehen oder zu erkennen. Film und Kino sterben nicht an Corona, sondern hängen schon lange am Tropf, Corona hat das nur beschleunigt.

EA: Welches Gewicht hat die Improvisation, auch als Teil eigener Interpretation? JH: Die größte Rolle. Wer die Improvisation nicht beherrscht, wird es als Schauspieler sehr schwer haben. Ein Vergleich: Viele Maler glauben, wenn man viele Farben zur Verfügung hat, malt man ein gutes Bild. Das ist nicht der Punkt, es geht darum, wie man die Farben einsetzt, und auch weiß, wie Farben unterschiedlich wirken können, durch Beleuchtung, durch Platzierung und so weiter. Improvisieren heißt, in der Lage zu sein, diese Technik zu beherrschen, und sie brauchen aber gleichzeitig einen guten Regisseur, der das so einleitet, dass sie es für die Szene gebrauchen können.

EA: Mir hat mal ein Kollege von Ihnen gesagt, viele Schauspieler fi nden aus ihrer Rolle nicht mehr zurück zu sich selbst. Ist das eine Gefahr der Schauspielerei? JH: Ja, für die guten Schauspieler ist das eine Gefahr. Aber da kann ich Sie beruhigen, in Deutschland passiert das nicht. Es gibt eine Studie, nach der Schau-

Luther, 2003

spieler, die nach bestimmten Techniken arbeiten, nicht mehr unterscheiden können, was Rolle und was Realität ist. Ich beschreibe das auch in meinem Buch. Ich selbst habe das Problem, wenn ein Kollege eine negative Rolle spielt, ihn privat positiv zu empfi nden, und zwar während des Theater- oder Film-Spielens, davor oder danach ist das kein Problem.

EA: Gibt es deutsche Vorbilder für Sie oder Schauspiel-Leistungen, die Sie bewundern? JH: Ich bin für das Theater ein großer Bernhard Minetti-Fan gewesen. Beim Film ist es bei mir eher so, dass es eine Reihe von Schauspielern gibt, bei denen ich denke: Das ist eine gute Szene gewesen.

EA: Ein ganz anderes Thema: Inwieweit wird aus Ihrer Sicht die schauspielerische Arbeit von der MeetooDebatte beeinfl usst? JH: Ja, leider wird unsere Arbeit dadurch beeinfl usst. Schauspiel besteht nun mal aus Political Incorrectness. Die Debatte war nötig, aber sie hat mehr Schaden angerichtet als das sie Spannung erzeugt hat. Und da gibt es unglaubliche Widersprüche. Es gibt 35-jährige Kolleginnen, die sich auf Instagram mit ihren 15-jährigen

Buchtipp:

Schauspieler@work:

Spielen amerikanische Schauspieler einfach besser? Taschenbuch : 246 Seiten ISBN-10: 3741209562 BoD Verlag EA: Sind Sie denn nach Stationen in England, Australien und Frankreich nun angekommen? JH: Nein, überhaupt nicht. Das wäre auch schlimm. Angekommen zu sein, wäre für mich das Ende (lacht).

Mit Ehefrau und Agentin Tina Ciamperla

Töchtern in einer Art präsentieren und vergleichen, wo ich mich nach der Meetoo-Debatte frage, was das denn soll. Meine Generation ist zum Teil noch anders aufgewachsen, es gab mehr Kindergärtnerinnen und Lehrerinnen. Ich wäre später und würde auch jetzt nie auf die Idee gekommen einer Frau einen Mann vorzuziehen, nur weil er ein Mann ist.

EA: Filmaufnahmen bedeuten oft sehr intensives Arbeiten. Da entstehen persönliche Beziehungen und auch Enttäuschungen. Ist das nicht für Frau und für Mann per se ein gefährliches Pfl aster? JH: Dieser Beruf hat wie Kunst immer sehr viel mit EA: Was ist Ihnen bei der Kindererziehung wichtig? JH: Die Frage ist, ob man Kinder überhaupt erziehen kann. Mein Sohn ist 17 Jahre alt und die Erziehung fi ndet für mich eigentlich erst jetzt statt. Das liegt natürlich auch daran, dass sich meine Frau immer um alles gekümmert hat. Wichtig war mir immer, den Kindern klar zu machen, dass Vorurteile nicht immer schlecht sind, weil sie auch ein Schutzmechanismus sein und eine bestimmte Form von Sicherheit geben können. Man muss nur wissen, wo die Grenzen sind, wo man sich selbst nicht dadurch behindert, und das ist sehr schwer zu vermitteln.

EA: Was sagen Sie Ihren Kindern, wenn Sie heute in Corona-Zeiten von ihnen nach Verschwörungstheorien gefragt werden? JH: Wenn es eine ernst zu nehmende Verschwörungstheorie zu Corona gäbe, wäre ich froh, dann hätten wir wenigstens eine Erklärung. Theorien

Derrick, 1974 Das Erbe der Guldenburgs, ab 1986 Balko, ab 1995

Sex zu tun. Das gehört dazu und das lässt sich nicht leugnen. Man hat eben bestimmte Szenen zu spielen. Das ist aber nicht nur ein Frauen-Thema: Eine Kollegin hat mir beispielsweise mal auf den Po gehauen und mit Mitte Zwanzig hatte ich wie andere Kollegen auch ständig eindeutige Angebote von Männern bekommen. Das muss dann jeder für sich selbst entscheiden.

EA: Wie wirkt sich die Political Correctness aus? JH: Ich selbst merke, ich bin schon vorsichtiger geworden bei lockeren Sprüchen. Problematisch wird es, wenn da schon eine Hemmschwelle ist, Aussagen aus dem Drehbuch zu sagen oder Szenen zu spielen. „Ficken“ ist im Drehbuch nur ein Wort, aber wir bestrafen uns mit der Bedeutung selbst, dass wir es nicht sagen wollen. Wenn das einem Schauspieler passiert, ist das ein ganz schlechtes Zeichen.

EA: Mallorca ist seit 1995 Ihr Rückzugsort. Welchen Einfl uss hat das auf Ihre Arbeit? JH: Das Schöne ist, ich muss nicht mehr in den Urlaub fahren. Als ich noch in Berlin lebte und nach Hause kam, habe ich dann schnell versucht für eine Woche oder länger irgendwo hinzufl iegen, um runter zu kommen. Jetzt hier auf Mallorca bin ich im Grunde nach vier Tagen wieder einsatzfähig.

EA: Wie entspannen Sie – auf dem Sofa oder beim Sport? JH: Nein, Bequemlichkeit ist für mich der Tod. Ich trage deshalb zuhause auch nie Hausschuhe, sondern immer nur Straßen- oder Turnschuhe, ich muss einfach immer beweglich bleiben. Auf den Sofas sitze ich eher wenig, mir fällt so etwas schwer. Wenn ich Kollegen oder Bekannte sehe, die zwei, drei Stunden im Restaurant sitzen, wäre das für mich eine Qual. Ich gehe gerne Essen, mache da aber keine Sitzung draus. Andererseits muss ich auch nicht zwanghaft Tennis oder Golf spielen, um Freizeit zu haben.

haben ja ihre Daseinsberechtigung, denn sie beruhen auf Fakten. Auch eine Verschwörungstheorie kann in zwei Richtungen gehen, Plot driven oder Character driven. Wenn etwas Plot driven entsteht, also eine Aktion führt zu einer nächsten Aktion, ist das faktenbezogen und man könnte es als Theorie annehmen. Ist sie Character driven schließt Sie Reaktionen und Handlungen von Menschen ein, die in ihrer Komplexität unmöglich vorhersehbar sind. Als Beispiel 9/11 (Anm. d. Red.: Flugzeug-Attentat in New York): Da gibt es auch verschiedene Verschwörungstheorien, die aber auf Fakten beruhen, die nur anders ausgelegt werden. Die fi nde ich schon wieder interessant.

EA: Ich habe mich bei Bewerbern eine Zeit lang mit einer Frage unbeliebt gemacht: „Was soll mal auf Ihrem Grabstein stehen“. Ihre Antwort dazu? JH: Eigentlich ist mir das egal. Mich hat mal jemand gefragt, was sagst Du denn dazu, wenn niemand zu Deiner Beerdigung kommt? Das interessiert mich nicht, habe ich gesagt. Aber zu Ihrer Frage zurück. Vielleicht: Gott sei Dank, ich habe es hinter mir (lacht).

Zum Leben gehört auch der Tod. Und dieser Abschied sollte mit Würde begangen werden. Ob die Toten davon etwas mitbekommen, weiß niemand. Aber auf alle Fälle ist eine angemessene, stilvolle Beerdigung ein Trost für die Hinterbliebenen, die damit dem Toten ihre letzte Ehre und ihren Respekt bezeugen. Die wenigsten kümmern sich leider schon zu Lebzeiten um “ihre” Beerdigung oder besprechen mit ihrer Familie Details und Ablauf. Somit ist man nach deren Tod nicht nur Trauernder, sondern steht gleichzeitig auch in der Verantwortung, eine Beerdigung zu organisieren, die dem Wunsch des Toten entsprochen hätte. Gut, wenn man in dieser Situation eine Firma fi ndet, die – nach Absprache – einem nahezu alles abnimmt, sich kümmert und die Beerdigung durchführt.

Langjährige Erfahrung Die Firma Grup Muntaner Ribot kann auf über 65 Jahre Erfahrung zurückblicken. Gegründet wurde sie 1955 von Juan Muntaner Cañellas, dem Vater beziehungsweise Großvater der aktuellen Betreiber, unter dem Namen Pompas Fúnebres Muntaner in Capdepera. Er war Schreiner, denn alles begann damals mit dem Bau von Särgen. Es ist damit das älteste Bestattungsinstitut der Region und fi rmierte 1994 um in Grup Muntaner Ribot. 1989 wurde die Firma erweitert auf Artà und Colònia San Pere sowie 2010 um Son Servera. Damit ist Grup Muntaner Ribot als erste und bislang einzige private Firma auf Mallorca auch o ziell zuständig für die gesamte Verwaltung, Pfl ege und Instandhaltung dieser vier Friedhöfe, inklusive Vermietung oder Verkauf von Grabstätten und Urnennischen sowie Verbrennung und Trauerfeiern.

Bestatter aus Überzeugung Firmenchef Antonio J. Muntaner Pomar, eigentlich mit 65 jetzt schon im Ruhestand, sowie seine Söhne Joan Toni (35) und Guillem Muntaner Ribot (30) sind nicht nur Bestatter der Tradition wegen, sondern auch aus Überzeugung. “Ich habe schon mit 20 Jahren angefangen”, so Antonio J. Muntaner, und auch seine Söhne haben früh begonnen. Joan Toni hat zudem eine Zusatzausbildung im Bereich Thanatopraxie absolviert. Dies umfasst alle Tätigkeiten im Bestattungswesen, die über eine hygienische Totenversorgung hinaus nötig sind, um die ästhetisch und hygienisch einwandfreie Aufbahrung eines Verstorbenen zu gewährleisten.

Umfassender Service Sie arbeiten mit größtem Respekt vor den Toten und den Hinterbliebenen, führen alle notwendigen Arbeiten höchst professionell aus, dabei sehr einfühlsam, persönlich, stets diskret und mit viel Verantwortung. “Man übergibt uns ein Familienmitglied, das verpfl ichtet. Und wir nehmen diese Pfl icht an”, so Antonio J. Muntaner, der auch als Bürgermeister von Capdepera in den Jahren 1991 bis 1995 schon seine Bürgernähe bewiesen hat. “Das Wichtigste ist, dass wir der Familie Zeit und Muße geben, sich nur auf die Trauer zu konzentrieren – um den Rest kümmern wir uns.” Das fängt an mit einem 24-Stunden-Service an 365 Tagen im Jahr und der Abholung von jedem Ort der Insel. Desweiteren folgt eine umfassende Beratung, alle administrativen Notwendigkeiten werden erledigt (auch die Absprache mit den entsprechenden Konsulaten), der Tote ansprechend präpariert und Sarg oder Urne ausgewählt, Erd-, Feuer- oder Seebestattung beziehungsweise Rückführung in die Heimat bei ausländischen Residenten organisiert inklusive Trauerfeier, Dekoration, musikalische Untermalung und Grabstein. Darüberhinaus gibt es ebenfalls Angebote zu einer zeitlich limitierten oder lebenslangen Grabpfl ege. Auf die Frage, was mehr nachgefragt wird, kommt eine klare Antwort: “Urnenbestattungen. Über 90 Prozent der Ausländer und etwa 40 bis 50 Prozent der Mallorquiner wünschen eine Verbrennung, Tendenz steigend.” Dazu gibt es biologisch abbaubare Urnen. Ebenfalls eine Option sind minimale Aschenreste, die eingearbeitet werden in ein Schmuckstück, beispielsweise einen Anhänger. “So kann man als physische Erinnerung den Toten stets mit sich tragen.” Interessante Info für die Zukunft: In Planung ist der Bau eines eigenen Krematoriums in Artà, das voraussichtlich ab Herbst zur Verfügung stehen wird.

Friedhof Capdepera

Ruhe in Frieden

Das Bestattungsinstitut Grup Muntaner Ribot über seine Arbeit

F riedhofColòniade SantPere

Grup Muntaner Ribot www.grupmuntaner.com Kontaktdaten der drei Büros: siehe nebenstehende Anzeige

Sie geben Essen, Kleidung und vor allem Ho nung

Zu Besuch bei der Hilfsorganisation “Hope Mallorca”

Es ist schön, wenn man über den wachsenden Erfolg einer Hilfsorganisation schreiben kann, aber noch schöner wäre es, wenn es gar keinen Anlass gäbe für eine derartige Initiative. Doch davon kann keine Rede sein. Das Thema Corona, die desolate Wirtschaftssituation “dank” wegbleibender Touristen, geschlossene Läden, arbeitslos gewordene Menschen – all das führt zu einer Situation, die die Insel in dieser Form kaum je erlebt hat. Umso besser, dass viele, schon bestehende Hilfsorganisationen wie die Vereinigung Tardor oder SOS Mamas seit Beginn der Krise ihre Hilfe ausweiten und noch mehr Menschen beispielsweise mit Essen und Kleidung versorgen können. Besonders anrührend ist es aber auch, wenn man sieht, dass sich viele Menschen durch und in der Krise organisieren und etwas Neues auf die Beine stellen. Beispielhaft sei hierfür der Verein “Hope Mallorca” vorgestellt.

Wie alles anfi ng Ein Blick zurück. Kompletter Lockdown im März. Die einen mutieren zu Putz-Weltmeistern, die anderen verzweifeln als Neu-Lehrer bei den Schularbeiten mit ihren Kindern, wieder andere jammern ohne Ende. Zwei Frauen aber, die Friseurin und Make Up-Stylistin Heimke Mansfeld (DeMa Hair Beauty & Spa) und Jasmin Nordiek, Unternehmensberaterin und Coach, taten nichts von alledem, sondern sie dachten an andere, an die Sorgen, die andere haben, an die Not der Menschen. “Wir mussten einfach etwas machen!” erinnert sich Heimke. Daraus erwuchsen Taten, gute Taten. Sie gründeten zunächst eine Facebook-Gruppe unter dem Namen Hope Mallorca, wo sie viele Klein-Unternehmen der Insel miteinander vernetzen wollten, damit diese auf der Plattform sich und ihre Produkte oder Dienstleistungen vorstellen konnten, inklusive Lieferservice-Angebote. Eine Webseite folgte. Bis heute ist dieser Teil des Projekts, mittlerweile umbenannt in “Unidos Mallorca”, erfolgreich. Doch der zweite Gedanke der beiden engagierten Frauen beschäftigte sich mit den Menschen in Not, denen das Geld fürs tägliche Leben mehr und mehr fehlt. Und darum kümmert sich “Hope Mallorca”. Sie starteten im Mai 2020 mit einer ersten Lebensmittel-Ausgabestelle in Santanyí. Mittlerweile wurde Mitte Januar schon die vierte Ausgabestelle erö net, in Pollença, sodass es aktuell vier Stationen gibt: Santanyí an drei Tagen die Woche sowie Porto Colom, S'Illot und Pollença jeweils an einem Tag. Versorgt werden so insgesamt etwa 1.600 Menschen pro Woche. Eine rasante positive Entwicklung analog zur gleichfalls rasant steigenden Armut und Bedürftigkeit der Menschen. Gute Planung “Das ist zum einen ein logistisches Problem”, meint Heimke, die Präsidentin der mittlerweile auch als gemeinnütziger Verein eingetragenen Hilfsorganisation “Hope Mallorca”. Aktuell gibt es insgesamt 100 ehrenamtliche Helfer, ein internationales Team, die die Pakete mit Lebensmitteln und Produkten des täglichen Bedarfs wie Hygieneartikel, Windeln, Reinigungsmittel sortieren, zusammenstellen und ausgeben. An jedem Tag und Ort sind es immer die gleichen Helfer, damit bei einem potentiellen Corona-Ausbruch – keiner ist davor gefeit – nicht gleich mehrere Helfer-Gruppen betro en sind. “Stellvertretend für all diese tollen Helfer möchte ich dafür Susanne Menke und Claudia Radke danken. Es ist auch schön zu sehen, wie unser internationales Team zusammenhält, sich motiviert und so auch positive Energie ausstrahlt. Alle, die von uns Spenden erhalten, werden registriert und wir arbeiten auch mit den Gemeindeämtern zusammen, um Namen abzugleichen. Zudem notieren wir die Zahl der Familienmitglieder, das Alter der Kinder und Besonderheiten wie Allergien etc.” Das andere Thema sind die Lebensmittel selbst. “Wir erhalten viele Spenden dafür. Vor allem beliefert uns der Lion's Club, der ja mit seinem Projekt ´comida para todos` aktiv ist und täglich beispielsweise Waren von den Lidl-Geschäften abholen, gespendet von Lidl. Sie beliefern damit auch andere Hilfsgruppen, aber halt auch uns – das stellt den Hauptteil, für den wir dem Lion's Club sehr dankbar sind.” Aufgrund eines Kontakts durch Eva Strunz, die zwei Weingeschäfte in Sineu und Santanyí hat (La Bodega de la Rubia, www.bodega-dela-rubia.com), kamen sie auch mit der Firma Terracor bei Manacor ins Gespräch (www.ter-

Bei der Ernte auf den Terracor-Feldern racor.es).

Heimke Mansfeld (li.) und Jasmin Nordiek

“Sie haben mehrere landwirtschaftliche Fincas, wo wir regelmäßig Gemüse und Obst ernten dürfen. Eine tolle Spende, denn uns ist ganz wichtig, dass wir den Familien auch frische Lebensmittel geben können und nicht nur abgepackte Waren wie Reis, Mehl, Zucker, Salz, Hülsenfrüchte oder Öl. Manchmal bekommen wir auch eine Fleisch-, Fisch- oder Kleiderspende, das sind dann besondere Tage.” Apropos: Dank einer Spedition, die kostenfrei für Hope Mallorca fährt, können auch Spendenwillige in Deutschland die ein oder andere Palette mit Lebensmitteln herüberschicken.

Geldspenden sind nötig Doch Heimke Mansfeld und ihre Mitstreiterinnen wie Jasmin Nordiek und Sonja Willner, die sich als Anwältin um die rechtlichen Belange kümmert – alle übrigens rein ehrenamtlich tätig – sind vor allem auch auf GeldspendenSuche. “Denn diese Spenden reichen nicht mehr aus für all die Menschen, deren Zahl nahezu täglich steigt. Daher muss der Verein etwa 15.000 Euro pro Monat aufwenden, um Lebensmittel hinzu zu kaufen.” O en sind sie auch für jede Art von Kooperation mit Firmen, auch aus Deutschland: “Die Spenden sind steuerlich absetzbar, zudem machen wir für jede Firma, die uns unterstützt, auch Werbung”, beteuert Heimke. Glück hatten sie bislang mit ihren Vermietern: für keine Ausgabestelle müssen sie Miete zahlen. “Auch das ist keine Selbstverständlichkeit. Danke dafür!”

Aktionen Die rührigen Hope Mallorca-Ladies haben zudem etliche Aktionen durchgeführt und noch in Planung, um dadurch ebenfalls Spendengelder zu generieren. Ein Stand auf dem Weihnachtsmarkt von East 26 in Santanyí war das eine, inklusive Geschenkvergabe an Kinder. Ein eigenes Lied “Esperanza para ti”, komponiert und geschrieben von Heimkes Sohn, dem Musiker Denis Mansfeld, ist ein weiteres Beispiel. Alle Einnahmen durch den Song, den man auf den gängigen Musikplattformen herunterladen kann, gehen zu 100 Prozent an den Verein. Und am 7. März wird es einen “Hope Hair Day” geben, wo viele Friseure der Insel ihre Arbeit in den Dienst der guten Sache stellen. Waschen, färben, schneiden für Hope Mallorca und den Lion's Club. “Der Name Ho nung ist für uns keine leere Worthülse”, so Heimke Mansfeld, “die Taten zählen.”  Martina Zender

Weitere Infos: www.hope-mallorca.org Facebook: HOPE Mallorca Spendenkonto – HOPE Mallorca e.V. Bank Cajamar Santanyí IBAN: ES96 3058 4516 4327 2000 8258 BIC: CCRIES2AXXX

Norbert Fimpel ist ein hervorragender Musiker, der auf Mallorca lebt und als Saxophonspieler sein Publikum begeistert. Das Tenor-Saxophon ist sein bevorzugtes Instrument, allerdings hat er sein Studium mit dem Alt-Saxophon begonnen, das er kaum noch spielt, das letzte Mal bei Night of the Proms vor zwei Jahren mit Bryan Ferry. 2004 engagierte ihn Roger Hodgson (Komponist, Texter und Ex-Sänger von Supertramp), den er 1998 kennengelernt hatte und mit dem er auf Tournee durch Südamerika und Europa ging, das erste Mal zu Night of the Proms. Er trat dort mit James Brown, John Miles, Tony Hadley, Cindy Lauper und Joe Cocker auf. Kurze Zeit später dann engagierte ihn das Management von Joe Cocker. Es entstand eine großartige Zusammenarbeit, die neun Jahre anhielt. Norbert begleitete Joe Cocker auf vier Welttourneen mit über 400 Konzerten in über 30 Ländern und sie teilten eine tiefe Freundschaft miteinander. Diese großartige Zeit endete in Trauer, als Joe Cocker 2014 im Alter von 70 Jahren verstarb.

Seine Wurzeln: Argentinien Norbert Fimpel ist in Buenos Aires geboren. Seine Mutter und beide Seiten der Großeltern kamen aus Deutschland, sein Vater ist gebürtiger Argentinier. Er liebt Deutschland und ist mit der deutschen Kultur aufgewachsen, aber sein Herz schlägt argentinisch. Zwei Brüder hat er und eine Schwester, die 13 Jahre nach ihm geboren wurde. Seine Kindheits-Erinnerungen sind positiv: „Es gab viel Musik, Sport und gute Freunde, die ich heute noch habe“. Die Liebe zur Musik muss er von seinen Eltern haben. Diese haben in jungen Jahren an Wochenenden mit ihrer eigenen Band die deutsche Community in ihrer Gegend unterhalten. Schon als kleiner Junge hörte er Elvis Presley, Louis Armstrong, Ella Fitzgerald, Ray Charles – eben jene Musik, die seine Eltern hörten. Er bekam Unterricht in Gitarre und Musiktheorie und liebte es auf dem Klavier beim Besuch der Großeltern Songs zu improvisieren. Auf der Klarinette seines Opas bekam er darin Unterricht. Aber er lauschte schon längst den Klängen des Saxophons… Sein erstes Geld als Musiker verdiente er mit 22 Jahren. Das war 1990 in Buenos Aires als er mit dem bekannten und angesehenen Sänger und Songschreiber Alejandro Lerner spielte – dieser komponierte u.a. für Lionel Richie, Santana, Carole King, Luis Miguel und Gino Vannelli. Norbert begleitete ihn fortan viele Jahre auf dessen Tourneen. Aber er gründete auch eigene Musikprojekte, spielte Werbung ein für Radio und Fernsehen, wurde engagiert als Gastmusiker bei verschiedenen Live-Shows und trat in mehreren Fernsehprogrammen auf.

Wirtschaftskrise und Neuanfang 2002 entschließt sich Norbert, gemeinsam mit seiner Frau und dem Baby, das Land zu verlassen. Die Wirtschaftskrise war auf ihrem Höhepunkt, die Armut und Arbeitslosigkeit war verheerend, und er sah keine Zukunft mehr in Argentinien. Der Neuanfang auf Mallorca war nicht leicht, er begann mit Straßenmusik, aber es wurde langsam besser. Lieblingsort Mallorca Er liebt das Leben auf Mallorca, ist ein gefragter Musiker, hat seine eigenen Projekte. Sein Repertoire reicht von Pop- und Rock-Coversongs bis Jazzstücken und JazzImprovisationen. Doch auch für ihn änderte sich 2020 alles. Die Pandemie zwang ihn und seinen Duo-Partner Tolo Servera, die selbstorganisierte Deutschland Tour zu unterbrechen, die sie im März 2020 mit dem Auto starteten und die sie nach nur neun Konzerten im Norden Deutschlands abbrechen mussten. „Auch wenn die Konzerte ausverkauft waren, blieben immer öfter Besucher weg, die Angst vor dem Virus setzte den Leuten zu.“ Mit der letzten Fähre am 15. März 2020 legten Norbert und Tolo dann in Barcelona ab und kamen pünktlich zum Lockdown nach Hause. Es begann ein neues, anderes Leben – zuhause. „Ich spiele normalerweise im Sommer von Ende April bis Ende Oktober jeden Tag, manchmal auch zwei- bis dreimal am Tag. Der Sommer 2020 war ganz anders, denn ich hatte keine Arbeit und war jeden Tag mit meiner Familie zusammen. Das war der erste Sommer auf der Insel, wo ich den Strand, die Insel, meine Familie genossen habe. Es war sehr ungewöhnlich.“ Im Lockdown hatte er dann die Zeit Online Kurse zu machen, „mit Saxophonisten aus Nordamerika, um mich weiterzubilden, denn man hört nie auf, ein Instrument zu studieren. Es ist unendlich und wir bilden uns immer weiter, es hat kein Ende. So kann ich die Zeit nutzen, die ich sonst nicht habe.“

Lieblingsmenschen Seine Eltern, Geschwister und Freunde sind Lieblingsmenschen und es gibt bestimmt noch mehr, aber seine Töchter sind „das Wichtigste und Beste, das ich habe, ich liebe sie und würde mein Leben für sie geben, wenn es nötig wäre.“. Seine Frau jedoch bekommt den Ehrenplatz. „Meine Frau ist mein Fels, sie ist mein erster Fan und diejenige, die am meisten an mich glaubt, immer hinter mir steht und mich schubst, so dass ich vorwärtskomme. Als ich damals meine erste CD aufnahm, hatte sie schon jahrelang zuvor gesagt, ich solle meine eigene Karriere aufbauen und etwas eigenes machen. Es ist nicht einfach, die Frau eines Musikers zu sein. In meiner Zeit mit Joe Cocker war ich sehr viel unterwegs, manchmal monatelang und sie war alleine mit den Kindern auf der Insel, ohne Großeltern. Das waren schwierige Zeiten, aber sie ist eine Kämpferin und die Frau meines Lebens.“

Privilegien Norbert beschreibt sich selbst als einen frohen, glücklichen Menschen. Er lacht gerne, liebt Tiere, liebt es draußen zu sein, Sport zu treiben, „alles was einen Schläger und einen Ball hat macht mir Spaß – Tennis, Paddle und Squash. Ich habe viele Jahre Tischtennis gespielt, aber wenn ich einen Sport besonders mag, dann Fußball.“ Musik aber ist seine große Leidenschaft. Davon auch leben zu können sei ein echtes Privileg und „nur eine Minderheit der Weltbevölkerung kann so etwas von sich sagen.“

Sorgen Aktuell sei alles unsicher, man weiß nicht, wie es weitergehen wird. „Die Leute haben keine Arbeit, Menschen haben Verwandte, Freunde verloren und es ist das erste Mal, dass die Welt so etwas im Kollektiv erlebt.“ Auch er ho t, dass die Impfungen Gutes bringen, uns schützen

Norbert Fimpel:

Mit dem Saxophon um die Welt

Mit Roger Hodgson, Foto: Luc de Wandel

Mit Joe Cocker, Foto: Luc de Wandel Mit Tolo Servera, Foto: Omar Lanuti

Mit James Brown, Foto: Luc de Wandel

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