5 minute read
Mit Katharina Rhyner von der Alp Empächli
Empächli liegt im Kleintal, in der Ortschaft Elm. Die Alp ist in zwei Sennten aufgeteilt, Empächli Vorderstafel und Empächli Hinterstafel, welche Jörg und Katharina Rhyner als Pächter betreiben. Die Rhyners bewirtschaften diese beiden Sennten bereits in der sechsten Generation. Jedes Sennten hat eine Nutzfläche von ca. 115 ha und erstreckt sich auf 1390 – 2100 m ü. M. Bestossen wird Hinterstafel mit 40 Milchkühen, ca. 40 Rindern und 8 Alpschweinen. Dazu kommen Pala, die Hündin sowie die Kätzchen Blüemli und Socke.
Gibt es den Weg vom Gras zum Käse?
Advertisement
Ja, durch die Kuh und die Hände von Melker und Senn.
Unterscheidet sich die Herstellung von Alp zu Alp?
Im Grunde ist der Herstellungsprozess der Gleiche. Es gibt ein Grundgerüst. Wie man die einzelnen Schritte dann genau ausführt ist von Mensch zu Mensch bzw. Senn zu Senn unterschiedlich. Zum Beispiel wann man mit der Harfe in die dickgelegte Milch geht, wie gross dann die Bruchkörner werden, Geschwindigkeit vom Brennen des Käses und der Dauer des Ausrührens bzw. wann man letzten Endes den Käse aus dem Kessi nimmt, also wann man selbst meint jetzt ist er gut so. Die Milchzusammensetzung ist abhängig vom Futter, der Weide und der Artenzusammensetzung auf dieser. Weiterhin vom Nährstoffgehalt des Standortes, der Höhenlage und Exposition.
Wer und was ist «verantwortlich» für guten Käse? Das Gras, die Kuh, der Senn, der Käser, der Keller?
Jeder trägt seinen Teil bei, wichtig sind auch noch Hirt und Melker.
Melken – wie geht das und worauf muss man achten?
Ausgewogenes Innere, eine ausgewogene Psyche des Melkers und selbstverständlich die Hygiene.
Ist Bergkäse gleich Alpkäse?
Nein – Bergkäse wird mit Milch aus Berggebiet und in derselben oder angrenzenden Gemeinde verarbeitet und Alpkäse mit Milch nur von der Alp und der Hestellung des Käses auch im Sömmerungsgebiet.
Welches sind die wichtigsten Begriffe rund um den Käse? Fingerspitzengefühl, Hygiene, Milch, Kultur, Lab und Salz.
Wie und wieso müssen die Alpweiden erhalten werden?
Die Alpweiden sind die Nahrungsgrundlage für die Kühe und die Kühe tragen zu einem grossen Teil zur Nahrungsgrundlage in den Berggebieten bei.
Wem gehört die Alp?
In unserem Fall ist es eine Pachtalp und die gehört der Gemeinde Glarus Süd.
Hat die Alp eine Zukunft oder ist es bald nur noch «Heidi-Idylle»?
Solange Menschen in den Alpen leben wird es Alpwirtschaft geben. Alpwirtschaft hat nichts mit Idylle und «Heidi» zu tun. Das «Heidi-Idylle» Etikett wurde ihr nur angeklebt, um sie touristisch zu vermarkten.
Welche Personen braucht es auf der Alp?
Jeder kann auf die Alp gehen sofern er gewillt ist etwa 100 Tage lang in Folge anzupacken. Am idealsten sind es bodenständige Menschen.
Und aus wem besteht ihr «Alpteam»?
Das Team besteht aus zwei Familien: Jörg und Katharina Rhyner mit den Kindern Klara, Albert und Magdalena sowie Beni Rhyner (Jörg’s Bruder) und Freundin Sandra mit den Kindern Luis und Pius. Tatkräftige Unterstützung erhält das Team von Erika Rhyner, der Mutter von Jörg und Beni.
Wie kommt man dazu Älplerin oder Älpler zu werden?
Ich habe Landwirtschaft studiert. Eine gute Freundin und Kommilitonin hat ihr Praxissemester auf einer Alp im Wallis verbracht. Ich war sie mehrmals besuchen und wusste, dass ich das auch mal machen möchte. Meinen ersten Alpsommer habe ich dann auf einer Ziegenalp im Kanton Wallis verbracht. Nach meinem Abschluss wollte ich wieder auf eine Alp und bin bei Zalp.ch auf das Inserat der Alp Empächli gestossen und hier gelandet.
Eine Alpstelle ist eine Saisonstelle. Im Sommer wird während vier Monaten beinahe über 100 % Einsatz geleistet … und danach warten welche Herausforderungen?
Die (Wieder-)Integration in die Zivilisation ist die Herausforderung.
Rund 100 Tage verbringt man als Senn im Sommer auf der Alp. Eine richtige Auszeit gibt es da nicht, was ist die Motivation diesen (Teilzeit)-Beruf auszuüben?
Die Motivation im Allgemeinen kann ich nicht beantworten. Für uns ist die Alp ein wichtiges Standbein vom gesamten Hof, welches wir zum Existieren brauchen.
Gibt es eine (personelle) Hierarchie auf der Alp?
Für uns auf unserer Alp ist es uns wichtig, dass sich jeder auf seine Art mit seinen Stärken einbringen kann. Wir sind davon überzeugt, dass man nur gemeinsam mit flachen Hierarchien die Alp optimal bewirtschaften kann.
Wem gehören die Tiere auf der Alp?
Die Ziegen und Schweine gehören uns, die Kühe kommen von drei verschiedenen Bauern von uns sind es 11 Tiere und die Rinder kommen von sechs verschiedenen Bauern und 9 sind von uns.
«Dumme Kuh» ist ein Schimpfwort, das der Realität nicht gerecht wird, stimmt das?
Kühe haben eine andere Lebenswelt als wir, denn in Ihrem Leben sind andere Sachen relevant als in unserem. Eine Kuh hat kein logisches Denken. Wenn man Dummheit gleichsetzt mit «nicht logisch denken können» passt der Vergleich ziemlich gut. Eine Kuh lebt nach Instinkten und Bedürfnissen und ist wahrscheinlich talentierter als manch ein Mensch die eigenen Bedürfnisse für ein erfülltes Leben zu befriedigen.
Kann man von einer Kuh-Intelligenz sprechen?
Ja, wobei diese nicht mit der menschlichen Intelligenz vergleichbar ist.
Kühe haben Namen, reagieren sie darauf und für uns Städter sehen doch alle gleich aus?
Sie reagieren nicht auf den Namen, sie reagieren auf die Art und Weise wie man sie anspricht und wie man mit ihnen umgeht. Wie bei Allem muss das Auge geübt sein um die individuellen Unterschiede zu erkennen.
Warum tragen die Tiere Glocken?
Wir hören sie, wenn wir sie nicht sehen können, bei Nebel, im Dunkeln, wenn die Herde unruhig ist und herumspringt und natürlich hören sich die Kühe auch gegenseitig.
Als Wanderer könnte man vor Kühen Angst haben, gibt es überhaupt aggressive Kühe und was kann ich als Wanderer in solch einem Fall machen?
Man braucht sehr viel Pech um einer aggressiven Kuh zu begegnen. Bei einer Mutterkuh mit Kalb ist es wichtig Abstand zu halten, diese sind allerdings nicht grundsätzlich aggressiv, sondern versuchen lediglich ihr Kalb zu beschützen.
Ein grosser Dank an Katharina Rhyner und Ihre Familie für das überaus interessante Gespräch.
•• text: katharina und jörg rhyner, marco zimmermann fotos: katharina rhyner