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Interview mit Sommelière Lisa Bader

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Stiftung Balm

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«Ein Sommelier sollte nie seine eigene Meinung über die des Gastes stellen»

Lisa Bader ist Head Sommelière im Dolder Grand. Die 31-Jährige ist bekennende Apérol-Spritz-Hasserin. Im Interview verrät sie, welche Weine sie immer bei sich im Keller hat und weshalb ihr der persönliche Kontakt zu den Winzern besonders wichtig ist.

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Lisa Bader, was ist das Geheimnis eines guten Weines?

Ein guter Wein ist einfach immer der, der einem schmeckt. Natürlich spielt es eine Rolle, ob er qualitativ und von der Herstellung her wirklich sauber gemacht ist, ob er hochwertig ist, ob es alte Reben sind, ob die Qualität grundsätzlich von der Basis her stimmt. Aber im Endeffekt macht einfach einen guten Wein aus, der einem schmeckt.

Und was ist ein schlechter Wein?

Das ist immer schwierig zu sagen, man muss auch Respekt vor dem Handwerk des Winzers haben. Grundsätzlich kann man es aber an der Qualität schon festmachen. Hat der Wein einen Fehler, ist er zu viel geschwefelt oder oxidiert?

Nach welchen Kriterien empfehlen Sie Ihren Gästen den passenden Wein zum Essen?

Was ein passender Wein ist, ist von verschiedenen Aspekten abhängig. Auf der einen Seite muss er zur Speise passen, auf der anderen Seite auch zum Gast. Ob das vom Budget her oder der Geschmacksrichtung ist. Und ich bin immer noch der Meinung, dass kein Gast einen Wein trinken muss, der ihm nicht schmeckt. Deshalb frage ich den Gast, was er denn normalerweise gerne trinkt, dass man ungefähr so eine Ahnung hat, sowohl von der Preiskategorie als auch vom Stil her, wo der Gast sich bewegt.

'Weintrinken ist halt wie ein Restaurantbesuch, da gehort auch die Atmo .. sphare, das Emo .. tionale dazu'.

Ein Gast bestellt einen Wein, den Sie überhaupt nicht passend finden zum Gericht. Was tun Sie?

Wenn das ein Wein ist, den der Gast einfach unheimlich gerne immer trinkt, ich ihn aber nicht passend finde, empfehle ich sicher eine Alternative, aber ich finde, man sollte da nicht zu stark dagegen gehen. Wenn ich aber merke, der Gast sucht sich einfach willkürlich einen Wein aus, dann rede ich schon mit ihm und mache einen Vorschlag. Ich bin aber der Meinung, ein Sommelier sollte nie seine eigene Meinung über die des Gastes stellen oder versuchen, ihm etwas aufzudrücken, weil er es selber besser findet. Denn schlussendlich ist es auch immer noch Geschmacksache.

Wie führen Sie junge Gäste hin zum Wein?

Die meisten jungen Leute fangen mit Weisswein an oder Rosé. Einen Riesling Cabinet Kabinett finde ich sehr passend. Der hat eine schöne Säure, aber auch Süsse. In dem Moment, in dem man merkt, dass ist cool oder das macht Spass, ist man schon eher bereit, mal etwas anderes zu probieren. So kann man sich stückchenweise an andere Weine herantasten.

Ich bin bis jetzt einfach nicht auf den Geschmack von Wein gekommen. Kann man lernen, Wein zu mögen?

Am besten fängt man mit einer Degustation an. So kann man herausfinden, was es ist, das einem nicht schmeckt. Ist es die Säure, das Tannin, welche Aromen sind im Wein? In dem Moment, in dem man herausfindet, was einem nicht schmeckt und sich mit dem Produkt auseinandersetzt, glaube ich schon, dass man sich da herantasten kann, auch wenn man es bis anhin gar nicht mochte.

Auch beim Wein gibt es Trends. Wie sehen diese zurzeit aus?

Einerseits immer mehr im Gespräch sind Naturweine. Von Orangewein, über biozertifizierte Weine, zu naturnahem Ausbau, Biodynamik, das ist immer ein sehr grosses Thema. Andererseits sind auch wieder viele Spezialitäten aus kleineren Ländern wie Portugal oder Griechenland gefragt. Also Produkte aus Weinländern, die nicht gross im Fokus waren bis anhin.

Trinken Sie Wein zum Salat?

Ich finde zu einem guten Essen gehört auch immer ein Glas Wein – auch zu einem feinen Salat. Klar, irgendetwas Leichtes, Spritziges wie einen Silvaner oder einen Grünen Veltliner nehme ich gerne zum Salat.

Ihr persönlicher Favorit?

Er muss einfach gut sein (lacht). Ich bin ein sehr frankophiler Weintrinker. Also Pinot, Chardonnay, gerne auch einen schönen gereiften Bordeaux. In der Schweiz wird Graubünden gerade im Pinot Noir und Chardonnay Bereich immer stärker. Es gibt immer bessere, auch international konkurrierende Produkte. Letztes Jahr war ich öfters im Bündnerland unterwegs und ich muss schon sagen, da gibt’s wirklich ganz tolle Weine. Wein so ist, wie er ist. Ich will die Erde berühren können, in der die Reben wachsen. Das Klima und die Böden besser verstehen können. Und es ist auch schön, wenn ich dem Gast eine Geschichte zum Wein erzählen kann.

Ob Anfänger oder Weinkenner: welcher Wein sollte in keinem Keller fehlen?

Ich finde, dass sich jeder mit dem Weinland Frankreich auseinandersetzen sollte. Jetzt nicht mit einem spezifischen Wein. Aber die Vielfalt an französischen Weinen ist so gross, ich bin überzeugt davon, dass jeder in Frankreich einen Wein findet, der ihm schmeckt. Ich selber habe immer einen schönen Pinot, Bordeaux oder einen Meursault im Keller.

Wie stehen Sie zu Mischgetränken? Zum Beispiel ein Gespritzter Weisser?

Ich bin eine bekennende Apérol-Spritz-Hasserin, ich finde das ein wirklich schwieriges Getränk. Hingegen eine Weissweinschorle finde ich weniger schlimm, solange sie nicht süss ist. Wenn es aber etwas komplett Zusammengerührtes ist, finde ich das schon dramatisch. Das ist doch schade ums Produkt. Wieso macht man so was?

Was sagen Sie zu alten, unbekannten Rebsorten?

Das finde ich sehr spannend. Gerade auch in der Schweiz gibt es da viele, spannende Geschichten, vor allem im Wallis.

Was sind die grössten Fehler, die beim Degustieren passieren?

Ein Problem, beim Degustieren, aber auch generell beim Weintrinken, ist, dass der Rotwein oft viel zu warm serviert wird.

Thema Dekantieren: wie stehen Sie dem gegenüber?

Ich finde dekantieren super. Natürlich muss man gerade bei älteren Weinen überlegen, kann ich den dekantieren oder geht er gleich kaputt? Aber einem jungen Wein tut es nie weh.

Welches ist zurzeit der teuerste Wein der Welt?

Das war eine Versteigerung. Ein 1945 Domaine de la Romaine Conti Monopol. Der ging für 490 000 Euro über den Tisch.

Wer kann besser degustieren? Frauen oder Männer?

Frauen sind beim Degustieren etwas feinfühliger. Dadurch können sie gerade die Fruchtaromen einen Ticken besser definieren. Männer hingegen sind viel entscheidungsfreudiger.

Stimmt der Eindruck, dass Weine, die man im Urlaub köstlich fand, zu Hause oft nicht mehr schmecken?

Absolut. Man stelle sich mal vor: man sitzt am Strand, es ist warm, die Wellen rauschen. Der Rosé ist superschön im Glas. Wenn man Glück hat, hat man noch ein schönes Gegenüber (grinst). Die ganze Situation ist einfach perfekt. Da kann der Wein einfach nur schmecken. Da kommt man nach Hause, sitzt auf der Couch oder dem Balkon, schaut auf einen Parkplatz. Weintrinken ist halt wie ein Restaurantbesuch, da gehört auch die Atmosphäre, das Emotionale dazu.

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