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Schächten
SCHIEFLAGE
Von wegen aufgearbeitet
„Schächten“: Österreichs oft verklärte NS-Vergangenheit im Scheinwerferlicht.
Liest man heutzutage etwas über Entnazifizierung, dann kommen einem in erster Linie russische Kriegspropaganda und Verschwörungstheorien in den Sinn, so inflationär geistert dieser Begriff derzeit durch die Medien und sozialen Netzwerke. Dabei hätte es – im Gegensatz zur Ukraine – ein Land gegeben, dem – trotz Nürnberger Prozesse – eine kräftige Entnazifizierungskur in der Nachkriegszeit gut getan hätte: Österreich.
Oftmals als „erstes Opfer“ (selbst)inszeniert, war auch die Zweite Republik weiterhin für viele nun nur noch hinter vorgehaltener Hand bekennende Nationalsozialisten ein dankbarer Ort für ein unbekümmertes Leben. In nicht wenigen Fällen tauchten stramme Ex-Nazis auch in hochrangigen (politische) Ämtern wieder auf der Bildfläche auf. Thomas Roths (Falco – Verdammt, wir leben noch!) Schächten thematisiert den Umstand der hierzulande nur unzureichend aufgearbeiteten Mittäterrolle Österreichs an den Verbrechen der Nazizeit und erzählt die dem Film zugrunde liegende Geschichte aus Sicht eines jungen Wiener Juden.
SELBSTJUSTIZ Victor Dessauer (Jeff Wilbusch, 3½ Stunden) ist ein HolocaustÜberlebender, der im Kindesalter Zeuge wurde, wie seine Großeltern und seine Schwester im KZ Mauthausen ermordet wurden. 20 Jahre später betreibt er mit seinem Vater Paul (Michael Abendroth, Contra) einen Textilhandel in Wien und ist mit der Katholikin Anna Stöger (Miriam Fussenegger, Maximilian – Das Spiel von Macht und Liebe) zusammen. Als es so scheint, dass die Familie wieder ins normale Leben zurückgefunden hat, kommt ans Licht, dass der MauthausenKommandant und Hauptverantwortliche für die Tötung von Victors Angehörigen, Kurt Gogl (Paulus Manker, Die Ketzerbraut), ein unbehelligtes Leben als Schuldirektor im Salzkammergut führt. Der anschließende Versuch, den ehemaligen SS-Unterscharführer vor Gericht seiner angemessenen Strafe zuzuführen, scheitert an der immer noch braun unterwanderten Justiz und der Deckung ehemaliger Nazi-Kameraden. So beschließt Victor, eigenhändig für Gerechtigkeit zu sorgen – auch wenn ihn das seine Existenz kosten sollte. #schächtenfilm
SCHÄCHTEN KINOSTART 02.12., A 2022, REGIE Thomas Roth, MIT Jeff Wilbusch, Paulus Manker, Christian Berkel, Georg Friedrich FILMLÄNGE 110 Min., © Filmladen