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Ausgestiegen, um aufzusteigen
Tobias Gottfried ergriff die Chancen, die ihm sein Leben bisher geboten hat: Er baute sich auf Rhodos sein eigenes Surf-Paradies, das er nun mit seiner Familie und Gästen aus aller Welt teilt. Tipi besuchte den Häupling des glamourösen
Tipi-Dorfs. von wolfgang heckel-moehle
Die nur kurz geplante Auszeit von dem Werkstattleben hat nicht geklappt. Stattdessen ist das familiäre LOGOS Beach Village entstanden – samt Surfschule, 40 Mitarbeitern und vielen grinsenden Gesichtern.
Stationsmanager Spiros, Kati und Tobias beim gemeinsamen Arbeitseinsatz (links) und eine lässige Familie mit viel „Hangloose“ – die Chefin sitzt ganz rechts im Bild.
Angefangen hat bei Tobias alles mit einer Auszeit. Nach einer Kfz-MechatronikerAusbildung zum Meister und einer guten Stelle im öffentlichen Dienst am Flughafen Köln-Bonn begann sein erster Schritt in die erfolgreiche Selbstständigkeit mit einer eigenen Werkstätte. „Alles lief nach Plan, doch bevor für mich der ,Ernst des Lebens‘ so richtig begann, wollte ich als 20-jähriger Bursch noch mal schauen, was das Leben sonst so zu bieten hat“, erzählt Tobias.
Ich bin dann mal kurz weg Also machte er in Tarifa die Ausbildung zum Windsurf-Lehrer und bewarb sich bei verschiedenen Surfschulen in Griechenland und Italien. Mit dem deutschen Besitzer einer Surfschule auf Rhodos passte die Chemie vom ersten Gespräch an, worauf er Tobias nach der Saison anbot, als Partner einzusteigen und eine Kite-Station aufzubauen. Nach der elterlichen Zustimmung – „OK – es nützt ja eh nix, wenn du dir das in den Kopf gesetzt hast“ – und einem kleinen Darlehen stand dann 2012 ein Container mit Kites und zwei Sonnenschirmen am Strand von Theologos. „Als ich im darauffolgenden Jahr noch einen Shop eröffnen wollte, bot mir mein Partner an, auch die Surfstation ganz zu übernehmen, da er dann doch noch andere Pläne hatte.“ Tobias ergriff die Chance, die ihm geboten wurde und übernahm dabei nicht nur die Hardgoods, sondern auch den Spirit, den ihm sein Vorgänger mit auf den Weg gegeben hatte. Dabei ist ihm nicht nur der Wassersport wichtig, sondern auch die Atmosphäre am Strand und unter den Gästen. So gibt es immer noch gemeinsame Burger-, Pasta- oder Grillabende bei perfekten Sonnenuntergängen mit chilliger Musik oder rockigen Bands, bei denen auch Tobias mit seiner Gitarre tonangebend ist. Verschuldet in die Krise Bei seinen Investitionen und Krediten konnte er jedoch eines nicht mit einkalkulieren – die Schuldenkrise in Griechenland. „500 Euro spuckte der Bankomat maximal aus – aber nur alle zwei Wochen. Überweisungen konnten nur auf schriftlichen Antrag von der Bank genehmigt werden – ein Wahnsinn für das Geschäft“, erinnert sich Tobias. „Ich hatte da schon fast keine Lust mehr auf die Selbstständigkeit und habe mir das geregelte Leben in Deutschland gelobt.“ Doch er sah die Situation auch sportlich, lebte in seinem Wohnwagen am Strand und für die Idee, seine Surfstation „Surf & Kite Theologos“ weiter aufzubauen. „Es war zwar eine sehr anstrengende, aber auch schöne Zeit, die ich nicht missen will.“
Dann kam Kati Es ist nicht ganz die klassische Surflehrer-Story, bei der der Beachboy seiner Schülerin den Kopf verdreht … denn Kati surft sogar schon länger als Tobias. Die Lufthansa-Stewardess kam mit einer ganzen Gruppe von Freunden nach Rhodos zum Kiten. Doch erst bei ihrem zweiten Aufenthalt funkte es dann so richtig zwischen ihr und Tobias, und so beschloss Kati, ebenfalls zur Inselbewohnerin zu werden. Seit 2016 sind sie mit Tochter Zoe zu dritt und genießen gemeinsam das Familienleben im lieblichen Örtchen Theologos. Familie ist in Griechenland besonders wichtig, erzählt Kati, und kleine Kinder sind für die Menschen hier das Größte. Das spürt auch jeder Gast mit Nachwuchs auf Rhodos. Dass Zoe die Freundlichkeit mitbekommt, mit der hier miteinander umgegangen wird, war für Tobias und Kati mit ein Grund, warum Zoe ihre Kindergartenzeit in Griechenland verbringen durfte. Der starke Zusammenhalt in der Familie machte es jedoch auch nicht leicht, die Surfstation zu erweitern. Denn Land im Familienbesitz, vielleicht sogar noch mit selbst gepflanzten Olivenbäumen darauf, wird nicht verkauft.
Ohne Fleiß kein Preis Die Arbeit und die Strapazen zahlten sich dann 2018 aus, als Tobias die Möglichkeit bekam, direkt am Strand Land zu pachten, um seine neue Idee umzusetzen. Vielleicht auch wegen seiner Zeit im Wohnwagen am Strand wollte er ein familiäres Glamping-Areal errichten. Die Arbeit wurde zwar dadurch nicht weniger, doch bekam er viel Hilfe von Kati und von seinem Vater, der sich sogar von seinem Beruf in Deutschland freistellen ließ, um mitzuhelfen, die „Gstettn“ in ein Paradies umzuwandeln. Nach einem Jahr war es dann so weit: Das „Logos Beach Village“ wurde eröffnet – mit Luxus-Glamping-Appartements in einem stylishen Beach-Boutique-Stil direkt am Surfstrand. Hier geht es jetzt für die Gäste direkt vom Bett aufs Brett. Auch die Nachhaltigkeit ist dabei großes Thema. „Glamping verbraucht nicht nur beim Aufbau oder Abbau weniger Ressourcen, sondern auch bei der Erhaltung. Das Wasser wird mit Solarthermie erwärmt und das Abwasser aufgefangen, abgepumpt und geklärt. Das Essen wird möglichst von regionalen Produzenten geliefert und der Sport natürlich nur mit Muskel- oder Windkraft betrieben“, lacht Tobias, der neben dem Surfen auch noch geführte Bike-Touren sowie Yoga und Crossfit direkt am Strand anbietet.
Vom Bett aussteigen und aufs Brett aufsteigen ist das Motto im Luxus-Tipi-Dorf – natürlich nicht ohne vorher beim feinen Frühstück gemütlich die Surfbedingungen zu checken.
Living the dream „Und wann geht’s aufs Wasser?“ Trotz des Trubels bleibt genug Zeit für die gemeinsame Leidenschaft, freuen sich Kati und Tobias. Denn der eigentliche Grund, warum man auf einem Rhodos-Beach gestrandet ist, ist das Surfen in all seinen Variationen. Beim familiären Stand-upPaddle-„Board-Meeting“ am Wasser ist dann natürlich auch Zoe mit dabei und übernimmt schon mal gerne das Ruder, um zu zeigen, wo es langgeht. „Sie liebt ihre griechische Heimat und kann mit ihren sechs Jahren perfekt schwimmen und sogar auch schon windsurfen. Mittlerweile spielt sie auch am Strand den kleinen Boss“, schmunzelt Kati.
Bitte aufsteigen Die Surfschule in Theologos hat neben dem Kite- und Windsurfen auch den neuesten Trend im Programm: das Foilen! Dabei wird ein Flügel auf einem Mast unter dem Board montiert, der Auftrieb erzeugt und nach dem gleichen Prinzip wie ein Tragflügelboot funktioniert. Durch den geringen Widerstand im Wasser wird nur sehr wenig Druck im Kite, Segel oder Wing (ein aufblasbarer Flügel, den man in der Hand hält) benötigt, um aufzusteigen und über dem Wasser zu schweben – damit ist surfen auch mit sehr wenig Wind möglich geworden, und es gibt fast keine Flautentage mehr.
Weltelite zu Gast Seit zwei Jahren ist die Surfschule „Surf & Kite Theologos“ Gastgeber für die besten Freestyle-Windsurfer, die beim Stopp der European Freestyle Pro Tour (EFPT) ihre Weltklasse-Show zeigen und die verrücktesten Tricks auf das Wasser zaubern. Der Event ist zwar nicht billig für das Unternehmen, das mittlerweile 40 Angestellte hat, doch für das Image als professionelle Surfschule ungemein wichtig. Mittlerweile sponsert „Surf & Kite Theologos“ mit Jacopo Testa sogar auch den momentan besten Freestyle-Windsurfer der Welt. „Er kommt oft zu Besuch, um seine neuesten Manöver zu trainieren – dann bekommen die Gäste unverhofft eine spektakuläre Show geboten“, erzählt Tobias begeistert.
Fortsetzung folgt Nachdem Tobias und seine Familie mit der Schuldenkrise und der Coronakrise bereits zweimal schwere Zeiten durchgemacht haben, stehen nun mit der Wirtschaftskrise und der Klimakrise die nächsten Herausforderungen vor der Tür.
Im LOGOS Beach Village kann man in glamourösen Glamping-Lodges samt eingebauter Küche auch feinstens in der Hängematte chillen. Wer lieber ein festes Dach über dem Kopf hat, findet in den Appartement-Studios Entspannung.
Après-Surf: In der Beach-Village-Community ist immer was los. Bei gemeinsamen Open-Air-Kinoabenden, Konzerten oder Burgerpartys sorgt nicht nur der perfekte Sonnenuntergang für Stimmung.
Doch die Erfahrung, schwierige Situationen gemeinsam gemeistert zu haben, stärkt für zukünftige Entscheidungen – und nachhaltige Lösungen, wie sie beim Glamping bereits umgesetzt wurden, sind mehr denn je gefragt. Damit der Familie also nicht langweilig wird, ist unweit des jetzigen Standorts in Theologos bereits ein zweites Village mit vielen neuen Ideen geplant – denn davon gibt es noch mehr als genug.
surfandkitetheologos.com logosbeachvillage.com