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Kork, Kork, hurra! Clarissakork
Kork, Kork, hurra!
Für Clarissa Steurer ist Kork das bessere Plastik. Seit 2018 betreibt sie ihre Manufaktur „Clarissakork“ im Bregenzerwald und produziert vom Teppich über die Krabbeldecke bis zur Wickelunterlage allerlei Wunderbares aus dem natürlichen Alleskönner.
von inez ardelt
„Houston, wir haben ein Problem!“ Das Baby hat getrunken und volé Wickelunterlage, Krabbeldecke, Stillkissen, Teppich angespieben. Eine Situation, die allen Eltern bekannt sein dürfte. Für Clarissa Steurer, eine gelernte Textilerin und Produktdesignerin aus Krumbach in Vorarlberg, war das nicht nur nicht länger hinnehmbar, sondern brachte sie auch auf eine tolle Idee. „Während der Karenzzeit meines ersten Kindes wollte ich unbedingt selbstständig werden. Ich habe mich sehr intensiv damit beschäftigt, was ich machen könnte. Zuerst hatte ich die Idee, hochwertige Tischwäsche mit Stickereien herzustellen und bin bei einem Sticker gewesen, der mir aber davon abgeraten hat.“ Bei diesem Besuch schaute sie sich dann noch die Stickereimaschine an, in der gerade eine sehr hochwertige Leinentapete bestickt wurde. „Das hat mir total zugesagt.“ Als sie am selben Abend zufällig im Fernsehen einen Bericht über Korkleder sah, folgte ein Gedankenblitz: „Wenn der Sticker eine Tapete macht, dann mache ich einen Teppich!“ Steurer begann zu recherchieren und wurde von einer Welle der Begeisterung für Kork erfasst. „Ich kannte Kork eigentlich nur von Pinnwänden und Flaschenverschlüssen. Bei uns im Bregenzerwald dreht sich alles um Holz – bis hin zur Architektur. Man ist gewissermaßen in einer Blase und denkt, Holz ist das absolut beste Naturmaterial.“ Dass es noch ein anderes, ganz tolles Naturmaterial gibt, mit dem sich arbeiten lässt, hat Steurer überrascht und fasziniert. „Ich war von Sekunde eins weg verliebt in Kork.“ Einerseits, weil die Haptik so speziell ist: Kork ist samtig und verfügt über ein ganz besonderes Griffgefühl. Zudem hat er geniale Eigenschaften, die nicht auf den ersten Blick erkennbar sind: Korkleder ist antibakteriell, das heißt, Milben und Bakterien können sich nicht einnisten. Es ist warm, weil es die Wärme der Luft absorbiert und speichert. „Wenn in einem Raum eine Wickelauflage aus Plastik liegt, dann greift sich diese unangenehm kalt an.“ Korkleder ist zudem besonders pflegeleicht, man kann es einfach abwischen, es ist wasserdicht, Feuchtigkeit dringt nicht durch. Korktastisch Wo wir nun wieder bei der Babyepisode zu Beginn wären. „Ich wollte anfangs ja eigentlich nur Interiordinge machen, aber mein Sohn hat mich sozusagen ab dem Prototypen der Badematte inspiriert“, schmunzelt die Designerin. So entwickelte die Mompreneur auch gleich eine Baby- und Kinderlinie, die sich größter Beliebtheit erfreut – Tendenz steigend. Kork ist mit seinen Eigenschaften ideal für die Einrichtung des Kinderzimmers geeignet. „Er ist nicht nur unkompliziert, sondern extrem hygienisch und außerdem auch toll für Allergikerkinder.“ Auf einem Korkteppich lasse sich zudem viel besser Duplo, Lego und Playmobil spielen, ohne dass dauernd etwas wackelt und umfällt.
Von der Spielmatratze über Teppiche, Wickelauflagen, Krabbeldecken bis hin zu Polstern und Tischsets –bei den Produkten von Clarissakork gibt’s einen gemeinsamen Nenner: das Material Kork.
„Die Baby-Wickelunterlage ist der Verkaufsschlager, und jetzt haben wir neuerdings die Krabbeldecke, die entwickelt sich auch sehr gut. Sie liegt halt viel fester am Boden als eine herkömmliche Decke und ist auch gefüllt mit Naturmaterialien, da ist wie in der Wickelunterlage Hanf und Flachs drinnen.“ Beliebt seien auch Tischsets mit Besteck bedruckt, die Montessoriinspiriert sind. „Ich schaue immer in meinem Alltag, was man alles aus Kork herstellen kann und bin draufgekommen: Kork ist eigentlich das bessere Plastik! Es hat viele positive Eigenschaften wie Plastik und ist obendrein noch natürlich!“
Neue Produkte Diesen September werden wieder einige neue Produkte gelauncht, darunter etwa eine Bettschlange und ein Stillkissen, an dem lange getüftelt worden ist. „Ich habe wirklich eine tolle Community, und es kommen immer wieder Kundinnen auf mich zu und bringen mich auf Ideen. Wenn etwas immer wieder nachgefragt wird, dann heißt das für mich: Das gehört wohl ins Sortiment.“
Neben aller Liebe zum Material und zu dessen Vorzügen steht bei einer Designerin natürlich auch die Ästhetik im Vordergrund. Denn Waren von Clarissakork sind nicht nur praktisch, sondern auch hübsch anzusehen. „Das ist mir naturgemäß sehr wichtig. Deshalb bin ich auch gleich von Anfang an total auf Kork geflogen, weil ich erkannt habe, wie super man das gestalten kann.“ Neben der Ästhetik ist für Steurer essenziell, dass sie zeitlose Produkte kreiert. Auf Einhorn- und Disney-HeldenTrends springe sie nicht auf. „Solche Sachen gibt’s bei mir nicht. Es soll unisex sein. Dass also die Schwester ihrem Bruder etwas weitergibt, sollte kein Problem sein.“ Dass die Dinge lange weiterverwendet werden, sei ebenso Prämisse. So könne die Malunterlage etwa als Matte vor die Badewanne gelegt werden oder zum Abstellen der Gummistiefel vor der Balkontür dienen. Die Wickelunterlage könne später als Sitzkissen verwendet werden, weil sie eben nicht als Wickelunterlage zu erkennen sei. „Wir legen übrigens großen Wert darauf, durch und durch natürliche Produkte anzubieten. Bei uns wird es keine EPS-Perlen als Füllmaterial in der Wickelauflage geben. Wir achten auf die Durchgängigkeit!“
Texas, Vorarlberg, Portugal Die Herstellung der zeitlosen, schönen und nachhaltigen Sachen findet in der Manufaktur in Krumbach statt, die bis zum Frühjahr 2023 vergrößert werden soll. Neben einem eigenen Verkaufslokal ist Clarissakork online vertreten und wird von gut 20 Fachhändlern und Conceptstores in Österreich und Deutschland vertrieben.
Das Material bezieht das Vorarlberger Label aus Portugal, wo auch das Hauptanbaugebiet der Korkeichen ist. „Was super ist: Der Baum wird für die Ernte nicht gefällt, sondern nur die Rinde wird abgetragen. Es ist also nachwachsend.“ Im Neun-Jahres-Rhythmus kann man die Korkeiche beernten. Eine gepflegte Korkeiche bindet übrigens ein Vielfaches mehr an CO2 als eine Korkeiche, die unbewirtschaftet ist.
Da wundert es kaum, dass diese fantastische, natürliche Ressource auch bei der NASA zum Einsatz kommt. „Kork ist ein hochtechnologisches Material. Weil es hitzebeständig und dabei so leicht ist, wird es auch in Raketen verarbeitet“, teilt Clarissa Steurer ihr Kork-Wissen. Auch bei Instrumenten oder als Füllung in einem Baseball darf Kork nicht fehlen. Welche Prototypen wohl künftig noch aus Clarissa Steurers Kreativschmiede kommen werden? Alles scheint möglich. Kork bleibt auf jeden Fall der rote Faden.
Nachhaltig, praktikabel, schön: Kork ist das „bessere Plastik“, findet Unternehmerin Clarissa Steurer.
Wie sag ich’s meinem Kind: Waffen im Haus
Interview
© Freepik (1), Privat (1)
Schwierige Themen – kinderleicht gemacht. Oder so leicht wie möglich. Diesmal in der Tipi-Serie: Waffen im Haushalt. Wie man damit am besten umgeht, weiß Psychologin Yvonne Laminger.
von markus höller
Wenn es Wa en im Haushalt gibt: Soll man dies den Kindern sagen? Und wenn ja, ab welchem Alter?
Yvonne Laminger: Diese Frage lässt sich nicht pauschal beantworten, sondern ist abhängig von der Präsenz der Wa e. Benötigt zum Beispiel ein Elternteil eine Wa e berufl ich und ist das Kind dadurch häufi ger mit der Wa e konfrontiert, dann ist es sicher ratsam, das Kind schon früh darüber aufzuklären. Wird die Wa e in der Freizeit nur selten benutzt, ist diese dem Kind vielleicht gar nicht präsent, dann ist es nicht notwendig, das Kind frühzeitig darüber zu informieren. Wichtig ist, bei der Au lärung eine kindgerechte Sprache zu verwenden, altersgerechte Informationen und ehrliche Antworten zu geben. Die Au lärung sollte sich vor allem auf die Gründe der Nutzung, Vorsicht und die Gefahren im Umgang mit Wa en beziehen. In der Regel fragen Kinder nach, wenn sie mehr wissen möchten.
Soll man Kinder bei der Handhabung von Wa en, zum Beispiel bei der Reinigung, miteinbeziehen?
Nein, davon ist abzuraten. Bis zum Jugendalter sollen Kinder nicht in die Handhabung einbezogen werden. Generell gibt es dazu im Wa engesetzt auch klare Richtlinien, die zu beachten sind. Eine Empfehlung ist, nicht vor den Kindern mit der Wa e zu hantieren, da vor allem junge Kinder noch nicht zwischen echten Wa en und Spielzeugwa en unterscheiden können. Die kognitive Entwicklung ermöglicht Kindern auch erst im späteren Jugendalter die nötige Refl exionsfähigkeit und Verantwortungsübernahme. Erwachsene müssen hier auch als Rollenvorbild fungieren. Sie tragen die alleinige Verantwortung über die geeignete Verwahrung. Auch über die Vorbildwirkung im Umgang mit der Wa e sollte man sich bewusst sein.
Ab wann verstehen Kinder den Unterschied zwischen Spielzeug- und echten Wa en?
Im Kindergartenalter gibt es die sogenannte „Magische Phase“. Hier beginnen sich Kinder sehr für Fabelwesen und Magisches zu interessieren. Manchmal verschwimmen hier Fiktion und Realität. Da ist es wichtig, die Kinder aufzuklären, was passiert, wenn mit einer Wa e geschossen wird und dass es kein „Game Over“ gibt, wie es manchmal im Fernsehen vermittelt wird. Im Umgang mit Spielzeugwa en ist außerdem auf Regeln zu achten. Wie ist der Einsatz für mich als Elternteil in Ordnung und was möchte ich persönlich nicht. Manche Spielzeugwa en sehen täuschend echt aus, auch hier ist vom Kauf eher abzuraten. Kinder können in der Natur vielfältige Materialien fi nden, um Wa en zu bauen und diese in ihrem Spiel zu benutzen. Grundsätzlich sollte das Zielen auf andere Personen tabu sein, und Kinder sollten darüber aufgeklärt werden, dass sie auch mit Spielzeugwa en jemanden verletzen können. Es sollte darauf geachtet werden, dass bei der Austragung von Konfl ikten keine Spielzeugwa en eingesetzt werden. Auch das symbolische Zielen auf jemand anderen oder Phrasen wie „Dann erschieß ich dich“ sollten im Zusammenleben mit Kindern nicht verwendet werden.
Ist es sinnvoll, Kinder zum Schießstand oder zur Jagd mitzunehmen?
Dies ist erst im späten Jugendalter anzuraten. Die Kinder müssen auf alle Fälle davor gut aufgeklärt werden, was passieren wird und welche Verhaltensregeln es gibt. Außerdem müssen sie am Schießstand durchgängig beaufsichtigt werden. Wa en dürfen nicht achtlos weggelegt werden oder in die Hand von Kindern geraten. Dies regelt auch das Jugendschutzgesetz.
Welche Vorkehrungen, abgesehen vom Wa enschrank, halten Kinder von der unbefugten Benutzung ab?
Gerade wenn man mit Kindern in einem Haushalt lebt, ist die vorschriftsmäßige Verwahrung unumgänglich. Der Wa enschrank sollte keine spielerischen Attribute oder Farben aufweisen und nicht im Fokus des Familienlebens stehen. Kinder beobachten Verhaltensweisen ihrer Eltern sehr genau, weshalb die Beschäftigung mit der Wa e eher stattfi nden sollte, wenn das Kind schläft oder außer Haus ist.
Mag.a Yvonne Laminger
ist klinische und Gesundheitspsychologin sowie Kinder-, Jugend- und Familienpsychologin. PÄPSY, Gumpendorfer Str. 139/Top 1.04, 1060 Wien, www.paepsy.at