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Glücklich sein kann man immer
Interview
Mit seiner Band Play The Tracks Off gilt er seit den frühen 90er-Jahren als heimische Indie-Legende; seit 2016 macht Frenk Lebel als Brennholz.Rocks erfolgreich Musik für Kinder und Familien. Soeben ist das neue Album „Das Gegenteil von Sommer“ erschienen – TIPI wollte wissen, was ihn antreibt und inspiriert. von peter zirbs
Brennholz.Rocks liefert den Familien-Soundtrack für die nächsten Monate: voll mit lustigen und nachdenklichen Themen, fast schon philosophischen Gedanken und vor allem ganz viel Fantasie. Seine Liveshows sind ein Erlebnis – nicht nur für Kinder.
Tipi: Wie bist du Brennholz geworden?
Brennholz: Bereits früher, auf meinen Konzerten für Erwachsene, waren immer wieder jede Menge Kinder dabei. Und ich hab spontan irgendwas erfunden. Einfach für die Interaktion und dass für die Kinder auch etwas passiert. Absurderweise war es dann so, dass das den Erwachsenen auch voll getaugt hat. Ich hab mir das dann lange überlegt und mich 2014 entschlossen: Ich will das machen. Bis 2016 habe ich vorbereitet und bin anschließend damit rausgegangen.
Die Themen des neuen Albums?
Das erste Lied auf der CD heißt „Treffen sich zwei Rätsel“. Der Refrain hat mit den Unsicherheiten der Corona-Zeit zu tun, und er ist inhaltlich der ganzen Familie gewidmet: „Kann man etwas lieben, das man gar nicht kennt?“ Kinder reagieren auf das sofort, ich habe erst gestern wieder gemerkt: Man kann ihnen sagen, dass ganz viel unsicher ist und dass man von einem Tag auf den anderen nicht weiß, was passiert. Da kann es leicht sein, dass man Angst bekommt – und mit diesem Lied frage ich, ob man das nicht auch umarmen kann; das, was da so fremd ist? Ob man das nicht ganz einfach mögen kann?
Gar nicht so einfach, oder?
Ich weiß nicht wieso, aber das ist eine Grundhaltung, die ich in mir trage, seit ich sehr klein war. Dass ich speziell bei Sachen, die mir fremd sind, sage: So, das mag ich jetzt. Dadurch habe ich auch die Möglichkeit, es kennenzulernen, und kann dann immer noch entscheiden, ob ich vielleicht doch nicht mag. Aber oft steckt im an sich Fremden ein ziemliches Geschenk drinnen. Das Thema „Unbekanntes entdecken“ und sich dabei sicher fühlen, zieht sich implizit durch das Album. Da gibt es etwa den Song „Der Schneekapitän“; ein sehr fantasievolles Lied, das mit vielen Metaphern arbeitet. Manche Songs gehen solcherart so in die Tiefe, dass mir selbst als der Schreibende die Dimension anfangs gar nicht bewusst ist. Ich bin Popmusiker – ich arbeite schon so, dass die Lieder an ihrer Oberfläche ganz einfach gehört werden können, aber auch gleichzeitig philosophisch in die Tiefe gehen.
Du bist ein Reisender …
(Hat seine Kopfbedeckung gewechselt) Die Kappe, die ich jetzt gerade trage, ist die Brennholz-Reisekappe. Ich reise mit der Kap-
pe, und die Kappe reist mit mir. Und ich habe nicht nur eine, sondern viele verschiedene. Aber es gibt sie ausschließlich im Hafen von Marseille: Dort muss ich immer hinfahren, weil die verschicken nichts. Ich muss spätestens alle vier Jahre nach Marseille, weil dann sind die Kappen durch. Beim letzten Mal habe ich mir gleich drei gekauft. Die Kappen sind immer mit auf der Bühne, und entweder entscheiden die Kinder oder das Lied, welche ich aufsetze. Ich liebe Kopfbedeckungen; man kann sich mit ihnen sehr schnell verwandeln. Das hier zum Beispiel (wechselt erneut rasch die Kopfbedeckung) ist ein Clownhut. Weil im Lied „Weihnachten im Zirkus“ gibt es keinen Weihnachtsmann, sondern einen Weihnachtsclown. Irgendwann habe ich mich gefragt: Wie wird denn eigentlich im Zirkus Weihnachten gefeiert? Dem gehe ich in dem Song nach. Am Ende verteilt der Weihnachtsclown Geschenke, aber Vorsicht: Manche beinhalten ziemlich wilde Scherze. Und dann explodiert alles.
Woher der Name Brennholz?
Ich heiße eigentlich Reinhold, und die Geschwister meiner Frau waren sehr jung, als ich sie kennengelernt habe. Sie leben in Frankreich und konnten damals nur ein bisschen Deutsch. Ihr Papa ist Holzfäller – das heißt, sie kannten speziell Wörter mit Holz richtig gut. Und dann hörten die meinen Namen und sagten: Was, wie heißt der? Brennholz? Als ich mich dann entschieden habe, Musik für Kinder und Familien zu machen, wollte ich dafür einen eigenen Namen haben – und es war quasi aufgelegt, diesen Namen zu verwenden. In der Familie heiße ich immer noch Brennholz. Es war lustig, als ich sie eines Tages wiedergetroffen habe, und der Bruder sagt: Ah, der Brennholz ist da. Und seine Mutter darauf: Pscht, das sagen wir doch nur, wenn er nicht da ist!
Und deine Fans?
Meine Fans heißen „Brennheads“ – nicht, dass ich ein großer Fan der Band Grateful Dead wäre, aber meine Fans reisen mir schon auch nach. Und sie zeichnen mir mitunter Sachen oder sagen mir, welche Lieder sie gerne von mir hätten. Es ist also ein Dialog mit den Kindern. Wenn sie ein Lied mit einer Dampflokomotive wollen, dann mache ich das. Zum Glück habe ich einen Papa, der Heizer auf einer Dampflok war, dadurch ist technisch alles korrekt. Weil man darf Kindern keinen Blödsinn erzählen.
Du agierst also ziemlich intuitiv?
Meine Konzerte sind sehr interaktiv – oft entstehen sogar spontan neue Lieder. Die Kinder machen mit und kommen auch auf die Bühne. Bei Konzerten rund um Weihnachten, da hab ich gefragt, was sie sich wünschen. Klar, zuerst ging es um Geschenke, aber als ich nachgefragt habe, was sie wirklich glücklich machen würde, kam gehäuft: dass die Eltern mehr Zeit für sie hätten. Da ist mir dann sehr schnell das Lied „Schenk mir deine Zeit“ eingefallen – es ist übrigens das absolute Lieblingslied von meinem Sohn, und immer wenn er im Publikum sitzt, muss ich es spielen. Ein anderer Song heißt „Mit Brennholz durch den Winter“. Das ist von der Rhythmik her eine ziemliche Hip-Hop-Geschichte; vielleicht ist es auch ein bisschen eine Bilderbuch-Hommage. Ich will, dass die Kinder die Wörter „Empathie“ und „Mitgefühl“ zumindest einmal gehört haben.
Auf einigen der Songs geht es um ein gutes Gefühl ...
Seit 35 Jahren betreibe ich eine Praktik: Ich setze mich hin – und denke nichts. Wenn man das viele Jahre lang macht, geht es recht schnell, dass man mit dem Denken aufhört. Das ist eine Art von gutem Verlorengehen, aus der ganz viel entstehen kann. In dem Moment, wo die Gedanken aufhören, hören auch die Sorgen auf. „Glücklich kann man immer sein, kein Scherz“; diese Zeile kommt im Song „Das Gegenteil von Sommer“ vor. Selbst im ärgsten Schmerz – und Kinder können mitunter viel Schmerz und Leid erleben! – kann man in die Ruhe gehen und in sich hineinspüren. Dann taucht manchmal von ganz hinten eine Art Glücksgefühl auf. Man muss auf nichts warten, um glücklich zu sein. Man kann es immer sein.
Das klingt fast schon spirituell.
Unlängst spielte ich ein Konzert im Kabarett Niedermair. Wie da das ganze Publikum mitgesungen und mitgetan hat, das hatte etwas höchst Energetisches. Die Schwingung der Lieder; dieses gemeinsame „Durchputzen“ vergleichbar mit den Mantren und Gebeten diverser kultureller Traditionen – da passiert etwas. Und wenn ich mal nicht gut drauf bin und nicht in die Ruhe komme, dann setze ich mich mit meiner Gitarre hin und singe. Und das tut etwas mit mir: Es heilt mich.
Wie ist das neue Album entstanden?
Durch Crowdfunding, das dank der Brennheads super funktioniert hat. Ein großes Danke! Und dank meiner Frau Vera: Sie war die Crowdfunding-Managerin. Ich dachte ja, dass ich schon wieder viel zu spät mit allem dran bin, aber sie hat gesagt: Du machst das. Also haben wir unsere Netzwerke aktiviert. Ich bin losgestartet und wusste anfangs nicht einmal, mit wem ich das Album produziere. Dann treffe ich zufällig Max „Cler“ Hauer und habe ihn angesprochen. Er hat sofort einen Zeitplan gemacht. Er hat das mit mir in einem Monat durchgezogen. Ryan Carpenter (b) und Ivo Thomann (dr) von Nowhere Train sind meine Kompagnons auf dem Album. Natürlich nicht zu vergessen die Kinder aus unserer Gasse sowie mein Sohn Armando. Und Prince Felix, Emma und Jasmin Kubala, die auch ihre Inputs und Ideen auf der Platte hinterlassen haben.
Die neue CD „Das Gegenteil von Sommer“
Reinhören und downloaden auf Bandcamp: brennholzrocks.bandcamp.com/release
CD bestellbar mit Mail an: hallo@brennholz.rocks oder im Recordbag Plattenladen in Wien: recordbag.at oder in der Buchhandlung Heyn in Klagenfurt: heyn.at oder in der Sonnenschein Kindergalerie in Wien
TERMINE LIVE:
Wien Kabarett Niedermair: Freitag, 2.12.2022 „Das Gegenteil von Sommer“, solo Neulengbach Lengenbachersaal: Donnerstag, 8.12.2022 „Das Gegenteil von Sommer“, solo Engerwitzdorf/OÖ Kulturhaus Schöffl: Sonntag, 12.2.2023 „TuuTuu Feuerkrone“ mit Band Hall/Tirol Kulturlabor Stromboli. Samstag, 18.2.2023 Faschingskonzert mit Band Wien Kabarett Niedermair: Freitag, 3.3.2023 „Tuu, Tuuu Feuerkrone“, solo