bauRUNDSCHAU 01/2021

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AUSGABE 01/ 2021

MEHR GRÜNE INSELN INNOVATIVE FASSADENBEGRÜNUNGEN

DEZENTRALE ENERGIE | DIGITALISIERUNG | MEHR BIODIVERSITÄT | STILBILDENDE DESIGNTRENDS



LIEBE LESERIN, LIEBER LESER,

PERFEKTER HALT

Diese Ausgabe spricht grün, und dies in fantasievoller und sehr unterschiedlicher Art und Weise. Beginnen wir mit den schwierigen Botschaften. Unser grüner Wald ist durch die Hitzesommer 2017, 2018 und 2019 schwer in Mitleidenschaft gezogen worden. Inzwischen dominiert an vielen Stellen die Farbe Braun. Wer mit offenen Augen durch heutige Waldlandschaften wandert, für den ist das Thema Klimawandel kein abstraktes Fremdwort mehr. Hier herrscht folglich Handlungsbedarf. Bis es dort Ergebnisse gibt, kann es aber einige Jahre dauern. In unseren Gärten haben wir die Möglichkeit, in jedem Frühjahr aktiv zu werden. In Pandemie-Zeiten sind wir öfters im Garten und erkennen, dass unser privates Grün einige Luft nach oben hat. Warum immer wieder auf die klassische Blumenrabatte oder Rasen mit Jägerzäunen setzen? Auch einsame Topfpflanzen in langweiligen Betonschalen reissen niemanden mehr vom Hocker. Dagegen sind vertikale Gärten, die man an der Fassade auf unserem Titelbild erkennt, auch auf sehr kleinem Raum in unserem Garten zu realisieren und eine uralte Idee. Die berühmten Hängenden Gärten von Babylon sind eines von sieben Weltwundern. Auf jeden Fall sind sie eine echte Belebung. Statt auf einen Pool, kann man auch auf einen ökologisch innovativen Naturteich setzen. Vielleicht engagieren wir uns ja auch in einem Urban-Gardening-Projekt. Das Grün in der Stadt, im raumplanerischen Sinne, verdient auch eine Renaissance. Die Parks aus dem 19. Jahrhundert existieren ja in Teilen noch und könnten modernisiert und ausgebaut werden. Das steht nicht unbedingt im Gegensatz zur Notwendigkeit des verdichtenden Bauens, wenn man es intelligent angeht. Unsere Schwerpunkte in dieser Ausgabe verdeutlichen dies eindrucksvoll. Grün im urbanen Raum ermöglicht Freiräume zur Begegnung und zum Innehalten, aber auch zur Bewegung. Lange Rede kurzer Sinn: Unsere Lebensqualität steigt. Urbanes Grün wertet Stadtteile auf und trägt damit auch zur finanziellen Wertsteigerung bei.

Georg Lutz

Chefredaktor bauRUNDSCHAU g.lutz@editorial.ag www.baurundschau.ch

FÜR PROFIS www.profix.swiss Tel. 061 500 20 20


INHALT

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Vor allem in Grossstädten fehlt vielen Menschen die Möglichkeit, in unmittelbarer Nähe raus aus der häuslichen Enge ins Grüne zu flüchten. Nicht nur steigt die Nachfrage auf dem Immobilienmarkt nach Wohnungen mit Balkonen oder Gärten, auch Parks und öffentliche Grünflächen sind seither stärker frequentiert. Der Begriff der «gestressten Stadt» wird daher auch auf Stadtparks als «gestresstes Grün» erweitert. Das Deutsche Architekturmuseum widmet dem städtischen Grün nun eine Ausstellung.

DER MENSCH IM MITTELPUNKT

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Retrotrends klingen auf den ersten Moment wenig innovativ, sie vermitteln aber gerade in diesen unsicheren Zeiten auch ein Stück Sicherheit. Es geht dabei aber nicht um ein fantasieloses Wiederholen, sondern um das innovative Einbetten von aktuellen Entwicklungen. Jede Zeit hat ihre eigenen Herausforderungen, Ansprüche und Visionen. Die internationale Kreativ-Plattform 99designs hat ihre globale Grafikdesigner-Community zu den neuen Trends 2021 befragt. Das Ergebnis ist eindeutig: Es geht um Stile, die das Hier und Jetzt abbilden.

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GRÜNES LICHT FÜR DIE ZUKUNFT

DER NATUR DEN BODEN BEREITEN In unseren Gärten steckt ein riesiges ökologisches Potenzial. Wenn wir sie nicht nur als Rasenfläche oder Grillplatz nutzen, sondern naturnah bepflanzen und mit Mass pflegen, verwandeln sie sich in einen artenreichen Lebensraum – für einheimische, auch selten gewordene Pflanzenarten, für Insekten, Vögel und Kleinsäugetiere. Naturgärten tragen somit entscheidend zur Biodiversität bei und begünstigen insbesondere auch im urbanen Siedlungsgebiet die ökologische Vernetzung.

REGENERATIV IST EIN MUSS Angesichts von Klimawandel, Ressourcenknappheit und dem Verlust der biologischen Vielfalt muss dringend ein Umdenken bei der Gestaltung der gebauten Umwelt stattfinden. So wie bisher, da sind sich alle Experten einig, kann in Zukunft nicht mehr gebaut werden. Wir brauchen einen Paradigmenwechsel – und zwar dringend.

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INHALT

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SONNE UND HOLZ Die Schweiz will bis 2050 klimaneutral sein. Wenn man sich vor Augen führt, dass die Bauten noch immer für knapp ein Viertel der CO2-Emissionen verantwortlich sind, bleibt der Gebäudebereich weiterhin gefordert. Solares Bauen bedeutet Solararchitektur und Holzbau als erfolgreiches Doppel. Warum das so ist, erklärt einer der Pioniere des Bauens mit Holz und Solartechnik in der Schweiz.

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ZEIT FÜR DEZENTRALISIERUNG Bis heute versorgt der Energiesektor mehrere Millionen Konsumenten, egal ob Privathaushalt oder Industrie, mit Strom aus einigen wenigen Kraftwerken. Dieser Strom wird relativ gebündelt produziert und dann über die Schweizer Netze über sieben verschiedene Netzebenen zum Endverbraucher transportiert. Aber es geht auch anders – mit dezentralen Lösungen.

WIR SIND VOR ORT Dies ist eine Corona-Ausgabe und daher sind auch unsere Aus­ sentermine minimiert. Dafür setzen wir vermehrt auf digitale Lösungen, merken aber, dass auch sie an einige Grenzen stossen.

RUBRIKEN Editorial 1 Highlight 6 Architektur 12 Innenarchitektur 26 Garten 54 Bauen 64 Umwelt & Technik 92 Kolumnen 18, 74, 84, 88, 90, 104 Impressum 112

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Wir freuen uns daher, Sie in naher Zukunft wieder Face to Face begrüssen zu dürfen.

IM WEB Wir halten Sie zwischen den Ausgaben mit aktuellen News, Fotostrecken, Kolumnen und Analysebeiträgen auf dem Laufenden. Sie sind gerne eingeladen, sich crossmedial zu beteiligen. Zum Beispiel mit News: 1000 Zeichen, Bild und URL. Besuchen Sie www.baurundschau.ch


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GRÜNES LICHT FÜR DIE ZUKUNFT EINFACH GRÜN – GREENING THE CITY von Elisa Beck

Selten waren Grünräume so gefragt wie seit Beginn der Covid-19-Pandemie. Vor allem in Grossstädten fehlt vielen Menschen die Möglichkeit, in unmittelbarer Nähe raus aus der häuslichen Enge ins Grüne zu flüchten. Nicht nur steigt die Nachfrage auf dem Immobilienmarkt nach Wohnungen mit Balkonen oder Gärten, auch Parks und öffentliche Grünflächen sind seither stärker frequentiert. Der Begriff der «gestressten Stadt» wird daher auch auf Stadtparks als «gestresstes Grün» erweitert. Das Deutsche Architekturmuseum widmet dem städtischen Grün nun eine Ausstellung.

1000 Trees / Shanghai, China, 2020

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HIGHLIGHT

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or allem in den Millionenstädten zeichnen sich immer stärker die Folgen des Klimawandels ab. Sie sind mit erhöhten Feinstaubwerten und Lärmentwicklung sowie Überhitzung (heat island effect) konfrontiert. Neue Studien belegen sogar eine Korrelation zwischen Bevölkerungsdichte, Hitzeinseln und der Häufigkeit von Covid-19-Infek­ tionen. Dennoch ist es keine Alternative, aufgrund der Klimaveränderungen nicht zu bauen, sondern neue Wege einzuschlagen und auf Anpassung und Reparatur der Stadt zu setzen. Die Begrünung der Gebäudehülle ist eine Möglichkeit, über die bodengebundenen Grünflächen hinaus, die Stadtlandschaft zu reparieren. Das «unkalkulierbare Grün» bringt dabei zugleich Vorteile und Herausforderungen mit sich. Den kursierenden Vorurteilen wie hohe Herstellungs- und Pflegekosten stehen relativierende, in Zahlen nachweisbare positive Auswirkungen gegenüber: Grünräume sind nicht als Kostenfaktor, sondern als Mehrwert für die Gesundheit von Mensch, Stadt und Umwelt zu begreifen. Zahlreiche Studien belegen nicht nur eine langfristige Zunahme der Artenvielfalt von Flora und Fauna, sondern auch die positive Veränderung des Stadtklimas. Die Herausforderung ist klar und längst keine Vision mehr: Je mehr Grünbauten sich über einen längeren Zeitraum etablieren und positiv bewertet werden, desto deutlicher ist die Botschaft. Es ist an der Zeit  – viele Beispiele weltweit demonstrieren, dass es möglich ist!

ELEMENTE DER AUSSTELLUNG Die Ausstellung im Deutschen Architekturmuseum Frankfurt sammelt Ressentiments gegen und Argumente für die Begrünung der Gebäudehülle. Sie liefert über wissenschaftliche Ergebnisse hinaus praxisorientierte Hinweise zur Begrünung von Bestandsgebäuden oder Neubauten. Sie zielt auf einen Austausch zwischen Ergebnissen der Technikforschung, Gestaltung, Gartenbau und den Anwendern ab. Viele innovative Techniken bewegen sich auf einem Hightech-Niveau – doch ebenso viele Anwendungen beweisen, dass mit dem Einsatz passender, einfacher Mittel und Methoden ebenfalls wirksame Massnahmen umgesetzt werden können. Die umfangreiche Sammlung von häufig gestellten Fragen reicht darüber hinaus von Ergebnissen der Klimaforschung bis zu Fragestellungen der Förderung von Initiativen und des Engagements

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HIGHLIGHT

der Politik für infrastrukturelles Grün. Grüne Hauben auf Häusern und Wohnhöhlen, terrassierte Gartenanlagen an Palästen und auch Spalierbäume und Efeubewuchs an Fassaden sind keine Erfindungen der Gegenwart. Die Geschichte des Gebäudegrüns verweist auf das enge Verhältnis von Haus und Baum über Jahrhunderte. Einen wichtigen Bestandteil der Ausstellung bilden in den letzten Jahren weltweit umgesetzte Grünbauten von Düsseldorf über Mailand bis Singapur. Sie demonstrieren nachdrücklich das Spektrum der Modelle und die Vielfalt der Anwendersysteme – in Abhängigkeit von den regionalen, klimatischen Bedingungen. Das Deutsche Architekturmuseum nimmt die Ausstellung vor Ort zum Anlass, eine Reihe von Höfchen, die sich an die Ausstellungsräume anschliessen, zu begrünen. Die Höfchen waren bislang aus konservatorischen und ausstellungstechnischen Gründen meist zugebaut. In einzelnen Fällen war die Natur selbstinitiativ und hat sich bereits Raum verschafft. Andere wurden neu bepflanzt, um einzelne Systeme und Methoden der Begrünung zu zeigen und in der Langzeitwirkung zu erproben. Der Pflanzmonat Januar ist nur bedingt attraktiv für Pflanzen, doch während der Laufzeit der Ausstellung werden sich die Höfchen verändern: vom sichtbaren Pflanzsystem zum wuchernden Grün.

CALL FOR PROJECTS Dass die Gebäudebegrünung längst zu einer deutschlandweiten Bewegung geworden ist, belegen die Ergebnisse eines Call for projects. Im Vorfeld der Ausstellung und während ihrer Laufzeit wurden deutschlandweit unbekannte Projekte gesammelt. Wo genau sind diese grünen Inseln, die dem klimatischen Verhältnis von Architektur, Bewohnern und Nutzern so positiv zuträglich und von den Strassen oft wenig einsehbar sind? Wer sind die Initiatoren, wie haben sie es angestellt und wozu dienen die grünen Dächer und Fassaden? Die Projekte werden während der Ausstellung nominiert und an deren Ende prämiert. Die Ausstellung ist eine Kooperation mit dem Umweltamt der Stadt Frankfurt am Main und der Forschungsabteilung des Planungs- und Beratungsbüros Arup «Green Building Envelopes».

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ALLROUNDTALENT FASSADENBEGRÜNUNG Das Stadtklima ist heute geprägt durch Überwärmung und Luftverschmutzung. Beide Einflüsse treten nicht flächendeckend auf, sondern sind jeweils an hohe Bebauungs- und Verkehrsdichten gebunden. Es wird vor dem Hintergrund des globalen Klimawandels davon ausgegangen, dass unsere Städte in zunehmendem Masse Wärme und Hitze ausgesetzt sein werden, wodurch auch die Luftqualität beeinträchtigt wird. Pflanzen und Wasserflächen können zum Abbau der Übertemperaturen durch Verdunstung und Beschattung beitragen. Neben den flächenbezogenen Begrünungsmassnahmen fällt der Gebäudebegrünung eine besondere Bedeutung zu, da sie platzsparend angebracht werden kann. Fassaden- und Dachbegrünung stellen nicht nur einen erheblichen klimatischen Wert für ein bepflanztes Gebäude dar, sondern können auch die thermischen Verhältnisse in einer Strassenschlucht verbessern, wenn eine Vielzahl von Häusern bepflanzt wurde. Nicht nur im Sommer, sondern auch im Winter werden hierdurch Energietransporte durch die Gebäudehülle verringert: Im Sommer bedeutet dies Kühlung für den Innenraum, im Winter Isolierung vor Kälte des Aussenraums. Hinzu kommt, dass insbesondere Fassadenbegrünungen in erheblichem Masse filterwirksam gegenüber gas- und partikelförmigen Luftverunreinigungen sind, wovon auch die Luftqualität profitiert. Da die Klimaprojektionen für die nahe und ferne Zukunft davon ausgehen, dass die Starkregenhäufigkeit auch in Städten zunehmen wird, können insbesondere extensive Dachbegrünungen durch Speicherung des Regenwassers dazu beitragen, Niederschlagsspitzen zu kappen. Dadurch wird einerseits die Kanalisation entlastet, andererseits das Wasserreservoir auf dem Gebäudedach aufgefüllt. Das gespeicherte Wasser wird dann sukzessive über die Verdunstung des Dachbodensubstrats und über die Transpiration der Pflanzen abgegeben, wodurch Überwärmung und Hitze verringert werden können. Dachund Fassadenbegrünung sollte überall dort realisiert werden, wo dies bautechnisch möglich ist, denn beide sind wichtige Mosaiksteine in der Durchsetzung unserer Städte mit blau-grüner Infrastruktur.

WARUM GEBÄUDEGRÜN Bäume, Büsche und Pflanzen sind nicht nur dekorativ, sondern beeinflussen das Kleinklima einer Stadt – daher auch die

AUSGESTELLTE PROJEKTE • Dakpark / Rotterdam, Niederlande, 2015 – Buro Sant en Co • CopenHill / Kopenhagen, Dänemark, 2019 – BIG Bjarke Ingels Group SLA • Baumhaus / Darmstadt, Deutschland, 1972 – Ot Hoffmann • Holland Creates Space / Expo Pavillon, Hannover, Deutschland, 2000 – MVRDV • Bosco Verticale / Mailand, Italien, 2014  – Stefano Boeri Architetti Laura Gatti • 1 000 Trees / Shanghai, China, 2020  – Heatherwick Studio Urbis • Prefectural International Hall / Fukuoka, Japan, 1995 – Emilio Ambasz & Associates Takenaka Corporation • Flower Tower / Paris, Frankreich, 2004  – Maison Edouard François Patrick Blanc • Kö-Bogen II / Düsseldorf, Deutschland, 2020 – ingenhoven architects • Chambre de commerce et d’industrie d’AmiensPicardie / Amiens, Frankreich, 2012  – Chartier Corbasson Architectes Corbasson + Tracer • Tower 25 – The White Walls / Nikosia, Republik Zypern, 2015 – Ateliers Jean Nouvel • Oasia Downtown Hotel / Singapur, 2016  – WOHA Achitects Pte Ltd Sitetectonix Pte Ltd • Urban Farming Office /  Ho-Chi-Minh-Stadt, Vietnam, 2020  – VTN Architects • Stadthaus M1/Freiburg, Deutschland, 2013 – Barkow Leibinger Raderschallpartner AG • Jobcenter am Altmarkt / Oberhausen, Deutschland  – Kuehn Malvezzi, Haas Architekten, atelier lebalto • Wilmina / Berlin, Deutschland, 2019  – Grüntuch Ernst Architekten, Christian Meyer • Ökohaus Frankfurt am Main, Deutschland, 2020 / 21 – Eble & Sambeth, Hans Loidl, John Wilkes • KiTa Sossenheim / Frankfurt am Main, Deutschland, 1989 – Christoph Mäckler Architekten


CopenHill / Kopenhagen, Dänemark, 2019

Chambre de commerce et d’industrie d’Amiens-Picardie / Amiens, Frankreich, 2012

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Kö-Bogen II / Düsseldorf, Deutschland, 2020

Bosco Verticale / Mailand, Italien, 2014

Bezeichnung als infrastrukturelles Grün. Die Städte werden immer dichter mit Strassen, Parkplätzen und Gebäuden bebaut, sodass andere Flächen als der Boden aktiviert werden müssen, um lebenswerten Stadtraum zu gestalten. Die Gebäudehülle bietet ungefähr fünfmal so viel Fläche an wie der bebaute Grund. Das können Dachflächen sein, Brüstungen oder auch mal eine geschlossene Giebelwand. Ausserdem wachsen Fassadenbegrünungen in der Regel auf Substrat. Und dieses Substrat – in Kisten, in Regalen, in Pflanztrögen – hilft wiederum, den Umgebungslärm zu dämpfen  – mehr als die Pflanzen selbst. Dadurch kann es teilweise wieder möglich sein, an frequen-

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tierten Strassen mit geöffneten Fenstern zu leben. Natürliche Lüftung wiederum ermöglicht es, mehr und längere Zeiten im Jahr ohne Klimatisierung zu betreiben – und das bedeutet: kein Energieverbrauch. Energie wird derzeit noch in grossen Teilen mit fossilen Brennstoffen erzeugt. Die Argumente für Gebäude bauen direkt aufeinander auf und zielen nicht zuletzt auch auf CO2- Neutralität. In wessen Verantwortung liegt die Förderung von Gebäudegrün? Auch wenn es in der Verantwortung von Architekten und Planern liegt, Konzepte zu entwickeln, muss die Politik entsprechende Rahmenbedingungen und Regelwerke

schaffen, die zum Beispiel festlegen, dass Flachdächer oder andere Gebäudeteile begrünt werden müssen. Die Benefits von Gebäudegrün sind auch Investoren bewusst. Sie setzen das grüne Image gezielt ein, zumal mittlerweile von einer generellen Akzeptanz ausgegangen werden kann. Wer seinem Gebäude einen nachhaltigen Wert geben und auch langfristig Qualität schaffen möchte, der denkt darüber nach. Häufig wird ins Feld geführt, dass Fassadenbegrünungen teuer seien und sehr hohe Kosten im Unterhalt mit sich brächten. Natürlich entstehen Kosten durch die Installation, die Bepflanzung sowie Pflege und Bewässerungs- und Entwässerungssys-


HIGHLIGHT

Ökohaus / Frankfurt am Main, Deutschland, 2020 / 21

Stadthaus M1 / Freiburg, Deutschland, 2013

teme. Doch auch Gärten, Parks und städtische Grünflächen werden gepflegt und unterhalten. Wenn ein Bauherr in eine aufwendige Grünfassade investiert, die einen sehr hohen Pflegeaufwand hat, damit sie eben auch perfekt aussieht, dann ist das durchaus legitim. Doch auch üppiges Verwuchern hat seinen Reiz. Nichtsdestotrotz ist es auch wichtig, dass sich in weniger privilegierten Stadtteilen oder im sozialen Wohnungsbau Gebäudegrün etabliert. Denn gerade in Gegenden, die als soziale Brennpunkte zu bezeichnen sind, mit hohem Stresslevel und Aggressionspotenzial, tut es Not, den öffentlichen Raum zu verbessern – und dieser wird durch begrünte

Tower 25 / Nikosia, Republik Zypern, 2015

Urban Farming Office / Ho-Chi-Minh-Stadt, Vietnam, 2020

Fassaden oder grüne Inseln verändert. Sie wirken nicht nur auf das Gebäude selbst, sondern vor allem auf die Umgebung.

RAHMENBEDINGUNGEN FÜR BAUHERREN UND ARCHITEKTEN Es bedarf der Regulierung in Bebauungsplänen durch die Politik, vergleichbar mit Vorgaben, wie sie auch für Wärmedämmung gemacht wurden. Aber auch Schulungen oder die Schaffung von Verständnis in der Architekturausbildung sind wichtige Faktoren. Darüber hinaus muss man dem Bauherrn über Simulationen aufzeigen, welche Effekte mit Fassadenbegrünung erzielt werden können und wie viel Technik

erforderlich ist, um vergleichbare Qualitäten durch den Betrieb technischer Geräte zu erzielen. Durch eine Berechnung der Kosten für die technischen Geräte und für deren Unterhalt kann man schnell sehen, ob die Fassadenbegrünung und deren Betrieb effektiver ist.

ELISA BECK ist Redaktorin bei bauRUNDSCHAU. www.einfach-gruen.jetzt www.dam-online.de

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ARCHITEKTUR

DER SONNE ENTGEGEN SOLARENERGIE KANN MEHR von Elisa Beck

Unsere Treibhausgas-Emissionen sind viel zu hoch und bleiben es auch, wenn kein Umdenken stattfindet. Die Solarenergie trägt hier einen entscheidenden Teil zur Energiewende bei und wird auch im Stadtbild immer präsenter. Gestalterisch sind die Solarelemente vielfältig einsetzbar und schon lange nicht mehr ausschliesslich auf dem Dach anzutreffen. Zeitgleich wächst das Bewusstsein für einen nachhaltigen und ökologischen Lebensstil stetig und zeigt sich unter anderem in vielen kleinen grünen Oasen in der Stadt. Doch für ambitionierte Ziele braucht es einen starken Partner: Hier kommt Holz als nachhaltiger Baustoff ins Spiel. Es kann nicht nur lokal und regional bezogen werden, sondern sorgt auch für ein lebendiges und gemütliches Wohnklima. Wer dabei an urige Holzhütten oder rustikale Vertäfelung denkt, liegt falsch – wie die folgenden Seiten beweisen. Seite 12 // bauRUNDSCHAU


ARCHITEKTUR

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ARCHITEKTUR

LEUCHTTÜRME DER ENERGIEVERSORGUNG INNOVATIVE REFERENZBEISPIELE DES SCHWEIZER SOLARPREISES von Elisa Beck und Georg Lutz

© Schweizer Solarpreis

Emissionen aus Energie verursachen einen grossen Teil der Treibhausgas-Emissionen. Höchste Zeit, auch aus diesem Grund, für eine Energiewende. Wobei die Solarenergie, gerade auch in der Schweiz, einen viel höheren Anteil haben darf. Bis 2050 wurden im Rahmen der Energiewende ambitionierte Ziele gesteckt. Auch das Klimaabkommen von Paris und seine Verpflichtungen sind dabei wegweisend und bauen Druck auf. Nur hat die Solarenergie in der Schweiz noch viel Luft nach oben. Der Schweizer Solarpreis verdeutlicht mit seinen Referenzbeispielen, wohin die sonnige Reise gehen kann. Wir präsentieren in dem folgenden Beitrag nicht alle, aber die für uns wichtigsten Preisträger.

Die Bauernfamilie Brunner-Bapst erstellte 2019 in Waltensburg GR ein PlusEnergie-Einfamilienhaus mit der bisher höchsten Eigenenergieversorgung aller Schweizer Solarpreise.

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ARCHITEKTUR

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as Ende November 2020 erschienene Grundsatzpapier Energieperspektiven 2050+ im Auftrag des Bundesamtes für Energie (BFE) belegt, was die Freundinnen und Freunde der Sonne in der Schweiz schon seit Jahren einfordern: Für den Ersatz von Erdöl, Gas und Atomkraft braucht es einen raschen und massiven Ausbau der erneuerbaren Energien in der Schweiz. Der grösste Teil davon kommt von der Photovoltaik. Konkret soll die installierte Leistung in den nächsten 30 Jahren gegenüber heute um den Faktor 13 gesteigert werden. Der Bericht zeigt klar auf, dass dies nur mit verbesserten Rahmenbedingungen gelingen kann. Die Politik, Architekten, Bauplaner und Finanziers, sprich alle Akteure derb Baubranche und Häuslebauer sind gefordert. Laut dem Papier muss ab 2025 jährlich über 1 000 Megawatt installiert werden – im laufenden Jahr sind es rund 400 Megawatt. Der Bericht sagt klar, dass das Ziel unter den aktuellen Rahmenbedingungen nicht erreichbar ist. Es braucht aus diesem Grund dringend neue Förderinstrumente und neue Flächen. Dazu gehören beispielsweise grosse Photovoltaikanlagen ohne Eigenverbrauch, die auch Anreize brauchen. Zudem gibt es nicht nur Flächen auf Einfamilienhäusern. So können beispielsweise Transportunternehmen des öffentlichen Verkehrs auf ihren Gebäuden und Infrastrukturen ein Viertel ihres Energieverbrauchs erzeugen und so einen wichtigen Beitrag zur Energiestrategie 2050 leisten. Um die Entwicklung voranzutreiben, braucht es Vorbilder in Form von innovativen Gebäudelösungen, aber auch Persönlichkeiten. «Der Solararchitektur kommt eine entscheidende Schlüsselrolle zu  – mit Bauwerken, die auch gestalterisch zu überzeugen vermögen»: so der Präsident des Schweizerischen Ingenieur- und Architekturverein SIA, Stefan Cadosch. Der Schweizer Solarpreis gibt diesen Vorbildern eine Bühne und zeigt, dass Sonnenenergie weit über die sporadische Installation von Photovoltaikanlagen hinausgeht.

KATEGORIEN DES PREISES Beim jährlich verliehenen Schweizer Solar­ preis gibt es auch aus diesem Grund drei zentrale Kategorien und einige Neben- und Sonderkategorien. Die Kategorie A umfasst Personen, Unternehmen, Vereinigungen, Verbände, Insti-

tutionen sowie Körperschaften des öffentlichen Rechtes, die sich in besonderem Masse für die Förderung der Sonnenenergienutzung und andere erneuerbare Energien eingesetzt haben. In die Kategorie B fallen Gebäude, sowohl neu als auch saniert, die architektonisch und energetisch optimal konzipiert sind. Zu den Entscheidungskriterien zählen eine vorbildliche Solararchitektur mit optimaler Wärmedämmung, grösstmöglicher Eigenenergieversorgung und geringster Fremdenergiezufuhr von nicht erneuerbaren Energieträgern. Die Kategorie C ist die vielfältigste: Hier finden sich Energieanlagen für erneuerbare Energie, die sich nochmals in solarthermische Anlagen, photovoltaische Anlagen und Biomasse-Anlagen unterteilen lassen. Ausschlaggebend sind dabei optimale Wärmedämmung, effiziente Energienutzung und sorgfältige Integration der Anlage. Ausserhalb dieser Kategorien werden zusätzlich der PlusEnergieBauten-Solarpreis  (PEB) und der Norman Foster Solar Award verliehen. Neben den Schweizer Solarpreisen kann die Jury im Falle ähnlich innovativer Anlagen, Bauten oder PEB ein Diplom für besondere Leistungen vergeben. Für das Jahr 2020 wurden 73 Bewerbungen eingereicht, von denen zehn mit dem Schweizer Solarpreis ausgezeichnet wurden.

WÜRDIGUNG DES LEBENSWERKS In der Kategorie A geht es zunächst um Persönlichkeiten, die sich um das Thema Sonne verdient gemacht haben. 2020 stand Dr. Markus Real, Elektroingenieur, im Fokus. Dr. Markus Real war 1981 der Erste, dem es gelang, Solarstrom ins öffentliche Netz einzuspeisen. Später konstruierte er für Daimler Benz / Mercedes das Rennsolarmobil Alpha Real. Damit gewann er 1985 in Rekordzeit die weltweit erste Tour de Sol. 1986 lancierte Alpha Real das Projekt «Megawatt – Alpha Real sucht 333  3-kW-Kraftwerkbesitzer», mit dem ein Jahr später 333 Kraftwerke mit mehr als einem Megawatt Leistung am Netz angeschlossen waren. Das war ein «Wegweiser» für die Dezentralisierung der Solarstromerzeugung und des Stromverbrauchs.

SCHULE HAT VORFAHRT Das Programm «Klimaschule» beinhaltet die Schwerpunktthemen Energie und Mobilität,

Biodiversität und Ernährung sowie Ressourcen und Abfall. Im ersten Jahr wird die Solarkampagne mit Crowdfunding-Aktivitäten durchgeführt und die Solaranlage in Kombination mit Bildung gebaut. Mit dem Bildungsansatz gelingt es, Schulhausdächer für den Solaranlagenbau leichter verfügbar zu machen. Ziel ist, Schülerinnen und Schüler aktiv und erlebnisorientiert an die Themen Klimaschutz und Nachhaltigkeit heranzuführen und ihre Schulen energie- und CO2-effizienter zu machen. Der Bau einer Solaranlage auf ihrem Schulhausdach ist Teil des Programms. Bis Juni 2020 beteiligten sich 21 Schulen mit über 5 000 Schülerinnen und Schülern. So sind Solaranlagen mit gut 1.5 Megawatt Leistung installiert worden.

WELTREKORD EINGESTELLT Die Bauernfamilie Brunner-Bapst erstellte 2019 in Waltensburg GR ein PlusEnergieEinfamilienhaus mit der bisher höchsten Eigenenergieversorgung aller Schweizer Solarpreise. Das grosszügige, Ost-Westausgerichtete Satteldach schützt vor Wind und Wetter und produziert mit der perfekt integrierten 48-kW-Photovoltaikanlage jährlich 40’200 kWh pro Jahr. Dank guter Dämmung, A+++-Haushaltgeräten und LED-Lampen beträgt der Gesamtenergiebedarf der Familie pro Jahr nur 4 900 kWh. Die Eigenenergieversorgung von 817 Prozent ist ein neuer PlusEnergieBau-Schweizer- und Weltrekord.

ÜBERSCHUSS ELEKTROMOBILITÄT Gerade in der Kategorie B wird über die eigentliche Gebäudehülle hinaus gedacht. Auf einer beeindruckenden Dachfläche von 45’000 Quadratmetern ist in Perlen auf einem Verteilzentrum eine installierte Leistung von 6 425 kWp vorbildlich integriert. Diese PV-Anlage ist etwa 1 000 Mal so gross wie eine durchschnittliche Solaranlage auf einem Einfamilienhaus. Sie nutzt trotz der technischen Aufbauten für Rauchwächteranlagen, Blitzschutz und Fluchtwege praktisch die gesamte solarnutzbare Dachfläche. Mit dem so entstehenden Solarstromüberschuss können 3 000 Elektrofahrzeuge jährlich je 12’000 Kilometer CO2-frei fahren.

ATTRAKTIVE FASSADE Der Supermarkt in Heiden AR ist bereits der dritte PEB-Supermarkt der Genossenschaft Migros Ostschweiz. Er zeichnet sich im Bereich der Energieeffizienz durch eine Weiterentwicklung der bisherigen Technologie aus. Das Gebäude ist zu 100 Prozent

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© Schweizer Solarpreis

© Schweizer Solarpreis

Die Solarstromerzeugung der Carports Schindler kann zu 100 Prozent auf dem Areal genutzt werden.

In der Kategorie B fällt optisch der denkmalgeschützte Bauernhof Weyerguet auf.

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© Schweizer Solarpreis

© Schweizer Solarpreis

«Jede Zelle zählt – Solarenergie macht Schule!» unter diesem Titel lancierte die Organisation myblueplanet das Programm «Klimaschule».

Das umfassend sanierte MFH Mesmerhaus in Ermatingen mit modernem Anbau mit PV- und PVT-Anlage.


ARCHITEKTUR

© Schweizer Solarpreis

mit LED-Beleuchtung ausgestattet. Der Wärmebedarf des Supermarkts ist dank der Abwärmenutzung von der Kälteanlage und der beispielhaften Wärmedämmung der Gebäudehülle wegweisend tief. Die moderne PV-Fassade gehört zu den attraktivsten und leistungsstärksten PVFassaden der Schweiz.

ALT UND NEU Historische Bauten und Siedlungskerne nutzen bis heute noch wenig Solarenergie. Die Sanierung des 400-jährigen Mesmerhauses in einem der ältesten Siedlungskerne des Bodenseegebiets beweist erneut eine interessante Tatsache: Auch in denkmalgeschützten Bauzonen kann ein historisches Gebäude die Solarenergie unter Wahrung der Auflagen der Denkmalpflege und des Ortsbildschutzes sehr gut nutzen. Die 2020 installierten und in Betrieb genommenen PV-Anlagen produzieren insgesamt rund 9 140 kWh / a. Die 30 m2 grosse PVT-Anlage generiert neben Elektrizität ca. 3 400 kWh / a Wärme. Dank verbesserter Wärmedämmung von 14 bis 36 Zentimetern in Kombination mit einer energieeffizienten Haustechnik und einer Wärmepumpe erreichen die drei Wohnungen des MFH eine Eigenenergieversorgung von insgesamt 71 Prozent.

MEHR FLÄCHE Im Rahmen der Kategorie C geht es in erster Linie um die politisch geforderte Erschliessung von neuen und grossen Flächen. Die Transports Publics Genevois  (TPG) ist ein öffentliches Verkehrsunternehmen und betreibt im Kanton Genf Trams, Trolley- und Autobusse. Sie setzt vermehrt auf Elektromobilität. Mitte November 2019 installierte die TPG eine 335 kW starke PV-Anlage auf dem Fahrzeugdepot der TPG. Jährlich erzeugt diese PV-Anlage rund 250’000 kWh Gleichstrom. Dieser wird ohne Umwandlung zu 100 Prozent direkt für den Trambetrieb verwendet. Die Unterstation Plainpalais kann damit jährlich rund elf Prozent des Energiebedarfs vom eigenen Dach decken. Das zweite Beispiel in diesem Rahmen ist ein Carport mit 310’000 kWh / a Solarstrom in Ebikon. Die auf den bestehenden Carports auf dem Areal der Schindler Aufzüge AG installierte 328 kW starke PV-Anlage bringt drei Nutzen: Nebst der CO2-freien Stromerzeugung dient das Generatorfeld als Witterungsschutz. Dazu verschattet es die Teerflächen und sorgt somit vor allem im Sommer für eine geringere Aufheizung dieser Flächen. An einem

Homesphere erstellt in Thônex ein solares PlusEnergieBau-Quartier mit sechs PEB-Einheiten.

Carport sind fünf E-Ladestationen für Besucher und im Parkhaus 30 E-Ladestationen für Mitarbeiter installiert. Zudem wird der Carport durch die elegant integrierten PV-Module ästhetisch aufgewertet. Der Solarstrom der PV-Anlagen wird auf die Hauptverteilung des Gebäudes gespeist, da am Wochenende keine Elektrofahrzeuge geladen werden. Jährlich erzeugt der Carport rund 310’000 kWh Strom, welcher zu 100 Prozent auf dem Areal genutzt wird bzw. reichen würde, um 221 Elektroautos CO2-frei zu versorgen. Der maximale Eigenverbrauch führt zu einer hohen Wirtschaftlichkeit, da kein Strom billig ins öffentliche Stromnetz abgegeben wird.

ERKENNBARE TRENDS Der Schweizer Solarpreis ist das Aushängeschild der Solaragentur Schweiz und wirbt für die Nutzung solarer Energiequellen. Ein Einsatz, der vor 30 Jahren noch belächelt wurde, schienen die komplexen und futuristischen Bauten weder die ästhetischen noch die technischen Anforderungen erfüllen zu können. Diese Einschätzung wurde im Laufe der Zeit mehr und mehr widerlegt. So erreichen die Gebäude mittlerweile nicht nur gestalterisch, sondern ganz besonders durch ihre Leistung Rekorde auf nationaler und internationaler Ebene. Schritt für Schritt werden auch renommierte Architekten auf die raffinierte Integration von Solarelementen aufmerksam, mit der künstlerisch, fast spielerisch umgegangen werden kann.

und gestalterische Einschränkungen. Hier wirkt der Solarpreis aktiv entgegen: Er bietet eine Bühne für gebaute und erfolgreiche Realität. Mittlerweile steigt die Zahl von Bauwerken, die mehr Energie produzieren, als sie selbst brauchen, stetig an. Angetrieben wird diese Bewegung von Entwicklungen der Technik und die Preiserosion bei solaraktiven Produkten, sowohl bei Neubauten als auch Sanierungen mit effizienten Solaranlagen. Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch die Klimabewegung der letzten Jahre, bei der zum ersten Mal die junge Generation zum Treiber wird, indem sie schnell und effizient Gleichgesinnte rund um den Globus mobilisiert. Auch in der Architektenwelt blieb der Ruf nicht ungehört: Aus diesem Verantwortungsbewusstsein heraus bringt die Debatte zu Themen wie ökologischem, ressourcenschonendem und energieeffizientem Bauen sowie einer aktiv umgesetzten Kreislaufwirtschaft eine neue Generation Bauwerke hervor, die einen entscheidenden Beitrag zum Erreichen der Pariser Klimaziele leisten. Die Solararchitektur, früher noch kritisch betrachtet, wird dabei zum Schlüsselelement und beweist einmal mehr ihre Aktualität.

ELISA BECK ist Redaktorin bei bauRUNDSCHAU.

Da überrascht es, dass gerade die Renovationsrate in der Schweiz noch weit abgeschlagen ist. Viele ältere Gebäude sind energetisch nicht fit und beziehen stattdessen noch viel zu viel fossile Energie. Hartnäckig hält sich die Skepsis gegenüber solaraktiven Gebäudeflächen. Zu gross ist die Unsicherheit in Bezug auf Preise, Effizienz

GEORG LUTZ ist Chefredaktor bei bauRUNDSCHAU. www.solaragentur.ch

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KOLUMNE

ZUSAMMENSPIEL WIE IM ORCHESTER von Dr. Stefan Schwarz

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anz grundsätzlich wird in einer «smarten» Stadt Informationstechnologie genutzt, um erhobene Daten auszuwerten. Basierend auf den Ergebnissen der Datenanalyse wird die Infrastruktur effizienter gestaltet. So sehr die Vielfalt an Smart-City-Massnahmen für eine Innovationskraft spricht, von der unsere Gesellschaft als Ganzes profitieren kann, so sehr erschwert sie es gleichzeitig den Kommunen, ein ganzheitliches Konzept zu entwickeln und die erhobenen Daten optimal zu verwerten. Einen tatsächlichen, vernünftigen Nutzen mit Nachhaltigkeit kann nur ein ganzheitliches, urbanes Gesamtsystem stiften. Nicht das blosse Sammeln der Daten ist dabei der Knackpunkt, sondern ihre Verbindung und Auswertung mittels Data Analytics. Wenn Bewohner zusätzlich die Möglichkeit haben, kontinuierlich Daten in das System einzuspeisen, indem sie zum Beispiel Gefahrenstellen in der öffentlichen Infrastruktur direkt per App an die Stadtverwaltung melden, können verspätungsverursachende Ereignisse schnell erkannt und gelöst werden. Damit ein solches ganzheitliches Konzept reibungslos funktionieren kann, müssen die Datensysteme der unterschiedlichen Smart-City-Disziplinen wie ein Orchester miteinander harmonieren. Die Integration von Daten aus Smart-City-Lösungen nimmt dabei eine Schlüsselrolle ein. Dafür müssen die Daten der einzelnen Anwendungen kompatibel sein, sodass sie konsolidiert und übergreifend analysiert werden können. Dieser umfassende Einsatz von Data Analytics garantiert auch die Nachhaltigkeit der Datennutzung. Doch der Datenfluss sollte keineswegs am Stadtrand aufhören. Bei der Planung und Implementierung von Smart-City-Konzepten sollten unbedingt die Abhängigkeiten zwischen naheliegenden Regionen berücksichtigt werden. Stimmt eine Stadt bedarfsorientiert beispielsweise ihren Busfahrplan auf den Bahn- und Autoverkehr

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ab, so profitieren Passagiere am meisten davon, wenn diese digitale Verflechtung auch in der Nachbarstadt gilt. Strategien für «smart regions» werden in Deutschland schon erarbeitet, so zum Beispiel an der RWTH Aachen. Deren Metropolitan Cities Rhine-Ruhr Initiative arbeitet an einer Zukunftsvision für ­Metropolregionen, die durch Digitalisierung und neue Mobilitätsformen miteinander vernetzt sind. Relevante Akteure –­S ­ oftware­ent­wickler, Automobilhersteller, Stadtplaner und -verwalter, Produktions-, Telekommunikations- und Netzunternehmen sowie Bürger – erarbeiten Handlungskonzepte für smarte Logistik, multimodale Mobilität, smarte Gebäude und öffentliche Räume. Es wird erwartet, dass bis zum Jahr 2050 68 Prozent der Weltbevölkerung in Städten leben. Damit sind Innovation und Effizienz notwendiger denn je, um den Bevölkerungszuwachs zu bewältigen und den wachsenden Lebensansprüchen gerecht zu werden. Mit der richtigen Datenintegration und -auswertung kann eine «smarte» Stadt oder Region Wirtschaftsimpulse setzen. Die Vorteile reichen weit in das Leben der Stadtbewohner und wirtschaftlichen Akteure hinein: mehr Sicherheit, mehr Effizienz, effizientere Verkehrsnutzung und mehr Interaktion mit und Partizipation in der städtischen Verwaltung. Kurzum: Datenanalyse, digitale IoT und KI machen eine Smart City zu einer besseren Version von dem, was eine Stadt schon immer war – ein Zusammenschluss von Menschen, die sich ein angenehmeres gemeinsames Leben wünschen.

DR. STEFAN SCHWARZ ist Partner Business Consulting bei Teradata. www.teradata.ch



© Tord-Rickard Söderström

ARCHITEKTUR

VERSPIELTE ZIEGEL DAS EXZEPTIONELLE HÖCHSTMASS POSTMODERNER ARCHITEKTUR von Swenja Willms

Architektur erfüllt seit jeher die Aufgabe, den Menschen einen wohnlichen Raum zu schaffen. Architektur zeichnet sich aber auch durch ihre Einzigartigkeit aus. Sie soll die Landschaft zieren, Sinnbilder und Botschaften vermitteln, sich zurückhalten oder prunkvoll ihren Platz einnehmen. Letzteres gewinnt in einer Welt, die dominiert wird von Beton und Monotonie, immer mehr an Popularität. Wir werfen einen Blick auf ungewöhnliche und exzeptionelle Bauwerke.

Das Wohnhaus «Ting 1» steht im Kontrast zu seiner Umgebung, nimmt aber Bezug zu seiner bewaldeten Landschaft auf.

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MIT DEN AUGEN EINES KINDES BAUEN Mit Emotionen, Fantasien und der Neugier spielt auch das Architekturstudio «Kientruc O» aus Vietnam. 2018 entwarf es den «TTC Elite Saigon Kindergarten» inmitten Vietnams grösster Stadt Ho-Chi-Minh. Die ersten drei Stockwerke des Gebäudes bestehen aus fünf Ebenen und sind für Klassenzimmer und Indoor-Spielplätze reserviert. In den oberen Etagen werden Veranstaltungen, Personalschulungen und Schulverwaltungsabteilungen organisiert.

Wenn Kinderträume wahr werden: Der Familienpark «Meland Club» in Hongkong überrascht mit geometrischen Figuren und kräftigen Farben. © Quang Tran

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i Xiang sagt es wie folgt: «Vorstellungskraft ist ein Geschenk Gottes.» Die in Shanghai ansässige Architektin scheut sich nicht davor, von genau dieser Vorstellungskraft Gebrauch zu machen und einen neuen Anspruch an die Kombination von Kunst, Design und Architektur zu erheben. Kulturstätte, Büchereien und Hotels verwandelt Li Xiang in märchenhafte oder futuristische Räume. Ihr neustes Projekt führt Kinder in fremde Galaxien. Auf einer riesigen Fläche von circa 3 000 Quadratmetern baute das von Li Xiang gegründete Architekturbüro «X + Living» ein Spielparadies für Kinder und Familien. Der «Meland Club» befindet sich inmitten eines der grössten Einkaufszentren Hongkongs. Zahlreiche geometrische Figuren, verschiedenste Materialien und reichhaltige Texturen erschaffen eine weltraumähnliche Erfahrung. Das Zusammenfügen scheinbar unregelmässiger Geometrie und die Anhäufung heller Farben sind nicht ungeordnet und chaotisch, im Gegenteil, es ist eine harmonische Beziehung zwischen internen Elementen und dem Gesamtthema nach sorgfältiger Planung. Jedes Detail hat praktische funktionale Bedeutung. Zum Beispiel können die Schränke und Regale, die als Pflanzen gut getarnt sind, zur Aufbewahrung verwendet werden. Der funktionale und der ästhetische Wert des Designs vermischen sich hier perfekt. Zahlreiche Unterhaltungsmöglichkeiten wie ein Ballpoolbereich, rotierende Rutschen, Kletterseile, Labyrinthe und ein eigener Restaurantbetrieb sind Teil des Familienparks. Der Park erfüllt nicht nur die Ansprüche eines Kindes an ein pures Spielvergnügen, auch das angeborene Gefühl der freien Erkundung und individuelle Lernprozesse werden durch die verschiedenen Räume gefördert. «Die Neugier und Unschuld des Lebens, die wir haben oder bereits verloren haben, wird hier wieder zum Leben erweckt», erklärt Li Xiang.

© Shao Feng

ARCHITEKTUR

Der Kindergarten wurde in einer rein geometrischen Form konzipiert, um die Neugier der Kinder jeden Tag aufs Neue zu wecken. Ganzheitlich betrachtet ähnelt die Architektur einer kubistischen Form ähnlich den benachbarten Wohnblöcken, bringt jedoch einen frischen, attraktiven und lebendigen Atemzug in die Region. Auffällig ist die spielerische Anordnung und Konzipierung der Fenster. Diese scheint zufällig zu sein, wird jedoch systematisch berechnet, um sicherzustellen, dass jedes dahinterliegende Klassenzimmer bei Verwendung ausreichend

natürliches Tageslicht und Belüftung erhält. Grosse Fenster öffnen den Blick nach aussen und fördern die Beziehung zwischen den Kindern und der unmittelbaren Umgebung. Durch die vielen Lichtquellen werden die Farben der Innenräume intensiviert und sorgen so für eine verzauberte und märchenhafte Atmosphäre.

EINE MENSCHLICHE BEZIEHUNG ZUR LANDSCHAFT Architektonische Bauwerke erfüllen aber nicht immer nur primäre Zwecke für den

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ARCHITEKTUR

© Steven Barber

Menschen. Manchmal steht auch der Kontext zur Natur im Vordergrund. Das energetische Architekturstudio «MUTT» aus England geniesst den Ruf, Orte mit Identitäten zu schaffen, die das Alltagsleben vereinfachen. Eines dieser Objekte ist der «Ordnance Pavilion», der im Rahmen des Festivals «Lake Ignite» 2018 entworfen wurde. Ziel war es, die denkmalgeschützte Kulturlandschaft des Lake District zu zelebrieren. Das Studio MUTT nahm sich dies zum Anlass, die Nutzung von sogenannten Ordnance-Survey-Karten zu thematisieren. Zwischen 1935 und 1962 wurde die gesamte Landschaft Englands mithilfe dieser Kartierung manuell in Dreiecke aufgeteilt. Aus diesem Verfahren entstanden die Formen und Strukturen des Pavillons – jeder Bestandteil des Pavillons verweist auf einen bestimmten Moment in der Kartierungsgeschichte Grossbritanniens. So verknüpft das Architektenbüro funktionale wie auch kulturelle Werte mit emotionalen Inhalten. «Es war ein Kanal für unsere physische menschliche Beziehung zur Landschaft: die geografischen Bedingungen sowie die von Menschen gemachten Konstruktionen, die darüberstehen», erklärt das Studio MUTT.

KUNSTVOLLE FASSADEN, DEKORATIVE AUSSAGEN

Der «Ordnance Pavillon» greift die farbenfrohen und architektonischen Elemente der historischen Kartierung von Grossbritannien auf.

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Die Künstlerin Camille Walala hinterliess mit ihren kräftigen Farben und Grafiken weltweite Spuren, entfesselte Muster überall von Cafés in Melbourne bis zu Hotels auf Mauritius. Bekannt für ihre grossformatigen Wandbilder und spielerische interaktive Installationen schuf Walala im Jahr 2018 im Rahmen der New Yorker Designmesse eine Fassade eines siebenstöckigen historischen Gebäudes in Brooklyns Kreativzentrum Industry City. Das auffällige POP-Design mit 3D-Effekt enthält die architektonischen Merkmale und die Farbpalette des Gebäudes und ist mehrheitlich von seiner Umgebung inspiriert. Das Grafikdesign erinnert an die Memphis-DesignBewegung aus den 1980er-Jahren, die die Regeln des Funktionalismus brechen wollte. Dieses «Anti-Design», wie es genannt wurde, setzte auf schrille, verspielte und fröhliche Farben und Muster. Die grösste Herausforderung stellte die Übertragung des Designs von einem A4-Blatt auf eine 40-Meter-Fassade dar, da kleine Details bei mehrfacher Vergrösserung oftmals verzerrt werden können. Die Umgestaltung der Fassade dauerte rund zwölf Tage und wurde am Eröffnungstag von WantedDesign Brooklyn enthüllt.


© Industry City

ARCHITEKTUR

Auf der anderen Seite des Atlantiks steht ein weiteres farbenfrohes Gebäude. «Ting 1» ist ein Wohnhaus, lokalisiert im nordschwedischen Örnsköldsvik. Der Ausschreibung eines Architekturwettbewerbs im Jahre 1961 verdankt das ehemalige Gerichtsgebäude sein Aussehen. Das Ergebnis war ein kompromissloses Betongebäude, das 1967 eingeweiht wurde und seinen Zweck gut erfüllte. Die Zeiten haben sich geändert und das Gerichtssystem mit ihnen. Schlussendlich wurde das Gebäude nur wenige Tage im Jahr genutzt. Niklas Nyberg, der Sohn eines Malers und ein örtlicher Bau-

meister mit einem farbenfrohen Charakter, stellte sich der Herausforderung, das Gebäude umzuwandeln. Als passionierter Kunstsammler von Bengt Lindström, einem international anerkannten Maler mit Wurzeln in der Region, ist die klare Verschmelzung der Fassade mit einem Gemälde von Bengt Lindström, dem «Frauentanz», deutlich zu erkennen. Nyberg bediente sich an der prachtvollen Farbpalette des Gemäldes, die sowohl die Keramikfliesen als auch die Balkone ziert. «Ting 1» steht einerseits im Kontrast zur Umgebung, andererseits nimmt die Konstruktion aber die hügelige und

bewaldete Landschaft der Region wieder auf. Ein weiterer Beweis dafür, dass sich selbst verspielte und exzeptionelle Architektur in die Landschaft eingliedern und trotzdem einen hohen Grad an Funktionalität erfüllen kann.

SWENJA WILLMS ist Redaktorin bei bauRUNDSCHAU. www.baurundschau.ch

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© Ursula Meisser

ARCHITEKTUR

Das Hunziker-Areal in Zürich.

LEBENDIGE QUARTIERE MIT NACHHALTIGKEIT UND TEAMWORK RICHTUNG ZUKUNFT von Peter Schmid

Das Thema lebendige Quartiere hängt sehr stark mit dem Begriff der sozialen Nachhaltigkeit zusammen. Dort, wo soziale Nachhaltigkeit entsteht, gibt es auch lebendige Quartiere. Und: Investitionen in lebendige Quartiere zahlen sich aus, für Investierende, für Gemeinden und Städte und für die Gesellschaft.

W

as braucht es für lebendige Quartiere? Einerseits eine Architektur, die den Zusammenhalt und das Zusammenleben der Bevölkerung fördert. Dazu gehören unter anderem Begegnungsräume, in denen man sich trifft. Auch Sichtbezüge aus den Fenstern oder vom Balkon aus, mit denen man sich erlebt, und eine gemeinschaftliche Infrastruktur, die es erlaubt, auch gemeinsame Anlässe zu begehen, zählen dazu. Wichtig sind insbesondere

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die Zugänge zu den Häusern und auf die Strassen, die so gestaltet werden, dass man sich auch begegnen kann. In den Häusern eignen sich zusätzlich Treffpunkte wie Waschsalons oder einladende Eingänge mit Sitzgelegenheiten.

HAUSHALTSFORMEN IM ­WANDEL DER ZEIT Dazu kommt ein vielfältiges Wohnangebot, das sich an verschiedenste Haushaltsfor-

men richtet. Die klassische Familienkonstellation hat längst Konkurrenz bekommen. Lebendigkeit entsteht durch Verschiedenheit der Menschen, die im Quartier wohnen, die Verschiedenheit an Menschen und daher auch durch ein vielfältiges Wohnangebot. Das gelingt aber nur, wenn auch die Vermietungsabteilungen bei der Vermietung darauf achten, verschiedensten Haushaltsformen im Haus und in der Siedlung Wohnraum zu vermieten. Familien, ältere Paare


ARCHITEKTUR

© Ursula Meisser

und Singles aller Altersgruppen gemischt führen zu mehr Austausch, als wenn ausschliesslich gesetzte Paare kleine und grosse Wohnungen belegen. Damit dies möglich wird, braucht es auch zahlbaren Wohnraum. Nur wenige Einkommensschichten können sich heute 4.5-Zimmer-Wohnungen in der Stadt Zürich mit Mieten von CHF 3 000 bis 4 000 leisten. Der Grossteil der Bevölkerung mit einem Median-Haushaltseinkommen der Schweiz mit rund CHF 7 100 bleibt ausgeschlossen, wenn es nicht auch kostengünstigen Wohnraum gibt. Darum braucht es auch gemeinnützige Wohnbauträger und Vermieter, die bereit sind, nicht die maximal mögliche Miete zu verlangen und ihren Mietenden Wohn­ sicherheit zu gewährleisten. Wenn Menschen nicht eine sichere Wohnsituation haben oder ihre ganze Zeit dafür brauchen, sich ihr Leben finanzieren zu können, können sie nicht zu lebendigen Quartieren beitragen.

DAS QUARTIER ALS ­LEBENSMITTELPUNKT Zu lebendigen Quartieren tragen auch belebte Erdgeschosse bei. Erdgeschosse, die auch den Quartierbewohnenden einen Nutzen bringen und zur Attraktivität des Quartiers beitragen. Vom Hausarzt, Laden oder Coiffeur bis zum Restaurant und der Quartierbar, wo man Nachbarn treffen und etwas zusammen trinken kann. Lebendige Quartiere sind so auch neben den Bürozeiten belebt und sicher für die Quartierbewohnenden. Wichtig dabei sind auch Gemeinschaftsräume, in denen kulturelle, gemeinschaftliche und auch private Anlässe stattfinden können. Es reicht aber nicht nur, diese zu erstellen, sondern es braucht auch eine Software, das heisst eine Organisation, die diese vermietet und belebt. In vielen Genossenschaften sind dies Siedlungskommissionen, welche die Räume selbst verwalten. Nicht zuletzt fördert eine Mitwirkung der Bevölkerung in den Siedlungen und Quartieren die Identifizierung mit dem näheren und weiteren Umfeld. Wo dies möglich ist, engagieren sich auch mehr Menschen für das Quartier und tragen so zur Vielfalt und zu einem lebendigen Quartier bei. Auch Investoren können viel dazu beitragen. Sei es mit einer gemeinschaftsfördernden Architektur und einem breiten Angebot, mit ihrer Vermietung und auch zahlbaren Wohnungen und gut konzipierten Erdge-

Treppenhaus auf dem Hunziker-Areal.

schossen. Wenn es ihren Bewohnenden gefällt und sie sich in ihrer Siedlung und in ihrem Quartier wohlfühlen, sinkt auch die Fluktuation und es gibt weniger Vandalismus. All das spart Kosten und gibt ein gutes Renommee. Die Investitionen in lebendige Quartiere lohnen sich für alle!

PETER SCHMID ist Präsident der Baugenossenschaft «mehr als wohnen». www.mehralswohnen.ch

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LEBE BUNTER! TRENDS ERÖFFNEN NEUE MÖGLICHKEITEN von Elisa Beck

Die Innenarchitektur ist nicht nur funktionaler Bestandteil eines Gebäudes, sie haucht ihm auch Leben ein. Diese künstlerische Komponente wird auf den folgenden Seiten näher betrachtet – und ausgezeichnet. Wie in der Mode gibt es auch auf diesem Feld Trends. Sie widerspiegeln den aktuellen Geschmack: Mit Pflanzen hält Naturverbundenheit, mit Retro-Prints der Vintage-Look Einzug in die räumliche Gestaltung. Hier geht es um das innovative Einbetten von individuellen Entwicklungen und Vorstellungen. Das Ergebnis sind herausragende Bauwerke, die eine ganz neue Lebensqualität vermitteln und ein gegenwärtiges Bewusstsein ausstrahlen. Denn das ist es, was herausragendes Design ausmacht: Aus einem statischen Bau macht es ein lebendiges Kunstwerk, das zum Verweilen einlädt.


INNENARCHITEKTUR

DER MENSCH IM MITTELPUNKT AKTUELLE GRAFIKDESIGN-TRENDS UND IHR HINTERGRUND von Elisa Beck und Georg Lutz

© BATHI / 99designs

Vieles, was uns in den Kunst- und Designwelten heute gefällt, war früher schon einmal da. Retrotrends klingen auf den ersten Moment wenig innovativ, sie vermitteln aber gerade in diesen unsicheren Zeiten auch ein Stück Sicherheit. Zudem, wir kennen das aus der Mode, wiederholen sich Trends. Es geht dabei aber nicht um ein fantasieloses Wiederholen, sondern um das innovative Einbetten von aktuellen Entwicklungen. Jede Zeit hat ihre eigenen Herausforderungen, Ansprüche und Visionen. Was möchten wir gern sehen? Wie möchten wir gesehen werden? Die internationale Kreativ-Plattform 99designs hat ihre globale Grafikdesigner-Community zu den neuen Trends 2021 befragt. Das Ergebnis ist eindeutig: Es geht um Stile, die das Hier und Jetzt abbilden. Wir stellen sie im folgenden Beitrag vor.

Das Versinken in psychedelischen Motiven hat gerade in Zeiten der Pandemie ihren Reiz.

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E

s überrascht nicht, dass viele Trends «alte Bekannte» sind. Damit ist nicht nur der Rückgriff auf die sogenannten «schönen Künste» gemeint. Auch Elemente der Natur sind das wohl älteste Motiv der Menschheit. Mit einem neu erstarkten Umweltbewusstsein und Nachhaltigkeitsgedanken im Rahmen des Klimawandels kehren Blattwerk, Blüten und gar Tiere zurück in die Welt des Designs. Sie zeigen den menschlichen Drang, auf Entdeckungsreise zu gehen, neue Welten zu erfahren und sich des eigenen Ursprungs zu besinnen. Besonders spannend ist der Trend des Retro Futurism. Wie können Retro und Futurismus zusammenpassen? Viel besser, als man auf den ersten Blick denken mag. Schon in den Fünfzigerjahren hatten die Menschen Vorstellungen und Träume von der Zukunft, die sich überraschend wenig von unseren heutigen Zielen und Fantasien unterscheiden. KI, Roboter, Raumfahrt – plötzlich scheinen die aktuellen Forschungsschwerpunkte gar nicht mehr so neu und progressiv. Ein historischer Vergleich zeigt aber auch: Unsere heutige Gegenwart ist weit entfernt von dem, was man sich vor über einem halben Jahrhundert herbeigesehnt hat. Dieses Spannungsfeld zwischen Realität und Fiktion bringt immer wieder neue Schöpfungen hervor. Allerdings war der damalige technologische Fortschrittsoptimismus in ein optimistisches gesellschaftspolitisches Weltbild eingebettet. Dieses fehlt heute. Die technologischen Optimisten, nicht nur aus dem Silicon Valley, haben keine gesellschaftlichen Leitvorstellungen, die die Gesellschaften als Ganzes mit einbeziehen.


INNENARCHITEKTUR

ABSTRAKTE PSYCHEDELISCHE KUNST

Symbole begegnen uns im Alltag ständig. In dieser Umgebung haben sie vor allem einen praktischen Nutzen, sie geben kurz und prägnant Hinweise oder Warnungen. Sie haben eine lange Geschichte, die bis zu den Ursprüngen der Menschheit zurückreicht. Symbole sind wohl der kürzeste Weg, einen Inhalt zu vermitteln. Damit treffen sie den Nerv der Zeit: Im Angesicht der Digitalisierung sind wir es gewohnt, mit einem Klick oder Wisch die Informationen zu bekommen, die wir suchen. In dieser kurzlebigen Zeit geben Symbole durch ihre Beständigkeit und Allgemeingültigkeit Sicherheit. Doch Symbole sind mehr als praktische Helfer: Durch ihre Kompaktheit werden sie zu einem Stück Kunst für unterwegs, einem Glücksbringer oder einem Erkennungsmerkmal unter Gleichgesinnten.

RETROFUTURISMUS ALS SPIEGEL Dieser Trend spiegelt den Optimismus der Vergangenheit wider. Die alltägliche Fortbewegung in fliegenden, Raumschiff-ähnlichen Gefährten, Reisen zwischen einzelnen Planeten und Roboter als allgegenwärtige Helfer: Davon träumten viele Menschen in den Fünfziger- und Sechzigerjahren des letzten Jahrhunderts, und heute tun sie es wieder. Einige Pläne sind konkreter geworden. Statt in die unermesslichen Weiten des Weltraums wollen wir nun erstmal zum Mars. Dies dient ohne Frage dem Ego von Elon Musk. Was es aber Gesellschaften

wirklich bringt, wenn einige Astronautinnen und Astronauten auf dem Mars herumlaufen, ist bislang völlig unklar. Eine Debatte darüber findet bislang nicht statt. Die technologische Euphorie findet ohne gesellschaftlichen Unterbau statt. Die Mondmissionen der Nasa wurden in den Siebzigerjahren sang- und klanglos eingestellt. Hier droht ein ähnlicher Verlauf. Dagegen können uns schon heute KI und Roboter helfen, den Alltag besser zu bewältigen – allerdings sind sie bislang auf kleine Haushaltshilfen wie Staubsaugerroboter beschränkt, die bereits an ihre Grenzen stossen, wenn sie einer Teppichkante begegnen. Das ist jetzt vielleicht etwas zu pessimistisch. Wer in die neue S-Klasse von Daimler Benz schaut, kann sich vor KI kaum retten. Auf jeden Fall zeigt sich die Zukunft nicht ganz so glänzend, wie man sie sich vor rund 70 Jahren erträumte. Viel weniger fantastisch und immer noch auf der Erde. Unsere Forschung ist allerdings vorangeschritten und macht vieles möglich – wir wissen aber nun auch besser, was noch nicht möglich ist. Retrofuturismus scheint mittlerweile überholt. Statt optimistisch schauen wir nun zwar ambitioniert, jedoch vor allem realistisch in die Zukunft. Im Zeichen des Klimawandels wagen wir auch schon mal einen dystopischen Blick. Da ist es nur nachvollziehbar, dass Bilder im Stil des Retrofuturismus uns mit ihrem unvoreingenommenen, ja fast naiven Glauben an

Der Retrofuturismus ist auch eine Flucht in die verheissungsvolle Vergangenheit.

© Eliza Osmo/ 99designs

© 2020 Andrzej Kuziola/ 99designs

Was ist möglichst weit entfernt von der Realität? Das Abstrakte! Damit liegt 2021 nichts näher als eine Flucht in die abstrakte, gar psychedelische Kunst. Diese Gebilde nehmen uns mit auf eine Reise ins Fantastische, ohne dass wir dafür die eigenen vier Wände verlassen müssten. Verzerrte und verschlungene Motive zusammen mit kontrastreichen Farben formen bizarre Muster, die ein Eigenleben zu entwickeln scheinen. Wer dieses Muster verfolgt, folgt gleichsam Alice hinab durch den Kaninchenbau und findet sich in einer fremdartigen, pulsierenden und aufregenden Welt. So ist es wenig überraschend, dass diese Kunst mit Halluzinogenen, Exzessen und Umbrüchen assoziiert wird. Ihren Ursprung hat sie in kreativen Experimenten der Musik- und Kunstszene der Sechzigerjahre des letzten Jahrhunderts. Jede Betrachtung löst etwas anderes im Betrachter aus, es ergeben sich neue Details und Muster, bis das Bild ganz neu erscheint. Schon vor sechs Jahrzehnten spielten Drogen, insbesondere LSD hier eine fast schon logische Unterstützung zur Bewusstseinserweiterung. Auch heute greift das Grafikdesign den Charme der abstrakten psychedelischen Kunst auf: Wir haben genug davon, jeden Tag das Gleiche zu sehen. Ein Ausflug in diese bunte, abenteuerliche Welt ist der Kurzurlaub, der uns 2020 nicht vergönnt war.

DIE KRAFT DER SYMBOLE

Mit Symbolen klare Zeichen setzen.

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© Candy Wrappes/ 99designs

INNENARCHITEKTUR

© Tamsyn Gnush / 99designs

Surrealismus ist auch eine Entdeckungsreise.

eine hoch technisierte Zukunft in ihren Bann ziehen. Futurismus bleibt eine Flucht in bessere Zeiten, in diesem Fall die gute alte Zukunft.

NAHTLOSER SURREALISMUS Ähnlich wie die abstrakte psychedelische Kunst entführt der Surrealismus den Betrachter in neue, fremde, manchmal groteske Welten. Dabei denken wir zuerst an unendlich scheinende Treppen, die schliesslich am eigenen Ausgangspunkt enden und uns so wieder und wieder im Kreis führen. Dabei dreht sich der Surrealismus keineswegs nur um sich selbst oder spielt ausschliesslich mit dem Unerklärlichen. Vielmehr hilft er dabei, neue Welten in der vorhandenen Umgebung zu sehen. Dieser Trend nimmt den Betrachter mit auf eine Entdeckungsreise, bei der das Reale mit dem Surrealen verwoben wird. Zwei Motive, die alleinstehend wenig auffällig wären, werden hier kombiniert, um eine neue Darstellung zu ergeben, ohne dass ein harter Übergang auszumachen wäre. Die neue Darstellung kann befremdlich wirken, hebt jedoch auch einzelne Aspekte und Komponenten hervor und regt damit dazu an, den Blick auszuweiten und neue Deutungsmöglichkeiten zu erschliessen.

AUTHENTISCHE DARSTELLUNG Was Design unbedingt vermeiden möchte, ist, in Eintönigkeit zu verfallen. Abwechslung, Veränderungen und Abweichungen von der Norm machen diese Kunst erst spannend und lebendig. Da liegt es also nahe, dass auch die Menschen in all ihrer Diversität dargestellt werden. Vorbei sind die Zeiten der immer gleich strahlenden, makellosen Models. 2021 werden wir vermehrt Menschen sehen, die nicht den gängigen Schönheitsidealen entsprechen – und dennoch schön sind. Das Hervorheben verschiedener kultureller Hintergründe, Alter und Identitäten eröffnet nicht nur viele neue Möglichkeiten für Designs, es macht es auch einfacher, sich mit dem Dargestellten zu identifizieren. Die authentische Darstellung ist nahbar, fast greifbar und zeugt von einer neuen Offenheit und Toleranz. Sie eignet sich darum ganz besonders für Werbung oder die Verpackung von Produkten, welche eine menschliche Komponente hervorheben und fördern wollen.

FRECHE CHARAKTERE Überzogene Schönheitsideale machen einem authentischen Blick Platz.

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Auf eine besondere Reise nimmt auch dieser Trend die Betrachterin und den Betrachter mit. Dabei werden dem Zuschauenden


© Tomie O / 99designs

© Wintry grey / 99designs

INNENARCHITEKTUR

Pop-Art verschafft kleinen Momenten eine grössere Präsenz.

Klare Charaktere hellen das Leben auf.

COMICS UND POP-ART Comics eignen sich keinesfalls nur als Lektüre für Kinder. Auch Erwachsene freuen sich an den bildreich erzählten Geschichten und

der unverwechselbaren Zeichentechnik. Starke Körnung und Färbung bringen diese Charakteristika in den Designtrend. Sie sorgen gleichzeitig für einen angenehmen Minimalismus in einer Zeit, in der wir ständig alle Möglichkeiten offen haben und immer wieder neue Eindrücke geliefert bekommen. Die Motive der Pop-Art sind häufig der Alltagskultur und den Medien entnommen und schaffen es, durch ihre hohen Kontraste und meist überdimensionalen Ausmasse kleinen Momenten eine neue Präsenz zu verleihen. Auch diese Kunstform hat ihren Ursprung in den Sechzigerjahren des letzten Jahrhunderts.

DIE SCHÖNEN KÜNSTE

© Luca Toni/ 99designs

aussergewöhnliche Begleiter zur Seite gestellt: kleine, freche, aufgeweckte Charaktere mit grossem Wiedererkennungswert und ausgeprägtem Geltungsbedürfnis. Sie können Comicfiguren sein oder zum Leben erweckte Gegenstände – je individueller, desto besser. Die Grundlage für diesen Trend ist die Concept Art, welche unbefangen mit der Realität umgeht und sie so erweitert. Die Figuren vermitteln, vielleicht durch ihre Nähe zum Cartoon, ein beschwingtes und humorvolles Bild, das sich möglichst charakteristisch darstellt. Ihre Unterschiedlichkeit, die uns auch schon beim Trend der authentischen Darstellungen begegnet ist, sorgt für Diversität und Abwechslungsreichtum bei Künstlern und Rezipienten. Die kleinen Charaktere machen es einfach, eine Beziehung zum Dargestellten aufzubauen und sich mit der vermittelten Botschaft zu identifizieren. In einer Zeit, in der Remote-Work und Social Distancing immer präsenter werden, sind sie ein willkommener Anknüpfungspunkt für soziale Zugehörigkeit.

2021 werden die Grenzen zwischen Design und Kunst verschwimmen. So finden traditionelle Maltechniken wie Pinselstriche und Acrylfarben ihren Weg in die Welt des Grafikdesigns. Dort verleihen sie den Darstellungen Ernsthaftigkeit und Tiefe durch ihre gedeckten Farben und den Eindruck einer unregelmässigen Oberfläche, wie wir sie von Gemälden kennen. Diese Ungleichmässigkeit bringt eine individuelle Note mit sich, die gerade Grafiken oft fehlt. Sie macht die Gestaltung erfahrbar

Ausgabe 01/2021 // Seite 31


INNENARCHITEKTUR

ELEMENTE DER NATUR

© GREAT. / 99designs

Pandemie-bedingt haben wir im letzten Jahr viel zu viel Zeit in unserer Wohnung verbracht. Ein Ausflug in den Garten oder Park war da das höchste der Gefühle – an exotische Orte war gar nicht zu denken. Dafür schlägt sich die Aussenwelt nun in den Designs nieder, die sich auf Elemente der Natur besinnen. Diese können ganz unterschiedlich ausfallen: ob

Rankenmuster, Urwaldpanoramen, Ausblicke oder in der Farbwahl. Nun gilt back to the roots, sich auf den eigenen Ursprung besinnen und aus dieser Konstante immer wieder neue Illustrationen schöpfen. Damit sind die Aussichten für diesen Trend geprägt von Wachstum und bringen kreative Blüten hervor. Das kann in einem grünen Biedermeier münden, wie sie in Magazinen wie «Landlust» propagiert werden. Dort wird urbanen Stadtmenschen ein Landleben vorgespielt, welches es so in der Realität nicht gibt. Das muss aber nicht so sein. Manchmal geht es auch hier nur um kleine Fluchten aus dem Alltag.

© Visual Martyr / 99designs

und unverwechselbar, ohne an Eleganz zu verlieren. Damit eignet sich dieses Design ganz besonders für Produkte, die einen seriösen oder gar klassischen Eindruck vermitteln wollen.

FARBUNSCHÄRFE EINSETZEN Die Unschärfe ist ein Grafiktrend, der sich ganz auf die Farbgebung konzentriert. Hier geht es darum, den perfekten Kontext zu schaffen, um ein stimmiges Gesamtdesign zu präsentieren. Farbverläufe und Übergänge werden noch fliessender, gar verschwommen und bieten damit den perfekten Hintergrund für Überschriften, Texte oder Fotos. Dieser Trend zeigt uns die Ganzheitlichkeit von Gestaltung. Es kommt nicht nur auf das Kernstück der Illustration an – alle Komponenten müssen zusammenspielen, um ein harmonisches Kunstwerk entstehen zu lassen. Die Wahl der Farbe kann dabei grossen Einfluss auf die Stimmung nehmen, Künstler haben in diesem Jahr keine Angst vor dunklen Farben und düsterer Atmosphäre. Das muss nicht zwingend zu einem bedrückenden Gesamtbild führen, sondern kann auch zur strahlenden Inszenierung der Elemente im Vordergrund führen.

DESIGN MIT SOZIALEM ­BEWUSSTSEIN

© Shutterstock

Die Inszenierung der Farbunschärfe.

Die Renaissance des politischen Protestes.

Die Zeiten werden wieder politischer. Auch das Jahr 2021 lebt seine eigene Protestkunst aus. Vieles befindet sich im Umbruch, die neuen grossen Treiber sind wachsendes Umwelt- und Gerechtigkeitsbewusstsein. Illustrationen helfen, Botschaften in die Welt hinauszutragen. So kommt es, dass wir in diesem Jahr vermehrt Handlettering sehen werden, plakatähnliche Arrangements und starke Statements. Die Protestkultur ist wieder präsent geworden in der Gesellschaft und fördert das Bewusstsein, dass jeder Einzelne sich engagieren kann. Die unpolitische Generation Golf tritt in den Hintergrund. Wer heute 20 Jahre ist, engagiert sich in seinem Umfeld. So wird auch die Präsentation der jeweiligen Botschaften individueller, Handschriften und Zeichnungen treten in den Vordergrund, auch der Symboltrend spiegelt sich hier wider.

ELISA BECK ist Redaktorin bei bauRUNDSCHAU.

GEORG LUTZ ist Chefredaktor bei bauRUNDSCHAU. Sweet Home mithilfe der als ursprünglich bezeichneten Natur.

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www.99designs.de



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INNENARCHITEKTUR

Raumübergreifende Perspektiven erarbeiten und nicht nur einzelne Funktionsräume ausstatten.

IN REINFORM DIE REALISIERUNG EINER GELEBTEN WOHNKULTUR Interview mit Benjamin Zbären von Georg Lutz

Das komplexe Stichwort Wohnkultur mit spannenden und passenden Inhalten zu füllen, beinhaltet nicht nur eine Herausforderung. Gestaltung, Ausstattung und Atmosphäre sind die Zutaten, die sich zu einem stimmigen Bild entwickeln. Dazu braucht es hohes Einfühlungsvermögen, handwerkliche Kunst und Beraterkompetenz. Der Bogen der Geschmacksrichtungen ist dabei weit gespannt. Er reicht von einer nüchternen Office-Lösung bis zum barocken Charme eines Landhausstils. Wir sprachen dazu mit Benjamin Zbären, dem Geschäftsführer der Zbären Kreativküchen AG.

E

s gibt ein berühmtes Zitat von Winston Churchill: «Man soll dem Leib etwas Gutes bieten, damit die Seele Lust hat, darin zu wohnen.» Kann man dies aus Ihrer Sicht auch umgekehrt formulieren? Nur wer eine gute Küchenatmosphäre zur Verfügung hat, bei dem besteht die Chance auf kulinarische Höhepunkte? Nein, nicht unbedingt. Wer keinen Spirit und kein Wissen beim Kochen mitbringt, dem nutzt auch die teuerste Küche nichts. Man kann auch in einer sehr einfachen Küche zaubern. Auch mithilfe eines klassischen Lagerfeuers kann gut gekocht

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werden. Aber es hilft natürlich, wenn die technische Hardware, die Werkzeuge professionell aufgestellt sind und die Atmosphäre stimmig ist. Lassen Sie es mich so zusammenfassen: Wenn die Rahmenbedingungen stimmen, ist es einfacher, zum Ziel zu kommen. Nähern wir uns der Philosophie Ihrer Küchen und der Innenraumgestaltung an, die ja in einem gehobenen Segment angesiedelt sind. Passt hier die Überschrift Luxus? Heute, in diesen speziellen Zeiten einer Pandemie, verschiebt sich die Bedeutung

von Luxus. Es geht weniger um barocken Luxus oder Bling-Bling, sondern um die Realisierung einer stabilen Einrichtung, die mir Sicherheit vermittelt und in die Umgebung meines Hauses passt. Es geht um Rückzugsräume. In diesem Rahmen gibt es dann aber sehr viele individuelle Lösungen, auch was die konkrete Ausgestaltung des Stichwortes Luxus betrifft. Für uns hat jede Küche ein Alleinstellungsmerkmal. Das geht auch nur, da wir nur auf handgefertigte Lösungen aus dem Berner Oberland setzen. Wir selbst thematisieren das Wort nicht, sondern sprechen eher nüchterner von massgeschneiderten Lö-


Benjamin Zbären setzt auf intensive Kommunikation.

sungen. Ob das für den Kunden dann Luxus ist, interessiert uns weniger. Für mich sind beispielsweise massgeschneiderte Anzüge und Schuhe Luxus, für andere aber nicht. Kommen wir zu den Materialien. Ganz oben auf der Agenda steht da bei Ihnen das Thema Holz, oft sehr altes Holz. Wer Ihre Produktionsräume besucht, kann Holz atmen. Das ist wie in einem Wald. Um was für Holz handelt es sich denn? Wenn wir von altem Holz sprechen, ist es vorwiegend Fichte, Kiefer und Eiche. Dabei kommt es immer auch auf aktuelle Trends an. Eiche ist aktuell ein Highlight. Bei einem klassischen Landhausstil kommt aber die gut gelagerte heimische Fichte zum Zug, die in unserem Tal beheimatet ist. Wie sehen die Produktionsschritte aus? Die Bäume werden gefällt, eingeschnitten und dann getrocknet. Hier bringen wir viel Zeit mit. Das ist in unseren hektischen Zeiten ein begrüssenswerter Gegentrend. Wie kommt dann das alte Holz mit sehr neuen Materialien zusammen? Entstehen hier produktive Spannungsfelder? Es geht immer um ein spannendes Zusammenspiel von Materialien, die sich ergänzen oder auch reflektieren. Das kann dann auch eine auf den ersten Blick schwierige Mischung aus sehr modernem gebürstetem

Aluminium mit sehr altem Holz sein, das mit einem Vintage-Look daherkommt und scheinbar Patina angesetzt hat.

«Für uns hat jede Küche ein Alleinstellungsmerkmal.» Viele Lösungen Ihres Hauses wirken auf mich sehr massiv. Das hat ja auch zwei Seiten. Einerseits wirkt es sehr hochwertig und stabil, andererseits fühlt sich die Betrachterin oder der Betrachter fast optisch erschlagen. Es kommt hier immer auf die unterschiedlichen Zusammenhänge an. Zum Beispiel spielt es eine Rolle, wo das Haus, in dem die Lösung realisiert wird, steht. In einem urbaneren Raum wird man meist eine leichtere Atmosphäre im Penthouse-Stil schaffen als in einem Chalet am Meer oder in einem Waldgebiet. Wir haben zum Beispiel einige Lösungen in Monaco realisieren dürfen. Dort geht es trotz beachtlicher finanzieller Ressourcen immer um einen begrenzten Raum in einer sehr verdichteten urbanen Stadt. Hier muss man alles andere als mit Massivität überzeugen.

Welche Rolle spielen Licht, Farben und Stil-Elemente wie Vorhänge? Brechen sie beispielsweise den gewollten massiven Eindruck? Wir sprechen hier immer von einem Gemeinschaftswerk mit dem Kunden. Oft kommen dann auch externe Partner wie ein Innendekorateur zum Zug. Aber zunächst unterbreiten wir dem Kunden auch hier Vorschläge, diese werden dann diskutiert und dann finden wir eine Lösung. Dabei müssen alle Beteiligten ihr Handwerk verstehen und zusammen und nicht nebeneinander arbeiten. Es geht nicht nur um die Küche alleine. So sollten beispielsweise Böden oder Decken in der gesamten Wohnung optimal miteinander kommunizieren. Es gibt grundsätzlich zwei Vorgehensweisen. Entweder agieren alle Beteiligten in einem klar vorgegebenen Rahmen oder es geht von Anfang an um individuelle Lösungsschritte. Bei uns ist die zweite Variante mehr verbreitet. In der Situation einer Pandemie ist ein edler Innenraum nicht nur ein Wohn-, und Erlebnisraum, sondern auch ein Schutzraum. Die Leute können aktuell nicht mehr nach aussen in Restaurants oder Bars. Diese Aufgaben muss jetzt das Zuhause übernehmen und das machen wir gerne. Auch wenn die Pandemie abflacht, bleibt das stabile Zuhause ein wichtiger gesellschaftlicher Trend.

Zbären Kreativküchen AG | Gerechtigkeitsgasse 29 | CH-3011 Bern | Tel. +41 (0) 31 311 18 80 | design@zbaeren.ch | www.zbaeren.ch Zbären Kreativküchen AG | Bahnhofstrasse 26 | CH-3777 Saanenmöser | Tel. +41 (0) 33 744 33 77 | design@zbaeren.ch | www.zbaeren.ch

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INNENARCHITEKTUR

DER ABSCHIED VOM MECHANISCHEN SCHLÜSSEL

VIELSEITIGE ELEKTRONISCHE ZUTRITTSLÖSUNGEN FÜR DEN CAMPUS von Lone K. Halvorsen

Die Vergabe von örtlich und zeitlich begrenzten Zutrittsrechten auf den gesamten Campus des Aiglon College am Genfersee war das oberste Ziel bei der Einführung einer einheitlichen Zutrittskontrolle. Die Lösung des Unternehmens Salto erreicht nicht nur diesen Punkt, sondern integriert darüber hinaus Drittsysteme und optimiert damit parallel interne Prozesse.

D

falls Klassenzimmer. Die unterschiedlichen Bereiche dürfen die Angestellten nur entsprechend ihrer Funktion betreten – häufig auch abhängig vom Zeitpunkt. Lehrer haben zum Beispiel zu den Unterrichtszeiten zwar Zutritt zu den Klassenräumen, aber dürfen grundsätzlich nicht die privaten Zim-

© Aiglon College

as Aiglon College besteht aus 23 Gebäuden, die auf einem Campus oberhalb des Genfersees verteilt sind. Viele der Häuser werden für mehrere Zwecke genutzt und zum Teil befinden sich in vielen Internatshäusern – zusätzlich zu den privaten Räumen der Schüler – eben-

Blick in die Bibliothek des Aiglon College.

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mer betreten – umgekehrt gilt das für das Personal des Internats. «Um genau diese differenzierten Zutrittsrechte ohne Kompromisse vergeben zu können, haben wir uns für die Anschaffung einer einheitlichen Zutrittslösung für den gesamten Campus entschieden», erklärt John Gerhardt, Senior


INNENARCHITEKTUR

© SALTO Systems

Computer Services Technician im Aiglon College und für die Zutrittskontrolle verantwortlich. Mit der Ablösung des mechanischen Schliesssystems verfolgte John Gerhardt vor allem zwei Ziele: «Sicherheit an den Aussentüren und Flexibilität an den Innentüren. Beides erreichen wir mit Elek­ tronik wesentlich einfacher als mit Mechanik.» Zugleich sollte mit dem mechanischen Schliesssystem dessen aufwändige Verwaltung gehen, insbesondere die immensen Schränke für die Aufbewahrung der vielen Schlüssel und das unübersichtliche Schlüsselmanagement.

DIFFERENZIERTE FUNKTIONEN OHNE MEHRKOSTEN Zu den Anforderungen an das neue Zutrittssystem zählte neben dem flexiblen Zutrittsmanagement die Integration mit Drittsystemen. «Wir wollten die Stammdaten aus unseren IT-Systemen übernehmen und eine Prozessintegration mit unserer ERP Software (Enterprise Resource Planning). Wenn ein Schüler zum Beispiel sein Haus wechselt und das im ERP-System hinterlegt wird, sollten automatisch die neuen Zutrittsrechte zugewiesen werden. Das betrifft Lehrer und andere Angestellte natürlich ebenso», beschreibt John Gerhardt die wesentlichen Vorgaben. Aus der Ausschreibung der Zutrittskontrolle gingen zwei Favoriten hervor, mit denen das College vertiefende Gespräche geführt hat. «Mitten in diesem Prozess sind wir auf das Unternehmen Salto aufmerksam geworden. Der Lösungsansatz und die Referenzen haben uns dazu bewogen, auch diesen Hersteller zu kontaktieren», erinnert sich der IT-Manager. «Wir haben die Systeme miteinander verglichen und schnell festgestellt, dass Salto sich nur mit elektronischen Systemen befasst und einen starken IT-Hintergrund besitzt, was sich unter anderem in den Software-Funktionen niederschlägt», geht John Gerhardt in die Details. Nach der Besichtigung von Schulreferenzen im benachbarten Villars zusammen mit dem Salto-Premium-Plus-Partner Quincaillerie du Léman SA fiel die Entscheidung zugunsten der Salto-Space-Systemplattform. «Mehr Funktionen bei etwa gleichen Kosten», begründet John Gerhardt die Wahl und ergänzt: «Die kombinierten mechanischen und elektronischen Schliesssysteme der anderen Anbieter haben viel versprochen, konnten diese Versprechen in der Praxis allerdings nicht halten. Und wir mochten keinen Zwischenschritt mit halb elektronischen Anlagen gehen.»

Elektronischer XS4 One Beschlag an der Tür zum Internatsempfang des Aiglon College.

DIE SICHERHEITSARCHITEKTUR DES SYSTEMS Die Installation begann mit einer dreimonatigen Planungsphase und entsprechend wurde die Ausführungsplanung, bei der das Türmanagement, die Software-Inte­ grationen und die Einrichtung der Zutrittsund Türgruppen im Mittelpunkt standen, entworfen. Wobei die natürlichen Bedingungen ihren eigenen Beitrag als Hürden leisteten, erinnert sich Didier Kauer, verantwortlich für den Vertrieb von SALTO bei Quincaillerie du Léman: «Das hohe Gefälle auf dem Gelände und die extremen Temperaturschwankungen zwischen Sommer und Winter resultieren zuweilen in schiefen Türen, besonders bei den älteren Modellen. Dadurch hat der Sicherheitsdienst während seiner Rundgänge am Anfang ab und zu offene Türen entdeckt, weil die verzogen waren.» Heute wird das über Türkontakte gelöst und die Verantwortlichen sind sofort im Bilde. Das Aiglon College setzt eine Systemarchitektur aus virtueller Vernetzung (SVN), Funkvernetzung (BLUEnet) und Mobile Access (JustIN Mobile) ein. Im SVN mit

patentierter Schreib-Lese-Funktionalität und verschlüsselter Datenübertragung werden die Zutrittsrechte auf dem Badge gespeichert, wodurch die elektronischen Beschläge und Zylinder kabel- und netz­ unabhängig funktionieren. Gleichzeitig schreiben die Beschläge und Zylinder Informationen über gesperrte Badges oder beispielsweise Batteriestände auf die Badges und geben sie somit weiter. Die auf Bluetooth basierende Funkvernetzung eignet sich vor allem für Einsatzbereiche, in denen eine Echtzeitüberwachung von Türen erforderlich oder gewünscht ist. Die Funkvernetzung BLUEnet verbindet die batteriebetriebenen elektronischen Beschläge und Zylinder mit Gateways, die dann per Ethernet oder WLAN mit dem Server kommunizieren. Bei einer Unterbrechung oder Störung der Funkverbindung arbeitet das Zutrittssystem weiterhin, da die virtuelle Vernetzung der Beschläge und Zylinder über das SVN als Basistechnologie immer aktiv bleibt. An einigen Türen ergänzt die mobile Zutrittstechnologie JustIN Mobile die Funkvernetzung und das virtuelle Netzwerk und damit wird das Öffnen von Türen mit dem Smartphone ermöglicht.

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INNENARCHITEKTUR

ZUTRITTSRECHTE FÜR ­SCHÜLER UND ANGESTELLTE Derzeit sind auf dem gesamten Campus 450 Zutrittspunkte in die Lösung eingebunden. «An rund 20 Eingängen befinden sich Online-Wandleser samt Türsteuerungen. Etwa 380 Türen, vor allem Innentüren, sind mit elektronischen Beschlägen ausgestattet, davon circa 70 mit XS4-One-Beschlägen und rund 310 mit XS4-Original-­Beschlägen. Die meisten XS4-One-Beschläge sind über BLUEnet funkvernetzt und für SVN-Flex aktiviert. Damit werden sie zugleich als

kabellose Aktualisierungspunkte im SVN genutzt, was der Schule zusätzliche Flexibilität und Sicherheit bietet», führt Didier Kauer. Darüber hinaus sind noch etwa zehn elektronische GEO-Zylinder an Glasschiebetüren und auf den Parkplätzen sowie zehn elektronische Spindschlösser XS4 Locker an Schlüsselschränken im Einsatz. Für das Management der Zutrittsrechte von Schülern, Angestellten und Externen verwendet das College die Software ProAccess SPACE. «Um die komplexen Strukturen abzubilden, haben wir sechs

Türpartitionen und sieben Nutzerpartitionen eingerichtet. Damit können wir neben internen Zuständigkeiten der Mitarbeiter auch die unterschiedlichen Nutzungsszenarien während der Schulzeit und während der Ferien abbilden. Während unserer ‹Summer School› befinden sich zum Beispiel wesentlich mehr externe Personen auf unserem Campus als sonst. Für die Internatsgebäude gelten dann ebenfalls andere Berechtigungen als während der Schulzeit, weil ja keine Schüler da sind», erläutert John Gerhardt.

© SALTO Systems

INTEGRATIONEN MIT SICHERHEITSLÖSUNG

© SALTO Systems

Elektronischer XS4 Original Beschlag an einer Flurtür im Aiglon College.

Gateway als Hub für die funkvernetzte Türhardware im Aiglon College.

Die Software findet John Gerhardt: «Fantastisch! Und man sieht mit jedem neuen Release Fortschritte. Da werden nicht nur Fehler behoben, sondern immer neue Funktionen hinzugefügt. Obendrein läuft sie sehr stabil und bietet eine sehr gute Integrationsplattform, die wir ausgiebig nutzen.» Die Software ist mit etlichen Drittsystemen verknüpft: mit dem ERP-System für die Stammdaten, dem Active Directory für die Berechtigungsstruktur oder dem Ticketsystem für Besucher. Er setzt überdies das Add-on «Alarm Events» ein, womit ausgewählte Personen Meldungen zu bestimmten Ereignissen erhalten, beispielsweise für niedrige Batteriestandmeldungen, was den Wartungsaufwand reduziert. Zu den besten Funktionen von ProAccess SPACE zählt John Gerhardt passenderweise die Integrationsmöglichkeiten. «Ausserdem machen wir von den Zeitzonen reichlich Gebrauch. Denn während der Unterrichtszeiten dürfen Schüler praktisch keine anderen Räume als ihre Klassenzimmer betreten und haben während dieser Zeitfenster keine Zutrittsrechte für Räume, die sie sonst betreten dürfen.» Insgesamt zieht John Gerhardt ein positives Fazit zur Einführung der elektronischen Zutrittslösung: «Wir haben unsere Flexibilität sowohl IT-seitig als auch bei der Nutzung unserer Räumlichkeiten zurückgewonnen. Und es handelt sich um eine zuverlässige Sicherheitslösung, mit der wir physisch – durch differenzierte Zutrittsrechte – und digital – über die Sicherheitsarchitektur des Systems selbst – unseren Schülern, deren Eltern und unseren Mitarbeitern ein hohes Mass an Schutz bieten können. Alles Dinge, die wir als massgeblich bei den Anforderungen angesehen haben und von denen wir jetzt profitieren.»

SALTO Systems AG | Werkhofstr. 2 | CH-8360 Eschlikon | Tel.: +41 (0) 71 9737272 | info.ch@saltosystems.com | www.saltosystems.ch

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INNENARCHITEKTUR

AUS DEM HERZEN DER SCHWEIZER ALPEN Im wunderschönen Simmental ist das Schreinerhandwerk noch ein traditionelles Handwerk. Der Stolz auf unsere Arbeit zeigt sich in jeder von uns individuell angefertigten Küche. Die raue Landschaft, die majestätischen Berge und die unberührte Natur inspirieren dabei unsere Arbeit. Ob Penthouse-Besitzer oder Chalet-Liebhaber, sie alle teilen die Leidenschaft mit uns, die uns dazu motiviert, die exklusiven Küchenträume unserer Kunden wahr werden zu lassen. Die Zbären Küchen werden dabei mit hochwertigsten Materialien in feinster Handarbeit und mit hochmodernen Maschinen gefertigt. Von der kleinen Manufaktur im Herzen der Schweizer Alpen liefern wir die massgefertigten Küchen in die ganze Welt.

Besuchen Sie einen unserer Showrooms in Bern und Saanenmöser www.zbaeren.ch | +41 (0)33 744 33 77 | design@zbaeren.ch

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GERMAN DESIGN AWARD MÜNCHNER ARCHITEKTEN VON CSMM ÜBERZEUGEN VIER MAL von Timo Brehme

Vier Preise beim German Design Award 2021 – so lautet die aktuelle Bilanz für die Architekten des Münchner Beratungs- und Architekturunternehmens CSMM. Dass die Revitalisierungs-Experten von CSMM zu den führenden Entwicklern von individuellen und nachhaltigen Gestaltungskonzepten für Arbeitswelten gehören, belegt die vierfache Auszeichnung durch den Rat für Formgebung. Dieser zeichnet die Architekten in den Kategorien «Excellent Architecture»: «Fair and Exhibition» sowie «Interior Architecture» aus.

Corporate-Interior-Konzepte und Planung der Bavaria Towers für Entwickler Bayern Projekt.

D

er Preis zählt zu den anerkanntesten internationalen Gestaltungswettbewerben. Die vierfache Auszeichnung bestätigt den Ansatz von CSMM: Die Gestaltung von Arbeitswelten und die nachhaltige Revitalisierung von Bestandsbürogebäuden sind endgültig in den Unternehmen angekommen. Firmen haben verstanden, dass Design mehr ist als nur ansprechende Ästhetik. Vielmehr geht es darum, eine Corporate Identity zu schaffen, die auf die Mitarbeitenden ausgelegt ist. Das Thema New Work hält weiterhin Einzug in die Büroetagen. Besonders vor dem Hintergrund der aktuellen Pandemie reicht es

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nicht mehr aus, den Mitarbeitenden einfach nur Büros nach Hygienerichtlinien bereitzustellen. Flexibilität und Agilität sind gefragter denn je. Malte Tschörtner, geschäftsführender Gesellschafter bei CSMM: «Unternehmen müssen noch stärker als bisher auf die besonderen Arbeitsanforderungen und Bedürfnisse von Mitarbeitenden aus verschiedenen Branchen eingehen. Wer seine Belegschaft langfristig binden will, muss dafür sorgen, dass die Menschen an ihrem jeweiligen Arbeitsplatz jeden Tag motiviert und kreativ arbeiten können.» CSMM überträgt dafür die Bedürfnisse in individuelle Gestaltungskonzepte, die sich in Struktur, Material und Raum wiederfinden. «So

übersetzten wir beispielsweise die Visionen für drei verschiedene Mietergruppen in eigene Designsprachen bei Foyers und Büroflächen der Bavaria Towers.»

NEW WORK: FLEXIBILITÄT UND AGILITÄT GEFRAGTER DENN JE Ob die Bavaria Towers aus der Feder von Nieto Sobejano Arquitectos, die mit ihrer Architektur das Tor zum Münchner Osten neu definieren oder die von den Arbeiten des amerikanischen Architekten und Konzeptkünstlers Gordon Matta Clark inspirierte offene Raumdynamik für die Flächen des Münchner Start-ups Bosch SAST in der Innenstadt: Die CSMM-Architekten


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handeln nach nachhaltigen Kriterien. Das Architekturkonzept des Büros für die Wirtschaftskanzlei DLA Piper im Frankfurter WINX Tower unterstreicht durch seine New-Work-Ansätze den innovativen und professionellen Anspruch der Kanzlei. Gemeinsam mit DLA Piper hat CSMM mit der Mischung aus offenen Flächen wie der Mitarbeiter-Lounge und Rückzugsmöglichkeiten in Einzelflächen ein ideales Arbeitsumfeld kreiert.

REVITALISIERUNG: CHANCEN FÜR BESTANDSGEBÄUDE CSMM schafft mit seinen RefurbishmentKonzepten basierend auf Innovation und Qualität auch für Projektentwickler neue Werte. «Beispielsweise bei der General­ sanierung des Bürogebäudes «Fritz» mit 4 500 Quadratmeter Fläche wird die optimale und grosszügige Nutzung von Räumen zum bestimmenden Thema. Mit mehr Luft, nicht nur zum Atmen, sondern auch für die menschliche Innovationskraft. Solche Orte brauchen wir mehr denn je, um uns frei entfalten zu können und wettbewerbsfähig zu bleiben», sagt Reiner Nowak, geschäftsführender Gesellschafter bei CSMM. Mit dem Projekt «Fritz» zeichnet der German Design Award CSMM als kompetenten Partner bei den Themen Refurbishment und Vermarktung aus. Das lichtdurchflutete Büro­gebäude mit der «Marketing-Lounge» in München erfährt eine vollständige Revitalisierung, wobei nur der Rohbau bestehen bleibt.

Revitalisierung der Münchner Büroimmobilie «Fritz» von QUEST Investment Partners.

DER GERMAN DESIGN AWARD ALS BENCHMARK Der German Design Award wird durch den Rat für Formgebung, der deutschen Marken- und Designinstanz, verliehen. Dieser zeichnet wegweisende innovative Produkte und Projekte, ihre Hersteller und Gestalter aus. Im Fokus steht dabei, einzigartige Gestaltungstrends zu entdecken und das deutsche Designgeschehen zu repräsentieren. Der Rat für Formgebung wurde 1953 auf Initiative des Deutschen Bundestages als Stiftung gegründet und unterstützt seitdem die Wirtschaft dabei, Markenmehrwert durch Design zu erzielen.

Bürokonzept für DLA Piper im Frankfurter WINX Tower.

TIMO BREHME ist geschäftsführender Gesellschafter bei CSMM – architecture matters. www.cs-mm.com

Transformation eines Bestandsbüros für Start-up Bosch SAST.

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MIKROKOSMOS IM URBANEN RAUM DER QUOOKER IM PROJEKT MILANO Interview mit Roman Specogna von Georg Lutz

Städtische Projekte mit Vorbildcharakter überzeugen nicht nur durch eine innovative Fassade, eine beeindruckende Architektursprache und ein schlüssiges Innenraumkonzept. Es kommt auch auf die Details an, zum Beispiel auf einen Kochend-Wasserhahn in der Küche von Quooker. Die Gründe dafür sind einfach und smart. Es steht immer kochendes Wasser zur Verfügung und die Lösung ist bequem zu bedienen. Zudem spart man Zeit, Energie und Platz auf der Arbeitsplatte.

Urbane Träume mit praktischen Lösungen in Einklang bringen.

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INNENARCHITEKTUR

A

m Rande Klotens ist im kooperativen Verfahren ein kühnes Mietshaus entstanden. Auf acht Etagen destilliert es die Stadt in ein einziges Haus – für ein Mehr an Miteinander. In Flughafennähe entsteht in Kloten neuer Lebensraum, der Menschen und Bedürfnisse verbindet. Gemeinsam leben, arbeiten und geniessen: Der Neubau Kloten-Milano mit acht Geschossen, 65 Mietwohnungen und 650 Quadratmeter mietbarer Gewerbefläche bietet viel Platz für Begegnungen. Kloten-Milano definiert das Zusammenleben neu und kreiert vielfältige Begegnungszonen für die Bewohner. Die Highlights: eine Bibliothek mit Cheminée, ein gemütlicher Waschsalon, wo man sich gern begegnet, ein Swimmingpool mit Jacuzzi, ein Fitnessbereich, eine Squash-Halle, ein Dachgarten mit Ateliers und attraktive Räume für Gewerbetreibende. Die Inneneinrichtung mit viel Liebe zum Detail hat eine gut ausgestattete Küche (Quooker, Steamer, Backofen, Induktionsherd und Geschirrspülmaschine), wunderschöne Parkettböden sowie Mosaik in den Badezimmern. Die Höhe des Raumes und die entsprechenden Fenster garantieren viel helles Tageslicht. Da kann man nur sagen: che bello!

GEMEINSCHAFTLICHES WOHNEN Wir sprechen im folgenden Interview mit Roman Specogna, Geschäftsführer der Si Specogna Immobilien AG, über die Faszination dieses Projektes. Woher stammt die Idee, solch ein Projekt in Kloten zu starten? Wir versuchen immer, einzigartige Lösungen zu realisieren. Dabei blicken wir in die Zukunft und stellen uns das künftige Kundenverhalten vor. Ein- und Zweipersonenhaushalte sind bereits heute die grösste Nachfragegruppe, eine «grosse» Wohnung wollen oder können sich jedoch die wenigsten leisten. Um einer möglichen Vereinsamung zu entgegnen, ist es zudem wichtig, soziale Austauschorte ausserhalb der privaten Wohnung zu schaffen, welche je nach individuellem Bedürfnis genutzt werden können. Wie sind die Feedbacks, fühlen sich die Bewohner wohl? Dank der eigens für Kloten-Milano entwickelten App können sich die Mieter untereinander austauschen. Dies ermöglicht es dem Hausmeister, auf allfällige Problemstellungen des gemeinschaftlichen Woh-

Roman Specogna setzt auf Vorbildcharakter.

nens zu agieren. Die vielen Themenräume wie zum Beispiel der Partyraum oder die Dachterrasse werden intensiv genutzt. Natürlich hätte jeder gerne seine Waschmaschine in der eigenen Wohnung. Ein professionell ausgestatteter Waschsalon, in welchem an mehreren Geräten gleichzeitig die ganze Wäsche erledigt wird, während ein «Schwumm» im Hallenbad genossen werden kann, hat auch seine Vorzüge.

«Der Wohnungsinteressent ist sehr gut informiert …» Welchen Mehrwert hat die Wohnung durch den Quooker? Ich denke, dies realisiert man erst, wenn man wieder in eine Wohnung ohne Quooker zieht. Wir stellen jedoch aktuell bei Besichtigungen eine grosse Begeisterung fest. Der Wohnungsinteressent ist sehr gut informiert und bei vielen steht der Quooker auf der Wunschliste. Dies hat uns dazu bewogen, bei Neubauten und Sanierungen sämtliche Wohnungen damit auszustatten. Wie sind die Feedbacks zum Quooker? Wer kocht noch selbst Wasser, wenn er es direkt aus dem Hahn beziehen kann?

Quooker Schweiz AG | Steinackerstrasse 5 | CH-8302 Kloten | Tel. +41 (0) 43 4112030 | info@quooker.ch | www.quooker.ch

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© ijeab / iStock

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Die Neuentdeckung des natürlichen Lichts steht auch auf der Agenda.

LICHT AN DAS RECHT AUF GUTE LICHTLÖSUNGEN von Georg Lutz

Licht begleitet unseren Alltag auf eine sehr unterschiedliche Art und Weise. Das Thema ist für uns fast eine Selbstverständlichkeit. Wir sollten uns aber um die richtigen und inspirierenden Lichtlösungen mehr kümmern. Das Buch von Frank Nowicki nimmt uns mit auf eine Lichtreise. Seite 46 // bauRUNDSCHAU


VIELSEITIGE ELEKTRONISCHE ZUTRITTSLÖSUNGEN –––– SYSTEMARCHITEKTUR je nach Anforderung online, offline, funkvernetzt, Cloud-basiert und mobil. –––– SYSTEMPLATTFORM mit Türbeschlägen und -zylindern, Wandlesern, Spindschlössern, Software, Apps u. v. m. –––– SYSTEMKOMPONENTEN für Innen- und Aussentüren, automatische Türsysteme, Tore, Aufzüge, Spinde, Möbel, Zufahrten u. v. m.

G

erade wenn wir jetzt in Pandemiezeiten im Home Office arbeiten, fällt uns nicht selten auf, dass am Abend die Augen gestresst sind. Das liegt häufig an den falschen Lichtlösungen. Irgendwo an der Decke befindet sich eine unzureichende Lichtquelle und die Schreibtischlampe ist auch eher eine Scheinlösung. Allein aus diesem Grund – und es gibt noch viele mehr – ist es wichtig, sich mit dem Thema Licht zu beschäftigen. Der Titel des Buches des Lichtplaners Frank Nowicki fasst das Ziel und den Anspruch gut zusammen: «Jeder Mensch hat das Recht auf gutes SALTO Systems AG info.ch@saltosystems.com www.saltosystems.ch

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© IR Stone / iStock

Licht.» Es geht ihm darum, gerade auch Geschäftsverantwortliche für das Thema Licht zu sensibilisieren.

LICHT ALS PRÄGUNGSERLEBNIS Nowicki verbrachte seine Kindheit im Ruhrgebiet. Dort gab es noch in den Sechziger- und Siebzigerjahren spezielle Lichtstimmungen und Lichtsituationen. Fast alles war in diffuses Licht getaucht. Das ist wie bei den berühmten Gemälden von William Turner (1775 – 1851). Die Sonnenuntergänge mit den unvergleichlichen Rottönen sind beeindruckend. Die Ursache damals war ein riesiger Vulkanausbruch in Sumatra. Der Aschestaub verdunkelte den ganzen Planeten. Es gab Himmelstönungen in vielen Varianten. Bei uns heute gibt es in der Schweiz und in Süddeutschland andeutungsweise solche Situationen, wenn Saharastaub in der Luft ist und er bei Regen runtergewaschen wird. In früheren Jahrhunderten sprach man dann vom Blutregen. Zurück in das vom Kohlestaub durchdrungene Ruhrgebiet. Das Highlight des kleinen Frank Nowicki war der Abstich am Hochofen. «Mit den ersten Eisenflüssen entwickelte sich ein kräftiges Orange. Man hätte meinen können, da gehe eine

© Svetlana Mokrova / iStock

Gutes Licht gibt dem Raum seine Bedeutung wieder.

Gutes Licht schafft Lebensqualität. Das sieht man auch in der Architektursprache.

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zweite Sonne auf.» Mit diesen kindlichen Prägungen begannen die Lichtreisen von Frank Nowicki.

AUF DIE LICHTREISE Es geht aber nicht nur um persönliche Erinnerungen. Der Autor nimmt uns mit auf eine Reise in die Kulturgeschichte des Lichts. Wir bekommen so den Hintergrund im wahrsten Sinne des Wortes ausgeleuchtet, bevor wir als Leserinnen und Leser bei den neusten LED-Lösungen landen. Die heutige Screen-Generation hat nochmals ganz andere Herausforderungen beim Thema Licht zu bewältigen. Auch dies thematisiert Frank Nowicki. Es wird dann aber auch ganz praktisch, wenn es um «Bausteine für ein gutes Licht geht». Licht, dieses selbstverständliche Gut, hat den grössten Einfluss auf den Menschen und seine Umwelt. Licht ist die Quelle für einen naturnahen Tagesrhythmus, Arbeitseffizienz, Sehkomfort, tiefen Schlaf und Gesundheit. Licht ist Lebensgrundlage und steht sinnbildlich für den Anfang jeder Kultur. Auch in der Architektur ist Licht das

© www.frank-nowicki.de

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Herzstück und eine ästhetische Qualität für sich. Die gute Nachricht ist: Die technischen Voraussetzungen, um mehr Tageslicht und gutes Kunstlicht in ein Gebäude zu holen, sind längst geschaffen. Aber wir beschäftigen uns immer noch zu wenig mit dem Thema Licht. Hier kann das vorgestellte Buch Abhilfe schaffen. Frank Nowicki begibt sich auf eine informative und unterhaltsame Spurensuche, die zeigt: Oft würde ein bewusster Umgang mit Licht zu einem maximalen Mehrwert führen – in Schulen, Pflegeheimen und Krankenhäusern, in Hotels und Restaurants, in Büros und Fabriken in der Strassen- und Stadtbeleuchtung und bei jedem Einzelnen zu Hause. Gutes Licht ist der einfachste Weg, Lebensqualität spürbar zu erhöhen!

JEDER MENSCH HAT DAS RECHT AUF GUTES LICHT

GEORG LUTZ ist Chefredaktor bei bauRUNDSCHAU. www.frank-nowicki.de

von Frank Nowicki, 2020, Frank Nowicki GmbH Stuttgart Hardcover ISBN 978-3-00-064870-0 176 Seiten

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© Hydroplant AG

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Pflanzen unterstützen das Büroklima und fördern damit Gesundheit und Wohlbefinden von Mitarbeitern und Kunden.

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In einem neuen Athletikzentrum gliedert eine begrünte Chromstahl-Laube die Cafeteria in Essens- und Lounge-Bereich.

GRÜN IST DER KOMMENDE TREND RAUMBILDENDE ELEMENTE MIT PFLANZEN von Gerald Brandstätter

Noch bedient sich die Innenarchitektur verhältnismässig wenig der ausserordentlichen Qualitäten von Pflanzen. Doch die Beispiele für unkonventionelle grüne Raumlösungen nehmen ständig zu.

S

aftig grün wachsen die Pflanzen an der Chromstahl-Laube in die Höhe: Fensterblatt, Efeutute und Baumfreund, dazu gesellen sich Drachenbaum, Einbaum und Bergpalme. Umgeben von dem kleinen Urwald schlürfen Sportler entspannt ihre Shakes oder geniessen eine ganze Mahlzeit: Um in einem neuen Athletikzentrum auch eine Zone für den Austausch und zum Auftanken zu bieten, wurde dessen Cafeteria eigens von Gastrodesignern mit einem

wohnlichen Ambiente und unterschiedlichen Sitzangeboten ausgestattet. Die begrünte Chromstahl-Laube schliesslich gliedert die Cafeteria als «Raum im Raum Konzept» in Essens- und Lounge-Bereich. Doch noch mehr sorgen die Pflanzen selbst für eine entspannte und regenerationsfördernde Atmosphäre.

VIELFACHER MEHRWERT Oft werden Pflanzen nachträglich als mobile Dekoration in die Einrichtung integriert.

Doch wie verschiedene Beispiele zeigen, macht es absolut Sinn, das Grün bereits bei der Raumplanung zu berücksichtigen. Einerseits können Pflanzen die Aufgabe von Raumteilern übernehmen, als Sichtschutz oder zum Gliedern von Räumen. Sie können als Pflanzbilder unschöne Wände und Aussichten kaschieren oder Ruheinseln schaffen. Andererseits beeinflussen sie nachweislich das Wohlbefinden, die Konzentration und die Leistungsfähigkeit der Raumnutzer. Denn Pflanzen

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Die Innenarchitekten übersetzten die Firmenwerte in ein einzigartiges Raumerlebnis.

Das Grün im Büro unterstreicht auch die Identität des Unternehmens.

Der «Büro-Wald» wird als eine gesunde Arbeitsumgebung wahrgenommen.

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INNENARCHITEKTUR

wirken sich auch auf die übrigen Para­ meter des Raums aus: vom Klima über die Akustik bis hin zur Luftqualität. Schliesslich produzieren sie Sauerstoff, versetzen die Luft mit Feuchtigkeit und filtern sogar Staub und Schadstoffe. Gerade im Winter beugt eine gute Raumluft Infekten vor und mindert damit Krankheitsausfälle. Für eine optimale Luftqualität in Räumen sollte es das Ziel sein, einen optimalen Mix aus Sauerstoff und Luftfeuchtigkeit zu erhalten Dazu sind Pflanzen in der Lage. Wo eine bessere Luftqualität herrscht, muss weniger künstlich befeuchtet und weniger gelüftet werden. So ist weniger Energie für Heizung, Klima­ anlage oder Luftbefeuchter aufzuwenden. Da Pflanzen zudem den Schall mindern, können sie auch künstliche Akustikelemente ersetzen. Das sind Einrichtungselemente mit Mehrwert.

CORPORATE ARCHITECTURE

VORTEILE VON GRÜN Wie Pflanzen die Innenarchitektur aufwerten: • Schalldämpfer – mehr Ruhe und Konzentrationsfähigkeit • Luftfilter – weniger Reiz- und Schadstoffe in der Luft • Luftbefeuchter – weniger trockene Luft, damit weniger Infektanfälligkeit • Stressminderer – Anblick von Grün fördert Gelassenheit • Inspiration – Natur schafft Raum zum Denken • Identitätsstifter – als Element der Corporate Identity

GERALD BRANDSTÄTTER ist Geschäftsführer der Agentur Conzept B GmbH. www.conzept-b.ch

© Hydroplant AG

Wer in seinem Büro gleich einen ganzen Wald kultiviert, der will damit etwas vermitteln. Das Beispiel dafür stellt ein BüroLoft in einer alten Fabrik in Zürich vor: In

dem unkonventionellen Immobilienbüro entstand mithilfe der Begrünungsexperten von Hydroplant ein Abbild der grünen Firmenphilosophie – räumlich, atmosphärisch und materiell. Das Herzstück des Designs liegt im kleinen Büro-Wald beim Eingang. Wer eintritt, wird überrascht vor einer grünen Wand: Mitten auf der Bürofläche wachsen in riesigen Stahltrögen über vier Meter hohe Zimmertannen und ein Laubbaum dem Licht entgegen. Den «Waldboden» bedeckt eine grosse Vielfalt an Gräsern und Farnen. Die Inszenierung der Bergwald-Findlinge in dem Büro durch Fachplaner lässt ein echtes, authentisches Stück Natur erleben. Die Innenarchitekten übersetzten damit die Firmenwerte in ein einzigartiges Raumerlebnis, das dank Pflanzen und na­türlichen Oberflächen auch als eine gesunde wie stimulierende Arbeitsumgebung wahrgenommen wird. Die Pflanzen unterstützen hier nicht nur das Büroklima und fördern damit Gesundheit und Wohlbefinden von Mitarbeitern und Kunden, sondern unterstreichen auch noch die Identität des Unternehmens.

Hier sorgt die Begrünung für eine entspannte und regenerationsfördernde Atmosphäre.

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MUT ZUR WILDNIS NATURNAHES GÄRTNERN UND BIODIVERSITÄT von Elisa Beck

In den letzten Monaten haben wir das Gärtnern wieder als Hobby entdeckt. Statt in die Ferne zieht es uns in den eigenen Garten, den wir aktiv gestalten und erleben wollen. Die eigene Grünfläche zum Projekt zu machen, bedeutet aber auch Zurückhaltung. Die Zeiten von zentimetergenau getrimmtem Rasen und kunstvoll in Form gebrachten Hecken sind vorbei – nun gilt es, der Wildnis wieder kontrolliert Raum zu geben und die Möglichkeiten des eigenen Gartens zu geniessen. Der Balanceakt zwischen Pflege und Wildwuchs lohnt sich: Die so geschaffene Vielfalt erfreut nicht nur das Auge, sondern lockt auch Bienen, Hummeln und Schmetterlinge. Wer das Potenzial des eigenen Gartens voll ausschöpft, erschafft ein lebendiges Ökosystem, das mit Ästhetik und immer neuen Perspektiven auftrumpft.


GARTEN

DER NATUR DEN BODEN BEREITEN WIE DER GARTEN ZUM ÖKOSYSTEM WIRD von Carmen Hocker und Isabel Plana

© Benedikt Dittli / Bioterra

In unseren Gärten steckt ein riesiges ökologisches Potenzial. Wenn wir sie nicht nur als Rasenfläche oder Grillplatz nutzen, sondern naturnah bepflanzen und mit Mass pflegen, verwandeln sie sich in einen artenreichen Lebensraum – für einheimische, auch selten gewordene Pflanzenarten, für Insekten, Vögel und Kleinsäugetiere. Naturgärten tragen somit entscheidend zur Biodiversität bei und begünstigen insbesondere auch im urbanen Siedlungsgebiet die ökologische Vernetzung.1

Der Garten bietet nun vielfältige Perspektiven.

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© zVg. Amstutz, Bolligen

GARTEN

zu lassen, beginnt der Steg bereits an der Terrasse, gesäumt von üppig blühenden Stauden. Sara Stolz ist es wichtig, dass es im Garten Wege zum Wandeln gibt und Sitzplätze, um alles aus verschiedenen Perspektiven zu erleben.

HINGUCKER SCHAFFEN Entlang der Grundstücksgrenze, die unterhalb der Wasserlandschaft liegt und rund 90 Quadratmeter einnimmt, blieb die Streuobstwiese erhalten. Durch Neuansaaten konnten einheimische Wildblumen wie Wiesen-Margerite und Wiesen-Flockenblume angesiedelt werden.

© Benedikt Dittli / Bioterra

Die Rasenfläche war vorher ungenutzt.

Weil manche einheimischen Pflanzen eher unscheinbar sind, wurden dazwischen Pflanzen platziert, die durch ihre dekorative Erscheinung auch aus der Ferne wirken. Mit Schwertlilien oder einem Meer aus Margeriten gewinnt man nebst den Besitzern nämlich auch die Nachbarn für die Naturgartenidee.

ANMERKUNG 1) Dieser Artikel ist auch im Magazin Bioterra Juli/  August 2020 erschienen.

BIOTERRA

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on allein wird aus einem englischen Rasen aber kein bunt blühendes Stückchen Wildnis, jedenfalls nicht in nützlicher Frist. Um einen Naturgarten anzulegen, braucht es neben Geduld in erster Linie Fachwissen, einen Plan und am besten einen erfahrenen NaturgartenProfi. Wenn alles zusammenkommt, kann aus einer eintönigen Grünfläche ein vor Energie strotzendes Ökosystem für Mensch, Pflanzen und Tiere werden, wie das folgende Beispiel zeigt.

ARTENREICHE WASSERLANDSCHAFT Ein sonniger Hanggarten mit Blick auf Bern. Seit die Kinder aus dem Haus waren, hatte die Rasenfläche ausgedient. Die Besitzer wünschten sich stattdessen eine naturnahe Umgestaltung mit viel Lebensraum für Flora und Fauna. Sie enga-

gierten Sara Stolz, deren Gartenbauunternehmen Stolz Naturgarten von Bioterra zertifiziert ist. Um die Neigung des Geländes aufzufangen, wurden mehrere Ebenen geschaffen. Auf diese Weise fühlt sich auch der Mensch im Garten geborgener. Wo vorher eine leere Fläche war, erstreckt sich heute eine artenreiche Wasserlandschaft. Ein Teich ist nicht nur wertvoller Lebensraum für einheimische Tiere und Blickfang für den Menschen. Eine Wasserfläche ist auch pflegeleicht, da sie weder gemäht, gejätet noch gegossen werden muss.

RAFFINIERTER BRÜCKENSCHLAG Der Holzsteg über den Teich beschattet nicht nur einen Teil des Wassers, sondern ermöglicht auch das hautnahe Erleben des Elements. Um alles grosszügiger erscheinen

Bioterra ist die führende Organisation für Bio- und Naturgarten in der Schweiz und Herausgeberin des Magazins «Bioterra». Sie engagiert sich für giftund torffreies Gärtnern, für die Förderung und den Erhalt der einheimischen Tier- und Pflanzenwelt. Zu Bioterra gehören schweizweit über 60 zertifizierte Naturgarten-Fachbetriebe, die darauf spezialisiert sind, Mosaike aus ver­ schiedenen Lebensräumen zu schaffen, in denen sich Mensch, Tier und Pflanze gleichermassen zu Hause fühlen.

CARMEN HOCKER ist freie Journalistin und Gartenbloggerin.

ISABEL PLANA ist Redaktorin und Medienverantwortliche bei Bioterra. www.bioterra.ch

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GARTEN

«GRÜNE WÜSTEN SIND FÜR WILDBIENEN NUTZLOS» KLEINE HELFER IN NOT Interview mit Dr. Claudio Sedivy von Elisa Beck

Wie stark sind Wildbienen wirklich gefährdet? Warum ist Blüte nicht gleich Blüte? Und wie kann jeder Einzelne die nützlichen Insekten bei sich fördern? Der Wildbienen-Experte Dr. Claudio Sedivy gibt Antworten und Tipps, die Lust auf mehr Natur machen.

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lle reden vom Insektensterben. Gibt es in der Schweiz wirklich nur noch so wenige Insekten, speziell Wildbienen? Tatsächlich gibt es zu dieser Frage kaum wissenschaftliche Untersuchungen. Die wenigen Studien zeichnen aber ein düsteres Bild. Warum? Es sind nicht bloss viele einst häufige Arten selten geworden. Fast alle Arten haben in ihrer Anzahl stark abgenommen. Es gibt Hinweise dafür, dass die gesamte Insektenmasse seit den 70erJahren um über 70 Prozent abgenommen hat. Von den gut 700 mitteleuropäischen Wildbienenarten ist fast die Hälfte auf der Roten Liste der bedrohten Arten.

Welche Rolle spielen die Wildbienen im Ökosystem? Warum sind sie wichtig? Als vielfältige und effiziente Bestäuber übernehmen Wildbienen eine Schlüsselrolle für unser Ökosystem. Sie sorgen dafür, dass die unzähligen heimischen Wildpflanzen bestäubt werden, die dann Früchte und Samen produzieren, um sich fortzupflanzen. Ohne Wildbienen sterben schon bald viele Wildpflanzen aus, was zu einer starken Verarmung der Biodiversität führt. Welcher Bedrohung sind die Wildbienen konkret ausgesetzt? Wildbienen sind auf vielfältige und naturnahe Lebensräume angewiesen. Ein breites An-

Da Wildbienen nicht stechen, können sie in Ruhe beobachtet werden.

Seite 58 // bauRUNDSCHAU

gebot einheimischer Wildblumen bildet die Nahrungsgrundlage der Wildbienen. Viele, teils seltene Arten fühlen sich unter gewissen Umständen auch im Siedlungsraum wohl. Diese Lebensräume sind stark unter Druck. Im Landwirtschaftsraum sind es zum einen Pestizide, die die Wildbienen bedrohen. Hochgiftige Insektenvertilger wie die Neonikotinoide können Wildbienen bereits in kleinsten Dosen den Garaus machen. Genauso schädlich können aber auch Herbizide sein. Diese vernichten sämtliche «Unkräuter», die für lokale Wildbienen-­ Populationen als Nahrungsgrundlage dienen. Ein oft verkanntes Problem sind aber auch intensiv gedüngte und häufig geschnittene Wiesen. Diese werden mehr und mehr von wenigen Grasarten dominiert. Denn diese Gräser profitieren am meisten vom übermässigen Nährstoffangebot und verdrängen Blütenpflanzen wie Löwenzahn, Wiesenkerbel, Hahnenfuss und Margerite. Das Resultat sind grüne, eintönige Wüsten, die für Wildbienen und viele andere Insekten nutzlos sind. Wie ist die Situation in den Städten? Auch im Siedlungsraum, wohin viele Wildbienenarten ausweichen konnten, kommen sie unter Druck. Gartenbesitzer spritzen oft ebenfalls diverse Gifte, hacken und fräsen «Unkräuter» weg und pflanzen exotische Pflanzen wie Hortensien, Forsythien und Geranien. Für Wildbienen sind deren Blüten aber wertlos. Wichtige Kleinstrukturen wie Totholz, offene Bodenstellen und dürre Pflanzenstängel werden als hässlich und unordentlich empfunden und rigoros bekämpft. Kurz: Gifte, überdüngte Wiesen, leergeräumte Landschaften und unser Trieb, die Natur um jeden Preis «in Ordnung» zu halten, sind die grössten Bedrohungen für unsere Wildbienen.


Wie können Wildbienen gezielt gefördert werden? Hier gibt es viele Möglichkeiten. Ein vielfältiges und zahlreiches Vorkommen von einheimischen Wildblumen bildet die Ernährungsgrundlage für einheimische Wildbienen. Magere und extensiv genutzte Wiesen und Weiden, lichte und sonnige Waldränder, Brachen, aber auch naturnahe Gärten bieten ein vielfältiges Blütenangebot und sollten gefördert und geschützt werden. Auch Nistplätze müssen gefördert werden: Wildbienen nutzen je nach Art unterschiedliche Nistgrundlagen, um sich fortzupflanzen. Offene, karge und wenig genutzte Böden sind besonders wichtig für die vielen seltenen bodennistenden Arten. Morsches Holz und trockene Pflanzenstängel sind ebenfalls äusserst wertvolle Nistressourcen. Auch mit Wildbienen-Häuschen kann man über 20 Arten fördern und dort wunderbar beobachten. Chemische Pflanzenschutzmittel sollten vermieden werden. Es gibt heute für alle

Ein Insektenhotel ist leicht platziert und bietet tolle Einblicke.

Anwendungsbereiche biologische und umweltschonende Alternativen. Eine besonders wichtige und Erfolg versprechende Massnahme ist allerdings der Schutz und Erhalt naturnaher Gebiete, die von vielen Wildbienenarten besiedelt werden. Wie wirksam ist ein Insektenhotel? Viele äusserst spannende und schöne Wildbienenarten lassen sich relativ leicht auf dem eigenen Balkon in einem Wildbienen-Häuschen vermehren. Das Schöne daran: Die Wildbienen lassen sich so wunderbar beobachten. Da Wildbienen nicht

stechen und sich nicht fürs Essen interessieren, können Menschen und Wildbienen sehr gut in direkter Nachbarschaft leben. Für einige Arten bieten Wildbienen-Häuschen einen hervorragenden Ersatz für rar gewordene natürliche Niststrukturen, zum Beispiel tote Bäume.

DR. CLAUDIO SEDIVY ist Mitbegründer der Wildbiene + Partner AG. www.wildbieneundpartner.ch

AUS DER NATUR – INS DESIGN BESUCHEN SIE UNSER NATURSTEIN–CENTER Das Naturstein-Center in Hinwil bietet eine kompetente Beratung des gesamten Sortiments, welches auch Granit, Marmor, Kalkstein und den Bollinger Sandstein einschliesst. Widerstandsfähig, klassisch und gut kombinierbar bietet der Stein viele Gestaltungsmöglichkeiten. Erschaffen für die Ewigkeit – Müller Naturstein

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GARTEN

Bienen wissen genau, was sie wo finden.

In blühenden Katzenminzen summt es den ganzen Tag.

MIX & MATCH BLUMIGE VIELFALT FÜR DEN GARTEN von Caroline Zollinger

Mit dem Frühling erwacht die Lust am Gärtnern. Die Zeit ist reif für Projekte im Freien. Ein neues Blumenbeet bringt nicht nur Farbe und Abwechslung, sondern lockt auch Bienen, Hummeln und Schmetterlinge in den Garten. Blütenzauber im Garten erfreut nicht nur die Besitzer. Seite 60 // bauRUNDSCHAU


GARTEN

terschiedliche Insektenarten an. So scheinen die Hummeln dem Nektar des Fingerhuts ganz besonders zu verfallen, während Bienen und Schmetterlinge gerne mit dem Steppensalbei (Salvia nemorosa) einen Flirt eingehen. Wer in der Gärtnerei spezifisch danach fragt oder sich nach dem Insektenpflanzen-Label von JardinSuisse umschaut, geht sicher, dass die gekauften Pflanzen für die Insektenwelt besonders wertvoll sind. Zwei empfehlenswerte Blumenbeete sollen hier exemplarisch für die vielfältigen Möglichkeiten von Pflanzenkombinationen stehen und jeden auch noch so kargen Garten in ein kleines Blütenparadies verwandeln.

DER HINGUCKER FÜR DEN VORSOMMER Für halbschattige bis sonnige Standorte eignet sich eine Kombination aus Fingerhut, Schafgarbe, Wolfsmilch und Steppensalbei. Der Fingerhut ist mit seiner aufrechten Wuchsform das blühende Rückgrat des Beetes, während die tellerförmigen Blüten der Schafgarbe die Horizontale betonen. Wolfsmilch und Steppensalbei schliessen das Beet mit ihrem niedrigen Wuchs nach vorne hin harmonisch ab. Ein bunt durchmischtes Konzept, das im Frühsommer seinen Höhepunkt hat.

DEN SOMMER MIT ZARTEN FARBEN ZELEBRIEREN

Pfauenaugen suchen sich gerne Blüten aus, die eine prima Landefläche bieten.

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in gelungenes Gartenbeet fasziniert mit wechselnden Blütenkombinationen und einer harmonischen Abstufung zwischen niedrigen und hochgewachsenen Pflanzen. Doch wie entsteht eine solche Rabatte, die ihren ganz eigenen Charme ausspielt und für ein ausgewogenes, dynamisches Bild sorgt? Die nicht nur uns gefällt, sondern auch bei Hummeln, Bienen und Schmetterlingen Anklang findet? Auf der Suche nach Pol-

len und Nektar schwärmen diese aus – und werden nicht nur in der Natur, sondern auch auf Balkonen und in Gärten fündig. Voraussetzung sind vielfältige Bepflanzungen mit einem breiten Blütenangebot. Ein besonderes Insektenmagnet ist ein bunter Mix aus Früh- und Spätblühendem, aus einjährigen Saisonpflanzen und mehrjährigen Blütenstauden. Ob Strauchbasilikum oder Ringelblume, ob Schafgarbe oder Storchenschnabel: Jede Pflanze zieht un-

Ein Pflanzkonzept, das mit seiner Fülle an verschiedenen Blütenformen den Sommer auf den Punkt bringt. Es ist ein Mix aus Einjährigen wie Schmuckkörbchen und Patagonischem Eisenkraut, kombiniert mit mehrjährigen Blütenpflanzen wie Katzenminze, Prachtkerze und Lavendel. Die Komposition mit Fokus auf sanftes Rosa und Hellblau blüht von Juli bis September pausenlos durch. Nebst den Farben ist es auch der Duft des Lavendels, der den Garten bereichert und einen Hauch von Südfrankreich mit sich bringt.

CAROLINE ZOLLINGER ist Autorin für JardinSuisse. www.ihr-gaertner.ch

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GARTEN

TECHNIK IM GARTEN DIE STILLEN HELFER von Francisca Sommer

Pflanzen sind die Seele des Gartens. Sie verleihen dem Garten Flair und machen das Wohnzimmer unter freiem Himmel erst komplett. Neben dem Standort ist die Pflege die Grundlage für gesunde und starke Pflanzen. Hierfür gibt es bereits unzählige technische Möglichkeiten, die bei der Pflege des Freiluftwohnzimmers wertvolle Arbeit leisten, sodass mehr Zeit für Erholung bleibt.

Der Mähroboter erreicht selbstständig jede Ecke des Gartens.

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as Smartphone ist aus unserem Alltag kaum mehr wegzudenken. Längst wird das kleine Gerät für mehr als nur zur Unterhaltung genutzt und hat sich zu einem regelrechten Alleskönner entwickelt. Es überrascht also nicht, dass wir unsere Handys auch für unseren Haushalt nutzen wie beispielsweise für das Einstellen des Saugroboters, das Dimmen von Licht oder das Schliessen der Rollläden. Wenig bekannt ist jedoch, dass auch viele Helfer im Garten über ein paar Klicks gesteuert und gar miteinander kombiniert werden können. Das Zusammenspiel zwischen Natur und Technik verwandelt einen gewöhnlichen Garten in einen smarten

Seite 62 // bauRUNDSCHAU

Garten und unterstützt Gartenbesitzer­ innen und Gartenbesitzer bei den unterschiedlichsten Arbeiten.

DAS GEHÖRT IN DEN SMARTEN GARTEN Der Mähroboter gehört wahrscheinlich zu den bekanntesten technischen Helfern im Garten. Ein Begrenzungskabel zeigt dem Roboter genau an, in welchem Bereich er sich bewegen soll. Durch die Einstellung der Betriebszeit arbeitet der Automower dann, wenn der Garten nicht genutzt wird und trägt durch den regelmässigen Schnitt ausschlaggebend zur Rasenqualität bei – und das ganz unabhängig, ob man zu Hause ist

oder nicht. Natürlich lässt sich die Mähzeit auch auf die Bewässerung abstimmen. Eine Bewässerungsanlage versorgt Pflanzen jederzeit mit der optimalen Menge Wasser und kann ebenfalls bequem über das Smartphone programmiert werden. Besonders eine neue Bepflanzung braucht viel Pflege, bis die Wurzeln zum tiefer gelegenen Wasser reichen. Bei der automatischen Bewässerung kann nicht nur der Zeitpunkt, sondern auch die Wassermenge individuell auf jeden Gartenbereich eingestellt werden. Ein smarter Garten arbeitet aber nicht nur mit einer Zeitschaltuhr, sondern mit unterschiedlichen Informationen, welche das


GARTEN

System beschliessen lässt, ob nun bewässert werden soll. Bodenfeuchtesensoren und Wetterprognosen sind wichtige Entscheidungsfaktoren für einen smarten Garten, um Ressourcen möglichst schonend einzusetzen. Eine weitere Möglichkeit, Ressourcen zu sparen, ist die Regenwassernutzung. Der Einbau eines Tanks ist oberirdisch sowie unterirdisch möglich, wobei das Wasser nicht nur im Garten, sondern auch im Haus für die WC-Spülung, die Waschmaschine oder zu Reinigungszwecken eingesetzt werden kann. Zudem ist kalkfreies Regenwasser das beste Giesswasser und schont alle angeschlossenen Geräte, weshalb das Zusammenspiel zwischen Regenwassernutzung und automatischer Bewässerung für gesunde und starke Pflanzen die perfekte Grundlage bietet.

BELEUCHTUNGSKONZEPT FÜR GÄRTEN BEI NACHT Verschwindet die Sonne am Horizont, muss nicht auch der Garten grau erblassen. Mit

einem Lichtkonzept können Bereiche im Garten in Szene gesetzt werden und neue, raffinierte Sichtbeziehungen entstehen lassen. Die Beleuchtung von Bäumen, Mauern und Wegen verwandelt den Garten oder die Terrasse bei Nacht in einen völlig neuen Raum. Besonders Wasser reflektiert Licht auf eine einzigartige Weise und verwandelt Pools und Wasserspiele zu magischen Anziehungsorten im Dunkeln.

PLANUNG UND EINBAU DER TECHNIK Um jeden Bereich des Aussenwohnraums ideal zu pflegen, muss die Technik genau geplant werden. Viele einzelne Komponenten müssen bei einem smarten Garten zusammenspielen, sodass ein optimales Resultat erzielt werden kann. Der Einbau der Gartentechnik ist besonders während der Planungsphase bei Neuanlagen und Umänderungen sinnvoll, da die baulichen Massnahmen auch gleich für den Einbau mitgenutzt werden können und der Arbeits-

Kleine Helfer lassen sich leicht im Garten verstecken.

aufwand und somit die Kosten geringer sind. Natürlich können die Gartenhelfer auch nachträglich eingebaut werden. Unabhängig von der Grösse des Gartens sind technische Helfer überall einsetzbar. Für Pflanzen in Trögen, wie sie oftmals auf Terrassen vorzufinden sind, ist eine Bewässerungsanlage sehr wertvoll, denn durch die schnellere Verdunstung und den begrenzten Platz brauchen diese Pflanzen gerade an heissen Sommertagen sehr viel Wasser. Deshalb sollte nicht entschieden werden, ob Technik zum Einsatz kommt, sondern welche Technik die passende ist.

FRANCISCA SOMMER ist Leiterin Kommunikation von GardenTec. www.gardentec.ch

Die passende Bewässerung ist wichtig für das Gedeihen der Pflanze.

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BAUEN

URBANISIERUNG UND ENERGIEWENDE DEN BESTAND BESSER NUTZEN von Elisa Beck

Der Klimawandel ist so real wie nie. Immer mehr Menschen leben in Städten, die Urbanisierung schreitet voran. Darum ist dieser Bereich besonders gefordert: Schliesslich sind unsere Bauten für knapp ein Viertel der CO2-Emissionen verantwortlich. Im Schlepptau des Klimawandels drohen Ressourcenknappheit und der Verlust der biologischen Vielfalt – hier ist ein Umdenken dringend nötig. Viele Antworten sind im Einsatz neuer Technologien und digitaler Lösungen zu erkennen. Auch lokale Materialien und erneuerbare Energien finden grossen Anklang. Während Neubauten so immer effizienter und «grüner» werden, wird das Potenzial des Bestandes weiterhin unterschätzt. Wie dieses aussieht und welche Herausforderungen die Umsetzung mit sich bringt, zeigen die folgenden Seiten.

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BAUEN

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REGENERATIV IST EIN MUSS DIE STADT VON MORGEN NACHHALTIG GESTALTEN von Dr.-Ing. Jan Wurm

Die Urbanisierung schreitet mit hohem Tempo voran. Nach Prognosen der UN werden 2050 rund zwei Drittel aller Menschen in Städten leben – 2.5 Milliarden mehr als heute. Doch angesichts von Klimawandel, Ressourcenknappheit und dem Verlust der biologischen Vielfalt muss dringend ein Umdenken bei der Gestaltung der gebauten Umwelt stattfinden. So wie bisher, da sind sich alle Experten einig, kann in Zukunft nicht mehr gebaut werden. Wir brauchen einen Paradigmenwechsel – und zwar dringend.

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erstärkt durch die Klimabewegung hat zwar ein Umdenken und teilweise auch ein Umlenken begonnen. Allerdings reicht es nicht aus, weniger umweltschädlich zu bauen und damit die negativen Auswirkungen zu minimieren. Wenn wir unsere Ökosysteme erhalten und stärken wollen, müssen wir den menschlichen Lebensraum als Teil des natürlichen Lebensraums begreifen. Erst dann entsteht ein ökologischer Gewinn. Damit dies gelingt, sollten wir weniger in kurzfristigen Renditen und stärker in ökologischen Mehrwerten denken. Dies erfordert eine noch stärkere interdisziplinäre Zusammenarbeit. Neben umfangreichem Wissen aus Umwelt-, Ingenieur- und Naturwissenschaften stehen uns dabei vermehrt auch digitale

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Tools zur Verfügung, mit denen wir die Wechselwirkungen mit dem Ökosystem bereits in der Entwurfsphase eines Gebäudes simulieren können.

STÄDTE LEBENSWERTER GESTALTEN Das Architekturforschungslabor Animalesque schlägt neue Wege des Denkens und Planens vor, die uns helfen, ein artenübergreifendes Zusammenleben auf der Grundlage von Gegenseitigkeit anstelle von Dominanz und einseitiger Ausbeutung zu etablieren. Dieser Ansatz wird bereits von einigen Planern bei Quartiers- und Projektentwicklungen umgesetzt. So skizziert die Konzeption für das neue Schumacher-Quartier auf dem Areal des ehe-

maligen Flughafens Tegel in Berlin, wie Brut- und Nistplätze für Vögel integriert werden können. Das Modellvorhaben orientiert sich an dem Konzept des «AnimalAided Design», das die Bedürfnisse einer Vielzahl von regionalen Tierarten, wie Nachtigall, Haussperling, Turmfalke oder Fledermaus, in die Planung von Freiräumen, Freiflächen, Fassaden und Dächer integriert. Die fortschreitende Urbanisierung hat zu einem dramatischen Verlust der biologischen Vielfalt geführt. Laut aktueller Studien ist bereits ein Drittel aller Insektenarten vom Aussterben bedroht. Architekten, Ingenieure und Stadtplaner sind hier gleichermassen gefordert, mit neuen Ansätzen gegenzusteuern, die natürliche Systeme in


BAUEN

Komplettiert wird das Gesamtkonzept der Masdar Plaza durch unterirdische Wasserspeicher, Gemüse- und Früchteanbau auf den Dächern, 100 Prozent Recycling sowie effiziente Wassernutzung und -aufbereitung. Insgesamt also ein Planungsansatz, von dem die gebaute und die natürliche Umwelt profitieren.

PILZE ALS ZIEGEL VON MORGEN

den Vordergrund stellt. Im Prinzip geht es darum, die Lebensräume von Menschen, Tieren und Pflanzen wieder als ein zusammenhängendes Ökosystem zu verstehen. Regeneratives Design kann hier Wege aufzeigen, wie das komplexe Konstrukt Stadt wieder in die ökologische Balance kommt. Der Schlüssel zu einer regenerativen Stadtgestaltung liegt in der disziplinenübergreifenden Kollaboration und Kooperation – nicht nur zwischen Architekten, Designern und Ingenieuren, sondern auch mit Ökologen und Wissenschaftlern.

DIE FRAGE NACH DER LEISTUNGSFÄHIGKEIT Es geht nicht darum weniger, sondern anders zu bauen: weg vom ressourcen-

intensiven Bauen und hin zu regenerativem Bauen. Dabei soll die gebaute Umwelt so gestaltet werden, dass sie sich gemeinsam mit dem sie umgebenden, natürlichen Lebensraum entwickelt. Ein beeindruckendes Beispiel hierfür ist die vom Architekturbüro LAVA entwickelte Vision für die Masdar Plaza in Abu Dhabi. Um das 31’000 Quadratmeter grosse Stadtzentrum trotz des Wüstenklimas ganzjährig für die Bewohner nutzbar zu machen, wurde angedacht, das Herzstück der Öko-City mit 50 innovativen Solar-Sonnenschirmen zu versehen. Sie sollen den Platz nicht nur verschatten und kühlen, sondern mit den an ihrer Oberseite angebrachten Solarpanelen die Energie für die angrenzenden Gebäude erzeugen.

Der Einsatz von Biomaterialien kann bei der Entwicklung regenerativer, urbaner Ökosysteme einen wichtigen Beitrag leisten. Der stetig steigende Marktanteil des Holzbaus zeigt, dass Investitionsentscheidungen zunehmend vom Leitbild der Klimaneutralität beeinflusst werden. Die holzverarbeitende Industrie bezieht ihre Ressourcen zu einem grossen Teil aus Wäldern, die in Monokultur bewirtschaftet werden und durch den Klimawandel, Umweltbelastungen und vielerorts auch durch Schädlingsbefall geschwächt sind. Um die Regenerationsfähigkeit der Wälder zu verbessern, ihre ökologische Funktion als CO2-Senke und Habitat vieler Pflanzen- und Tierarten zu stärken, müsste nach Meinung vieler Forstwissenschaftler trotz steigender Nachfrage der forstwirtschaftliche Nutzungsdruck gesenkt werden. Dies wird nur mit einem deutlich geringeren Holzeinschlag möglich sein. Deshalb ist es wichtig, die Nutzung von anderen Biomaterialien, die aus schnell wachsenden Pflanzen und organischen Abfällen lokal gewonnen werden, zu erforschen. Gemeinsam mit David Benjamin und Ecovative haben wir 2014 mit der Installation des Hy-Fi-Tower in Brooklyn das Potenzial von Pilz-Mycelium aufgezeigt. Der 15 Meter hohe Turm wurde aus 10’000 Mushroom-Bricks gefertigt. Durch die Kultivierung mit Pilz-Mycelium konnten landwirtschaftliche Abfälle in wenigen Tagen zu Bausteinen verfestigt werden. Dichte, Festigkeit und Steifigkeit lassen sich bei der Fabrikation gezielt beeinflussen. Restund Abfallstoffe aus den Zyklen urbaner Lebensräume können so Grundlage für urbane Bio-Loops und eine regenerative Baukonstruktion werden.

DR.-ING. JAN WURM ist Leiter von Research & Innovation Europe bei Arup. www.arup.com

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Eine unverbindliche Zweitmeinung sorgt für das Optimum.

DER DOUBLECHECK DER BAUPLANUNG EINE UNVERBINDLICHE ZWEITMEINUNG MIT MEHRWERT von Georg Lutz

Wenn ein Konzept zum Innenausbau der eigenen Immobilie eines Anbieters vorliegt, bereitet sich oft das Gefühl von Sicherheit und Zufriedenheit aus. Das kann täuschen. Im Rahmen des Innenausbaus verlässt sich der Bauherr natürlich auf den Profi, aber nichtsdestotrotz lohnt es sich, eine unverbindliche Zweitmeinung einzuholen. Allenfalls können die Baupläne zu Ihren Gunsten optimiert werden – auch im Hinblick auf eine Wertsteigerung der Immobilie. Im folgenden Beitrag präsentieren wir eine Lösung von Patric Simmen.

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ie Situation beim Facharzt ist bekannt. Patienten stehen vor schwierigen Entscheidungen, die ihre Gesundheit und den Krankheitsverlauf betreffen. Eine ärztliche Zweitmeinung ist hier fast schon übliche Normalität. Leider ist dies in der Baubranche noch viel zu wenig der Fall.

es, genau hinzuschauen. Diese Arbeit kann man dem Endkunden nicht abnehmen. Wenn die Zweitmeinung mit wenig Aufwand und unseriös durchgeführt wird, kann es zu «Duplicated Content», sprich, einer schlichten Kopie, kommen. Das ist natürlich auch nicht Sinn und Zweck der Geschichte.

Auch ein Immobiliengeschäft, ob Neubau oder Renovierung, ist kein Vorhaben, welches man nebenbei erledigt. Im Gegenteil, es ist ein langer Prozess mit unterschiedlichsten Stolpersteinen. Es braucht eine gründliche Vorbereitung und professionelle Beratung. Zudem ist ein Immobiliengeschäft noch mit emotionalen Gefühlen belastet. Es geht ja nicht selten um die eigenen vier Wände. Eine unabhängige Zweitmeinung, kann hier Schwierigkeiten minimieren, echte Vorteile erzielen und neue Potenziale schaffen.

Das Kerngeschäft der SimmenGroup besteht in der Projektierung von ästhetisch, qualitativ und funktional erstklassigen Immobilien. Als zweiter zentraler Schritt steht die Realisierung, dieser anspruchsvollen und komplexen Vorhaben auf der Agenda. Der Vorgang gleicht auf den ersten Blick einem perfekten Zusammenspiel verschiedenster Spezialisten. Hier tut sich oft aber ein Theorie-Praxis-Gap auf. Das wissen auch die Verantwortungsträger der SimmenGroup, die an diesem Punkt aber genau ihre Kompetenzen in die Waagschale werfen können.

Das Einholen einer Zweitmeinung führt aber leider nicht automatisch zu einem besseren Ergebnis. Das Ringen der Experten kann für Kunden auch ermüdend sein. Auch hier gilt

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THEORIE-PRAXIS-GAP

EIN MODUL UND SEINE VORTEILE Diese Kompetenzen spiegeln sich im zentralen Arbeitsmodul der SimmenGroup.

Dabei ist der «DoubleCheck by Patric Simmen», ein Service der SimmenStyle AG, welche den Kunden eine unverbindliche Zweitmeinung zu den bestehenden Grundriss-Plänen bietet. Ein gutes Beispiel liefert der oben abgebildete Vergleich. In diesem Rahmen prüft Patric Simmen die Projektunterlagen anderer Anbieter, gleicht sie mit einer detailliert erstellten Analyse aller Bedürfnisse der Bauherrschaft ab und unterbreitet substanzielle Optimierungsvorschläge. In dieser Angelegenheit nimmt sich Patric Simmen persönlich Zeit, um die Bedürfnisse sowie die Rahmenbedingungen mit den Kunden zu besprechen. Nicht selten können Innenausbauten durch diverse kleine Anpassungen am Grundriss optimiert werden, sodass die Wohnräume in einem sinnvollen Verhältnis zueinanderstehen. Wie im folgenden Bild zu sehen, konnten somit vier kleine Wohnungen in wahre Wohnoasen umgewandelt werden. Die vergrösserten Terrassen und dynamisch geschnittenen Räume tragen entscheidend zum neuen Lebens- und Wohngefühl bei.


BAUEN

Kleine Änderungen können grosse Wirkungen erzielen.

Am Beispiel der hervorgehobenen Wohnung bedeutet das: Der neue Schnitt ermöglicht von zwei Räumen gleichzeitig den Zutritt zum erweiterten Aussenbereich. Die Schlafzimmer erhalten zusätzlich ihren eigenen, abgetrennten Bereich, ohne den offenen Schnitt der Wohnung zu beeinträchtigen. Stattdessen entsteht ein kleiner Eingangsbereich, wo vorher bereits die Küchenzeile begann. Die Kochinsel wird weiter in den Wohnbereich hinein platziert, sodass Kochen und Wohnen fliessend ineinander übergehen. Die Küche wird in den Alltag integriert und bietet ausreichend Platz, beim Kochen zu interagieren. Auch das zusätzliche Bad, das vorher an ein separates Zimmer angeschlossen war, kann nach dem Umbau durch seine neue Lage direkt vom Wohnbereich aus betreten werden. Das Arbeiten mit Grundrissen ist die wichtigste Arbeitsgrundlage, um zu besseren Ergebnissen zu kommen. Aus diesem Grund werden die bereits vorhandenen Pläne ein zweites Mal angeschaut. Das Ziel besteht darin, einen überarbeiteten Vorschlag mit einer optimierten Variante anzubieten.

Hindernis im Raum, obwohl die Kosten vergleichsweise sehr gering sind. Das gilt insbesondere für einen Neubau. Hier können alle Einheiten schnell «doublegecheckt» werden. Bei einem Umbau geht es oft auch um Wände, die rausgerissen werden. Aber man baut ja, um funktionableres und schöneres Wohnen zu erreichen. Es gilt: Der Service an sich ist günstig. Die Kosten für den entsprechenden Umbau stehen dann auf einem anderen Blatt. Es gilt, sie aber im Auge zu behalten.

UNTERSCHIEDE AUFZEIGEN

Die Schlafzimmer versetzen die Lösungen von Patric Simmen in den oberen rechten Bereich. Im Rahmen der früheren Lösung

Springen wir in die Praxis. Zunächst steht für den Kunden ein Preisschild als

An welchen Beispielen kann man die Vorteile einer Zweitmeinung konkret aufzeigen? Nehmen wir eine klassische Terrasse, die meist nur von einem Zimmer und einer Seite zu erreichen ist. In der neuen Version kann man sie von mehreren Zimmern erreichen und sie ist jetzt auch grösser. Das ist eine echte Verbesserung der Wohnqualität. Auch das Zusammenspiel von Küche und Wohnzimmer lässt sich optimieren. Die Küche ist ja heute kein reiner Funktionsraum mehr. Durch eine neue Aufteilung ist das Ensemble Küche in die Länge gezogen und wirkt grösser und auch heller.

gelangte man vom Wohnzimmer / Esszimmer direkt in die Schlafräume – das ist nach dem DoubleCheck nicht mehr so. Zudem gibt es einen Ankleideraum und mehr Platz für Schränke. Das ist ein gutes Beispiel für die Erarbeitung eines optimalen Grundrisses, der nicht nur die Wohnqualität enorm verbessert, sondern auch sichere Einnahmequellen durch langfristige Mieter ermöglicht. Das ist für Investoren ein relevanter Punkt. Nach dem Doublecheck waren die Wohnungen bereits vor der Fertigstellung vermietet. Das wäre beim Original sicher nicht der Fall gewesen.

INVESTITION IN DIE ZUKUNFT Für den Eigentümer ergibt sich durch das Zweitgutachten eine wesentliche Erhöhung des Verkaufspreises, da Wohnfläche dazugewonnen werden konnte. Das Objekt wandelt sich so auch zu einer zukunftssicheren Wertanlage. Für den Vermieter ergeben sich höhere Mieteinnahmen sowie eine hohe Wahrscheinlichkeit auf langfristige Vermieterlösungen. Für die Bewohner ergibt sich durch die neue Raumteilung mehr Wohnkomfort und somit eine verbesserte Lebensqualität. Das nennt man eine echte Win-win-Situation.

SimmenStyle AG | Zentrum Staldenbach 1 | CH-8808 Pfäffikon | Tel.: +41 (0) 44 728 90 20 | info@simmengroup.ch | www.simmengroup.ch

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© Schweizer Solarpreis 2020

BAUEN

EIN EINGESPIELTES TEAM SONNE UND HOLZ von Michael Meuter

Solares Bauen – Solararchitektur und Holzbau sind ein erfolgreiches Doppel – das zeigt sich Jahr für Jahr bei der Verleihung der Schweizer Solarpreise. Warum das so ist, erklärt einer der Pioniere des Bauens mit Holz und Solartechnik in der Schweiz.

329-Prozent-Einfamilienhaus Moosweg in Riehen, 2019; Architektur: Felippi Wyssen Architekten; Holzbau: PM Mangold Holzbau AG.

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ie Schweiz will bis 2050 klima­neutral sein. Wenn man sich vor Augen führt, dass Bauten bei uns noch immer für knapp einen Viertel der CO2-Emissionen verantwortlich sind, bleibt der Gebäudebereich weiterhin gefordert, seinen Treibhausgas-Ausstoss zu reduzieren. Holz hat dabei einen Heimvorteil: Denn jeder Kubikmeter Holz bindet ungefähr eine Tonne atmosphärisches CO2. Verbautes Holz wirkt also als CO2-Senke. Der Einsatz von Holz anstelle anderer Baustoffe vermeidet gleichzeitig deren CO2-Emissionen; das entlastet das Klima gleich noch einmal. Zudem steckt in Holz im Vergleich zu anderen Materialien sehr wenig graue Energie: Die «Herstellung» von Holz übernimmt der Wald als «Solarfabrik», und Ernte und Verarbeitung erfolgen ausgesprochen energiearm. Die graue Energie

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reduziert sich aufgrund kurzer Transportwege noch mehr, wenn das verbaute Holz aus lokaler Produktion stammt. Mit Blick auf das Ziel der Dekarbonisierung steht die Nutzung erneuerbarer Energien im Vordergrund – vor allem der Sonnenenergie. Ein Quadratmeter Erde empfängt in der Schweiz jedes Jahr etwa 1 000 Kilowattstunden Sonnenenergie – das entspricht etwa 100 Litern Öl. Geeignete Schweizer Hausfassaden könnten schätzungsweise rund 17 Terawattstunden Solarstrom pro Jahr erzeugen. Zusammen mit den Dächern beträgt das ausschöpfbare Solarstrompotenzial der Schweizer Gebäude rund 67 Terawattstunden pro Jahr. Die gebaute Realität hinkt dem gewaltig hinterher: 2019 waren Solarpanels mit einer Leistung von etwa 2.5 Gigawatt installiert, die knapp vier Prozent des Strombedarfs

der Schweiz abdeckten. Das solare Bauen hat also in der Schweiz noch sehr viel Luft nach oben.

NOTORISCHE SPITZENKOMBI Um das zu ändern, braucht es mehr Wissen über gebäudeintegrierte Solartechnik bei Eigentümern und Planern. Und vor allem gute Beispiele. Dass Solarenergie am Bau zu Spitzenleistungen fähig ist, zeigt Jahr für Jahr der Schweizer Solarpreis. Bereits zum elften Mal wurden dabei im Herbst  2020 auch der PlusenergiebautenSolarpreis und der Norman Foster Solar Award für besonders gelungene Plusenergiebauten vergeben – Gebäude also, die mehr Energie erzeugen, als sie selber verbrauchen. Beim Norman Foster Solar Award sind es 2020 gleich zwei Holzbauten, die einen Preis davontragen. Das Plus­


BAUEN

energie-Einfamilienhaus Brunner-Bapst in Waltensburg kommt auf eine Eigenenergieversorgung von sage und schreibe 817 Prozent – das ist ein neuer Rekord unter den Schweizer Solarpreisen und den Plus­energie-Awards. Das perfekt dachintegrierte Photovoltaiksystem mit 48 kW Leistung produziert 40’200 kWh Strom pro Jahr. Dank guter Dämmung, effizienten Haushalts­geräten und LED-Beleuchtung beträgt der Gesamtenergieverbrauch des Hauses dagegen nur 4 900 kWh / a. Der Plus­energie-Holzbau Moosweg in Riehen  – ebenfalls ein Einfamilienhaus – zeigt das funktionierende Zusammenspiel von Architektur und Nachhaltigkeit. Eine voll­flächig dachintegrierte, 20.8 kW starke Photo­ voltaikanlage erzeugt jährlich 21’500 kWh Strom. Der Strombedarf des Einfamilienhauses liegt bei 6 500 kWh pro Jahr. Dar-

aus resultiert ein jährlicher Solarstromüberschuss von 15’000 kWh oder ein 329-Prozent-­Plus­energie­haus. Im Gegensatz zu vielen Bauten, bei denen sich die Photovoltaikelemente hinter Kaschierungen aller Art verbergen, werden hier ihre Vorzüge als architektonische Komponente klar artikuliert.

NACHHALTIGKEITSBEWUSSTSEIN Warum sind es immer wieder Holzbauten, die auf dem Solarpreis-Podest stehen? Der Zürcher Architekt Beat Kämpfen ist einer der Pioniere des nachhaltigen Bauens in der Schweiz: Seit 20 Jahren kombiniert er Solartechnik und Holzbau in konsequenter Weise. Er verweist auf die zentrale Rolle der Bauherrschaft. «Es ist eine Frage der Mentalität», betont Kämpfen. «Wer solar baut, bezieht seine Motivation

aus einem ausgeprägten Umweltbewusstsein. Eine Bauherrschaft, die so tickt, weiss auch, dass die Grauenergiebilanz beim Holzbau hervorragend ist. Es sind aber auch Leute, die das gute Wohnklima im Holzbau zu schätzen wissen.» Die Nutzung der Sonnenenergie setzt allerdings den konsequenten Einsatz von Technik voraus. Diese muss sich im Erscheinungsbild eines Hauses zeigen. Fördert das nicht Bauten, die Funktion über Ästhetik stellen? Kämpfen winkt ab. Er hält nichts von der in Architekturkreisen oft erhobenen Klage, Solartechnik schränke die Gestaltungsfreiheit übermässig ein. «Man muss die verwendete Technik in einem frühen Stadium in die Gestaltung einbeziehen, das ist richtig», führt der Architekt aus. «Aber ihre Betrachtung als reiner Störfaktor greift zu kurz. Wie kann ich neue

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© Kämpfen Zinke + Partner AG

BAUEN

126-Prozent-Mehrfamilienhaus Segantinistrasse, Zürich-Höngg, 2019; Architektur: Kämpfen Zinke + Partner AG; Holzbau: Hector Egger Holzbau AG.

technische Materialien für eine spannende Gestaltung einsetzen? Das ist die eigentliche Frage.» So hat Kämpfen zum Beispiel bei seinem ersten Nullenergie-Mehrfamilienhaus «Sunny Woods», das 2001 in Zürich-Höngg als viergeschossiger Holzbau entstand, die Röhren der Vakuumkollektoren kurzerhand zum Balkongeländer gemacht. Gestalterisch, so Kämpfen, verfügten die Architektinnen und Architekten heute besonders bei der fassadenintegrierten Photovoltaik über eine enorme Vielfalt an Möglichkeiten. Bei den Solarelementen sei mittlerweile eine fast beliebige Farbgebung möglich.

VON KOPF BIS FUSS Was das wert ist, zeigt Beat Kämpfens neustes Mehrfamilienhaus an der Segantini­ strasse in Zürich-Höngg: Photovoltaikzellen auf dem Dach und rings ums Haus machen den Minergie-P-Holzbau, der übrigens zu den Solarpreisgewinnern 2019 gehört, zu einem 126-Prozent-Plus­energie­haus. Es ist als Eigenverbrauchsgemeinschaft

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organisiert. So kann der selbst produzierte Strom direkt an die Bewohner geliefert werden. Die Holzbauweise minimierte die graue Energie ebenso wie die Bauzeit. Die ausgezeichnete Dämmung hält die Wärme im Winter im Haus; die grossen Fenster helfen mit, die Sonne passiv zu nutzen. Der Steinboden im Wohn- und Essbereich speichert diesen Energieeintrag. Erdsonden und Wärmetauscher holen zusätzlich auch Wärme aus dem Erdreich. Die Fassade des gesamten Gebäudes – auch die Balkonschicht, die zugleich als konstruktiver Sonnenschutz dient  – ist mit vier Typen von Photovoltaikmodulen eingekleidet, die in der Summe eine Leistung von 67 kWp erzielen. Vertikal sind die Module versetzt angeordnet. Im Balkongeländer sind sie um 90 Grad gedreht. Aus einiger Distanz betrachtet, erscheint die solaraktive Fassade in einer einheitlichen Farbe, die sich je nach Einfallswinkel des Lichts verändert. In Tat und Wahrheit jedoch handelt es sich um ein aufgedrucktes Karomuster,

bei dem nur jedes zweite Quadrat zugunsten einer optimalen Energieausbeute ganz schwarz ist. Insgesamt sinkt durch diesen gestalterischen Kniff der Effizienzgrad der Module um etwa 18 Prozent – doch das Gesamtkonzept ist tragfähig genug, um den aus gestalterischen Gründen bewusst in Kauf genommenen Verlust aufzufangen. Dieses Mehrfamilienhaus ist buchstäblich von Kopf bis Fuss auf Sonne eingestellt – ohne in einen technoiden Gestus zu verfallen. Es kann damit ebenso Vorbildwirkung entfalten wie die beiden mit grosser Sorgfalt und Klarheit gestalteten Preisträger 2020 des Norman Foster Solar Award.

MICHAEL MEUTER ist Verantwortlicher Information von Lignum, Holzwirtschaft Schweiz in Zürich. www.lignum.ch


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KOLUMNE

DER BESTAND IST EIN SCHLAFENDER RIESE von Lena Raizberg

W

Ohne zusätzliche Anstrengungen lassen sich die Klimaziele bis 2050 nicht erreichen. Hoffnung machen die Konjunkturpakete der Regierungen in der EU, aber auch die Förderungen in der Schweiz. Wenn wir diese Mittel konsequent in die Zukunft unserer Städte und die Transformation unserer Wirtschaft investieren, kann die aktuelle Corona-Krise den Weg in die Klimaneutralität beschleunigen. Die entsprechenden technischen Lösungen sind vorhanden. Wichtig ist, dass die Massnahmen jetzt rasch umgesetzt werden.

© Ulrich Rossmann

ährend sich die Klimaziele im Neubau vergleichsweise einfach erreichen lassen, stellen sie im Bereich des Bestandes, der rund 90 Prozent der Gebäude ausmacht, eine grosse Herausforderung dar. Wie also kann der Spagat aus Energieeinsparung, CO2-Reduzierung, Ressourcenschonung und Qualitätssteigerung in der Bestandssanierung gelingen? Im Folgenden geht es in erster Linie um die Situation in Deutschland. Sie lässt sich aber auch auf die Schweiz übertragen.

Ein wesentlicher Hebel zur CO2-Reduzierung ist der rund 22 Millionen Gebäude umfassende Bestand. Obwohl NichtWohngebäude mit 2.7 Millionen zahlenmässig nur einen kleinen Teil des Gebäudebestandes ausmachen, sind sie aufgrund ihrer grossen Fläche für 36 Prozent des Gebäudeenergieverbrauchs verantwortlich. Wenn man bedenkt, dass 66 Prozent aller Fassaden ungedämmt sind und 70 Prozent der Anlagentechnik nicht mehr dem modernen Stand der Technik entsprechen, kann man sich ausrechnen, welches Einsparpotenzial im Bereich von Büro- und Gewerbebauten vorhanden ist. Doch Abriss ist angesichts der grauen Energie und der Ressourcen, die im Bestand stecken, immer die schlechteste aller Alternativen. Neben den Vorteilen für die Umwelt bietet die Revitalisierung oder Konversion oft höhere wirtschaftliche und soziale Renditen als ein Abriss und Neubau. Ein weiterer Aspekt ist das baukulturelle Erbe, dessen Erhalt einen unschätzbaren Wert für Städte und Gemeinden darstellt.

Zustand des Gebäudes, dem Standort und den Vorstellungen des Bauherrn orientiert. Aber es gibt Hebel, an denen man bei jedem Sanierungsprojekt ansetzt. Das sind die Energieversorgung, die Gebäudehülle, die Gebäudetechnik und das Wassermanagement. Mit 51.7 Milliarden Tonnen Baumaterialien ist der Bestand unser grösstes Rohstofflager. Würden diese Materialien konsequent wiederverwendet, wäre der jährliche Bedarf an Rohstoffen um 30 Prozent niedriger, als er heute ist. Wie viele Ressourcen sich in Sanierungsprojekten wirklich wiederverwenden lassen, hängt vom Einzelfall ab. Beim 2019 fertiggestellten Bürogebäude 1 Triton Square in London konnten wir 3 300 Quadratmeter Kalkstein, 35’000 Tonnen Beton und 1 900 Tonnen Stahl wiederverwenden. Statt die Fassade komplett zu erneuern, haben wir 3 500 Quadratmeter alte Fassaden-Paneele mit Kohlefasern umwickelt. Eine Massnahme, die im Vergleich zu einer neuen Fassade 1 270 Tonnen CO2 und 66 Prozent Kosten eingespart hat. In Summe aller Massnahmen haben wir mehr CO2 eingespart, als das Gebäude in den nächsten 40 Jahren ausstossen wird. Keine Frage, die Sanierung von Bestandsgebäuden ist aufwendig und birgt Planungsrisiken. Um den Aufwand realistisch einschätzen zu können, bedarf es einer soliden Planungsgrundlage. Und genau diese fehlt bei vielen Bestandsgebäuden. Deshalb empfiehlt es sich, Bestandsgebäude in einem 3-D-Modell zu erfassen und damit BIM-tauglich zu machen. Auf diese Weise lassen sich verschiedene Sanierungsvarianten durchspielen, etwaige Planungsrisiken abschätzen und die zu erwartenden Kosten fundiert berechnen.

LENA RAIZBERG ist Leiterin Architektur Berlin bei Arup.

Ein Patentrezept gibt es nicht. Für jedes Projekt muss ein individueller Sanierungsfahrplan erarbeitet werden, der sich am

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BAUEN

EIN MEISTERWERK AUS SICHTBETON DIE ERWEITERUNG DES KUNSTHAUSES IN ZÜRICH von Heike Hübner

Nach einem Entwurf des Star-Architekten David Chipperfield entstand in der Schweizer Metropole ein offener, lichtdurchfluteter Quader. Das forderte den Baumeistern einiges ab. Die Bauunternehmen Marti AG und MEVA nahmen sich gemeinsam der architektonischen und bautechnischen Herausforderungen an und erstellten ein Bauwerk als Betonskulptur.

Das moderne Museumsgebäude zeichnet sich durch hervorragende Sichtbetonergebnisse aus.

R

und zwei Jahre nach dem Baubeginn hatte die Marti AG den Rohbau planmässig fertiggestellt. Inzwischen ist der Erweiterungsbau des Kunsthauses in Zürich ein glänzender Blickfang in der Zürcher Innenstadt. Ab Oktober dieses Jahres werden Kunstfreunde aus aller Welt durch das prächtige neue Gebäude wandeln können. Sorgfältig platzierte Höhenunterschiede zwischen den Räumen kreieren eine angenehme Atmosphäre. Das klare geometrische Konzept und grossflächige Sichtbetonflächen bieten den perfekten Rahmen für zahlreiche Kunstwerke.

SCHARFE KANTEN Der Erweiterungsbau mit rund 18’700 Quadratmeter neuer Nutzfläche beherbergt zahlreiche kleinere Räume, die konzipiert sind, um optimale Bedingungen für die Präsentation der zum Teil wechselnden

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Ausstellungen zu bieten. «Ein wichtiger Aspekt der Planung und Umsetzung im gesamten Gebäude war die Vorgabe, alle Ecken scharfkantig herzustellen», erklärt Bauführer Franz Bütler von der Marti AG. Daher wurden die Wände im gesamten Gebäude einheitlich mit der bewährten «Wandschalung Mammut 350» realisiert. Aufgrund der Masshaltigkeit der Schalung und der hohen Frischbetondruckaufnahme von 100 Kilogramm pro Quadratmeter war es möglich, bis zu vier Meter Höhe ohne Rücksicht auf die Steiggeschwindigkeit zu betonieren – eine Erleichterung für die Bauprofis von Marti, die bei diesem Projekt stets die Details im Blick behalten mussten. Die Decken der Ausstellungsräume wurden mit der Systemdeckenschalung «MevaDec»

umgesetzt. Das rasterfreie System reduziert Ausgleiche durch die freie Richtungswahl der Träger, wodurch die Arbeit erleichtert und beschleunigt wird. In weitläufigeren Räumen wurden die Decken mit der Deckenschalung «MevaFlex» realisiert und mit dem flexiblen Traggerüst «MEP» unterstützt. Besondere Aufmerksamkeit galt auch der Erstellung des Lichthofs, die sich über fünf Betonierabschnitte erstreckte. Die ovale Aussparung in der Gebäudedecke wurde von den MEVA-Ingenieuren dreidimensional geplant und als Sonderschalung erstellt.

HOCHWERTIGE BETONERGEBNISSE Das moderne Museumsgebäude zeichnet sich durch hervorragende Sichtbetonergebnisse im gesamten Gebäude aus. In den Versammlungsräumen, in Shop und


BAUEN

Cafeteria galten besonders hohe Anforderungen. Um diese durchgängig zu erfüllen, veranstaltete MEVA vor Ort eine eigene Schulung zur Aufbereitung und Pflege der eingesetzten alkus-Vollkunststoff-Platten. Dank der stoffgleichen Reparatur lassen sich Kratzer und Löcher einwandfrei wieder verschliessen; gleichzeitig behält die Platte ihre wesentlichen Eigenschaften, sodass es nicht zu Abfärbungen kommt und glatte, gleichmässige Oberflächen erzielt werden. Die umweltschonende Kunststoffplatte mit hoher Langlebigkeit ist bei Schalungssystemen von MEVA serienmässig integriert. Das Fugenbild der Wandschalung «Mammut 350» ergab in vielen Bereichen des Museums ein grossflächiges und gewünschtes Muster im Sichtbeton.

MIT FINGERSPITZENGEFÜHL Das Meisterwerk der Schalungsingenieure ist allerdings die zentrale Halle des Neubaus. Mit ihrem hohen Atrium und umlaufenden Galerien ermöglicht sie den Besuchern die einfache Orientierung in dem viergeschossigen Gebäude. An dieser Stelle lässt sich das Konzept des Neubaus als lichtdurchfluteter Quader leicht erkennen. Und auch hier findet sich das Fugenbild der «Mammut 350» wieder. «Neben der hohen Sichtbetonqualität war das eine wichtige Anforderung für dieses Projekt», sagt MEVA-Ingenieur Volker Götz, der das Projekt von Anfang an betreute. Der Architekt habe sich von dem Muster inspirieren lassen und forderte es durchgängig für die gesamte Ausführung, erklärt Volker Götz. «In der grossen Halle war dies eine besondere Herausforderung. Hier haben wir Aussparungen und Treppenläufe an verschiedenen Stellen, dennoch sollte sich das Fugenbild exakt und ohne Versatz über die gesamte Höhe hindurchziehen.» Bauführer Franz Bütler ergänzt: «Dazu waren exakte Planung und Fingerspitzengefühl in der Ausführung gefordert, aber zusammen haben wir das gut hingekriegt.» Die Wandschalung «Mammut 350» hat sich in der gesamten Halle als absoluter Allrounder erwiesen. So wurden die 3.50 mal 2.50 Meter grossen Elemente liegend eingesetzt, um zunächst die hohen Treppenläufe und später auch die 2.50 Meter starken Unterzüge unter dem Dach der grossen Halle zu schalen. Zur Ausrichtung der Schalung wurde die Kletterkonsole

«KLK  230» an der Wand angebracht. Erneut hatte die Sichtbetonqualität oberste Priorität – und auch an den grossen Unterzügen setzt sich das gleichmässige Raster fort, das in seiner Grösse dem Rahmenabdruck der «Mammut 350» nachempfunden ist. Die Deckenschalung in rund 28 Metern Höhe wurde mit der bewährten «MevaFlex» ausgeführt. Um das gewünschte Muster in Anlehnung an die Abdrücke der grossen «Mammut 350»-Elemente zu erzeugen, wurden entsprechend grosse 3S-Schalungsplatten vorbereitet. Die geforderten hervorragenden Ergebnisse wurden durch die Verwendung neuer Schalungsplatten gewährleistet. Nach dem ersten Einsatz wurden die Platten gedreht, sodass die saubere, unbenutzte Seite für den nächsten Takt wiederverwendet werden konnte. Bemerkenswert ist auch hier die Regelmässigkeit in der Ausführung, denn nicht nur das Muster erstreckt sich gleichmässig über die gesamte Decke: Aussparungen für Lampen liegen stets mittig im Abdruck der Schaltafeln.

BEMERKENSWERTE PRÄZISION An anderer Stelle sind die präzisen Vorarbeiten in der Planung weniger zu erahnen. Gerade beim Bau der ein Meter starken Aussenwände war jedoch Akribie gefordert, denn Abweichungen der Schalungs-

stösse waren in einem Toleranzspektrum von nur ein bis zwei Millimeter erlaubt. Das entspricht etwa einem Viertel der SIA Norm 414 / 1 zu Masstoleranzen. Grund dafür ist die Natursteinfassade, die im Bereich der hohen Fensterfronten und Säulen exakt ausgearbeitet war. Eine grössere Abweichung hätte zur Folge gehabt, dass unter der Fassade die Betonwand hervorstehen würde. Im Innenbereich galt weiterhin die Vorgabe, einen 3.50 mal 2.50 Meter grossen Rahmenabdruck zu erzielen. Der gesteckte Zeitplan forderte einen raschen Baufortschritt. Mit zwei Schalsätzen der «Mammut 350» wurden die 28 Meter hohen Wände in vier Takten mit je sieben Metern Höhe geschalt. Um die Schalung aufzustellen und exakt auszurichten, kam die Kletterkonsole KLK  230 zum Einsatz. Verstärkt mit Triplex-Schrägstützen, diente die KLK  230 hier als Gerüst zur Ausrichtung der hohen Versetzeinheiten.

ZUVERLÄSSIGE PARTNERSCHAFT Mit dem Neubau der Erweiterung steht nun in Zürich ein neuer architektonischer Blickfang und herausragender Anlaufpunkt für Kunstkenner. Franz Bütler, Bauführer der Marti AG, äussert sich zufrieden mit dem Projekt: «Das Kunsthaus war eine sehr interessante Baustelle. Dank zuverlässiger Partner wie MEVA haben wir hier wirklich gute Arbeit geleistet.»

Die ovale Aussparung in der Gebäudedecke über dem Lichthof wurde in Sonderschalung erstellt.

MEVA Schalungs-Systeme AG | Birren 24 | CH-5703 Seon | Tel. +41 (0) 62 769 71 00 | schweiz@meva.net | www.meva.net

Ausgabe 01/2021 // Seite 77


Viele Prozesse werden schneller und transparenter.

DIGITALISIERUNG BESCHLEUNIGT PROZESSE FACILITY MANAGEMENT ALS NUTZNIESSER von Claudia Bucher, Valerie Riedo und René Sigg

Im Facility Management hat die Digitalisierung Einzug gehalten und es kann von verschiedensten digitalen Entwicklungen im Rahmen der Planung und des Betriebs von Immobilien und Services profitiert werden. Neue Zusammenarbeitsmodelle, ein besserer Datenaustausch, welcher umgehend eine bessere Informationsqualität mit sich bringt, und deutlich transparentere und beschleunigte Prozesse sind Resultate der Digitalisierung.

N

utzen können wir diese Vorteile dank bestimmter Rahmenbedingungen und Strukturen. Eine Grundlage des Facility Management ist das Prozess-/­ Leistungsmodell ProLeMo.

PROZESS- / LEISTUNGSMODELL PROLEMO Das anerkannte und aktualisierte Modell stellt ein gemeinsames Verständnis für Prozesse und Leistungen im Facility Management dar, dient als Struktur für die Ausschreibung von Facility Services und als vielfach angewendeter Standard für Kostenstrukturen. Das ProLeMo wurde überarbeitet und dabei einerseits an nationale und internationale Empfehlungen zum Facility Management angepasst und

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andererseits mit aktuellen Entwicklungen wie der Digitalisierung aktualisiert. Mit dem überarbeiteten Prozess- / Leistungsmodell wird die Rolle des Facility Management erheblich gestärkt. Das Facility Management umfasst alle strategischen und steuernden Funktionen für die Bereitstellung und Nutzung von Flächen und Infrastruktur sowie für die Zurverfügungstellung von Services für die Mitarbeitenden und die Organisation. Die Prozesse können nun auch im digitalen Umfeld für die BIM-Methode genutzt werden – das heisst, die Anforderungen der Informationen, die Daten und Attribute sowie deren Austausch müssen definiert und vorgegeben werden. Grundlage dazu ist

ein klares Verständnis der FM-Prozesse in der eigenen Organisation.

NORMEN UND ANWENDUNGSHILFEN Erwähnenswert sind vor allem die neuen ISO-Normen der 19650-Reihe. Darin geht es insbesondere um das Informationsmanagement mit der BIM-Methode, das heisst um die Darstellung der Ziele und Anforderungen und gewisser generischer Prozesse im Informationsmanagement mit Unterstützung von BIM. Diese 19650-Reihe besteht aus fünf Teilen, von welchen für das FM vor allem die 19650-3 von Bedeutung ist. In 19650-1 werden Konzepte, Grundsätze und Begrifflichkeiten des Informationsmanagements definiert. 19650-2 befasst sich


BAUEN

mit Informationsmanagement in der Planungs- und Realisierungsphase von Assets / Gebäuden. 19650-3 definiert die Ziele und Anforderungen des Informationsmanagements für die Nutzungsphase von Gebäuden / Assets und ist somit essenziell fürs FM. Ergänzende Dokumente werden die Umsetzungen dieser Normen im schweizerischen Kontext für den Anwender verständlich machen. Zusammenfassend gibt es in Form von Rahmenbedingungen einerseits die internationalen Normen der ISO-19650-Reihe und andererseits aber auch verschiedene Anwendungshilfen, die in der Praxis mitwirken, eine entsprechende Umsetzung des FM im digitalen Umfeld zu leisten. Dazu gehören zum Beispiel das Positionspapier «Facility Management und Building Information Modeling», der Datenfeldkatalog BIM2FM oder das LIM-Liegenschafts- Informationsmodell.

PROJEKTBEISPIEL: SERVICE ON DEMAND Die Post Immobilien fördert die Digitalisierung mit konkreten Projekten, wie zum Bei-

spiel Service on Demand. Das Pilotprojekt stiess bereits 2017 auf sehr gutes Kundenfeedback gewann zwei Awards im Bereich Innovationen und ist heute ein etabliertes Produkt, welches die Post selbst einsetzt und sich auch bei Drittkunden gros­ser Beliebtheit erfreut. Service on Demand setzt sich aus einem Buttonboard sowie der zugehörigen Plattform zusammen. Über einen Knopfdruck können Störungen einfach gemeldet werden. Dadurch werden allgemeine Kontrollgänge in Gebäuden reduziert und der Hauswart rückt nur noch dann aus, wenn tatsächlich ein Bedarf entsteht. Dies wiederum führt dazu, dass Ineffizienz vermieden werden kann. Die Buttonboards können individuell und je nach Kundenwunsch beschriftet werden. Ein Anwendungsbeispiel ist die Bewirtschaftung des Sitzungszimmers. Wenn Flip-Chart-Papier oder Stifte fehlen, wird dies über einen Knopfdruck gemeldet. Wird der Befehl ausgelöst, entsteht eine Meldung an die Plattform. Der Gebäudemanager hat Einsicht in alle eingetroffenen Aufträge und Informationen und kann sie direkt quittieren. Zusätzlich gibt es eine Auswertung für eingegan-

gene Störungen oder Probleme und deren Behebung. Man erreicht so eine transparente Übersicht, wo Hotspots sind, wie lange die Aufträge dauern und kann gleichzeitig Kostenersparnisse realisieren und das Nutzerbedürfnis befriedigen.

VALERIE RIEDO ist Leiterin Digital Real Estate bei Post Immobilien Management und Services AG.

CLAUDIA BUCHER ist Kommunikationsmanagerin bei intep.

RENÉ SIGG ist Geschäftsführer von intep. www.intep.com


BAUEN

EIN HEXENKESSEL IN SICHTBETON SCHALUNG FÜR DAS STADION-GROSSPROJEKT von Lone K. Halvorsen

Der Zürcher Traditionsverein ZSC Lions baut eine neue Heimstätte und die Stadt Zürich erhält somit ein neues Eishockeystadion. Entworfen wurde das monumentale Gebäude – ein Hexenkessel aus weissem Sichtbeton – von Caruso St John Architects.

Ab 2022 ist die Swiss Life Arena die neue Heimat der ZSC Lions.

D

er Verein ZSC Lions ist mit mehr als 70 Mannschaften und 1 400 Spielern und Spielerinnen nach eigenen Angaben eine der grössten Eishockey-Organisationen Europas. Jetzt bekommt sie in Zürich-Altstetten eine eigene Arena. Das Grossprojekt umfasst die Erstellung einer Eis- und Sportarena mit 12’000 Sitzplätzen auf dem 28’000 Quadratmeter grossen Grundstück. Sowohl bei der Planung als auch bei der Erstellung der hochwertigen Sichtbetonwände mit durchdachten Schalungslösungen unterstützt das Unternehmen Doka die Baumeister, und die ARGE ZSC ARENA (Marti AG Zürich, Barizzi AG

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Brüttisellen) wurden mit dem Bau des Stadionkomplexes beauftragt. Dieser beinhaltet zwei Eishallen, davon eine Trainingshalle, ein Parkhaus sowie diverse Höfe und Terrassen für die Besucher und einen exklusiven VIP-Bereich.

INTELLIGENTE SCHALUNGSOPTIMIERUNG Zu den Highlights des Gebäudes gehört zweifellos die weisse, in Ortbeton hergestellte Sichtbetonfassade, die sich auf der Süd- und Nordseite wie ein Vorhang wellt und durch gläserne Bullaugen in regelmässigen Abständen unterbrochen wird.

Damit die Herstellung der Fassade nicht vom generellen Baufortschritt abhängig ist, wurde diese strukturell vom restlichen Gebäude getrennt. So kann sich das Baustellenteam voll und ganz auf die Erstellung der Sichtbetonfassade konzentrieren. Doka erhielt von den Architekten und Ingenieuren einen Plan der Fassade und der vorgesehenen Arbeits- und Dilatationsfugen und entwickelte ein dazu passendes Schalungsraster aus Elementen der Framax Xlife plus. Die bis zu 13 Meter hohen und 21.70 Meter langen Etappen wurden rückseitig mit WU16-Riegeln verstärkt, um unter anderem Windlasten bis maximal 140 Kilometer pro


Stunde abtragen zu können. Aufgrund der begrenzten Platzverhältnisse mussten die Verstrebungen für jede Etappe separat geplant und an die sich verändernden Platzverhältnisse angepasst werden. Durch eine detaillierte Ausführungsplanung und eine geschickte Etappierung konnten die Stirnfassaden mit zwei Vorhaltungen à 500 Quadratmeter Schalung ausgeführt werden. Für die beiden rund 170 Meter langen Längsfassaden, bestehend aus jeweils 24 konkaven Halbbögen – die ihrerseits ein regelmässiges Wellenmuster aufweisen –, entwickelte das Unternehmen eine sieben Meter breite, halbrunde Sonderbühne basierend auf dem Klettersystem MF240 sowie eine Rundschalung.

OPTIMALE PLANUNG VON BEGINN AN Der Grundstein dafür, dass Probleme vorab vermieden und komplexe Sonderlösungen nicht erst ad hoc, sondern mit genügend Vorlauf entwickelt und geplant werden

konnten, wurde bereits mehrere Monate vor Baubeginn gelegt. Alle ein bis zwei Wochen trafen sich die Mitglieder des Sichtbetonteams, um Lösungen zu diskutieren und wo nötig gemeinsam mit den Architekten Planoptimierungen vorzunehmen, sodass letztendlich eine zeit-, material- und kosteneffiziente Schalungslösung entwickelt werden konnte. Die vorausschauende Planung der Baumeister und die enge Zusammenarbeit zwischen den beteiligten Partnern war ausschlaggebend dafür, dass in der Bauphase die zeitlichen als auch die qualitativen Vorgaben an den Sichtbeton eingehalten werden. Dies unterstreicht auch Marcel Lappert, Projektleiter von Marti AG, Bauunternehmung Zürich: «Wir haben nicht einfach nach dem günstigsten Schalungslieferanten gesucht. Wir wollten einen Partner! Zuverlässigkeit und Flexibilität sind bei Projekten dieser Komplexität matchentscheidend. Doka bietet uns hier ein Rundum-Wohlfühl-Paket.» Die Fertigstellung des Rohbaus der Swiss Life Arena ist

Für die Stadionecken und die nach unten abschliessenden Halbbögen wurden Sonderformteile von Arbloc verwendet.

für Herbst 2021 geplant und im August 2022 erfolgt die Eröffnung der neuen Heimstätte der ZSC Lions. Diese dürfte voraussichtlich nicht nur für Eishockeyfans, sondern auch für Architekturbegeisterte ein neuer Anziehungspunkt in der Stadt Zürich werden.

Doka Schweiz AG | Mandachstrasse 50 | CH-8155 Niederhasli | Tel.: +41 (0)43 411 20 40 | doka-schweiz@doka.com | www.doka.com

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«Projekt HiLo NEST / EMPA © Block Research Group, ETH Zurich

BAUEN

Konstruktionen lassen sich wandelbar gestalten.

EIN UNTERSCHÄTZTER BAUSTOFF WARUM NACHHALTIGES BAUEN OHNE BETON GAR NICHT GEHT von Peter Wellauer

Unsere Bauwerke sind noch nicht nachhaltig genug. Um dies zu ändern, brauchen wir zwingend Beton. Doch auch der Baustoff muss dabei noch nachhaltiger werden.

D

ie Bevölkerung auf unserem Planeten wird bis in 30 Jahren um noch einmal rund zwei Milliarden Menschen zunehmen. Diese Leute brauchen ein Zuhause, müssen irgendwo arbeiten und werden sich in ihrer näheren und weiteren Umgebung bewegen. Das bedeutet, dass für die nächsten 30 Jahre jeden Monat eine bauliche Infrastruktur von ungefähr der Grössenordnung von New York City bereitgestellt werden muss. Das ist eine riesige Herausforderung in Bezug auf die «World Life Balance». Das

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Konzept einer nachhaltigen Entwicklung ist eine Reaktion auf die aktuellen globalen Herausforderungen, Wachstum der Bevölkerungszahl, Klimawandel und wachsende Konkurrenz um natürliche Ressourcen. Es setzt sehr ehrgeizige Ziele und wird uns an die Grenzen der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und gesellschaftlichen Anpassungsfähigkeit bringen. Technische Entwicklung kann uns hingegen unterstützen – wenn sie richtig eingesetzt wird. Die grösste Herausforderung in Bezug auf das nachhaltige Wirtschaften ist nicht der Umgang mit unserer Atmosphäre alleine, son-

dern der Umgang mit unseren Rohstoffen im Ganzen. Der aktuelle Verbrauch liegt je nach Land ein Vielfaches über dem, was unsere eine Welt bieten kann. Aber auch global gesehen benötigen wir für unseren heutigen Konsum zwei Erdkugeln. Nun ist die Bauwirtschaft nicht nur Haupttreiber beim Materialverbrauch. Sie produziert auch enorme Bauschuttberge. 40 Prozent des weltweit anfallenden «Abfalls» stammen aus dem Abbruch von Bauwerken. Wie sieht die Situation in der Schweiz aus? Das


Kunsthaus Zürich von D. Chipperfield

BAUEN

Sichtbeton sorgt für modernes Flair.

«Bauwerk Schweiz» besteht aus rund 3 200 Millionen Tonnen Baumaterial (Beton, Mauerwerk, Metalle und Holz) und wächst jährlich um weitere 63 Millionen Tonnen.

WIE SIEHT ES NUN ABER MIT DER NACHHALTIGKEIT AUS?

belaufen sich dagegen auf nur drei Prozent. Wenn wir unser Bauwerk also nachhaltig verbessern wollen, müssen wir zwingend den Bestand (einschliesslich der darin enthaltenen grauen Energie) miteinbeziehen und mit allen Ressourcen haushälterisch umgehen.

Das «Bauwerk Schweiz» – unser Bestand an Gebäuden und Infrastrukturen – weist im internationalen Vergleich einen hohen Standard auf, genügt heutigen Anforderungen an die Nachhaltigkeit aber in verschiedener Hinsicht noch nicht. Unsere Gebäude verbrauchen zu viel fossile Energie, wir nutzen unser knappes Bauland nicht effizient, viele Bauwerke erfüllen aktuelle Sicherheitsstandards nicht und sie sind auch unzureichend auf ein sich erwärmendes Klima ausgelegt. Wir stehen daher vor der grossen Herausforderung, den Gebäudebestand und unsere Infrastrukturbauten weiterzuentwickeln.

Der Wiederbeschaffungswert des «Bauwerk Schweiz» beträgt rund 2 400 Milliarden  CHF, und der Erneuerungsbedarf beläuft sich auf ca. 65 Milliarden CHF / a bis  2030 (ca. neun Prozent BIP). Daraus ergeben sich massive Anforderungen an Instandsetzung und Neubau. Wollen wir das «Bauwerk Schweiz» nachhaltig verbessern, können wir den Beton nicht missachten: Wir brauchen Beton zwingend wegen seiner herausragenden Eigenschaften. Unter dieser Prämisse gibt es folgende Aspekte, die es im Auge zu behalten gilt.

Gleichzeitig spielt Beton bei der Realisierung von vielen Bau- und Infrastrukturprojekten heute eine zentrale Rolle. In allen Bauwerken der Schweiz kommt daher dem Beton der grösste Anteil zu: Sie bestehen aktuell zu deutlich über 40 Prozent aus Beton. Holz und Metalle zusammen

1. Generelle Regeln: • Nutzen von lokalen und regionalen Grundstoffen (Produktion muss zwingend nahe am Verbraucher sein) • Optimieren von Bauteilen (Intelligente Tragwerkssysteme = weniger Material  = weniger graue Energie)

• Profitieren von neuen Entwicklungen in der Betontechnologie (Clevere Materialien schaffen neue Möglichkeiten) • Fördern der Hybrid- und Fertigteilbauweise (Nutzen der besten Materialeigenschaften von Stahl, Glas, Holz, Mauerwerk und Beton à «Hybrid», industrielles Bauen) • Planen und Erstellen von resilienten und flexibel nutzbaren Bauwerken (Frühe Bauwerksplanung, Trennung von Tragen und Nutzen, insbesondere Haustechnik, resistent gegen Natur­gefahren wie Erdbeben, Hochwasser, Brand und andere) • Sicherstellen eines einfachen Rückbaus (Trennbarkeit als Planungskriterium, Information über ganze Lebensdauer, beispielsweise Madaster) 2. Kreislaufwirtschaft als Grundprinzip: • Kombination von Primär- und Sekundärmaterialien (Heute sekundär unterstützt primär, morgen primär unterstützt sekundär) • Urban Mining als Nutzung von «Kiesgrube» / «Materiallager» Bauwerk (Wertvolle Rohstoffe hochwertig wieder­verwenden) • Umnutzung von ganzen Gebäuden oder Teilen davon (Recycling von ganzen Gebäuden mit Erhalt der Tragstruktur) • CO2 auch wieder in den Kreislauf zurückbringen (Carbon Capture and Storage (CCS) und Carbon Capture and Utilization (CCU) realisiert mit erneuerbarer Energie) Wir müssen endlich lernen, mit den Ressourcen, die unser Planet uns zur Ver­ fügung stellt, auszukommen und mit diesen haushälterisch, intelligent und sorgsam, einfach gesagt enkeltauglich oder eben nachhaltig, umzugehen. Wir haben die besten Voraussetzungen dafür, das Material, das Wissen und die Werkzeuge dazu. Eines dieser Materialien ist der Alles­könner Beton, das nachhaltigste, immer wieder erneuerbare und anpassungs­fähigste Baumaterial der Welt. Es kommt darauf an, was wir daraus machen!

PETER WELLAUER Peter Wellauer ist Geschäftsführer von BETONSUISSE. www.betonsuisse.ch

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KOLUMNE

ÖKOLOGISCHES BAUEN UND ENERGIEWENDE BRAUCHT DIALOG von Prof. Dr. Ulrike Sturm

B

is zum Jahr 2050 sollen die CO2-Emissionen der Schweiz auf Netto-Null sinken. Dies erfordert eine Transformation des Energiesystems, für die nicht nur Bund, Kantone und Gemeinden sowie die Wirtschaft aktiv werden müssen: Es braucht ein Engagement aller. Die 2020 abgeschlossenen Nationalen Forschungsprogramme «Energiewende» und «Steuerung des Energieverbrauchs» kommen zu dem Schluss, dass die Schweizer Bevölkerung grundsätzlich dazu bereit ist, aktiv zu werden. Häufig scheitere dies jedoch daran, dass nicht genügend Information zur Verfügung stehe. Wie können die bestehenden «Wissenslücken» geschlossen werden? Die Transformation des Energiesystems ist ein Prozess über einen längeren Zeitraum, an dem ein breites Spektrum von Akteurinnen und Akteuren beteiligt ist. Für wirksame Veränderungen gilt es, Wahrnehmungen und Bewertungen zu berücksichtigen, denn gesellschaftliche Normen bestimmen unser Verhalten. «Diese gesellschaftliche Bewertung und Einordnung spielt für die Transformation des Energiesystems eine wichtige Rolle. Sie lässt sich dafür einsetzen, die Transformation voranzubringen», so das Forschungsresümee. Ein Beispiel: «Gelten etwa E-Bikes als ‹cool›, wächst die Kaufbereitschaft für diesen Fahrradtyp, auch wenn die Kosten dafür hoch sind.» Wir benötigen hierfür nicht nur ein besseres Verständnis des Energiesystems und seiner Wechselwirkungen. Daneben braucht es auch «Orientierungswissen», das Werte vermittelt und uns in die Lage versetzt, zwischen verschiedenen Optionen zu wählen. Wir benötigen Szenarien und Zukunftsbilder, die Orientierung über die künftigen Entwicklungen bieten und die Einzelaktivitäten auf dem Weg zur Energiewende in einen Kontext einbetten. Die Kombination von Verstehen und Orientierung ist Voraussetzung für unser Handeln. Im Gebäudesektor können durch unterschiedliche Massnahmen, regulatorische Interventionen oder monetäre Anreizsysteme, Änderungen bei energierelevanten Entscheidungen erwirkt werden. Die Erfahrung zeigt, dass es notwendig ist, in einen offenen ­Dialog

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zu treten, wenn die Massnahmen von der Bevölkerung mitgetragen werden sollen. Für die Umstellung der Energieversorgung und -produktion in Quartieren erfordert dies ein Arbeiten mit den wichtigen «Stakeholdern»: mit den Eigentümerschaften, der öffentlichen Hand, Energieunternehmen, Fachpersonen aus den Bereichen Energie, Architektur und Planung, lokalem Gewerbe und Vereinen. Für die Umsetzung der Innenentwicklung hat die Hochschule Luzern ein Verfahren für Multistakeholder-Prozesse entwickelt, denn gegenläufige Interessen erschweren auch dort die Umsetzung. Das dialogische Verfahren mit einer frühzeitigen Kooperation zwischen Gemeinde und betroffener Grundeigentümerschaft hat sich in verschiedenen Quartiers- und Gemeindetypen bewährt. Dieses Verfahren kann auch zur Umsetzung der Energiewende beitragen. Im Projekt «Quartierbezogene partizipative nachhaltige Energielösungen» werden kollektive Entscheidungen der Eigentümerschaft zur Realisierung regenerativer Energielösungen auf Quartierebene angeregt und gefördert. In Kooperation mit Eigentümerschaft, Akteuren aus der Energiebranche, öffentlicher Hand und Zivilgesellschaft entwickelt die Hochschule Luzern in einem Testquartier verschiedene umsetzungsreife Systemlösungen und ein Modell zur «Energietransformation im Quartier». 2021 bis 2024 führt sie zusammen mit der FHNW und der FH OST eine Veranstaltungsserie zur Energiewende auf Gemeindeebene durch. Kooperative Verfahren werden künftig, so die zugrunde liegende Erfahrung, einen wesentlichen Beitrag zur Umsetzung der Energiewende leisten.

PROF. DR. ULRIKE STURM leitet an der Hochschule Luzern – Soziale Arbeit das Institut für Soziokulturelle Entwicklung und ist Co-Leiterin des Interdisziplinären Themenclusters Raum & Gesellschaft. www.hslu.ch


Liebe KMU 11 % von euch halten einen Cyber-Angriff für möglich. 89 % hoffen einfach das Beste.

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Die Studie zu Cyber-Sicherheit und Digitalisierung in KMU. Die Resultate finden Sie unter mobiliar.ch/kmu-studie


Best of both worlds: Schnelllauf und Wärmedämmung kombiniert in einem Tor – NovoSpeed Thermo.

INNOVATIVE TECHNOLOGIEN TÜREN UND TORE KÖNNEN MEHR von Elisa Beck

Private Bauherren sowie Kunden aus dem Objekt- und Industriebau können sich auf ein umfangreiches Programm an neuen oder verbesserten Türen, Toren sowie Steuerungsund Verladetechnologien freuen. Ob es um attraktive Architektur, smarte Anwendungen, Sicherheit oder Effizienz geht: Es sind neue Lösungen von Novoferm auf dem Markt.

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ie Kernherausforderung in der Logistik lässt sich knapp zusammenfassen: Zeit ist Geld – und beides soll nach Möglichkeit eingespart werden. Verbesserte Türen und Techniken helfen Kunden dabei, Potenziale zu identifizieren und zu nutzen – mit Toren, die seltener gewartet werden müssen oder die schneller öffnen genauso wie mit isolierten Ladebrücken. Diese erhöhen zum Beispiel die Energieeffizienz von temperierten Lagern. Drei Tor-Typen fallen besonders auf.

FEDERLOSE INDUSTRIE-­ SEKTIONALTORE Bei intensiver Nutzung wird klar: Torsionsfedern sind besonders beanspruchte Torkomponenten. Bei jedem Öffnen und Schliessen gleichen sie das volle Gewicht des Torblattes aus, daher bedürfen diese einer sorgfältigen und regelmässigen Wartung.

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Mit den Industrie-Sektionaltoren «FederLos-Leicht» (FLL) und «FederLos-Stahl» (FLS) präsentiert Novoferm gleich zwei Alternativen, die ganz ohne Federn auskommen. Stattdessen übernimmt ein leistungsstarker Motor mit Abrollsicherung und adaptierten Motor- sowie Ecklagerkonsolen die Aufgabe der Torsionsfedern. Dadurch sinkt der Aufwand für Montage und Wartung, da nun keine Federn mehr gespannt oder ausgetauscht werden müssen, Sicherheit und Öffnungsgeschwindigkeit steigen. Somit eignen sich diese Tore für alle Situationen, in denen besondere Belastungen bewältigt werden müssen, Beispiele sind Parkhäuser oder stark frequentierte Logistikgebäude. Die federlose Technik unterbindet zudem Korrosion. In Kombination mit Edelstahlbeschlägen erweitert sich damit ihr Einsatzbereich um Waschanlagen oder Nassbereiche.

DIE KERNDATEN IM ÜBERBLICK

FEDERLOS-LEICHT (FLL) • Masse: 6 000 Millimeter breit, 5 000 Millimeter hoch • Zyklen: 100’000 • Mit Standardmotor oder schnellem FU-Motor Geschwindigkeit: 0.2 Meter je Sekunde oder 0.5 Meter je Sekunde FEDERLOS-STAHL (FLS) • Masse: 8 000 Millimeter breit, 6 000 Millimeter hoch • Zyklen: 100’000 • Mit schnellem FU-Motor Geschwindigkeit: 0.3 Meter je Sekunde oder 0.7 Meter je Sekunde


DIE SERVICEFREUNDLICHE LÖSUNG Novoferm-Industriekunden kennen das NovoSpeed Thermo bereits als ein besonders schnelllaufendes Sektionaltor, das sich beim Öffnen aufrollt und dank Iso-Paneelen eine ausgezeichnete Wärmedämmung erreicht. Mittlerweile gibt es eine neue, verbesserte Produktgeneration: Durch verstärkte Rollenhalter, Rollen und Scharniere muss das NovoSpeed Thermo erst nach 40’000 Zyklen und damit halb so oft wie sein Vorgänger gewartet werden. Auch die geteilte Laufschiene trägt zur Verbesserung bei. Durch die Unterteilung der zwei Abschnitte reicht es, im Schadensfall den betroffenen Teil auszutauschen. Das spart Zeit, Geld und Material.

BESONDERS SCHNELL UND GERÄUSCHARM Mit dem elektrisch betriebenen SpeedRoller Prime XF hat Novoferm ein SchnelllaufRolltor für Handel, Industrie und Gewerbe

auf den Markt gebracht, das noch schneller öffnet. Mit 2.2 Meter je Sekunde übertrifft es die Geschwindigkeit der bisherigen SpeedRoller-Tore. Dieses hohe Tempo wurde erreicht, indem das Standard-Stahlwickelrohr durch ein Aluminiumrohr mit 230  Millimeter Durchmesser ersetzt wurde. Dank stabiler Seitenführungen und integrierter Abdichtungen entsteht bei geschlossenem Torblatt keine Zugluft. Dadurch eignet sich das Tor hervorragend für den Einsatz in der Lebensmittelindustrie. Die Schnelllauf-Rolltor-Familie bekommt ausserdem Zuwachs für besonders schwere Arbeiten: Das SpeedRoller Strong Outdoor wurde speziell für Aussenfassaden an Gebäuden, für Bereiche mit hoher Windlast und für hohe Belastungen entwickelt. Dabei kann sich das elektronisch betriebene Tor mit einer Geschwindigkeit von 1.5 Meter je Sekunde öffnen und mit 0.5 Meter je Sekunde schliessen. Das SpeedRoller Strong Outdoor setzt auf robuste Kom-

Federleichtes Schliessen funktioniert auch federlos.

ponenten und zuverlässige Technik, die wenig Energie verbraucht. Die stabile Seitenführung und integrierte Abdichtung verhindern Zugluft.

SPEEDROLLER PRIME XF • Max. Breite: 3 500 Millimeter • Max. Höhe: 3 500 Millimeter • Geräuschlose Torbewegung • Manuelle Öffnung bei Stromausfall • Neue Achsenzapfen (Edelstahl optional) • Erhältlich mit 1.2 Meter Behang • Leichte Montage • Schlankes Design

Novoferm Schweiz AG | Höchmatt 3 | CH-4616 Kappel | Tel. +41 (0) 62 209 66 77 | info@novoferm.ch | www.novoferm.ch

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KOLUMNE

«DIGITAL TWINS» FÜR DIE IMMOBILIENBRANCHE von Nilson Kufus

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er Immobilienbranche ist im Zeitalter von digitalen Geschäftsmodellen und Produkten bisher von der Digitalisierung noch fast unberührt geblieben. Hauptgrund ist nicht mangelndes Potenzial, sondern die Tatsache, dass die real existierende Welt trotz Bemühungen der Branche bisher nicht ausreichend digital erfasst worden ist. Relevante räumliche Daten wie Immobilienmarktdaten, Zonengesetze, Baunutzungsvorschriften, Baugesetze, Verkehrs- und städtische Mobilitätssysteme und weitere branchenrelevante Informationen stehen – wenn überhaupt – erst dezentral, wenig vernetzt und intransparent zur Verfügung. In den letzten Jahren machte die Branche mit der Einführung von Online-Immobilienportalen die ersten zaghaften Schritte in Richtung Digitalisierung. Dadurch wurden erste Immobilien-Datenbestände digital breit verfügbar gemacht. Die mit den Immobilien verknüpften Daten sind jedoch häufig sehr begrenzt und zu wenig mit dem Kontext verknüpft. Des Weiteren finden diese Portale vor allem für den transaktionalen Privatgebrauch Anwendung. Damit decken sie nur einen Bruchteil der Wertschöpfungskette der Branche ab; diese ist jedoch wesentlich umfassender und umfasst die Evaluierung, den Kauf, die Planung, den Bau und die Bewirtschaftung von Immobilien. Doch wie gelingt es der Branche, hochwertige, aktuelle und akkurate Informationen künftig an einem Ort konzentriert und verknüpft verfügbar zu haben? Eine Antwort auf diese Frage liefert das Konzept der «Digital Twins», die eine digitale Nachbildung der realen Welt ermöglichen. Diese «Digital Twins» können sowohl potenzielle und tatsächliche physische Gegebenheiten abbilden. Damit erlauben sie, Eigenschaften, künftiges Potenzial oder mögliches Verhalten des abgebildeten Objekts zu beschreiben und zu simulieren. Die Anwendungsbereiche der «Digital Twins» sind heute noch überschaubar. Allerdings besteht enormes Potenzial, so auch für die Immobilien-

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branche: Ein «Digital Twin» kann ein einzelnes Objekt wie ein Haus, ein Areal, ein Quartier oder eine ganze Stadt oder ganze Regionen umfassen und aggregiert darin alle dazugehörigen relevanten Informationen wie Katasterinformationen, Verträge, Baugesetze usw. Aufbauend auf jahrelanger Forschung und Entwicklung hat Nomoko basierend auf dem Konzept der «Digital Twins» erstmals einen Prozess geschaffen, der die physische Welt exakt vermisst, erfasst und mit Informationen von verschiedenen Quellen anreichert. Die Plattform namens «Praedia» fokussiert auf die Immobilienbranche. Unsere Vision ist es, die gesamte Wertschöpfungskette der Branche auf der Plattform abzubilden und den Akteuren ein Werkzeug in die Hand zu geben, um sich die Vorteile der Digitalisierung in Form von Anwendungen und Automatisierungen zu Nutze zu machen. Die digitalen Abbildungen der realen Welt ermöglichen den Immobilienakteuren, den Puls des Marktes und sein Potenzial objektiv zu beurteilen. Durch transparente und kontextualisierte Dateneinblicke können Anwender bereits heute an Sicherheit gewinnen, versteckte Investitionsmöglichkeiten entdecken und ihre Entscheidungen durch automatisierte Prozesse schneller treffen. Die digitale Lösung wird künftig entscheidend für die Zusammenarbeit zwischen Immobilienentwicklern, Architekten, Behörden, Bauunternehmen und weiteren Beteiligten: Indem sie eine gemeinsame Sprache und Plattform bietet, ermöglicht sie eine kollaborative Zusammenarbeit zum Nutzen aller Beteiligten.

NILSON KUFUS ist Co-Founder und CEO von Nomoko. www.nomoko.world/solutions/praedia


Maximum Wellbeing „Was bedeutet Luxus, wenn Sie keine Zeit haben, ihn zu geniessen?“ Maura Wasescha

Luxus bedeutet, sich nicht um Fragen des Luxus kümmern zu müssen. Sondern den perfekten Moment geniessen zu können. Im Kreise der Familie, mit Freunden. Völlig sorgenfrei, im Wissen, dass im Hintergrund ein Team bereit steht, das alle Wünsche erfüllt. Deshalb bietet Maura Wasescha nicht einfach exklusivste Immobilien zum Kauf oder zur Miete. Maura Wasescha bietet mehr. Sie bietet den perfekten Luxusservice. Damit die Magie des Momentes zum zeitlosen Genuss wird. Maura Wasescha AG | Via dal Bagn 49 | CH-7500 St. Moritz | Schweiz T +41 81 833 77 00 | consulting@maurawasescha.com | www.maurawasescha.com


KOLUMNE

BRÜCKEN BAUEN – KEINE ZÄUNE von Matts Wheelis

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ie Bauindustrie macht etwa 13 Prozent des weltweiten BIP aus. Sie trägt in noch grösserem Masse zum Klimawandel bei, da der Bausektor schätzungsweise über 40 Prozent der gesamten Kohlenstoffemissionen der Welt verursacht. Diese Zahl, die mehr als das Dreifache des BIP-Beitrags ausmacht, zeigt, dass die Bauindustrie sich ändern muss, um ein umweltfreundlicherer Sektor zu werden. Da das Produktivitätswachstum jedoch weit hinter den anderen Branchen – wie zum Beispiel der Fertigungsindustrie und der Versorgungswirtschaft – zurückbleibt, ist es schwierig, die für die Senkung der Kohlenstoffemissionen und die Verringerung des Abfallaufkommens erforderlichen Effizienzwerte zu erreichen. Um diese Ziele zu erreichen, muss die Bauindustrie neue Technologien einsetzen und Wege finden, intelligenter zu arbeiten. Viele Antworten sind in der Digitalisierung zu finden – also in der Nutzung digitaler Methoden und Technologien, um manuelle, fehleranfällige und ressourcenintensive Tätigkeiten zu minimieren. Laut McKinsey können digitale Lösungen einen erheblichen Einfluss auf die Produktivität im Bauwesen haben, sei es durch den Einsatz schneller, hochauflösender Vermessungstechniken, die Modellierung fortschrittlicher 5D-Gebäudedaten Building Information Modeling (BIM), die Implementierung digitaler Tools für Zusammenarbeit und Mobilität, die Verbesserung der Anlagenverwaltung mit Internet-of-Things-(IoT)fähigen Sensoren und fortschrittlicher Analytik oder die Verwendung neuer Baumaterialien und -methoden. Viele dieser Lösungen werden nach und nach in bestehende Prozesse integriert. Allerdings werden sie oft ineffizient implementiert, wenn Aktivitäten in Silos bleiben, anstatt Informationen im Projektteam zu teilen. Zum Beispiel zielt BIM-Software oft darauf ab, die Modellierung und Analyse innerhalb eines proprietären Ökosystems zu halten, oder aber IoT-fähige Geräte werden von den anderen Arbeitsabläufen abgekoppelt. Dieser siloartige Ansatz macht die Zusammenarbeit und den Informationsaustausch unglaublich schwierig.

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Eine der grössten Herausforderungen für den Fortschritt in diesem Bereich ist der Konflikt zwischen proprietärer Software – die sich auf die Aufgabe eines einzelnen Projektteilnehmers konzentriert – und der dynamischen Natur des Bauwesens, wo alle Fachleute und Gewerke zeitweise zusammenarbeiten müssen, um das Endprodukt zu liefern. Es bedarf der Software, die offene Daten- und Kommunikationsschnittstellen unterstützt, und der Interoperabilität und der Flexibilität der Lieferkette Vorrang vor dem Schutz des Wettbewerbsvorteils eines Softwareanbieters einräumt. Ein offener Ansatz ermöglicht beschleunigte Innovationen. Um eine Aufgabe besonders gut zu lösen, kann spezialisierte Software zum Einsatz kommen, die aber gleichzeitig mit anderen Lösungen zusammenarbeitet. Ich bin davon überzeugt, dass offene Standards der Schlüssel für die erfolgreiche Einführung von BIM in der AECBranche sind und die Arbeitsabläufe und die Zusammenarbeit für alle am Bauprozess Beteiligten verbessern. Eine transparente Kommunikation und der Datenaustausch, beides durch offene Standards ermöglicht, sind entscheidend für eine effektive und innovative Zusammenarbeit der Teams und ermöglichen es ihnen, die Herausforderungen der Nachhaltigkeit zu meistern. Dieser Ansatz bedeutet, Brücken zu bauen, zwischen unseren eigenen Lösungen, aber auch über das gesamte Design- und Bauökosystem hinweg, einschliesslich etablierter Wettbewerber und Start-ups.

MATT WHEELIS ist Vizepräsident Industriestrategie bei der Build & Construct Division der Nemetschek Group. www.nemetschek.com




DEZENTRALISIERUNG DURCH DIGITALISIERUNG ENERGIEVERSORGUNG ALS KOLLEKTIVE AUFGABE von Elisa Beck

Digitalisierung ist auf dem Vormarsch: Das eigene Netzwerk pflegen, Daten sammeln und auswerten, Prozesse steuern, all das wird aus der Ferne machbar. Distanz wird virtuell überwunden, Nähe neu definiert. Zusätzlich entstehen neue, leistungsstarke Speicher für Wärme und Energie. Das Zusammenspiel dieser beiden Entwicklungen sorgt für einen Demokratisierungsschub der Energieversorgung in der Gesellschaft. War sie früher noch vollkommen von wenigen grossen Oligopolen abhängig, haben wir heute die Möglichkeit, unsere Energieversorgung selbst in die Hand zu nehmen. Vom eigenen Haus über die Quartierstrasse bis zur gesamten Nachbarschaft – bei der Versorgung mit Energie heisst es nun lokal statt zentral.


UMWELT & TECHNIK

Per Tablet einfach den Überblick behalten.

ZEIT FÜR DEZENTRALISIERUNG ES KOMMT AUF DEN BEITRAG DER BEVÖLKERUNG ZUR ENERGIEWENDE AN von Liliane Ableitner

Bis heute versorgt der Energiesektor mehrere Millionen Konsumenten, egal ob Privathaushalt oder Industrie, mit Strom aus einigen wenigen Kraftwerken. Dieser Strom wird relativ gebündelt produziert und dann über die Schweizer Netze über sieben verschiedene Netzebenen zum Endverbraucher transportiert.

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bwohl Strom zwar heute schon in kleineren Mengen gespeichert werden kann, basiert unser Energiesystem noch immer auf der Gleichzeitigkeit von Produktion und Verbrauch. Das heisst, zu Zeiten, in denen unser Verbrauch relativ gesehen hoch ist, wie beispielsweise an kalten Winterabenden, sind wir auf die zeitgleiche Produktion von Strom angewiesen. Den Strom, den wir in der Schweiz nicht selbst produzieren können, kaufen wir aus dem europäischen Netz dazu. Nicht zuletzt dafür ist die Schweiz an 41 Übergabestellen an der Grenze zu den fünf Nachbarländern mit dem europäischen Übertragungsnetz verbunden. Diesem zentral organisierten

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System steht nun mit der Energiewende ein struktureller Wandel bevor.

EIN BLICK IN DIE ZUKUNFT Unsere Klimapolitik sieht eine radikal dekarbonisierte Stromversorgung für die Zukunft vor. Der eine Schweizer oder die andere Schweizerin mag nun argumentieren, dass der schweizerische Strom ohnehin dank Wasserkraft schon dekarbonisiert sei; doch die Energiestrategie 2050 sieht darüber hinaus einen Ausstieg aus der Kernkraft vor. Bei unserem Stromverbrauch, der in den nächsten Jahren durch Elektromobilität und durch elektrisch betriebene Wärmepumpen um bis zu 30 Prozent steigen wird, klafft nun eine Lücke in

der Versorgung. Diese plant man, durch erneuerbare Energien und insbesondere durch Photovoltaik zu decken. Das Bundesamt für Energie schätzte das Schweizer Potenzial für Photovoltaik im Jahr 2018 auf 67 TWh. In Punkten Umsetzung mit dem heutigen Ausbau von etwa drei Prozent liegt die Schweiz jedoch noch weit unter den Möglichkeiten. Wagt man den Blick in die Schweiz des Jahres 2050 und geht optimistisch davon aus, dass einige energiepolitische Massnahmen zu einem breiten Ausbau von Photovoltaik geführt haben, so sehen wir Tausende Kleinkraftwerke, die unseren täglichen Strom liefern: Dächer mit Solar-


UMWELT & TECHNIK

Die PowerQuartier App hilft bei der Energiewende.

anlagen. Aus dem früheren Top-DownEnergiesystem (von wenigen Kraftwerken zu vielen Verbrauchern) wurde ein engvermaschtes und dezentrales Netzwerk, in dem viele kleine Kraftwerke all jene mit Strom versorgen, die Strom benötigen. Dazu kommen dezentrale Speichermöglichkeiten, die überschüssigen Strom während der Sonnenstunden sammeln und für die dunklen Stunden des Tages bereitstellen. Im Jahr 2050 wird man zudem diverse Power-to-X-Methoden wie zum Beispiel die Umwandlung von Solarstrom in Wasserstoff anwenden, um überschüssigen Strom vom Sommer für einen späteren Verbrauch im Winter zu präservieren.

VERÄNDERUNGEN IM ENERGIESEKTOR Während uns der Blick in die Zukunft zeigt, dass wir die Energiewende schaffen können, zeigt er uns auch die neue komplexe Struktur des Energiesektors auf. Wir werden Hunderttausende Geräte haben (Photovoltaikanlagen, Batteriespeicher, Elektroautos), die entweder Strom produzieren, verbrauchen oder lagern. Die effiziente Verwaltung dieser Geräte wird nicht mehr händisch geschehen, sondern bedarf intelligenter Steuerungsalgorithmen, flexibler Abrechnungsmethoden und einer stabilen

Kommunikation zwischen den Geräten. Das digitale Zeitalter, das heute doch so manch erfahrene Führungsperson innerhalb der Energieversorgungs-Unternehmen beim blossen Gedanken an die Zukunft ins Schwitzen bringt, hat also Einzug in den Energiesektor genommen. Heute sehen wir mit dem flächendeckenden Rollout der Smart-Metering-Infrastruktur einen der ersten Pflastersteine der Digitalisierung gelegt. Bis 2027 werden 80  Prozent der Schweizer Endverbraucher mit der Technologie ausgerüstet, die den jährlichen Ablesebesuch durch den freundlichen Mitarbeiter des Energieversorgungs-Unternehmens oder ersatzweise durch freiwillige Pensionierte aus der Nachbarschaft überflüssig macht. Von nun an können die Verbrauchs- und Produktionsdaten per Fernauslesung erfasst und direkt weiterverarbeitet werden. Bis 2027 sollen die Daten zudem den Endverbrauchenden in Kundenportalen und Apps aufgezeigt werden; mit dem Ziel, energieeffizientes Verhalten zu fördern.

ENERGIEWENDE AKTIV MITGESTALTEN Das zuvor ausgemalte Szenario zeigt uns auch, dass die Bevölkerung einen grossen Teil zur Energiewende beiträgt, indem sie in Photovoltaikanlagen, Batterie-

speicher und Elektroautos investiert. Die steigende Nachfrage nach diesen Technologien sehen wir bereits heute und es kann davon ausgegangen werden, dass die Covid-19-Pandemie generell die Bedrohung durch Krisen stärker ins Bewusstsein rückt. Im Jahr 2050 wird der einzelne Haushalt fast energieautark aufgestellt sein, betreibt rentable Anlagen und ist in einem Bottom-up-System (von unten nach oben) organisiert, in dem er Strom von den umliegenden Haushalten bezieht beziehungsweise eigenen produzierten Strom weiterverkauft. Ein zentrales Element wird es sein, den einzelnen Haushalt für dieses System zu gewinnen und ihn zu motivieren, sich nachhaltig für dessen Erhalt einzusetzen. Apps, die Daten interessant aufbereiten und dem Individuum einen solchen Beitrag zur Energiewende auf motivierende und spielerische Weise aufzeigen, können ein wichtiger Teil der Lösung sein. Technisch möglich ist all dies bereits heute, wie das vom Bundesamt für Energie geförderte Forschungsprojekt «Quartierstrom» der ETH Zürich und Universität St. Gallen in Zusammenarbeit mit einem Industriekonsortium gezeigt hat. Daraus entstanden ist das Software-Start-up Exnaton, das nun

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UMWELT & TECHNIK

Hinter Exnaton steht ein vielseitiges Team.

mit «PowerQuartier» eine Abrechnungssoftware für Energiegemeinschaften inklusive einer App für motivierte Energiewendenmacher / innen vermarktet. Das 2020 gegründete ETH-Spinoff beliefert mit seiner Software bereits den schweizerischen und österreichischen Markt. Damit wir die Bevölkerung heute für die kommenden Schritte der Energiewende gewinnen, müssen wir ein funktionierendes Anreizsystem rund um erneuerbare Energien schaffen. Bis heute ist der schweizerische Energiemarkt monopolistisch aufgebaut, das Netz in halbstaat­ licher Hand. Der Verkauf des eigenen

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Stroms an die Nachbarschaft als Alternative zum immer weiter sinkenden Einspeisetarif lohnt sich nicht (natürlich unter der Voraussetzung, der monopolistische Energielieferant erlaube dies), da mit jeder Kilo­ wattstunde Strom, die das öffentliche Netz berührt, die gesamte schweize­rische Infrastruktur finanziert wird. Ein möglicher Ansatz sind lokale Netzentgelte, die die Netznutzung für den Nachbarschaftshandel günstiger machen und somit die Rentabilität von Photovoltaikanlagen erhöhen und der Bevölkerung Anreize für erneuerbare Energien setzen könnten. Der Blick ins Ausland zeigt, dass Österreich dies noch dieses Jahr umsetzen möchte.

Zudem befürwortet der EU-weite Green Deal ebenfalls die Bildung von Energiegemeinschaften unter privaten Haushalten, um diese aktiver in den Energiemarkt einzubinden. Wie schafft es die Schweiz, die eigene Bevölkerung in der Energiewende mit mehr als Ambitionen und Worten zu unterstützen?

LILIANE ABLEITNER ist CEO der Exnaton AG. www.exnaton.com



© Nils Sandmeier, Biel / Timbatec

UMWELT & TECHNIK

Hohe Wohnqualität nicht zuletzt dank guter Schallschutzwerte bietet die Wohnüberbauung «sue & til» in Oberwinterthur.

RUHIG WOHNEN IN GROSSEN GEBÄUDEN AUS HOLZ SCHALLSCHUTZ IM WOHNUMFELD von Bernhard Furrer

Immer mehr grosse Wohnbauten entstehen heutzutage im Holzbau und deren Bewohner sind sehr zufrieden mit der Bauakustik. Das hat eine umfangreiche wissenschaftliche Befragung zur subjektiven Wahrnehmung von Schall im Wohnumfeld ergeben. Die hohe Bewohnerzufriedenheit verdankt sich der Tatsache, dass in modernen mehrgeschossigen Holzbauten erprobte schalltechnisch robuste Konstruktionslösungen zum Einsatz kommen. Seite 98 // bauRUNDSCHAU


UMWELT & TECHNIK

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ie derzeit grösste Schweizer Wohnüberbauung aus Holz, «sue & til» in Ober-Winterthur, ist sechs Geschosse hoch, 200 Meter lang und bietet vielfältigen Wohnraum in über 300 Einheiten. Die Tragstruktur bis zur Erdgeschossdecke ist betoniert; die vier bis fünf Stockwerke darüber bestehen mit Ausnahme der aussteifenden Treppenhauskerne aus vorfabrizierten Holzbauteilen. Die Deckenkonstruktion ist aus Massivholz-Elementen in Brettschichtholz aufgebaut und mit einer zusätzlichen Splittschüttung beschwert.

DURCHDACHTE KONSTRUKTION

ERPROBTE LÖSUNGEN Tatsächlich können die Anforderungen an den Schallschutz im Holzbau jeweils mit verhältnismässig einfachen Massnahmen eingehalten werden. Die mehrschalig ausgeführten Holzbauteile erreichen im Vergleich zu einschaligen Massivbauteilen gleich hohe Schalldämmwerte bei wesent-

lich geringerer Masse. Für gute Schalldämmwerte bei mehrschaligen Konstruktionen sind eine genügend grosse flächenbezogene Masse der Schalen, eine möglichst weiche Feder (weiche Dämmschicht oder grosser Schalenabstand), die Verhinderung von Hohlraumresonanzen sowie eine möglichst elastische Befestigung der Schalen mit der Tragkonstruktion vorzusehen. Für einen guten Schallschutz ist die Konstruktion der Decke zentral. Um unerwünschte Lärmbelästigungen zu vermeiden, sind Gehgeräusche zu beachten, welche durch Schritte im darüber liegenden Stockwerk verursacht werden. Diese in Gebäuden üblichen Schallemissionen sind sehr tieffrequent und haben ihre wesentlichen Schallanteile unterhalb von 100 Hz. Eine optimale Dämmung dieser tieffrequenten Geräusche erreicht man durch intelligente Bauteilschichtungen. Dazu ist es von Bedeutung, bei der Planung die einzelnen Systeme wie Tragkonstruktion, Bodenaufbau und Unterdecke aufeinander abzustimmen. Dabei gilt es, die Resonanzfrequenz zwischen Bodenaufbau und Tragkonstruktion sowie zwischen einer allfälligen Unterdecke und der Tragkonstruktion möglichst tief zu planen.

© Nils Sandmeier, Biel / Timbatec

Für die Gebäudestruktur wurde ein System mit einer möglichst einfachen Lastabtragung gewählt. Als Auflager für die Decken dienen tragende Wandkonstruktionen oder Unterzüge. Die vertikalen Lasten werden von einer Stütze auf die darunter stehende Stütze übertragen, ohne den dazwischen liegenden Träger zu belasten. Die tragenden Innenwände sowie die Aussenwände sind in Holzrahmenbauweise ausgeführt. Die nicht tragenden Zimmerwände wurden in Leichtbauweise erstellt und die Badezimmer als vorgefertigte Module angeliefert.

Bei diesem Gebäude werden die erhöhten Anforderungen gemäss der Norm SIA 181 «Schallschutz im Hochbau» sowohl beim Trittschall als auch beim Luftschall für den normativen Bereich ab 100 Hertz  (Hz) problemlos erreicht. Auch die tieffrequenten Trittschallanteile von Gehgeräuschen werden wirkungsvoll gedämmt. Die guten Schalldämmwerte resultieren bei dieser Konstruktion insbesondere aus der tief ausgelegten Resonanzfrequenz zwischen dem Bodenaufbau und der Decke. Dies verdankt sich dem acht Zentimeter dicken Estrich, der Splittbeschwerung auf der Rohdeckenkonstruktion sowie der weichen Trittschalldämmung. Diese Ausführung eignet sich bei einer sichtbaren HolzTragstruktur. Auf eine Unterdecke kann hier aus schalltechnischen Gründen verzichtet werden.

Die Wohnungen in «sue & til» in Oberwinterthur bieten viel sichtbares Holz.

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© Nils Sandmeier, Biel / Timbatec

UMWELT & TECHNIK

Dem akustischen Verhalten von Holzbaukonstruktionen auf der Spur: Schallmessung in einem Holz-Mehrfamilienhaus in Bümpliz.

KONSTRUKTIVE MASSNAHMEN Eine geeignete schalltechnische Massnahme bei Holzdecken ist die Beschwerung der Rohdeckenkonstruktion. Bei Holz-Rohdeckenkonstruktionen lassen sich durch das Hinzufügen zusätzlicher Masse wesentlich bessere Werte bereits bei tiefen Frequenzbändern erreichen. Eine Rohdeckenbeschwerung dämmt somit die störenden Schallanteile von Gehgeräuschen wirksam. Die wichtigsten Einflussparameter bei der Rohdeckenbeschwerung sind das Flächengewicht der eingebrachten Masse sowie die Biegesteifigkeit der Beschwerung. Geeignet sind Splittbeschwerungen mit einer flächenbezogenen Masse von 120 Kilogramm pro Quadratmeter (kg / m2). Eine weitere bedeutende Massnahme liegt im Einsatz eines geeigneten Fussbodenaufbaus. Die Wirksamkeit von Estrichaufbauten wird massgeblich von der flächenbezogenen Masse des Estrichs sowie der Steifigkeit der Trittschalldämmung beeinflusst. Dabei muss die Masse des Estrichs ausreichend hoch sein und die Trittschalldämmung eine möglichst geringe Steifigkeit aufweisen, um schalltechnisch optimale Resultate zu erzielen. Infrage kom-

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men Glasfaser-Trittschalldämmungen mit einer dynamischen Steifigkeit von sechs Meganewton pro Kubikmeter oder tiefer. Beim Bodenaufbau eignen sich Nassestriche mit einer flächenbezogenen Masse von mindestens 160 kg / m2. Zusätzlich zum richtigen Fussbodenaufbau kann eine abgehängte Unterdecke eine weitere schalltechnische Verbesserung bringen. Für eine wirksame Schalldämmung der tieffrequenten Schallanteile muss die Bekleidung eine möglichst grosse flächenbezogene Masse und eine geringe Biegesteifigkeit aufweisen. Zudem muss der Schalenabstand zwischen der Rohdecke und der Unterdecke möglichst gross sein. Ausserdem ist es wichtig, dass die Unterdecke von der Rohdecke entkoppelt wird.

SCHALLSCHUTZNACHWEIS EINFACH GEMACHT Im nationalen Forschungs- und Entwicklungsprojekt «Schallschutz im Holzbau» der Schweizer Wald- und Holzwirtschaft unter der Gesamtleitung von Lignum wurden in den letzten Jahren für typische Holzbaukonstruktionen in den Labors der

Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa) umfangreiche Untersuchungen durchgeführt. Die im Projekt experimentell ermittelten Schallschutzdaten sind für die Berechnung der direkten Schallübertragung in der LignumBauteildatenbank «lignumdata» abgebildet. Für die Prognose der Luft- und Trittschalldämmung stehen zudem – neben der direkten Schallübertragung über die Bauteile – Kennwerte für die Nebenwegübertragungen über die Bauteilverbindungen zur Verfügung. Um die ermittelten Daten für ein möglichst breites Anwenderfeld nutzbar zu machen und einen einfachen Schallschutznachweis zu ermöglichen, wird ein Softwaretool entwickelt, das im Verlauf des Jahres verfügbar sein wird.

BERNHARD FURRER ist Leiter Technik von Lignum, Holzwirtschaft Schweiz in Zürich. www.lignum.ch



UMWELT & TECHNIK

Massnahmen zur CO2-Reduktion werden pro Objekt geplant.

DANK CO2-REDUKTION KLIMAZIELE ERREICHEN NACHHALTIGKEIT ALS WICHTIGER MOTOR von Sarah Thury

Nachhaltigkeit ist im Immobiliensektor ein zentrales Thema. Viele Immobilieneigentümer und -gesellschaften haben sich ambitionierte Nachhaltigkeitsziele gesetzt. Dabei orientieren sie sich meistens – wie zum Beispiel die marktführende Immobiliengesellschaft Swiss Prime Site Immobilien AG – an den Sustainable Development Goals (SDGs) der Vereinten Nationen, dem Pariser Klimaabkommen und der Energiestrategie 2050 des Bundes.

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ie Reduktion der CO2-Emissionen aus dem Betrieb des Immobilienportfolios bildet dabei häufig einen besonderen Schwerpunkt der Zielsetzungen. So hat Wincasa zusammen mit Swiss Prime Site Immobilien einen sogenannten «CO2-Absenkpfad» mit entsprechenden Massnahmen definiert, wonach festgelegt wird, wie die betrieblichen CO2-Emissionen der rund 190 vorwiegend gewerblich genutzten Liegenschaften der Immobilien-

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gesellschaft bis 2050 deutlich reduziert werden können. Die Massnahmen werden nun pro Objekt geplant und mittels Prognosen hinsichtlich der Zielerreichung laufend überprüft. Dabei wird der pragmatische Ansatz gewählt, dass bei jeder Liegenschaft altersbedingt periodische Investitionen durchgeführt werden müssen. Wird bei den ohnehin erforderlichen Erneuerungsmassnahmen auf eine konsequente CO2-Reduktion geachtet, kön-

nen erhebliche Einsparungen erzielt werden: einerseits durch die Reduktion des Energiebedarfs, andererseits durch den Umstieg auf Energie aus erneuerbaren Quellen. Fachexperten wie das Nachhaltigkeitsteam von Wincasa helfen Immobilieneigentümern nicht nur in beratender Funktion, sondern auch als Bauherrenvertretung, wodurch auch die Überprüfung der konsequenten Umsetzung der gesetzten Ziele erfolgt.


UMWELT & TECHNIK

TROTZ GASHEIZUNG ZUM ZWEI-GRAD-ZIEL VON PARIS Um die CO2-Reduktion effektiv planen zu können, ist eine umfangreiche Datengrundlage notwendig. Wincasa wertet deshalb die langfristigen Energieverbrauchsdaten von Immobilienportfolios aus. Daraus lassen sich zum einen die CO2-Emissionen gemäss einschlägiger Normen berechnen und zum anderen die Stellschrauben für das Reduktionspotenzial ermitteln. Bereits durch Betriebsoptimierungen sind Einsparungen um einige Prozente möglich. Das grösste Einsparpotenzial liegt jedoch in der Reduktion des Wärmeenergiebedarfs durch die Verbesserung der Dämmqualität des Gebäudes. Mit einer umfassenden Sanierung der gesamten Hülle und einer damit einhergehenden Verbesserung der Dämmung kann der Heizenergieverbrauch so weit reduziert werden, dass mit einer Gasheizung das Zwei-Grad-Ziel des Pariser Klimaabkommens erreicht werden kann, was als Nebeneffekt auch positive Auswirkung auf die Energiekosten zur Folge hat. Mit einer vollumfänglichen Umstellung des Energiebezugs auf erneuerbare Quellen lassen sich die CO2-Emissionen theoretisch auch ohne bauliche Massnahmen auf annähernd null reduzieren. Während dies für die Elektrizität heute fast überall mit einem Vertragswechsel auf ein Stromprodukt aus erneuerbaren Energien möglich ist, kann insbesondere der Ersatz der Heizung auf ein CO2-armes System nur mit grösserem Aufwand und nicht ohne vorausschauende Planung realisiert werden. Dabei gilt es, frühzeitig zu klären, welche möglichen Alternativen bestehen. Im Fall der Swiss Prime Site Immobilien wurde durch versierte Planungsbüros geprüft, welche wirtschaftlich und technisch machbaren Alternativen für alle kurz- bis mittelfristig zu ersetzenden Öl- und Gasheizungen bestehen.

FERNWÄRMENETZE ODER AUTARKE ENERGIEERZEUGUNG Die Anschlussmöglichkeit an eine Fernwärmeversorgung bildet meist die wirtschaftlichste Variante. Hinsichtlich der Umsetzung von Massnahmen zur Erreichung der Klimaziele findet zurzeit schweizweit ein Ausbau von Fernwärmenetzen durch Energielieferanten statt. Je nach Standort geschieht dies oft mit einem sehr hohen Anteil an erneuerbaren Energiequellen wie Holz- und Geothermie-Kraftwerken oder See-, Fluss- und Grundwassernutzungen.

Neben Photovoltaik gibt es bereits zahlreiche andere Quellen für erneuerbare Energie.

Fernwärme eignet sich zum Heizen, für die Warmwasseraufbereitung und zur Kühlung. Die Übergabe der Energie erfolgt mittels Wärmetauscher. Dieser ist platzsparend und kann gewöhnlich in bestehenden Heizungsräumen installiert werden. Gegenüber fossilen Heizungen sind diese Anlagen zudem wartungsarm. Beim heutigen Immobilienbestand von Swiss Prime Site Immobilien liegt von den rund 100 Heizungsanlagen, welche heute noch fossil betrieben werden, ungefähr die Hälfte in Gebieten, in denen ein Fernwärmenetz geplant ist oder sich bereits in der Realisierung befindet. Diese Chancen sollte man nutzen und den Umstieg wo immer möglich vorantreiben, auch wenn dabei in Kauf genommen werden muss, dass eine fossile Heizungsanlage vor Ablauf der Restlebensdauer ersetzt wird. Bei den übrigen Liegenschaften bietet es sich an, am Standort selbst eine Energieerzeugung zu realisieren. Hierfür bestehen verschiedene Möglichkeiten wie beispielsweise eine Holzschnitzelheizung, Luft-/ Wasserwärmepumpen oder eine Erdsondenheizung – wobei allerdings nicht überall alle Varianten realisierbar sind. Zudem erhöhen sich die Erstellungskosten, je höher die erwünschte Heizleistung ist. Hier empfiehlt es sich, vorgängig die Dämmung der Gebäudehülle zu optimieren und die Heizleistung auf das Minimum zu reduzieren. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die gesetzten Ziele bezüglich

CO2-Emissionen häufig bereits dadurch realisiert werden können, indem man bei den erforderlichen Erneuerungsmassnahmen für die nächsten 30 Jahre vorausschauend ein starkes Augenmerk auf die baulichen Möglichkeiten zur Reduktion der CO2-Emissionen legt. Häufig ist das innerhalb der bereits geplanten Instandsetzungskosten möglich, wenn man genügend früh analysiert und plant. Es ist auch davon auszugehen, dass sich die Mehrinvestitionen über den Lebenszyklus der Immobilie amortisieren. Insbesondere dann, wenn weitere staatliche Regularien und zusätzliche CO2-Abgaben in Kraft treten sollten. Einen wesentlichen Erfolgsfaktor bildet dabei die frühzeitige Integration der CO2-Ziele in die Objektstrategie und eine sorgfältig darauf abgestimmte Mehrjahresplanung. Emissionsfreie Ersatzneubauten, die Erweiterung des Portfolios durch innovative Eigenentwicklungen sowie der konsequente Einsatz von neuen Technologien bieten ein zusätzliches Potenzial zur Zielerreichung über das gesamte Portfolio.

SARAH THURY ist Projektleiterin Strategy & Development CFM der Wincasa AG. www.wincasa.ch

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KOLUMNE

WANN ERSETZEN SIE IHRE ALTE HEIZUNG? von Andreas Edelmann

D

ieses Jahr stimmen wir endlich über das CO2-Gesetz ab, nachdem dieses lange im Parlament beraten wurde. Was bedeutet das Gesetz für Hauseigentümer/innen konkret? Soll ich nun dem Staat mit seinen immer neuen Vorschriften noch ein kleines Schnippchen schlagen und der neuen Regelung zuvorkommen? Also möglichst bald noch meine alte Öl-Heizung mit einer neuen ersetzen, damit ich vom Gesetz nicht betroffen sein werde? Das wäre eine sehr kurzsichtige und keine weise Entscheidung! Der 1 : 1-Ersatz der fossilen Heizung ist zwar heute die billigere Lösung, weil die Investitionskosten geringer sind. Aber mittel- und langfristig lohnt sich dies kaum. Fast alle Gebäude in der Schweiz haben das Potenzial für ein gut umsetzbares erneuerbares Heizsystem, sei es eine Wärmepumpe, eine Holzheizung oder den Anschluss an einen Wärmeverbund. Mit Wärmepumpen gibt es verschiedene Möglichkeiten, gratis Umweltenergie zu nutzen: Aussenluft, Erdsonden, Grundwasser, in speziellen Fällen auch Abwärme- oder Seewasser-Nutzung. Was bei jedem einzelnen Gebäude machbar und die passende Lösung ist, muss objektspezifisch eruiert und geprüft werden. Alle diese neuen Systeme kosten am Anfang beim Einbau mehr als der 1 : 1-Ersatz, aber man sollte den Fehler nicht machen, nur die Anfangs-Investitionen zu vergleichen. Viel wichtiger sind die Kosten über den ganzen Lebenszyklus. Hier sind alle Systeme im Betrieb günstiger, die nicht von fossilen Rohstoffen abhängig sind, weil die Preise fossiler Energieträger vermutlich steigen werden. Wärmepumpen funktionieren mit Strom. Es stellt sich die Frage, ob die ganze Schweiz auf Wärmepumpen umrüsten und dazu noch auf Elektromobilität umsteigen kann, ohne dass die Stromversorgung kollabiert. Um dies abzuwenden, ist neben vielen Energie­ effizienz-Massnahmen auch ein Ausbau der erneuerbaren Stromproduktion nötig, was in vielen kantonalen Energiegesetzen für Neubauten bereits Vorschrift ist. Der Staat verschärft nicht einfach

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die Vorschriften für Heizsysteme und überlässt die Hauseigen­ tümer / innen ihrem Schicksal: Es wird dazu eine Lenkungsabgabe und ein Förderprogramm ausgebaut. Die CO2-Abgabe auf Heizöl und Erdgas wird schrittweise erhöht, womit die fossile Heizung im Betrieb teurer wird. Gleichzeitig steigt damit aber auch die Attraktivität der erneuerbaren Alternativen ohne CO2-Abgabe. Noch mehr Steuern zahlen also? Nein, ein Teil des Geldes wird noch grosszügiger als bisher für Förderbeiträge an die Hauseigentümer / innen ausgegeben. Damit werden die Anfangsinvestitionen und die neue Heizung im Lebenszyklus noch günstiger. Die übrigen Beiträge werden im Sinne einer Lenkungsabgabe weiterhin an alle Einwohner / innen und Firmen gemäss AHV-Lohnsumme ausgeschüttet. Vom Heizungsersatz profitieren Eigenheimbesitzer/innen direkt, Mieter / innen indirekt. So soll bei einer energetischen Sanierung oder einem Heizungsersatz die sogenannte «warme Miete», das heisst die Miete inklusive Nebenkosten, in etwa gleichbleiben. Der Vermieter erhält mehr Miete, die Werke weniger für die Energielieferung und die Umwelt profitiert mit. Also eine Win-win-win-Situation. Und was stimme ich nun beim CO2-Gesetz? Casafair, der Verband für verantwortungsvolle Hauseigentümer/innen empfiehlt ein klares Ja, weil auch Besitzer von Immobilien in der Verantwortung stehen. Das Gesetz ist ein erster grosser Schritt auf dem Weg zur Klimawende. Aber allein damit wird das Klima nicht gerettet, es wird zukünftig noch weitere Anstrengungen brauchen.

ANDREAS EDELMANN ist Energieberater und Co-Präsident von Casafair Zürich. www.casafair.ch


SMART HOME,

WANDEL

DURCH DIGITALISIERUNG www.energierundschau.ch


UMWELT & TECHNIK

«DABEI SEIN IST ALLES!» WEBINARE UND ROADSHOWS MIT OF-SOFTWARE AG von Daniele Ciociola

Im Jahr 2020 waren die Roadshows der OF-Software AG unter dem Motto «Updaten, netzwerken, profitieren» ein grosser Erfolg und beliebt bei vielen Dienstleistungsbetrieben rund um die Haustechnik. Den Umgang mit einer effizienten Branchen-Software «live» zu erleben, das hat überzeugt. Auch 2021 sollen die Roadshows wieder durchgeführt werden. Zunächst – genauso spannend, interaktiv, individuell und informativ wie bisher – als Webinare. Das Ziel: die Verschmelzung von digitalem und Live-Event mit einem klaren Mehrwert.

Live-Beratungen – sei es bei Messeauftritten, Roadshows und im Moment eher als Webinare: eine der Stärken des OF-Software-Teams.

S

anitär- und Heizungsmonteure-, Spengler, Dachdecker, Bodenleger und Planungsbüros aufgepasst: Die OF-Software AG führt regelmässig regionale Demo-Roadshows durch, die inhaltlich sowohl für bestehende wie auch für interessierte neue Kunden geeignet sind. Die Demos richten sich an Betriebe, die einen Software-Wechsel als Option sehen, um das Tagesgeschäft strategisch und operativ

Seite 106 // bauRUNDSCHAU

zu optimieren. Jeweils an leicht zugänglichen Orten in der Schweiz werden die EDVProgramme OF-4000 mit allen Erweiterungen wie Terminverwaltung, Aufgabentool, mobile Stundenerfassung auf dem Smartphone, das mobile Serviceprogramm für die Monteure und viele weitere Erweiterungen unverbindlich vorgestellt (die Teilnahme ist kostenlos). 2021 geht es weiter mit den Roadshows – zunächst als Webi-

nare durchgeführt – und ab dem Spätsommer wieder als klassische Live-Events.1

INTERAKTIV UND INDIVIDUELL Unternehmen mit Weitsicht arbeiten nunmehr konsequenter mit Webinaren und Webcasts, ermöglichen den hybriden Wissenstransfer und eine Online Content Experience, setzen auf virtuelles Kundenerlebnis. Auch in Zeiten, in welchen man


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DIE DATEN AUF EINEN BLICK:

Prozesse mit einer IT-Lösung zu optimieren, das wollen alle Unternehmen in den Haustechnik-, Sanitär-, Heizungstechnik- und Baubranchen. Mit der Branchenlösung OF-4000 gelingt das spielend.

aufgrund der Covid-Pandemie einen direkten Kundenkontakt minimieren oder gar vermeiden sollte, wird so auf authentische Weise ein gutes Kundenvertrauen erzeugt. Das setzt auch die OF-Software AG mit ihren Webinaren (einfache Anmeldung über Landing Page – Link siehe Info-Box rechts) um, bei welchen die Branchensoftware erklärt und das Handling demonstriert wird. So macht man also auch bei OF-Software aus der Not eine Tugend und passt sich den Verhältnissen an, ohne gleich auf Interaktion zu verzichten. Der «Faktor Vertrauen» spielt bei der Wahl einer Branchen-Software eine grosse Rolle. «Mit unseren Webinaren können wir unsere bei der Zielgruppe beliebten Roadshows auch in diesem Frühling noch anbieten», sagt CEO Pablo Gudenrath. Von der Basissoftware OF-4000 und die mobilen Tools für die Monteure bis zur Terminplanung und der auftragsbezogenen Vor- / Nachkalkulation bekommt man so einen Einblick in die Vorzüge der OF-Lösungen. Natürlich gilt auch dann die OF-Devise: Software kennenlernen, gratis testen und entscheiden. Das Ziel: Alle Arbeitsprozesse sollen in der gleichen Software abgearbeitet werden. Mit den innovativen Apps für Smartphone und Tablets können Aufträge, Termine, Material- und Zeiterfassung effizient gemanagt werden.

«Der ‹Faktor Vertrauen› spielt bei der Wahl einer BranchenSoftware eine grosse Rolle.» GUTER RUF UND KUNDENBINDUNG Prozesse mit einer optimalen IT-Lösung zu optimieren, das wollen alle Unternehmen in den Haustechnik-, Sanitär-, Heizungstechnik und Baubranchen. Der Respekt vor einer Software-Implementierung ist aber noch immer gross, denn schliesslich werden Workflow-Prozesse neu definiert. Gewünscht wird: ein unkomplizierter Wechsel zu einer neuen, modernen, effizienten und zugleich auch intelligenten Arbeitssoftware, die zudem auch noch nachhaltig Prozesse exponentiell optimiert, selbsterklärend und einfach zu bedienen ist. Und so was geht tatsächlich, wie an den OF-Software AG Webinaren und Roadshows eindrücklich demonstriert wird.

Webinare • 13. April 2021, 16:00 Uhr Webinar für Neukunden • 27. Mai 2021, 17:00 Uhr Webinar für Neukunden • 18. Juni 2021, 15:00 Uhr Webinar für Neukunden Roadshows • 15. Juli 2021 Business Park Luzern, Littauerboden 1, 6014 Luzern • 18. August 2021 CEO Constant Dialog AG, Alte Steinhauserstrasse 33, 6330 Cham • 16. September 2021 Marina Lachen, Hafenstrasse 4, 8853 Lachen • 20. Oktober 2021, benevol St. Gallen, St. Leonhard-Strasse 45, 9001 St. Gallen • 16. November 2021, Genossenschaft Kalkbreite, Kalkbreitestrasse 6, 8003 Zürich • 09. Dezember 2021, TRIUMvirat AG, Augustin-­Keller-Strasse 31, 5600 Lenzburg Mehr Informationen für die Teilnahme www.of-software.ch/roadshows www.vimeo.com/480807561

TEILNEHMEN LEICHT GEMACHT: «MITTENDRIN STATT NUR DABEI» Wer mit der Zeit gehen und auf eine neue, optimierte, moderne und einfach zu bedienende Software für die HaustechnikBranche umsteigen möchte, kann sich einen Slot in einer der OF-Software AG Webinare oder Roadshows sichern. Wir freuen uns auf Ihre Teilnahme. www.of-software.ch/roadshows ANMERKUNG 1) Diesen Beitrag finden Sie auch online mit allen Links unter bauRUNDSCHAU.ch

DANIELE CIOCIOLA ist redaktioneller Mitarbeiter bei der Editorial AG www.of-software.ch

Ausgabe 01/2021 // Seite 107


UMWELT & TECHNIK

BIM basiert auf einem objektorientierten 3-D-Modell, auf das alle Partner zugreifen.

HILFSMITTEL FÜR DIGITALES BAUEN EINE EINSCHÄTZUNG DER BERNER FACHHOCHSCHULE von Prof. Thomas Rohner

BIM wird 2021 zumindest in staatlichen Immobilienprojekten zur Pflicht. Doch wo setzen Unternehmen an, um die digitale Transformation erfolgreich in ihren Prozessen zu integrieren? Im Rahmen der Initiative Wald & Holz 4.0 hat die Berner Fachhochschule BFH Hilfsmittel erarbeitet, mittels derer Unternehmen sich Orientierung und Übersicht im digitalen Bauen verschaffen können.

D

as entscheidende Potenzial der Digitalisierung ist der Beitrag, den sie zu Kostentransparenz, Effizienz, Terminsicherheit und Stabilisierung der Prozesse in der Baubranche leisten kann. Mit der staatlichen BIM-Pflicht wächst nun die Motivation vieler Unternehmen nachzuziehen und BIM anzuwenden. Die neu entwickelten Hilfsmittel, wie der BIM-Kompass und die BIM-Roadmap, dienen Unternehmen als Orientierungs-, Positionie-

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rungs- und Umsetzungshilfe im Kontext des digitalen Bauens.

ZIELE DEFINIEREN, UMSETZUNG PLANEN UND ÜBERPRÜFEN Das Unternehmen definiert seine BIM-Ziele und trägt diese im BIM-Kompass ein. Je nach Reifegrad der BIM-Zielformulierung ergeben sich auf dem konzentrischen Kreis die zu erreichenden Reifegrade aller zur Zielerreichung nötigen sieben Faktoren

(Technologie, Kunden-/Lieferantenhandling, Benchmark, Personal, Marketing, gesetzlicher Rahmen und Treiber). Bei massgeblichen Abweichungen zwischen dem Ist- und Soll-Zustand besteht Handlungsbedarf. Alle Sektoren des BIM-Kompasses sind als Roadmap mit einer Zeitachse, welche dem BIM-Ziel entspricht, aufgezeichnet. In der zeitlichen Abfolge lassen sich die Handlungsfelder eintragen und mittels Milestones periodisch kontrollieren.


UMWELT & TECHNIK

Digital Planen, Bauen, Nutzen – BIM sicher anwenden». Im Interview erklärt er, warum es gerade als KMU Pflicht ist, am Puls der (digitalen) Zeit zu bleiben. Sie haben das CAS Digital Planen, Bauen, Nutzen der Berner Fachhochschule absolviert. Warum? Die Digitalisierung bietet der Baubranche immense Chancen, und die BIM-Methode ist ein Teil davon. Für mich als CTO eines KMU ist es Pflicht, hier von allem Anfang an am Puls zu sein, insbesondere dann, wenn sich der Bund ab diesem Jahr in seinen Projekten zu 100 Prozent zu BIM bekennt. Unsere Strategie als Zulieferer-Unternehmen ist es, den Kunden ein kompetenter Ansprechpartner in allen BIM-Fragen zu sein, dazu müssen wir ihnen einen Schritt voraus sein. Was war der konkrete Nutzen der Weiterbildung für Ihren beruflichen Alltag? Auch wenn in der ganzen BIM-Geschichte mangels Normen und Referenzobjekten noch mehr unklar als klar ist, kann ich vieles aus dem CAS direkt im Betrieb anwenden. So sind wir zum Beispiel aktuell bei der Neuerfassung unserer internen Prozesse.

BIM-BILDUNGSLANDKARTE DER SCHWEIZ Einer der wichtigsten Faktoren zur Erreichung der digitalen Transformation ist das Personal. Damit verbunden ist die Befähigung des ganzen Teams – das digitale Planen und Fertigen, aber auch die Montage – durch kompetente und anerkannte Schulungen. Die BIM-Bildungslandkarte vermittelt eine Übersicht über die aktuell angebotenen Aus- und Weiterbildungen in der Schweiz. Sie basiert auf einheitlichen, konsolidierten Begriffen und Ausbildungen.

BIM-ORGANE UND -TREIBER IN DER SCHWEIZ: DAS BIG PICTURE Auf der Ebene des wirtschaftlichen Umfelds veranschaulicht eine Art Big Picture der BIM-Organe und -Treiber, welche Organisationen, Verbände, Normengremien, Vereine, Forschungseinheiten, Ausbildungsstätten und Firmen im digitalen Bauen eine tragende Rolle spielen. Der BIM-Kompass, die BIM-Roadmap, das Big Picture der BIM-Organe und -Treiber mit der ergänzenden Tabelle sowie die BIM-Bildungslandkarte der Schweiz stehen den Unternehmen auf der Website der

Initiative Wald & Holz 4.0 zum Download zur Verfügung.

SICH BIM-WISSEN BEI DER BFH HOLEN Die BFH ist als buildingSMART-Kursanbieterin akkreditiert. Mit dem «Professional Certification Program» von buildingSMART International kann die BFH international standardisierte und anerkannte Weiterbildungsangebote anbieten, die grundlegende Kenntnisse der BIM-Methode vermitteln und bescheinigen. Im «CAS Digital Planen, Bauen, Nutzen – BIM sicher anwenden» erwerben sich die Teilnehmer*innen die Methodenkompetenz, um Planungs- und Produktionsprozesse durchgehend digital zu verstehen und zu führen. Zudem bietet die BFH auch (Online-)Firmenschulungen zum Thema Digitales Bauen an. So bildete sich das Bundesamt für Bauten und Logistik (BBL) zum Thema BIM an der BFH weiter.

Wo sehen Sie den Nutzen, wo die Herausforderungen von digitalem Bauen bzw. BIM? Es ist fast paradox, aber den grössten Nutzen sehe ich zurzeit darin, dass die Menschen wieder zusammen sprechen, wenn es um BIM geht, weil noch keine Routine herrscht. Dies bringt allen Projektbeteiligten meiner Meinung nach im Moment den grössten Nutzen. Die Kommunikation der einzelnen Softwares muss noch stark verbessert werden. Dasselbe gilt für die Normen und Arbeitshilfen, welche zurzeit praktisch inexistent sind. Wo würden Sie Unternehmen der Holz- / Baubranche empfehlen, zuerst anzusetzen? So banal es klingt, das Wichtigste sind auch bei der Digitalisierung die Mitarbeitenden. Investieren in die digitale Zukunft bedeutet investieren in die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

PROF. THOMAS ROHNER ist Dozent an der Berner Fachhochschule.

Markus Fuhrer ist CTO der Balteschwiler AG und Absolvent der Weiterbildung «CAS

www.bfh.ch/digitalbauen

Ausgabe 01/2021 // Seite 109


UMWELT & TECHNIK

In ländlichen Regionen sind die Wege länger.

KLUGE STADTGESTALTUNG RESILIENTE STÄDTE HABEN EIN INTAKTES IMMUNSYSTEM Interview mit Rudi Scheuermann von Elisa Beck

Corona hat uns verändert – politisch, wirtschaftlich, gesellschaftlich, sozial und individuell. Das Virus hat uns vor Augen geführt, was wirklich systemrelevant ist, und den Blick auf die Zukunft unserer Städte geschärft. Im Interview erläutert Rudi Scheuermann, Fellow und Director des weltweit tätigen Planungsund Beratungsbüros Arup, warum zukunftsweisende Stadtplanung nicht nur Antworten auf künftige Pandemien, sondern auch auf den klimatischen, demografischen und digitalen Wandel geben muss.

H

err Scheuermann, müssen wir das komplexe Konstrukt Stadt nach Corona neu denken? In der Tat, denn die Pandemie hat wie durch ein Brennglas gezeigt, was in unserer Gesellschaft gut läuft und wo wir nachjustieren müssen. In der Krise wurde deutlich, wie wichtig das unmittelbare Umfeld ist, die Nachbarin, der Laden um die Ecke, der Park vor der eigenen Haustür. Trotz Social Distancing sind sich die Menschen wieder nähergekommen. Diesen neuen gesell-

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schaftlichen Zusammenhalt gilt es, durch kluge Stadtgestaltung zu stärken. Wir haben erfahren, wie fragil globale Wertschöpfungsketten sind. Deshalb sollten wir dafür Sorge tragen, dass die Herstellung lebensnotwendiger Güter wieder in Europa erfolgt. Ob Home Office, Home Schooling, Online-Shopping oder der Video-Chat mit Freunden und Familie – allen ist klar geworden, wie wichtig eine funktionierende digitale Infrastruktur ist, um unseren Alltag aufrechtzuerhalten.

Laut Prognosen des Zukunftsinstituts werden 2050 rund 75 Prozent aller Menschen in Städten leben. Ist Verdichtung in Zeiten von Social Distancing noch zukunftsfähig? Ob die Stadt der kurzen Wege auch in Zukunft noch das Ideal sein wird, ist eine Frage, die Architekten, Planer und Stadtentwickler weltweit beschäftigt. Ich denke, dass wir das Konzept der Verdichtung anhand der gemachten Krisenerfahrungen weiterentwickeln müssen. Wenn wir die


UMWELT & TECHNIK

Rudi Scheuermann ist seit 2014 Arup Fellow.

richtigen Schlüsse ziehen, könnte Corona ein Katalysator sein, der die nachhaltige Transformation unserer Städte beschleunigt. Denn nachhaltige Städte sind resilienter gegenüber Krisen. Sie können besser auf Veränderungen reagieren und sind eher in der Lage, diese zu bewältigen. Corona hat unser Leben digitaler gemacht. Sind Smart Cities resilienter? Absolut. Ob Bewegungsströme, Energieverbrauch, Infrastrukturauslastung oder Nutzungsverhalten – datenbasiertes Wissen ermöglicht eine wesentlich bessere Steuerung des Systems Stadt. Digitale Lösungen, wie zum Beispiel eGovernment, eLearning, eCommerce, eHealth, sorgen dafür, dass unsere Gesellschaft auch in Krisenzeiten anpassungsfähig, handlungsfähig und damit überlebensfähig bleibt. Das setzt allerdings voraus, dass flächendeckend eine funktionierende digitale Infrastruktur vorhanden ist. Hier sehe ich in den nächsten Jahren dringenden Handlungsbedarf. Städte sind für 70 Prozent des globalen Energieverbrauchs und der CO2-Emissionen verantwortlich. Mit Blick auf das Erreichen der Klimaziele scheint das Konstrukt Stadt eher kontraproduktiv? Paradoxerweise ist die Urbanisierung nicht das Problem, sondern Teil der Lösung. Denn rechnet man die Emissionen auf die Einwohner um, ist der CO2-Ausstoss in Städten pro Kopf um bis zu 40 Prozent geringer als in ländlichen Regionen. Die bessere Umweltbilanz resultiert aus kleinerem Wohnraum mit entsprechend geringerem Energieverbrauch, kürzeren Wegen und der stärkeren Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel. Nichtsdestotrotz müssen unsere

Das unmittelbare Umfeld wird in Krisen besonders wichtig.

Städte bis 2050 klimaneutral werden. Durch den Ausbau regenerativer Energien, nachhaltige Mobilitätskonzepte und die Begrünung der Städte.

«Quartiere sind das Herzstück nachhaltiger Stadtplanung.» Welche Rolle spielen Quartiere bei der nachhaltigen Stadtplanung? Die Pandemie hat sehr deutlich gezeigt, welche Bedeutung funktionierende Nachbarschaften für den Zusammenhalt der Gesellschaft haben. Deshalb sind Quartiere das Herzstück nachhaltiger Stadtplanung. Als Keimzellen bürgerlichen Engagements sind sie für die Resilienz von Städten unverzichtbar. Aber nicht nur das, Quartiere sind auch Labore für die urbane Zukunft. Denn hier kann in kleinem Rahmen ausprobiert werden, was im Grossen funktionieren soll. In Ihrer Experten-Podcast-Folge «Städte zukunftssicher planen» haben Sie Prof. em. Kees Christiaanse zu Gast,

mit dem Sie den Masterplan für die Zukunftsstadt PHVision entwickelt haben. Was macht dieses Projekt so zukunftsweisend? Arup hat lediglich die Studie zur programmatischen Profilierung und Nutzungsmischung erstellt. Der Masterplan stammt von Christiaanses Büro KCAP Architects & Planners. Auf dem Gelände einer ehemaligen Wohnsiedlung der USStreitkräfte entsteht in Heidelberg ein komplett neuer Stadtteil, in dem 10’000  Menschen wohnen und 5 000 weitere arbeiten werden. Das Projekt bietet die Chance, ein Musterquartier zu schaffen, das wichtige Antworten auf Zukunftsfragen gibt. Experimentelle Wohn- und Arbeitsformen werden mit innovativen Freiraum- und Gemeinschaftsangeboten sowie klimaneutralen Energie- und Mobilitätskonzepten kombiniert. Ziel ist es, einen Modulbaukasten zu entwickeln, der Architekten und Planern Inspirationen für die Planung resilienter urbaner Räume bietet.

RUDI SCHEUERMANN ist Director beim internationalen Planungs- und Beratungsbüro Arup. www.arup.com

Ausgabe 01/2021 // Seite 111


VORSCHAU &  IMPRESSUM

VORSCHAU DIE NÄCHSTE AUSGABE ERSCHEINT IM AUGUST 2021 Folgende Schwerpunkte stehen auf unserer Agenda:

Von A bis Z BIM in der Planung auf der Baustelle

Nachwirkung der Pandemie Das Smart Home kommt aus der Nische

Ein Ziel, viele Möglichkeiten Sicherheitslösungen rund um das Haus

Best of both worlds Der Zwischenraum Wintergarten

Mehr als ein Trennelement Die Wand

Leben auf allen Etagen Ausbau von Keller und Dachböden

Herausgeber Editorial AG Talstrasse 20 CH-8001 Zürich Ausführung Editorial AG Ceres Tower Hohenrainstrasse 24 CH-4133 Pratteln Telefon +41 61 551 39 40 Telefax +41 61 551 39 49 info@editorial.ag www.editorial.ag Geschäftsleitung Jan Tanner j.tanner@editorial.ag Verlagsleitung Hasan Dursun h.dursun@editorial.ag Projektleitung Adrian Borer a.borer@editorial.ag Verkauf & Marketing Sandro Zoppas s.zoppas@editorial.ag Sikhu Lartey s.lartey@editorial.ag

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Chefredaktion Georg Lutz g.lutz@editorial.ag Redaktion Elisa Beck e.beck@editorial.ag Leitung Produktion & Grafik Melanie Moret m.moret@editorial.ag

Rudi Scheuermann Peter Schmid Dr. Stefan Schwarz Francisca Sommer Ulrike Sturm Sarah Thury Peter Wellauer Matts Wheelis Swenja Willms Dr.-Ing. Jan Wurm Caroline Zollinger

Korrektorat / Lektorat Brigitte Battaglia

Interview Dr. Claudio Sedivy Rudi Scheuermann Roman Specogna Benjamin Zbären

Aboservice info@editorial.ag

Titelbild Shutterstock

Autoren Liliane Ableitner Gerald Brandstätter Timo Brehme Daniele Ciocola Andreas Edelmann Bernhard Furrer Carmen Hocker Heike Hübner Nilson Kufus Michael Meuter Isabel Plana Lena Raizberg Prof. Thomas Rohner

Bilder 99designs Arup Moritz Bernoully Chartier+Corbasson Benedikt Dittli Doka Schweiz AG Georg Dörr Exnaton AG Yiorgis Gerolymbos Thomas Graham Dimitar Harizanov HGEsch Rasmus Hjortshoj

Grafik Sandra Schneider

Hydroplant AG istockphoto | teekid Kämpfen Zinke + Partner AG Lignum Ursula Meisser MEVA Schalungs-Systeme AG Stefan Müller Picturegarden | Rohner Ulrich Rossmann SALTO Systems SimmenStyle AG Nils Sandmeier Novoferm Schweiz AG Tord-Rickard Söderström VTN Architects Wildbiene und Partner Zbären Kreativküchen AG Qingyan Zhu Quooker Schweiz AG Lucas Ziegler Jahresabo Drei Ausgaben CHF 14.– Einzelpreis CHF 5.90 info@editorial.ag ISSN 2504-1142 A PRODUCT OF PRESTIGE MEDIA GROUP SA Wiedergabe von Artikeln und Bildern, auszugsweise oder in Ausschnitten, nur mit ausdrücklicher Genehmigung der Redaktion. Für unverlangte Zusendungen wird von der Redaktion und dem Verlag jede Haftung abgelehnt.


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