IMAGINE 03/16 Volume 23 Auszug

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TRAVEL & SAVOIR VIVRE

VOLUME 23

TÜRKEI

TRAUMSTRÄNDE & FASZINIERENDE KULTUREN

NORWEGEN

Ein maritimes Fest

JERUSALEM

Die biblische Stadt

SAMOËNS

Zwischen sieben Bergen

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03

Perlen für die Sonne

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Insel-Hüpfen in Norwegen

&

die Aromen Izmirs GESCHÄTZTE LESERINNEN, GESCHÄTZTE LESER Eine Bootstour durch die unberührte Inselwelt der Fjordküste zwischen Bergen und Ålesund gehört zu den unverzichtbaren Highlights jeder Norwegenreise. Wir haben das neue Island-Hopping-Angebot rund um das Solund- und Askvoll-Archipel ausprobiert. Begleiten Sie uns auf einer zwar regnerischen, aber deshalb nicht weniger eindrücklichen Reise. Ferien in der Türkei bedeutet eine Reise zwischen gestern und heute, zwischen Okzident und Orient. Und natürlich zwischen endlosen Sandstränden und einer eindrücklichen Kultur. Die vielfältige Landschaft ist seit Jahrtausenden besiedelt und Heimat vieler Hochkulturen. In der Region um das heutige Izmir, das ehemalige Smyrna, tummeln sich Geschichte, guter Geschmack und ein traumhaftes Meer. An Religion kommt in Israel keiner vorbei: Pilger aus aller Welt strömen zu den heiligen Stätten. Die Grabeskirchen, die Klagemauer oder der Felsendom – in Jerusalem befinden sich die Heiligtümer der Juden, Christen und Muslime. Wandern Sie mit uns durch eine der ältesten Städte der Welt. Und tauchen Sie ein in die biblische Historie der Stadt. Die Welt steht Ihnen offen und wartet darauf, entdeckt zu werden. Ein kleines Stück bringen wir Ihnen mit unserem Magazin nach Hause. Begleiten Sie uns also auf einer spannenden Lesereise.

Francesco J. Ciringione Verleger

EDITORIAL 2 IMAGINE VOLUME 23

Yvonne Beck Chefredaktorin


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Editorial

Inhalt 8

2

SPECIAL DESTINATION Türkei Izmir 8 Karagöz und Hacivat 12 Sagalassos 14

Kurzurlaub

Strandparadiese 16

Norwegen

Ein maritimes Fest

18

Entdeckungstour Cote d‘Azur

18

24

CITY & CULT URE Jerusalem

Die biblische Stadt

30

26

Herlinde Kölbl

34

26

Targets 30

Empire State Building Berühmter Wolkenkratzer

34

42

LOST & FOUND Enjoy the Rain

Regenschirmmacher 36

Die junge Donau

Der mächtigste Fluss in Zentraleuropa

42

54

FOOD LOUNGE Cocktails with a Twist Die American Bar

Champagner

Krug World Festival

INHALT 4 IMAGINE VOLUME 23

48 54

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Inhalt

FOOD LOUNGE Perlen für die Sonne

Prosecco 60

60

ADV ENT URE & SPORT Schritt für Schritt Über das Wandern

64

Dschungelunterkünfte Baumhäuser weltweit

70

Samoëns

Zwischen sieben Bergen

72

64

72 84

UNIQUE Kroatien

Mediterranes Wunderland

76

Sri Lanka

Paradies unter Mangobäumen

82

Cuxhaven

Wie Deutsche Ferien machen

82 90

84

Spiekeroog

Inselglück 88

Dominikanische Republik Charme und Zauber

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Picture Postcard from …

Panama 94

87

NEWS & BOOKS Wahrzeichen 41 Foodbooks 53 Kulinarische Leckerbissen 58 Vorsicht, Diebstahl! 63 Männerurlaub auf Mallorca 75 Reisen zwischen den Seiten 81 Kurioses rund um den Globus 87 Vorschau 96 INHALT 6 IMAGINE VOLUME 23

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Wellen, Oliven   Ruinen

& Die Region um Izmir Die Türkei liegt voller Geschichte und Kultur. Die vielfältige Landschaft ist seit Jahrtausenden besiedelt und Heimat vieler Hochkulturen. In der Region um das heutige Izmir, das ehemalige Smyrna, tummeln sich Geschichte, guter Geschmack und ein traumhaftes Meer. Autor: Reto Sauer

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zmir ist die drittgrösste Stadt der Türkei und wirtschaftliches Schwergewicht. Die Stadt hat eine jahrtausendealte und bewegte Siedlungsgeschichte. Menschen haben an der Küste gelebt und die Stadt zu einem wichtigen Handelszentrum gemacht. Auch das Umland Izmirs bietet vielfältige und abwechslungsreiche Ziele.

Die Aromen Izmirs

Die Küche der Region ist sehr vielfältig. Seit tausenden Jahren wird die wichtigste Zutat angebaut: das Olivenöl. Daneben ist Knoblauch ein unverzichtbarer Bestandteil der Gerichte. Doch ist es auch die Landschaft, die den Geschmack der Region prägt: Brennnessel, Fenchel, Wegwarte, Schwarzwurz und wilder Spargel geben der Küche Izmirs unvergleichbare Aromen, doch sind es drei Blumen, die die Gerichte durch die Jahreszeiten prägen. An der Ägäis folgt der Frühling direkt auf den Herbst und bringt Artischocken in die Kochtöpfe. Der Sommer wird in der Küche von den Blüten der Zucchetti geprägt, und ab August versüssen Feigen das Leben. Aus ihnen macht man das typische Cevizli İncir Tatlısı.

Typisch Ägäis

Alaçatı liegt an der Ägäisküste im Westen von Izmir und ist aufgrund seiner historischen Häuser, der ursprünglichen Stadtstruktur und nicht zuletzt aufgrund des Meeres bei Urlaubern beliebt. In den alten Kalksteinhäusern sind Boutique-Hotels eingerichtet, und auf den Gässchen und Strassen haben die Cafés und Restaurants ihre Sitzplätze auf den alten Pflastersteinen. In den engen und verwinkelten Gassen liegen kleine Läden, in denen die Produkte der Region angeboten werden. Seit jeher leben die Menschen in Alaçatı von Wein- und Olivenanbau. Auch heute sind diese alten Produkte hoch im Kurs.

Von Meer und Land

In Alaçatı lebt man von und mit der Vergangenheit und lernt von ihr. Sowie man den Anbau von Oliven weiter pflegt, so gibt man das Wissen der Kräuter weiter, die der Küche der Halbinsel ihren besonderen Geschmack geben. Seit 2010 widmet Alaçatı seiner Kräuterwelt im April ein eigenes Festival. Wenn die Natur inmitten des Frühlings blüht, entdeckt und schmeckt man den Zauber der Natur und die warmen und kalten Gerichte, die von ihr profitieren. Im Meer leben die Fische, die

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bei den ausgedehnten Abendessen das Leben lebenswert machen, und am Meer locken die vielen Strände zu entspannten Stunden. Über das Meer bei Alaçatı weht an elf Monaten im Jahr ein kontinuierlicher Wind, der das Städtchen zum besten Windsurfspot der Türkei macht. Anfänger können in den Surfcenter das Windsurfen lernen, und Könnern bietet Alaçatı beste Konditionen.

Heimat des Weltwunders

Südlich von Izmir liegen die Überreste der berühmten Stadt Ephesus. Der Hafen, der der Stadt in der Antike Reichtum brachte, ist heute versandet. Wo früher Schiffe einfuhren, schiessen heute die Besucher Ansichtsfotos. Die beeindruckenden Überreste der einstigen Grossstadt Ephesus, die mit dem Artemis-Tempel eines der sieben Weltwunder beherbergte, ziehen noch heute unzählige Besucher an. Am Hügel im Landesinneren liegen die Überreste von römischen Villen, deren Wandbilder etwas von der alten Zeit wiederaufleben lassen. Die alte Hauptstrasse führt vom Theater an der Agora über die Bibliothek von Celsus durch die Stadt bis zum Tempel der Artemis, und ausserhalb stehen die Überreste der Johanniskirche.

Lebende Vergangenheit

Kaum zehn Kilometer östlich von Ephesus liegt Şirince. Am grünen Berghang ragen Zypressen über die alten Steinhäuser. Das Dorf wurde gegründet, nachdem Ephesus verlassen wurde, und es zirkulieren verschiedene Geschichten über die Gründung. 40 freigelassene Sklaven, ehemalige Bewohner von Ephesus oder geflohene Sklaven sollen sich hier niedergelassen haben. Die Menschen lebten und leben vom Feigen- und Weinanbau und verdienen sich mit den Touristen etwas dazu. Die Ortschaft mit den engen Gassen hat sich in den letzten hundert Jahren kaum verändert und bietet sich so für Tagesausflüge an. Von der Terrasse eines der traditionellen Restaurants kann man entspannen und die Luft dieser besonderen Region einsaugen. >


Der historische Charme in den alten Gassen wird von den vielen privaten Läden belebt, in denen die Produkte der Region angeboten werden.

Die Region um Izmir ist ein geschmackliches Highlight der Türkei. Die Gerichte werden durch die Kräuter und das Olivenöl noch aromatischer.

Der Uhrturm von Izmir wurde 1901 an der Uferpromenade erbaut und gilt seitdem als Wahrzeichen der vielfältigen Stadt.

Nice to know !!! Anreise

Wann nach Izmir?

Mitbringsel

Weitere Informationen

Direktflüge nach Izmir gibt es von Basel und Zürich. Wer auf ein Auto verzichten will, der bewegt sich am besten mit Bussen. Touristen werden an den Busbahnhöfen pragmatisch an die passende Stelle gebracht. Für Tagesausflüge sind Domus die Alternative zu Taxis. Die kleinen Busse fahren los, wenn sie voll sind und bedienen feste Strecken.

Rund um Izmir werden Oliven angebaut. Problemlos lässt sich die Seife aus Olivenöl oder Schnitzwerk aus dem goldbraunen Holz mitnehmen.

Das Klima ist zwischen Mai und Oktober für Sonnenfreunde bestens geeignet. Im April blüht zwar die Landschaft, aber es ist noch zu kühl, um sich in die salzigen Wellen zu stürzen. Von Juni bis September hat die Sonne die Landschaft im Griff, und es ist heiss. Regen ist das ganze Jahr über äusserst selten.

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«Im Kern ist Karagöz         eine Mischung aus Dichtung, Musik, Volksbräuchen und und mündlicher Tradition.»

Der Hayalî belebt die Figuren von Karagöz (rechts) und Hacivat (links) dank seiner Hände und mit seiner Stimme. Die Geschichten von Karagöz und Hacivat sind im groben vorgegeben. Die Details improvisiert der Puppenspieler vor Ort.

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Schattentheater auf Türkisch Karagöz und Hacivat Wenn die Sonne in den Abendstunden an Ramadan sinkt, beleben sich die Strassen und Gassen in Istanbul mit Flaneuren. Nach den langen Tagesstunden zieht es sie zum Essen und anschliessend in die Cafés zu etwas Zeitvertreib. Vielleicht beim klassischen Schattentheateraufführungen, dem Karagöz. Autor: David Renner

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as klassische Schattentheater ist auf dem gesamten ehemaligen Staatsgebiet des Osmanischen Reiches verbreitet. In der Türkei heisst es Karagöz nach einem der beiden Hauptcharaktere und bedeutet so viel wie schwarzes Auge. Die zweite Hauptrolle gehört Hacivat. Das Puppenspiel entstand wohl nach der Gründung der osmanischen Dynastie und unterhielt, kommentierte und kritisierte, bis in den letzten Jahren der Fernseher den traditionellen Bildschirm an sein Ende gebracht hat. Traditionell wird es an Ramadan und bei Beschneidungsfesten gegeben. Heute gibt es in der Türkei nur noch eine Handvoll Hayalî, Schattenspieler, die mit ihren Händen und ihrer Stimme ihren selbst gebauten Figuren Leben einhauchen.

Comedia der Puppen

Die eigentliche Handlung ist in 30 mehr oder weniger festen Geschichten um die Figuren Karagöz und Hacivat festgehalten oder wird vom Hayalî improvisiert. Eine Aufführung beginnt mit dem Ghazel, einem mystischen Stück, auf das ein Dialog, der Muhavere, folgt. Anschliessend kommt die Fasıl genannte Haupthandlung, die in einem kurzen Epilog endet. Unverzichtbarer Teil des Karagöz ist die begleitende Musik. Heute kommt sie meist aus einer Musikanlage. Früher begleiteten Musiker den Hayalî mit ihren Instrumenten. Die verschiedenen Teile des Stücks sind voneinander unabhängig. Die Haupthandlung ist bei jedem Stück locker gestrickt, doch wie in der italienischen Comedia dell’Arte sind die

Figuren feste Typen. Der unbestrittene Held ist Karagöz, ein einfacher und ungebildeter Charakter voller Witz. Er wird von Hacivat, der etwas gebildeter ist, zu allerlei Unternehmungen angestiftet. Karagöz` mangelnde Bildung führt zu Missverständnissen und den daraus folgenden Chaos. Hacivats Pläne, durch Karagöz zu seinen Zielen und Wohlstand zu kommen, scheitern am Ende. Neben den Hauptfiguren treten je nach Stück verschiedene andere Typen auf. Der Istanbuler Çelebi beispielsweise ist je nach Spieler ein reicher Herr, manchmal Erbschleicher oder Schürzenjäger und dabei höflich, aber ängstlich. Alle Figuren sind Typen, mit festen Grundeigenschaften und werden von dem Puppenspieler gesprochen. Abends sitzen Kinder und Erwachsene vor der Leinwand aus Baumwolle, auf der sich die Schatten abzeichnen. Dahinter bewegt der Hayalî die Figuren. Sie werden nicht durch Fäden bewegt, sondern mithilfe von Holzstäben, die senkrecht von den Puppen abstehen.So werfen sie keinen störenden Schatten auf die Leinwand. Das Licht stammt von einer Öllampe, deren gelber Schein einen bewegten Hintergrund erzeugt. Die Figuren macht der Puppenspieler selbst aus Kamelleder und verziert sie mit selbst angerührten Farben. Die normalen Figuren sind zwischen 25 und 35  cm gross, einzig der riesenhafte Baba Himmet überragt die anderen Personen der Schattenspiele. Und hinter allem steht nur der Hayalî  – der Einzige, der diese Kunst bewahren kann. >

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Sagalassos

Vergangene Pracht im Taurus Sagalassos war einst eine prachtvolle Stadt im Westen des Taurus. Die Stadt wurde nach ihrem Untergang vergessen, und die Ruinen erhielten sich in einem unvergleichlichen Zustand. Seitdem Forscher der Universität Leuven 1990 mit Ausgrabungen begannen, ist die Stadt in einem einmaligen Zustand wieder auferstanden. Autor: David Renner


Der Wiederaufgebaute Rundbogen über dem wiedersprudelnden Brunnen zeigt deutlich, wie wohlhabend Sagalassos einst war.

D

ie Ruinen lassen erahnen, wie wohlhabend Sagalassos zu seiner Hochzeit gewesen war. Seit dem Beginn der Ausgrabungen fördern die belgischen Forscher nicht nur 1’000’000 Objekte pro Jahr zutage, sondern sie haben auch einstige Gebäude restauriert. Um die untere und die obere Agora, den einstigen Fest-, Versammlungs- und Marktplatz stehen heute wieder restaurierte Prachtbauten, Säulengänge und Brunnen. Zwei wohlhabende Eheleute hatten nach ihrer Scheidung versucht, einander in Bauten für die Stadt zu übertreffen. An dem felsigen Hang stehen heute wieder ein funktionierender Brunnen, 13 Meter hohe Ehrensäulen, Torbögen, ein römisches Bad und ein griechisches Theater. Eine kilometerlange Prachtstrasse führt auf die untere Agora zu und passiert eine Tempelanlage, die wohl auch als Bischofskirche genutzt wurde.

Mit der Zeit vergessen

Die Ruinen liegen im Westen des Taurusgebirges in einem Gebiet, das früher schwer zugänglich war und von wehrhaften Menschen bevölkert war. Alexander der Grosse nahm 330 v. Chr. die pisidische Stadt ein, die schon damals wohlhabend war, und die Bevölkerung übernahm schnell die neuen Einflüsse. Die Stadt wurde im Laufe der Geschichte römisch und erlebte in der Zeit des grossen Friedens, der 27 v. Chr. mit der Herrschaft des römischen Kaisers Augustus begann, über 300 Jahre einen unerreichten Wohlstand. Zur Hochzeit Sagalassos lebten wohl bis zu 10’000 Menschen in der Stadt, doch

die Prachtbauten hätten deutlich grösseren Städten zur Ehre gereicht. Die einfallenden arabischen Krieger setzten der Region zu, nachdem das Erdbeben von 518 und die darauf folgende Seuche, die als «Justinianische Pest» ab 541 Angst verbreitete, der Bevölkerung extrem zusetzte. Um 700 hatten die letzten Menschen Sagalassos verlassen und zur Geisterstadt gemacht, die mit der Zeit vergessen wurde. Es dauerte bis 1706, bis Paul Lucas im Forschungsauftrag von Ludwig XIV. die einstige Prachtstadt wiederentdeckte. Doch bis zu einer systematischen Erforschung durch Marc Waelkens und sein Team dauerte es noch fast 300 Jahre.

Das Dorf im grünen Tal

Das einladende Dorf Ağlasun liegt nicht weit der Ruinen in einem fruchtbaren Tal voller Quellen. Ağlasun bietet entspannende und abgelegene Urlaubstage. Das Dorf hat sich seinen Charakter bewahrt, und der ländliche Charme der Gegend, die von Weizen-, Rosen- und Fruchtanbau lebt, entschleunigt den Urlaub endgültig. In der unmittelbaren Umgebung locken Wanderwege im Schatten der Bäume, und die raue Bergwelt bietet abwechslungsreiche Wanderrouten und Velo-Touren. Heute leben noch etwas über 4 000 Menschen in den traditionellen Häusern. In Reichweite für Tagesausflüge von Sagalassos und Ağlasun liegen die ehemalige Karawanserei Selcuk und die antike Stadt Kremna, Badeseen und Burdur, in dessen Museum Fundstücke aus Sagalassos ausgestellt sind.

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© Sani Resort

Strandparadiese FÜR  DEN

Kurzurlaub Karibik? Südsee? Nein, Europa! Strandurlaub verbinden viele Sonnenanbeter mit einer Reise in die Ferne, Inseln weit weg vom europäischen Kontinent und Südseeküsten. Wenn die schönsten Strände aber fast vor der Haustüre oder maximal ein paar Flugstunden entfernt liegen, gibt es keinen Grund, eine stundenlange Reise auf sich zu nehmen – und oftmals lohnt sich bereits ein Kurztrip. Autor: Lilly Steffen

Karibisches Griechenland

Die griechische Region Chalkidiki lässt das Herz eines jeden Badeurlaubers höher schlagen. Türkisblaues Meer und kilometerlange Sandstrände sowie einsame Buchten und die herrlich grüne Natur mit Pinien, die bis zum Wasser reichen, sind nur einige Vorzüge dieser Gegend. Zu den schönsten Spots gehören zum Beispiel die Strände um Sarti, Kalamitsi, Kiriaki oder Vourvourou. Ein perfektes Urlaubsdomizil für grosse und kleine Beachfans sind die beiden im vergangenen Jahr eröffneten Ikos Resorts, die jeweils über einen fast 500 Meter langen und sanft abfallenden Privatstrand verfügen. Auf die kleinen Gäste warten verschiedenste Strandspiele und Spielzeuge. Darüber hinaus können Eltern den praktischen «Babewatch»-Service nutzen: Hier betreuen geschulte Betreuerinnen Kinder für 30 Minuten kostenfrei, damit auch die Grossen einmal Schwimmen gehen können. Zahlreiche Linienverbindungen fliegen in etwas mehr als zwei Stunden nach Thessalonik. www.ikosresorts.com

Nordsardinien unter Italiens Top Ten

Mit ihren weissen Stränden und dem türkisfarben schillernden Meer setzt Italiens zweitgrösste Insel Massstäbe in Europa. Um dieses traumhafte Stück Mittelmeer in allen reizvollen Facetten zu entdecken, bieten die Delphina Hotels & Resorts auf Nordsardinien ideale Voraussetzungen. Den Flughafen von Olbia erreichen Urlauber in nur knapp zwei Flugstunden. Unter den acht Vier- und Fünf-Sterne-Hotels, die sich alle an atemberaubenden Küstenlagen befinden, ist auch das Hotel Marinedda Thalasso & Spa in Isola Rossa. Direkt gegenüber des Hotels ist der Strand von La Marinedda. Dieser wurde von «Bell’Italia» erst vor Kurzem zu einem der zehn schönsten Strände gekürt. Laut des renommierten italienischen Reisemagazins sollte ein Besuch des Strandes auf keiner Reisewunschliste fehlen. Das Wasser ist kristallklar, schimmert durch die roten Granitfelsen, wird von einer grün leuchtenden mediterranen Macchia umrahmt und von den typisch sardischen Düften der Strohblumen, Myrte und Rosmarin umgeben. www.delphinahotels.de/sardinien/hotels/marinedda


©  Hillside B

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Türkische Stimmungsvielfalt am Strand

Der Hillside Beach Club liegt an der Lykischen Küste in der hauseigenen tiefblauen Kelemya-Bucht. Die kleine Bucht des Ferienortes hat nur eine einzige Zufahrt, und Gäste finden hier an einem der natürlichsten und schönsten türkischen Küstenabschnitten eine ungestörte Welt für sich. Direktflüge nach Dalaman brauchen nur etwa zweieinhalb Stunden. Familien lieben den weitläufigen Hauptstrand: Eine professionelle Badeaufsicht wacht über den flach abfallenden Kiesstrand und sorgt so dafür, dass Kinder und auch ihre Eltern eine sorglose Zeit haben. Den abgelegenen Serenity Beach mit seiner rustikalen Strandbar, BarbecueGrill und Mandala-Ecke erreichen die Gäste über einen kleinen Naturwanderpfad entlang des Wassers oder mit einem Boot-Shuttle. Am Silent Beach ist der Name Programm: Hier stört kein Handyklingeln die Ruhe der Gäste, die sich hierher zum Lesen, Relaxen oder zu morgendlichen Yoga-Stunden zurückziehen. Am Hauptstrand und am Serenity Beach können sich die Gäste über die Beach Order App des Hotels ihre Getränke und Snacks direkt an die Liege bringen lassen. www.hillsidebeachclub.com

Deutsche Ostseeküste mit weitläufiger Schönheit

Strand, so weit das Auge reicht: Dieses Motto gilt nicht etwa nur für karibische Paradiese, sondern durchaus auch für die nahegelegene Ostsee, die man nach einem Road-Trip durch die Republik oder nach nur ein paar Stunden Autofahrt erreicht. An kilometerlangen Sandstränden lässt es sich hervorragend zwischen weichen Dünen und rauer Steilküste aushalten. Spaziergänge entlang des Wassers bieten Erholungssuchenden genau die richtige Kulisse zum Träumen, während Entdeckungstouren durch Naturschutzgebiete abenteuerlustigen Gästen Blicke auf seltene Tierarten gewähren. Sonnenbäder im weissen Sand laden zum Abschalten ein. Ob auf dem Festland im Seebad Kühlungsborn, auf der malerischen Halbinsel Fischland-Darss, auf Rügen im wild-romantisch gelegenen Göhren, im belebten Sellin oder im traditionsreichen Binz sowie auf der Insel Usedom mit den Kaiserbädern Bansin und Heringsdorf: Die Hotelgruppe Travel Charme bietet mit sieben unmittelbar an der Ostseeküste gelegenen Hotels & Resorts Strandurlaub für aktive Geniesser. www.travelcharme.com

Himmel, Dünen und Mee(h)r auf der Nordseeinsel Sylt

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Der Blick von der Hörnumer Odde auf Sylt schweift grenzenlos. Ausgehend von diesem besonderen Ort an der südlichsten Spitze der Insel zieht sich der schier endlose Sandstrand entlang der Westküste Richtung Norden. Die Ausrichtung zum offenen Meer hin erzeugt die Wind- und Wellenbedingungen, für die Sylt seit Jahrzehnten bei Wassersportlern weltweit berühmt ist. Eingebettet in die S A UDER ND Hot e ©  B l Go Dünenlandschaft liegt ein Hideaway, das in allen Details auf diesen besondelf &  S ren Ort tief im Süden der Insel zugeschnitten ist. Architektur und Design des BUDERSAND Hotels – Golf & Spa – Sylt sind abgestimmt auf Farben, Licht und Gestalt des schmalen Landstrichs zwischen den Meeren. Sterneküche und ein 1 000-Quadratmeter-Spa schöpfen Aromen und Inspirationen aus der maritimen Natur. Ob mit Auto und Autozug oder per Flugzeug  – Sylt ist immer einen Kurztrip wert. www.budersand.de Sy

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© Dr. Thomas Hauer

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Ein maritimes Fest  Insel-Hüpfen entlang der Fjordküste Der Lonley Planet zählt eine Bootstour durch die unberührte Inselwelt der Fjordküste zwischen Bergen und Ålesund zu den unverzichtbaren Highlights jeder Norwegenreise. Wir haben das neue Island-Hopping-Angebot rund um das Solund- und Askvoll-Archipel ausprobiert.

Autor: Dr. Thomas Hauer

Die bunten Fassaden des Bryggen-Quartiers prägen das Gesicht der ehemaligen Handelsmetropole Bergen.


An rund 250 Tagen im Jahr öffnet der Himmel seine Schleusen

Deshalb trägt Bergen auch den wenig schmeichelhaften Titel «Rain Capital of Europe». Und doch ist Norwegens zweitgrösste Stadt mit ihren knapp 280’000 Einwohnern einer der grössten Tourismusmagneten Skandinaviens. Schliesslich ist Bergen nicht nur Ausgangspunkt der legendären, rund 2 700  K ilometer langen Hurtigruten nach Kirkenes, sondern insgesamt einer der bedeutendsten Kreuzfahrthäfen Nordeuropas. Gleichzeitig hat es sich jedoch einen heimeligen Kleinstadtcharme bewahrt  – trotz Nieselregen.

© Sara Marie Ytreøy

Ihre Attraktivität verdankt die Stadt vor allem ihrer exponierten Lage zwischen den schneebedeckten Gipfeln im Hinterland und der Fjordküste. Tatsächlich zählt das Stadtpanorama, das wir nach der kurzen Standseilbahnfahrt auf Bergens Hausberg Fløyen geniessen, zu den schönsten der Welt. Doch uns bleibt nur wenig Zeit, die Highlights der Stadt zu erkunden, und wir beschränken uns deshalb auf das historische Bryggen-Quartier, das seit 1979 zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört. Hier wurde Bergen um das Jahr 1070 von Wikingerkönig Olav Kyrre gegründet. 1343 entstand an dieser Stelle dann ein erstes Handelskontor der norddeutschen

Hanse, womit der kometenhafte Aufstieg der Stadt zu einem der wichtigsten europäischen Wirtschaftszentren des Spätmittelalters und der frühen Neuzeit begann. Die kunterbunten Holzhäuser, die das Gesicht des Bryggen heute prägen, stammen allerdings erst vom Anfang des 18 Jahrhunderts, da ein Stadtbrand 1702 grosse Teile Bergens verwüstet hat. Heute beherbergen die Gebäude unzählige Kneipen, Restaurants und Souvenirshops. Ausgangspunkt unserer Island-Hopping-Tour ist das direkt gegenüber des Bryggen liegende Fährterminal am Strandquai, das unmittelbar an den Fischmarkt angrenzt. Von hier startet Punkt 8 Uhr die M / S Vingtor, eine Norled-Express-Fähre in Richtung Sogn und Fjordane. Während das Ufer anfangs noch von zahlreichen Holzhäusern im typischen Norwegerrot geschmückt ist, werden diese Zeichen der Zivilisation im Laufe der Zeit seltener, und die Landschaft beginnt sich in ein Labyrinth von Inseln aufzulösen.

Eine unwirklich schöne Inselwelt

Nach rund zweieinhalb Stunden erreichen wir schliesslich Krakhella auf der Ostseite der Insel Sula, die am Ende des gewaltigen, mehr als 200 Kilometer langen und bis 13’802 Meter tiefen Sognefjords liegt. Dort verlassen wir die Fähre und nehmen den Linienbus, der uns in rund 35 Minuten entspannter Fahrt entlang der spektakulären Küste in das kleine Örtchen Hardbakke bringt, wo wir auf die MS Stjernsund umsteigen.

Die Kanäle zwischen den Holmen und Schären des Solund- und Askvoll-Archipels sind teilweise nur wenige Meter breit.

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In der Altstadt von Bergen findet man Unmengen von Restaurants, Bars und Cafés.

© Dr. Thomas Hauer

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ls unsere SAS-Maschine im Landeanflug auf Bergens Flesland Airport durch die tiefgraue Wolkendecke bricht, macht das Wetter dem Ruf der Stadt alle Ehre: Es regnet Bindfäden.


© Dr. Thomas Hauer

Holzhäuser im typischen Norwegerrot auf der Sageninsel Kinn

Ahoi Kapitän

Unser Kapitän Hans (56) war früher Fischer, bis ihn vor einigen Jahren eine Schulterverletzung zwang, den Knochenjob an den Nagel zu hängen. Stattdessen transportiert er heute in den Sommermonaten an Werktagen die Post, aber auch alle anderen lebenswichtigen Güter und Besucher zu den wenigen bewohnten Inseln, auf denen teilweise nicht mal ein Dutzend Menschen lebt. «Wir sind so etwas wie die Lebensader, die die Kommunikation zwischen der Inselbevölkerung und dem Festland aufrechterhält», erklärt Hans. Und so müssen auch wir uns den ohnehin knapp bemessenen Platz an Bord des Postschiffs an diesem Morgen mit einer Wäschespinne, einem halben Dutzend Klappstühlen, einer Eismaschine und mehreren Blumentöpfen teilen, die entlang der Route zugestellt werden.

Nach gut 15 Minuten Fahrt laufen wir bereits unsere erste Station an: Litle Færøy. Am Landungssteg erwartet uns schon dessen einziger Bewohner: Roar Moe. Der lebt hier seit 18 Jahren und verbringt seine Zeit mit dem Restaurieren in die Jahre gekommener Boote. Ausserdem betreibt er etwas Landwirtschaft und demonstriert Besuchern gerne, wie karg das Inselleben früherer Zeiten war. Gleichzeitig erhalten wir aber auch einen kurzen Einblick in das reiche Erbe dieser maritimen Küstenkultur. «Früher gab es hier so wenig Wasser, dass man zum Waschen auf eine Nachbarinsel fahren musste. Heute brauche ich nur den Knopf an meiner Waschmaschine zu drücken  – das ist schon ein Fortschritt», erzählt Moe lachend. Ob er nicht manchmal einsam sei, wollen wir zum Abschied noch wissen. Aber der Norweger schmunzelt nur: «Ganz im Gegenteil. Diesen Lebensstil habe ich ganz bewusst gewählt. Ausserdem ist es hier so friedlich, dass mich eh nichts und niemand aufs Festland locken könnte.» Und wir zweifeln keine Sekunde daran, dass Moe das völlig ernst meint. Zum Abschied winkt er noch kurz und marschiert dann zurück zu seinem schmucken kleinen Bauernhaus, vor dem ein paar Schafe grasen. Am liebsten würden auch wir – längst selbst vom Inselvirus infiziert – gleich da bleiben, aber Hans drängt  zur Eile. Schliesslich muss der Fahrplan eingehalten werden. >

SPECIAL DESTINATIONS Auf den meisten Inseln leben mehr Schafe als Menschen.

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© Dr. Thomas Hauer

Hier beginnt unsere Reise durch die fast unwirklich schöne Inselwelt des Solund- und Askvoll-Archipels, den westlichsten Inselgemeinden Norwegens, die aus Tausenden von Holmen und Schären bestehen. Die sind teilweise nur durch enge Kanäle voneinander getrennt, sodass selbst die schmale Stjernsund sie nur mit Mühe passieren kann, manche liegen aber auch einsam im offenen Meer. Und während manches Mini-Eiland aus nicht viel mehr als blanken oder mit ein paar Flechten und ein wenig Moos überzogenen Felsbrocken besteht, auf denen ab und an ein paar Kormorane oder Seeadler rasten, sind die grösseren oft von saftig grünen Weiden bedeckt, auf denen Wildschafe grasen. Zum Archipel gehören aber auch ausgewachsene Inselschönheiten, von denen schroffe Gipfel und bizarre Gesteinsformationen teilweise mehrere Hundert Meter aus dem Wasser aufragen. Eine Traumlandschaft, die an die Kulissen eines Fantasyfilms erinnert.


Nächster Halt ist Lågøy

«In meiner Kindheit gab es hier noch einen kleinen Tante-Emma-Laden, der die Bewohner der umliegenden Inseln mit dem Nötigsten versorgt hat», erzählt Hans, der selbst auf dem nahe gelegenen Gåsvær geboren wurde. Heute leben auf Lågøy gerade noch drei Personen. Auch auf dem benachbarten Ytrøygrend, das man von Lågøy nach einer rasanten Fahrt durch einen der nur wenige Meter breiten Kanäle erreicht, ist nicht viel mehr los. Allerdings hat man dort aus der Not eine Tugend gemacht und bietet Touristen, die auf die Insel kommen, in einem winzigen Laden direkt am Hafen lokale Spezialitäten an. Dessen Öffnungszeiten – Montag bis Freitag 11.30 bis 12.30 Uhr – sind auf den Fahrplan des Postschiffs abgestimmt, denn sonst verirrt sich kaum jemand hierher. Im Angebot ist luftgetrockneter Wildschafschinken, der in den Delikatessengeschäften von Bergen unter dem Label Solund mat zum doppelten Preis verkauft wird. Ausserdem herrlich weiche Schaffelle, handgemachte Wollgarne und natürlich Norwegens Nationalheiligtum: Stockfisch. Langsam bekommen auch wir Appetit, und zum Glück gibt es bei unserem nächsten Stopp auf Gåsvær einen kleinen Imbiss. Hier lebt nämlich bis heute Anne-Marie Gåsvær-Færøy, die Schwester unseres Kapitäns. Dass ihr Nachname mit dem der Insel identisch ist, ist kein Zufall – früher nannten sich die Familien einfach nach dem Eiland, auf dem sie lebten. In ihrem bis unter das Dach vollgestopften Bootshaus hat Anne-Marie einen kleinen Tisch mit heissen Pfannkuchen und Kaffee aufgebaut. Damit verdient sie sich ein kleines Zubrot. Ihren eigentlichen Lebensunterhalt bestreitet sie allerdings mit dem Fleisch und der Wolle von rund 50 Wildschafen, die auf der Insel leben. Ausserdem vermietet sie einfache Unterkünfte an Touristen, die sich in den Sommermonaten auf dem abgelegenen Eiland vom Grossstadtstress erholen oder in den reichen Fischgründen der Insel- und Fjordgewässer auf Angeltour gehen wollen. Nach einer weiteren halben Stunde flotter Fahrt über das offene Meer steuert die Stjernsund schliesslich ihren Endhafen auf der Insel Bulandet an, die bereits zum Askvoll-Archipel zählt. Wer mag, kann sich dort im winzigen Havsalaten-Café erst einmal mit einer kräftigen Fischsuppe oder einem Teller Lutefisk stärken – ein traditionelles norwegisches Stockfischgericht, serviert mit ausge-

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lassenem Speck, Erbsenpüree und Kartoffeln. Dann geht es  – je nach Kondition und Wetter – entweder per Bus oder mit dem Fahrrad weiter von Bulandet zur Nachbarinsel Værlandet, die durch insgesamt sechs gewaltige Hängebrücken miteinander verbunden sind. Von denen geniesst man bei gutem Wetter eine atemberaubende Aussicht auf das gesamte Archipel. Von Værlandet setzen Island-Hopper dann entweder mit der Fähre nach Askvoll über, von wo sie die Norled-Katamarane am späten Nachmittag in gut dreieinhalb Stunden zurück nach Bergen bringen. Alternativ kann die Tour aber auch weiter in Richtung Florø und Kinn fortgesetzt werden. Wir entscheiden uns deshalb fürs Bleiben und übernachten im Værlandet Havhotel, das erst im Mai 2016 eröffnet hat. Gästen bietet sich hier ein spektakuläres Postkartenpanorama auf die vorgelagerte Insel Alden, die von den Einheimischen wegen ihrer speziellen Form auch Norwegian Horse genannt wird und rund 481 Meter praktisch senkrecht aus dem Meer aufsteigt.

Schiff ahoi! – Auch im Regen

Am nächsten Tag nehmen auch wir die planmässige Autofähre hinüber nach Askvoll und besuchen das Denkmal von Ingólfur Arnarson in Rivedal an den Ufern des Dalsfjord. Der Wikingerspross, der auf Askvoll geboren wurde, gilt heute als erster permanenter Siedler auf Island, wo er sich nach seiner Verbannung mit einem Gefolge irischer Sklaven im Jahre 874 niedergelassen und wenig später die Stadt Reykjavík gegründet haben soll. Zurück zum Hafen geht es auf der Bakkejekta, einer musealen Replik eines für die norwegischen Küstengewässer typischen Frachtseglers, mit dem im 17. und 18. Jahrhundert Handelsgüter nach Bergen transportiert wurden. Von dort bringt uns die Fähre am Abend schliesslich nach Florø. Bevor auch wir am nächsten Tag zurück nach Bergen fahren, steht am Morgen noch ein Ausflug auf die grüne Sageninsel Kinn auf dem Programm. Die wird vom schroffen Kinnaklova überragt, dessen von einer tiefen Schlucht gespaltener Doppelgipfel Seefahrern bereits seit Jahrhunderten als markanter Orientierungspunkt dient. Der rund 4.5 Kilometer lange Inselrundweg bringt uns schliesslich zur berühmten Inselkirche, die auf das 12. Jahrhundert zurückdatiert. Von Florø nach Bergen zurück geht es dann wieder auf der Norled-Fähre. Kaum angekommen werden wir dort erst mal standesgemäss von einem ordentlichen Regenguss begrüsst. Aber mittlerweile haben wir uns auch daran längst gewöhnt. Schiff ahoi!


© Kieran Kolle © Dr. Thomas Hauer

Das Askvoll-Archipel mit Bulandet und Værlandet aus der Vogelperspektive.

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Nice to know !!!

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Insel-Hüpfen – so geht es am einfachsten

© Dr. Thomas Hauer

Historisches Gebäude im Bryggen-Quartier

Ausgangspunkt des Postschiffs: Der Hafen von Hardbakke auf der Insel Sula

Eine komplette Island-Hopping-Tour ab/bis Bergen kostet 1 390 NOK pro Person (ca. 145 Euro). Für Kinder und Senioren (67+) 840 NOK (ca. 90 Euro). Das Expressboot startet um 8 Uhr am zentral gelegenen Strandquai-Terminal. Zwischen 20 und 21 Uhr ist man wieder in Bergen. Abgestimmt ist das Angebot auf den Fahrplan des Postschiffs ab Hardbakke und deshalb nur gültig an Werktagen (Mo – Fr) zwischen Mitte Juni und Mitte August. Die Norled-Expressboote und die regulären Fähren sind aber ganzjährig in Betrieb, sodass viele Inseln auch ausserhalb der Saison erreichbar sind. Für unterwegs sollte man etwas Bargeld und ggf. Proviant dabeihaben. Weitere Infos zu Angeboten und Fahrplänen unter www.norled.no, www.fjordkysten.no und www.fjordnorway.com. Allgemeine Infos rund um den Norwegenurlaub unter: www.visitnorway.de. Zu Bergen unter: www.visitbergen.com

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ENTDECKUNGSTOUR Von Nizza gen Osten bis Théoule-sur-Mer: alles für Kulturgeister, Jugendliche und Schleckmäuler.

Cannes für junge Leute

Wer denkt, Cannes bietet nur Stars etwas, der irrt! Seit dem 1. März  2016 funkelt ein neuer Hotelstern in der Canner Bucht. Die Okko-Hotels haben direkt neben dem Bahnhof ein 4-Sterne-Hotel mit 125 Zimmern eröffnet. Zentral gelegen ist es auch nur fünf Minuten zu Fuss von der berühmten Croisette entfernt. Die Preise des auf Design ausgelegten Hotels lassen sich sehen. Ab 85 Euro kann man hier schon eine Nacht verbringen, und das nach dem Okko-Hotel All-inclusive-Prinzip. Dabei sind viele Sonderleistungen wie Frühstück, Snacks, Getränke, Filme oder Internet schon inbegriffen. www.okkohotels.com

Nizza für Kulturliebhaber

Mit unzähligen Museen ist Nizza ein Magnet für Kulturliebhaber. Das Musée Chagall gehört dabei zu den Nationalmuseen. Nach der erfolgreichen Ausstellung «Chagall und die Musik» stellt das Museum bis zum 31. Oktober die fünf Gemälde Chagalls zum Hohelied in den Vordergrund. Diese wurden kürzlich renoviert, damit die Farben wieder ihre Strahlkraft zurückerhalten. Die Serie gilt nämlich als Ode an die Farben, worauf die Ausstellung anspielt. Wer sich auf einen Kulturausflug in Nizza einlässt, dem bietet sich das neu renovierte Hotel Monsigny, das unweit vom Chagallmuseum, vom Matisse-Museum, der russischen Kathedrale sowie vom Bahnhof liegt. www.nicetourisme.com

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Biot für Liebhaber des Modernen

Die Stadt ist vor allem für Glasbläserei bekannt. Während diese in der Gegend eine lange Geschichte vorweist, begann sie in Biot erst 1956, als Eloi Monod die Verrerie de Biot eröffnete und Glaskreationen mit Luftblasen zum unverkennbaren Merkmal von Biot kreierte. Aus einem Fehler wurde Kunst, und so können Liebhaber moderner Kreationen heute mehrere Glashütten in Biot besuchen und deren einzigartige Werke erstatten. Ein weiteres Juwel der Moderne ist das Nationalmuseum Fernand Léger in Biot. Biot als Wohnort kürte der Kubist Léger erst 1955, einige Monate vor seinem Tod. Er liess sich dort nieder, um die Ausführung seiner Keramikwerke zu verfolgen. Nach seinem Tod beschlossen seine Witwe Nadia sowie der enge Mitarbeiter Georges Bauquier, in Biot ein Museum zu seinen Ehren zu bauen. Als dieses 1969 durch Schenkung an den Staat geht, wird es zum Nationalmuseum ernannt. Neben der permanenten Ausstellung befassen sich regelmässig saisonale Ausstellungen mit dem Schaffen Legers. www.biot-tourisme.com www.musees-nationaux-alpesmaritimes.fr

Mandelieu-La Napoule & Théoule sur Mer für Planscher

Was im Norden Frankreichs mit einem Trainingsplan für Ruderer begann, breitete sich rasch über ganz Frankreich aus. Longe-Côte ist in Mandelieu-La Napoule zum Hit geworden. Im letzten Jahr gab es hier die ersten Meisterschaften, und mittlerweile werden täglich Trainingseinheiten ab mehreren Stränden angeboten. Die Ausrüstung besteht aus einem Paddel, und sollte es kälter sein auch ein Neoprenanzug. Die Übung stärkt Muskeln wie Kreislauf, trainiert das Gleichgewicht und das Meerwasser liefert zudem wertvolle Mineralien. Perfekt, um fit in den Tag zu starten oder ihn sportlich abzuschliessen. www.frankreich-mandelieu.com

Grasse für Botaniker wie Schokofreaks

Die Hauptstadt des Parfüms mischt nicht nur Duftstoffe aus fernen Ländern zusammen. Hier gedeihen daselbst Gewächse, deren Duft in der Parfümerie nicht wegzudenken ist. Unter anderen stammen Jasmin und Rosen aus Grasse. Veilchen, Zitrusfrüchte und Lavendel kommen unweit aus der Gegend. Die Blätter und Früchte, einiger heimischer Gewächse, verarbeiten Confiseure zu duftenden Zuckerblumen, kandierten Früchten, Konfitüren etc. Die Confiserie Florian in Pont-du-Loup bei Grasse zeigt Schleckmäulern neuerdings, wie man Schokolade ganz kreativ mit Blumendüften verbindet. Bei einem Workshop lernen die Teilnehmer, wie man Zitrusschalen mit Schokolade in Pralinen verwandelt oder wie man Tafelschokolade zum Beispiel mit Rosenblättern kombinieren kann. Wem das alles zu süss ist, der kreiert mit einer Nase zusammen seinen ganz eigenen Duft. Bei den Parfümerien Fragonard, Galimard und Molinard gibt es Kurse dazu. Zum Schluss gibt’s ein Diplom und den eigenen Duft als Souvenir. www.grassetourisme.fr

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c h s e i l St adt b i b e i D An Religion kommt in Israel keiner vorbei: Pilger aus aller Welt strömen zu den heiligen Stätten. Die Grabeskirchen, die Klagemauer oder der Felsendom – in Jerusalem befinden sich die Heiligtümer der Juden, Christen und Muslime. Autor: Yvonne Beck

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J

erusalem gilt als eine der ältesten Städte der Welt und ist vermutlich seit über 5 000 Jahren durchgehend besiedelt. Antike und Moderne bilden in dieser Stadt einen besonderen Kontrast. Besonders sehenswert ist die Jerusalemer Altstadt mit ihren vier verschiedenen Vierteln: dem jüdischen, armenischen, muslimischen und dem christlichen Viertel. Sie alle sind unterschiedlich geprägt durch das Leben und die Religionen der Einwohner, dennoch versteht man sich hier als Nachbar – Haus an Haus, Tür an Tür. So prägen schwarze Kaftane und Hüte das Strassenbild ebenso wie Kopftücher und westliche Kleidung. Jerusalem fasziniert durch ihre antike Architektur, die wunderbare Verbindung von Altertum und Moderne, durch ihr buntes Stadtbild, das geprägt ist von seinen Bewohnern. Jerusalem ist die Wiege dreier monotheistischer Weltreligionen: des Judentums, des Islams und des Christentums.

Grabeskirche

Eine der bedeutendsten Kirchen der Christenheit ist die Grabeskirche in Jerusalem. Sie liegt im christlichen Viertel der Altstadt und vereinigt unter ihrem Dach die traditionellen Orte der Kreuzigung und der Wiederauferstehung Jesu. Orthodoxe Christen legen den Schwerpunkt nicht auf den Tod Jesu, sondern nennen den sak-

ralen Bau auch Anastasis/ Auferstehungskirche. Kaiser Hadianus (76–138) liess über der vermeintlichen Grabstätte Christi nach dem Bar-Kochba-Aufstand (135) den Venustempel errichten, um den wachsenden Verehrungskult der Judenchristen zu unterbinden. Rund 200 Jahre später besuchte Helena (248 – 330), die Mutter des Kaisers Konstantin, Jerusalem und liess sich auch den Ort der ursprünglichen Grabstätte und Golgota, den Ort der Kreuzigung, zeigen. Sie beschloss, den Tempel abzureissen und die Stätten freizulegen. Angeblich wurden damals auch Reste des Kreuzes Christi gefunden. Über dem Fundort liess Kaiser Konstantin eine Basilika errichten – die Grabeskirche. Der zentrale Rundbau wurde über dem vermeintlichen Grabstein angelegt und 335 eingeweiht. Kalif al-Hakim zerstörte die Kirche 1009 und beschädigte dabei das Felsengrab so stark, dass heute nur noch kleine Teile erhalten sind. Der Kalif verhielt sich gegen Juden und Christen derart intolerant, dass die Zerstörung der Kirche auch weit über Jerusalem und das Land hinaus zur Kenntnis genommen wurde und einen der ersten Kreuzzüge einläutete. Nach der Rückeroberung Jerusalems wurde die Kirche 1160/70 wieder aufgebaut und teilweise umgestaltet. Nachdem es immer wieder Unstimmigkeiten über die Kontrolle der Grabeskirche gab, untersteht sie heutzutage >

Grabeskirche

Nice to know !!! Via Dolorosa

Die Via Dolorosa, der Leidensweg Christi, ist in 14 Stationen unterteilt und beginnt im muslimischen Viertel der Jerusalemer Altstadt.Gläubige gehen ihn vom Amtssitz Pontius Pilatus, dem Ort der Verurteilung bis zur Grabeskirche, die die Orte der Kreuzigung und Wiederauferstehung unter ihrem Dach vereint. In den engen Gassen der Altstadt kommt man vorbei an arabischen Souvenirständen, mitten durch den Souq, an Cafés und Falafelimbissen. Jeden Freitag um 15 Uhr findet entlang der Via Dolorosa eine Prozession unter Leitung der Franziskanermönche statt.

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sechs christlichen Konfessionen: Griechisch-Orthodoxe, der Römisch-Katholischen Kirche, vertreten durch den Franziskaner-Orden, der Armenisch-Apostolischen Kirche, der Syrisch-Orthodoxen Kirche von Antiochien, den Kopten und der Äthiopisch-Orthodoxen TewahedoKirche. Betritt man die Grabeskirche über den Haupteingang läuft man gradewegs auf den Salbungsstein zu. Pilger aus aller Welt versammeln sich vor der gerade mal zwei Meter langen Steinplatte, beten und reiben mitgebrachte Devotionalien auf ihr. Noch dichter ist der Andrang am Heiligen Grab und der dort errichteten Engelskapelle, erbaut im Stil des türkischen Rokoko. Hunderte von Kerzenlichtern umgeben sie.

Klagemauer

Die Klagemauer liegt südwestlich des Felsendoms, der einstigen Tempelanlage Herodes des Grossen und ist die wichtigste Heilige Stätte des Judentums. Der erste Tempel wurde der Bibel nach ca. 950 v. Chr. von König Salomon errichtet. Archäologen setzen die tatsächliche Bauzeit allerdings zwei Jahrhunderte später an. Er wurde im 6. Jhd. v. Chr. von den Babyloniern zerstört

und 515 v. Chr. nach der Rückkehr der Juden aus dem babylonischen Exil wiedererrichtet. Herodes baute ihn 21. v. Chr. prachtvoll aus. Doch auch dieser Tempel wurde im jüdisch-römischen Krieg 70 v. Chr. von den Römern zerstört. Ein ausgesprochen anschauliches Modell Jerusalems zur Zeit des Zweiten Tempels finden Besucher im Israel Museum. Viele sind der fälschlichen Annahme, es handle sich hier um Mauerreste des Tempels an sich, jedoch wurde der Tempel vollständig zerstört, und die Westmauer ist insofern ein Teil der Befestigungsmauer, die um das Tempelplateau herumgezogen war. Der Bereich vor der Klagemauer ist Tag und Nacht zugänglich und für Männer und Frauen unterteilt. Von früh morgens bis in die späten Abendstunden kommen hier Gläubige, Pilger und touristische Besucher zusammen, um zu beten und auf kleinen Zetteln Wünsche und Fürbitten zu hinterlassen, die man in die Ritzen zwischen den Steinblöcken steckt. Zweimal im Jahr, am jüdischen Neujahrs- und am Pessachfest, werden die unzähligen Papierchen aus der Mauer entfernt und auf dem Ölberg vergraben. Dem Ort, an dem Jesus laut Bibel festgenommen wurde.

Klagemauer

Nice to know !!! Flugzeit: Zirka 3.45 Stunden Anreise: Vom Flughafen Tel Aviv erreicht man Jerusalem mit dem Mietwagen in 45 Min., dem Zug oder Fernbus (ca. 1 Std. /4 €) oder mit dem Sherut-Sammeltaxi (ca. 10 €). Beste Reisezeit: Israel ist eine Ganzjahresdestination. Im Frühjahr (März bis Mai) und im Herbst (September und Oktober) ist eine gute Zeit für einen Städtetrip, da die Temperaturen etwas milder sind. Die Winter können hingegen kühl werden und die Sommer sehr heiss.

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Den Finger am Auslöser Sie gilt als Grande Dame der deutschen Fotografie und blickt den Porträtierten tief in die Augen. Ihre Bilder sind genau, sachlich und tiefgründig. Ob Politiker, Kardinäle oder Sterbende, die Fotografin schaut hinter die Fassade und zeigt den Menschen. Autor: David Renner

«Es interessiert nur die Zahl. Niemand kümmert es,      wie du dich gefühlt hast,     was du getan hast, weil es allen damit gut gehen soll.»

Je nach dem, wo die Zielscheiben stehen, entsprechen sie einem anderen Stereotyp, wie hier in den Vereinigten Arabischen Emiraten.


H

erlinde Koelbl hatte Modedesign studiert, bevor sie Mitte der 70er zu fotografieren begann. Sie fotografierte für Stern, Die Zeit und New York Times, bevor sie sich 1980 an ihr erstes eigenständiges Projekt machte. Mit ihrer Langzeitstudie «Spuren der Macht» erlangte sie besondere Bekanntheit: Sie fotografierte von 1991 bis 1998 jährlich Persönlichkeiten aus Politik und Wirtschaft. Aus den Momentaufnahmen schafft Herlinde Koelbl eine Entwicklungsgeschichte. So zeigen ihre Bilder den Weg von Angela Merkel von einer jungen, unscheinbaren Politikerin zur selbstbewussten CDU-Generalsekretärin, die später Kanzlerin wird.

Schiessziele

Das jüngste Projekt von Herlinde Koelbl ist «Targets» (2015), für das sie Schiessziele auf der Welt fotografiert hat. In sechs Jahren hat die Fotokünstlerin in 30 Ländern militärische Schiessplätze besucht und die verschiedensten Zielscheiben festgehalten – von der einfachen Blechdose in der Wüste bis zur simulierten Trainingssituation mit Schauspielern und Kunstblut. Jede einzelne Aufnahme ist gelungen, doch geht es Herlinde Koelbl mit «Targets» um mehr. Neben den Fotografien der Schiessziele hat sie Soldaten porträtiert, Interviews geführt und eine Videoinstallation geschaffen. Diese Zusammenstellung ergibt einen vielschichtigen und beklemmenden Blick auf das weltweite Einüben des Tötens. «Targets» wurde im Rahmen der Manifesta  11 im Zürcher Museum für Gestaltung ausgestellt. Nach einer persönlichen Werkführung unterhielt sich IMAGINE mit der Fotografin über das Projekt. IMAGINE: Sehr geehrte Frau Koelbl, wie kamen Sie auf die Idee, Schiessziele zu fotografieren? Herlinde Koelbl: Der Ursprung war vor ungefähr 30 Jahren. Damals habe ich eine Geschichte über die Bundeswehr fotografiert, und am Morgen, nachdem wir mit den Soldaten durch die Nacht marschiert sind, sehen wir über einen Acker auf ein Ziel mit einer durch-

löcherten Silhouette, durch die die Morgensonne schien. Man sah auf der einen Seite Schönheit und auf der anderen Seite den Tod und die Aggression. Diese Ambivalenz hat mich fasziniert, und ich habe es fotografiert. Das Bild wurde nie veröffentlicht, aber es hat mich auch nie mehr losgelassen. Sie haben für «Targets» Schiessziele in 30 Ländern fotografiert. Wie haben Sie das organisiert bzw. wie haben Sie es geschafft, an Orte vorgelassen zu werden, die der Öffentlichkeit normalerweise verschlossen sind? Das war natürlich schwierig. Man brauchte für jedes Land die Genehmigung des Verteidigungsministeriums, und das hat manchmal Jahre gedauert. Für die Arabischen Emirate waren es vier Jahre, Russland zwei Jahre und so weiter. Ich wollte aber einen Überblick über den ganzen Globus haben, dass man wirklich auf der ganzen Welt sieht: Wie sieht der Feind aus, der in Schiesszielen dargestellt ist. Und was für Schiessziele haben Sie gesehen? Was sagen die verschiedenen Schiessziele über die jeweilige Gesellschaft aus? Man sieht grundsätzlich die Veränderung des Feindbildes. Bisher war ja die Sowjetunion der Feind, und in Amerika drückte es sich damit aus, dass der rote Stern an der Schiessfigur war, auf die man zielte. Aber der Kalte Krieg ist zu Ende, und es hat sich alles verändert. Jetzt ist der Krieg asymmetrisch geworden, und das Feindbild ist orientalisch. Das sieht man an den Schiesszielen, aber auch in den Häuserkampfanlagen, wo ganze arabische Dörfer nachgebaut und die Soldaten realistisch trainiert werden. Sie werden hinterher nur noch in das Land, in dem sie eingesetzt werden, versetzt. Mit der Umgebung sind sie dann vertraut. >

CITY & CULTURE Herlinde Koelbl zeigt Zielscheiben mit Dekolleté.

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William T. Sherman prägte den Ausspruch «War is Hell». Wie hat sich in Ihrer Erfahrung die Hölle des Krieges gewandelt? Das hat sich in die Richtung verändert, dass Krieg früher ein Frontenkrieg war. Da gab es Schützengräben, der Feind trug eine Uniform und man hat gegeneinander gekämpft. Jetzt ist der Feind in dem Sinne gar nicht mehr sichtbar. Er hat keine Uniform mehr an, er hat nicht unbedingt ein Gewehr in der Hand: Es kann jedermann sein, der eine Bombe wirft oder plötzlich schiesst. Neben den Fotografien haben Sie auch Gespräche geführt, die Teil der Ausstellung sind. Was für ein Verhältnis hat ein Soldat zu den Schiessübungen und zum Töten, das man damit trainiert? Soldat sein hat eine grundlegende Basis: Soldaten werden trainiert zu schiessen und zu treffen, um zu überleben und um zu töten. Beides im Ernstfall. Ich

denke auch, dass man Soldaten in ihrem Denken konditioniert, dass der andere der Feind ist. Das heisst also auch, dass, dadurch der andere der Feind ist, ich auch berechtigt bin, ihn zu töten. Ich bin ja so trainiert worden, und jeder Soldat, wo immer er ist, in welchem Land er auch ist, denkt, er ist auf der richtigen Seite und er tut das Richtige. Was haben Sie für sich durch den Blick auf die Schiessplätze der Welt gelernt? Mir ist bewusst geworden, wie sicher wir leben und dass wir den Frieden in den letzten Jahren fast als selbstverständlich wahrgenommen haben. Wie brüchig der Frieden ist, ist mir zum Beispiel in der Ukraine deutlich geworden. Plötzlich, völlig unerwartet kippt eine Situation und alles ist anders. Ich denke, ganz entscheidend ist auch, dass wir, wenn wir etwas mehr Frieden haben wollen, auch etwas für mehr soziale Gerechtigkeit tun müssen.

«Targets» war ein Langzeitprojekt – für den Zutritt zu manchen Schiessplätzen musste Koelbl einige Jahre warten.

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Koelbl beobachtete während ihrem Projekt, dass geopolitische Veränderungen sich auch in den Zielscheiben widerspiegelten.

Die Interviews

Heute ein Soldat sein unterscheidet sich deutlich von früher. Hatten 14 Prozent der US-Soldaten im Zweiten Weltkrieg schiessen müssen, waren es in Vietnam schon 48 Prozent und heute sind es 98 Prozent. In ihren Interviews spürt Koelbl dem Kämpfen und Töten nach. Sie hat den Soldaten absolute Anonymität zugesagt, sodass sie sich ihr gegenüber öffneten. Sie erzählen von den Adrenalinschüben während des Gefechts, vom Gefühl beim ersten Abschuss und dem Leben damit.

«Wer am schnellsten verroht, hat die besten Überlebenschancen.» – Soldat aus Tschetschenien –

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Berühmter Wolkenkratzer

Empire        State              Building W

Das

er an New York denkt, hat zunächst zwei Symbole vor Augen: die Freiheitsstatue und das Empire State Building. Am 1. Mai 1931 übergab US-Präsident Herbert Hoover das damals höchste Gebäude der Welt der Öffentlichkeit. In nur 13 Monaten Bauzeit haben über 3 000 Arbeiter den Wolkenkratzer in den Jahren 1930 / 31 errichtet. Architekt William F. Lamb leitete den Bau an der berühmten 5th Avenue persönlich. 40 Millionen US-Dollar hat der Bau samt Grundstück damals verschlungen. Das entspricht einem heutigen Betrag von knapp 530 Millionen Dollar!

Als US-Präsident Herbert C. Hoover am 1. Mai 1931 das Empire State Building einweihte, schaltete er mit einem Knopfdruck die Lichter des Gebäudes ein. Mit einer Höhe von 381 Metern war das Gebäude über Jahrzehnte hinweg der höchste Wolkenkratzer der Welt. Es verfügt über 102 Stockwerke. 1950 wurde auf dem Dach des Wolkenkratzers eine Fernsehantenne angebracht, wodurch die Höhe des kommerziell genutzten Bauwerks auf 449 Meter anstieg. Erst in den 70er-Jahren wurden noch höhere Wolkenkratzer erbaut. Bis zum 102. Stock gibt es 1 860 Stufen zu erklimmen. 6 500 Fenster müssen geputzt werden. 57’000 Tonnen Stahl wurden verbaut und gut 5 500 Kilometer Kabel verlegt. 73 Aufzüge befahren Schächte mit einer Gesamtlänge von elf Kilometern. Bald nach der Einweihung wurde das Empire State Building als Filmkulisse entdeckt: In der ersten King-Kong-Verfilmung von 1933 kletterte der Riesengorilla mit seiner weiblichen Beute in der Hand den Wolkenkratzer hoch und wischte die angreifenden Flugzeuge weg wie lästige Fliegen. Der Schauspielerin Fay Wray (1907–2004) ist heute ein Museum in dem Gebäude gewidmet.

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«Remember: if you can see the Empire State Building, The Empire State Building can see you.» – Robert Polito, Hollywood & God –

«That was the gift of Alfred Smith to the citizens of New York.» – F. Scott Fitzgerald, My Lost City: Personal Essays 1920–1940–


Zurück ins Hier und Jetzt mit innerer Ruhe und Harmonie

Programm Therapeutic Relaxation Tanken Sie fern vom Alltagsstress neue Lebensenergie und finden Sie zurück zur inneren Balance. In therapeutischen Anwendungen schenkt das Programm Entspannung, die bis ins Nervensystem dringt, Körper, Geist und Seele berührt und das Energiefeld heilt, das jeden Menschen umgibt. Ein erfahrenes Team von Therapeuten, Wasserexperten und Spezialisten des Medizinischen Zentrums haben die einzelnen Behandlungen akribisch aufeinander abgestimmt. Als 1-, 3- oder 5-Tages-Programm buchbar.

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Der Regenschirm H andge m ach te Meisterwerke

Ganz Europa wird von Billigschirmen aus Asien Ăźberschwemmt. Mit ihnen steht man zwar auch im Trockenen, fĂźr einen gelungenen Auftritt sollte es dann aber doch etwas Stilechteres sein. London gilt als Metropole der Regenschirme, doch werden auch noch in Mailand und Paris Meisterwerke von Hand hergestellt. Autor: David Renner

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© Fox Umbrellas Ltd.

© Alessandro Della Torre

© Fox Umbrellas Ltd.

Hier kommt es auf Präzesion an. © Alessandro Della Torre

Selbst die Stoffe werden noch mit der Hand geschnitten.

Handarbeit vom Feinsten

Griffanfertigung

M

ichel Heurtault hat im 12. Pariser Arrondissement seine Werkstatt. Schon als Kind, so erzählt er, haben ihn Regenschirme fasziniert. Er baute sie auseinander, wieder zusammen und repariert bald die Schirme aus dem Quartier. Heute ist er mit seiner Werkstatt einer der wenigen, die in Europa noch Schirme mit der Hand herstellen – zumeist Regenschirme. Sonnenschirme sind nur noch in Japan, Australien und für den Film gefragt. Für seine Fähigkeiten wurde Michel Heurtault der Titel eines Maître d’Art verliehen. Aus edlen Hölzern stellt er Griff und Stock her, an alten Maschinen produziert er das feingliedrige Metallgestänge, und die feinen Stoffe des Schirms schneidet und näht er mit der Hand. Jeder Schirm ist ein Unikat, das sich mit einem satten Ton öffnet und Schatten spendet oder vor Unwettern schützt. >

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© Greg Gonzales

Die Sammlung

Seine lebenslange Leidenschaft hat Michel Heurtault auch eine eindrückliche Sammlung gebracht. Über 3 0 00  Schirme sind in seinem Besitz, und dazu kommen noch die unzähligen Originalteile, die er auf Flohmärkten für seine Werkstatt zusammengetragen hat. Sein ältester Schirm ist verhältnismässig jung. Es ist ein dreifach-klappbarer Sonnenschirm des französischen Schirmmachers Jean Marius, der auch für Ludwig  XIV. Schirme baute. Damals begann man auch, Regenschirme zu verwenden. Der Name erinnert noch daran: ombrell im Italienischen, umbrella auf Englisch und umbrelle auf Französisch – kleine Schatten. Der Sonnenkönig hatte 1673 neben elf Sonnenschirmen auch drei gegen Regen. Der Sonnenschirm war ein wichtiger Begleiter der Noblesse, da er die Haut vor den Sonnenstrahlen schützte, und wurde für Jahrhunderte zum modischen Accessoire.

Mit Charme und Melone

Früher war es in England üblich, dass der Vater dem Sohn zum ersten Job einen «anständigen» Regenschirm schenkt. Und wer heute einen guten Anzug trägt, der gibt sich nicht mit einem chinesischen Massen-Wegwerfprodukt zufrieden. Das britische Understatement legt Wert auf Qualität und Details. Ein Regenschirm von Fox Umbrellas hält, wenn er gepflegt wird, mehrere Generationen lang. Das kleine Traditionsunternehmen besteht seit 1868 und zählt zu den besten Regenschirmmachern der Welt. Man weiss, dass Fox Umbrellas Regenschirme für J. F.  Kennedy gemacht hat, und ist sich sicher, dass sie es auch für das britische Könighaus tun. Als man während des Zweiten Weltkrieges Fallschirme produzierte, entdeckte man den neuen Kunststoff Nylon für sich und die Regenschirme.

Die Stadt der Mode

Heute werden in Mailand die letzten handgefertigten Schirme «made in italy» hergestellt. Die Werkstatt liegt unscheinbar an einer der Ausfallstrassen im Süden der Stadt. Ombrelli Maglia ist ein Familienunternehmen in der 5. Generation. Der Ururgrossvater von Francesco Maglia hatte die Firma 1850 in Montechiari bei Brescia gegründet. Auch in dem italienischen Familienbetrieb wird mit grosser Sorgfalt Schirm für Schirm gebaut. Es sind über 120 Arbeitsschritte nötig, um einen Regenschirm zu bauen. Vom Stock, der glatt und gerade sein muss, damit der Metallring, mit dem der Schirm geöffnet und geschlossen wird, glatt läuft, über die Sprungfeder, die den Metallring befestigt, zu dem Griff. Über das Gestell zum Tuch zur Naht. Die Regenschirmwerkstätten sind Francescos Leben. Schon als Kind trieb er sich zwischen den Drechslern und Schneidern herum. >

Erst zu Beginn des 18. Jahrhunderts kommt der Schirm nach England und wurde als Regenschirm benutzt. Populär wurde der Schirm auf der Insel durch Jonas Hanway (1712 –1786), der ihn um 1750 von seinen Reisen mitgebracht hat und regelmässig benutzte. Damals wog ein Schirm über fünf Kilogramm und war entsprechend schwer zu tragen. Das Gestell war meist aus Walknochen, der Schirm aus ölgetränktem Wachstuch und der Stock aus dickem Holz. Es dauerte noch 100 Jahre, bis Samuel Fox aus Sheffield 1848 ein leichtes Stahlgestell erfand. Seitdem haben Regenschirme ein tragbares Gewicht, und die Produktion explodiert förmlich.

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© Greg Gonzales

Londoner Regen


Regnerisches Paris

Thailändische Schirme gegen die Sonne

Rainy London

Regen in Mailand


Auch in der Sonne braucht man Schirme.

Heimliche Begleiter Vielfältige Formen und Verzierungen schufen elegante Begleiter, die so manche Überraschung bargen. Die Griffe wurden gerne als Versteck verwendet: integrierte Spiegel, Puder- und Pillendosen und sogar kleine Degen, um sich gegen wilde Hunde oder Übeltäter zur Wehr zu setzen, wurden in die Schirme eingebaut.

Am Anfang war der Sonnenschirm

«Ombrello», heisst er «umbrella» im Italienischen, im Englischen und im Französischen sagt man auch «ombrelle»  – der kleine Schatten. Schon an den Wörtern sieht man, dass der Sonnenschirm zuerst da war. Das Deutsche ist dort funktionaler: Ein Schirm schützt.

Schon vor 3 000 Jahren gab es in China Sonnenschirme, die den heutigen ähneln. Über die Türkei und Griechenland kam der Schirm nach Europa. Es gab mehrstöckige Schirme, die umso höher waren, je wichtiger der Beschattete war, und in Venedig markierte ein Schirm einen Patrizier. Da die Gassen in der Lagunenstadt zu eng sind, um hoch zu Ross auszureiten, zeigte der Schirm schon von Weitem den Noblen an.

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© Greg Gonzales

Schirm als Status


DAS MUSS MAN GESEHEN HABEN!

Die Top Ten der gefragtesten Wahrzeichen weltweit Mezquita de Córdoba, Spanien

Wo kann man das schon in dieser Fülle erleben? Maurische und christliche Kunst in einem Bauwerk. Ein Glas vom Montilla-Moriles-Wein in Córdobas Hinterhöfen rundet das Gesamterlebnis ab.

Machu Picchu, Peru

Die terrassenförmige Ruinenstadt der Inkas aus dem 15. Jahrhundert fasziniert Reisende aus aller Welt.

Alhambra, Spanien

Petersdom, Vatikan

Der Petersdom fasst bis zu 20’000  MenDie Stadtburg auf dem Sabikah-Hügel schen und ist mit einer überbauten Fläche gilt als eines der schönsten Beispiele des von 15’160 Quadratmetern eines der grössmaurischen Stils der islamischen Kunst. ten Kirchengebäude der Welt und Zentrum von Vatikanstadt.

Angkor Wat, Kambodscha

Die Tempelanlage gibt Einblicke in die Khmer-Kultur aus dem Mittelalter, als hier rund eine Millionen Menschen gelebt haben sollen.

Taj Mahal, Indien

Das wohl berühmteste Grabmal der Welt gilt wegen der Harmonie seiner Proportionen als eines der schönsten und bedeutendsten Beispiele des Mogulstils.

Auferstehungskirche, Russland

Scheich-Zayid-Moschee, VAE

Die achtgrösste Moschee der Welt befindet sich auf einem 56 Hektar grossen Grundstück. Geschmückt ist der Sakralbau mit Tausenden blumenförmigen Swarovski-Kristallen und Kronleuchtern aus vergoldeten Edelmetallen aus Deutschland.

Typisch ist die ornamentale und bunte Dekorationsweise, ganz im Stile der altrussischen Kunst. Sowohl von aussen als auch von innen ein absolutes Unikum! Gerade in den weissen Nächten im Sommer lohnt sich eine Erkundungstour in der Nacht.

Mailänder Dom, Italien

Lincoln Memorial, USA

Für Reisende mit einem Faible für die nordamerikanische Geschichte ein Muss, Highlights: das Weisse Haus und das Memorial!

Nach dem Petersdom und der Kathedrale von Sevilla ist der Mailänder Dom flächenmässig die drittgrösste Kirche der Welt, geschmückt mit mehr als 2 000  Skulpturen und 135 Fialen im Inneren.

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© Alex Schnurer

Eine Reise

an die Junge Donau Die Donau, der mächtigste Fluss in Zentraleuropa, verbindet zehn Länder. Nur gut 30 Kilometer nördlich von Schaffhausen ist die Donau noch ein kleiner Fluss, bevor sie auf dem Weg vom Schwarzwald ins Schwarze Meer in Süddeutschland spannende Erlebnisse macht: Die Donau-Versickerung bei Tuttlingen, die Schwäbische Alb mit dem Durchbruchstal der Oberen Donau, alte Städte mit römischen Wurzeln, Wein und Bier, berühmte Klöster.

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Der «Schwäbische Grand Canyon»


© bayern.by

Der Donauradweg bei Passau

Die Junge Donau – neue Perspektiven

Von der Quelle bis nach Passau fliesst die an Kilometern noch «junge» Donau durch einige der schönsten Landschaften im Süden Deutschlands. Neue Standpunkte bieten oft auch neue Perspektiven: Meist lässt man sich ja mitreissen, treiben. Ein besonderes Erlebnis wird die Junge Donau für denjenigen, der sich gegen den Strom auf den Weg macht.

Der langsam dahinfliessende Strom steht für Entschleunigung und Ruhe. Und genau diese Atmosphäre macht den Reiz der ausgedehnten, mittlerweile selten gewordenen Donauauwälder aus. Darüber hinaus verdanken wir ihm einige wunderschöne romantische Städte. Als Formel für die Junge Donau gilt der Dreiklang StadtLand-Fluss. Beim Flanieren durch verwinkelten Altstadtgassen lässt sich dieses besondere Lebensgefühl am Strom am besten einfangen. Ob am Zusammenfluss von Donau, Inn und Ilz in Passau oder nach dem Genuss einer Agnes-Bernauer-Torte in Straubing. Hier noch ein Geheimtipp: der Friedhof St. Peter in Straubing mit der romanischen Kirche, der wie in einem Dornröschenschlaf liegt, so zugewachsen ist er. >

© flymovies.de

Zunächst ist da natürlich der Fluss, er hat das Land und seine Bewohner geprägt, bildet Traumkulisse für Radtouren mit Ausblick und ausgedehnte Wanderungen. Die Donau ist nicht nur der bekannteste, sondern auch der zweitlängste Strom Europas. Eines der High-

lights ist das Naturschutzgebiet «Weltenburger Enge». Nicht nur die Perle des Donaudurchbruchs, Kloster Weltenburg mit seiner Brauerei, lohnt einen Besuch. Auch Wanderer werden rund um Kelheim glücklich  – etwa entlang romantischer Pfade des Altmühltal-Panoramawegs mit sonnigen Wacholderheiden und naturbelassenen Wäldern. Dabei stösst man immer wieder auf Relikte aus der Römerzeit. Dazwischen locken urige Zillen, Seilfähren oder Kanus, die Donau vom Wasser aus zu erkunden. Entspannen lässt es sich im Anschluss in den Thermen in Bad Abbach oder Bad Gögging.

LOST & FOUND Altmuehltal – Kloster Weltenburg am Donaudurchbruch

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nah erleben haut

I

n einem Waldstück bei Messkirch entsteht Tag für Tag ein Stück Mittelalter, Handwerker und Freiwillige schaffen mit den Mitteln des 9. Jahrhunderts eine Klosterstadt, die den Namen «Campus Galli» trägt. Ochsen ziehen Steinladungen zur Baustelle, Holzbalken werden mit Äxten behauen und aus der Schmiede ertönt der klingende Ton des Amboss. Alles muss von Hand gemacht werden, alles ist mühsamer, geht langsamer als heutzutage, ist vielleicht aber auch erfüllender und befriedigender. Der Plan für diese Klosterstadt ist weltberühmt, gezeichnet wurde er vor 1 200 Jahren nicht weit entfernt, auf der

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© Fotoarchiv Campus Galli

er Mit telalt

Insel Reichenau. Erst jetzt wird er umgesetzt, ohne Maschinen, ohne modernes Werkzeug. Werden Sie Zeuge wie ein Stück Geschichte zum Leben erwacht. Nach 1 200 Jahren sind es die Mitarbeiter von Campus Galli, die ihre «Findigkeit» bei der Umsetzung des Plans beweisen dürfen. Der Plan ist eine zweidimensionale Zeichnung mit kleineren Texten zur Erklärung. Wie genau die Dachbedeckung aussah, mit welchem Werkzeug gearbeitet wurde, welchen Ertrag die Feldfrüchte brachten, all das versuchen wir im Rahmen des Projekts herauszufinden, sowie auch alles andere was aus dem Leben im Frühmittelalter für uns relevant ist.


© Donaubergland

Wandern auf höchstem Niveau

Die höchsten Berge der Schwäbischen Alb liegen im Donaubergland. Zehn von ihnen sind über 1 0 00 m hoch, weshalb der südwestliche Zipfel der Alb auch «Region der 10 Tausender» genannt wird. Nicht ganz so hoch aber nicht weniger beeindruckend sind die weiteren «Gipfel» des Donauberglandes, wie zum Beispiel das Klippeneck in Denkingen (mit Deutschlands höchst gelegenem Segelflugplatz) oder der Hohenkarpfen, ein so genannter «Zeugenberg». Wer einen Aufstieg in Kauf nimmt, wird mit tollen Ausblicken – teilweise sogar mit spektakulärer Alpenfernsicht – belohnt. Wer weniger gut zu Fuss ist, kann z. B.  das Klippeneck, den Dreifaltigkeitsberg, den Witthoh und den Wartenberg auch mit dem PKW anfahren. Ausgezeichnet als «Deutschlands Schönster Wanderweg» 2013 (zweiter Platz) ist der Donauberglandweg. Vom Dach der Schwäbischen Alb in den «Schwäbischen Grand Canyon» (das Durchbruchstal der Oberen Donau), führt der Donauberglandweg, der als erster Wanderweg auf der Schwäbischen Alb als «Qualitätsweg» ausgezeichnet worden ist.

Der Donauberglandweg bietet Wanderern einen faszinierende Vielfalt.

Der «Lemberg», mit 1 015 Metern höchster Berg der Schwäbischen Alb, ist Ausgangspunkt eines rund 60 Kilometer langen ausgezeichneten Wanderwegs entlang des Albtraufs auf der Südwestalb hinunter in die Donaustädte Mühlheim und Fridingen bis nach Beuron, dem weltberühmten Abteiort und Mittelpunkt des Naturparks Obere Donau. Auf über 3 200 Höhenmetern mit Steigungen und Abstiegen führt der Weg in vier Tagesetappen von jeweils rund 15 bis 20 Kilometern durch die schönsten Landschaften der Südwestalb. Fast die Hälfte des Weges verläuft auf naturnahen Wegen und romantischen Fusspfaden. Die höchsten Berge der Schwäbischen Alb, die tiefsten Täler, Ruinen, Burgen und Schlösser, die romantische Donau, alles das und noch viel mehr können die Wanderer auf dem Donauberglandweg in einer faszinierenden Vielfalt erleben. Als einer von rund 90 Qualitätswanderwegen gehört er zu den schönsten Wanderwegen in Deutschland. Täglich können Sie auf jeder Etappe völlig neue Wanderkulissen erleben! >

Eine Auszeit gönnt man sich am besten bei einer «Donauwelle», der traditionellen Torte mit Kirschen, Buttercreme und Kakao.


© Ingolstadt Tourismus

© audi  AG

Audi-Forum

Ingolstadt: Tradition & Moderne an der Donau

Ingolstadt ist eine Stadt mit vielen Facetten, lebendig und sehenswert. Geschichte, Tradition und modernes städtische Flair fügen sich hier wunderbar zusammen. Die Donaustadt war einst bayerische Herzogsresidenz, Sitz der Ersten Bayerischen Landesuniversität und Bayerische Landesfestung. Die Jahrhunderte dieser reichen Vergangenheit finden sich überall im Stadtbild. Heute ist die jüngste Grossstadt Bayerns ein dynamischer Wirtschafts- und Wissenschaftsstandort. Sehenswürdigkeiten wie das Neue Schloss, die Asamkirche oder das Liebfrauenmünster laden zu historischen Streifzügen ein. Ingolstadt hält eine bedeutende Position in der Bayerischen Universitätsgeschichte: Neben Prag und Wien war Ingolstadt jahrhundertelang die bedeutendste Universität in Mitteleuropa. Doktor Frankenstein oder die Illuminaten gehen darauf zurück. Unterhaltsame Führungen zu den verschiedensten Themenbereichen von Bier bis Frankenstein bieten ein Stadterlebnis der besonderen Art. In urigen Gasthäusern geniesst man bayerische Gastfreundschaft. Die Qualität des bayerischen Bieres ist

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Kreuztor

weltbekannt – und hat ihren Ursprung in Ingolstadt! Hier wurde 1516 das Bayerische Reinheitsgebot für Bier erlassen, das älteste noch gültige Lebensmittelgesetz der Welt. Das 500 jährige Bestehen wird natürlich ganzjährig in der Donaustadt gefeiert. Technik und Design bietet die Erlebniswelt des Audi Forum Ingolstadt mit dem Audi museum mobile. Die Sammlung erzählt die Geschichte des Automobils und der AUDI AG. Im Rahmen einer Werksführung besteht die Möglichkeit, die Entstehung eines Premiumautomobils hautnah mit zu erleben. Drehen Sie unter Anleitung von Instruktoren einige Runden in einem Fahrzeug aus Ingolstadt auf dem Fahr- und Erlebniszentrum von Audi. Eine weitere Attraktion Ingolstadts ist das Outlet Shopping Center Ingolstadt Village: Hochwertige Designerund Modemarken zu reduzierten Preisen bieten eine einzigartige Einkaufsatmosphäre.

Weitere Infos

www.die-junge-donau.de www.die-junge-donau.de/campus-galli-tour www.die-junge-donau.de/donauberglandweg www.die-junge-donau.de/ingolstadt-2


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Cocktails with a Twist Die American Bar im Londoner Savoy

Wahrscheinlich staunten die Leser des Amhurst Farmer´s Cabinet im Frühjahr 1803 nicht schlecht, als sie in der aktuellen Ausgabe des Blattes erfuhren, dass man einen Cocktail nicht nur vor Pflug oder Kutsche spannen, sondern damit ebenso gut einen ausgewachsenen Kater vertreiben könne. So zumindest der Vorschlag des namenlosen Autors, der sich auf Anraten seines Arztes nach einer durchzechten Nacht gleich zwei Drinks genehmigt, ohne uns allerdings das genaue Rezept des Hangover-Killers zu verraten. Tatsächlich war der Cocktail damals nämlich (noch) nicht als alkoholisches Mixgetränk bekannt, sondern stand als Sammelbegriff für Arbeitspferde, denen man aus Sicherheitsgründen den Schwanz kupiert hatte. Autor: Dr. Thomas Hauer

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Die Lobby des Londoner Savoy

E

rst drei Jahre später erschien in einer New Yorker Tageszeitung dann das erste, freilich noch nicht sonderlich elaborierte Cocktail-Rezept, in dem vier Hauptzutaten für einen guten Drink genannt werden: «a stimulating liquor, composed of spirits of any kind, suger, water and bitters – it is vulgarly called a bittered sling».

Der Sling

Unter einem Sling verstand man damals schlicht eine mit Wasser verdünnte und mit Zucker gesüsste Spirituose  – bei der oft zweifelhaften Qualität damaliger Brände sicher kein Fehler. Wirklich neu am Cocktail war also nur, dass man jetzt quasi als i-Tüpfelchen noch Bitters dazu gab, die selbst aus Dutzenden Zutaten zusammengebraut waren. Darunter vor allem aromatische Kräuter, Samen und Wurzeln, aber auch exotische Früchte und Gewürze. Diese hochprozentigen Auszüge, die meist von Apothekern hergestellt wurden, standen bei approbierten Ärzten wie landfahrenden Quacksalbern gleichermassen hoch im Kurs, galten sie doch als regelrechte Wundermittel für Leiden und Zipperlein von Hämorrhoiden bis Haarausfall. Das erklärt auch die etwas seltsam anmutende Empfehlung zeitgenössischer Mediziner, den Tag  – ausschliesslich im Interesse der Gesundheit versteht sich – anstatt mit einem schwer verdaulichen Frühstück doch lieber mit einem strammen Cocktail zu beginnen. Schliesslich galt Alkohol zu dieser Zeit als Universalheilmittel, der durch den Zusatz der Bitters doch zweifellos nur noch wirkungsvoller werden konnte. In der Theorie zumindest.

Nicht lange jedenfalls und Cocktails avancierten in den Metropolen entlang der amerikanischen Ostküste zu einem der beliebtesten alkoholischen Getränke – vor allem in den besseren Kreisen. Und die exportierten ihre Trinkgewohnheiten parallel zum anschwellenden Transatlantikverkehr schliesslich auch bald nach Good Old Europe. So schossen vor allem in London und Paris Ende des 19. Jahrhunderts sogenannte American Bars, also Orte, an denen Cocktails amerikanischer Machart serviert wurden, wie Pilze aus dem Boden. Allerdings waren Cocktails auf Basis von gebranntem Alkohol und Bitters auch in der alten Welt keine Unbekannten. So erliess der Wirt der Londoner Axe & Gate Taverne laut einem Bericht der Morning Post and Gazetteer vom März 1798 nach einem Lotteriegewinn seinen Stammgästen sämtliche offenen Rechnungen. Ein Kommentator des Blattes griff den Ball auf und erklärte vier Tage später in einem satirischen Beitrag, bei dieser Aktion seien auch einem bekannten Lokalpolitiker namens William Pitt die Schulden für den angeschriebenen «cock-tail» gestrichen worden – die bis dato erste nachweisbare Verwendung des Begriffs für ein Getränk.

Die Bar des Savoy

Die älteste noch erhaltene American Bar in Englands Hauptstadt befindet sich heute im legendären Savoy Hotel  – eine der beliebtesten und traditionsreichsten Nobelherbergen der Stadt, die nach einem kompletten Make-over seit 2010 wieder in neuem Glanz erstrahlt. Die Liste an Stars und Sternchen, die dieser Londoner Institution bereits die Ehre gegeben haben, ist mittlerweile wohl länger als das >

Der Policeman’s Hook – einer von Eric Lorincz’ Lieblingscocktails

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örtliche Telefonbuch, und es wäre sicherlich einfacher aufzuzählen, welcher A-Promi hier noch keinen Cocktail geschlürft oder sein Haupt zur Ruhe gebettet hat. Doch Name-Dropping ist nur etwas für Parvenüs.

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Der Eingang des Savoy Hotels

Hinter dem Tresen der American Bar standen seit ihrer Eröffnung im Jahre 1893 jedenfalls bereits einige Barkeeper-Legenden. Z.B. Ada «Coley» Coleman (1903 – 1924), die den sagenumwobenen Hanky-Panky kreiert hat, einen Mix aus gleichen Teilen Gin und Wermut, garniert mit zwei Dashes Fernet Branca und ein wenig Orangenzeste. Oder ihr Nachfolger Harry Craddock (1925 – 1939). Aus seiner Feder stammt das Savoy Cocktail Book – bis heute eine Art Bibel der Cocktailkultur. Sein White Lady, ein erfrischender Blend aus Gin, Cointreau und Zitronensaft, war einer der Lieblingsdrinks des Komikerduos Stand Laurel und Oliver Hardy, die regelmässig im Savoy abzusteigen pflegten. Harry Viccars (1975–1981) dagegen kreierte Mitte der 70er-Jahre den Speedbird, einen ebenso opulenten wie spritzigen Drink aus Bacardi White Rum, Martini Dry und Rosso, Orangenlikör und Angostura Bitters für den Jungfernflug der Concorde.

Drink a Green Park

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Die American Bar – Understatement pur

Eric Lorincz in Aktion

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Aber auch der aktuelle Head Bartender, Erik Lorincz, Sieger der Diageo World Class Competition 2010 und Best International Bartender bei den Tales of The Cocktail 2011, hat schon einige Drinks kreiert, die das Zeug zum Klassiker haben. Unbedingt probieren sollten Cocktailfans z.B. seinen Green Park. Eines der Highlights auf dem brandneuen Cocktail-Menü der American Bar, liefert der Drink einen Frischekick auf Basis von Bombay Saphire Gin, Sellerie-Bitters, Zitronensaft, Zuckersirup, frischem Basilikum und Eiweiss. Lorincz’ bereits 2010 kreierter Cocktail El Malecón ist dagegen ein Old-School-Drink, über den Lorincz selbst sagt: «Ich habe einmal gelesen, dass die Quintessenz dessen, was es heisst Kubaner zu sein, darin liegt, die Unwägbarkeiten des Lebens zu akzeptieren. Dass wir geboren werden und wieder sterben müssen und versuchten sollten, dazwischen so viel Spass und Freude wie möglich zu haben. Mit dieser bemerkenswerten Haltung im Hinterkopf wollte ich einen Drink kreieren, der sowohl tagsüber wie am Abend Freude macht und der in der elegantesten Londoner Cocktailbar eine genauso gute Figur abgibt wie entlang des Malecón in Havanna, wo Musik, Gelächter und Tabakrauch in der Luft liegen.


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Mein Drink bietet deshalb die Frische der Limette, die reiche Frucht und die Nussaromen von gereiftem Port und Sherry, zu denen Peychaud´s Bitter einen Kontrapunkt setzen, während das Ganze von der Wärme des Bacardi Rum umhüllt wird.» Da behaupte noch mal einer, Cocktails-Mixen sei ein Handwerk ohne Tiefgang.

Try the Policeman’s Hook

Lorincz persönlicher Lieblingsdrink auf der neuen Karte aber ist der Policeman’s Hook – für ihn gleichzeitig Ausdruck unbändiger Kreativität, wie ultimatives Geschmackserlebnis. Die Zutaten: 45 ml Haig Club Grain Whisky gemixt mit 10 ml geröstetem Malzsirup, drei Tropfen Bitters und 25 ml eines hausgemachten Blends aus drei Sorten Wermut, verfeinert mit einem Auszug gerösteter Kombu-Algen und garniert mit essbarem Rentier-Moos. Nicht nur ein Fest für die Geschmacksknospen, sondern auch eine echte Augenweide!

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«Unser breit gefächertes Menü ist ein idealer Einstieg für das besondere Cocktail-Erlebnis, denn unsere Gäste bekommen in der American Bar nicht nur perfekte Drinks serviert, sondern erfahren auch etwas über die Geschichten, Anekdoten und Innovationen, die sich hinter den Rezepten verbergen. Ausserdem gehört zu einem tollen Abend natürlich makelloser Service und last but not least trägt auch die Live-Musik zur speziellen Atmosphäre der American Bar bei», erzählt Lorincz.

Der Platz an der Bar

Apropos Live-Musik: An dem Flügel (oder genauer gesagt einem seiner Vorgänger), bis heute elegantes Centerpiece der American Bar, hat schon Frank Sinatra in die Tasten gehauen. Heute intoniert hier ein Barpianist sanfte Jazz-Melodien. Wir selbst treffen Lorincz bei unserem Besuch in London leider nur zwischen Tür und Angel, denn er ist gerade auf dem Sprung nach Hongkong – seine Expertise als einer der weltbesten Bartender machen ihn zum gefragten Gast und Experten bei Events rund um den Globus. Wer Eric Lorincz oder einem seiner smarten Kollegen beim Mixen der Drinks auf die Finger schauen will, wählt natürlich am besten einen Platz direkt an der Bar – davon gibt es allerdings nur vier, und da es zu den strikten Regeln des Hauses gehört, keine Reservierungen zu akzeptieren, muss man zumindest am Abend schon ein wenig Glück haben, will man einen dieser begehrten Hotspots ergattern. Spätestens dort begreift man dann, >

Der Blue Angel ist Marlene Dietrich gewidmet und einer der Signature Drinks der Beaufort Bar.

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Historische Aufnahmen aus der American Bar des Savoy

dass das Geheimnis dieses magischen Ortes, dessen an Art-déco-Elemente angelehntes Interior-Design an die goldene Zeit des American Bartending erinnert, in den Details verborgen liegt. Erst sie machen einen ordinären Drink zum perfekten Cocktail. So zum Beispiel das eigens für die American Bar in grossen Blöcken aus destilliertem Wasser hergestellte, kristallklare Eis. Es wird erst kurz vor dem Mixen des Drinks von Hand mit scharfen Messern in grossen Stücken vom Block abgeschlagen. Der Vorteil: Das Ganze sieht nicht nur wesentlich stylischer aus, sondern das Eis schmilzt auch deutlich langsamer und verwässert den Drink nicht. Übrigens verfügt das Savoy mit der nach der Renovierung neu eröffneten Beaufort Bar noch über ein weiteres Etablissement von Weltformat mit einer spektakulären Auswahl an Champagnern und einer breiten Range an eigens

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kreierten Signature Cocktails, die am Tisch des Gastes zubereitet werden. Z.B. der Blue Angel – eine Hommage an Marlene Dietrich (Gin, Extra Dry Martini, Cointreau, Botanical Cordial, Dom Pérignon und Zitronensorbet) oder Coco, der an Mode-Ikone Coco Chanel erinnert, die im Savoy ihre erste Modenschau veranstaltete. (Grey Goose Vodka, Lillet Blanc, Chateauneuf-du-Pape Reduktion, Moet&Chandon Vintage). Wer nach all den hochprozentigen Drinks Appetit bekommt, hat es zum Glück nicht weit: Der Eingang zum Savoy Grill, eines der bekanntesten und beliebtesten Restaurants der Stadt, liegt nur wenige Schritte von der Bar entfernt. Hier schwang in den 1890er-Jahren bereits Auguste Escoffier den Kochlöffel und erfand Klassiker wie Pfirsich Melba oder Birne Helene. U.a. gehörten Oscar Wilde und Sir Winston Churchill zu den Stammgästen … ach ja, schlafen kann man im Savoy übrigens auch.


Reisen

n e g a M n durch de

Reise in die Heimat

Ein so persönliches Kochbuch eines Sternekochs gab es wohl selten: Ali Güngörmüs  – der einzige Sternekoch mit türkischen Wurzeln – verrät in diesem Buch seine liebsten Rezepte aus seiner Heimat. Neben traditionellen Gerichten aus seiner Heimat Türkei, greift er auch auf klassische Rezepte seiner Mutter zurück. Ali Güngörmüs fügt jedem Gericht noch seine ganz persönliche Note hinzu: So wird aus Hummus eine WeisseBohnen-Creme, der Kebab mal mit Hähnchen und Garnelen zubereitet und Börek im Ofen gebacken statt frittiert. Die Gerichte voller Aromen und spannender Geschmackskombinationen bringen die Frische, Vielfalt und Lebendigkeit der türkischen Küche auf den Teller  – und sind zu Hause gut nachkochbar!

Meine türkische Küche Ali Güngörmüs | Dorling Kindersley

Let’s cook India

Little India around the world: Indische Communities haben sich in allen westlichen Hauptstädten angesiedelt und beeinflussen nicht nur Mode, Musik und Lifestyle – auch die indische Küche hat mit ihnen Einzug gehalten. Bollyfood nimmt den Leser mit auf eine Reise durch die indischen Viertel u.a. in London und Paris, Mumbai und Mauritius und zeigt die bunte Vielfalt der jeweils lokal gefärbten indischen Küche. Über 100 Rezepte und zahlreiche Anekdoten machen sie erlebbar und lebendig. Hervorragende FoodFotografie und das üppige, farbenfrohe Layout lassen den Leser eintauchen in eine faszinierende Esskultur. Der Titel lebt nicht nur durch sein farbenfrohes Innenlayout, sondern wirkt zusätzlich durch die prächtige Veredelung: Prägung und edle Optik des Umschlags sowie Farbschnitt als i-Tüpfelchen versprechen den Wow-Effekt!

Bollyfood Jean-François Mallet | Gräfe und Unzer Verlag

So wird’s perfekt

Bodenständig, unkompliziert, aber raffiniert geht es zu, wenn Sternekoch Frank Rosin in seiner TV-Sendung «Rosins Restaurants» mit viel Know-how und Leidenschaft Restaurantbesitzern in der Krise wieder auf die Beine hilft. In der Sendung wird gelacht, geweint, aufgeräumt und renoviert, vor allem aber gekocht. Die besten Rezepte gibt es nun in diesem Buch zum Nachkochen und Geniessen, wie Kartoffelsuppe mit Cabanossi, Spaghetti napoletana, Türkische Pizza, Moussaka, Kalbsschnitzel mit Pilzpfanne, Tote Oma Franky’s Style oder Bayerisch Creme mit Kirschen. Der charmante Sternekoch verrät in seinem Buch viele Profi-Tricks und Kniffe für einen sicheren Kocherfolg.

Rosins Restaurants Frank Rosin | Dorling Kindersley

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© Krug Champage, Denis Chapoullie

Festival in Rom rld Wo

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Rom, Campo de´Fiori an einem strahlenden Mittwochmorgen Ende April. Olivier Krug, seit 2009 Direktor der 1843 von seinem Urururgrossvater Joseph in Reims gegründeten Maison Krug, lehnt entspannt an einem Stehtischchen in der Café-Bar Obica. In der Hand hält er ein elegantes Kristallglas, dessen fein moussierender Inhalt in der milden Frühlingssonne in einem blassen, fast aristokratisch wirkenden Goldton funkelt. Autor: Dr. Thomas Hauer

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© Krug Champage, Mathieu Maury

ie pulsierende Atmosphäre im Herzen der Altstadt wirkt wie statisch aufgeladen von unzähligen Düften, die von den nahe gelegenen Marktständen herüberwehen, um die sich seit den frühen Morgenstunden Einheimische und Touristen drängen. Eine Symphonie der Farben und Aromen, die uns das Wasser im Mund zusammenlaufen lässt – dabei liegt das opulente Frühstück gerade mal eine halbe Stunde zurück. «Der späte Vormittag ist die perfekte Zeit, um Champagner zu verkosten», erzählt uns derweil ein bestens gelaunter Olivier, «dann sind die Geschmacksknospen am sensibelsten.» Das lassen wir uns nicht zweimal sagen und naschen frischen, feinsäuerlichen Büffelmozzarella, kräftige Fenchelsalami und gereiften Parmesan, die den spritzigen Champagner überraschend gut begleiten.

Champagner der Könige

In unserem Rücken liegt, nur einen Steinwurf entfernt, der altehrwürdige Palazzo Farnese mit der strengen Renaissancefassade nach Plänen Michelangelos – Sitz der französischen Botschaft. Auch dort dürfte bei besonderen Anlässen ab und an eine Flasche jenes legendären Elixiers, das da gerade in unseren Gläsern perlt, geöffnet werden, gilt Krug doch als König der Champagner und Champagner der Könige. Tatsächlich feiert die Grande Cuvée, Aushängeschild in Krugs exquisitem Champagnerportfolio, mit der zuletzt freigegebenen Charge auf Basis des eher schwierigen Jahrgangs 2007 bereits ihren 171. Geburtstag. Für die Maison Grund genug, mehr als 60 Journalisten aus der ganzen Welt zur Premiere des Krug World Festival an den Tiber einzuladen, um dort das jüngste Baby des Hauses im Rahmen eines multisenorischen Happenings rund um die Themen Food und Musik offiziell vorzustellen. Allerdings ist der Wein, den wir da gerade verkosten, noch einige Jahre, vielleicht Jahrzehnte von seinem Höhepunkt entfernt, macht aber auch in seiner Jugend mit einem saftigen Bukett von intensiven, krugtypischen Zitrusnoten und dezenten Röstaromen schon jede Menge Spass. Ein Traumwein vor einer Traumkulisse. Der Event in Rom ist dabei aber nur die erste einer ganzen Reihe von Stationen, der die sympathische KrugEquipe um Olivier Krug, CEO Margareth Henriquez und Chef de Cave Eric Lebel im Laufe des Jahres u. a. nach London, Mailand, New York und Tokio führen wird. >

Roms Campo dei Fiori war der perfekte Schauplatz für die Vorstellung der neuen Grnade Cuvée.

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© Krug Champage, Mathieu Maury

Das Krug Team um Kellermeister Eric Lebel, CEO Margareth Henriquez und Olivier Krug (von links) umringt von den angereisten Gastköchen aus Fernost.

Unter Kennern wie Kritikern gilt die ebenso elegante wie komplexe Grande Cuvée schon immer als einer der zuverlässigsten und lagerfähigsten Non-VintageChampagner auf dem Markt. Viele Krug Lovers, wie das Haus selbst seine Fans nicht ohne Stolz nennt, ziehen die Grande Cuvée deshalb auch den Vintage-, aber auch legendären Krug-Einzellagenchampagnern wie Clos du Mesnil oder Clos d’Ambonnay vor. Die werden aber ohnehin nur in Spitzenjahren produziert und erzielen teilweise astronomische Preise von 2 000 Euro und mehr – pro Flasche versteht sich. Aber selbst die Grande Cuvée liegt mittlerweile jenseits der 150-Euro-Marke.

Qualität statt Quantität

Dieser Preis ist nicht zuletzt der homöopathischen Produktionsmenge geschuldet, denn auch wenn Krug offiziell keine Zahlen veröffentlicht – aktuell hat das Haus nur einen Marktanteil von weniger als 0.2 %. Ein Vergleich macht die Dimensionen deutlich: In jeder Sekunde wird irgendwo auf der Welt eine Flasche Moet & Chandon

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geöffnet. Täte man dasselbe mit Krug-Champagner, wäre die gesamte Jahresproduktion nach nur fünf Tagen bereits erschöpft. Aber was macht die Weine von Krug nun so besonders, ja einzigartig? Im Unterschied zu allen anderen Champagner-Häusern werden bei Krug die Trauben der einzelnen Rebparzellen, die in die Grande Cuvée oder den Vintage einfliessen, separat vinifiziert. Das machen die anderen Champagnerhäuser im Prinzip zwar auch, bei Krug wird dieses Terroir-Prinzip allerdings auf die Spitze getrieben. Das heisst, selbst handtuchgrosse Plots werden separat ausgebaut, während bei den Giganten der Branche aus Kosten- und Logistikgründen oft mehrere Plots zusammengefasst werden. Trotz des vergleichsweise geringen Outputs werden bei Krug so Jahr für Jahr rund 250 Vins clairs, also Basisweine, produziert, aus der die spätere Cuvée assembliert bzw. die als Reserveweine eingelagert werden. Betriebswirtschaftlich betrachtet der reine Wahnsinn. Das bei Krug


Dagegen gibt wohl kein Champagnerhaus seinen Weinen mehr Zeit, um in Ruhe auf der Hefe zu reifen – bei den Vintages und Einzellagen teilweise zehn Jahre und mehr, aber selbst bei der Grande Cuvee im Schnitt noch sieben bis acht Jahre. Damit haben die Weine genügend Zeit, jenen unverkennbaren Stil zu entwickeln, an dem Kenner ein Glas Krug selbst mit geschlossenen Augen erkennen und der sich wie ein roter Faden durch die gesamte Kollektion zieht. Das ist nicht zuletzt das Verdienst von Eric Lebel, der seit 18 Jahren die Geschicke in Keller und Weinberg lenkt.

Die Champagner ID

Im Mittelpunkt des Events standen die fast grenzenlosen Möglichkeiten Champager und Speisen zu kombinieren.

© Krug Champage, Mathieu Maury

Und wer ganz genau wissen möchte, was er vor sich im Glas hat, checkt einfach kurz die Krug-ID, ein sechsstelliger Zahlencode, den seit 2011 jede Flasche auf dem

Rückenetikett trägt. Gibt man diese auf der Krug-Webseite oder in der Krug-App ein, erscheint prompt ein umfangreiches Datenblatt auf dem Display. Damit vollzog das seit 1999 zum Luxusgüterkonzern LVMH zählende Champagner-Haus einen radikalen Kurswechsel, denn bis zu diesem Zeitpunkt wurde Fragen zur Assemblage oder sonstigen Internas bestenfalls schlicht ignoriert. Die gerade freigegebene Charge trägt z.B. die Krug-ID 115014. Wobei die erste Zahl für das Quartal, die zweite und dritte für das Jahr stehen, in dem die Flasche verkorkt wurde und den Keller verlassen hat. Mithilfe der App erfährt der Connaisseur darüber hinaus, dass er einen Blend von 183 Weinen aus zwölf Jahrgängen vor sich hat – der älteste aus 1990, der jüngste 2007 – der 37 % Pinot Noir, 32 % Chardonnay und 31 % Meunier enthält. Ausserdem findet man Verkostungsnotizen, Tipps für das perfekte Foodparing, Hinweise zum optimalen Glas und der idealen Trinktemperatur sowie aktuelle Bewertungen internationaler Weinkritiker. So wird die Grande Cuvée beim Wine Spectator aktuell mit 95 von 100 Punkten bewertet. Santé!   Krugs Grande Cuvée wird alljährlich aus Dutzenden von Grund- und Reserveweinen neu komponiert.

Weitere Infos www.krug.com

© Krug Champage, John Staples

beim Ausbau zum Einsatz kommende Holz hat dagegen, anders als oft kolportiert, nur in geringem Mass Einfluss auf den späteren Wein.


Kulinarische Leckerbissen

Schon gewusst ..?

Nase zu, Mund auf …

Eines der stinkendsten Gerichte, das in Europa zu bekommen ist, ist der «Hákarl» – eine isländische Spezialität, die wegen ihres nach Ammoniak schmeckenden Fleisches des Grönlandhaies nur von wenigen Isländern gegessen wird. Geruch und Geschmack sind sehr intensiv. Da Haie beim Atmen auch ihren Salzhaushalt regulieren, um leichter auf- bzw. abtauchen zu können, ist ein starker Salzgeschmack die Folge. Die Konsistenz des Fleisches lässt sich als gummigartig bezeichnen. Der Hai ist für Menschen nur aufgrund der Fermentierung überhaupt essbar, ansonsten wäre sein Fleisch ungeniessbar bis giftig. Wie alle Plattenkiemer reichert er Harnstoff im Blut an, den er zum Ausgleich des osmotischen Drucks des Meerwassers verwendet. Es dauert mehrere Monate, bis der Harnstoff im Körper des toten Hais abgebaut ist. In dieser Zeit ­werden durch seine Zersetzung grosse Mengen an Ammoniak ­freigesetzt. Die traditionelle Zubereitung von Hákarl ist langwierig: Der Hai wird ausgenommen, entgrätet, gesäubert und gewaschen. Dem Fleisch werden keine Gewürze oder Mittel für die Haltbarkeit zugesetzt. Dann wird eine Grube in grobkörnigem Kies gegraben, das Haifleisch wird eingegraben und durch darauf liegende Felsstücke ausgepresst. So wird es belassen – im Sommer sechs bis sieben Wochen, im Winter zwei bis drei Monate. Danach wird das Haifleisch in eine offene Trockenhütte gehängt, wo das Ammoniak abgasen kann. Dort bleibt es zirka zwei bis vier Monate, bis es fest und trocken ist.

Was war zuerst?

Auf die Frage, ob zuerst der Vogel oder die Frucht Kiwi hiess, gibt es eine einfache Antwort. Es war der flugunfähige Vogel aus Neuseeland. Die grüne Frucht stammt aus Ostasien und wurde erst 1904 nach Neuseeland eingeführt. Dort wurde das pelzige Obst in kurzer Zeit sehr beliebt und allerorts an­ gebaut. Als 1952 die Kiwi das erste Mal nach ­England exportiert wurde, wurde sie ebenfalls begeistert aufgenommen. Aber erst 1959 gab man ihr ihren Namen «Kiwi». Man bezog sich auf den Spitznamen der Neuseeländer, die sich wiederum auf den laufun­ fähigen Vogel beriefen.

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Ein unzufriedener Gast

Kartoffelchips sind Biss um Biss verführerisch. Es fällt schwer, mit ihnen aufzuhören. Erfunden wurden sie vermutlich am 24. August 1853. Ihr Erfinder George Crum war Koch in der Moon Lake Lodge in Saratoga Springs. An jenem Tag hatte er einen äusserst kritischen Gast, der die Bratkartoffeln Mal um Mal zurückgehen liess, weil sie ihm zu dick waren. Nach einigem Hin und Her schnitt George Crum aus Wut die Kartoffeln so dünn, wie es ihm möglich war – und der Gast war zufrieden –, man sagt es war der Eisenbahnmogul Cornelius Vanderbilt. Als Saratoga Chips landeten sie auf der Speisekarte. Nach ersten industriellen Versuchen bekamen die Chips schliesslich in Irland zusätzliche Aromen (Salz, Essig Käse oder Zwiebeln) und wurden zum kalorienreichen Erfolg.

Goldene Früchte

Im 19. Jahrhundert waren Äpfel noch ein besonderer Luxus. In den grossen Städten wie St. Petersburg, Wien und Berlin wurden schöne Exemplare für viel Geld verliehen. Ein Prachtapfel wurde als Tischdekoration in einer Schale drapiert und anschliessend sorgfältig in Papier und Stroh verpackt und am nächsten Abend wieder vermietet. Damals war die Hochzeit der Pomologie, der Wissenschaft vom Apfel. Um 1880 wurden mehr als 20’000 Apfel­ sorten weltweit angebaut, doch die zu grosse Nachfrage führte schliesslich zu Monokulturen und nur noch wenigen Sorten.

Er hat sie erfunden

Die Sacher-Torte gehört zu Wien wie Kaffee und der Schmäh. 1832 beauftragte Fürst Metternich die Hofküche, ein aussergewöhnliches Dessert zu kreieren. Da der Küchenchef krank war, buk der Lehrling Franz Sacher (1843–1892) einen Vorläufer der späteren SacherTorte. Sein Sohn vollendete das Rezept der Sachertorte. Sie wurde beim k. u k. Hofbäcker Demel und später im Hotel Sacher angeboten. Seit den 30er-Jahren wird darüber gestritten, wer die Original-Sacher-Torte produziert. Ist es die «Original Sacher-Torte» oder «Demel’s Sachertorte». Das Hotel Sacher produziert heute 360’000 Torten pro Jahr und braucht dafür allein 1.2 Millionen Eier, 80 Tonnen Zucker und 70 Tonnen Schokolade.

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