PRESTIGE Switzerland Volume 58

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erscheint vierteljährlich OWNER Editorial AG Talstrasse 20 CH-8001 Zürich EXECUTION Editorial AG Ceres Tower Hohenrainstrasse 24 CH-4133 Pratteln Telefon +41 61 551 39 40 Telefax +41 61 551 39 49 info@editorial.ag www.editorial.ag MEMBER OF THE BOARD TIBOR I. MUELLER MANAGING DIRECTOR JAN TANNER PUBLISHING DIRECTOR HASAN DURSUN PRODUCT MANAGER BORIS JAEGGI

IM PRES SUM

EDITOR-IN-CHIEF SWENJA WILLMS s.willms@editorial.ag

EDITORS KONSTANTIN ARNOLD RENÉ BACHMANN ANJA BEELER SNESHA BLOOM GISBERT L. BRUNNER WILMA FASOLA LONE K. HALVORSEN DR. MATTHIAS HARDER THOMAS HAUER SIMONE HOFFMANN URS HUEBSCHER MARKUS HOFMANN BEAT KRENGER GEORG LUTZ DIRK MANGARTZ CORINA RAINER VIVIEN RATHJEN LISA SCHMIDT BEATRICE SCHÖNHAUS ANTONIA CLARA SEMMLER HELGA UGRENOVIC CLAUDIA WANNINGER SVEN WEDEMEYER PHILIPP WENTE STEPHAN WIRZ JOËL CH. WUETHRICH CORRECTOR ANDREAS PROBST COVER «Meland Club» by X+Living Photo: Shao Feng

SALES FRANCO D'ELIA f.delia@editorial.ag URS HUEBSCHER u.huebscher@editorial.ag ELIAS THALER e.thaler@editorial.ag VIRGINIE VINCENT v.vincent@editorial.ag ALAIN WILLI a.willi@editorial.ag

PHOTOGRAPHS Bulgari, Hublot, Image databases, Oris, Parmigiani Fleurier, Patek Philippe, Piaget, Roger Dubuis TAG Heuer, Van Cleef & Arpels, Zenith

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PRICE  Issue CHF 10.–/€ 9.50 Year ­C HF 39.–/€ 35.–

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PRESTIGE

ART &

22 RAUM DER VERBESSERUNG Zu Besuch beim Galeristen Thaddäus Ropac 28 DIE LEGENDE LEBT WEITER Helmut Newton 34 KOLUMNE Vivien Rathjen

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36 DER ALCHEMIST DER FOTOGRAFIE Reto Guntli im Interview 42 SEELENVOLLE KUNST 3D-Kunst von Susana Anaya

CULTURE 50

44 DIE EXZENTRISCHE INSEL Eine Exkursion durch die isländische Kulturwelt

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50 AUF DEN SPUREN DES SCHÖNEN LEBENS Ein Roadtrip 60 KULTURHAUPTSTADT EUROPAS 2023 Timisoara

TR AVEL 12

64 DAS UNBEKANNTE EMIRAT Ras Al Khaimah 70 MEISTERWERK VON ZAHA HADID ME Dubai 74 PRIVATES PARADIES Das Boutiquehotel «Casa Bonita» 78 URLAUB MIT STIL Privatvillen der Volalto Group 80 PERLEN DER KARIBIK RIU Hotels & Resorts



PRESTIGE

WAT CHES &

84 START INS UHRENJAHR 2021 Neuvorstellungen und Highlights 92 LICHTSPIEL THE RAYY x Sang Bleu 94 WENN UHREN ZU KUNSTWERKEN WERDEN Hublot «Classic Fusion Takashi Murakami All Black» 96 EDITORIAL Splendid Dinner

96

JEWEL­LERY

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MOTION

84 108 DAS AUTO AUS EINER ANDEREN GALAXIE Lamborghini Countach 114 PER STREITWAGEN NACH CAMBODUNUM Unterwegs mit dem NISSAN JUKE 118 ELEKTRISCHE FREIHEIT AUF ZWEI RÄDERN Die Harley-Davidson LiveWire 122 EIN ROADMOVIE ZUM MITERLEBEN The Harley-Davidson Book – Refueled

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ORIGINAL ONE – LIMITED EDITION COMING SOON


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FAS HION

126 EDITORIAL Ça passe 140 SCHÖNHEIT IST NICHT SCHÖN Erwin Blumenfeld 148 EIN STILSICHERER BLICK Die Arbeit eines Personal Shoppers

126

BEAUTY&  WELLBEING

178

152 NACHHALTIGE SCHÖNHEIT Naturkosmetik blüht auf 160 DER FARBENZAUBERER Make-up-Artist Anthony Chasset im Interview 164 WUSSTEN SIE …? Kuriose Fakten aus der Beautywelt 166 KOLUMNE Antonia Clara Semmler

168 DIE SCHÖNHEIT DER PRÄSENZ Landschaftsarchitektur in Norwegen 174 GELEBTE WOHNKULTUR IN REINFORM Zbären Kreativküchen AG 178 VERSPIELTE ZIEGEL Ungewöhnliche und exzeptionelle Bauwerke 186 MÖBEL DER EINFACHHEIT Burgbad GmbH 188 DIE MAXIMUM-WELLBEING ZAUBERFORMEL Maura Wasescha AG

LIVING 16

192 DOLCE VITA FÜR ZUHAUSE Le Sirenuse Positano Home Collection 194 HÖRGENUSS IN VOLLENDUNG Alesca Audio Fidelity 198 WOHLFÜHLLUFT Der Dyson «Pure Cool Luftreiniger»


© Nobilis Estate AG, Zug

Illustration: Daniel Müller

Lieb enschaften!

www.nobilis-estate.com


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200 200 PALMA FÜR FOODIES Kulinarischer Weekend-Break

CULI NARIUM

210 MADE IN SWITZERLAND SwissShrimp AG 214 FRANZÖSISCHES GEDECK Kulinarische Besonderheiten und Handwerkskunst aus Frankreich 216 UNGEWÖHNLICH UND ERFRISCHEND Deutscher Spitzenkoch Tristan Brandt im Interview

216

FINAN TRENDS CE

48 ART & CULTURE 82 TRAVEL 106 JEWELLERY 124 MOTION 138 FASHION WOMEN 147 FASHION MEN 159 BEAUTY 185 LIVING 208 CULINARIUM 220 FINANCE

222 «NO EXCUSES, PLEASE!» Ausreden des Alltags 226 DIE ALTERSVORSORGE 2021 Renten sichern 229 KOLUMNE René Bachmann 230 WIE ANLAGEN DIE WELT VERÄNDERN ESG Investing

8 IMPRESSUM 21 EDITORIAL 232 VORSCHAU

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HUBLOT SA


TRAUMBILDER VERWIRKLICHT

Sie ist scheinbar allgegenwärtig, stiller Begleiter und Ausdruck unseres Inneren. Und doch ist das Einfangen genau dieser ein kniffliges Unterfangen, stellt uns täglich vor Herausforderungen und wird oftmals als Utopie abgestempelt. Unsere Fantasie – sie lässt uns träumen und hoffen. Und vor allem ist sie eine Gabe. «Vorstellungskraft ist ein Geschenk Gottes», so sagt es Li Xiang. Die in Shanghai ansässige Architektin scheut sich nicht davor, von genau dieser Vorstellungskraft Gebrauch zu machen und einen neuen Anspruch an die Kombination von Kunst, Design und Architektur zu erheben. Ihr neustes Werk, das Spielparadies «Meland Club» für Kinder und Familien in Hongkong, können Sie, liebe Leserinnen und Leser, als Cover dieser Frühlingsausgabe bestaunen. Auch einem der einflussreichsten Fotografen aller Zeiten mangelte es nicht an Kreativität: Helmut Newton inszenierte seine Modelle nicht im Studio, sondern in Alltagssituationen, Innenräumen und auf der Strasse. Seine Mischung aus widersprüchlichen Szenarien, kühner Beleuchtung und bemerkenswerter Bildkomposition wurde zu seinem Markenzeichen. Aus Anlass des 100. Geburtstags von Helmut Newton reisen wir zurück in die glanzvollen Zeiten des «King of Kink». Bunt, schrill und unkonventionell mag es auch Anthony Chasset. Das neue Gesicht für die Make-up-Kunst im Hause Guerlain geht mit einer Leichtigkeit durchs Leben, die zu beneiden ist. Im Interview führt uns der visionäre Farbenkünstler in die Geheimnisse eines Make-up-Artist ein und prognostiziert die Trends für das Jahr 2021. Ein Jahr, in welchem wir uns nicht davor scheuen sollten, zu fantasieren und kuriose Ideen zu verwirklichen.

EDI TO RIAL

Swenja Willms Editor in Chief

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©  Thaddaeus Ropac, Courtesy Thaddaeus Ropac London, Paris, Salzburg Foto: Charles Duprat

PRESTIGE

ART ART & CUL CULTURE TURE

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DER

VERBESSERUNG

© Anselm Kiefer, Foto: Charles Duprat

ART & CULTURE

Autorin_Simone Hoffmann

RAUM

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© Courtesy Thaddaeus Ropac London, Paris, Salzburg , Foto:  Steve White

DIE MUSEEN MÖGEN GESCHLOSSEN SEIN. SEINE PARISER GALERIEN SIND OFFEN, UND DIE MASSEN STRÖMEN. DENN BEI THADDÄUS ROPAC SIEHT MAN SIE, DIE GROSSEN KÜNSTLER DER GEGENWART. GANZE 700 BESUCHER KAMEN AM WOCHENENDE VOR UNSEREM G ­ ESPRÄCH IN DIE GALERIE IM PARISER MARAIS, UM DORT KUNSTWERKE DES ­AMERIKANISCHEN KÜNSTLERS TOM SACHS ANZUSCHAUEN. SEINEN PLATZ IM ZENTRUM DES PARISER KUNSTLEBENS HAT SICH THADDÄUS ROPAC MIT SEINER BESTIMMTEN UND DOCH FREUNDLICH-ELEGANTEN ART ERARBEITET. ERST IM LETZTEN JAHR HAT DER GALERIST DAS 30-JÄHRIGE BESTEHEN SEINER PARISER NIEDERLASSUNG GEFEIERT. IN DIESER ZEIT HAT DER ÖSTERREICHER DEN ­INTERNATIONALEN KUNSTMARKT BEEINFLUSST UND MITGESTALTET, NICHT ZULETZT MIT DER ERÖFFNUNG SEINER ­GALERIEN IM PARISER VORORT PANTIN UND DER LONDONER DEPENDANCE. BREXIT ZUM TROTZ. ­THADDÄUS ROPAC IST STEINBOCK, UND SO SCHNELL LÄSST ER SICH NICHT VON EINER KRISE ABSCHRECKEN, DAS HAT ER IN DEN LETZTEN 37 JAHREN BEWIESEN.

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ART & CULTURE

Was war denn das erste Kunstwerk, das Sie verkauft haben? (Lacht) eine Beuys-Zeichnung. Das war 1983, sie hat damals 2000 Mark gekostet. Ich habe sie einem Freund verkauft, der sie abgezahlt hat. Joseph Beuys war für mich damals der wichtigste Künstler, dem ich am nächsten stand. Aber ohne dass da eine grosse persönliche Verbindung bestand. Er hat mir die Tür nach Amerika geöffnet. Und da haben Sie dann sehr schnell die wichtigsten Künstler wie Warhol und Basquiat kennengelernt. Wie kam es genau dazu? Das war wie gesagt Beuys. Er hat mir ein Empfehlungsschreiben für Andy Warhol geschrieben. Einfach so, auf eine Serviette. Das war meine «Fahrkarte». Ich hatte das Glück, dass Warhol es absurderweise interessant fand, dass da jemand aus Österreich kam. Er selbst stammt ja aus der Slowakei, sein echter Name ist Warhola. Der Manager hat mich erst mal abgewimmelt, und das hat Warhol mitgekriegt. Er sagte dann «Let him in», weil er gehört hat, dass ich aus Österreich kam. Das war Zentraleuropa, seine Heimat. Bruno Bischofberger hat dann kurze Zeit später organisiert, dass Warhol für Portraits von Wiener Prominenten nach Österreich kommt. Auf dem Weg dorthin kam er nach Salzburg, und wir haben eine Ausstellung gemacht. Und Basquiat, den Namen hatte ich noch nie gehört! Es war wirklich ein totaler Glücksfall, dass ich in Salzburg so früh (1983) eine Ausstellung mit Jean-­Michel Basquiat machen konnte, in dem Jahr, in dem ich eröffnet habe. Und dann kam noch Robert Mapplethorpe dazu.

PRESTIGE: 1983 haben Sie Ihre erste Galerie in Salzburg eröffnet. Wie kamen Sie eigentlich zur Kunst, Herr Ropac? THADDÄUS ROPAC: Ich wollte zunächst eigentlich selbst Künstler werden. Joseph Beuys war mein grosser Held, und seinetwegen bin ich aus Österreich nach Düsseldorf und Berlin gegangen. Aber ich habe sehr schnell gemerkt, dass mir das Talent fehlt. Auf der documenta in Kassel wurde ich mit den besten Künstlern, die es damals gab, konfrontiert. Und da war mir klar, dass ich meine Berufung woanders suchen muss. Ich wollte den Künstlern aber weiterhin nahe sein, die Kunstwelt nicht verlassen. Zu der Zeit habe ich mit Freunden aus Österreich gesprochen, die aus meinem Jahrgang stammten und alle frisch ins Berufsleben einstiegen. Da fiel mir auf, wie wenig meine Generation mit zeitgenössischer Kunst vertraut war. So entstand die Idee: Ich gehe nach Österreich und mache dort eine Galerie auf, um diese Künstler zu zeigen. Damals gab es einen Spielraum dafür. Zu Ihren Anfängen als Galerist habe ich einmal eine Geschichte gehört: Sie sollen in Beuys’ Atelier in seiner Abwesenheit ein Kunstwerk verkauft haben. Und er habe dann gesagt: «Du musst Galerist werden!» Nein, das ist nicht richtig. Ich werde auch immer wieder fälschlicherweise als Assistent von Beuys beschrieben. Das stimmt nicht. Als ich 21 Jahre alt war, habe ich ein Praktikum bei Beuys gemacht. Das kam so: Ich habe damals eine Gastvorlesung von ihm in Wien besucht. Da die documenta damals Freiwillige suchte, konnte ich Beuys im Sommer 1982 auf der documenta in Kassel erleben. Einige Wochen später bin ich Beuys nach Berlin gefolgt, wo ich als einer von vielen Praktikanten half, seine Werke für die Gruppenausstellung «Zeitgeist» im Martin-­ Gropius-Bau zu installieren. Ich habe aber nie in seinem Atelier gearbeitet und war damals viel zu unerfahren, um irgendetwas verkaufen zu können.

Dieser Beginn ist ja fast schon ein Omen für die Zukunft … Ja, in gewisser Weise schon. Tragischerweise starben diese Künstler zu früh, Beuys 1986, Warhol 1987, Basquiat 1988, Mapplethorpe 1989. Beuys ging es nicht gut, da war es nicht ganz so unerwartet. Aber Warhol starb ganz überraschend an einer Gallenoperation. Er dachte, er geht ins Krankenhaus und kommt am nächsten Tag wieder raus. Das war ein Riesenschock, weil wir gerade mitten in einem grossen Projekt steckten, das wir nicht mehr zu Ende führen konnten. Und Basquiat ist mit 28 Jahren gestorben. Am 25. Juli 1988 eröffneten wir seine Ausstellung in der Galerie in Salzburg. Von dort aus ist er dann über Paris nach New York zurückgeflogen. Und am 8. August starb er. Wir haben die letzte Ausstellung von Basquiat zu seinen Lebzeiten eröffnet, und sie lief auch noch, als er gestorben war. Es gab damals diese internationale Aufregung, und ich erinnere mich noch, dass Sammler anriefen, die alle Arbeiten haben wollten. Ich war gar nicht darauf vorbereitet. Es war ein Schock und gleichzeitig ein Teil der Geschichte, die ich ganz persönlich direkt erleben durfte. Heute geht es mit der Geschichte weiter. Sie vertreten ja viele grosse Künstler – Georg Baselitz, Tony Cragg oder Gilbert & George. Hinter Ihrem Schreibtisch hängt ein Bild von Anselm Kiefer, welche Künstler sind für Sie besonders wichtig? Auf jeden Fall die deutschen Maler Anselm Kiefer und Georg Baselitz. Sie haben den Malereibegriff neu definiert und auch das Galerieprogramm wesentlich geprägt. Es ist bemerkenswert, dass diese Malerei aus Deutschland kam. Dass Deutschland in der Malerei die Latte gelegt hat mit einer Generation von Malern wie Richter, Polke, Baselitz und Kiefer. Mit Anselm Kiefer und Georg Baselitz verbindet mich eine so lange intensive Zusammenarbeit; ich kann nicht mehr zählen, wie viele Ausstellungen wir über die Jahre gemacht haben.

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© Courtesy Thaddaeus Ropac London, Paris, ­Salzburg © Thaddäus Ropac, Foto: Charles Duprat

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Die beinahe 5000 Quadratmeter lassen die Galerie in Pantin fast schon zu einer Kunsthalle werden. Hier stellt der Galerist monumentale Werke wie die des britischen Duos Gilbert & George aus.

Was zeichnet denn Ihre Beziehung zu den Künstlern aus, mit denen Sie arbeiten? Ich glaube, das Wichtigste ist Respekt und Vertrauen. Ohne diese beiden wird es nichts. Man muss sich respektieren, als Galerist und Künstler, man muss sich vertrauen. Das ist intensiv, es sind auch Freundschaften, aber man braucht den Abstand, um sich kritisch zu begegnen, dass man als Galerist einen Künstler auf Dinge aufmerksam machen kann. Man nimmt sich ernst und geht immer zu neuen Zielen voran. Als Galerist versucht man, den künstlerischen Nukleus zu erhalten, dass vieles möglich wird. Der Künstler muss das Vertrauen haben, dass er uns die besten Werke anvertraut und dass wir den besten Platz dafür schaffen.

persönlichen Lebensfeld, aber natürlich auch Probleme professioneller Natur. Man muss einfach sehr präsent sein. An sich hat sich der Beruf des Galeristen in den letzten 30 Jahren unglaublich verändert. Heutzutage muss man eine viel grössere Infrastruktur anbieten, um Künstler glücklich zu machen. Als ich angefangen habe, hätte ich mir nie gedacht, dass wir einmal mit einem Team von 100 Leuten arbeiten. Aber heute brauchen wir das. Wir haben ein wissenschaftliches Team und ein Content Team. Wir vertreten 65 Künstler und Estates, und bei jeder einzelnen Vertretung steckt ein ganzes Team dahinter. Manchmal gibt es tägliche Betreuung, das war früher nicht so. Ein Künstler will erst mal inhaltliche Vertretung, die Webseite, Pressearbeit. Aber auch Begleitung bei jeder Aktivität im Museum, das geht vom Fundraising zum Inhalt, das Aufbereiten der Ateliers. Künstler wollen sich ständig technisch verbessern. Ich erinnere mich noch, als ich angefangen habe, hat man die Faxmaschine entdeckt. Wir sollten uns eine Maschine zulegen. Aber ich sagte: «Wir legen uns das erst zu, wenn jeder das hat, damit man das nutzen kann.» Ich habe damals gar nicht gesehen, was das für eine Möglichkeit bot. Man muss sich mal vorstellen, was sich da getan hat. Heute ist allein unser Social-Media-Team mit fünf Leuten jeden Tag damit beschäftigt, Instagram, Facebook und Twitter zu füttern.

Wie funktioniert das denn konkret. Wie sagt man einem Anselm Kiefer: In dem Werk stimmt etwas nicht? Das erwartet er sogar! Es ist ein offener Dialog, man sieht das Bild ja nicht erst, wenn es fertig ist. Man sieht Serien entstehen. Ich war erst gestern wieder bei Anselm Kiefer, der ja in der Nähe von Paris lebt. Georg Baselitz lebt am Ammersee und in Salzburg. Das schafft auch besondere Nähe zu den Künstlern. Aber es gibt auch Künstler, die diesen Dialog des kritischen Betrachtens nicht wünschen. Gilbert & George beispielsweise wollen das nicht. Sie wollen ein Werk völlig unbeeinflusst schaffen und präsentieren das fertige, nicht zu beeinflussende Werk. Das muss man respektieren. Hier, schauen Sie, das kam mit der Post: Das sind die neuesten Werke von Gilbert & George, die wir hier bald zeigen werden.

Gerade Instagram ist in den letzten Jahren als Vitrine für Künstler immer wichtiger geworden. Nutzen Sie selbst die sozialen Medien? Für mich sind das Informationstools, die man nutzt. Man muss sehr neugierig bleiben und sich Neuem stellen. Wenn man aufhört, sich der neuen Kunst zu öffnen, veraltet man schnell. Ich sehe mir vieles an, aber ich habe nicht so viel Zeit für Social Media. Es wird für mich vorgesiebt, und dann schaue ich selbst.

Welche Herausforderungen bringt denn die Arbeit mit den Künstlern mit sich? Man hat ständig Probleme zu lösen, und da bin ich meist involviert. Wenn es gut läuft, habe ich weniger damit zu tun. Das können ganz unterschiedliche Probleme sein, Änderungen im

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ART & CULTURE

Julia Peyton-Jones leitet einen eigenen Think Tank, um neue Künstler zu finden. Mit dem haben wir in London recherchiert, wie ganz junge Künstler malen. Das lief zwar auch über Social Media, aber Atelierbesuche sind und bleiben unverzichtbar. Als Ergebnis haben wir einige junge Künstler ins Programm genommen, und manche haben bereits Karriere gemacht: Rachel Jones, Megan Rooney. Ganz junge Künstler, die wir in den Anfängen ihrer Karriere begleiten und die wir auf diese Art und Weise gefunden haben.

© Georg Baselitz, Foto: Jochen Littkemann

Sie haben Galerien in Salzburg, Paris und London und vertreten einige der wichtigsten Künstler der Gegenwart. Was treibt Sie heute jeden Tag an? Die Exzellenz. Das, was wir machen, besser zu machen. Ich sehe bei allem, was wir tun, das, was nicht gelingt. Manchmal ist das natürlich ein wenig übertrieben bei mir, aber ich sehe immer den Raum der Verbesserung. Inzwischen habe ich aber gelernt, dass der Weg das Ziel ist. Weil man nie wirklich erreichen wird, was man erreichen will. Es geht um den Weg, und auf dem kann man sich immer verbessern, Stück für Stück.

Georg Baselitz «Im Takt, aber leise», 2019. Courtesy Thaddaeus Ropac London, Paris, Salzburg.

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Helmut Newton, Self-Portrait, Monte Carlo 1993, © Helmut Newton Estate

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DIE LEGENDE

L E B T

WEITER

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ART & CULTURE

Autor / in_Swenja Willms & Dr. Matthias Harder

Vor 100 Jahren wurde einer der einflussreichsten ­Fotografen aller Zeiten geboren. Ersten internationalen Ruhm erlangte er in den 1970er-Jahren, vor allem durch seine Arbeit für die französische «Vogue». ­Helmut Newton inszenierte seine Modelle nicht im Studio, sondern in Alltagssituationen, Innenräumen und auf der Strasse. Seine Mischung aus wider­ sprüchlichen Szenarien, kühner Beleuchtung und bemerkenswerter Bildkomposition wurde zu seinem Markenzeichen.

LINKS Helmut Newton schuf unvergleichliche Werke in der Modefotografie.

Er wurde als «King of Kink» bezeichnet, da er es verstand, die Modefotografie zu radikalisieren, indem er die Darstellung von Frauen in der Werbung für Haute Couture neu definierte. Helmut Newton ebnete den Weg für die Modefotografie, provokanter und gewagter zu werden. Er bezog komplexe Themen wie Sexualität und Begehren in seine Arbeit ein und zeigte, dass Modefotografie nicht banal und sicher sein musste, sondern die Möglichkeit hatte, den menschlichen Zustand in seiner ganzen Tiefe zu erforschen. Geboren wird der fotografische Revolutionär 1920 als Helmut Neustädter in Berlin. Bereits in seinem frühen Lebensalter zeigt Helmut ein Interesse an der Fotografie und beginnt 1936 eine Ausbildung bei der bekannten deutschen Fotografin Yva (Else Simon). Nachdem seiner Familie die Flucht aus Deutschland gelingt, landete er 1938 in Singapur, zog dann weiter nach Australien, wo er drei Jahre in der Armee diente. Im Jahr 1946 wird er australischer Staatsbürger und ändert seinen Namen in Helmut Newton. Seine Heirat mit June Browne erfolgte 1948. June war später ebenfalls als Fotografin unter dem Künstlernamen Alice Springs tätig. Ihre Werke wurden weltweit ausgestellt und unter anderen in «Vanity Fair», «Interview», «Elle» und «Vogue» publiziert. 1965 begann Newtons Arbeit und grosse Liebe mit dem gefeierten Modemagazin «Vogue», zuerst in Melbourne, später London und Paris. Rund ein Vierteljahrhundert zählte Helmut Newton zu den Haus- und Hoffotografen der internationalen Ausgabe der «Vogue». AMERIKAS GLANZZEIT Nach seiner Festanstellung bei der französischen «Vogue» im Jahr 1961 arbeitete Helmut Newton parallel auch für die amerikanische Ausgabe des Modemagazins. Einige dieser Aufnahmen entstanden in Europa, andere in den USA. Den in dieser Zeitspanne entstandenen Werken Newtons widmet sich nun die Berliner Helmut Newton Stiftung in der Ausstellung «America 1970s/80s» mit Werken von Evelyn Hofer, Sheila Metzner, Joel Meyerowitz und Helmut Newton. In den 1970er-Jahren fotografierte Helmut Newton Mode und Akt auch in New York, Las Vegas, Miami oder Los Angeles. Nach 1980, als Helmut und seine Frau June Newton regelmässig nach Kalifornien reisten, um im «Chateau Marmont» die Wintermonate zu verbringen, kamen zahlreiche Porträts der «Berühmten und Berüchtigten» in und um Hollywood hinzu.

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Willi, Fashion Mansfield, British Vogue, London, 1967 Helmut Newton © The Helmut NewtonEstate / Maconochie Photography

Etwa parallel zu den gezeigten Newton-Bildern entstanden die Porträts von Joel Meyerowitz in Provincetown, Massachusetts. Der Fotograf zog sich damals von New York aus jeden Sommer in das ehemalige idyllische Fischerörtchen zurück – und porträtierte dort mit seiner Grossbildkamera, meist plein air, gleichgesinnte Freigeister, Männer und Frauen, Junge und Ältere, allein oder als Paar. So entstand ein faszinierendes Gesellschaftsporträt einer liberalen, individualistischen Community an der amerikanischen Ostküste. Die amerikanische Fotografin Sheila Metzner verband eine enge Freundschaft mit Helmut und June Newton. Die zarte und charakteristische Tonung ihrer Fotografien, entstanden als Fresson-Prints, die an Bromöldrucke der Avantgardisten der 1910er-Jahre erinnern, entrückt den Bildinhalt ins Tagtraumhafte. Auch Menschen tauchen in Metzners Werk wiederholt auf, seien es die eigenen fünf Kinder, weibliche und männliche Modelle, etwa für ihre raffinierten Mode- und Aktinszenierungen. Im intimen June’s Room der Helmut Newton Stiftung werden schliesslich Aufnahmen von Evelyn Hofer präsentiert, die in den 1960er- und 1970er-Jahren in New York entstanden sind – eine Art subjektives Stadtporträt mit Strassenszenen und Panoramen, Interieurs und Porträts, in Schwarz-Weiss und Farbe. Ihre subtilen Farbbilder des New Yorker Alltagslebens, ausgeführt im DyeTransfer-Verfahren, sind Pionierleistungen eines poetisch-magischen Realismus in der Street Photography, die nachfolgende Fotografengenerationen prägen sollten.

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America 1970s / 80s 9. Oktober 2020 – 10. Oktober 2021 Seit Oktober 2020 präsentiert die Berliner Helmut Newton Stiftung ihre Ausstellung «America 1970s / 80s» mit Werken von Evelyn Hofer, Sheila Metzner, Joel Meyerowitz und Helmut Newton. Helmut Newton Foundation im Museum für Fotografie Jebensstrasse 2, 10623 Berlin www.helmut-newton-foundation.org


31 Helmut Newton Rue Aubriot, Yves Saint Laurent, French Vogue, Paris 1975. © The Helmut Newton Estate / Maconochie Photography

ART & CULTURE


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«ES GIBT BILDER, DIE MISSLINGEN. ABER ICH MACHE FOTOS NICHT, UM SIE IN DIE SCHUBLADE ZU TUN. SIE SOLLEN GESEHEN WERDEN. OB MAN SIE LIEBT ODER NICHT, IST MIR VOLLKOMMEN EGAL.» © Luca Rotondo

– Helmut Newton

Helmut Newton BABY SUMO 464 Seiten TASCHEN ISBN 978 3 8365 8221 6 www.taschen.com Herausgegeben und überarbeitet von June Newton. Limitierte Ausgabe von 10’000 nummerierten Exemplaren mit einem von Philippe Starck entworfenen Buchständer.

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ART & CULTURE

Helmut Newton, Elizabeth Taylor, Los Angeles 1985, © Helmut Newton Estate

DAS ULTIMATIVE SAMMLERSTÜCK Helmut Newton hatte immer eine gesunde Abneigung gegen zu simple oder naheliegende Lösungen. «SUMO» – dieses kühne und in der Geschichte der Fotografie bis dato beispiellose verlegerische Wagnis – musste ihn daher unwiderstehlich anziehen. Der Helmut Newton «SUMO» war in jeder Hinsicht überwältigend: eine 464 Seiten starke Hommage an den einflussreichsten und kontroversesten Fotografen des 20. Jahrhunderts, ein Buch, das Rekorde brach und alle Dimensionen sprengte. Die Idee zu dieser Bildersammlung von spektakulärem Format und exzellenter Qualität hatte in einem steten, produktiven Dialog zwischen Fotograf und Verleger Gestalt angenommen. Mit einem Ehrfurcht gebietenden Gewicht von rund 35 Kilo, seinem ausgefallenen Konzept und der technischen Perfektion seiner Ausführung hat das Buch neue Massstäbe gesetzt. Der erste «SUMO» erschien in einer limitierten Auflage von 10’000 signierten und nummerierten Exemplaren, die bald nach der Veröffentlichung ausverkauft waren und schnell ihren Wert vervielfachten. Als Sensation auf dem Buchmarkt in aller Welt setzte die Publikation neue Standards im Genre der Kunstmonografie und ist heute in zahlreichen bedeutenden Sammlungen zu finden, darunter dem Museum of Modern Art in New York. Das legendäre «SUMO»-Exemplar Nummer 1, handsigniert von über 100 der in dem Buch abgebildeten berühmten Persönlichkeiten, brach den Rekord für das teuerste Buch des 20. Jahrhunderts: Bei einer Auktion in Berlin am 6. April 2000 kam es für damals 620’000 DM unter den Hammer. Aus Anlass des 100. Geburtstags von Helmut Newton und 40. Geburtstags von TASCHEN erscheint nun eine von June Newton herausgegebene spektakuläre Neuausgabe. Der «BABY SUMO» ist genau halb so gross wie das Original von 1999, was ihn nicht minder glamourös macht. Er weist immer noch die Ausmasse einer privaten Fotoausstellung auf – mit mehr als 400 atemberaubenden Bildern, nach modernsten Standards reproduziert und gedruckt –, erscheint ebenfalls in einer limitierten Auflage von 10’000 Exemplaren und enthält ein Booklet, das die Entstehungsgeschichte dieses publizistischen Grossereignisses ausführlich dokumentiert. Philippe Starck hat dazu wieder den Buchständer designed, mit dem sich der Band ganz einfach präsentieren lässt, diesmal sogar auf einem mitgelieferten Podest.

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KOSTBARES UND KURIOSES:

SPIEGLEIN, SPIEGLEIN ...

Autorin_Vivien Rathjen M.A.

Woher die böse Stiefmutter von Schneewittchen den sprechenden Spiegel hatte, lässt sich nicht sagen. Aber dass Spiegel lange Zeit ein wichtiger Bestandteil alchemistischer Praktiken waren, ist bekannt. Ein reales Vorbild ist dabei die französische Königin Katharina von Medici – die sogenannte Schwarze Königin. Sie pflegte nicht nur regen Austausch mit ihrem Hofastrologen Nostradamus, sondern besass selbst einen magischen Spiegel, mit dem sie in die Zukunft oder Vergangenheit sehen konnte. Ihre Vorhersage über den Untergang ihres Hauses sollte sich dann auch tragischerweise bewahrheiten. Meistens werden Spiegel allerdings zur Überprüfung der eigenen Erscheinung benutzt. Eine Dame, die sich hier besonders verdient gemacht hat, ist Madame de Pompadour. Sie entwarf quasi den Prototyp des Toilettentischchens mit den verschiedenen Schubladen und einem grossen, festinstallierten Spiegel, vor dem man in Ruhe sitzen und sich schminken konnte. Das Wort «Toilette» bezieht sich dabei auf die kleinen Tüchlein (franz. toil), in die man bis dahin die vielen verschiedenen Schönheitsmittelchen verpackte. Leonardo da Vinci träumte davon, seinen Körper komplett von allen Seiten sehen zu können, wie die Zeichnung eines vollständig mit Spiegeln ausgekleideten achteckigen Raumes zeigt. Leider war man in seiner Zeit technisch noch nicht so weit, um seine Wünsche zu erfüllen. Erst mit der Erfindung des Glasspiegels im 18. Jahrhundert wurden Spiegel nicht nur grösser, sondern auch erschwinglich, sodass man damit ganze Räume bauen konnte. Ihre Fähigkeit, die Sinne in unendlichen Spiegelungen zu bezaubern, machte Spiegelkabinette besonders attraktiv für Vergnügungsparks. Als Erfinder des ersten Spiegellabyrinths gilt der

Deutsche Gustav Castan. Dafür kleidete er nicht nur einen Raum völlig mit Spiegeln aus – er arrangierte mehrere Spiegelplatten so im 60-Grad-Winkel zueinander, dass sich Sackgassen und falsche Abzweigungen bildeten. Im «Maurischen Raum» des Schweizer Gletschergartens in Luzern lässt sich diese ursprüngliche Aufstellung auch heute noch bewundern. Der französische Schriftsteller Gaston Leroux griff diese Attraktion in seinem berühmten Buch «Das Phantom der Oper» (1911) auf. Hier lockt das Phantom seine ungebetenen Gäste in ein tödliches Spiegelkabinett, um seine Identität zu schützen. Weniger gefahrvoll, dafür um so faszinierender sind die Spiegelräume der japanischen Künstlerin Yayoi Kusama. Inzwischen existieren bereits über 20 dieser «Infinity Mirror Rooms», die Kusama mit immer neuen Inhalten füllt – mal eine Landschaft aus rot-weiss gepunkteten Stofffiguren, mal ein sich drehender Lüster, mal ein ganzer Sternenhimmel. Da die Installationen generell sehr beliebt beim Publikum sind, ist die Aufenthaltsdauer meist auf 60 Sekunden begrenzt. Wie schön wäre es doch, wenn man ganz darin aufgehen könnte? Das dachte sich auch der amerikanische Künstler Doug Aitken und entwickelte eine Serie von Häusern, die sowohl innen wie aussen komplett mit Spiegeln verkleidet sind. Für seine neueste «Mirage» baute er ein typisch amerikanisches Ranchgebäude der 1920er und 1930er Jahre in der Schweizer Bergwelt in Gstaad auf. Was auf den ersten Blick wie ein unüberbrückbarer Kontrast erscheint, ergänzt sich erstaunlich gut, denn die beeindruckende In­ stallation verschmilzt gleich einem Chamäleon mit ihrer jeweiligen Umgebung und spiegelt nur deren Schönheit.

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ART & CULTURE

DER

ALCHEMIST DER FOTOGRAFIE Autorin_Snesha Bloom Bilder_Reto Guntli

DER SCHWEIZER FOTOGRAF RETO GUNTLI WURDE DURCH SEINEN UNVERKENNBAREN STIL ZU EINEM DER WICHTIGSTEN VERTRETER DER ZEITGENÖSSISCHEN INTERIOR- UND LIFESTYLE-FOTOGRAFIE. MEHR ALS 50 FOTOBÜCHER ÜBER DEN LEBENSSTIL IN DEN WELTMETROPOLEN PRODUZIERTE ER FÜR DIE WICHTIGSTEN VERLAGSHÄUSER WIE ASSOULINE, TASCHEN UND TENEUES. AUCH DIE KUNSTFOTOGRAFIE WURDE DABEI ZU SEINER LEIDENSCHAFT. PRESTIGE TRAF IHN ZUM INTERVIEW IN SEINER WOHNUNG IN ZÜRICH.

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PRESTIGE: Herr Guntli, Sie kennen die schönsten Orte der Welt, treffen aussergewöhnliche Menschen. Wovon viele träumen, ist für Sie alltägliche Realität. Wie kam dies zustande? RETO GUNTLI: Dieser Werdegang hat viel mit meiner Neugier und mit meinem Reisedrang zu tun, den ich schon als Kind verspürte. Bevor ich dies physisch tun konnte, liess ich meiner Fantasie freien Lauf. Gleich nach der Mittelschule zog ich los, bereiste zwei Jahre Asien, lebte dann in Hawaii und Los Angeles. Anfang 20 kam ich als Student der Schauspielschule Actor’s Studio nach New York. Es waren damals wilde und aufregende Zeiten im «Big Apple», und ich kam in engen Kontakt mit der kreativen Szene. Ich traf oft Andy Warhol und David Hockney, nebst vielen Grössen vom Film, Theater, der Opernwelt, und erlebte die legendären Partys im «Studio 54». Meine Freunde waren junge Schauspieler, Tänzer, Sänger und Künstler, alle mit dem Traum, es im Big Apple zu schaffen. Gerne liessen sie sich von mir fotografieren, und so schlich sich die Fotografie in mein Leben. Wann entschieden Sie sich, Profi-Fotograf zu werden? Diesen Entscheid habe ich während meinen prägenden Jahren in New York getroffen. Wie besser konnte ich all meine vielseitigen Interessen und Globetrotter-Erfahrungen auf einen Nenner bringen als durch die Fotografie? Sie entsprach meinem unabhängigen, neugierigen und weltoffenen Charakter, und ich wollte unbedingt viel reisen. Nach meiner Rückkehr nutzte ich die Schweiz als Sprungbrett in den Fotografen-Beruf und begann, mir mit abenteuerlichen Reisereportagen Zugang auch zu internationalen Zeitschriften zu verschaffen. Eine Indien-Reise zu den Maharajas und ihren Palästen, die sie in Luxusherbergen konvertierten, brachte einen Durchbruch. Was kam danach? Einen grossen Teil des Jahres verbringe ich seither auf Reisen, fotografiere beeindruckende Reisedestinationen, aussergewöhnliche Architektur und Interiors, Gärten, Kunstsammlungen und Ateliers von Künstlern, Bibliotheken, Portraits, all die Dinge, die mich auch persönlich interessieren. Das Resultat der letzten 20 Jahre sind viele Bücher und unzählige Reportagen für Zeitschriften. Luxushotels weltweit engagieren mich für ihr Branding und ihre Werbeauftritte. Ausserdem produziere ich Bücher – von der Fotografie über das Buchdesign oder den Text bis zum PRESTIGE zeigt Kunstinstallationen von Daniel Buren, Ernesto Neto, Daniel Spoerri und Gilbert & George – fotografiert von Reto Guntli.

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ART & CULTURE

Druck – für Privatpersonen, Hotels und Architekten unter der Marke «private publishing». Gleichzeitig arbeite ich kontinuierlich an «Art Images» für Ausstellungen und Kunstdrucke. Meine Künstler-Portraits waren schon im Marta Museum Herford in Deutschland ausgestellt. Welchen Stellenwert nimmt die Kunst in Ihrem Leben ein? Ich habe die Freude und das Privileg, oft von den schönsten Dingen der Welt umgeben zu sein, und neben der Natur begeistert mich die Kunst am meisten. Beruflich und privat habe ich seit Jahren enge Bande zur internationalen Kunstwelt, zu Künstlern wie auch Sammlern. So begleite ich zum Beispiel seit Jahren die Performance-­Künstlerin Marina Abramovic und fotografiere sie während ihren Performances in Museen, im privaten Umfeld und werde von ihr für Collection-Fotos beauftragt. Ein Buch über ihr Leben ist ein laufendes, langjähriges Projekt. Wann wird ein Foto Ihrer Meinung nach zu einem Kunstwerk? Wenn einem mit der Kamera eine intensive Annäherung zum Objekt gelingt – sei es ein Raum, ein Kunstwerk, eine Landschaft, eine Person – und man diesem ein eigenes Innenleben einhauchen kann, das wiederum den Betrachter berührt und Emotionen auslöst. Die letzten Jahre beschäftigte mich die Auseinandersetzung mit den Werken grosser zeitgenössischer Künstler, vor allem Skulpturen und auch Portraits.

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ART & CULTURE

Wie entspannt ein Weltenbummler, der sich überall auf dem Globus zuhause fühlt, sechs Sprachen fliessend spricht und sich mit grosser Eloquenz in jedem sozialen Umfeld bewegt? Bei so viel Bewegung im Leben geniesse ich meine freie Zeit gerne zuhause und bin so was wie ein «homeboy». Meine Wohnung ist wie ein Sammelsurium all meiner Weltreisen und voller Erinnerungen. Ich bin auch gerne mal alleine, denn in dieser Zeit kommen mir die besten Ideen, ich plane zukünftige Reisen und Projekte und finde natürlich auch Zeit für meine Freunde. Mein Berufsleben scheint von meinem Sternzeichen Löwe bestimmt, während ich privat eher geerdet vom Aszendenten Stier beeinflusst bin.

Wie definieren Sie Ihren eigenen Stil? Meine Auswahl der Inhalte und die Kompositionen meiner Bilder sind selten dem Zufall überlassen. Sie sind eine Konstruktion mit der Absicht, Harmonie und auch Lebensfreude zu zeigen, mit dem sensiblen Einsatz von Licht unterstrichen. Farben und Farbkompositionen reflektieren meinen Optimismus für das Leben und bilden die Grundlage all meiner Bilder. Mit dem Auge für Ästhetik findet man Schönheit an unerwarteten Orten, man braucht sie nur vom richtigen Winkel aus zu sehen.

War dies eine Hilfe in diesen Corona-Zeiten, die Ihr Leben sehr eingeschränkt hat? Ganz bestimmt, plötzlich habe ich so viel Zeit für Dinge, die man sonst immer aufschiebt. Zum ersten Mal habe ich auch eine tägliche Routine, die ich wenig kannte. Dies versuche ich, so kreativ wie möglich zu nutzen. Seit vier Jahren setze ich mich aktiv ein für eine nachhaltige, carbon-zero und faire Reiseindustrie und unterstütze die Plattform «NOW transforming travel». Wenn diese Pandemie uns allen endlich die Augen öffnet und wir realisieren, dass der Erhalt unseres Planeten unsere wichtigste Herausforderung überhaupt ist, wäre dies eine Rettung.

Sie treffen berühmte Leute, an wen erinnern Sie sich besonders? Viele der Residenzen, die ich fotografiere, gehören berühmten und interessanten Menschen. Es ist meistens eine sehr persönliche Erfahrung, diese in ihrem Zuhause kennenzulernen, in ihrer Intimsphäre, in der sie entspannt und gelassen sind. Gerne erinnere ich mich an die Tage bei Kirk Douglas und seiner Schweizer Frau Anne, als wir die Portraits für seine Autobiografie machten. Er zitierte stolz ein Gedicht in Deutsch, das er einst bei Filmaufnahmen in Deutschland lernte. Ted Turner begleitete ich beim Forellenfischen auf seiner Estancia in Patagonien, und mit Dieter Meier und Familie ritt ich durch die Pampa in Argentinien. Mit Caroline Sarkozy, damals war ihr Bruder Präsident, machten wir das Buch «Living in Style Paris» und besuchten Stars wie Lenny Kravitz und Diane von Fürstenberg und viele Pariser Designer. Ein Fest in Madrid mit Pedro Almodovar war ein Höhepunkt, und dem Dalai Lama überreichte ich mein Buch «Inside Asia», nachdem ich im Tibet fotografierte. Er freute sich wie ein Kind. Es gäbe hunderte von Anekdoten über meine «Hausbesuche» zu erzählen, denn jedes Mal – ob berühmt oder unbekannt – sind sie sehr einzigartig, oft auch herzlich.

WWW.RETOGUNTLI.COM

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SUSANA ANAYA

SEELENVOLLE KUNST

Dreidimensionale Kunst, zweidimensional präsentiert, intensive Farben, Harmonie und Schönheit. Die aus Öl erzeugten Kunstwerke von Susana Anaya sind Ausdrucksmittel ihrer bewussten und unbewussten Gefühle. Die verwendeten Farben sind Mischpigmente in Verbindung mit Leinöl, so, wie es die alten Meister zu ihrer Zeit taten. Die dadurch entstandene feste Konsistenz erlaubt es, das Kunstwerk Schicht für Schicht zur Vollendung zu führen. Für Susana Anaya sind die Proportionen der Schlüssel ihrer Arbeit: Das Verhältnis der Teile zueinander wird stets detailgetreu geplant. Die Ergebnisse zeigen die Ehrlichkeit und Liebe, die Höhen und Tiefen, die Leidenschaften und Emotionen ihrer Seele.

in Worte zu fassen, lies Susana Anaya nach anderen Kommunikationswegen suchen, um zu vermitteln, was sie ausdrücken wollte. Sie lernte, ihre Gefühle durch Kunstausdrücke darzustellen. In der «Escuela Nacional de Artes Plásticas» erlernte sie die Fähigkeiten zum Zeichnen von Ölgemälden oder Aquarellen und zum Schaffen von Skulpturen aus Gips und Ton. Mittlerweile konnte Susana Anaya ihre Kunst in Mexiko, Dubai, Katar und Russland ausstellen. Heute lebt und arbeitet Susana Anaya hauptberuflich als Künstlerin in Zürich, wo aktuell auch ihre Stücke in der Galerie «Wild» zu bestaunen sind.

EIN MITTEL DER KOMMUNIKATION Susana Anaya wurde 1983 in Mexikos Stadt des ewigen Frühlings, Cuernavaca, geboren. Während ihres Ingenieurstudiums begegnete sie einem bekannten mexikanischen Maler, Zalathiel Vargas, der ihr viele Jahre lang die Magie der Maltechniken lehrte. Sie lernte, ihre Seele zu beruhigen, damit ihr Geist bei der Schaffung ihrer Kunst gedeihen konnte. Die Unfähigkeit, ihre Gefühle

«Meine Kunst ist nicht konstruiert aufgrund einer Ideologie oder Religion. Meine Arbeit ist ein Labyrinth, das durch Zufall entsteht.» – Susana Anaya –

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ART & CULTURE

Maximum Wellbeing „Was bedeutet Luxus, wenn Sie keine Zeit haben, ihn zu geniessen?“ Maura Wasescha Luxus bedeutet, sich nicht um Fragen des Luxus kümmern zu müssen. Sondern den perfekten Moment geniessen zu können. Im Kreise der Familie, mit Freunden. Völlig sorgenfrei, im Wissen, dass im Hintergrund ein Team bereit steht, das alle Wünsche erfüllt. Deshalb bietet Maura Wasescha nicht einfach exklusivste Immobilien zum Kauf oder zur Miete. Maura Wasescha bietet mehr. Sie bietet den perfekten Luxusservice. Damit die Magie des Momentes zum zeitlosen Genuss wird.

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DIE EXZENTRISCHE INSEL

© Ben Schofield

EINE EXKURSION

DURCH DIE

Autorin_Lone K. Halvorsen

ISLÄNDISCHE KULTURWELT 44


ART & CULTURE

Bereits Jules Verne hat die Faszination von Island erkannt, und mit dem berühmten Buch «Die Reise zum Mittelpunkt der Erde» führte er uns nördlich des Polarkreises auf die faszinierende Halbinsel Snæfellsnes. Mystisch und einsam ist es im Land der Elfen, aber auch mächtig und abenteuerlich. Die Berge sind vereist, der Boden ist heiss, und als grösste Vulkaninsel der Welt ist Island sowohl geologisch als auch kulturell ein kleines Wunder. Wenngleich Gletscher und Lavafelder die sagenhafte Landschaft charakterisieren, gibt es auf der kleinen isolierten Insel inmitten des Nordatlantiks auch kulturell viel zu entdecken. Man könnte gar vermuten, die Isländer besässen ein eigenes Gen für Kreativität. Ob Film, Literatur, Musik oder Design, in dem kleinen Land mit nur 360’000 Einwohnern leben so viele Künstlerinnen und Künstler von internationalem Format wie nirgendwo sonst.

ISLAND IST ZWAR KLEIN, DOCH SEINE ­K ULTURELLE VIELFALT IST ES KEINESWEGS. MIT EINER PRÄCHTIGEN LANDSCHAFT UND DYNAMISCHER KULTUR GILT ISLAND ALS EINER DER WELTWEIT INSPIRIERENDSTEN HOTSPOTS FÜR KREATIVE SEELEN.

DIE SPRACHE ALS KULTURELLE IDENTITÄT Es gibt keine Sprache ohne Kultur und keine Kultur ohne Sprache. Die Sprache ist nicht nur ein Instrument der Kommunikation, vielmehr hat sie eine eigene Kultur und spiegelt zugleich die Identität einer ganzen Nation wider. Verschont von den Einflüssen der Aussenwelt ist die isländische Sprache relativ unberührt geblieben. Gewiss lag das auch an der Abgeschiedenheit der Insel, aber auch die Regierung hat entschieden, anstatt fremde Begriffe in das Vokabular zu integrieren, einzigartige isländische Bezeichnungen für neue internationale Wörter zu konstruieren. Mit den «grossen skandinavischen Geschwistern» Schweden oder Norwegen kann Island literarisch womöglich nicht ganz mithalten, aber auch hier gibt es eine Reihe bemerkenswerter Autoren – denn auch am nördlichen Polarkreis ist die Vorliebe für Krimis sehr ausgeprägt. «Die eine Hälfte der Bewohner liest, die andere Hälfte schreibt», sagen die Isländer über ihre Landsleute. Und angeblich veröffentlicht einer von zehn Isländern einmal im Leben ein Buch. Einer davon war Halldór Laxness. 1955 erhielt er den Literaturnobelpreis, und als er 1998 starb, hinterliess er 60 Bücher, die in 40 Sprachen übersetzt wurden. «In Island glauben wir an die Literatur, sie ist unsere Hauptreligion», sagt der Schriftsteller Hallgrimur Helgason. Als einer der meistgelesenen Schriftsteller gilt Helgason als Kultautor und starke Stimme Islands. Mit seinem Durchbruch «101 Reykjavik» begründete er seinen Ruf als skurriler und schwarzhumoriger Erzähler. Für Schriftsteller gilt ja bekanntlich die Regel «je langweiliger ihre Werke, desto spannender ihr Privatleben», und wenn diese Sentenz stimmt, muss Hallgrimur Helgason sicher ein sehr ödes Privatleben führen. Jedes Jahr pünktlich zum 1. November erscheint auch ein neuer Kriminalroman von Arnaldur Indriðason. «Seit exakt 24 Jahren geht das schon so, und es wird weitergehen», sagt Indriðason, «solange mir die dafür nötigen Ideen in den Kopf kommen.» Wer Krimis liebt, kommt einfach nicht an Arnaldur Indriðason vorbei – er ist der bekannteste literarische Darsteller von Mord und Totschlag auf Island. Das Düstere und Melancholische in den skandinavischen Krimis gilt besonders bei Indriðason. Mit Titeln wie «Kältezone» oder «Todeshauch» wird das Leben auf der Insel mit der wortkargen und teils etwas schroffen Mentalität beschrieben. Die Schriftstellerin Steinunn Sigurðardóttir gehört zu den prominentesten Autoren Islands. Mit ihrem ersten Gedichtband, den sie bereits im Alter von 19 Jahren veröffentlichte, begeisterte sie ihr Publikum. Fünf Jahrzehnte und etliche Bücher später hat sie im Verlauf der Jahre wesentlich zur internationalen

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zwei Jahre stattfindenden «Reykjavik Arts Festival» werden dem Publikum Ausstellungen und Aufführungen zeitgenössischer und klassischer Werke an bedeutenden kulturellen und unkonventionellen Orten in der ganzen Stadt präsentiert. Seit der Gründung im Jahr 1970 wurden zudem regelmässig Künstler aus allen Teilen der Welt eingeladen. Durch das weltweite Netzwerk von nationalen und internationalen Künstlern erhofft man einen Katalysator für die Schaffung neuer Werke und einen wichtigen Antrieb für die Entwicklung der kulturellen Vielfalt in Island. DESIGN MADE IN ISLAND Design ist eine junge Disziplin in Island – bis vor ein paar Jahrzehnten gab es nicht mal einen isländischen Begriff dafür. Design aus Island ist eine Entdeckungsreise in die Geschichte, die Traditionen und das Handwerk des Landes. Zudem ist es ein Eintauchen in die allgegenwärtige Natur, die das Leben der Menschen prägt und einen Einfluss auf das Entwerfen von Produkten hat. Wenngleich Island nun nicht gerade das Mekka des Designs ist, gibt es hier durchaus eine lebendige und vielfältige Designszene. Viele der erfolgreichen Designer wie Studio Brynjar & Veronika, Dögg Guðmundsdóttir, Gudmundur Ludvik und Theodóra Alfreðsdóttir haben sich grösstenteils in den nordischen Hauptstädten oder in London, Berlin oder New York niedergelassen. Zu hoch sind die Lohnkosten und zu aufwendig sind die Produktionsbedingungen in der Heimat. Daher ist es auch wenig überraschend, dass es hier keinen relevanten (Möbel-)Hersteller gibt und somit auch keinen Auftraggeber für die Designer. Die junge Designszene auf Island möchte sich jedoch als Kreativ-Nation auf der Karte etablieren, und dazu soll die Design-Messe «Design March» in Reykjavik beitragen. Auf der jährlich stattfindenden Messe – sicher nicht zu vergleichen mit den Möbelmessen in Mailand oder Stockholm – werden die besten Kreationen der isländischen Designszene präsentiert. Für vier Tage verwandelt sich die nördlichste Hauptstadt der Welt in eine Designmetropole, in der Hunderte von Ausstellungen, Veranstaltungen und Partys in Galerien, Museen, Designstudios und Geschäften stattfinden. Neben einheimischen Produkt- und

Anerkennung der zeitgenössischen Literatur des Landes beigetragen. Mit Themen wie Zeit, Liebe und Tod begeistert die studierte Psychologin mit ihrer originellen Erzählweise.

Der isländische Designer Gudmundur Ludvik und das holländische Unternehmen Arco fanden sehr rasch zueinander. Mittlerweile lebt und arbeitet der Designer in Dänemark.

© Arco

WIKINGERKUNST UND INTERNATIONALE EINFLÜSSE Die Geschichte der Kunst auf Island geht nicht allzu weit zurück in die Vergangenheit. War es ursprünglich norwegische Volkskunst, welche die ersten Siedler mit auf die Insel brachten, setzte eine wirkliche Entwicklung, etwa in der Malerei, erst in der Neuzeit ein. Daher kann, sieht man einmal von Sigurður Guðmundsson (1833 – 1874) ab, als erster moderner Maler Þórarinn B. Þorláksson (1867 – 1924) betrachtet werden. Durch die imposante Landschaft ist es nicht verwunderlich, dass die Isländer den Bezug zur Natur unweigerlich auch in die Kunst mit einfliessen lassen. Wenngleich auch Reisen ins Ausland einen Einfluss auf viele Künstler und Künstlerinnen hatten. So lassen sich beispielsweise Parallelen zum deutschen Expressionismus in den frühen Bildern Jón Engilberts’ (1908 – 1972) finden oder der Einfluss von Kubismus in den Werken von Nína Tryggvadóttir (1913 – 1968). Die gegenwärtige Kunstszene ist kreativ und vielfältig; einen nicht unerheblichen Beitrag dazu hat der Wahlschweizer Dieter Roth (1930 – 1998) geleistet. Als er in den 1950 Jahren nach Island zog, brachte er die Konzeptkunst mit. Mit seinem Werk sprengte er die engen Grenzen der Kunst, und diese Elemente finden sich noch heute in vielen Installationen junger Künstler. Als grosses Aushängeschild der isländischen Kunst gilt Olafur Eliasson. Bekannt für seine Kunst, die sich vor allem physikalischen Phänomenen aus der Natur widmet, hat er jedoch auch die Fassade des Konzerthauses «Harpa» in Reykjavik entworfen. Bei dem alle

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© DesignMarch

ART & CULTURE

Moving March to May! Das grösste Design Festival auf Island findet dieses Jahr im Mai statt.

Grafikdesignern, Architekten, Modemachern und Musikern lädt die «Design March» auch immer hochkarätige Kreative aus aller Welt ein, um über Designthemen in den Veranstaltungsreihen «Design Talks» und «Design Diplomacy» zu diskutieren. DER SOUND VON RÍMUR Gesang hat in Island eine viel längere Tradition als instrumentale Musik, und uralt ist die Tradition der Verse und Gedichte sowie der A-cappella-Sprechgesänge in Reimform, genannt Tvísöngur und Rímur, die bis heute eine bedeutsame Inspirationsquelle für die isländische Musik sind. Die aus der altnordischen Literatur entstandenen sogenannten Rímur sind epische Gedichte, die allein oder in Chören gesungen werden. Musik ist im Blut der Isländer, und überall und bei jeder Gelegenheit wird gesungen. Man sagt, es gäbe genauso viele Musikrichtungen wie Einwohner auf der Insel. Angeblich spielen auf Island mehr als 80 Prozent der Kinder und Jugendlichen ein Instrument und bekommen eine fundierte musikalische Ausbildung. So verwundert es auch nicht, dass hier immer wieder neue Bands gegründet werden, die international erfolgreich sind. Vor allem der Sängerin und Performance-­ Künstlerin Björk ist es zu verdanken, dass Island auch musikalisch in den internationalen Fokus geraten ist. Mit Björk bekam Island in den 1990ern den ersten internationalen Superstar, der mit avantgardistischen Video-Clips die MTV-Ära prägte. Lange Zeit war Björk der einzige bekannte musikalische Export aus Island, doch inzwischen hat es hier einen wahren Vulkanausbruch an Musikern mit weltweitem Erfolg gegeben. Die international bekannten «Of Monsters and Men» sind die Pop-Sternchen unter den isländischen Bands. Mit ihrer Debüt-Single 2011 lösten sie global einen Begeisterungssturm aus. Mit einem fesselnden Mix aus

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hymnischen Indie- und Alternative-Songs stürmte das Album rund um den Globus die Charts und ging in die Geschichte ein als der erste Song einer isländischen Band, der über eine Milliarde Streams auf Spotify erreichte. Hildur Guðnadóttir – vor ein paar Jahren hätte dieser Name wahrscheinlich den wenigsten etwas gesagt. Doch nach dem Emmy, Grammy, Golden Globe und Oscar, allesamt innerhalb eines Jahres gewonnen, hat die Filmkomponistin in kürzester Zeit alles erreicht, was man als Filmkomponistin in Hollywood erreichen kann. Die ausgebildete Cellistin und Komponistin hat einen neuen Sound nach Hollywood gebracht. Mit ihren reduzierten, stark atmosphärischen und fast physischen Klängen hat sie auch entscheidend dazu beigetragen, dass die Serie «Chernobyl» ein Erfolg wurde. Aber nicht nur fürs Faktische, auch fürs Fiktive hat sie ein Händchen, das war spätestens seit ihrer oscarprämierten Filmmusik zum Hollywoodstreifen «Joker» klar. GLÜCKLICH UND KREATIV Die Isländer haben ein sehr entspanntes Verhältnis zu den Dingen des Lebens. Nach dem Motto «Erst machen wir es, dann lieben wir es» sind sie handlungsorientiert und spontan. Diese Haltung setzt eine unglaubliche Kreativität frei, die inzwischen weltweit Beachtung findet. Dass die Isländer zudem stets in den Top Ten des «World Happiness Report» vertreten sind, trägt sicherlich auch zu einem kreativen Handeln bei. Die Nordeuropäer scheinen also eine Grundzufriedenheit mitzubringen, was auch auf das Vertrauen in die Institutionen, das soziale Miteinander und die Gleichstellung der Geschlechter zurückzuführen ist. Das Land der kochenden Schlammpfühle, spuckenden Geysire, Gletscher und Wasserfälle ist also viel mehr als «nur» ein Natur-Eldorado.


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VITRA DESIGN MUSEUM

Geprägt durch Bauhaus und Werkbund, ­erlangte das deutsche Design zu Beginn des 20. Jahrhunderts weltweite Bedeutung. Mit der deutschen Teilung ab 1949 entwickelten sich Design und Alltagskultur auf beiden Seiten der Grenze getrennt weiter. Mehr als 30 Jahre nach dem Fall der Mauer präsentiert das Vitra Design Museum vom 20. März bis 5. September 2021 die erste grosse Gesamtschau über das Design der Nachkriegszeit.

PHILLIPS COLLECTION

Dieses Kunstwerk aus handwerklichem Harz einer handgefertigten Edelstahlskulptur kann als bodenstehende Skulptur präsentiert werden. Die Bodenskulptur wird komplett mit der silberblättrigen Skulptur auf einem schwarzen Sockel geliefert.

MARCO JACCONI

Marco Jacconi, der Künstler aus Zürich mit italienischen und marokkanischen Wurzeln, stösst in der Welt der Gegenwartskunst auf grosses Interesse. Seine neusten Werke der Reihe «Shapes of the deep» zeichnen sich durch Kompositionen mit scharfen Kanten und gleichzeitig harmonisch weichen sowie unscharfen Formen aus. Dieser Kontrast schafft Dreidimensionalität und Tiefe.

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TASCHEN

Diese unverzichtbare Hommage an das einzigartige Modehaus Pucci bietet leuchtende Farben, kräftige Drucke und das Flair des «joie de vivre». Randvoll mit Archivfotos, Skizzen, Designs und anderen stimmungs­ vollen Ephemera fängt diese aktualisierte XL-Ausgabe die Eleganz, Dramatik und Innovation einer unverwechselbaren Marke ein. Jeder Band hat ein eigenes Coverdesign mit einem ausgewählten Originalmuster aus der Emilio-Pucci-Kollektion.

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ART & CULTURE

T © TASCHEN

© Vitra Design Museum, Photo: Andreas Sütterlin

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P V TRENDS



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TR AVE TR LAVEL 50


TRAVEL

AUF DEN SPUREN des schönen Lebens Autor und Bilder_Konstantin Arnold

WENN MAN ES NUR SCHREIBEN KÖNNTE, WIE ES SICH LEBEN LIESSE. OHNE ABSÄTZE UND ÜBERGÄNGE, DIE SICH GEGEN DAS LEBEN VERSÜNDIGEN, SO WIE ES SICH BIETET UND WIE WIR ES LIEBEN. GANZ AUF EINMAL. OHNE GRUND. AN ALL DEN ZUFÄLLEN VORBEI, DIE WIR IM NACHHINEIN ZU NOTWENDIGKEITEN ERKLÄREN. AN VIELEN VERSCHIEDENEN ORTEN, DIE ERST DURCH UNS MITEINANDER IN VERBINDUNG TRETEN. AM BESTEN IST MAN AN ALL DIESEN ORTEN, ALS OB MAN GAR NICHT AN IHNEN WÄRE, MACHT EINFACH WEITER, WIE ZUVOR, WAS IMMER AUCH GEWESEN IST. SO MEISTERT MAN DIE ORTE, WEIL MAN DA IST, WO MAN IST, UND KEINE WEGE GEHT UND AN WEGE DENKT, DIE MAN NIE GEGANGEN IST. SO KOMMT ES NICHT DARAUF AN, WIE VIELE ORTE MAN SIEHT, SONDERN WIE VIEL MAN IN JEDEM DIESER ORTE SEHEN KONNTE. VON EINIGEN SOLCHER ORTE MÖCHTE ICH ERZÄHLEN.

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pfiff, wenn eine Monica Bellucci an seiner Bushaltestelle vorüberging. Es musste schön sein, in diesem Tal schön zu sein. Die Dörfer waren weltgewandt und man konnte in ihnen viele Sprachen sprechen und eine Frau lieben und einer bestimmten Tätigkeit nachgehen. Man konnte in diesem Tal nichts tun, ausser man wusste, was man tun konnte. Wein trinken, Käse essen, sich mit sich beschäftigen. Abends sassen wir lange am Kamin und morgens lagen wir lange da, guckten von warmen Betten aus offenen Fenstern und hingen uns an schwere Steine im Bach, um uns vom Quellwasser aufwecken zu lassen. Es war kein Eiswasser, man konnte darin überleben, und wenn die Sonne auf die Stelle schien, an der man gerade hing, konnte man es sogar geniessen. Es waren jene letzten unsagbar schönen Sommertage, wie sie nur ein Land zwischen Norden und Süden hervorbringen konnte. Das Laub wehte im warmen Wind. Die Reben an den Hängen waren voll und in den Wäldern standen Pilze. Die Landschaft war filmreif. Sommerlieben konnten hier ruhig bis in den Herbst gehen. Eines Abends sass ich am Schreibtisch und versuchte meine Notizen und das Erlebte und die Ereignisse der letzten Wochen zu ordnen. Das letzte Licht des Tages fiel gerade so durch die grossen, offenen Fenster in unser Zimmer. Ich konnte das Tal sehen, wenn die Gardine nicht im Blick wehte. Draussen unter Nussbäumen sass ein älteres Paar an einem Tisch bereits im Dunkeln. Die Sonne schien schon in einem anderen Land, aber die Berge glühten noch und eine warme Stadt flimmerte über dem See in der Ferne. Ich hörte den Kies knirschen, wenn sie aufstanden und irgendetwas holen gingen, und liess mich vom Eis provozieren, das in ihren glücklichen Gläsern umherschaukelte.

DAMALS

Damals, in dieser Zeit, die längst vergangen ist und wir viel in Hesses Romanen lasen, wohnten wir in einem Dorf in einem Haus, das frei und viereckig in einem Tal stand und ganz vergessen in die Berge gefallen war. Durch das Tal floss ein Bach und das Tal war tief und fiel bergab und hatte den Höhepunkt seiner Fruchtbarkeit erreicht. Links waren Olivenhaine, rechts wuchs der Wein. Alles war hoch und tief und je weiter das Tal hinunterging, desto wärmer wurde es und aus dem Bach wurde ein Fluss, der in gewaltigen Seen endete, die den Meeren gleichen. Warme Luft stieg auf und man konnte die Luft sehen, wie sie zwischen Felswänden und Kirchtürmen stand und von einem mächtigen Licht durchbrochen wurde, das alles kräftig in den Farben der Dinge erstrahlen liess, genau wie Hodler es gemalt hatte. Es waren Berglandschaften, Dschungelberge, eine Kirchglocke, die irgendwo schlug und von der Ferne hergetragen wurde. Klare Laute der Natur, kein Krach der Stadt, nur Klang der Dörfer. Man hörte Kühe fressen, im Orchester oder höchstens einen Tschingg, der sein Motorrad an einer Bushaltestelle testete und

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TRAVEL

Ich wusste, dass sie aus Zürich gekommen waren. Das hatte er mir am Kamin erzählt. Er sah mich Bücher von Hohl und Walser durchblättern und wir kamen ins Gespräch. Redeten über Hohl und Walser, Heckel und Bilder, auf denen sich Männer so an Frauen klammern, dass sie zerstören, was sie am meisten lieben. Er nannte da Giacomettis Adam und Eva und ich schwärmte von Schieles Liebespaar. Von ihm weiss ich alles, was ich über die Schweiz und ihr sterbendes Bankgeheimnis weiss. Die Söldner und die daraus entstandene Neutralität und dass man sich hierzulande für Max Frisch oder Dürrenmatt zu entscheiden hat. Mir gefielen beide, aber ich mochte Zürich nicht und ich glaube, er mochte nicht, dass ich Zürich nicht mochte. Die Stadt bestand für mich aus einsamen Menschen, die ihren Neurosen nachgingen und sie von vielen Therapeuten behandeln liessen. Ich erzählte dem Mann davon und auch wo wir so gewesen waren, und weil ich Zürich nicht mochte, mochte er auch die Orte nicht, an denen wir gewesen waren. Er meinte, die wären dekadent. Ob er schon mal im Waldhaus in Sils Maria gewesen ist, wollte ich wissen. Nein, aber er hätte davon gehört. Es ist ein wundervoller Ort, wie aus der Zeit gefallen und somit ohne Ende. Die Welt könnte untergehen und man würde davon erst eine Woche später mitbekommen, durch die unaufgeregte Information eines Concierge. Es ist der schönste unerotische Ort, an dem ich je gewesen bin. Für Menschen, in denen es von Natur aus laut ist. Ein Rückzugsort für Kopfarbeiter, Kosmos bei der Arbeit, das Uhrwerk der Zeitlosigkeit, betrieben von den Dichtern und Denkern ihrer Zeit und einem Hausmeister, der morgens früh aufsteht, um alle Uhren aufzuziehen. Es ist Freigang für alle, die sich zwischen den Zeiten gefangen fühlen, und die Zeit dort bleibt einem in Erinnerung, weil absolut gar nichts passiert. Man will nicht nach ihr fragen, nichts Profanes tun, weil alles so alt ist, dass es schon fast ewig ist. Der frühe Abend ist dem Haus ganz besonders eigen. Er wurde extra dafür gemacht. Alles zeigt sich scharf, glüht auf und die Abendsonne fällt ein wie in ein Prisma, das das kalte Licht mit etwas mehr Wärme durch die Räume schleudert. Aus hohen Fenstern kann man der Luft beim Unsichtbarsein und dem Himmel beim Dunklerwerden zuschauen. Man hört die Stille der Berge und sieht das Wasser lautlos an ihnen herunterfliessen. Die Leute kommen in Funktionsklamotten von ihren Wanderungen zurück oder sitzen in Funktionsklamotten in der Lobby und reden über den frühen Renoir oder den späten Monet wie auserlesene Weine. Im Hintergrund spielt einer Brahms. Ich verbrachte diese Zeit zwischen Bar und Bibliothek. Früher waren die eins, deswegen nahm ich die Bar manchmal mit. Die Bibliothek war dunkel und still und das späte Licht des Sekretärs fiel einsam auf meine Bücher und Briefe. Die Stimmung in der Bibliothek war ein bisschen wie in der Sauna und man redete genauso gedämpft, oder man redete gar nicht und sah sich ausserhalb der Bibliothek dann an, als hätte man sich gerade nackt in der Sauna gesehen. In der Sauna sah man das, was man abends in den Anzügen dann nicht mehr sah, und wenn man zusammen in der Sauna oder in der Bibliothek gesessen hatte und sich dann draussen sah, war da eine geheime Übereinstimmung zwischen einander, ein Gemeinschaftsgefühl unter Verschworenen, ein kleines Geheimnis, das uns verband. Wir waren in unseren Tagen dort so erholt, wir konnten kaum schlafen. Am Anfang zog ich mich sehr ordentlich an, verhielt mich andachtsvoll im Bewusstsein meiner toten Idole,

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wollte um keinen Preis das Bild zerstören, was man hier vorfinden konnte. Meine Erwartungen überstrahlten alles im Licht meiner Ideale. Kein anderes Hotel auf der Welt kann eine höhere Konzentration von Künstlern vorweisen. Irgendwann überfiel uns jedoch die Langeweile und Wut auf alles Intellektuelle machte sich in mir breit. Ich fragte mich, was mit der Kunst passiert, nachdem sie gemalt wurde und in Bibliotheken landet oder auf teuren Flügeln gespielt wird. Ich sah nur noch Hesses herumsitzen, die sich über laute Musik beschweren würden, und dachte an Novalis und daran, wie die so singen oder küssen mehr als die Tiefgelehrten wissen. Menschen auf der Suche nach Lebenslust sind doch der Kunst näher, als jene, die das himmlische Glück und das höllische Leid in Lexikonartikeln über die geistigen Freuden finden. Aber es gab da diesen Direktor, einen unbeholfenen, gutmütigen, lieben Mann, der sich vor seinem messerscharfen Intellekt durch Ironie bis ins Alter gerettet hatte. Er sah nicht aus wie ein Direktor, sondern wie jemand, der sich in diesem Hotel verirrt hatte. Er lief über die Gänge und grüsste jeden ganz herzlich, mit über den Bauch gefalteten Händen. Er war sehr nett in der Art, wie er mit den Leuten sprach, und eigentlich unterhielt er sich nie sehr lange, sondern machte nur lange, unangenehme Pausen. Er fing zwar immer an zu reden und landete schliesslich auch irgendwo, aber es war eher das Vergnügen, zu entdecken, was er von dieser oder jener Sache hielt. Er liess einen immer mit einem Satz zurück, über den man dann nachdachte und sich fragte, was er

wohl damit meinte. Jeder wollte etwas von ihm und jeder mochte ihn und ich wollte ihm als Dank für unseren Aufenthalt mein Buch schenken, sah aber, wie viele Bücher ihm schon geschenkt wurden und wie sie alle mit «Er ging» oder «Es war» begannen. Bis wir ins Waldhaus kamen, blieb keine Zeit, um bei Gedanken zu verweilen. Wir lebten, liebten, schliefen in den Nächten nicht, um am Morgen müde in die Ewigkeit aufzubrechen. Unser Begehren brach durch die Zeit hindurch, um dahinter die Ewigkeit zu finden. Hatten wir an einem Ort genug vom Balkon geguckt, fuhren wir weiter, von einer Mahlzeit zur nächsten, schwammen in kalten, klaren Bächen und hielten in vielen Städten, in denen wir nach dem Weg fragten. Immer ein bisschen Wein im Blut. Wir unterteilten die Orte in die Regionen der Weine, die wir tranken. Valtellina, Ginovese oder Monticello oder was weiss ich. Er reinigte uns von innen und wir sprachen alles aus und hatten alles gesagt und immer etwas zu reden. Gingen uns die Themen aus, holten wir alles Mögliche aus den Abgründen unserer Gefühle hervor oder sprachen über das Essen und genossen die tiefe Freude, die hinter einer gemeinsamen Mahlzeit steckt. Waren wir zu beschwipst, um weiterzufahren, kauften wir Postkarten für unsere Mütter oder fragten nach kalten, klaren Bächen oder fuhren trotzdem einfach weiter und hielten uns an die Verkehrsregeln einer oft gemalten Landschaft, von denen die Männer in den Dörfern sagten, sie würden die Schwächen der Männer wegwaschen und die Traurigkeit der Dinge und bis in die Wirklichkeit unserer

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Träume führen. Unter der sorglosen Ewigkeit der südlichen Sonne gedieh unsere Liebe prächtig. Natürlich gab es schlechte Tage, aber sie verschweissten nur die Nähte einer Verbindung, die uns die guten gebracht hatten. Einmal vergass ich einen guten Gedanken, ansonsten ist nichts Schlimmes passiert. An jenem Sommerabend, am Schreibtisch, versuchte ich diesen Gedanken wiederzufinden. Scheiterte, von Notizen erschlagen. Versuchte einen Brief zu schreiben, scheiterte auch. Nahm eine Flasche Prosecco, die wir im Tremezzo geklaut hatten, und ging zu den Alten in den Garten. Das gelang mir. Unter uns knirschte der Kies. Der Mann freute sich schon von weitem, uns zu sehen, hätte er einen Schwanz gehabt, ich bin sicher, er hätte gewedelt. Wo wir denn den guten Prosecco herhätten, wollte er wissen. Den haben wir im Grand Hotel Tremezzo geklaut, sagte meine Freundin und schenkte uns allen einen ein. Das Tremezzo ist ein Schaulaufen. Hier inszenieren sich noch Hochstaplerfiguren, Blender, elegante Lebemänner, neureiche Gehversuche, Kokotten, Handlungsreisende, Beaus, Salonlöwen, alte Säcke mit blutjungen Frauen. Man ist von Karikaturen umzingelt, die sich mit viel Geld vom Tod ablenken und das Menschliche für Repräsentationszwecke aufgegeben haben. Ich dachte in diesen Tagen im Tremezzo viel über Reichtum nach und was er mit den Menschen macht und wie er sich unterscheidet. Ich sprach mit der Gouvernante über Männer, die selbst im Alter nicht über ihre Eitelkeit hinausgekommen waren, fragte den Barmann, ob die Reichen heute noch was draufhätten oder nur wegen der Agnellis und Picassos kämen, die was draufgehabt haben, hörte von der Poolfrau, dass heute keiner mehr im See schwimmen geht, und redete mit dem Chauffeur übers Ferrarifahren. Er sagte, dass es heute schwieriger ist, Ferrari zu fahren, wenn man die Kultur dahinter liebt, ohne sich für alle rechtfertigen zu müssen, die Ferrari fahren, um gesehen zu werden, wie sie mit einem Ferrari umherfahren. Daran müsse man sich gewöhnen, so wie an Anzüge und daran, dass sie auch Leute tragen, die Ferraris fahren und kleine Freundinnen haben. Atmen wollen und Ferrarifahren, so ist der Mensch. Ich konnte

«ES IST EIN WUNDERVOLLER ORT, WIE AUS DER ZEIT GEFALLEN UND SOMIT OHNE ENDE. » das alles nicht verstehen und es war schwer, mir vor unserem Zimmermädchen nicht wie ein Hotelgast vorzukommen, der infolge übermässigen Reichtums und sinnloser Saufereien zu regelmässigen Wutausbrüchen neigt. Nur wenn mein Freund Tommaso übers Reichsein sprach, glaubte ich das. Wenn man Reichtum in seine Einzelteile zerlegt, stecken dahinter viele Elemente, und hinter allen steckt ein Wunsch nach Liebe. Wir alle wollen doch etwas. Tommaso sagte das so gut, wie er konnte, und schaute dabei mit seinen italienischen braunen Augen, den wellenden Haaren und einem wunderschönen Gesicht, das er täglich eincremte. Wir brauchten keinen Ferrari, um das zu sein, wofür die anderen einen Ferrari brauchten. Wir fuhren einen Volvo, der nichts sein wollte, was er nicht war. Er war praktisch und schön. Man konnte mit ihm über einen vollgeschissenen Kuhacker heizen und im Tremezzo vorfahren. Auch nach einem Glas, oder zwei, fuhr er sich toll. Dank des Schiebedachs wurde es ein sehr romantischer Roadtrip, das Ende eines Sommers ausserhalb der Zeit, in dem man essen konnte, ohne fett zu werden, und nach dem Essen Volvo fahren, ohne umzukommen. Zum Essen bestellten wir Lavarello oder Bianca Piemontese und sie fragte mich, was ich dazu tragen würde. Ich hatte auf dieser Reise an vielen Hotelbars auf sie gewartet, geraucht, ein bisschen notiert, vom Barmann alles erfahren, was ich über diesen oder jenen Ort wusste. So konnte jeder seins und keiner wollte den anderen irgendwann umbringen. Problematisch nur, wenn es keine Bar gab oder keine gute Bar, was dasselbe ist. Sie konnte sich dann ewig mit ihrem Körper beschäftigen und ich konnte das dann auch, und wenn sie in einem Überraschungsmoment die Treppen einer Lobby herunterkam, mit nackten Schultern und offenen Haaren, hatte das epische Dimensionen. Wir tranken Aperitivos an der Hotelbar oder fuhren Boot mit Ernesto Riva. Taten das, was alle tun, wenn einer guckt, auch wenn keiner da war, der gucken konnte. Abends, wenn die Laternen am See aufgingen, zeigte uns Tommaso in seinem alten Mercedes die engen Gassen von Lenno und Laglio und wo Mussolini erschossen wurde, bevor man ihn kopfüber in Mailand aufhängte. Und

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mitternachts, nach allem, wenn alles schlief und wir uns für uns hatten, dankten wir Gott für dieses Leben und die Körper, die er uns schenkte. Spürten die Höhe der Berge und die Tiefe des Sees, lagen lange da, bei offenen Fenstern, und schauten auf die Sterne. Ganz oben waren viele und dann nur ein paar wenige und dann kam viel Schwarz und dann die Dörfer unten am See, die auch wie Sterne aussahen oder wie Lichterketten, die man in die Berge geworfen hatte. Es ging gar nicht um Pfennige, es ging um die Sterne. Die Farben der Nacht und den Mond, der mit seinem weis­sen Strahl über den See direkt auf uns zu schien. Man hörte, wie der See schwappte. Lago di Como! Manchmal nehmen Erinnerungen den Platz der Gegenwart ein und hinterlassen tiefe Spuren, die in uns sind und ein Gesamtbild unseres Lebens erzeugen, etwas Ganzes, über das wir uns dann freuen können, wenn wir sorgsam damit umgehen. An diesem Ort haben wir etwas von uns gelassen, das wir nur wiederfinden, wenn wir an diesen Ort zurückkehren. Einen Küstenort in den Bergen. Gletscher und Eis, die unter der Sonne des Südens liegen. Das Wetter ist nie heiss und nie kalt und immer angenehm. Der Mann aus Zürich meinte, das liege am Bergell, dort verfangen sich die Wolken. Nirgendwo anders knallt das Mediterrane so gewalttätig auf das Alpine. Man fährt durch einen Tunnel und ist im gleichen Land einer anderen Nation. Die Landschaft wird von Zypressen beherrscht und der Himmel von Säulen gehalten, vor denen Stufen in tiefes Wasser absteigen. Man sagt, dass es für die Bewohner des Sees keine Erlösung gäbe, kein Paradies, weil sie hier schon dort leben dürfen. Alles ist grün und blau und weiss und sehr symmetrisch und in schönen Formen mit starken Rändern und strahlt in tiefen durchsichtigen Farben. Morgens, wenn die Sonne aus einem anderen müden Land über die Berge fällt und die Nacht noch in den Wäldern hängt, sieht man die Sonne hinter den Bergen aufgehen. Man sieht die Sonne nicht, man sieht nur den See und das Licht, wie es über die Berge in den Nebel fällt, und weiss, wo die Sonne ist. An klaren Tagen kann man von den Bergen über die Poebene bis Mailand gucken. Ich wusste nicht, dass die Berge der Stadt so nahestehen. Als wir zu Beginn unserer Reise eines regnerischen Septembermorgens den ersten Zug nach Venedig verpassten und auf den zweiten warteten, dachte ich daran, wie Hemingway diese Berge beschrieb und dass damals Krieg war und keiner mehr hinging. Nach Mailand sah es eine Weile so aus wie überall und dann war es richtig Italien, sehr schön und sehr hässlich. Regentropfen rannen am Fenster vorbei und die Lombardei war weit und breit und dahinter kamen die Berge, so wie Hemingway das geschrieben hatte. Nach einer Weile änderte sich die Landschaft wieder und der Zug fuhr an den sumpfigen Rändern der Wälder vorbei. Ich dachte an ein anderes Buch von Hemingway und dass es vielleicht das schlechteste war, das er geschrieben hatte. Aber es war nicht wichtig, wie gut oder schlecht Bücher waren, solange sie nur ehrlich genug waren. Und die Landschaft sah genauso aus, wie er sie in mir erzeugt hatte. Nie hätte ich gedacht, jemals nach Venedig zu fahren, und nun fuhren wir und ich konnte es kaum noch erwarten. Wir kamen im Regen an und es dämmerte bereits. In einigen Palästen brannten die Kronleuchter und strahlten Gemälde an, die von prächtigen Vorhängen bewacht wurden. Die meisten Fenster waren schwarz und schauten mit dunklen, nachdenklichen Augen geheimnisvoll auf das wenige, vorbeiziehende Leben. Es war eine schwere Dunkelheit, die von diesen venezianischen

«ES WAREN JENE LETZTEN UNSAGBAR SCHÖNEN SOMMERTAGE, WIE SIE NUR EIN LAND ZWISCHEN NORDEN UND SÜDEN HERVORBRINGEN KONNTE. » 56


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Palästen ausging und durch ihr Schwebendes aufgehoben wurde. Im Regen der Seuchennacht erwachte die Stadt zu alter Romantik und wir konnten es gar nicht erwarten, anzukommen, einander fertig zu machen, theatralische Musik laufen zu lassen. Es war die Vorstellung eines Ortes, den man so nie vorfindet. Wir liefen durch enge Gassen und neben Arkaden her und standen alleine unter Regenschirmen auf dem Piazza San Marco. Die Kellner des Caffè Florian stellten gerade die Tische rein. Wir assen irgendwas und tranken eine Flasche Valpolicella. Sie sagten, Harrys Bar wäre noch auf, und ich sagte, ich hätte in Hemingways Büchern darüber gelesen. Es ist eine fürchterliche Bar, mit viel Geschichte, die keine Zukunft hat. Zwischen amerikanischen Karikaturen lernen wir echte Venezianer kennen und beschweren uns über die Drinks und ihre Preise. Sogar eine letzte Runde wird uns verwehrt. Einer der Venezianer brüllt: «Geben Sie diesen Leuten einen Drink verdammt, er schreibt und sie ist schön!» Wir fragten, ob man noch irgendwo anders hingehen könne, und sie sagen, dass man in Venedig ein Motorrad, ein Boot und einen Bus braucht, um jetzt noch irgendwo anders hinzukönnen. Wir gingen ins Hotel und schliefen durstig und gierig ein. Von unserem Bett aus konnte man die Bar des Hotels sehen, das war schön. Als uns das Morgengrauen in Venedig überfiel, wussten wir, dass wir aufbrechen mussten, wenn wir unseren Traum dieser Stadt bewahren wollten. Bei gutem Wetter lauern sie überall, sind auf einmal da, verschlingen einen, Touristenmassen! Wir liessen uns vom Concierge zwei Tickets für den Mittagszug nach Bologna reservieren, gaben unser Gepäck auf, assen eine Pizza, für die sich Italiener schämen sollten, und fuhren weg. Die Durchsagen im Zug klangen wie italienische Gedichte und lila Wolken standen hoch und himmlisch über der grossen Ebene, an deren Rändern wieder Berge waren. Ach Bologna, sagte meine Freundin, und es war sehr schön, wie sie das sagte. Hinter Bologna lag nicht mehr nur Bologna. Sie sagte das mit allem Erlebten, das sich nun hinter Bologna verbarg. Man nennt Bologna die Rote, die Dicke, den Doktor, Michelangelos Backsteinstadt. Alles ist sehr terrakottafarben und das Schöne an Bologna ist, dass es dort nichts Grösstes und Ältestes und Erstes gibt. Die Stadt kommt ganz ohne Attraktionen aus. Man muss die Attraktionen in sich haben. Es gibt keine Eiffeltürme und Petersdome, keine Kolosseen. Keine bedeutenden Kunstsammlungen, von denen wir gehört hätten. Nur eine Monet-­Ausstellung war da, als wir da waren, aber die hatten nur Seerosenbilder und Bilder, die entstanden waren in einer Zeit, in der ihm niemand mehr sagte, endlich mal seinen bescheuerten Garten zu verlassen. Bologna hat es und man fragt sich, was es ist, und genau das ist es. Ich glaube, in Bologna gelang es uns am allerbesten. Wir liessen uns von den Gassen und Gässchen erkunden und übergaben uns Geheimnissen, die uns als Zufälle getarnt begegneten. Die Öffnungszeiten der Stadt waren für uns gemacht und wir fanden immer eine offene Bar oder einen schönen Park, wenn wir eine offene Bar oder einen schönen Park finden wollten. In der Abendröte brannten die Backsteine der Stadt und oben war der Mond und unten lag uns das Laub zu Füssen. Das Licht der Strassenlaternen schien auf Wege, Bänke, Stufen, und irgendwo aus der Ferne wehte immer ein bisschen Italienisches her. Der Mann aus Zürich verzog sein Gesicht und zählte sämtliche Kirchen auf, die wir verpasst hätten, sprach von vielen berühmten Bolognesen. Ob er Ricardo kannte, wollte ich wissen. Wer Ricardo ist, fragte der Mann. Ricardo ist ein Kellner, der

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Tipps

die Leidenschaft ab. Der Moment zieht vorüber und man wartet, bis man es wieder tun kann. Liegt da, blättert ein bisschen, redet, bis die Stunde des Aperitifs schlägt und der Moment immer noch nicht da ist und man immer noch redet und hungrig wird und nervös und das Leben nicht meistert. Solche Sachen können einem auch solche Häuser nicht abnehmen. Kein Concierge der Welt und wir hatten viele gute Concierges auf dieser Reise getroffen und als wir Jose Manuel, im Suvretta House in St. Moritz, trafen, wünschte ich, noch nie über einen anderen Concierge geschrieben zu haben. Er hatte, was sie alle hatten, und er hatte etwas mehr. Im Suvretta House verbrachten wir wertvolle Tage. Die Korridore haben olympisches Ausmass und die Bettwäsche wird aus Wolken gemacht. Die Badewannen sind keine Badewannen, sondern Betten, in denen man baden kann. Man lädt sich beim Eintreten auf wie ein Volvo Plug-in Hybrid, der von nun an bergabrollt. Wir hatten eine grosse Suite und zwei Klos mit sehr breiten Sitzen und die Kugelschreiber schrieben sich auf besondere Weise. In der Lobby spielte jeden Abend ein Waliser Klavier für niemanden, was wundervoll war, und wenn wir nach dem Abendessen kamen und niemand da war, bestellten wir Brandy und hörten wie er genauso weiterspielte. Die Wände des Hauses nahmen seine einsamen Klänge auf und nichts ging verloren. Nur das Rauchen fiel uns, so weit oben, selbst beim Brandytrinken schwer. Am Ende dieser Zeit, die längst vergangen ist und wir Hesses Romane fertiggelesen hatten, wohnten wir in einer Villa auf einer Insel mit 4000 verschiedenen Pflanzenarten, die irgendein Hedonist mitten im Lago Maggiore gebaut hatte. Die meisten Pflanzen sind giftig und das Essen der Insel ist schlecht, wird aber von guten Kellnern serviert. Tagsüber kommen Touristen auf die Insel und die Insel ist schön, aber am späten Nachmittag, wenn das Gelb Gold wird und die letzte Fähre gefahren ist, verwandelt sich die Insel in den Garten Eden. Nur noch wir und Marmorstatuen waren dann hier. Die Natur zieht einen auf, ohne Sitten und Manieren. Man muss nackt rumlaufen, oder wenigstens barfuss. Es ist so schön, dass man eigentlich gar nicht rauchen braucht. Man liegt einfach nur da auf einem Sonnenbett im Gras, zieht an Brissagos, guckt hoch, sieht den Rauch, denkt nach, über dieses ganze Leben und alle die Momente, die es zu einem Ganzen erheben. Schwimmt rum, von einer Insel zur nächsten, fürchtet sich im Tiefen, in der Mauer wurden dafür Stufen eingelassen. Hier war es am allermeisten so. Wir waren dem Augenblick ergeben, spürten einen Aufenthalt lang, wie alles ist, das ganze Leben. Man kann dann etwas traurig werden, aber man fühlt sich lebendiger und richtiger als sonst und will der Sonne nur noch dankbar sein für das Scheinen, nicht mehr wollen, nicht mehr sein, nicht mehr haben. Hoffen, dass die Grösse dieses Glücks nie vorüberzieht. Man sagt, der Glückliche begehrt nicht das Glücklichsein? Aber er will es doch immer und bleiben und es beibehalten und nie verlieren, so begehrt er es doch ständig. Abends beim Essen sagte sie, wir müssen uns in Zukunft immer an diese Momente erinnern, und ich sagte, dass wir neue Momente haben werden, von denen wir dann das Gleiche behaupten. Wir dachten an all die Menschen, die wir trafen, all die Weine, die wir tranken, und all die Menschen, die durch die Weine gute Freunde geworden sind. Es wurde nun schon dunkel, lange bevor die Tage zu Ende waren und wir gingen von der Insel und der Sommer ging mit uns. Wir hatten den Herbst gar nicht kommen sehen.

Hotels: Aman Palace – Venedig Grand Hotel Majestic già Baglioni – Bologna Villa Flori & Grand Hotel Tremezzo – Lago di Como Suvretta House – St. Moritz Villa Emden – Isole di Brissago Waldhaus Sils – Sils Maria Casa Lucomagno - Blenio Tal Unterwegs sein mit: Bellagio Sailing – Lago di Como Volvo XC 60 Hybrid, Polestar Engineered

uns im Park della Monteignolla das Essen unter die Bäume brachte und den Flüsterbogen am Piazza del Nuttuno empfahl. Wir tranken Bier unter diesen Bögen und flüsterten uns dreckige Dinge zu und waren der einzige Tisch auf dem Platz dieser Nacht. Sie sah toll aus, wie sie fror und flüsterte und mein Jackett trug und mich fragte, was wir mit unseren Körpern tun sollen, wenn einer von uns tot ist. Ich war für ein Doppelgrab, sie wollte sich der Medizin opfern. Von Ricardo wissen wir alles, was wir über Bologna wissen. Er erzählte uns auch von den vielen berühmten Leuten, die in unser Hotel kamen. Der Eingang des Hotels muss sich hervorragend dafür eignen, berühmt zu sein. Er ist wundervoll und einfach und sehr elegant und führt direkt auf den Boulevard. In der Nähe des Hotels gibt es einige schöne Buchläden und es ist angenehm, unter den Arkaden zu wandeln und in die Auslagen zu schauen. Der Himmel über Bologna ist hoch und die Luft ist frisch und man geht ins Hotel zurück, um nackt in den Büchern zu blättern, die man gekauft hat, und sich zu lieben, auch wenn man scheitert. Gefühle können einem in die Quere gekommen und kühlen

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Kulturhauptstadt Europas 2023:

TIMISOARA

DIE DRITTGRÖSSTE STADT R­ UMÄNIENS HAT SICH IN DEN LETZTEN JAHREN ENORM ­G EWANDELT. ­GEBLIEBEN SIND JEDOCH VIELE DER ALTEN PALÄSTE UND KIRCHEN AUS DEM 18. JAHRHUNDERT, WELCHE DER STADT IHR TYPISCHES HABSBURGERISCHES FLAIR ­G EBEN. FÜR DIE RUMÄNEN IST DIE STADT EIN PRESTIGE­OBJEKT. EIN GEFÜHL, DAS DURCH DIE ERNENNUNG ZUR EUROPÄISCHEN KULTURHAUPTSTADT 2023 NOCHMAL ­V ERSTÄRKT WURDE. Autor_Urs Huebscher

Im äussersten Westen des Landes befindet sich mit Temeswar nicht nur die Hauptstadt des Banats, die Stadt ist auch das wirtschaftliche und kulturelle Zentrum dieser Region, die sich von Serbien über Ungarn bis nach Rumänien erstreckt. Ursprünglich hätte Timisoara den Titel «Kulturhauptstadt Europas» im Jahr 2021 tragen sollen. Die Ver­längerung des Zeitraums, in dem die Veranstaltung stattfindet, bie­tet europäischen Besuchern die Möglichkeit, eine der schönsten und geschichtsträchtigsten rumänischen Städte zu entdecken.

richten» war die erste deutsche Zeitung in Südosteuropa. Vom österreichischen Reich ausgeliehen, erhielt man 1815 die erste öffentliche Bibliothek. Den ersten Telegrafendienst in einer Stadt des heutigen Rumäniens er§hielt 1854 Timisoara. Als erster Ort des Habsburgerreichs erhielt man 1855 eine Strassenbeleuchtung mit Gaslampen. Die erste Strassenbahn des heutigen Rumäniens verkehrte hier 1869, und bereits 1881 hatte die Stadt das erste Telefonnetz auf dem Gebiet des heutigen Rumäniens. Schliesslich war man 1884 die erste Stadt in Kontinentaleuropa mit elektrisch beleuchteten Strassen und hatte bereits 1895 die erste asphaltierte Strasse Rumäniens. Zu weltweiter Bekanntheit gelangte Timisoara 1989, als die Revolution der Rumänen gegen den Diktator Nicolae Ceausescu hier ihren Anfang nahm. Ein Aufstand der Bürger gegen das kommunistische Regime führte schliesslich dazu, dass Timisoara die erste befreite Stadt Rumäniens wurde und sich von hier aus die Revolution durchs ganze Land verbreitete.

STADT DER PREMIEREN

Die Stadt an der Bega ist eine Stadt der Premieren, nicht nur in Rumänien, sondern auch in Europa! Die älteste Brauerei Rumäniens wurde 1718 hier bezeugt. 1771 erschien die erste Zeitung auf dem heutigen Territorium Rumäniens, und die «Temeswarer Nach-

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für ihre künstlerischen Spitzenleistungen in den Bereichen Musik, Literatur, Malerei, Skulptur und Architektur sowie für ihre technischen und wissenschaftlichen Innovationen bewundert. Noch heute ist Timisoara eine Stadt freundlicher Menschen, die in Frieden zusammenleben. Über 40’000 Studenten an acht Universitäten, ein lebendiger Kreativsektor und eine Reihe renommierter Kulturinstitutionen. Es profitiert von der wirtschaftlichen Entwicklung, insbesondere in den Bereichen Automobil und IT. Auch wirtschaftlich gibt sich Temeswar als Aushängeschild Rumäniens: Es herrscht nahezu Vollbeschäftigung, die Löhne steigen jährlich im zweistelligen Prozentbereich und die Investitionslust ausländischer Unternehmen am Markt stärken die rasante Entwicklung. Denn in der Bevölkerung entwickelt sich dank der wirtschaftlichen Situation eine zahlungskräftige und geschäftstüchtige Schicht, die europaweit vernetzt ist.

DAS KLEINE WIEN IN RUMÄNIEN

Im Laufe der Jahrhunderte blühten Timisoara und die Banat-­ Region auf, angetrieben von der Energie und dem Einfallsreichtum ihrer Bürger aus ganz Europa. Über 30 verschiedene Kulturen leben hier seit Generationen: Rumänen, Deutsche, Ungaren, Serben, Kroaten, Italiener, Spanier und Bulgaren. Auch orthodoxe Gläubige, Katholiken, Juden, Protestanten, Lutheraner, Reformierte, Muslime und andere Konfessionen praktizieren ihre Religion in Frieden und Freiheit. Multikulturalität ist hier also gang und gäbe. Temeswar vereint Europas Nationen und deren Kulturen sorgsam und schafft dadurch einen Platz für ein unbeschwertes Miteinander. Diese Vielfalt spiegelt sich im kulturellen Leben der Stadt wider. 2011 wurde der Verein «Temeswar Kulturhauptstadt Europas» gegründet, und nur fünf Jahre später erhielt man den offiziellen Zuschlag für die Kulturhauptstadt Europas 2021. Zwischen 1880 und 1914 war Timisoara die wichtigste Industrie-, Handels-, Finanz- und Kulturstadt der Region. Sie wurde

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Wenn man durch die Strassen und über die Plätze von Timisoara schlendert, fühlt man sich schnell nach Österreich versetzt. Das Stadtbild wird massgeblich von den mehr als 14’000 historischen Gebäuden bestimmt. Die Architektur erzählt die von Veränderung geprägte Geschichte der Stadt. Im 18. Jahrhundert unter Herrschaft der Habsburger zu einem Festungs- und Garnisonsort ausgebaut, gehörte die Stadt mal zu Österreich-Ungarn, mal zu Serbien, dem Osmanischen Reich und nun eben zu Rumänien. Auch als Klein-Wien bekannt, finden sich im Zentrum zahlreiche Bauten aus der Kaiserzeit, die – vielfältig wie die Bewohner der Stadt – eine besondere Atmosphäre schaffen. Die Altstadt Temeswars wird laufend akribisch saniert, die Strassen neu asphaltiert und sauber gefegt und die technische Infrastruktur aufpoliert – aktuell findet man in Rumänien die zweitschnellste Internetverbindung der Welt vor. Das Bild der Innenstadt ist geprägt von Buchläden, Kunstgalerien und Theatern. Köstlich duftende Konditoreien, kleine Bistros und charmante Cafés vermitteln stilvolles Flair und laden zum gemütlichen Verweilen und Geniessen ein. Auch Shopaholics kommen in Temeswar nicht zu kurz: Abgesehen von den vielen Geschäften in der Altstadt lockt die «Iulius Town» unweit des Zentrums mit Kongress-Zentrum, Business-Park, Grünflächen und Mall. Die Iulius Mall, als Teil von Iulius Town, ist ein Synonym für Shopping der Superlative, 450 Geschäfte, Themenrestaurants, Cafés, Food-Court auf einer ganzen Etage. Und dann die Iulius Gardens – eine der spektakulärsten Grünflächen in Timisoara, die auf einzigartige Weise über der Tiefgarage des Komplexes als Ganzes angeordnet sind.


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Das eigentliche Leben in Timisoara spielt sich auf den grossen Plätzen und Parks ab. Dort treffen sich Jung und Alt, um zu quatschen, das Essen der vielen Restaurants zu geniessen oder in den zahlreichen Kneipen und Bars den Abend zu verbringen. Der Piata Unirii ist der älteste Platz der Stadt und der alte Festungskern des historischen Timisoara. Dieser Ort wird auch Domplatz genannt und ist von mehreren Kirchen und Palästen aus dem 18. und 19. Jahrhundert umsäumt. Besonders im Sommer und an Wochenenden findet man in den zahlreichen Restaurants kaum noch einen Platz auf den grosszügig angelegten Aussenbereichen. Hier trifft Barock auf Art-Dekor, Orthodoxie auf Katholizismus: Der römisch-katholische Dom, das Wahrzeichen der Stadt, steht der serbisch-orthodoxen Kathedrale gegenüber. Der Piata Victorei ist der Vorzeigeplatz der Stadt. Dieser breite Boulevard ist die Flaniermeile von Timisoara und verbindet das Nationaltheater und Opernhaus mit der rumänisch-orthodoxen Kathedrale der Heiligen drei Hierarchen. Diese Kirche ist gleichzeitig auch das Wahrzeichen der Stadt. Das Gebäude der Temeswarer Oper ist nicht bloss ein Kulturort erster Grösse, das eine Oper sowie das Rumänische Nationaltheater, das Deutsche Staatstheater und das Ungarische Staatstheater beherbergt. Vom Balkon der Oper riefen Demonstranten am 20. Dezember 1989 Timisoara als freie Stadt aus.

MODERNES MÄRCHEN

Es mag wie ein Märchen klingen: Als erster Ausländer in der Geschichte Rumäniens hat der 36-jährige Deutsche Dominic Fritz im Herbst 2020 den Bürgermeisterposten der rumänischen Grossstadt erobert. Die Wahl des Deutschen zum Bürgermeister war eine faustdicke Überraschung. Fritz' Wahlsieg ist zugleich Ausdruck eines Trends, der sich im ganzen Land bemerkbar macht: Die Menschen fordern einen transparenten und modernen Staat ein. Für 2023 erwartet man viele Touristen in der bislang noch nicht sehr bekannten rumänischen Stadt. Die Ernennung zur europäischen Kulturhauptstadt ist für die Einwohner eine gute Botschaft und man ist mächtig stolz auf diese Entscheidung. Der rumänische Kulturminister gab kürzlich bekannt, dass die nächste Ausgabe des Internationalen Festivals «George Enescu» im Jahr 2023 ebenfalls in Timisoara stattfinden wird. Das prestigeträchtige Musikfestival ist ein weiterer Beweis, dass Timisoara ein anerkannter Kulturraum ist. WWW.TIMISOARA2021.RO

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Das unbekannte Emirat: Autor_Urs Huebscher Bilder_RAKTDA Tourism Development

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DAS RUHIGE EMIRAT FORDERT DIE AUSGESPROCHENEN STEREOTYPEN DER VEREINIGTEN ARABISCHEN EMIRATE HERAUS, MIT TIEF­­VERWURZELTEM ERBE, BERGEN, WÜSTE UND KÜSTE. RAS AL KHAIMAH IST DIE BESTE FLUCHT VIELER EINHEIMISCHER AUS DUBAI AUS DER STADT. DIE NÖRDLICHSTE REGION DER VAE WIRD VON DEN ­MÄCHTIGEN HAJAR-­ BERGEN UNTERSTÜTZT, DIE SICH DRAMATISCH BIS ZUM UFER ERSTRECKEN.

Nach Monaten zu Hause und im Home Office aufgrund der Cov-19-Pandemie bin ich nach Ras Al Khaimah geflogen, um mir endlich selbst ein Bild zu machen vom nördlichsten der sieben Vereinigten Arabischen Emirate. Als ruhige Enklave bekannt, welche nicht weit von Dubai entfernt ist, reicht Ras Al Khaimahs Geschichte fast 7000 Jahre zurück. Mein erstes Erlebnis im Emirat war Al Jazirah Al Hamra, «die Rote Insel». Diese ehemalige Gezeiteninsel beherbergt eine 200 Jahre alte Geisterstadt mit Hunderten von verlassenen Stuckhäusern, die einst eine lebhafte Gemeinschaft von Perlentauchern unterstützten. Handelshäfen wie diese dienten dazu, das Emirat zu erhalten. Portugiesische, niederländische und persische Einflüsse – in der Architektur und in den Gewürzen vorhanden – stammen aus der Zeit, als diese als Piratenküste bezeichnet wurde. Dies gilt auch für Hinweise auf eine Besetzung durch die Briten, die in den 1820er-Jahren durch die strategische Küstenlage des Territoriums und seine lukrative Perlenindustrie dorthin gelockt wurden. Aber ein Jahrhundert später brach der lokale Perlenmarkt zusammen, als der Anbau in Japan begann – und übernahm. Die einheimischen Za’ab, die das Gebiet ursprünglich besiedelt hatten, waren gezwungen, anderswo ein Leben zu finden. Wie im Rest des Golfs sind die Traditionen von RAK tief im Meer verwurzelt. Ein Ausflug zum Fischmarkt von Al Mairid enthüllt Dutzende Sorten lokaler Meeresfrüchte, von hartschaligen blauen Krabben bis zu glitzernden Schnappern mit leuchtend gelben Flossen. Hölzerne Dhows tanzen auf dem Wasser, während die Fischer Netze tragen, die voll von dem sich noch bewegenden Fang des Morgens sind. Die nahe gelegene Mohammed Bin Salem Moschee ist das älteste Gotteshaus des Emirats, dessen Aufzeichnungen aus dem 16. Jahrhundert stammen. Es wurde kürzlich restauriert, um einen neuen Frauenbereich aufzunehmen, und enthält nun marine Elemente in seinem Design: Korallen, Strandfelsen und Balken aus Mangrovenholz.

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STRÄNDE UND ÜBERNACHTUNGSMÖGLICHKEITEN Wer Ras Al Khaimah zum ersten Mal besucht, sollte beachten, dass sich die Resorts über eine weite Strecke entlang des 64 Kilometer langen Strandes des Emirats erstrecken, einschliesslich der relativ neuen touristisch orientierten Entwicklung von Al Hamra und der künstlichen Insel Al Marjan. Sonnenhungrige und Entspannungsfans kommen hier überall auf ihre Kosten. Die Luxusresorts bieten alle ihren eigenen privaten Fleck goldenen Sandes an. Die Strände sind gut gepflegt und mit zahlreichen Einrichtungen ausgestattet, darunter Sonnenliegen, Sonnenschirme, Cafés und Restaurants direkt am Sand, Süsswasserduschen und so ziemlich alles, was man für einen Tag zum Auffrischen der Bräune benötigt. Eine fünfminütige Fahrt von der Al Hamra Mall und dem Ice Land Water Park entfernt liegt das Rixos Bab Al Bahr, ein beliebtes All-inclusive-Resort auf der Insel Marjan mit pyramidenförmigen Türmen über weitläufigen Pools. Das Cove Rotana Resort ist ein Dorf für sich, mit nubisch inspirierten Villen, die sich hervorragend für Familien eignen. In Al Hamra, etwa 15 Kilometer südlich der Stadt, verfügt das Waldorf Astoria über einen Privatstrand, mehrere Restaurants und ein opulentes Interieur. Weitere tolle Unterkünfte in Al Hamra sind das Hilton Al Hamra oder Al Hamra Residences. Das DoubleTree by Hilton Resort & Spa auf der Insel

Marjan mit seinem Privatstrand bietet ein hervorragendes Preis-­ Leistungs-Verhältnis für die touristische Entwicklung auf der Insel Marjan. WÜSTE UND OASEN Auf einer kurvenreichen Strasse landeinwärts, vorbei an Gruppen wandernder Kamele gelangen wir zu Ritz Carltons zweitem Anwesen in Ras Al Khaimah, der Wüste Al Wadi. Das Resort ist überraschend grün und um einen Palmengarten in einer natürlichen Oase gebaut. Als wir die Holzstufen zu unserer Villa hinaufstiegen, war klar, dass wir uns in der Wüste befanden. Unsere V-förmige Suite spiegelte die Struktur von Beduinenzelten wider, hatte jedoch an drei Seiten geräumige Badewannen und Glaswände. Um uns herum ein Sandmeer. Das Resort macht es einfach, das umliegende 1235 Hektar grosse Naturschutzgebiet zu erkunden. Die sozial weit entfernten Aktivitäten reichen von Falknerei bis hin zu Reiten durch die Dünen. Aber für uns zwei berufstätige Menschen war der Reiz, auf Sonnenliegen an unserem privaten Pool mit Blick auf die Wüste zu faulenzen, zu schwer zu widerstehen. Wir sahen zu, wie die Sonne über den goldenen Dünen unterging, als gelegentlich neugierige Gazellen sich näherten, um Hallo zu sagen.

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HAJAR-BERGE MIT LÄNGSTER ZIPLINE DER WELT Das schroffe und raue Hajar-Gebirge dominiert die Landschaft von Ras Al Khaimah und schafft eine wunderschöne Gegend, um auf einem Tagesausflug in die Natur hinauszugehen. Die umliegende Wüste hat ständig wechselnde, rostfarbene Sanddünen, während in den Bergen die beeindruckenden, zerklüfteten Landschaften ein Land mit grossem Himmel sind, das die meisten Besucher hier nicht erwarten. Etwa 55 Kilometer nordöstlich von Ras Al Khaimah ist Jebel Jais, Teil des Hajar-Gebirges, der höchste Berg der Vereinigten Arabischen Emirate mit einem Gipfel von 1934 Metern. Eine 20 Kilometer lange Serpetinenstrasse schlängelt sich die Bergflanke hinauf und bietet Aussichtsplattformen entlang der Route, um die wunderschönen, weitreichenden Ausblicke zu geniessen. Nahe der Spitze der Strasse bietet eine Reihe von landschaftlich gestalteten Terrassen mit Aussichtsplattformen und Cafés spektakuläre Ausblicke, die über schroffe Gipfel in die Küstenebene stürzen. Dies macht dieses Gebiet erstklassig für Liebhaber von tollen Fotos, insbesondere am späten Nachmittag, wenn die orangefarbenen Felsen glühen. Abenteuerlustige können sich hier oben auf dem Jebel Jais Flight vom Berg werfen. Die längste Zipline der Welt (2,8 Kilometer) ist zu einer der grössten Abenteueraktivitäten der Vereinigten Arabischen Emirate geworden und eine Hauptattraktion für Adrenalin-Junkies, die das Land besuchen. Vom Startpunkt in der Nähe des Gipfels peitscht die Zipline den Berg hinunter, wobei Zipliner mit einer Geschwindigkeit von bis zu 120 Stundenkilometern fahren. Neben dem Nervenkitzel des Fluges selbst und der atemberaubenden Bergkulisse ist die Landung auf der halben Plattform, die in der Luft schwebt, ein weiteres Highlight. Jebel Jais erweitert in naher Zukunft sein Angebot mit einem Pop-up-Hotelkonzept, das in der zweiten Hälfte des Jahres 2021 eröffnet werden soll, mit unvergleichlichem malerischen Blick auf die Berge. Darüber hinaus bietet eine Mountain Lodge, die sich neben den bekannten Wanderwegen des Emirats befindet, bei ihrer Eröffnung im Jahr 2022 luxuriöse Unterkünfte. Kürzlich wurde auch das weltweit erste Bear Grylls Explorers Camp eröffnet. Bear Grylls ist bekannt durch seine extreme Outdoor-Abenteuer-Fernsehserie. In der Überlebensakademie können Teilnehmer am Wochenende aus erster Hand lernen, wie man in der Wildnis überlebt. MUSS MAN SEHEN Das Nationalmuseum Ras Al Khaimah befindet sich in einer Festung, in der bis in die frühen 1960er-Jahre die herrschende Familie lebte. Das Museum beherbergt eine hervorragende Sammlung archäologischer und ethnologischer Artefakte. Die Festung Dhayah aus Lehmziegeln aus dem 16. Jahrhundert, etwa 20 Kilometer nördlich der Stadt Ras Al Khaimah, wurde auf einer strategischen Hügelposition gegenüber dem Golf errichtet, um die Region vor Angriffen der Briten zu schützen. Der Panoramablick von den Stadtmauern der Festung ist eine Reise wert, und für alle, die sich für Geschichte interessieren, ist die Erkundung der Festung selbst eine der wichtigsten Aktivitäten dieses kleinen Emirats. Etwa zwölf Kilometer nördlich der Hauptstadt, in der Nähe des Hajar-Gebirges, befinden sich in dem kleinen Dorf Shimal mehrere hundert vorislamische Gräber und eine Siedlung, die von 2000 bis 1300 v. Chr. datiert. Das Gebiet ist eine der wichtigsten archäologischen Stätten in den Vereinigten Arabischen Emiraten, obwohl Besucher eher begeisterte Geschichtsliebhaber sein müssen,

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um die Stätte zu schätzen. Shimal und Dhayah wurden kürzlich vom UNESCO-Weltkulturerbe in die vorläufige Liste der Welt­ erbestätten aufgenommen. GOLF-TOURISMUS-HAUPTSTADT 2021 Das Emirat wurde kürzlich zur Golf-Tourismus-Hauptstadt ernannt. Es gilt als eines der vielfältigsten Emirate mit erstklassigen Erlebnissen und Attraktionen, wodurch es seine Position auf der globalen Tourismuskarte als das am schnellsten wachsende Reiseziel in der Region behaupten konnte. Unsere Reisepräferenzen und -muster haben sich ja aufgrund von COV-19 geändert, was zu einem Interesse an weniger überfüllten Reisezielen und einer erhöhten Aufmerksamkeit an nachhaltigem Tourismus geführt hat. In diesem Zusammenhang ist Ras Al Khaimah aufgrund seiner Vielfalt an Landschaften und Angeboten ideal für Besucher, die Komfort und Sicherheit in weitläufigen Umgebungen suchen und in denen soziale Distanzierung in einer ruhigen Gegend in den Bergen, an der Küste oder in der Wüste leichter zu üben ist. WWW.VISITRASALKHAIMAH.COM

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MEISTERWERK VON ZAHA HADID: 70


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ME DUBAI Autor_Urs Huebscher Bilder_ME Dubai

DAS ARCHITEKTONISCHE MEISTERWERK ME DUBAI VON DER VERSTORBENEN ARCHITEKTIN ZAHA HADID, DAS 2020 ERÖFFNET WURDE, IST DAS ERSTE HOTEL DER LUXUS-LIFESTYLE-MARKE ME BY MELIÁ IM MITTLEREN OSTEN. ES IST DAS EINZIGE HOTELPROJEKT WELTWEIT, BEI DEM ES SICH ZAHA HADID NICHT NEHMEN LIESS, SOWOHL DAS INNEN- ALS AUCH DAS AUSSENDESIGN PERSÖNLICH ZU ENTWERFEN. DAS HOTEL ­RESIDIERT IM HERZEN DES BURJ-KHALIFA-­BEZIRKS IM 95 METER HOHEN «OPUS BY OMNIAT»­-GEBÄUDE – ZWEI SEPARATEN TÜRMEN, DIE SICH ZU EINER KUBUSFORM VERBINDEN.

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NACH

Nach mehrmonatiger Schliessung aufgrund der Corona-Pandemie öffnete das Meisterwerk von Zaha Hadid im vergangenen November wieder seine Türen für Gäste. Spektakulär ist nicht nur die Aussenansicht – auch innen bieten sich futuristische Ansichten: glänzende Oberflächen, ein durchdachtes LED-Lichtkonzept und ikonische Möbel, die Hadid entweder selbst entworfen oder ausgewählt hat. Die futuristische Architektur mit ihren geschwungenen Räumen, scharfen Winkeln, minimalistischen Umgebungen, kühnen Materialien und ausdrucksstarken Farben verkörpern den einzigartigen Designstil der verstorbenen Zaha Hadid. ME Dubai beherbergt 93 Zimmer und Suiten, eine ultra-­luxuriöse «Suite ME» sowie 96 Serviced Apartments. Ein vielfältiges F&B-Angebot und lebendiges Entertainment-Programm sorgen für aussergewöhnliche Erlebnisse. ME Dubai beherbergt 74 Zimmer und 19 Suiten, darunter die Passion Suite, die Personality Suite, den Vibe Room und die ultra-luxuriöse «ME Suite». Die Gestaltung folgt zwei Design-­ Themen: Während die «Midnight»-Zimmer den dynamischen Nachthimmel über Dubais Skyline widerspiegeln, sind die «De­ sert»-Räume eine Hommage an die sanften Farben und Ruhe der Landschaft der Vereinigten Arabischen Emirate. Mit dem Anspruch, immer einen Schritt voraus zu sein, setzt das ME Dubai kulinarische Massstäbe durch ein vielfältiges F&B-Angebot. So bietet die Aussenlounge DESEO mit tropisch-­ urbanem Look südamerikanisch inspirierten Aromen, Cocktails und Shisha. Mediterran wird es im Central Cosmo Tapas & Bar, das sich durch spanisches Lebensgefühl und Gastfreundschaft sowie traditionelle Gerichte auszeichnet. Im Botanica, das wie ein geheimer Garten gestaltet ist, lässt es sich bei erfrischenden Drinks

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und raffinierten Cocktails fernab vom hektischen Stadtleben entspannen. Hier kreiert einer der weltbesten Bartender köstliche Cocktails, die mit handverlesenen Kräutern direkt aus dem Vertical Garden an der Wand veredelt werden. Weitere gastronomische Highlights sind das MAINE Land Brasserie der in Dubai bereits etablierten New England Brasserie Company, feinste Schokoladenkreationen von Pierre Marcolini (Konditor-­Weltmeister 2020) und das ROKA, ein preisgekröntes japanisches Robatayaki-Restaurant mit High-End-­Cuisine rund um den Robata-­Grill. Ergänzt wird die Top-Gastronomie durch ein wechselndes Programm mit DJ Sessions, Live-Musik und kulturellen Events, wie zum Beispiel eine demnächst stattfindende Zaha-Hadid-­Ausstellung. Einen idealen Ort zur Regenerierung und Entspannung bietet der Spa- und Fitnessbereich auf über 7000 Quadratmetern. Hier stehen hochmoderne Fitnessgeräte (unter anderem ein personalisierbares Technogym-Biocircuit-Zirkeltraining), ein Aussenpool mit Blick auf Dubais Wolkenkratzer sowie ein umfangreiches Angebot an luxuriösen Treatments und private Anwendungsräume für Paare zur Verfügung.

Patrik Schumacher von Zaha Hadid Architects kommentiert: «Das ME Dubai markiert einen historischen Moment für das Projekt ‹The Opus Building›. Ausserdem sind wir sehr stolz darauf, eine exklusive Zaha-Hadid-Ausstellung im Hotel zu präsentieren – ein Projekt, bei dem wir eng mit dem Hotelteam zusammengearbeitet haben, um einige nie zuvor gesehene Arbeiten der verstorbenen Zaha Hadid zu zeigen.» Mit Hotels in Kulturhauptstädten auf der ganzen Welt schafft ME by Meliá eine einzigartige Verbindung zu kulturinteressierten Kosmopoliten mit einem Faible für modernen Luxus. ME Dubais Culture-Collective-Programm fungiert als eine Plattform für die zeitgenössische Kultur des Mittleren Ostens und verbindet Musik, Kunst, Design, Mode und Gastronomie mit kuratierten Veranstaltungen, die die kreative Szene ins Hotel holen, neue Trends aufgreifen und gleichzeitig die lokale Kulturlandschaft prägen sollen. Zum Top-Service der Marke gehört auch ein spezieller Aura-Manager, der den Gästen mit exklusiven Informationen über die Stadt und ihre Highlights sowie Insidertipps einen perfekt auf ihre Wünsche abgestimmten Aufenthalt ermöglicht. WWW.MEBYMELIA.COM

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© Boris Jaeggi

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PRIVATES PARADIES

CASA BONITA TROPICAL LODGE – 74


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Das familiengeführte Boutique-­ Hotel ist ein intimes Inselversteck mit luxuriösem Aus­sehen und einem Gefühl von zu Hause sein. ­Eingebettet in das einzige Biosphärenreservat der Dominikanischen Republik steht Nachhaltigkeit im Mittelpunkt.

Autoren_Urs Huebscher & Boris Jaeggi

Der tiefe Südwesten der Dominikanischen Republik, genannt «El Sur Profundo», ist geografisch von den wichtigsten touristischen Destinationen des Landes weit entfernt – aber diejenigen, die diese Destination wählen, werden feststellen, dass die Abgeschiedenheit ihre Vorteile hat: Das artenreichste Reservat und die Parks des Landes, Surfstrände, Süsswasserkaskaden bilden natürliche Schwimmbecken, Vogelparadiese inmitten von Bergketten und Plantagen. Es ist kein Wunder, dass diese Region auch den Spitznamen «Perle des Südens» oder «La Perla del Sur» verdient hat. Für viele Liebhaber der Dominikanischen Republik sind hier in der Region Barahona die schönsten Strände. Die Klippen, die entlang der Küsten dieser Provinz verstreut sind, sind beeindruckend. Die Strände sind von idyllischen Landschaften und wilder Natur umgeben und haben türkisfarbenes Wasser und weissen Sand. Dies ist der Grund, warum das Gebiet einer der bevorzugten Orte nicht nur für «Sonne, Meer und Sand»-Tourismus ist, sondern auch für Ökotourismus, da das Gebiet verschiedene Ökosysteme präsentiert, die von inneren Trockenwäldern bis zu tropischen feuchten Wäldern im Bahorucos-Gebirge reichen. Ausserdem sind Barahona und seine Umgebung berühmt wegen ihres Reichtums an Steinsalz, Onyx, Gips und Bauxitablagerungen. Von grosser nationaler Bedeutung ist jedoch der meist hellblaue Larimar, der nur in der Dominikanischen Republik und in der Umgebung von Barahona zu finden ist. Ganz in der Nähe vom Casa Bonita befindet sich auch das Larimar Museum. Die Casa Bonita Tropical Lodge, das ehemalige Sommerhaus der Familie Schiffino, ist mit üppigem tropischen Laub, Kokosnuss, Palmen und Mahagoni geschmückt und bietet einen unvergesslichen Blick auf das Karibische Meer. Heute bietet die dritte Generation der Familie immer noch mit Leidenschaft ihre Gastfreundschaft an und ermutigt die Besucher, Gastronomie auf der Basis von biologischen Ressourcen zu entdecken, Wohlbefinden zu erleben und die Artenvielfalt dieser einzigartigen Region zu

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geniessen. Das Hotelrestaurant serviert lokale Meeresfrüchte und Zutaten aus dem hauseigenen Biogarten. Die Natur findet auch ihren Weg in das Waldgebiet Tanama Eco Spa, wo die Therapeuten Larimar-­Steine und Gartenkräuter für beruhigende Behandlungen verwenden. Der persönliche Service des Hotels Casa Bonita, der von den freundlichen und fürsorglichen Mitarbeitern bereitgestellt wird, die mit dem «Savoir-vivre» der Familie Schiffino geschult sind, gibt dem Gast das Gefühl, zu Hause zu sein. Die schlichten und erfrischenden Deluxe-Guest-Resort-Unterkünfte verfügen über weisse Bettwäsche und Wände mit Palmenholz und Korbmöbeln. Der renommierte Architekt Rafael Selman, der seine Liebe zur Natur zur Inspiration nutzte, entwarf die Räume. Selman hat die Unterkünfte so gebaut, dass jedes Zimmer Blick auf das Karibische Meer und die Sierra-­Barahuco-Berge bietet. Jedes der zwölf Deluxe-Zimmer des Hotels Casa Bonita und die Ocean View Suite zeigen Grafik des renommierten Naturschützers Eladio Fernandez. Die Unterkünfte verfügen zudem über einen eigenen Balkon mit Blick auf den tropischen Dschungel und das Meer. Die Deluxe-Kingsize-Zimmer sind mit einem Kingsize-Bett ausgestattet und die Deluxe-Doppelzimmer verfügen über zwei grosse Betten. Entlang des Flusses befinden sich im Wald versteckt einige Lodges, sogenannte River Suiten. Sowohl in den Lodges wie auch auf dem Balkon geniesst man die totale Abgeschiedenheit und hört nur das Rauschen der Bäume und des Flusses.

EXOTISCHES SPA

© Casa Bonita

Das Tanama Eco Spa der Casa Bonita Tropical Lodge liegt inmitten von Bäumen, die Musik im Rhythmus des Flusses machen, auf der Reise, um die Sinne zu wecken. Für die Behandlungen werden Bioprodukte und Öle aus der Sierra de Baoruco verwendet. Die Therapeuten verwenden lokale Steine, Kräuter aus dem Hotelgarten wie Lavendel und Rosmarin, Zitrusfrüchte, Schokolade, Kaffee und Bambus sowie karibische Früchte, Aloe, Bienenhonig und Noni. Im Angebot findet man eine grosse Auswahl von Massagen, Gesichtsbehandlungen und einzigartige Rituale in Bergatmosphäre, und das mit dem entspannenden Klang des Flusses Larimar sowie der Vögel, die typisch für dieses Gebirge sind. Das Hotel Casa Bonita ist aufgrund seiner strategischen Lage ein idealer Ort für Gäste, um mit der reichen Artenvielfalt der Region zu interagieren. Nach dem Frühstück stehen direkt vor der Unterkunft zahlreiche Aktivitäten zur Verfügung. Neben Faulenzen am Strand lohnt sich eine Dschungeltour mit dem Mountainbike. Spaziergänge entlang von Flusspfaden, Surfen, Schnorcheln und Schwimmen, geführte Touren zu einem der Nationalparks wie die Vogelbeobachtungs-Tour, die Biokaffeeplantagen-­­Tour oder die Erkundung der verschiedenen Strände in der Nähe. Eine Öko-Tour, um die Flora und Fauna der Insel zu entdecken, lohnt sich jederzeit und bei einem exklusiven Bio-Kochkurs mit dem Hotelkoch kann man sogar lernen, wie man Produkte aus lokalem Anbau verwendet. In der exotischen Umgebung von Casa Bonita kann man so viel oder so wenig tun, wie man möchte. Nervenkitzel-Suchende werden die Garden Canopy Tour lieben, die einen auf eine 1000­­Meter-Reise durch die Baumwipfel führt. Am Ende eines jeden Tages ist die Rückkehr zum Infinity Pool des Hotels Casa Bonita mit seiner atemberaubenden Kulisse ein Glücksfall. WWW.CASABONITADR.COM

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© Casa Bonita

© Casa Bonita

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URLAUB MIT

STIL DEN HOCHGENUSS LUXURIÖSEN REISENS ERLEBEN URLAUBER NICHT NUR IN EINEM FÜNF-STERNE-­ HOTEL. GERADE WER WERT LEGT AUF KOMFORT, INDIVIDUALITÄT UND PRIVATSPHÄRE, DER FINDET IN EINER EIGENEN VILLA EHER DEN INTIMEN, PERSÖNLICHEN RÜCKZUGSORT. DIE VERMIETUNG VON VILLEN UND FERIENHÄUSERN BOOMT. EIN FANTASTISCHES REISEZIEL, DAS HIGH-END-­ IMMOBILIEN UND LUXUS-­RESORT-KOMFORT UND -DIENSTLEISTUNGEN KOMBINIERT, IST DIE ­DOMINIKANISCHE REPUBLIK.

Autorin_Swenja Willms Bilder_Volalto Group

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Ein erstklassiges Urlaubserlebnis beginnt noch vor der Ankunft. Erholung im Rundumpaket ermöglicht die Volalto Group, die sich seit 2012 auf die Vermietung von Luxusferienhäusern in der Dominikanischen Republik spezialisiert hat. Bereits vor der Landung im Traumdomizil bemüht sich die Volalto Group, den höchsten Komfortansprüchen zu genügen. Ein persönlich engagierter Concierge-Service sorgt dafür, dass alle notwendigen Mahlzeit-Koordinationen und Lebensmittelvorräte sowie sämtliche Aktivitäten und Ausflüge der Besucher vor der Ankunft gebucht werden. Weitere Vorzüge einer eigenen privaten Villa im Paradies sind ein kostenloser Flughafentransfer, ein Privatkoch, täglicher Hausreinigungs-Dienst, eine vollumfängliche Bad-Ausstattung, ein Willkommenskorb, Hochgeschwindigkeits-WLAN und ein persönlicher Concierge zur eigenen Verfügung für alles, was die Kunden während des entspannenden Karibik-Urlaubs benötigen könnten. Und auch outdoor halten die Villen in den Resorts eine Reihe an Überraschungen bereit. Wer es sportlich mag, unternimmt eine Fahrradtour bei Sonnenuntergang oder versucht sich im Kitesurfen. Golf, Kajakfahren, Paddle Boarding oder ein Tennisplatz warten ebenfalls auf die Besucher. Der private Pool und die unberührten weissen Sandstrände bieten Ruhe und Platz für pure Entspannung. Es ist Zeit, den Genuss des Reisens an einem der exklusivsten Orte der Karibik zu entdecken.

Die 2012 gegründete Volalto Group ist­ das führende Unternehmen für Rundum-­ Service-­L uxus-Ferienvermietung in der Dominikanischen Republik. Das Portfolio umfasst 60 luxuriöse Villen in den vornehmsten privaten Resorts der Dominikanischen Republik wie beispielsweise das Puntacana Resort & Club, Cap Cana oder das Casa de Campo Resort & Villas.

WWW.VOLALTO.RENTALS

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PERLEN DER KARIBIK Autorin_Swenja Willms Bilder_RIU Hotels & Resorts

PUNTA CANA IST DER SÜDÖSTLICHSTE PUNKT DER DOMINIKANISCHEN REPUBLIK. HIER BEFINDEN SICH EINIGE DER SCHÖNSTEN STRÄNDE DER WELT, MIT BLENDEND WEISSEM SAND, TÜRKISBLAUEM WASSER UND BIS ZUM MEER REICHENDEN KOKOS­PALMEN. KEIN ­WUNDER, DASS DIE SPANISCHE HOTELKETTE RIU HOTELS& RESORTS AN DIESEM ­PARADIESISCHEN ORT SCHON FÜNF HOTELS BESITZT.

Fusionsküche mit Showcooking-Stationen oder vorzügliche Fleischgerichte, das «Riu Palace Bavaro» bietet für jeden Geschmack das Richtige. Insgesamt sechs Bars versorgen die Gäste mit Erfrischungsgetränken, Eis oder Snacks. Eine weitere nennenswerte Riu-Perle der Karibik ist das elegante, kürzlich wiedereröffnete und aufwendig renovierte Fünf-­ Sterne-Hotel «Riu Palace Punta Cana», das durch seine charakteristischen Elemente und Kuppeldächer einem europäischen Palast ähnelt und ebenfalls direkt am weissen Sandstrand von Punta Cana liegt. Beide Hotels bilden zusammen mit den Häusern «Riu Naiboa», «Riu Bambu» und «Riu Palace Macao» den RIU-Komplex in Punta Cana; alle Gäste des Komplexes haben Zugang zum Wasserpark Splash Water World, der sich innerhalb des Resorts befindet und mit diversen Wasserrutschen viel Spass und Adrenalin bei Gross und Klein garantiert.

Das Fünf-Sterne-Hotel «Riu Palace Bavaro» liegt direkt am Strand Arena Gorda und verwöhnt seine Gäste mit dem bewährten 24-Stunden-«All-Inclusive by RIU Service». Es ist das perfekte Hotel, um einen wunderbaren Urlaub mit der Familie, dem Partner oder mit Freunden zu verbringen. Das Hotel verfügt über mehr als 600 Zimmer, die sich zwischen dem Hauptgebäude und zwölf Villen, die ausschliesslich für Erwachsene reserviert sind, verteilen. Alle Zimmer sind unter anderem mit kostenlosem WLAN, Minibar, Kaffeemaschine, 24-Stunden-Zimmerservice und Balkon oder Terrasse ausgestattet. Ein umfassendes Aktivitätenprogramm, Livemusik, Shows, eine Diskothek, zahlreiche Sportarten sowie der Kinderclub RiuLand sorgen dafür, dass keine Langeweile aufkommt. Das Renova Spa bietet pure Entspannung dank exklusiver Körper- und Schönheitsbehandlungen. Für Gaumenfreuden sorgt das gastronomische Angebot, das sich durch seine Vielfalt auszeichnet. Ob amerikanisches Frühstück, erstklassige japanische und italienische Gerichte,

WWW.RIU.COM

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B L BRUNELLO CUCINELLI

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Grosses Strandtuch aus 100 Prozent Baumwolle mit Fransen und Jil-Sander-Logo für ausgedehnte Urlaubstage. Erhältlich in zwei Farbvariationen.

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LOEWE

Wer Palmen und weisse Sandstrände vermisst, der findet in diesem Schlüsselanhänger von Loewe Trost. Der verspielte Anhänger aus kontrastierendem perforierten Kalbsleder mit Fransen und natürlichem Bambus ist Teil der «Ken Price Capsule-Collection».

L LOUIS VUITTON

Dieser neue «Horizon»-Rollkoffer in Monogram Canvas ist mit zwei bestickten Patches einer LV-Zeichentrickfigur aus dem Animationsfilm «Zoooom with Friends» von Virgil Abloh verziert. Exquisite Details, darunter Ecken aus Leder, Neongrün am Reissverschluss sowie der grosse, aussen angebrachte Teleskopgriff, machen dieses Modell zu einem modischen und funktionalen Reisebegleiter.

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by

J

Behalten Sie Ihre Weltreisen im Auge mit diesem khakibraunen Globus aus Brunello Cucinellis klassischer Haushaltswarenkollektion. Er wird von Handwerkern in Italien aus einer Kombination von Naturkork und Edelstahl gefertigt und anschliessend für die Weltkartenumrisse gelasert. Die einzelnen Länder können mit einem mitgelieferten Stift markiert werden.


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Seehäuser im Eigentum in Neusiedl am See. Direkt am Wasser mit eigenem Steg und eigenem Bootsanlegeplatz. Jetzt provisionsfrei im Verkauf. Neusiedl am See Projektentwicklung GmbH Dipl.Arch ETH Martina von Tippelskirch, MSc +43 664 458 70 15 | verkauf@amhafen.at www.amhafen.at

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WATCHES WAT & CHES & JEW JEW ELLERY ELLERY PRESTIGE

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Hublot

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2021 2021 2021 2021 2021 2021 Roger Dubuis

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START 1 INS

Autor_Gisbert L. Brunner

UHRENJAHR

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2021

FÜR DIE ERFOLGSVERWÖHNTE SCHWEIZER UHRENINDUSTRIE WAR DAS JAHR 2020 KEIN SONDERLICH GUTES. SARS-COV-2 STÖRTE DIE GESCHÄFTE GEWALTIG. IM VERGLEICH ZU 2019 GINGEN IHRE EXPORTE UM 21,8 PROZENT AUF NUR NOCH 17 MILLIARDEN SCHWEIZER FRANKEN ZURÜCK. SPEZIELL IM ZWEITEN QUARTAL VERZEICHNETEN DIE FABRIKANTEN RÜCKSCHLÄGE AUF HISTORISCHEM NIVEAU. GEGENÜBER APRIL BIS JUNI 2019 GABEN DIE AUSFUHREN UM SAGENHAFTE 61,6 PROZENT NACH. ANSCHLIESSEND GING ES ZUM GLÜCK WIEDER AUFWÄRTS. DER INLANDSNACHFRAGE IM REICH DER MITTE SEI DANK. IN CHINA NÄMLICH ZEICHNETE SICH EINE BEMERKENSWERTE ERHOLUNG AB, WÄHREND DER REST DER WELT WEITERHIN LEIDEN MUSSTE. ABER AUCH IN DER SCHWEIZ SELBST GAB ES WENIG ANLASS ZUM JUBELN, DENN DAS AUSBLEIBEN SPEZIELL CHINESISCHER TOURISTEN BESCHERTE VIELEN JUWELIEREN MASSIVE PROBLEME. NUN WARTEN ALLE, WAS DAS JAHR 2021 BRINGEN WIRD. PANDEMIEBEDINGT SIND DIE GEWOHNTEN FRÜHJAHRS-UHRENMESSEN WIE SCHON IM VORJAHR ABGESAGT. NEUVORSTELLUNGEN GEHEN DESHALB IN ALLER REGEL VIRTUELL ÜBER DIE BÜHNE. ABER AUCH AM BILDSCHIRM ZEIGT SICH, DASS DIE CORONA-­ KRISE DAS TICKEN DER MECHANISCHEN UHR, WELCHES TRADITIONSGEMÄSS DEN HERZSCHLAG MENSCHLICHER KULTUR VERKÖRPERT, KEINESWEGS ZUM STILLSTAND BRINGT. THE SHOW MUST GO ON.

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2021 2021 2021

TICKENDER SIEBENZYLINDER Gleich sieben stehend angeordnete Federhäuser besitzt das Manufaktur- Handaufzugskaliber HUB9011 von Hublot. Sie präsentieren sich beim Blick durch das speziell geformte Saphirglas der «Big Bang MP-11». Dank üppiger Energiereserven müssen die Besitzer spätestens nach 14 Tagen zur markanten Aufzugskrone greifen. Damit das Aufziehen nicht in Arbeit ausartet, liefert Hublot ein spezielles Werkzeug mit. Zur Ausstattung des aus 270 Komponenten montierten Uhrwerks gehört auch eine unübersehbare digitale Tankuhr. Im Zuge seiner Konstruktion ersannen die Techniker ein innovatives Schneckengetriebe zur Umlenkung der Drehbewegungen aus der Horizontalen in die Vertikale. Die Antriebswellen des Motors stehen nämlich in einem 90-Grad-­Winkel zum eigentlichen Räderwerk und der Zeitanzeige. Transparenten Schutz für diese Ausnahme-Mechanik bietet ein blaues Saphirgehäuse. Seine Oberfläche ist nach allen Regeln der Kunst poliert. Von dieser 45 Millimeter grossen und bis zu drei bar wasserdichten Armbanduhr fertigt Hublot insgesamt 50 Stück.

Oris

WESTMINSTERSCHLAG VOM HANDGELENK Nicht weniger als 432 Komponenten benötigen die Handwerker im Hause Bulgari für ein Exemplar des neuen, 8,35 Millimeter hohen Kalibers BVL428 mit Titanbrücken. Nach seiner Fertigstellung findet es Schutz in einer 44-Millimeter-Titanschale mit mattierter schwarzer DLC-Beschichtung. Die Wahl des Gehäusematerials kommt nicht von ungefähr. Das von ihm umfangene Uhrwerk besitzt nämlich eine eindrucksvolle akustische Dimension. Selbige bringt der leichte, aber dennoch feste Werkstoff besonders gut zur Geltung. Nach Betätigung des linken Drückers repetiert ein komplexer Mechanismus die Zeit minutengenau. Und das mit besonderer Raffinesse: Während normale Konstruktionen die Zahl der Viertelstunden durch Doppelschläge kundtun, geschieht das beim «Octo Roma Carillon»-Tourbillon durch drei sorgfältig aufeinander abgestimmte Töne, welche an Westminster erinnern. Genau das bringt der Begriff Carillon zum Ausdruck. Die zugehörigen Hämmer und Tonfedern zeigen sich ebenso durchs vordere Saphirglas wie der lautlos agierende Fliehkraftregler für die Ablaufgeschwindigkeit. Im «Süden» des durchbrochen gestalteten Zifferblatts dreht ein Minutentourbillon seine Pirouetten. Nach circa 75 Stunden benötigt das Uhrwerk manuellen Energienachschub. Seine Unruh oszilliert mit drei Hertz. Nach 15 Exemplaren endet die Produktion.

Bulgari

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ARMBANDUHR FÜR EINEN HELDEN In den Vereinigten Staaten von Amerika gilt Carl Brashear als Held. Dem verdienten Marinetaucher widmet Oris summa summarum 2000 Exemplare einer nostalgisch anmutenden Armbanduhr. Ihr Bronzegehäuse mit einseitig rastender Drehlünette misst 40 Millimeter. Nachdem die Schale einen massiven Edelstahlboden mit spezieller Gravur und Prägung besitzt, tickt das Manufaktur-Automatikkaliber 401 sozusagen im Verborgenen. Abgeleitet ist es vom 400 mit Zentralsekunde. Bei dieser limitierten Taucheruhr dreht der Sekundenzeiger seine Runden jedoch bei «6». Die Käuferinnen und Käufer kommen in den Genuss von beruhigenden fünf Tagen Gangautonomie. Zwei seriell geschaltete Federhäuser speichern die hierfür erforderliche Energie. Der in eine Drehrichtung aufziehende Rotor bewegt sich um ein robustes Gleitlager. Eine neuartige Verzahnung des Getriebes steigert die Übertragungseffizienz auf beachtliche 85 Prozent. Mehr als 30 der

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Patek Philippe

Parmigiani Fleurier

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rund 150 Komponenten bestehen aus nicht eisenhaltigen Werkstoffen. Zu ihnen gehören auch Anker und Ankerrad. Hierfür verwendet Oris Silizium. Alle zusammen gewährleisten hohe Resistenz gegenüber magnetischen Einflüssen. Als vertrauensbildende Massnahme können zehn Jahre Garantie gelten. Nach exakt dieser Zeitspanne wird bei diesem moderaten Investment in die persönliche Zeit auch der erste Service fällig. CHRONOGRAPHISCHES AUS DEM VAL DE TRAVERS Seine Provenienz kann der «Tondagraph GT Rose Gold Blue» aus dem Hause Parmigiani Fleurier schwerlich verleugnen. Diese Armbanduhr greift die kannelierte Lünette der ersten «Toric» des Firmengründers auf. Massgeblich mitgewirkt am augenfälligen Auftritt hat auch der erfahrene Designer Dino Modolo. Im Inneren der sportiv anmutenden Schale feiert das neue Kaliber PF071 seinen Einstand. Dieser COSC-zertifizierte Mikrokosmos besitzt einen 22-karätigem Goldrotor. Die Verbindung zwischen dem Zeit-Motor und dem Kurzzeitmesser stellt eine energiesparende, ruckfrei agierende Vertikalkupplung her. Die beiden Totalisatoren reichen bis 30 Minuten und zwölf Stunden. Für Zehntelsekunden-Stoppgenauigkeit lässt Parmigiani die Unruh unter einer stabilen Brücke mit flotten fünf Hertz oszillieren. Handwerkliches Können verknüpft sich mit rund 50 Innenwinkeln bei den skelettierten Bauteilen. Allesamt wurden sie manuell angliert und poliert. Eine weitere Besonderheit des Automatikwerks besteht im Zwei-Scheiben-Grossdatum unterhalb der «12». Lediglich 25 Stück entstehen von diesem 42 Millimeter grossen und bis zu zehn bar wasserdichten Roségold-Chronographen mit Gliederband aus dem gleichen Material sowie einem strahlend blauen Zifferblatt. KLANGVOLLE HIGHEND-MECHANIK Was die hoch komplizierte Platin-Referenz 6103P von Patek Philippe akustisch wiedergeben soll, entscheiden einzig und allein die künftigen Besitzerinnen und Besitzer. Zu diesem Zweck findet sich zwischen den unteren Bandanstössen der 44,8 Millimeter grossen Armbanduhr ein Wählhebel. Dieser befiehlt dem aus 703 Teilen komponierten Handaufzugskaliber GS 36-750 PS IRM, welche Art des Selbstschlags in Aktion treten soll: grosses Schlagwerk, bei dem die Stunden und Viertelstunden erklingen, oder das kleine Pendant, welches nur die Zahl der vollen Stunden ertönen lässt. Wer gar nichts hören möchte, schaltet den Ruhezustand ein. Eine Betätigung des in die Aufzugs- und Zeigerstellkrone integrierten Drückers setzt die ebenfalls vorhandene Minutenrepetition mit Carillon in Gang. Die nötige Kraft zur akustischen Wiedergabe der Stunden durch eine tief gestimmte Tonfeder, der Viertelstunden per Dreifach-Schlag und der Minuten mit hohen Tönen liefert ein eigenes Federhaus. Seine Kraft reicht für 24 Stunden. Ein weiterer Energiespeicher hält das eigentliche Uhrwerk 72 Stunden lang am Ticken. Zwei Gangreserveanzeigen erinnern ans rechtzeitige Aufziehen. Zu den Besonderheiten der ersten puristischen GrandeSonnerie-­Armbanduhr des Genfer Familienunternehmens gehört auch eine patentierte springende Sekunde. Nächtliches Erfassen der Zeit auch ohne Schlagwerk ermöglicht Super-LumiNova-Leuchtmasse auf dem feinen Emailzifferblatt und den Zeigern. ULTRAFLACHES SKELETT Auf ultraflache Uhrwerke versteht sich Piaget seit 1960. Dem 2,3 Millimeter flachen Mikrorotor-Weltrekord 12P folgte 2010 das ähnlich konzipierte, in der Höhe 2,35 Millimeter messende 1200P.


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Das Jahr 2013 brachte eine durchbrochen konstruierte Ausführung namens 1200S. Dieses Automatikwerk mit 0,11 Millimeter dünner Stundenrad-Brücke findet nun in das sportlich-elegante Polo-Gehäuse aus edlem Stahl. Sein Durchmesser beträgt 42 Millimeter. Durch das komplexe Uhrwerk reduziert sich die Bauhöhe der «Polo Skeleton» gegenüber der normalen «Polo S» mit dem vier Millimeter flachen Zentralrotor-Kaliber 1110P um 2,9 auf nur noch 6,5 Millimeter. Die aktuellen Unterschiede gegenüber dem ursprünglichen Kaliber 1200S bestehen in einer grauen oder blauen PVD-Beschichtung der tragenden Teile. Ausserdem verwendet Piaget für die Schwungmasse das kostengünstigere Schwermetall Wolfram. Eine weitere Besonderheit der neuen «Polo Skeleton» besteht in der Möglichkeit, das stählerne Gliederband mit wenigen Handgriffen selbst gegen ein gleich mitgeliefertes Lederband tauschen zu können.

EIN MECHANISCHES BALLETT FÜR DAS WEIBLICHE HANDGELENK Die neuesten Kreationen des Hauses Van Cleef & Arpels vereinigen Bewegung und Musik. An femininen Handgelenken bewirken sie ein faszinierendes Seh- und Klangerlebnis. Nach Auslösung der selbst entwickelten Mechanik erwacht das Zifferblatt zum Leben. Der Vorhang öffnet sich und gibt den Blick frei auf fünf in Tutus gehüllte Ballerinen sowie ein lebendiges Farbenspiel. Dazu erklingt eine passende Melodie in den kristallinen Tönen eines Glockenspiels und einer Spieluhr. Letztere besteht aus einer Zehn-Klingen-Klaviatur. Gezupft wird sie von Stiften, welche sich an der Unterseite der rotierenden, reich verzierten Scheibe befinden. Vier Hämmer schlagen ebenso viele Gongs des Glockenspiels an. Auf diese Weise erzeugen sie zusätzliche Töne. Das speziell konzipierte Uhrengehäuse verstärkt den Klang, indem es ihn durch die mit Diamanten ausgefasste Oberfläche nach aussen trägt. Auf diese Weise versetzt die traditionsreiche Marke Augen und Ohren in die zauberhafte Welt des Balletts. 52 Stunden beträgt die Gangautonomie des Handaufzugswerks mit retrograder Zeitanzeige. Zur Wahl stehen drei verschiedene Modelle. Die «Lady Arpels Ballerine Musicale Émeraude» zeigt lebendige grüne Farbnuancen. Auf der oberen Krone spiegelt ein Cabochon die Zifferblattfarbe wider. Das mit Edelsteinen ausgefasste Weissgoldgehäuse findet mit 44,5 Millimeter ans Handgelenk. Ruckzuck auswechseln lässt sich das Armband.

ROGER DUBUIS EXCALIBUR 39 MM Wer behauptet, dass Frauen keine automobile Leidenschaft entwickeln können, irrt gewaltig. Diese Erkenntnis hat Roger Dubuis dazu bewogen, ein weiteres Gemeinschaftswerk mit seinem italienischen Reifenpartner aus der Taufe zu heben. Damit die neue «Excalibur Spider Pirelli» auch gut an zarte Handgelenke passt, ist die DLC-beschichtete Titanschale lediglich 39 Millimeter gross. Wasser hält sie bis zu zehn bar Druck vom darin verbauten Uhrwerk fern. Wie das Wort Spider, also Spinne, im Modellnamen verheisst, besitzt das Manufakturkaliber RD510SQ eine konstruktiv durchbrochene Struktur. Somit verbirgt es nichts von dem, was es zur Messung der kostbaren Zeit braucht. Bei «7» bewegt sich ein Tourbillon jede Minute einmal um 360 Grad. Ist die gegenüber bei «1» erkennbare Zugfeder durch Drehungen an der gummibeschichteten Krone voll gespannt, läuft die aus 179 Komponenten zusammengefügte Mechanik beruhigende 60 Stunden lang. Die Entwicklung und Produktion des Ganzen erfolgen nach den Vorgaben des Genfer Siegels. Ihm zufolge darf die Armbanduhr pro Woche nicht mehr als eine Minute falsch gehen. Bedingt durch die Limitierung ist Schluss nach insgesamt 28 Exemplaren. SPORTLICHE MARKEN-PARTNERSCHAFT 1963 präsentierte Jack W. Heuer den betont schlichten Carrera-­ Chronographen. Im gleichen Jahr gelangte der legendäre, von Ferdinand Alexander Porsche gestaltete 911er Sportwagen auf den Markt. Einen solchen legte sich der Chef des Uhrenherstellers 1968 im Zuge einer Zusammenarbeit mit dem Schweizer Rennfahrer Joseph «Jo» Siffert zu. Von 1984 bis 1986 kooperierte die TAGGruppe (Techniques d’Avant Garde), welche Heuer im Jahr 1985 übernahm, erstmals mit Porsche. Seit 1999 arbeiten beide Unternehmen bei Motorsport-Events wie dem Porsche Carrera Cup, dem Supercup und der Endurance-Weltmeisterschaft zusammen. 2019 gesellte sich die FIA Formel-E hinzu. Den Beginn der offiziellen Markenpartnerschaft zwischen TAG Heuer und Porsche im Jahr 2021 markiert ein 44 Millimeter grosser Carrera-Chronograph. Seine Keramik-Lünette mit Tachymeterskala trägt den Schriftzug Porsche. Die 44-Millimeter-Edelstahlschale birgt das hauseigene Automatikkaliber Heuer 02 mit 80 Stunden Gangautonomie. Durch ihren Sichtboden zeigt sich der passend zum Porsche-­ Lenkrad gestaltete Rotor. Der TAG Heuer «Carrera Porsche Chronograph Special Edition 44 mm Calibre Heuer 02 Automatik» ist unlimitiert entweder mit Leder- oder Stahlband erhältlich.

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TEMPO-STOPPER Vor 52 Jahren debütierte bei Zenith das erste Chronographenkaliber mit Selbstaufzug und fünf Hertz Unruhfrequenz, El Primero genannt. Im kürzlich vorgestellten «Chronomaster Sport» muss es dem neuen Automatikkaliber 3600 weichen. Die Entwicklung des Newcomers erfolgte nach Kriterien des 21. Jahrhunderts. Dazu gehören die Reduzierung der nötigen Komponenten auf nur noch 311 sowie gezielte Massnahmen zur effizienteren, Fehler minimierenden Montage. Überarbeitete Zahnprofile tragen zur Steigerung der Gangautonomie von 50 auf 60 Stunden bei. Weil sich der zentrale Chronographenzeiger flott innerhalb nur zehn Sekunden um seine Achse dreht, erfolgt sein Antrieb durch das Ankerrad. Festgehalten hat Zenith am klassischen Schaltrad zur Steuerung der drei Chronographen-Funktionen Start, Stopp und Nullstellung. Bei «3» erfasst ein Totalisator Intervalle bis zu 60 Sekunden, ein bei «6» positioniertes Pendant zählt bis zu 60 Minuten. Sekundengenaues Einstellen der Zeit-Zeiger gestattet fortan der neu integrierte Unruhstopp. Bis zu zehn bar Wasserdruck hält das Stahlgehäuse mit Keramiklünette und 41 Millimeter Durchmesser problemlos aus.


2021 20212021 20212021 20212021 Van Cleef & Arpels

TAG Heuer

Piaget

Zenith

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LICHTSPIEL

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IM LAUFE DER GESCHICHTE WAR LICHT FÜR DAS SCHMUCKDESIGN VON ENTSCHEIDENDER BEDEUTUNG: GOLD WIRD POLIERT, BIS ES WIE EIN SPIEGEL LEUCHTET, EDELSTEINE WERDEN PRÄZISE VERARBEITET, ­UM LICHT ZU REFLEKTIEREN UND ZU FUNKELN. DAS REVOLUTIONÄRE SCHWEIZER SCHMUCKLABEL «THE RAYY» BRINGT DIESE FASZINATION DES LICHTS AUF EINE NEUE EBENE: DIE SELBST ENTWICKELTE, PATENTIERTE TECHNOLOGIE DER SCHMUCKMARKE ERMÖGLICHT ES, WIE VON MAGISCHER HAND GEHEIME BOTSCHAFTEN DURCH REFLEXION DES LICHTS AUF DIE OBERFLÄCHEN DER SCHMUCKSTÜCKE ZU PROJIZIEREN. IHRE GROSSE LEIDENSCHAFT FÜR KUNST UND DESIGN HABEN NUN «THE RAYY» UND DEN WELTBEKANNTEN TATTOO-KÜNSTLER MAXIME PLESCIA-BÜCHI UND SEIN SANG BLEU FÜR EINE AUSSERGEWÖHNLICHE PARTNERSCHAFT ZUSAMMEN­GEFÜHRT: DIE KOLLEKTION VON ANHÄNGERN ZUM THEMA STERNZEICHEN.

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Autorin_Swenja Willms Bilder_THE RAYY

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Nach der Einführung visionärer Ringe, die einfallendes Licht reflektieren und individuelle Botschaften auf jede Oberfläche projizieren können, stellt das Schweizer Schmucklabel THE RAYY vier neue Unisex-Anhänger vor. In Form einer poetischen Hommage an Sonne und Sterne lädt die neue Anhänger-Kollektion von THE RAYY dazu ein, in die Welt der Sternzeichen einzutauchen. Diese ist in Zusammenarbeit mit dem international gefeierten Tattoo-Künstler Maxime Plescia-Büchi und seiner Kreativagentur Sang Bleu in Zürich entstanden, denn auch in der Tattoo-Kunst sind Sternzeichen sehr beliebte Motive und bieten somit eine ideale Schnittstelle für eine Partnerschaft. «Wir lieben die Arbeit von Maxime und teilen ähnliche Wurzeln und Einflüsse mit ihm. Auch er hat eine grosse Leidenschaft für Kunst und Design und arbeitet in seinem kreativen Prozess mit geometrischen Formen. Da Schmuck und Tattoos sowohl formvollendete Kreationen als auch Träger persönlicher Botschaften sind, bestand unser Ziel darin, die beiden Kunstformen zu verknüpfen und die Grenzen von Kreativität und Innovation neu zu definieren», erklären die Mitgründer Romain Testuz und Yuliy Schwartzburg. Das Kooperationspotenzial zwischen der Marke THE RAYY und Sang Bleu erschien den Gründern unwiderstehlich: Sei es für permanente Zeichnungen in schwarzer Tinte oder flüchtige Kreationen aus Licht – der menschliche Körper wird zur Projektionsfläche, um Symbole der Selbstidentität, der Inspiration und der Sehnsucht in die Welt hinaus zu tragen. GLEICHGEWICHT ZWISCHEN DESIGN, ÄSTHETIK UND TECHNIK Die Schmuckstücke von THE RAYY vereinen drei Elemente: Technik, Gold und Licht. Neben Textbotschaften ist es dank der neuen Kollektion nun auch möglich, bildliche Motive zu projizieren, wie die von Sang Bleu entworfenen Sternzeichen. Wie von magischer Hand erscheinen die Tierkreiszeichen durch Reflexion des Lichts an den Oberflächen der Anhänger. Die Goldoberfläche der Anhänger wird mit höchster Präzision, basierend auf einer preisgekrönten Technologie, die an der Eidgenössischen Technischen Hochschule Lausanne (EPFL) entwickelt wurde, bearbeitet. Die einfallenden Licht­strahlen werden so reflektiert und gebündelt, dass sie eine verborgene Botschaft projizieren. Wie bei einem Tattoo entscheidet der Träger, ob er sein Geheimnis enthüllt oder für sich behält. «Als Enthusiasten digitaler Technologien ist das Team von Sang Bleu immer daran interessiert, die Integration von Kunst, Design und Technik zu intensivieren. Wir haben ohne zu zögern und mit der grössten Freude an diesem Projekt teilgenommen, und wir können mit Stolz sagen, dass das Ergebnis alle unsere Erwartungen erfüllt – und sogar übertrifft», erklärt Plescia-Büchi. Das Design der neuen Anhänger-Kollektion ist eine konsequente Fortsetzung des technischen und ästhetischen Anspruchs von THE RAYY. Creative Director Noémie Arrigo strebte ein elegantes Gleichgewicht zwischen Design, Ästhetik und Technik an: «Ich liebe es, die Klassiker völlig neu zu interpretieren, ihnen einen eigenen Stil zu geben und anders über ihre Herstellung nachzudenken. Sich von den Vorgaben der Vergangenheit zu lösen, das Wesentliche im Auge zu behalten und es dann zu verfeinern und zu erneuern.» Alle Schmuckstücke werden in der Schweiz aus 18-karätigem Gold hergestellt, das nach ethischen Kriterien beschafft wird. Die Diamanten sind garantiert konfliktfrei und werden mit Energie aus erneuerbaren Quellen im Labor produziert.

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WENN UHREN ZU KUNSTWERKEN WERDEN Autorin_Swenja Willms Bilder_Hublot

DIE «CLASSIC FUSION TAKASHI MURAKAMI ALL BLACK» LÄSST DIE GRENZEN ZWISCHEN KUNST UND UHRMACHEREI VERSCHWIMMEN. FÜR DIE ERSTE ZUSAMMENARBEIT DER UHRENMANUFAKTUR MIT DEM JAPANISCHEN KÜNSTLER HAT HUBLOT PURE KREATIVITÄT WALTEN LASSEN UND LIES EINE NEUE DYNAMIK RUND UM DAS IMMER WIEDERKEHRENDE MOTIV – DIE LACHENDE BLUME – IN MURAKAMIS KUNSTWERKEN ENTSTEHEN.

Noch bevor wir sprechen können, singen wir. Noch bevor wir schreiben können, malen wir. Und kaum können wir stehen, schon tanzen wir. Kunst gehört zum Wesen des Menschen. Hublot würdigt diese menschliche Gabe unter anderem durch das Konzept der «Art of Fusion». Ausgesprochen gern arbeitet die Luxusuhrenmanufaktur mit Kreativschaffenden wie Shepard «Obey» Fairey, Marc Ferrero, Richard Orlinski oder Maxime Plescia-Büchi zusammen. Mit Takashi Murakami ist nun einer der weltbekanntesten lebenden Künstler zu den Botschaftern der Marke gestossen. Seine äusserst moderne Bildsprache zeigt subtil eine Reflexion von japanischer Tradition und Popkultur. Meisterhaft gelingt ihm dies, indem er modernste Technologie mit traditionsreichen japanischen Techniken, wie der Malerei mit Blattgold, verbindet. Als Rockstar der zeitgenössischen Kunst prägte er den Namen «Superflat» für die von ihm begonnene Kunstbewegung. Bei seinem ersten Besuch der Manufaktur im Februar 2020 konnte Takashi Murakami sich mit dem Uhrmacherhandwerk und der Entwicklung von Zeitmessern vertraut machen. Das war der Auslöser für einen kreativen Prozess, dessen Ergebnis die innovative «Classic Fusion Takashi Murakami All Black»

ist, inspiriert von Murakamis lachender Blume. Hier lebt sie sowohl in als auch auf der Uhr. Ein ausgeklügeltes Kugellagersystem, entwickelt von Hublot, bringt die Blütenblätter zum Drehen. Das Zentrum der Blume ist in das Saphirglas integriert, wo das breit lachende Antlitz für einen einzigartigen dreidimensionalen Effekt sorgt. Die «Classic Fusion Takashi Murakami All Black» greift ein Markenzeichen von Hublot auf: das All-Black-Konzept. Wie der Zufall es will, ist das bei Hublot bereits 2006 erdachte Konzept auch ein künstlerisches Markenzeichen von Murakami. Auf die Spitze getrieben wird der Effekt hier durch die mit schwarzen Diamanten besetzten Blütenblätter (456 Brillanten) und das mit 107 Brillanten veredelte Gesicht des Blumenmotivs. Die Uhrmacher in Nyon haben ihr Manufakturkaliber Unico, ein Uhrwerk mit einer Gangreserve von 72 Stunden, in das Gehäuse des legendären Designs der «Classic Fusion» eingebaut. Als Ergebnis der ersten Zusammenarbeit zwischen Hublot und dem japanischen Künstler wird die «Classic Fusion Takashi Murakami All Black» garantiert zum Sammlerstück, zumal sie auf nur 200 Exemplare limitiert ist.

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«BEI MEINEM ERSTEN ­BESUCH DER HUBLOT-­ MANUFAKTUR IN DER SCHWEIZ SPÜRTE ICH, WIE STARK TRADITIONELLES KNOW-HOW, AKRIBIE, ­FUTURISTISCHE TECHNOLOGIE UND HANDWERK BEI DER ­UHRENHERSTELLUNG VERSCHMELZEN. MEINE KUNST IN DIE KREATIVEN HÄNDE DIESER ­UHRMACHER ZU LEGEN, IST FÜR MICH EIN E­ INZIGARTIGES ABENTEUER.» Takashi Murakami

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TOTAL LOOK: BEATRICE ROSSI Bracelet: 750 Roségold, 88.20 Karat und Brillanten Ring: 750 Rotgold, 33.79 Karat mit pinken Turmalin Ring: 750 Gelbgold, 7.67 Karat, besetzt mit Brillanten Ring: Türkis gehaltener Ring in 750 Rotgold Aviator Jacket and Bandeau: Hermès Clutch: Hermès

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SPLENDID Dinner

PHOTOGRAPHY

BRIGITTE AESCHBACH

STYLING

URS AFFOLTER

MODEL

KYMANI FROM VISAGEMODELSZURICH

LOCATION

WWW.RAZZIA-ZUERICH.CH

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TOTAL LOOK: DORIS HANGARTNER Ring: ein Ring in Rosé- und Weissgold, 18 Karat und Carbon mit einem facettierten tropfenförmigen Paraiba-Turmalin von 3.59 Karat in Entourage von 32 Diamanten von total 0.13 Karat Ring: ein Ring aus der Kollektion «Mountain of light» in Rosé- und Weissgold, 18 Karat und Carbon mit einem Paraiba-­T urmalin im «Sugarloaf-Schliff» von 10.61 Karat in Entourage von 56 Diamanten von total 0.50 Karat Ring: ein Ring in Rosé- und Weissgold, 18 Karat und Carbon mit einem Paraiba-­ Turmalin im «Asscher-Schliff» von 3.65 Karat in Entourage von 32 Diamanten von insgesamt 0.13 Karat Coat: Catherine Regehr via Grosscouture Zürich Bag: Hermès Birkin «Fray Fray 35» aus Kalbsleder und Baumwoll-Leinen-Twill Cristal Chalice: St. Louis via Meister Zürich

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TOTAL LOOK: BEATRICE ROSSI Necklace: Korallfarben in 750 Rotgold Earrings: Korallfarben in 750 Rotgold Ring: Korallfarben in 750 Rotgold Bracelet: 750 Rotgold Dress: Safiyaa via Grosscouture Zürich Sunglasses: Gucci

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TOTAL LOOK: DORIS HANGARTNER Earrings: Diamantohrringe im «Princess-Schliff» von total 5.63 Karat mit abnehmbaren Anhängern in Roségold, 18 Karat mit zwei tropfenförmigen Morganiten von insgesamt 23.56 Karat Ring left hand: ein Ring in Weissgold, 18 Karat mit einem runden Paraiba-Turmalin im «Cabochon-Schliff» von 4.59 Karat mit pavé-gefassten Diamanten von total 0.49 Karat und Paraiba-­T urmalinen von total 0.44 Karat Ring left hand: ein Ring in Keramik und Weissgold, 18 Karat mit einem Morganit im «Cushion-Schliff» von 4.68 Karat und 48 Diamanten von total 0.74 Karat Ring left hand: ein Ring in Roségold, 18 Karat mit einem ovalen Paraiba-Turmalin im «Cabochon-Schliff» von 7.56 Karat mit pavé-gefassten Diamanten von total 0.22 Karat und Paraiba-­T urmalinen von total 0.54 Karat Ring right hand: ein Ring in Weissgold, 18 Karat mit einem brasilianischen Paraiba-Turmalin im «Cushion-Schliff» von 1.66 Karat mit 105 pavé-gefassten Diamanten von total 2.00 Karat und 46 Paraiba-Turmalinen von total 1.53 Karat Ring right hand: ein Ring in Keramik und Weissgold, 18 Karat mit einem facettierten ovalen Gold-Beryll von 7.58 Karat und 78 Diamanten von total 0.71 Karat Leather dress: Proenza Schouler Lipsticks: Rouge Hermès

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TOTAL LOOK: DORIS HANGARTNER Ring top hand: ein Ring in Roségold, 18 Karat mit einem facettierten ovalen Turmalin von 9.18 Karat in Entourage von 70 hellbraunen Diamanten von total 0.66 Karat Ring top hand: ein Ring in Weissgold, 18 Karat mit einem Aquamarin im «Cushion-­ Schliff» von 2.77 Karat in Entourage von 44 Diamanten von total 0.41 Karat Ring top hand: ein Ring in Weissgold, 18 Karat mit einem Mint-Peridot im «Cushion-­ Schliff» von 3.28 Karat in Entourage von 44 Diamanten von total 0.46 Karat. Ring down hand: «Mermaid Ring» in Weissgold, 18 Karat mit einem ovalen Paraiba-­ Turmalin im «Cabochon-Schliff» von 37.84 Karat mit pavé-gefassten Diamanten von total 1.53 Karat und Paraiba-Turmalinen von total 0.40 Karat. Block Sandals: Hermès

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TOTAL LOOK: OBSESSION GOLDSCHMIEDE Complete Set: Kollektion «Unendliche Geschichte» in Rotgold mit Brillanten und Akoya-Perlen Bracelet: «Collier de chien» aus Kalbsleder von Hermès Dress and Coat: Roland Mouret via Grosscouture Zürich Flowers: Blumenhalle

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LINKS TOTAL LOOK: GÜBELIN Collier and Cocktailring: Kollektion «Blushing Wing» aus Rotgold mit einem Padparadscha-Saphir aus Sri Lanka, 12.10 Karat, pastellfarbenen Saphiren und Diamanten. Beide Schmuckstücke können mit dem Padparadscha besetzt und dank des variablen diamantenen Elements gleichzeitig getragen werden. Bracelet: «Splendid Feather» aus Rotgold mit einem Padparadscha-Saphir aus Sri Lanka, 5.60 Karat, pastellfarbenen Saphiren und Diamanten Earrings: «Splendid Feather» Chandelier-­O hrhänger aus Rotgold mit zwei Padparadscha-Saphiren aus Madagaskar, pastellfarbenen Saphiren und Diamanten Smoking jacket: Ralph & Russo via Grosscouture Zürich RECHTS TOTAL LOOK: GÜBELIN Earrings, Ring and Bracelet: Kollektion «Grace of the Sea Anemone» aus Weissgold, besetzt mit Paraiba-Turmalinen aus Mosambik im «Cabochon-Schliff» und Diamanten. Die Ohrhänger können als klassische Paraiba-Ohrstecker oder festiver als Chandelier-­O hrhänger getragen werden. Dress: Roland Mouret via Grosscouture Zürich

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JEWEL LERY

H M G KURZ

Die neue Diamantschmuck-­Kollektion «The Frangipani Collection by KURZ» widerspiegelt die Kompetenz und P ­ assion für Diamanten, die das Juwelierhaus seit 1948 pflegt. Das ­zeitlose florale Design zeigt sich in verschiedenen ­Formen: einem Diamant-Armreif, einem Ring, einem Armband, einer Halskette und ­Ohrstecker – alle in 18-karätigem Weissgold und mit Diamanten beschmückt.

HERMÈS

Die Geschichte der «Nantucket» wird fortgesetzt. Die Neuheit: Das ikonische Kettenglied erfindet sich neu, indem es sich zu einem leichten, geschmeidigen Armband aus Edelstahl oder Roségold zusammenfügt. Das Licht wird auf dem versilberten, sandgestrahlten Zifferblatt mit Diamantenregen-Besatz eingefangen oder bringt die Schmuckfassung rund um das Perlmuttzifferblatt zum Funkeln.

MARTIN KATZ

Diamantring mit einem kissenförmigen Rubin im Zentrum mit 2,56 Karat. Insgesamt 336 Diamanten und 26 weitere runde Rubine komplettieren den Ring aus 18-karätigem Weissgold.

Die Chandelier-Ohrhänger «Blushing Beauty» sind von der faszinierenden Innenwelt eines Rubins aus Mosambik inspiriert und gleichen einer blühenden Wüstenrose. Die beiden ovalen Rubine (3,10 Karat und 3,05 Karat) greifen die Rottöne der Blüte auf, während das ­Brillanten-besetzte Chandelier-Element den zarten Zweigen gleicht. Sechs runde Rubine sind von tropfenförmigen ­Entouragen umgeben.

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TRENDS

by

GÜBELIN


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MO MOTI TION ON PRESTIGE

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LAMBORGHINI COUNTACH

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DAS AUTO AUS EINER

ANDEREN GALAXIE Autorin_Lone K. Halvorsen Bilder_Lamborghini

ER SIEHT AUS WIE EIN KAMPFJET AUS EINER ­A NDEREN GALAXIE, DER MIT SEINEM EXZESSIVEN ­T EMPERAMENT DER ­G ANZEN WELT DER S­ PORTWAGEN DAVONFLIEGT. 109


PRESTIGE Nur wenige Autos schafften es, die Automobilwelt zu verändern. Der Lamborghini Miura war eines davon. Doch er sollte schon bald einen würdigen Nachfolger erhalten ...

BRUTAL

Brutal kantig und unverhüllt aggressiv mit einem Design, das seinesgleichen sucht. Jenseits aller gängigen Vorstellungen, wie ein Auto auszusehen hat, fragt man sich in der Tat, ob man es hier mit einem Auto oder einem Raumschiff zu tun hat. Der Legende zufolge sollen die Zuschauer im Raum von Karosseriemeister Nuccio Bertone, als das erste Konzept des Countach präsentiert wurde, begeistert «Countach!» ausgerufen haben. Der Ausruf des Erstaunens stammt aus dem piemontesischen Dialekt und bedeutet so viel wie «Wow» oder «fantastisch» und wird eigentlich von Männern beim Anblick einer schönen Frau verwendet – wenngleich man bei einem Auto solchen Kalibers auch eine Ausnahme machen kann. Ferruccio Lamborghini zögerte nicht lange und ging zum Patentamt und zum nächsten Taufbecken, denn dies war die Taufe einer Auto-Ikone.

den «Commendatore» aus Maranello. «Das war der Punkt, an dem ich mich entschieden hatte, selbst das perfekte Auto zu bauen.» Als Lamborghini dann Anfang der 1960er Jahre verkündete, dass er einen Sportwagen bauen wolle, mit dem er Ferrari Konkurrenz machen könne, glaubten einige, dass er den Verstand verloren hätte. Doch Lamborghini war von seiner Idee überzeugt, im Jahr 1963 gründetet er die «Lamborghini Automobili», und in Sant'Agata Bolognese, etwa 25 Kilometer von Bologna entfernt, wurde eine moderne Fabrik errichtet. Für den Debütwagen gab es klare Vorstellungen – es sollte der schönste V12 weltweit werden. Der 350 GTV war bei seiner Präsentation im selbigen Jahr ein Meisterwerk, und die Geschichte von Lamborghini Automobili nahm ihren Lauf. Als kleine amüsante Anekdote ist gewiss die Tatsache zu erwähnen, dass der 350 GTV von Giotto Bizzarrini entwickelt wurde, der zuvor in Ferraris Diensten gestanden hatte. Dass aus der Traktorenwerkstatt innerhalb weniger Jahre eine der edelsten Sportwagenschmieden der Welt geworden war, wurde spätestens 1966 klar, als der Lamborghini Miura die Automobilwelt revolutionierte. Bereits Ende der 60er Jahre galt Lamborghini auf der ganzen Welt als Symbol des Exzesses, als etwas, das über die Philosophie und das Design der anderen Autobauer hinausging. Und wenn Lamborghini so etwas wie «normale» und gemässigte Autos baute, dann blieb es meist «nur ein normales» Auto ohne den erhofften Erfolg – letztlich war das Image des Unternehmens längst ein anderes als das eines herkömmlichen Autobauers.

DER ERBITTERTE KAMPF GEGEN FERRARI

Schon als Kind begann Ferruccio Lamborghini sich für Technik zu interessieren, und während seiner Militärzeit wurde er mit der Reparatur von Einsatzfahrzeugen vertraut. Ausgemusterte Kriegsgeräte sollten später die Grundlage für seine Unternehmer-Karriere legen. Er kaufte alte Militärfahrzeuge und baute sie zu Schleppern für die Landwirtschaft um. Es folgten Eigenentwicklungen für Traktoren und Motoren und die Gründung einer Traktorenfabrik. Der erfolgreiche Unternehmer hatte jedoch auch eine Passion für Sportwagen – in seinem Fuhrpark befand sich auch ein Ferrari. Der Wagen bereitete ihm jedoch nicht nur Freude, und aufgrund der ständig auftretenden Kupplungsprobleme suchte er schriftlich den Kontakt zu Enzo Ferrari. Ferrari hingegen war ganz und gar nicht begeistert über den Brief von Lamborghini, und in einem Wutanfall – so die Überlieferung – schimpfte er herum, dass er sich nicht von einem Traktorfahrer vorschreiben lasse, wie er seine Autos zu bauen habe. «Lamborghini, du magst ja Traktoren fahren können, aber du wirst nie in der Lage sein, einen Ferrari richtig zu handhaben.» So zitierte Lamborghini

DIE REINHEIT DER GEOMETRIE

Der unbestrittene König der Autosalons von 1966, der Lamborghini Miura, hatte das Konzept des Sportwagens gänzlich neu definiert, und mit dem Modell SV wurde eine definitive Version des legendären Modells hergestellt, welche beim Autosalon in Genf 1971 vorgestellt wurde. Doch die zu erwartende Aufmerksamkeit auf diesen praktisch perfekten Sportwagen blieb aus. Die

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Aufmerksamkeit hatte ein noch aussergewöhnlicheres und spektakuläreres Auto auf sich gezogen – der wahre Star des ganzen Salons: der extravagante, aus der Feder von Marcello Gandini stammenden Prototyp des Lamborghini Countach. Der futuristische Wagen, welcher scheinbar aus der Zukunft entsprungen war, deklassierte jeden Sportwagen am Autosalon zu einer Familienkutsche. Die Begeisterung für den Nachfolger des Miura war enorm – ganz anders als der rassig dahinfliessende Miura wirkte der Countach wie ein kubistischer Monolith. Die Idee von Gandini war, dass ein Nachfolger als solcher nicht erkennbar sein dürfe, denn sonst würden die Vergleiche nie aufhören. Es sollte einen Bruch in der Tradition geben, und was bis anhin als Designtrend gegolten hatte, gehörte nun in die Vergangenheit. Mit einer Höhe von 103 Zentimeter und einer Breite von 187 Zentimeter und zudem ein Konglomerat aus Kanten und Klüften mit einer flach abfallenden Linie der Front, welche fast waagerecht nach hinten verlief, um dann beim Heck plötzlich abzubrechen, wollte Gandini dem Fahrtwind nur wenig Widerstand entgegensetzen, aber parallel dazu lechzte der V12 nach Kühlluft. Hinzu kamen Klappscheinwerfer und spektakuläre Scherentüren, die schräg nach oben geöffnet wurden. Die Proportionen haben alle Vorstellungen gesprengt von dem, was einen Motor und vier Räder hat – das war der neue Stil von Lamborghini. Doch ein Problem hatte Gandini, denn Lamborghini hatte zu diesem Zeitpunkt nicht ernsthaft die Absicht, den Countach in Serie zu produzieren. Vielleicht ein paar Einzelstücke für ausgesuchte Kunden, aber gewiss nicht mehr. Doch das sollte sich ändern,


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denn der Countach traf den Stil der 70er Jahre auf den Punkt. Bis die Fertigung beginnen konnte, sollten jedoch drei schwierige Jahre mit einer dünnen Finanzdecke, einer Kette von Streiks im Werk und einem hektischen Entwicklungsprogramm vergehen. So wurde weiter am Countach getüftelt, und pünktlich zur Ölkrise war der Lamborghini Countach LP400 fertig entwickelt. Lamborghini war das Timing völlig egal, denn bei solch einem Einstiegspreis dürfte der Spritpreis den Käufern auch egal sein.

keitsrausch des Countach. Mit seinem 4.0-Liter-Motor, den 375 PS und einer Höchstgeschwindigkeit von 309 km / h war der Countach nicht nur das futuristischste, sondern auch noch das schnellste Serienauto der Welt.

DAS ENDE EINER LEGENDE

Entweder man liebt(e) oder man hasst(e) den Countach. Kaum ein Auto hat die Gemüter so weit auseinandergebracht und die gegensätzlichsten Ansichten so kontrovers diskutiert. Während die Gegner den Wagen als unpraktisch und vulgär bezeichneten, kamen die Fürsprecher nicht mehr aus dem Staunen heraus. Zwar möge der Wagen absurd und gar unpraktisch sein, aber unglaublich aufregend. Tatsache ist, der Countach war ein grosser Erfolg und wurde 16 weitere Jahre lang gebaut. Die letzte Evolutionsstufe von 1988 und 1990 war das Jubiläumsmodell «Lamborghini Countach 25th Anniversary», welches zum 25-jährigen Bestehen des 1963 gegründeten Unternehmens Lamborghini Automobili entworfen wurde. Heutzutage kann der bis zu 55kW / 748 PS starke Countach zwar kräftemässig nicht in der 1000-PS-Liga mithalten, dafür bleibt der Zwölfzylinder das entscheidende Bindeglied zwischen den frühen Sportwagen der 1960er Jahre und denen des 21. Jahrhunderts. Die Langlebigkeit des Countach hätte im Jahr 1971 wohl kaum jemand für möglich gehalten, aber mit seinem martialischen Charakter prägte er das Image von Lamborghini. Wohl verdient hat der Countach den Sprung vom «Bad Boy» zur Auto-Ikone geschafft.

EINE NEUE DIMENSION DER GESCHWINDIGKEIT

Nach der optischen Radikalkur waren die Entwickler auch reichlich bemüht, mit den «inneren Werten» zu trumpfen. Nicht nur von aussen sah das Auto futuristisch aus, von innen war es noch radikaler, denn die Instrumente schienen aus einer Raumfahrtkapsel zu stammen. Das Lenkrad besass nur eine Speiche, und wie die Sitze war es auch gepolstert. Die Motorisierung bestand aus einem 12-Zylinder-Motor in einer 60-Grad-V-Stellung mit doppelten obenliegenden Nockenwellen, welcher vor der Hinterachse und – nicht wie beim Miura – längs statt quer zur Fahrtrichtung positioniert wurde. Daher auch die Bezeichnung «LP» für Longitudinale Posteriore. Statt das Getriebe wie üblich hinter den Motor zu setzen, wurde es hier vor dem Motor platziert. Dadurch lag es zwischen den beiden Sitzen, und der Schalthebel griff somit direkt ins Getriebe. Als es im Frühjahr 1974 endlich so weit war, feierte die Fachwelt den Geschwindig-

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PER STREITWAGEN NACH

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CAMBODUNUM

Autor und Bilder_Markus Hofmann

WIR SIND NATÜRLICH NICHT MIT EINEM RÖMISCHEN ZWEI PS STARKEN STREITWAGEN AUS DER ANTIKE UNTERWEGS GEWESEN, WIE MAN IHN AUS DEM CIRCUS MAXIMUS KENNT, SONDERN MIT DEM NISSAN JUKE DER ZWEITEN GENERATION. EHRLICH GESAGT WAR UNS DER JUKE MIT DEN 117 PS (1,0-LITER-TURBO-BENZINER, 999 KUBIKZENTIMETER) DANN DOCH LIEBER UND BEQUEMER. DIE STADT CAMBODUNUM LIEGT NICHT IRGENDWO IN ITALIEN, SONDERN WAR DER NAME DER KAISERZEITLICHEN RÖMISCHEN STADT AUF DEM GEBIET DER HEUTIGEN STADT KEMPTEN IM ALLGÄU. WARUM WIR GERADE DIE STADT CAMBODUNUM ALS REISEZIEL AUSGEWÄHLT HABEN UND WAS UNS DORT ERWARTET, OB UNS DER «JAPANISCHE STREITWAGEN» NISSAN JUKE ÜBERZEUGT, DAS ERFAHREN SIE, WENN SIE JETZT EINSTEIGEN UND SICH ANSCHNALLEN.

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Am Vormittag steht unser JUKE (Mini-SUV) wie vereinbart mit NISSAN für unsere Testfahrt zur Übergabe bereit. Jetzt erst mal das ganze Equipment eingepackt, was kein Problem darstellt, denn der Kofferraum fasst 422 Liter, mit einer umgelegten Rückbanklehne sind es sogar 1088 Liter. Die Route noch in den Acht-ZollFarbtouchscreen eingeben, und dann geht es auch schon los mit einem angenehmen Sitzkomfort sowie mit einer grossen Auswahl von Sicherheitssystemen (Nissan Safety Shield Paket) auf die Autobahn Richtung Kempten. Durch das Echtzeit-Verkehrsinformationen-System von JUKE sind wir pünktlich an unserem Ziel angekommen. Vor Ort sehen wir auch schon den Tempelbezirk des archäologischen Parks, und gleich in der Nähe ist unser geplanter Treffpunkt auf dem Ausgrabungsgelände. Wie vereinbart erwartet uns auch schon die Archäologin Frau Dr. Sieler. Frau Dr. Sieler führt uns durch den Park und erzählt uns bei einem Interview einiges über die älteste schriftlich erwähnte Stadt Deutschlands, Cambodunum, zu Zeiten des Kaisers Augustus und ihre damaligen Bewohner. Das Römische Reich war das grösste

Reich im damaligen Europa. Ein Bauerndorf am Ufer des Tiber war der Anfang eines Staates, der fast die ganze damals bekannte Welt beherrschte und dazu noch Teile der Britischen Inseln. Noch heute ist der Einfluss des Römischen Reichs in unserer Gesellschaft gegenwärtig wie zum Beispiel in der Verwaltung, Gesetzgebung, Medizin sowie auch im Sport und in unserer Sprache. So hat das Römische Reich auch seine Spuren in Kempten hinterlassen. Der archäologische Park schützt und präsentiert die erhalten gebliebenen Reste des archäologischen Bodendenkmals der Römerstadt Cambodunum. Dieses Bodendenkmal vermittelt den heutigen Besuchern ein Verständnis für die aktuellen Bezüge der damaligen Kultur zu unserem Leben. Am Ende unserer Entdeckungsreise im Allgäu geht es mit dem teilautonomen Fahren von JUKE und den skurrilen Voll-LED-Scheinwerferaugen abends sicher zu unserem Ausgangspunkt zurück. Die heutige Reise in die Vergangenheit mithilfe des modernen, ausgeklügelten Gesamtpakets des Nissan JUKE glich einer Bewegung zwischen zwei Welten.

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Bei den Römern wurden Öllampen zum Massenprodukt.

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Die römische Stadt Cambodunum diente als Verwaltungsund Handelszentrum. Wie kann man sich den Alltag in der Stadt vorstellen? Händler und Handwerker (Schmiede, Töpfer, Zimmerer, Schuster, Stoffhändler) lebten hier und produzierten Waren für die Bevölkerung der Stadt und des Umlands. Im ersten Jahrhundert, zur Blütezeit von Cambodunum, lag die Stadt ausserdem an der Kreuzung bedeutender Handels- und Heeresrouten, sodass eine Vielzahl von Menschen hier vorbeikam. Angehörige der Provinzverwaltung ebenso wie Handelsreisende, und auch Soldaten dürften immer wieder durch Cambodunum gekommen sein. Die römische Währung galt, ebenso die lateinische Schrift. Hier lebten Römer und einheimische, aber romanisierte Kelten miteinander, und im Laufe der Jahrzehnte ergab sich eine ganz eigene, für die Provinz Raetia charakteristische Alltagskultur. Welche Gegenstände haben Sie bei den Ausgrabungen gefunden, und welche neuen Kenntnisse haben Sie dadurch gewonnen? Bei der Ausgrabung fanden sich vor allem Reste von Siedlungsschutt wie zerscherbte Keramik, Ziegel, Tierknochen (Speiseabfälle). Besonders interessant ist für uns die siedlungsgeschichtliche Entwicklung des Areals, die aus den Schichten ablesbar ist: So wurde in diesem an das spätere Forum angrenzenden Stadtbereich zunächst das Gelände für die Bebauung vorbereitet durch Brandrodungen und Planierungen, die eine ebene Baufläche herstellten. Dann folgten mindestens zwei Generationen von Holzbauten, bevor die ebenfalls mehrphasige steinerne Insulabebauung – eine typisch römische Form des städtischen Hausbaus – entstand. Hier lagen unter überdachten Gehwegen zur Strasse hin Ladengeschäfte und Schenken oder Garküchen, während im Innenbereich und den oberen Stockwerken gewohnt wurde.

INTERVIEW MIT DR.  MAIKE SIELER

PRESTIGE: Frau Sieler, wie würden Sie die damalige kaiserzeitliche römische Stadt Cambodunum beschreiben? DR. MAIKE SIELER: Cambodunum wurde als römische Planstadt auf dem östlichen Illerhochufer gegründet. Diese Planung «auf dem Reissbrett» sah man der Stadt an, denn ihr Zentrum war durch ein rechtwinkliges Strassennetz in die Gebiete für öffentliche und private Bebauung aufgeteilt. Die grossen öffentlichen Bauten stellen hier eine Besonderheit dar: das Forum mit grosser Basilika, der Statthalterpalast und vor allem der 4,2 Hektar grosse Bezirk für den Kaiserkult. Dennoch wurde Cambodunum nie zu einer wirklichen Grossstadt – vermutlich lebten hier auch zur Blütezeit nicht mehr als 5000 Menschen.

Die Römer haben die Fussbodenheizung erfunden, der Monat Juli ist nach dem römischen Staatsmann Julius Caesar benannt, das Römische Weltreich war zu der Zeit das grösste Strassenbauunternehmen aller Zeiten. Das ist unser allgemeines Wissen über die Römer. Können Sie uns noch ein weiteres Geheimnis über die Römer verraten? Die Römer waren Meister der Integration fremder Religionen. So wurden beispielsweise die keltischen Götter, die in unseren Regionen in der vorrömischen Eisenzeit verehrt wurden, auch in der Römerzeit weiter verehrt – sie erhielten dann meist einen keltisch-römischen Doppelnamen wie beispielsweise Jupiter Poeninus oder Apollo Grannus. Eine keltische Göttin schaffte es sogar bis in die Ställe Roms – Epona, Göttin der Pferde, Reiter und Fuhrwerke. Ein weiteres Geheimnis: Die Römer tranken zwar Ziegen- und Schafmilch, aber keine Kuhmilch – diese galt sogar als Abführmittel.

Was können Sie uns über die Herkunft der Bewohner von Cambodunum erzählen? In der Gründergeneration stammten die meisten Einwohner nach Ausweis ihrer Tracht und ihrer Grabbeigaben aus dem bereits früher romanisierten gallischen Westen sowie aus dem zentralalpinen und mediterranen Bereich. Hier trafen also «waschechte» Römer auf einheimisch-keltisch geprägte Menschen. Namentlich kennen wir beispielsweise einen weitgereisten ehemaligen Bewohner von Cambodunum: einen Legionär, der als Veteran der zehnten Legion (legio X Gemina) in Aquincum, dem heutigen Budapest; er hiess Tiberius Claudius Satto und stammte aus Cambodunum. Seine Frau, Ulpia Ursula, hatte ihm den Grabstein in Aquincum setzen lassen, auf dem sein Heimatort (Cambodunum) und sein Beruf genannt waren.

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ELEKTRISCHE FREIHEIT Autorin_Swenja Willms Bilder_Harley-Davidson

AUF ZWEI RÄDERN 118


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HARLEY-DAVIDSON STEHT FÜR CHOPPER, FÜR DEN KLASSISCHEN «HARLEY SOUND» UND FÜR DIE GROSSE FREIHEIT. DIE NEUSTE INNOVATION DES IKONISCHEN ­M OTORRADHERSTELLERS AUS MILWAUKEE ZEIGT ABER EIN VÖLLIG NEUES MOTOR­R ADERLEBNIS – A NGEPASST AN DEN MODERNEN ZEITGEIST. PRESTIGE: Herr Steiner, Harley-Davidson stand für lange Zeit als Sinnbild der brummenden Motorräder. Weshalb sind Sie nun die Ersten, die ein vollelektrisches Motorrad auf den Markt gebracht haben? IWAN STEINER: Harley-Davidson war auch in der Vergangenheit schon immer ein grosser Innovator. Aber ich gebe Ihnen recht, in der Vorstellung vieler Menschen ist Harley-Davidson der Inbegriff des klassischen grossen, lauten benzingetriebenen Motorrads. Die Idee des Elektrobikes kam bereits vor längerer Zeit auf und benötigte viel Mut, denn als die ersten Prototypen produziert wurden, gab es noch fast keine öffentlichen Ladestationen. Vielleicht hatte Harley-Davidson einfach am meisten Mut, diesen radikalen Schritt zu wagen.

LEISE

Leise, sportlich und elektrisch. Mit der Harley-Davidson LiveWire präsentierte Harley als erste grosse Motorradmarke weltweit ein serienmässiges, vollelektrisches Motorrad. Die in der Schweiz für das Jahr 2021 auf 30 Exemplare limitierte LiveWire zog sofort alle Blicke auf sich, einerseits aufgrund ihres futuristischen Aussehens, aber vielmehr aufgrund ihrer Fahreigenschaften. Die LiveWire bietet ein bislang nicht gekanntes Motorraderlebnis – sie lässt sich von Einsteigern rasch beherrschen und begeistert zugleich selbst erfahrene Könner. In nur drei Sekunden gelingt die Beschleunigung von null auf 100 km / h, das Kuppeln entfällt, beim Bremsen wird Energie gewonnen, und die Reichweite von über 200 Kilometern löst das Versprechen von Freiheit immer noch voll ein. Das Herz der neuen Harley-Davidson LiveWire bildet ein neuer Harley-Davidson-Antriebsstrang mit dem Revelation-Permanentmagnet-Elektromotor. Er entwickelt eine maximale Leistung von 78 kW (106 PS) und ein maximales Drehmoment von 116,6 Nm. Anders als bei Verbrennungsmotoren steht beim Elektroantrieb das gesamte Drehmoment bereits ab der ersten Radumdrehung zur Verfügung und ist während der Fahrt jederzeit zu 100 Prozent abrufbar. Das sorgt für ein begeisterndes Fahrerlebnis mit äusserst geschmeidiger Leistungsentfaltung. Einige Sinneseindrücke, die das Motorraderlebnis bislang dominierten, ändern sich mit diesem neuen Motorrad jedoch radikal. Der Klang der Auspuffanlage und des Motors entfällt. Der einzige Sound, den der Fahrer wahrnimmt, entspringt dem Rollwiderstand der Strasse und dem sausenden Fahrtwind in den Ohren. So hat ausgerechnet Harley-Davidson, ganz leise, die Zukunft des Motorrads ins Jetzt und Heute gebracht. Wir sprachen mit Harley-­Davidsons Country Manager in der Schweiz, Iwan Steiner.

Vermissen Sie selbst den klassischen Harley-Sound? Ich liebe Harley-Davidsons ikonischen «Potato Potato»-­ Sound und hoffe, dass er uns noch lange erhalten bleibt. Aber um ehrlich zu sein, wenn ich auf der LiveWire sitze, vermisse ich ihn nicht. Ganz im Gegenteil, die LiveWire öffnet eine ganz neue, unbekannte Welt, die ich so noch nie auf einem Motorrad erlebt habe. Ich höre die Strasse, den Wind und die Natur um mich rum, und das fühlt sich absolut fantastisch an. Wird Harley-Davidson in Zukunft vermehrt auf einen Elektroantrieb setzen? Absolut, der Elektroantrieb wird in Zukunft sicher immer wichtiger und sich insbesondere dann flächendeckend ausbreiten, wenn genügend öffentliche Ladestationen installiert sind. Harley-­ Davidson engagiert sich auch hier stark, um möglichst viele Lade­ optionen anbieten zu können. Wir dürfen alle gespannt in die Zukunft schauen und uns auf weitere fantastische Harley-Davidson-­ Elektrobikes freuen. Gerade eben wurde die Harley-Davidson Pan America auf den Markt gebracht, Harley-Davidsons erstes Enduro-Motorrad. Was versprechen Sie sich hiervon? Das ist richtig, die Pan America ist unser erstes Adventure-­ Touring-Motorrad. Dabei geht jedoch vergessen, dass Harley-­ Davidson bereits in den 1940er und 1950er Jahren eine bekannte

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Marke für Enduristen und Abenteuersuchende war. Die Harley-­ Davidson Pan America kommt mit einem neuen 1250er-Motor und zahlreichen weiteren Innovationen daher und ergänzt unsere Produktpalette optimal. Endurobikes erfreuen sich bereits seit längerem grosser Beliebtheit, und es ist für uns grossartig, dass wir nun auch Harley-Fans in diesem Segment glücklich machen können. Freiheit auf der Strasse, dafür steht Harley schon lange. In Zukunft können wir nun mit Stolz sagen, dass Harley auch für die Freiheit abseits der Strasse steht. Oder anders gesagt: Alle Strassen sind erobert, jetzt kommt der Rest! Harley-Davidson bietet einige Motorräder, auch die LiveWire, nur in begrenzter Stückzahl an. Wieso? Wir bauen unsere Motorräder für ganz spezielle Menschen. Das tönt vielleicht etwas exklusiv, aber es stellt sicher, dass unsere Marke von den Menschen gefahren und getragen wird, die das Besondere suchen. Nehmen wir zum Beispiel die LiveWire. Die LiveWire-Kunden sind im oberen Einkommenssegment der Bevölkerung zu finden. Chefs, die wissen, was sie tun – und nach vorne denken. Deshalb werden sowohl die LiveWire als auch unsere CVO-Bikes, die Top Line unserer Touringbikes, in der Schweiz mit limitierter Auflage angeboten.

Für Iwan Steiner, Country Manager von Harley-Davidson, bedeutete die Umsetzung eines Elektrobikes viel Mut.

AUFLADEN AN DER HAUSHALTSSTECKDOSE Als Hauptbatterie der LiveWire fungiert ein wiederauf ladbares Energiespeichersystem (Rechargeable Energy Storage System, RESS) aus Lithium-Ionen-Zellen mit einer Gesamtkapazität von 15,5 kWh, das zentral im Leichtmetallgussrahmen positioniert ist. Das Leichtmetallgehäuse des RESS bildet zugleich einen Kühlkörper mit sichtbaren Kühlrippen. Die Spannungs-

Und die Abschlussfrage: Welches Motorrad steht bei Ihnen selbst in der Garage? (Lacht) aktuell habe ich drei Modelle bei mir und hoffe sehr, bald aus der Garage rausfahren zu können und die Motorradsaison 2021 zu starten. Ich habe die LiveWire bei mir, eine CVO Street Glide und eine 1947 Knucklehead. Und es hat noch ein Plätzchen frei für die PanAm.

versorgung zum Starten, für die Kommunikation mit dem Transponder und weitere Funktionen übernimmt ein zusätzlicher Zwölf-Volt-Lithium-Ionen-Akku. Im Schiebebetrieb arbeitet der dann vom Hinterrad angetriebene Motor als Generator, der das RESS nachlädt. Die Rekuperationsfunktion spürt der Fahrer in Form einer Motorbremswirkung. Sie ist je nach Fahrmodus unterschiedlich stark ausgeprägt und lässt sich zudem vom Fahrer in mehreren konfigurierbaren Fahrmodi individuell anpassen. Die integrierte Level-1-Ladevorrichtung der LiveWire lässt sich

WWW.HARLEY-DAVIDSON.CH

mit einem unter dem Sitz verstaubaren Netzkabel an konventionelle 120- und 240-Volt-Haushaltssteckdosen anschliessen. In diesem Modus nimmt der Akku in einer Stunde ausreichend Strom für eine Reichweite von rund 21 Kilometern auf. So kann die LiveWire über Nacht vollständig geladen werden.

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#lafrenchvodka

E le v at i ng the ord i n ar y to e xtra ord i nary . w w w . l a f r e n c h v o d k a . c o m L a French Vo dk a enco u rages re s p on s ib le d r in k in g .


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EIN ROADMOVIE

«THE HARLEY-DAVIDSON BOOK – REFUELED» TRANSPORTIERT DIE GESCHICHTE, DEN LIFESTYLE UND DAS EINZIGARTIGE LEBENSGEFÜHL DER AMERIKANISCHEN MOTORRADMARKE IN EINER UM 32 SEITEN ERWEITERTEN UND BEARBEITETEN NEUAUFLAGE. © The Harley-Davidson Book – Refueled, published by teNeues, € 50, www.teneues.com, STURGIS MOTORCYCLE RALLY, USA, Photo © Harley-Davidson

Autoren_Dirk Mangartz, Sven Wedemeyer und Philipp Wente

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© The Harley-Davidson Book – Refueled, published by teNeues, € 50, www.teneues.com, EUROPEAN BIKE WEEK, LAKE FAAK, AUSTRIA, Photo © Harley-Davidson

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geprägten Geschichten und Reportagen über den einzigartigen Harley-Davidson-Lifestyle. Ein Roadmovie zum Miterleben. Vibrierend wie ein alter Knucklehead im Stahlrohrrahmen. Die Refueled-Ausgabe des Bestsellers wurde um 32 Seiten erweitert, in vielen Kapiteln aktualisiert und huldigt der Harley in all ihren Facetten. Der neue Band verneigt sich vor Design und Geschichte, erzählt vom Harley-Davidson-Lifestyle, der schon mal an den Strand, aufs Eis oder in die Steilwand führt. Viele stimmen dem Enkel des Firmengründers, Willie G. Davidson, zu, der in der Maschine gar göttliches Wirken ausmacht: «Am achten Tag schuf Gott die Harley.» Die Autoren sind selbst leidenschaftliche Biker. Und den mächtigen Twins seit ihrer Kindheit erlegen. Dirk Mangartz arbeitet seit Jahrzehnten für deutsche und internationale Magazine, war mehr als eine Dekade Chefredakteur von «Custombike». Er ist Autor und Co-Autor verschiedener Motorradbücher, verfügt über ein stattliches Archiv und ist aktiv an der Produktentwicklung von Motorradzubehör, vor allem für Harley-Davidsons, beteiligt. Sven Wedemeyer bewegt sich zwischen den Grenzen von Fotografie und Journalismus. Seine Reportagen machen die Kultur der Mobilität erlebbar oder halten Geschichten und Persönlichkeiten in authentischen Fotografien fest. Der verstrahlte Petrolhead produziert nicht nur spannende Inhalte, sondern bringt auch selbst Custombikes auf die Strasse. Philipp Wente, freier Fotograf und Redakteur beim Kultmagazin «ramp», schlitterte bereits in Windeln auf seinem Puky Roller in Racing-Orange – dem, mit dem lässigen Wimpel auf dem Frontfender – über den elterlichen Hof. Heute sind daraus Custombikes geworden: Ducati Pantah und H-D Early Shovel FLH. Leider fehlt denen der coole Wimpel. Was er sehr bedauert.

Das Erste, was einem in den Sinn kommt, wenn man den Namen Harley-Davidson hört? Freiheit, Geschwindigkeit, brummende Motoren und Leidenschaft auf zwei Rädern. Denn keine andere Motorradmarke auf der Welt hat solch einen fast schon mystischen Ruf wie die Harley-Davidson. Seit mehr als hundert Jahren prägt das amerikanische Urgestein aus Milwaukee die Motorradwelt. Kristallisationspunkt dieser Faszination ist der typische 45-Grad-V2-Motor. Zwar gab es hin und wieder auch mal Einzylinder-Motoren, die den Harley-Davidson-Schriftzug auf dem Tank tragen durften, stilprägend aber ist der Zweizylinder. Wie eine Skulptur steht er tief im filigranen Stahlrohrrahmen. Eine ästhetische Offenbarung. Und eine klangliche sowieso: Wer einmal das unwirsche Brabbeln einer Early Shovel vernommen hat, kommt zeitlebens nicht mehr davon los. Ein Buch über die Kraft und Schönheit der Motoren, die Eleganz und Stärke der Maschinen vom Lake Michigan. Eine Hommage an die Flatheads, Knuckleheads, Panheads, die Eisenköpfe, die Shovels und Evolutions und die modernen Einspritzer. Aber gleichzeitig auch eine Präsentation der wassergekühlten V2, der Street-Modelle, der elektrifizierten LiveWire sowie der neuen Harley-Motorradgattungen: das Naked Bike «Bronx», die Gross-Enduro «Pan America» und mittelschwere E-Bikes. Eine Bildreise durch eine Tradition, die tief verwurzelt ist im Freiheitsgefühl der USA, die derart inspiriert durch das Heute gleitet und diesen Geist in die Zukunft trägt. Was wäre «Easy Rider» ohne die beiden ikonischen Hauptdarsteller «Billy Bike» und «Captain America», das berühmteste Motorrad der Welt? Ausgebreitet wird dieses Lebensgefühl in opulenten, bild-

The Harley-Davidson Book – Refueled 240 Seiten teNeues ISBN 978 3 96171 299 1 www.teneues.com

ZUM MITERLEBEN

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MOTION CONNOLLY

Traditionell in Italien hergestellt, sind die «Road Rage»-Handschuhe hand­ gefertigt und schmiegen sich wie eine zweite Haut an die Hände. Das Hirschleder ist am Handgelenk mit einem einfachen Druckknopfverschluss befestigt und aussen und innen wunderschön weich, um volle Flexibilität zu gewährleisten.

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PORSCHE DESIGN

Porsche Design startet mit Vollgas in das neue Jahr und holt sich den Hollywood-Star und Motorsport-Enthusiasten ­­Patrick Dempsey ins Team. Die gemeinsame Kollektion stellt vier ausgewählte Modelle der neuen zeitlosen und innovativen Sonnen- und ­Korrektionsbrillen der Marke vor. Den Auftakt bildet die neue «Porsche Design P’8688 A Liquid Titanium»-­Brille mit VISION DRIVE™-Gläsertechnologie – die perfekte Sonnenbrille für unterwegs.

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TRE NDS by

INDIAN MOTORCYCLE

Mit der neuen 2022-FTR-Produktlinie bringt nun Amerikas erste Motorrad­f irma «Indian Motorcycle» die bekannten FTRModelle auf ein ganz neues Niveau der Fahrleistung für die Strasse. Durch die Verfeinerung des Motortunings, die Optimierung der Fahrwerkseinstellungen, den steileren Steuerwinkel, der kürzeren Lenkradgabel und neuen speziell Asphalt-­ tauglichen 17-Zoll grossen AluminiumGussrädern und Sportec-Reifen liefert die 2022 FTR Leistung und Agilität auf ­Spitzenniveau und damit ein noch kompakteres, handlicheres Fahrgefühl.

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FA SHI ONFASHION PRESTIGE

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Dress and bralette: Kenzo Bracelet: Hermès

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ÇA PASSE

Autorinnen_Swenja Willms und Snesha Bloom Bilder_Lukas Wälli

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Top: Nanushka by Vivian Graf Necklace: Hermès

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Wann ist ein Mensch schön in deinen Augen? Was bedeutet Schönheit für dich persönlich? Schönheit hat für mich viel mit Selbstvertrauen zu tun, stolz auf sich zu sein, egal, welche Standards es gibt, bescheiden zu bleiben und gute Energien zu haben. Jeder ist auf seine Weise schön, und deshalb ist es so schwer, eine universelle Definition des Wortes Schönheit zu finden. Jemand ist schön für mich, wenn er mir das Gefühl gibt, etwas Besonderes zu sein. Er gibt mir die Stimmung, wild und einzigartig zu sein. Es geht mehr um die positiven Energien, die jemand dir geben kann, als um sein Aussehen.

EIN SWISS-MODEL EROBERT DIE INTERNATIONALE MODEWELT: VON GUCCI- UND VETEMENTS-­ KAMPAGNEN BIS ZUR «VOGUE»–PRISCILLA CHESEAUX HAT DEN GROSSEN DURCHBRUCH GESCHAFFT. SEIT IHREM KARRIERESTART 2018 HAT DAS ERFOLGREICHE MODEL SCHON VIEL ERREICHT, TROTZDEM SCHEUT SICH DAS JUNGE FOTOTALENT NICHT DAVOR, NOCH GRÖSSER ZU TRÄUMEN.

Welche sind die guten und die schlechten Seiten am Modeln? Jeder erlebt das Modeln anders, aber für mich war das Gute, zu reisen und neue Städte entdecken zu können, kreative Leute kennenzulernen, etwas über Mode zu lernen, mehr Selbstvertrauen zu gewinnen, coole Bilder zu produzieren und ein Einkommen zu generieren. Die schlechten Seiten sind die Tatsachen, dass nicht jeder immer nett ist, Leute können versuchen, dich zu Fall zu bringen und dir ein schlechtes Gefühl für dein Aussehen zu vermitteln. Deshalb ist es wichtig, für sich selbst zu stehen und sich für niemanden zu verändern, da es schnell ungesund werden kann. Ausserdem kann Modeln auch stressig werden mit all den Castings und Reisen, aber wie bei jedem Job ist es überschaubar und nicht immer eine schlechte Sache.

PRESTIGE: Priscilla, dich für ein Shooting zu buchen, war nicht leicht. Du bist derzeit das Gesicht vieler Kampagnen und auf hunderten von Catwalks zu sehen. Wann gelang dir der Sprung in die Modebranche? PRISCILLA CHESEAUX: Ich denke, es wurde ernst, als ich bei meiner Mutteragentur V Management New York unterschrieb. Sie sagten mir sofort, dass ich mit Modeln meinen Lebensunterhalt sichern könnte, und ich vertraute ihnen. Dann halfen sie mir, in verschiedenen Ländern gebucht zu werden, und ich begann, hauptberuflich als Model zu arbeiten.

Hast du einen Ratschlag für junge, aufstrebende Models? Meine Botschaft an die Newcomer wäre, sich mit gesunden Menschen zu umgeben, die sich für dich einsetzen, sich selbst treu bleiben und sich konzentrieren, manifestieren, gross träumen, der eigenen Intuition folgen und nicht aufgeben. Es kann mental belastend sein, aber man kann nicht jedem gefallen, und nicht jeder hat einen guten Geschmack.

Fangen wir gleich mit den Highlights an: Wie war deine Erfahrung, für Gucci zu arbeiten? Absolut surreal. Das war eines meiner Ziele, als ich anfing, als Model zu arbeiten, und dieses zu erreichen, hat mich so glücklich und stolz auf die harte Arbeit gemacht. Ausserdem war es sehr schön, mit dem Gucci-Team zusammenzuarbeiten! Wie nimmst du die Entwicklung auf den Laufstegen dieser Welt wahr? Unterstützt du die These, dass Models, auch in Bezug auf ihre Körpermasse, diverser werden und nicht mehr den klassischen Stereotypen entsprechen? Ich denke, dass Mode und die Models zwar vielfältiger werden, diese aber immer noch von den Marken und dem Markt abhängig sind. Es ist noch nicht perfekt, aber es entwickelt sich definitiv weiter, und ich hoffe, dass immer mehr Marken diese Mentalität annehmen, weil Mode die Welt so widerspiegeln sollte, wie sie ist: vielfältig.

Was sind deine Ziele und Wünsche für die Zukunft? Ich würde gerne Teil eines Videoclips einiger Künstler sein, die ich höre, wie Shygirl oder Arca, Eartheater. Dies ist etwas, was ich noch nie erlebt habe, und es wäre so aufregend. Nachdem ich in mehreren «Vogue»-Editorials war, würde ich zum Beispiel gerne ein Cover-Shoot bekommen. Es gibt eine lange Liste von Dingen, die ich noch erreichen möchte, um meine Karriere weiter voranzutreiben.

Labels setzen auf «inclusive booking» – werden die Karten im Fashion-Business neu gemischt, da die Akzeptanz von Models, die nicht der Norm entsprechen, mittlerweile grösser ist? Wie ich bereits erwähnt habe, entwickelt sich die Mode ständig weiter, und Inklusivität ist Teil der Entwicklung. Daher ist das Buchen von Models, die nicht der «Norm» entsprechen, ein Muss, da sich die Leute mit ihnen identifizieren und ihre Unterschiede und was sie einzigartig macht akzeptieren können.

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PHOTOGRAPHY: LUKAS WÄLLI

PHOTOGRAPHY ASSISTANT: KATHRIN HUBER

MODEL:

PRISCILLA FROM VISAGE INTERNATIONAL MANAGEMENT ZÜRICH

STYLING:

ARIANNA PIANCA FROM STYLE COUNCIL ZÜRICH

STYLING ASSISTANT: ANTONINA MITCHENKO

HAIR:

GIADA MARINA GIORGIO

MAKE-UP:

SNESHA BLOOM

POSTPRODUCTION: LENA JUICE

PRODUCTION:

CALL LIST PRODUCTION ZURICH

LOCATION:

S+K WERBEFOTOGRAFIE

SPECIAL THANKS TO:

SARAH CALDWELL AND ZINETA BLANK

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FASHION Dress: Nanushka by Vivian Graf Earrings: Hermès

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LINKS Total Look: Prada RECHTS Total Look: Erdem

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PRESTIGE LINKS Top: Akris at Maison Gassmann Pants: Just Cavalli RECHTS Total Look: Hermès

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LINKS Total Look: Hermès RECHTS Suit and blouse: Akris at Maison Gassmann Shoes and choker: Hermès

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TR EN DS

BOTTEGA VENETA

Beigefarbener Blazer aus einer ViskoseSeiden-Mischung in lockerer Passform. Spitzkragen, Schulterpolster und ein elastischer Taillengürtel mit goldener Schnalle sorgen für einen eleganten Look.

M B by

MAX MARA

Die Liebe zur Renaissance, deren Malern und Künstlern war der Ausgangspunkt der Frühjahrskollektion von Max Mara. Gedämpfte Farben, dekorative Mosaik­ muster, weite Schnitte und Manschetten sind Teil der Kollektion.

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KHAITE

«Kitten Heels» prägen auch im Frühling weiterhin die Schuhmode. Dieses Modell von Khaite zeichnet sich durch einen offenen Rücken aus, der sich in einen raffinierten Riemen verwandelt. Italienische Handwerkskunst zeigt sich in der tadellosen Konstruktion, die einen Knöchelriemen mit Schnallenverschluss, farblich abgestimmte Absteppungen und eine Ledereinlegesohle umfasst.

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www.despinapetric.com


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Verschmelzung von Eleganz und Erotik. Dieses Werk mit dem Titel «Rose Hips and Syrup of Deadly Nightshade» erschien 1947 in der «Picture Post».

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SCHÖNHEIT IST NICHT

SCHÖN

Erwin Blumenfeld ER ÜBERSTEHT ZWEI WELTKRIEGE, MEHRERE INTERNIERUNGSLAGER WÄHREND DES ZWEITEN WELTKRIEGES, WEHRT SICH GEGEN DAS REGIME, BRÜSKIERT MIT DER FOTOCOLLAGE «HITLER­ FRESSE» DEN DEUTSCHEN BOTSCHAFTER IN PARIS, HAT EINE SPITZE ZUNGE UND EIN NOCH SCHÄRFERES AUGE. DIE DUNKEL­KAMMER IST SEIN ­KÖNIGREICH, FRAUEN SEINE BESESSENHEIT. ER GILT ALS INNOVATIVSTER UND EIN­FLUSSREICHSTER FOTOGRAF DES 20. JAHRHUNDERTS UND HÄLT DEN REKORD FÜR DIE MEISTEN TITELSEITEN DER «VOGUE». ERWIN BLUMENFELD.

Er umhüllt sie mit zarten Schleiern, verzerrt oder vervielfacht sie, jongliert mit Licht und Schatten, Effekten und setzt sie so in Pose wie keiner vor ihm. Neben George Hoyningen-Huene, Cecil Beaton und Horst P. Horst ist Erwin Blumenfeld einer der frühen Pioniere der Modefotografie. Nicht nur durch den Einsatz experimenteller Techniken in der Dunkelkammer, dadaistischer und surrealistischer Einflüsse sowie bahnbrechender Streetworks, sondern auch durch seine einzigartige und meisterhafte Verschmelzung von Eleganz und Erotik. Er verwandelt Mode in hohe Kunst und drückt nicht einfach nur den Auslöser. Er erschafft Mythen. Innovativ, mutig und seiner Zeit weit voraus, schert er sich weder um «dos» noch «dont’s» und schon gar nicht um den Mainstream. Er macht das, was er will, wie er will, und ebnet damit auch den Weg für andere berühmte Fotografen der Kunstgeschichte wie Richard Avedon, Irving Penn oder Herb Ritts. In den 1930er, 40er und 50er Jahren reproduzieren «Harper’s Bazaar» und «Life» seine Arbeiten, die inzwischen zu Ikonen der Geschichte der Modefotografie zählen. Die Abzüge zeigen nicht nur Erwin Blumenfelds äusserst originelle und visionäre Arbeit als Modefotograf, sondern auch sein spektakuläres Können als Druckgrafiker. Er verwendet Spiegel, Glas und Hintergründe, ist unermüdlich erfinderisch und setzt eine Vielzahl optischer und chemischer Tricks wie Mehrfachbelichtung, Solarisation und Bleichen ein, um einzigartige Effekte zu erzielen. Erwin Blumenfeld ist besessen von Frauen und der Überzeugung, dass eine teilweise verdeckte Frau erotisch aufgeladener ist als eine gänzlich nackte. Der weibliche Körper wird zum Spielball seiner Fantasien, und mit seinen Techniken will er die abstrakte Schönheit eines isolierten Details unterstreichen. Mal verwandelt er sie in eine alterslose, unerreichbare Göttin, mal in eine schlafende Schönheit, die von einem Voyeur überrascht wird, während sie auf ihren Märchenprinzen wartet, der sie aus ihrem Dornröschenschlaf wachküsst. Der platonische Erotomane stellt die Frau ausserhalb Blumenfelds Reichweite und

Autorin_Helena Ugrenovic Bilder_The Estate of Erwin Blumenfeld

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ist geprägt von tiefsten Kindheitserinnerungen: «… ihre unverschämte Schönheit, umso nackter wegen ihrer durchsichtigen Schleier … da wurde der Wunsch in mir geboren, durch Transparenz hindurchzusehen.»

Stammgästen «Café des Grössenwahns» genannt wird, lernt er 1913 den 42-jährigen Philosophen und Schriftsteller Salomo Friedlaender-Mynona kennen, den er als seinen geistigen Vater bezeichnet. «Aus seinem Munde hörte ich zum ersten Mal die Zauberworte Psychoanalyse und Relativität und den Namen Montaigne. Er zeigte mir den Notausgang aus meinem Elternhaus durch das Café Megalomania, Café des Westens.» Walter Mehring ist das entscheidende und wichtigste Bindeglied zwischen Herwarth Waldens «Sturmgemeinschaft» und dem Berliner Dadaismus und besonders fasziniert von den Werken George Groszs. Trotz des Umstandes, dass Walter Mehring sein Freund ist, kann er sich in seiner Briefkorrespondenz mit George Grosz verbale Spitzen gegen Mehring nicht verkneifen und äusserst sich zynisch und abschätzend über den Bohème-­ Dichter par excellence. Für seinen Geschmack ist dieser nicht weltoffen genug und «… bleibt alles Pipi-Fax mässig, als hätte Mehring es erdacht …». Jahre später, in den 1930er Jahren, kommentieren sie Mehrings schwierige Lebensumstände, dessen Bücher auf dem Scheiterhaufen verbrannt werden und Joseph Goebbels ihn am Galgen sehen will, eher spöttisch als besorgt.

STERNENGEBURT Es ist ein interessantes Jahr, in dem Erwin Blumenfeld am 26. Januar 1897 als Sohn jüdischer Eltern in Berlin geboren wird. Kriege beginnen, Kriege enden. Der Arzt John Harvey Kellogg lässt den Patienten in seinem Sanatorium in Michigan / USA zum ersten Mal Cornflakes servieren, das Schweizer Taschenmesser wird als Handelsmarke geschützt, Felix Hoffmann stellt zum ersten Mal Acetylsalicylsäure in einer reinen Form her, und Aspirin wird zur Kult-Kopfschmerztablette, der Roman «Dracula» des irischen Autors Bram Stoker wird in London veröffentlicht, und es ist auch das Geburtsjahr von Joseph Goebbels. Oder wie Erwin Blumenfeld seine Geburtsstunde später in seiner Autobiographie «Einbildungsroman» beschreibt: «… was auch immer die genauen Details sein mögen, am 5. Mai 1886, zur Mitternachtsstunde, wurde ich kurzerhand in mein erstes Konzentrationslager gesteckt. Doppelt gefesselt, neun Monate lang in Einzelhaft und unter unmenschlichsten Lebensbedingungen zum Tod verurteilt, begann ich zu lernen, wie man stirbt. So wurde ich am 26. Januar 1897, einem Donnerstagmorgen, den ich nie vergessen werde, halb erschlagen, sprachlos, am Ende meiner Kräfte, splitternackt und mit freundlichen Grüssen, an die frische Luft geschickt. Sie meinten, ich müsse atmen, also klopften sie mir auf den Rücken. Was ich einatmete, war der kohlensäurehaltige Gestank von Lysol-Gossen, vermischt mit dem Dampf frischen Pferdekots – die berühmte Berliner Luft.» Die Familie lebt in gutbürgerlichen Verhältnissen. Vater Albert Blumenfeld ist Geschäftsmann und leitet die Schirm- und Spazierstock-Firma «Jordan & Blumenfeld», Mutter Emma kümmert sich um den Nachwuchs. Von 1903 bis 1913 besucht Erwin Blumenfeld das Askanische Gymnasium in Berlin, eine altsprachliche Eliteschule, und schiesst im Alter von 10 Jahren seine erste Fotografie mit einer Kamera, die ihm sein Onkel Carl schenkt. «Mein eigentliches Leben beginnt mit der Entdeckung der chemischen Magie, dem Spiel von Licht und Schatten, dem zweischneidigen Problem Negativ und Positiv. Ich hatte von Anfang an das Auge eines guten Fotografen.» Als sein Vater an Syphilis stirbt, ist der 16-jährige Erwin gezwungen, sein Studium aufzugeben. Die Familie ist bankrott, und Mutter Emma bewegt sich zwischen dem heimischen Herd und Sanatorien. Er beginnt eine Lehre bei Moses und Schlochauer, einem Unternehmen für Damenkonfektion, um die Familie finanziell zu unterstützen. «Ich liess die Tränen auf die Gedichte tropfen, die ich gerade geschrieben hatte, und schwor feierlich, nie wieder zu masturbieren und mich um meine Mutter zu kümmern. Ich habe beide Schwüre gebrochen.»

EIN HOLPRIGER WEG 1917 wird auch Erwin Blumenfeld in die deutsche Armee eingezogen und agiert an der Westfront zuerst als Krankenwagenfahrer, später in der Nähe der belgischen Grenze als Buchhalter des Feld-­ Bordells Nr. 209. Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges folgt er Paul Citroens Cousine Lena, die er 1921 heiratet, nach Amsterdam und hält sich mit Arbeiten in Modegeschäften und für Buchhändler über Wasser. Der Versuch, mit Paul Citroen einen Kunsthandel aufzuziehen, scheitert daran, dass in Holland praktisch kein Markt für zeitgenössische Kunst existiert. Stattdessen wird Erwin Blumenfeld Sonntagsmaler, fertigt Collagen und Zeichnungen und beteiligt sich an der niederländischen Dada-­Bewegung. In Amsterdams beliebtester Shoppingmeile Kalverstraat eröffnet er 1923 das Lederwarengeschäft «Fox Leather Company» und verkauft Taschen. Das Geschäft läuft mehr schlecht als recht, und als er 1932 auf dem Gelände hinter seinem Geschäft eine betriebsbereite Dunkelkammer entdeckt, beginnt er, seine Kundinnen zu porträtieren, und stellt die Fotos in seinem Schaufenster neben seinen Collagen aus, mit denen er das politische Zeitgeschehen scharf kommentiert und kritisiert. Seine Fotografien erwecken mehr Interesse als die Taschen aus Krokodilleder, und 1935 ist sein Geschäft pleite. Doch noch im selben Jahr werden seine Arbeiten in der französischen Zeitschrift «Photographie» veröffentlicht sowie auf einer Gruppenausstellung der Kunsthochschule von Paul Citroen ausgestellt. Aus­ serdem erhielt Blumenfeld 1934 / 35 die Chance, seine Fotografien im Kunstzaal Van Lier in Amsterdam zu präsentieren. DIE WEICHEN SIND GESTELLT 1936 beschliesst Erwin Blumenfeld, sich professionell der Fotografie zu widmen, und zieht nach Paris. Das Glück steht ihm zur Seite, denn zwei Persönlichkeiten öffnen ihm die Tore zum Erfolg. Geneviève Rouault, Tochter des französischen Malers und Grafikers der Klassischen Moderne, Georges Rouault, die er als ehemalige Kundin in seinem Laden in Amsterdam kennengelernt hat, stellt seine Fotografien in ihrer Zahnarztpraxis in der Nähe der Opéra aus. Durch sie macht er nicht nur die Bekanntschaft ihres Vaters und von Henri Matisse, sondern sie sichert ihm zugleich Kunden für seine Porträts. Eines seiner bekanntesten

A BOHEMIAN WAY OF LIFE Erwin Blumenfeld liebt es, nicht nur zu lesen und zu schreiben, er liest auch leidenschaftlich gerne vor. Mit seinem besten Freund der Schule, Paul Citroen, trifft er sich zu dieser Zeit häufig im Café des Westens, einem beliebten Treffpunkt für Expressionisten. Mit Walter Mehring und Paul Citroen gründet er eine Clique, die zunächst nur aus Jungs besteht und deren Kern sich aus Rudi Arnheim, Walter Seliger, Martin Wasserzug, Ernst Kirschbaum und Walter Joseph zusammensetzt. Alle sind sie literatur-, theater- und bildkunstbegeistert. Im Café des Westens, das unter den

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LINKS Nur eines von vielen: das Cover der amerikanischen «Vogue» vom 15. März 1950.

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«DAS­GEHEIMNIS HINTER MEINEN ­PORTRÄTS? ­BEVOR ICH DEN AUSLÖSER DRÜCKE,STELLE ICH EINER FRAU DIE EINZIG­ARTIGE FRAGE,DIE WUNDER BEWIRKT – WILLST DU MICH HEIRATEN?» Erwin Blumenfeld

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Pat Blake 1954 für die amerikanische «Vogue».

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Bilder, «Nude under Wet Veil», entsteht in dieser Zeit. Zwei Jahre später verhilft ihm Sir Cecil Walter Hardy Beaton, ein britischer Fotograf, Bühnenbildner und Grafiker, zu einem Vertrag mit der französischen «Vogue». 1939 fotografiert er das berühmteste Fotomodel der Modegeschichte, Lisa Fonssagrives, mit einer waghalsigen Aufnahme, bei der sie in schwindelerregender Höhe am Rande des Eiffelturms in einer luftigen Robe von Lucien Lelong posiert. SPRUNG ÜBER DEN OZEAN Nach Ausbruch des Zweiten Weltkriegs findet die Familie Zuflucht im französischen Burgund. Erwin Blumenfeld sichert seine Prints und Filme in seinem Studio in Paris und übergibt sie in die Obhut eines Bekannten. Auf dem Weg zu seiner Familie jedoch wird er in insgesamt fünf französischen Internierungslagern inhaftiert. 1941 gelingt ihm die Emigration in die USA, was sich zugleich auch als Aufstieg in den Olymp erweist. Er wird sofort von «Harper’s Bazaar» unter Vertrag genommen und arbeitet drei Jahre später als freier Mitarbeiter für die amerikanische «Vogue». In den 1940er und 1950er Jahren erscheinen seine Arbeiten auch in allen führenden Modemagazinen, er arbeitet für das Kaufhaus Dayton’s und produziert gleichzeitig Werbekampagnen für die Kosmetikriesen L’Oréal, Helena Rubinstein und Elizabeth Arden. Erwin Blumenfeld ist der bestbezahlte Modefotograf seiner Zeit und geniesst sein Leben in vollen Zügen. Er pendelt zwischen seinem glamourösen Studio am Central Park in New York City, in dem sich Superstars wie Marlene Dietrich, Audrey Hepburn und Grace Kelly die Klinke in die Hand geben, und seinem Strandhaus in den Hamptons. In den 1960er Jahren schreibt er seine Biografie «Einbildungsroman», die jedoch erst nach seinem Tod veröffentlicht wird. Die Verlage weigern sich, das in ihren Augen abstossende, vor Chuzpe, Hohn und Selbstironie triefende Werk herauszugeben, in dem Erwin Blumenfeld seinen Vater als jüdischen Bankrotteur, seine Mutter als Phrasendreschmaschine und sich selbst als Totengräber an der Westfront und Star-Photograph im Land der unbegrenzten Möglichkeiten bezeichnet. Gnadenlos bösartig und vor Sarkasmus strotzend rechnet er mit den Deutschen, Franzosen, Holländern, den Juden und mit sich selbst in der Welt, die er als eine «Geltungsbedürfnisanstalt» betitelt, ab. Am 4. Juli 1969 stirbt Erwin Blumenfeld an einem Herzinfarkt in seinem Hotelzimmer in Rom und verlässt die Bühne der Geltungsbedürfnisanstalt. Und auch dieser letzte Akt spiegelt sein Wesen, alles so zu machen, wie er will. «Mein Vater musste Herztabletten einnehmen. Doch er nahm sie nicht», erzählt sein Sohn Yorick in einem Interview. «Er stand in sengender Hitze auf der Spanischen Treppe und weigerte sich, in ein Krankenhaus transportiert zu werden. In meinen Augen ist es ein Suizid.»

Erwin Blumenfeld: Studio Blumenfeld, 1941-1960 216 Seiten Steidl Verlag ISBN 978-3-86930-531-8 www.steidl.de

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TOM FORD

Schultertaschen liegen hoch im Kurs – auch bei den Männern. Diese zweifarbige Kuriertasche im One-Shoulder-Design wurde aus Baumwolle gefertigt und bietet dank zwei voneinander getrennten Reissverschluss­ fächern Platz für die alltäglichen Essentials. Die kontrastreichen Details aus glattem Leder und das eingestanzte Logo von Tom Ford komplettieren die Tasche.

M MARGARET HOWELL

MEN SALVATORE FERRAGAMO

TREN DS

Die Frühjahrskollektion von Margaret Howell ist auf nützlichen Komfort für Frauen und Männer, mit einem perfekten Sinn für Nachhaltigkeit und Minimalismus ausgelegt. Beruhigende Farben, zweckmässige Schnitte und zurückhaltende Designs prägen die Linie und die Arbeiten von Margaret Howell, die in diesem Jahr ihr 50. Jubiläum feiert.

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Mokassins sind eine wahre Ikone des lässigen, schicken Stils und sorgen für einen entspannten, eleganten Look, der sich perfekt für informelle Tage eignet. Dieses Modell besteht aus weichem Wildleder, einer SFSchnalle und der klassischen 3D-Gummisohle. Das «Tubular»-Verfahren, mit dem dieser Schuh hergestellt wird, garantiert aussergewöhnliche Weichheit und Leichtigkeit, während das Obermaterial nach einer traditionellen Technik von Hand genäht wird, die ­ausschliesslich Luxusschuhmachern vorbehalten ist.

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© Christian Halleröd

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Autorin_Swenja Willms

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ER VERÄNDERT SICH SCHNELL UND ENTWICKELT SICH GLEICHZEITIG SEHR LANGWIERIG: DER PERSÖNLICHE STIL. ANSTATT GNADENLOS ZU KOPIEREN, WAS AUF DEN LAUFSTEGEN UND SOCIAL MEDIA VORGELEBT WIRD, GILT ES, SICH DER KREATIVITÄT HINZUGEBEN UND DEM EIGENEN CHARAKTER TREU ZU BLEIBEN. CHRISTIAN KLAPPUTH, PERSONAL SHOPPER IN ZÜRICH UND AUCH BEKANNT ALS DER «EXTRAVAGANT SHOPPER», STEHT HIERBEI SEINER KLIENTEL BERATEND ZUR SEITE. UM EINE GARDEROBE ZU SCHAFFEN, DIE STILSICHER, INDIVIDUALISIERT UND VOR ALLEM AUTHENTISCH IST.

BLICK


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PRESTIGE: Herr Klapputh, wie haben Sie Ihre Berufung als Personal Shopper gefunden? CHRISTIAN KLAPPUTH: Alles begann 2008 mit meinem Umzug in die Schweiz. Styling und Textilien haben mich schon im jungen Alter angefangen zu begeistern, und ich habe relativ schnell eine Leidenschaft und meinen eigenen Stil entwickelt. Bekannte und Kollegen fingen hin und wieder an, mich um Rat zu fragen, wenn es um Mode ging. Zu diesem Zeitpunkt habe ich mir noch nicht viel dabei gedacht. Eines Tages setzte ich mich dann in ein Café und traf zufällig einen Kollegen, mit dem ich ins Gespräch kam. Irgendwann kamen wir auf unseren Beruf zu sprechen. Zu diesem Zeitpunkt studierte ich an der Textilfachhochschule und machte gerade mein Bachelor-Diplom, und mein Kollege übte bereits den Beruf des Personal Shoppers aus. Er ermutigte mich dabei, auch als Personal Shopper tätig zu werden, und gab mir meine ersten Kundenkontakte mit auf den Weg. Diese zwei Kunden begann ich zu betreuen, gab ihnen Tipps, ging mit ihnen shoppen und machte Garderobenchecks. So baute ich mir nach und nach einen Kundenstamm auf. Es war also Zufall … So ist es. Aber ich habe schon immer gerne mit Menschen zusammengearbeitet und tue dies auch neben meiner Arbeit als Personal Shopper. Zufälle passieren ja nicht einfach so. Die Arbeit mit Ihrer Kundschaft steht im Mittelpunkt Ihres Berufs. Welche Eigenschaften schreiben Sie Ihrer Klientel zu? Grundsätzlich kann ich meine Klientel in zwei Muster aufteilen: Die einen sehen die Zeit, die sie mit Shopping verbringen, als Frust statt Lust. Sie gehen ungern einkaufen, weil sie keine Freude daran verspüren, vielleicht auch, weil sie sich zu wenig auskennen oder weil sie ihre Zeit gerne mit anderen Sachen verbringen. Auf der anderen Seite habe ich die Kundschaft, die es einfach schätzt, eine

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Zweitmeinung einzuholen, damit sie im Berufsleben oder auf Events ein gutes Bild abgeben und selbstsicher auftreten. Meine Kundschaft legt grossen Wert auf erstklassigen Service. Es ist ihnen wichtig, dass sie sich jederzeit verstanden fühlen und dass sie nicht das Gefühl haben, ich würde ihnen etwas aufschwatzen. Für mich sind meine Klienten auch keine Kunden im eigentlichen Sinne. Das Wort «Kunde» ist für mich so negativ behaftet. Für mich sind es fast schon Freunde, weil man automatisch eine freundschaftliche Bindung zu ihnen aufbaut. Und das ist für mich das Schönste an meinem Beruf. Wie sieht ein typischer Arbeitstag als Personal Shopper aus? Mein Tag startet mit einem gemütlichen Frühstück und dem Checken meiner E-Mails und meines Terminkalenders. Meistens geht es dann bereits zum ersten Gespräch mit meinen Kunden bei ihnen zuhause – coronabedingt auch mal im Café oder per Telefon. Zuhause eignet sich ein Gespräch aber am besten, da eine meiner Hauptaufgaben darin besteht, die Garderobe des Kunden zu analysieren und eine Vorauswahl zu treffen. Meine Beratung findet hauptsächlich im Bereich der Farbwahl und Kombinationsmöglichkeiten statt und wie diese mit der individuellen Persönlichkeit in Einklang gebracht werden können. Mir ist es ein grosses Anliegen, die Persönlichkeit meiner Kunden zu wahren. Ich möchte niemanden verkleiden. Der nächste Schritt ist dann der gemeinsame Einkauf. Im Vorfeld mache ich mir bereits darüber Gedanken, welche Boutiquen ich mit dem Kunden besuchen möchte, bestelle gegebenenfalls bereits dort Kleidungsstücke oder lasse welche zurücklegen. Damit lässt sich Zeit sparen, und ich garantiere einen reibungslosen Ablauf für meine Kunden, denn diese haben meistens selbst auch einen ziemlich vollen Terminkalender. Am Ende des Tages geht der Kunde dann meistens mit ein paar vollen Taschen nachhause, manchmal ist es aber auch nur eine Ergänzung oder Kleidungsstücke für einen bestimmten Event.


© Christian Halleröd

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Wie muss man sich einen solchen Garderobencheck vorstellen? In einem ersten Schritt frage ich den Kunden ganz gerne, was die Lieblingsteile seiner Garderobe sind und welche Teile er schon länger nicht mehr getragen hat oder ob er eher ein negatives Verhältnis zu seiner Garderobe hat. Die Kleidungsstücke, die dann nicht mehr infrage kommen, werden aussortiert. So hat man schon mal eine erste Bestandsaufnahme, wie der Kunde seinen Style definiert. Dann bespricht man, welche Kleider eher im Beruf und welche im privaten Bereich getragen werden. Dann starte ich mit meinem eigentlichen Check in Bezug auf Farbwahl oder Schnitt. In jedem Schritt wird aber der Kunde mit einbezogen, und ich teile ihm auch stets meine Vorstellungen mit. Man merkt dann schnell, wo der Kunde Einwände hat und wo nicht. Mit der Zeit entwickelt man auch ein Gespür dafür.

meines Einflusses auf die Kunden bewusst und gehe damit sehr respektvoll um. Ich stehe dem Kunden in beratender Funktion zur Seite und möchte ihm auf keinen Fall etwas aufzwängen. Ich sehe den Menschen vor mir und gehe auf seine Wünsche ein. Die eigenen Interessen sollten nicht im Vordergrund stehen. Auf welche Kriterien achten Sie beim Einkaufen? Für mich spielen das Material und die Qualität des Produkts eine grosse Rolle, aber auch die Farbe, das Muster und die Schnitte, immer unter Berücksichtigung des jeweiligen Körperbaus natürlich. Die Marken sind für mich eher im Hintergrund angesiedelt. Für mich ist wichtig, dass die Qualität der Produkte stimmt und dass es zum Kunden passt. Branding allgemein ist für mich ein No-Go. Meine Kundschaft möchte, dass man ihr von aussen ansieht, wo sie herkommt, aber nicht, mit welchen Marken sie identifiziert wird. Bei den Damen ist es noch ein Stück weit mehr die Exklusivität.

Der persönliche Stil ist ja auch von dem individuellen Charakter geprägt ... Auf jeden Fall. Während diesem Gespräch lerne ich die Persönlichkeit des Kunden kennen und finde heraus, was seine Vorlieben, Lieblingsfarben- und -designer sind oder was er im Beruf oder in der Freizeit gerne macht. Durch eine abgestimmte Garderobe wird das Selbstbewusstsein des Kunden mehr in den Vordergrund gerückt – sie ist im Einklang mit der Persönlichkeit.

Als Personal Shopper ist ein Gespür für Mode und Trends gefragt. Was sind Ihre Quellen der Inspiration? An Social Media komme auch ich nicht vorbei. Aber auch Fachmessen wie zum Beispiel die «Florenz Pitti Immagine Uomo» oder Fashion Trend Forecasting Agencies liefern wichtige Impulse. Fashionshows verfolge ich nur teilweise, da diese mehr und mehr von Influencern beeinflusst werden. Es gibt ja mittlerweile viele Marken, die aufgrund von Influencern umstrukturiert werden, um eine jüngere Zielgruppe anzusprechen. Ob das dann auf die Dauer nachhaltig ist und wie sich das über die Jahre hinweg entwickeln wird, bleibt abzuwarten. Aus meiner Sicht verlieren die Marken dadurch ihre Identität. Die Emotionen,

Inwiefern haben Ihre eigene Meinung und Ihr eigener Stil Einfluss auf die Beratung? Ich denke, jeder Stylist hat seine eigene Meinung und seinen eigenen Stil. Die eigenen Stilelemente werden sicherlich auch ab und zu beim Kunden miteingebaut, aber der Kunde und die Person dahinter stehen trotzdem an erster Stelle. Ich bin mir

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die man mit einer Marke verbindet, werden dadurch wie ausgehebelt. Es wird sich zeigen, ob Marken in der Zukunft eine neue Bedeutung erlangen. Gleichzeitig werden viele neue Marken ins Leben gerufen, die auf diese Nachhaltigkeit, Qualität und hochwertige Materialien setzen. Auf was legen Sie Wert, wenn es um das persönliche Styling geht? Das ist sehr individuell. Wenn ich die Garderobe der Kunden sehe, dann merke ich schnell, in welchem Farbspektrum ich mich beispielsweise bewege. Klar gibt es Kleidungsstücke in Naturtönen wie zum Beispiel in Beige oder Braun oder eine klassische Jeans, die immer kombiniert werden können. Aber neue Impulse sind trotzdem wichtig. Diese Inspirationen hole ich mir dann gerne auf Reisen. Natürlich hat sich vieles durch die Internationalisierung vereinheitlicht, aber es gibt dennoch Unterschiede in einzelnen Metropolen. Hier kriegt man ständig Inspirationen für neue Styling-Elemente. Und wenn ich dann einen Kunden habe, zu dem das passt, baue ich das natürlich gerne ein. Dann gibt es nur noch die Schwierigkeit, dieses Produkt dann auch in einer Boutique zu finden.

jedoch bestelle, mache ich eine Fotodokumentation, bespreche die Auswahl mit den Kunden und mache anschliessend das Fitting zuhause. Auch unterwegs schicke ich mal Fotos, wenn ich auf ein interessantes Kleidungsstück stosse. Der Austausch mit dem Kunden ist somit fast noch präsenter als vorher. Welchen Tipp können Sie unseren Lesern mit auf den Weg geben, um den eigenen Stil zu perfektionieren? Mode wird immer schnelllebiger, und viele Menschen verlieren dabei ihre eigene Persönlichkeit oder suchen noch nach sich selbst. Die eigene Persönlichkeit zu sich selbst und nach aus­ sen zu tragen, ist etwas unglaublich Schönes. Und um das tun zu können, sollte man sich mit sich selbst auseinandersetzen, sich fragen, wer ich bin und was ich möchte vom Leben. Wie definiere ich meinen Stil: elegant, sportlich, verspielt, casual oder fashionaffin? Dazu sollte man sich einen Tag lang Zeit nehmen und seine Garderobe von A bis Z reflektieren. Gerade jetzt haben wir alle Zeit dazu. Wenn man sich seinem Stil bewusst ist, kann man auch gezielter auf Einkaufstour gehen. Und das Wichtigste: positiv und kreativ bleiben!

Sicherlich haben Sie auch einige Lieblingsboutiquen, in denen Sie solche expliziten Styling-Elemente finden, oder? Klar habe ich in Zürich meine Lieblingsboutiquen. Mit der Zeit kennt man auch das Sortiment und die Mitarbeiter und entwickelt eine Bindung zu ihnen. Auch die neusten Kollektionen der Brands behalte ich im Auge, oder ich konsultiere Multibrands-Shops. Onlineshopping betreibe ich ebenfalls. Hier ist der Vorteil, dass man zeitlich flexibel ist. In den Städten findet man halt vergleichsweise wenig Auswahl. Dahingegen findet man online alles auf Knopfdruck, wenn man weiss, wo man es suchen muss. Bestimmt auch eine gute Alternative, wenn die Boutiquen aufgrund der Coronakrise geschlossen haben. Inwiefern hat die Krise Ihren Beruf noch beeinflusst? Ich musste mir definitiv etwas einfallen lassen, wie ich meinen Kunden den Service, den ich sonst anbiete, nun auch während dem Lockdown anbieten kann. Schnell habe ich dann gemerkt, dass Facetime der optimale Weg dafür ist, da es reibungslos funktioniert und zeitsparend ist. Ich spare mir den Weg zum Kunden, und dieser ist flexibel, was das Zeitfenster angeht. Auch der Shoppingtrip erspart sich dem Kunden. Das Shoppen in den Boutiquen wird dann online durchgeführt. Bevor ich Artikel

Weiss die Mode mit der individuellen ­Persönlichkeit in Einklang zu bringen: Christian Klapputh.

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BE AUTY WELL BEING PRESTIGE

BEAUTY & WELL BE ING

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Nachhaltige Schönheit DAS BEWUSSTSEIN FÜR DIE UMWELT BLÜHT AUF. UND ES MACHT AUCH SCHÖN: NATURKOSMETIK WAR NOCH NIE SO BELIEBT WIE HEUTE. IMMER MEHR GRÜNE NISCHENBRANDS EROBERN DEN BEAUTY-MARKT MIT EDLEN ABSICHTEN, IDEEN UND VISIONEN.

Autor_Beat Krenger

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Unsere Haut tragen wir ein Leben lang. Viele Menschen schenken ihr oft wenig Beachtung, bis sie eines Tages allergisch reagiert oder sich die ersten Falten ankündigen. Rund zwanzig Minuten am Tag verbringen wir durchschnittlich im Badezimmer. Die tägliche Körperpflege ist vielfach Gewohnheit und wird mehr oder weniger bewusst morgens und abends als selbstverständliches Ritual wiederholt. Dabei kann gerade diese kurze Zeitspanne dazu beitragen, dass wir uns in unserer Haut besser fühlen. Natürlich muss man die Produkte mögen, die aufgetragen werden. Sie müssen gut riechen, sie müssen wirksam und verträglich sein. Immer mehr Menschen verlangen aber mehr. Ob Gesichts­ creme, Body-Lotion, Shampoo, Parfum oder Deo: Man will wissen, was genau darin steckt, wie und wo sie genau hergestellt wurden und ob sie auch nachhaltig wirken. Die Absicht liegt auf der Hand: Wir entscheiden heute sehr bewusst, was wir auf unserer Haut und in unserem Körper haben wollen und was nicht. Im digitalen Zeitalter ist es viel einfacher geworden, sich über die verwendeten Inhaltsstoffe und deren Wirkung zu informieren. Und so fordern viele Konsumenten immer selbstverständlicher, womit sie ihren Körper pflegen möchten, damit sie sich rundum wohlfühlen. Umweltfreundliche Herstellung, natürliche Produkte aus fairem Handel und Recycling sind endgültig in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Skincare bedeutet auch Selfcare. Oder anders formuliert: Verwöhne dich selbst – ohne schlechtes Gewissen. Denn unser Körper ist ein grosses Gesamtkunstwerk, ein komplexes wie geniales Biosystem. Die Gesundheit unserer Haut ist Voraussetzung für unser Wohlbefinden und ja, auch für ein gutes Aussehen. Die Schweizerin Nadine Ammari, die sich mit nur 33 Jahren weltweit einen Namen mit ihrer Premium-Naturkosmetik-­Marke Namari Skin gemacht hat, begab sich bereits mit Anfang zwanzig auf die Suche nach einer Pflege, die Haut und Umwelt gleichermassen schonen kann – aus ganz persönlichen Gründen. «Den grössten Teil meiner Teenager- und jungen Erwachsenenjahre hatte ich mit reaktiver, entzündeter, unreiner und sehr empfindlicher Haut sowie mit verschiedenen Arten von Allergien und Nahrungsmittelunverträglichkeiten zu kämpfen. Und so hat alles seinen Anfang genommen», erinnert sie sich. Nadine Ammari hatte das Glück, bereits mit Naturkosmetik und Naturheilmitteln aufzuwachsen, und deshalb war schnell klar, in welche Richtung es gehen musste.

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Ohne ihre Vorgeschichte wäre sie heute nicht so «besessen» vom Thema Haut, ihren Funktionen und Symptomen und der Frage, wie man einen gesunden und schönen Teint mit Hilfe der Natur bekommt. Nadine Ammari hätte gleichzeitig auch kein ganzheitliches und gründliches Verständnis für die Zusammenhänge zwischen Haut, Hautpflege und Ernährung gewinnen können. Heute weiss sie, dass alles so sein musste, um ein umfassendes Wissen über die physischen und emotionalen Auswirkungen von Hautproblemen zu erlangen. «Heute ist meine Haut endlich gesund», freut sich Ammari. Seit fünf Jahren verfolgt sie nun leidenschaftlich die Mission, andere dabei zu unterstützen, dasselbe zu erreichen. «Durch meine Arbeit als Naturkosmetikerin kam ich mit vielen tollen Pflegeserien in Kontakt. Doch beim Austesten überwogen gewisse Nachteile, und mir fehlte immer mehr diese eine ‹perfekte› Linie, die in Sachen Wirksamkeit, Nachhaltigkeit, Branding und Philosophie genau das erfüllte, was ich mir wünschte», erinnert sich Ammari. «Also begann ich zu recherchieren, Kontakte zu Rohstofflieferanten und Landwirten aus aller Welt herzustellen, probierte und tüftelte, bis ich die Produkte in der Hand hielt, die genau so waren, wie ich und meine Haut es sich wünschten.» Und so entstand schliesslich Namari Skin, eine echte Herzensangelegenheit. Für ihre Rezepturen lässt sich Nadine Ammari von traditionellen, fast vergessenen Schönheitsritualen inspirieren – und adaptiert sie in die Neuzeit. Alle Pflegeprodukte werden in der Schweiz von Hand hergestellt. Die Rohstoffe wurden sorgfältig ausgewählt, sind von höchster Qualität, naturbelassen, Fair Trade und praktisch alle zudem auch biologisch. Echte Schönheit hat viele Gesichter. Doch unser Schönheitsbegriff ist fest verwoben mit den aktuellen kulturellen Umwälzungen. Gerade im letzten Jahr fanden durch die Auswirkungen der Corona-Pandemie wieder mehr Menschen Gefallen an der Natur, und es wuchs auch der Wunsch, ihr etwas zurückzugeben. Zwei kürzlich in der Fachzeitschrift «Plos One» erschienene Studien stützen diesen Eindruck. Beide Untersuchungen wurden in den USA gemacht, doch die Ergebnisse dürften problemlos auch auf Europa übertragbar sein. Demnach waren 26 Prozent der Menschen, die sich während den ersten Lockdown-Monaten im Wald aufhielten, im Jahr zuvor kein einziges Mal in der Natur gewesen. 57 Prozent der Befragten gaben an, mehr im Garten zu arbeiten als im Vorjahr, 54 Prozent verbrachten mehr Zeit in der Natur, um zu spazieren, um Kraft zu tanken oder sich sportlich zu betätigen. Offenbar bedurfte es erst einer weltweiten Pandemie, um den Menschen bewusst zu machen, wie erholsam und beruhigend es sein kann, sich draussen aufzuhalten. Und die Natur und die Kraft, die in ihr steckt, noch mehr wertzuschätzen. Nur allmählich wird daraus mehr als eine Floskel. «Ethischer Konsum ist endgültig zur Haltung geworden und im Mainstream angekommen», kommentiert Trendforscher Peter Wippermann den Wandel in der Gesellschaft. Darin liegt eine grosse Chance. Und es ist ein wichtiger Schritt hin zur Einsicht, dass der Schutz der Natur eine Notwendigkeit ist, um das Überleben der Menschheit zu sichern. Gesellschaftliches Umdenken ist unbedingt erforderlich, um weitere Katastrophen zu verhindern und die beiden anderen grossen globalen Krisen, das Artensterben und den Klimawandel, erfolgreich zu bekämpfen. Gleichzeitig wird auch ein ungesundes Schönheitsdiktat zunehmend hinterfragt. Ewige Jugend und Faltenlosigkeit

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bis ins hohe Alter galten lange als erstrebenswert. Doch das veränderte sich in den letzten Jahren grundlegend. Eine neue Natürlichkeit ist angesagt. Instagram, Beauty-Blogs und YouTube-­ Beiträge propagieren immer mehr eine Authentizität, die auch vor der Schönheitsindustrie nicht Halt macht. Wirft man einen Blick zurück, dann wurden noch vor nicht allzu langer Zeit die Möglichkeiten der chemischen Produktion von Kosmetika als unendlich positiv angepriesen, ermöglichte doch der Einsatz synthetischer Stoffe, die einfach und billig aus Mineralöl herzustellen sind, dass die Pflegeprodukte für alle erschwinglich wurden. Und die Kosmetikindustrie entwickelte sich zu einer sehr profitablen Sparte der chemischen Industrie. In der EU sind mehr als 8000 Substanzen in Hautcremes und Duschgels erlaubt, viele davon auf Mineralölbasis, zum Beispiel synthetische Konservierungsstoffe wie Parabene, hormonwirksame Sonnenschutzfilter oder Mikroplastik in Peeling. Darunter befinden sich auch jede Menge chemische Stoffe, die wegen möglichen Gesundheitsgefahren mit einer Höchstmenge im Produkt belegt sind. Die Sicherheit von Kosmetik und Körper­pflege sei hoch in Europa, sagen die Verantwortlichen, und die Transparenz durch die Auflistung aller Inhaltsstoffe auf den Verpackungen gegeben. Offensichtlich reicht das vielen Konsumenten nicht mehr aus. Sie suchen im Netz auf eigene Faust nach Informationen und wollen verstehen, was genau in ihren Pflegeprodukten steckt, wie sie hergestellt werden und ob sie gesund für den Körper sind. Auch unabhängige Testberichte weisen in letzter Zeit vermehrt auf die negativen Auswirkungen oder unerwünschte Begleit­ erscheinungen von Chemiebomben in unseren Badezimmern hin. The Environmental Working Group aus den USA berichtet, dass Frauen durch Kosmetika, Lebensmittel, Reinigungsmittel und Umweltverschmutzungen heutzutage täglich durchschnittlich 126 Chemikalien ausgesetzt sind.

«ETHISCHER KONSUM IST ENDGÜLTIG ZUR HALTUNG GEWORDEN UND IM MAINSTREAM ANGEKOMMEN.» 156

«Die Sensibilität der Haut ist das neue ‹Thema Nummer eins›, und das ermöglicht einen Wandel, bei dem Verbraucher zunehmend auf Hautpflege aus authentischen Inhaltsstoffen setzen», stellt auch die Expertin Victoria Buchanan vom Trendforschungsinstitut The Future Laboratory fest. Naturkosmetik blüht also richtig auf. Das zeigen auch die Zahlen: So hat sich der Umsatz mit Naturkosmetik in Deutschland in den letzten zehn Jahren verdoppelt. Eindrückliche 1,38 Milliarden Euro Umsatz im Jahr 2019 und ein Marktanteil von fast 20 Prozent zeigen: Naturkosmetik hat längst sein Öko-Image abgestreift, ist kein Randphänomen mehr, sondern salonfähig geworden. Auch für Männer. Dass Nachhaltigkeit edel riechen kann, beweisen die Parfümeure von Favorit & Co, die sich mit vier Düften eine Nische im umkämpften Markt ergattern konnten. Hinter der Marke stehen zwei Ästheten aus Zürich, die bewusst ihre Produkte gegen die Schnelllebigkeit kreieren wollen. Mit einem zusätzlichen Naturaspekt als Botschaft: Der Verschluss ihrer Flakons ist aus Bündner Arvenholz gearbeitet, weil es bekannt dafür ist, den Herzschlag zu verlangsamen. Favorit & Co produzieren bewusst am Ruhepuls der Zeit. Ihre Arbeiten sind getestet, überarbeitet und perfektioniert. Und werden lokal, ökologisch und sozial zusammen mit der Zürcher Stiftung St. Jakob hergestellt. «Nebst dem Aspekt der Nachhaltigkeit wecken Schweizer Produkte eine Art Lokalstolz und Assoziationen mit Qualität und Wertigkeit», erklärt Andreas Zellweger von Favorit & Co. Ein Anliegen mit einem klaren Ziel vor Augen: «Unsere Produkte sollen genussvolle Momente ermöglichen, ohne dabei ein schlechtes Gewissen zu haben.» Moderne Naturprodukte, die dieses Prädikat auch verdienen, haben nichts mehr mit den festen Salben und öligen Texturen, wie sie vor zwanzig Jahren noch üblich waren, zu tun. Es wurde viel geforscht, ausprobiert, verbessert und entwickelt. Und Experten sind sich einig, dass Naturkosmetik heute keinen Vergleich scheuen muss. Im Gegenteil – viele Produkte, die auf die Kraft der Natur setzen, überflügeln heute manche herkömmliche Gesichtscremes an Wirksamkeit und Verträglichkeit. Doch wie gewinnt man den Überblick in dem wachsenden Angebot an Naturkosmetik-Marken? «Tendenziell sind die Kunden bereits im Vorfeld informiert», erklärt Nadine Ammari. «Namari Skin ist eine Nischenmarke und eigentlich nur an Orten zu finden, auf die man durch aktive Recherche nach hochwertiger Naturkosmetik stösst.» Ihr Ratschlag für Einsteigerinnen: «Obwohl es das Buch schon sehr lange gibt, finde ich es immer noch eines der besten: ‹Kosmetik-Inhaltsstoffe von A bis Z› von Heinz Knieriemen. Mir war der Ratgeber in jungen Jahren gerade beim Kosmetikkauf eine grosse Hilfe.» Ein grünes Image – das wünschen sich immer mehr Marken und werben teilweise auch damit. Mittlerweile haben auch die Massenproduzenten der Beauty-Industrie den Trend erkannt. Doch im Hintergrund sitzt dabei immer die Angst vor einer öffentlichen Anklage: Greenwashing. Denn die Mehrheit der Kosmetikindustrie folgt dem grünen Trend nicht aus voller Überzeugung, sondern in erster Linie, weil sich die Produkte immer besser verkaufen. Doch was bedeutet «Greenwashing» eigentlich? Hat der Begriff überhaupt eine klare Bedeutung? Oder ist er zur rhetorischen Waffe geworden, die sich je nach Ziel anpassen lässt? Nadine Ammari beobachtet den grünen Anstrich, den sich immer mehr auch Kosmetikmarken geben, die jahrelang ausschliesslich auf chemische Rezepturen setzten, äusserst kritisch.


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«In einer Welt, in der Profit offiziell über dem Wohl des Planeten und seiner pflanzlichen, tierischen und menschlichen Bewohner steht, wo das akzeptiert und sogar mit dem Konsumverhalten vieler unterstützt wird, ist es keine Überraschung, dass immer mehr Firmen Greenwashing betreiben.» Es habe sich vielerorts die Haltung manifestiert, dass ein bisschen Grün besser sei als gar nichts, doch damit ist die Naturliebhaberin gar nicht einverstanden: «Ich schätze es nicht, wenn mittels Wortspielereien und selbsterfundenen Bio-Logos, die an Zertifizierungen erinnern, die Kunden manipuliert werden.» Denn die Liste der Inhaltsstoffe sei ja nicht das Einzige, was zähle. «Bis ein fertiges Produkt im Regal steht, gibt es viele Aspekte zu bedenken – vom Feldarbeiter, der den Ausgangsrohstoff produziert, über die Herstellung umweltbewusster Verpackungen bis hin

zu schonenden Abläufen in der Produktion», stellt Ammari fest. Jemand, der Greenwashing betreibe, lege auf die meisten dieser Werte keinen Wert und verdiene oftmals den Grossteil seines Geldes mit Produkten, die alles andere als natürlich und umweltfreundlich seien. Gerade deshalb empfiehlt die Naturkosmetik-Expertin, wann immer möglich, auf Nischenprodukte unabhängiger Marken zu setzen. Längst kein Nischenprodukt mehr ist Korres. Bis vor wenigen Jahren wurde in Griechenland eine eindrückliche Produktpalette der heimischen Naturkosmetik-Pioniere exklusiv in etwa 3000 Apotheken vertrieben, mittlerweile sind es 6500. Die Marke ist in 40 Ländern vertreten, in exklusiven Kaufhäusern, unter anderem in Tokio und Berlin, und mit 35 eigenen Läden in Städten wie Athen, New York und Paris. Diverse Shampoos

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und Cremes aus dem Hause Korres findet man aber immer noch in der kleinsten Dorfapotheke des Heimatlandes – was wiederum mit der Entstehungsgeschichte zusammenhängt: Der Pharmazeut George Korres hat die Marke 1996 in einer der ältesten homöopathischen Apotheken von Athen gegründet. Das erste Produkt war keine Hautpflege, sondern ein Heilmittel der anderen Art: ein Kräuter-Halsbonbon auf der Basis von Honig und Anis. Das Rezept stammte noch vom Grossvater, einem Heilpraktiker. Als in der Apotheke von Korres immer mehr Stammkunden nach den selbst angerührten Heilkräuter-Tinkturen fragten, begann er schliesslich damit, eine eigene Produktlinie zu entwickeln. Das Ziel war es von Anfang an, eine Pflege herzustellen, die aus rein botanischen, aktiven Wirkstoffen besteht. Für jede neue Entwicklung nutzt die Marke ihren pharmazeutischen Erfahrungsschatz von über 3000 homöopathischen Pflanzen und Kräutern. «Effektive Produkte aus dem Reichtum der Natur» lautet ein zentrales Credo. Allerdings, und das ist George Korres wichtig, sei damit keine Effektivität mit überhöhten oder falschen Versprechungen gemeint. Das klingt ungewöhnlich ehrlich in der heutigen Zeit, in der jedes Produkt als Wundermittel für strahlende Haut angepriesen wird. Egal, was drinsteckt, nahezu alle Inhaltsstoffe der Haut-, Körper- und Haarpflege von Korres stammen aus der griechischen Fauna und werden dort von ortsansässigen Bio-Bauern bezogen. Absolute No-Gos sind jegliche synthetischen Zugaben wie Parabene, Silikone oder Mineralölderivate. Zum Glück hat der Konsument heute die freie Wahl zwischen Chemie und Natur. Laut einer Studie des Forschungsinstituts Hamas Worldwide kaufte im ersten Halbjahr 2020 mehr als jeder fünfte Erwachsene regelmässig Naturprodukte für die Gesichtswie Körperpflege. Tendenz steigend. 65 Prozent der Befragten, und darunter besonders die jüngeren Generationen, gaben an, dass sie gerade beim Einkaufen bewusster handeln. Und nicht nur davon

sprechen. Gemäss einer Studie des Masdar-Instituts kauft knapp die Hälfte der Generation Z regelmässig nachhaltige Marken, und ein Drittel aller Befragten hat bereits aktiv Brands boykottiert, die ein umweltschädliches Handeln an den Tag legen –etwa indem diese Plastikverpackungen produzieren, die später im Abfall oder gar im Meer landen. Das französische Start-up Umaï will dem globalen Müllproblem mit festen Natur-Shampoos Paroli bieten, denen zuvor das Wasser entzogen wurde und die deshalb keine Plastikflasche als Verpackung mehr benötigen. Da die handliche, feste Form in einer wiederverwertbaren Schachtel aus rezyklierten Baumwollstreifen in alle Welt verschickt werden kann, fällt kein einziges Gramm Abfall an. Das hört sich beinahe revolutionär an, hat aber vor allem mit viel Forschergeist, der Liebe zur Natur und etwas gesundem Menschenverstand zu tun. Verkauft wird das umweltbewusste Shampoo im Zürcher Naturkosmetik-Shop rilaks von Lisa Steinbach, selbst engagierte Verfechterin für mehr Nachhaltigkeit im Alltag dank natürlichen Pflegeprodukten, bei denen Transparenz, Qualität und Sinnlichkeit im Vordergrund stehen. Naturkosmetik ist also nicht nur gut für unser Wohlbefinden, sondern auch für unsere Umwelt. Nadine Ammari war es immer schon ein Anliegen, ihre Skincare-Linie so umweltschonend wie nur möglich zu verpacken – sie hat das über die Jahre hinweg Stück für Stück perfektioniert. Nun hat die Mutter eines vierjährigen Sohnes endlich eine Lösung gefunden, die all ihren hohen Anforderungen gerecht wird. «Wir haben neu eine einzigartige Verpackung aus einem baumfreien Papier entwickelt, das aus Nebenprodukten der Zuckerrohrherstellung einer Fair-Trade-Kooperative in Kolumbien gefertigt wird», stellt sie nicht ohne Stolz fest. Die komplette Verpackung werde selbst von Hand produziert und abgesehen von unbegrenzter kreativer Freiheit ermögliche dies gleichzeitig die volle Kontrolle über die Herkunft aller Verpackungsmaterialien von Namari Skin und der verwendeten Ressourcen. Nadine Ammari ist damit ein echter Coup geglückt. «Es muss für unsere vielen Produkte, die jedes Jahr über den Ladentisch gehen, kein einziger Baum mehr gefällt werden! Das ist für mich als Naturliebhaberin wie ein Lottogewinn.»

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LA PRAIRIE

Inspiriert von Dr. Paul Niehans’ richtungsweisenden Ideen und basierend auf der SkinBiology-Forschung des 21. Jahrhunderts, entwickelte La Prairie die Quintessenz der «Platinum Rare Collection»: die Wissenschaft von Haute-Rejuvenation. «Platinum Rare Haute-Rejuvenation Protocol» enthält neben Signalmolekülen, die das Zellwachstum anregen, auch das zum Patent angemeldete Platinum Multi-Peptide und den exklusiven Cellular Complex von La Prairie, die beide die Haut neu beleben. Drei «Platinum Rare Haute-Rejuvenation Protocol»-Phiolen bilden eine vierwöchige Intensivkur, die bis zu vier Mal pro Jahr angewendet wird.

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VALMONT

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ACQUA DI PARMA

«BARBIERE» von Acqua di Parma steht seit Generationen mit seinen belebenden Inhaltsstoffen für eine moderne und erfrischende morgendliche Routine. Die angenehme Textur feinster Qualität und die frischen und leuchtenden Noten von Colonia charakterisieren die innovativen, für die verschiedenen Bedürfnisse der männlichen Pflege entwickelten Rezepturen: Produkte für Rasur, Aftershave, Bartpflege, Haarpflege und -styling sowie für die Gesichtspflege, welche jetzt sowohl die neue Gesichtscreme «Crema Viso Multiazione» als auch den neuen Gesichtsreiniger «Detergente Viso Rinfrescante» umfasst.

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SISLEY

BEAUTY

Eine wahre Schatztruhe der Schönheit: Die «CREME MERVEILLEUSE» aus der neuen Kollektion «ESSENCE OF GOLD STURGEON» ­enthält die Extraktion zweier Stör-DNS-­ Stämme, welche für die Haut von komplementärem Nutzen sind. Durch die Remineralisierung der Haut kann «ESSENCE OF GOLD STURGEON» Pigment­ störungen mindern, die Haut verfeinern und straffen und deren J ­ ugendlichkeit erhalten. Der vergoldete Kugel­tiegel aus 18 Karat, der die kostbare «CRÈME MERVEILLEUSE» in sich birgt, ist Teil der exklusiven, auf 50 Stück limitierten Limited Edition.

2017 entwarf Isabelle d’Ornano als Hommage an eine geheimnisvolle und einzigartige Rose, die nur einmal im Jahr für kurze Zeit in ihrem Garten blühte, den Duft «Izia La Nuit». Heute verströmt die Izia-Rose eine neue Sinnlichkeit und setzt die Emotionen in einer neuen Parfumkreation, basierend auf blumigen, holzigen Chypre-Noten, fort. Die Duftnote ist noch genauso blumig, wird aber nun von Holztönen, einem Hauch Vanille und Ledernoten umgeben.


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FARBEN-

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ZAUBERER

Was ihn auszeichnet, ist die Leichtigkeit, mit der er durchs Leben geht. Vielleicht, weil er früher passionierter Tänzer war. Heute liebt er das Farbenspiel: der Make-up-Artist­­Anthony Chasset. Das neue Gesicht für die Make-up-Kunst im Hause Guerlain.

HUMOR

Autorin_Beatrice Schönhaus Bilder_Guerlain

Humor ist sein Markenzeichen. Und eben diese Leichtigkeit. Mit der er sich bewegt, aber auch mit der er die ultimativen Looks für das Haus Guerlain Paris zaubert. Spielerisch, leicht und absolut State of the Art. Anthony Chasset bringt seine Visionen, Fantasien und ein sicheres Farb- und Textur-Gefühl in Einklang mit der Marke Guerlain. Für ein solches Label ist es unabdingbar, dass die Looks für die Saison und das Farbenspiel eigenständig und visionär sind. Sollen sie für die Konsumenten doch Anregung, Inspiration, Freude sein. Das bindet sie an die Marke, das regt sie zum Kauf an, das gibt ihnen ein gutes Gefühl. Das ist Anthony Chasset zuvor schon bei Chanel und Mac bestens gelungen. «Das Geheimnis hinter einem guten Look: Einfachheit in der Optik, aber immer mit den besten Produkten.» So lautet sein Credo, das er auch glaubwürdig umsetzt. Anthony Chasset tritt in die Fussstapfen des Visagisten und Creative Director Olivier Echaudemaison. Seines Zeichens Liebling aller Beauty-Redaktoren und -Redaktorinnen. Charmant, kompetent, hochbegabt. Er hat über Jahrzehnte das Gesicht des Hauses Guerlain geprägt, definiert und weiterentwickelt. Sein Buch «Les Couleurs de ma vie» zeigt seine Persönlichkeit und Vision aufs Beste. Olivier Echaudemaison schminkte viele prominente schöne Frauen. Zu den bekanntesten zählt Audrey Hepburn – ihr verpasste er die berühmten Rehaugen aus dem Film «Sabrina», machte sie für das

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Cover der «Elle» zurecht. Der gebürtige Pariser war der persönliche Stylist und Friseur von Jackie Kennedy und vielen Ladies aus der High Society. Das Handwerk dazu hatte er beim legendären Kult-Friseur Alexandre in Paris gelernt. Auch das britische Königshaus schwor jahrelang auf ihn. So trat Anthony Chasset ein grosses Erbe an. Anthony Chasset ist somit einer, der eigentlich alles richtig macht. Er hat auch die Begriffe Nachhaltigkeit und «Clean Beauty» verstanden, die heute so wichtig sind. Für das Label Guerlain – und für seine Kunden. Die bestehenden und die zukünftigen. PRESTIGE: Herr Chasset, wie geht es Ihnen in diesen stürmischen Zeiten? ANTHONY CHASSET: Danke, es geht mir gut. Ich habe in dieser speziellen Zeit mein Büro digital umgerüstet, es ist jetzt State of the Art. Zudem habe ich viel geschlafen, gut gegessen, Sport gemacht – alles wichtige Dinge, vous savez! Wie sehen Sie die Zukunft? Ich denke, dass die digitalen Prozesse einen wahren Schub gekriegt haben – und wir den Sommer über noch vorsichtig sein müssen mit persönlichen Begegnungen. Wir brauchen alle noch etwas Geduld. Im Herbst 2021 wird dann ein bisschen Normalität einkehren, hoffe ich. Ein Lichtblick also. Worauf sind Sie im Rahmen der Frühlingskollektion von Guerlain besonders stolz? Ich bin auf die Entwicklung im Hause Guerlain stolz. Was die Texturen und auch die Verpackungen angeht: Es geht vermehrt hin zu natürlichen Inhaltsstoffen und für die Umwelt schonenden Verpackungen. Hin zu sogenannter Clean Beauty. Zu Produkten, die uns und der Umwelt Gutes tun. Zum Beispiel unsere neue Grundierung und die Lippenstifte.

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Wie waren die Anfänge bei Guerlain für Sie? Bei meinem Anfang spielte der Zufall mit. Ein Freund hatte mir den Tipp gegeben, Guerlain anzufragen. Ich hatte immer schon ein emotionales Verhältnis zur Marke, da meine Mutter ein glühender Fan war und die Parfums Shalimar und später Samsara trug. Auch mein erster Duft, den mir Mama schenkte, war ein Vetiver-Duft von Guerlain. Es ist ja ein alter Brauch in Frankreich, dass einem die Mama das erste Parfum schenkt. Und meine führte mich direkt in die Guerlain-Boutique. Was ist für Sie die typische Guerlain-Frau? Alle Frauen, die sich gern schön und gepflegt fühlen, die Geschichte des Hauses Guerlain mögen und das Gefühl eines kleinen täglichen Luxus schätzen. Wie beginnen Sie, wenn Sie eine Frau schminken möchten? Ich schau mir die Struktur des Gesichts an und heb dann hervor, was besonders schön ist. Aber es darf durchaus auch mal eine Sommersprosse oder was Persönliches sein – das macht die Persönlichkeit und den Charme einer Person aus! Auf welche Beauty-Trends dürfen wir im Jahr 2021 gespannt sein? Der Trend geht eindeutig weg von der perfekten Maske hin zu einem ebenmässigen, schönen Hautbild. Gute Pflege, der berühmte Glow, der Glanz, und diskrete Farben sind angesagt. Ich persönlich mag unser Huile d’Abeille Royale – es dringt in die Haut ein, hinterlässt aber keinen fettigen Glanz, sondern lässt sie gepflegt aussehen. Haben Sie einen Lieblingstrend? Unsere neue Foundation «L’Essentiel» mit einer raffinierten, ganz neuen Textur. Wenn Sie nicht Make-up-Artist geworden wären, was wäre Ihr Traumberuf ? Mich fasziniert alles, was mit Kunst und Tanz zu tun hat. Und einfach mit Kultur. Davon kann ich nicht genug kriegen.

MUST-HAVES

ORCHIDÉE IMPÉRIALE Das Micro-Lift-Konzentrat ist die ultimative Alchemie von Technologie und Natur. Die hoch natürlich gewonnene Inhaltsstoffformel wirkt wie eine Reihe von Mikro-Lifts auf der Haut.

L’ESSENTIEL Natürlichkeit und Make-up-Leistung kommen bei Guerlain zum ersten Mal zusammen. Eine Grundierung aus 97 Prozent natürlichen Inhaltsstoffen mit einem natürlichen Glow.

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KISSKISS TENDER MATTE Leuchtend matter Lippenstift mit Hyaluronsäure, Sheabutter und Rosenblatt­ extrakt für perfekt gepflegte Lippen und Tragekomfort von 16 Stunden.


WUSSTEN SIE…?

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EXTENSIONS IM ALTEN ÄGYPTEN

Schon die alten Ägypter verlängerten ihre Haare künstlich. Dies erwies eine Ausgrabung eines Archäologenteams, das Überreste einer über 3300 Jahre alten Frau mit Haarverlängerungen entdeckte. Die Haarverlängerungen waren in verschiedenen Schichten und Höhen am Kopf befestigt.

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EINE FARBE MIT AUSSAGE

Elizabeth Taylor war eine der Schönheitsikonen, die in den 1950er Jahren massgeblich dazu beigetragen hatten, dass rote Lippen zu einem unverzichtbaren Schönheitstrend wurden. Um ihr Markenzeichen beizubehalten, verbot sie auf dem Höhepunkt ihrer Karriere ihren weiblichen Assistenten am Filmset, ebenfalls roten Lippenstift zu tragen.

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RADIUM ALS WUNDERMITTEL

Die Entdeckung von Radium durch Marie und Pierre Curie im Jahr 1898 stiess auf grosses wissenschaftliches Interesse, und bald wurde radioaktives Material in Kosmetika eingesetzt. Die Make-up-Linie «Tho-Radia» beispielsweise bot 1933 radioaktives Gesichtspuder, Rouge und Lippenstift an. Allen voran galten besonders Crèmes als wissenschaftliches Schönheitsprodukt und versprachen eine verbesserte Durchblutung, strafferes Muskelgewebe und Fettreduzierung.

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GREEN WASHING BLUES Autorin_Antonia Clara Semmler

Da ist es! Ein grünes Label! Das muss gut sein. Und hier! Ein grüner Schriftzug! Das kann nur Natur pur bedeuten. Und – OMG – steht dort etwa «vegan» auf der Verpackung? Mein grünes Herz geht auf, und es platzt schier bei «enthält keine Parabene und Silikone». Ich packe alles in den Einkaufswagen. Der Umwelt zuliebe. Mein schlechtes Gewissen meldet sich regelmässig. Aus Überforderung. Was bedeutet denn eigentlich diese Etikettenschlacht rund um Nachhaltigkeit und Co.? Mittels Trend-PR machen es sich Firmen einfach. Sie beschriften Produkte mit grüner Farbe und suggerieren damit: gesund! Bio! Kauf mich! Sie drucken schwammige Zertifizierungssiegel auf die Verpackung und lassen uns denken: Wenn ich das kaufe, tue ich etwas Gutes für die Umwelt und unterstütze ein besonders nachhaltig handelndes Unternehmen. Schönfärberei im Firmenimage nennt man das – oder auch «Greenwashing». Bewaffnet mit einer INCI-Liste und vier verschiedenen Apps, die kontroverse Inhaltsstoffe analysieren, Allergene ermitteln und mir genauere Hinweise zu Qualitätssiegeln liefern sollen, stehe ich vor dem Supermarktregal. Wie im Chemielabor ausgestattet, fange ich an zu scannen, zu lesen, erhalte eine Schockstarre, habe Angst, giftige Stoffe um mich herum einzuatmen, halte deswegen die Luft an, scanne erneut und merke, wie in mir so ein warmes Gefühl aufsteigt: Ich kriege keine Luft. Ich atme wieder und merke, es ist Wut. Fast jedes der stichprobenartig ausgewählten Produkte enthält trotz Gütesiegelparade Palmöl. Auch als Palmfett oder Palmkernöl erkennbar. Ganz «Pfiffige» betiteln das Billigfett bei der Inhaltsangabe mit «Pflanzliches Öl (Palm)», um weniger aufzufallen. In der Kosmetikindustrie nicht unüblich, kann sich das Palmöl als Bestandteil von Tensiden und Emulgatoren sogar ganz verstecken. Meine Rage wird weiter auf Temperatur gehalten mit chemischen Begriffen, die einen Alarm in meiner App auslösen. Dieser teilt mir mit, ich solle mit dem Produkt wohl besser eine Klinik für Toxikologie aufsuchen. Ich versuche, frische

Luft einzuatmen (ist sie wirklich frisch, frage ich mich?), und merke, wie ich in meiner Panikattacke online nach Studiengängen suche. Biochemie vielleicht? Der Konsument (der Begriff «Mensch» wird im Werbejargon nicht mehr verwendet) ist im Zugzwang, sich studiengerecht zu seinem Einkauf zu informieren und sich durch den Label­ dschungel zu hangeln. So funktioniert das also. Konzerne geben die Verantwortung ab. Die Ware ist grün bedruckt, das muss reichen. Sie überlassen uns die Entscheidung bezüglich eines gesunden Kaufverhaltens zugunsten der Umwelt. Dafür müssen wir aktiv umdenken und mitunter auf bislang Geliebtes verzichten. Da das anstrengend ist, resignieren wir. Wenn auf der Plastikhaarbürste «vegan» steht, dann wird das schon gut sein. Oder? Wenn ich diesen Schokoladenaufstrich auf meinem Toast will, dann ignoriere ich einfach, dass dafür billiges Fett verwendet wird, wofür indigene Völker ihres Landes beraubt werden. Oder? Wenn das Öko-Siegel besagt, dass meine Creme zu 75 Prozent aus natürlichem Ursprung bestehen muss, dann schaue ich darüber hinweg, dass damit auch Wasser gemeint sein könnte und die restlichen 25 Prozent eventuell purer Schrott sind. Oder? Nachdem ich kurz der Frage nachgehe, warum eigentlich überall Spuren von Sellerie enthalten sind, sammle ich mich wieder und versuche, meinen Menschenverstand (Konsumentenverstand?) einzuschalten und mit folgendem Satz von Dokumentarfilmer Werner Boote jeden zukünftigen Kaufimpuls erst einmal ganz nachhaltig zu hinterfragen und abzuwägen: «Palmöl wird nur für Produkte gebraucht, die absolut kein Mensch braucht!» Antonia Clara Semmler ist freie Journalistin und PR-Profi. Ihr Spezialgebiet ist die Beauty-Branche, die sie seit 19 Jahren auch kritisch hinterfragt.

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Trollstigen Aussichtsplattform © Reiulf Ramstad Arkitekter / diephotodesigner.de

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DIE SCHÖNHEIT DER PRÄSENZ

LANDSCHAFTS­ARCHITEKTUR IN NORWEGEN

Steilneset Mahnmal © Statens Vegvesen / Jarle Wæhler

Autorin_Lone K. Halvorsen

WER MIT DEM AUTO DURCH NORWEGEN FÄHRT, WIRD NICHT NUR WAHRE NATUR­WUNDER E­ NTDECKEN, SONDERN AUCH EINE ARCHITEKTUR DER BESONDEREN ART.

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Man stelle sich vor, auf einer Strasse zu fahren mit herrlichem Blick auf die imposanten Fjorde, die Berge und prächtigen Wasserfälle. An einem Punkt mit spektakulärer Aussicht halten Sie an und steigen auf eine Aussichtsplattform, und schon liegt Ihnen gefühlt ganz Norwegen zu Füssen. So in etwa geht es jährlich zahlreichen Touristen und Einheimischen in Norwegen, die einen Roadtrip auf einer der 18 «Norwegischen Landschaftsrouten» unternehmen. Vom hohen Norden bis zum tiefen Süden führen die wunderschönen Landschaftsrouten mit spektakulären Aussichtsplattformen, extravaganten Toilettenhäusern und auffallenden Rastplätzen – die Architekturpreise und weltweite Aufmerksamkeit erlangen – an den schönsten Landschaften Norwegens vorbei. Die Landschaftsrouten zählen zu den attraktivsten im Land und erstrecken sich insgesamt auf über 2136 Kilometer. Bei jeder Route sind zahlreiche architektonische Attraktionen zu entdecken, und jedes Jahr kommen weitere aussergewöhnliche Bauten hinzu – bis schliesslich das Projekt 2023 beendet werden soll.

Wie weckt man das Interesse der globalen Tourismusindustrie und schützt zugleich die Ressource Natur? Rastplätze und Aussichtspunkte in zeitgenössischer Architektur, moderne Kunst am Strassenrand? All diese Fragen haben sich vor einigen Jahrzehnten das norwegische Parlament und das norwegische Strassenbauamt gestellt. 1998 beschloss das Parlament, eine beträchtliche Summe Geld in den Bau von Parkplätzen, Wanderwegen und Informationstafeln zu investieren. Norwegens einzigartige Landschaft sollte besser erreichbar sein, die neuralgischen Punkte des Natur­ spektakels für die Autofahrer vermehrt in Szene gesetzt und die Übergänge zwischen Strasse und Natur ästhetisch und ökologisch kontrolliert werden. Naturliebhaber hinter Windschutzscheibe und Lenkrad – ein Widerspruch, den das norwegische Strassenbauamt auflösen wollte. Das Amt, die Architekten, Landschaftsarchitekten, Ingenieure und Künstler hatten bei ihrer Arbeit mehrere Kriterien zu erfüllen: Die verwendeten Materialien mussten wetterfest sein, und so griffen sie vor allem auf Stein, Beton, Metall, Holz und auch Glas zurück. Ausserdem hatte sich die Architektur den natürlichen Gegebenheiten anzupassen, und sie sollte ästhetisch anspruchsvoll sein. Sie fügt sich harmonisch in die Natur ein oder steht in scharfem Kontrast zu ihr, damit die Landschaft wirkungsvoll in Szene gesetzt wird. Es wurden keine offenen Wettbewerbe ausgeschrieben, sondern kleine Projekte vergeben unter der Vorgabe, dass Architekten und Künstler zusammenarbeiten oder ausgewählte Büros zu den Wettbewerben eingeladen werden. Damit hier nicht immer nur die Top Ten der (norwegischen) Architekturszene zum Zuge kommen, erweisen sich die Mitglieder des Qualitätskomitees nach eigenen Angaben als gewissenhafte Talentscouts. Nichtsdestotrotz waren auch ein paar renommierte Architekten aus dem In- und Ausland an dem

Aussichtspunkt Bergsbotn © Steinar Skaar / Statens Vegvesen

DIE NORWEGISCHEN LANDSCHAFTSROUTEN Architektur ist nicht nur per se ein Bauobjekt, sondern kann auch als Reaktionsfeld kulturelle Identitäten spiegeln oder gar als eine Symbiose mit der Natur erschlossen werden. Wie Architektur aussehen kann, die dem Menschen ebenso gerecht wird wie der Natur, das erfährt man allemal in Norwegen. Zeitgenössische Architektur in Norwegen boomt, und ihre Wurzeln liegen sowohl in der Vergangenheit wie in der Zukunft. Das Geheimnis der nordischen Architektur war schon immer deren enges Verhältnis zur Natur und Landschaft. Hier verschmilzt die Architektur mit der Natur und bewirkt durch die einzigartige Kulisse etwas, das die Gesamtheit ihrer Einzelteile übertrifft.

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Projekt beteiligt. Darunter auch einige der einflussreichsten Künstlerpersönlichkeiten unserer Zeit: Louise Bourgeois aus Frankreich (verstorben 2010), der Schweizer Star-Architekt Peter Zumthor und selbstverständlich auch das weltweit tätige und erfolgsverwöhnte norwegische Architekturbüro Snøhetta, welches das legendäre Opernhaus in Oslo gebaut hat. DAS NATURSPEKTAKEL TROLLSTIGEN Die Bergstrasse Trollstigen ist Norwegens meistbefahrene Landschaftsroute und ein Meisterwerk der Ingenieurskunst. Die Strasse durchquert eine bombastische Gebirgslandschaft von unvergleichlicher Schönheit. Die Bergstrasse schlängelt sich in elf Haarnadelkurven vom Tal Isterdalen zur Passhöhe Stigrøra hinauf. Seit 2011 gehört die architektonisch aufsehenerregende Aussichtsplattform «Trollstigen» zu einer der Hauptattraktionen der Landschaftsrouten. Zwischen den drei Bergen Bispen (Bischof ), Kongen (König) und Dronningen (Königin) stürzt der Wasserfall Stigfossen 320 Meter in die Tiefe, und inmitten dieser eindrucksvollen Landschaft im Westen Norwegens befindet sich diese spektakuläre Aussichtsplattform. Die gestalterischen Anforderungen an das Projekt waren klar definiert, denn das Naturspektakel sollte im Vordergrund stehen; daher durfte die Architektur nicht zu extravagant ausfallen. Sie sollte sich vielmehr dezent in das Umfeld einfügen, ohne der Landschaft die Schau zu stehlen. Dieses wahrlich nicht leichte Unterfangen wurde in die Hände eines einheimischen Architektenbüros gegeben, da diesem ein grösstmögliches Verständnis für die Platzierung von Architektur in die typisch norwegische Landschaft zugetraut wurde. Das Studio «Reiulf Ramstad Arkitekter» aus Oslo entschloss sich dazu, bei der Umsetzung des Projekts die natürlichen Gegebenheiten direkt in die Architekturgestaltung mit einzubeziehen. Betonwege und Brüstungen aus Stahlplatten mit rostfarbener Patina schlängeln sich nun durch die Landschaft mit mehreren Aussichtspunkten. Zudem ein Besucherzentrum mit Restaurant und Ausstellungen zur Region. Die bemerkenswerte architektonisch erbaute Aussichtsplattform ermöglicht eine sensationelle Aussicht auf die Berge und die umliegende Fjordlandschaft. Für Waghalsige empfiehlt sich die grösste Aussichtsplattform, denn diese ragt über eine Kante und schwebt 200 Meter über Trollstigen. ORTE DES GEDENKENS Für die Landschaftsrouten etwas zu entwerfen, gehört zu den begehrtesten Architekturaufträgen des Landes. Wenngleich nicht nur für inländische Architekten, denn das Projekt begeistert auch Koryphäen aus dem Ausland. Für den nördlichsten Punkt der Route, an der Landschaftsstrecke Varanger bei Vardø, hat Peter Zumthor sein erstes Projekt mit prominenter Unterstützung – die hochbetagte französische Bildhauerin Louise Bourgeois – an seiner Seite realisiert. Im Gedenken an die Opfer der norwegischen Hexenverfolgung im 17. Jahrhundert ist das Gemeinschaftsprojekt Steilneset von Zumthor und Bourgeois zu einem Mahnmal geworden, das schlicht und würdevoll der Opfer gedenkt und sich zugleich – wie selbstverständlich – in die Naturkulisse einfügt, als sei es mit diesem Ort verwachsen. Nachdem Bourgeois und Zumthor 2006 mit dem Bau beauftragt worden waren, einigten sie sich auf eine archaische Formensprache. «Zumthor und ich haben Erde, Wasser, Feuer und Licht benutzt, um Ansichten der Stille zu schaffen», sagte Bourgeois wenig später. Selbst konnte sie in ihrem hohen Alter

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Die schönste Toilette der Welt befindet sich am Helgelandskysten und wurde von Haugen / Zohar Architects entworfen.


© Steinar Skaar / Statens Vegvesen

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den Ort nie besuchen, doch Zumthor machte sich mit dem Ort intensiv vertraut. Während Zumthors Denkmal zur meditativen Versenkung einlädt, liefert Bourgeois’ Installation ein starkes Bild zu den Hexenprozessen. Mit einem brennenden Stuhl und einer 100 Meter langen Gedenkhalle vermitteln sie ein schweres Stück Geschichte.

zungsmitglieder des norwegischen U-Bootes «Uredd» erinnert, welches im Zweiten Weltkrieg von einer Mine getroffen wurde. Ein weiteres bemerkenswertes Toilettenhäuschen findet man auf dem Aurlandsfjell. Auf der Westseite bei Stegastein ragen eine vom britischen Architekturmagazin «DesignCurial» prämierte Toilette und eine Aussichtsplattform in 650 Meter Höhe über den Aurlandsfjord hinaus. Durch die überhängende Lage konnte die Toilette mit grossen Glasfronten gebaut werden, die einen vollen Ausblick, aber keinen Einblick ermöglichen. Die als 30 Meter lange Rampe ausgeführte Plattform bietet eine einmalig atemberaubende Aussicht über den 650 Meter tiefer gelegenen Fjord und die umliegende Landschaft. Die von den Architekten entworfenen Anlagen entlang der Touristenstrasse sollen zweckmässig sein, aber auch die natürlichen Reize jedes Ortes unterstreichen und ihm «einen Namen und Charakter geben», sagt Karl Otto Ellefsen, Professor der Architekturund Designschule Oslo. Zweifelsohne beeindrucken die Bauwerke in vielerlei Hinsicht, aber einen besonderen Effekt haben die modernen Kleinbauwerke auf jeden Fall: An den in Norwegen auch im Sommer gelegentlich trüben Tagen, an denen die Wolken die Berge abschneiden und sich die Landschaft hinter einem grauen Regenschleier verliert, sind sie jedenfalls wohltuende Blickfänge in der Natur.

DIE SCHÖNSTE ÖFFENTLICHE TOILETTE DER WELT Jeder, der jemals einen Roadtrip unternommen hat, weiss, dass es eine der weniger glamourösen Seiten des Trips ist, unterwegs öffentliche Toiletten zu benutzen. Doch es gibt in der Tat stille Örtchen, die eigentlich viel zu schön sind, um dort sein Geschäft zu verrichten. Während Architekten weltweit um einen Auftrag für ein Museum eifern, fördert es den guten Ruf, wenn man für die Landschaftsrouten in Norwegen ein Toilettenhäuschen entworfen hat. An der Helgelandskysten-Route auf Ureddplassen befindet sich laut der englischen Tageszeitung «The Telegraph» die schönste öffentliche Toilette der Welt. Mit Blick über den Fjord, das Meer, die Vogelinsel und die Lofotenwand leuchtet das wellenförmige Toilettengebäude besonders eindrucksvoll in der Dunkelheit. Der Ureddplassen ist ausserdem ein Ort der Erinnerung. Auf dem Gelände befindet sich ein Denkmal, das an 42 verstorbene Besat-

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IN REINFORM

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Autor_Georg Lutz Bilder_Zbären Kreativküchen AG

GELEBTE WOHNKULTUR 174


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Das komplexe Stichwort Wohnkultur mit spannenden und passenden Inhalten zu füllen, beinhaltet nicht nur eine Herausforderung. Gestaltung, Ausstattung und ­Atmosphäre sind die Zutaten, die sich zu einem stimmigen Bild entwickeln. Dazu braucht es hohes Einfühlungsvermögen, handwerkliche Kunst und Beraterkompetenz. Der Bogen der Geschmacksrichtungen ist dabei weit ­gespannt. Er reicht von einer nüchternen Office-Lösung bis zum barocken Charme eines Landhausstils. Wir ­sprachen dazu mit Benjamin Zbären, dem Geschäfts­ führer der Zbären Kreativküchen AG.

PRESTIGE: Herr Zbären, Es gibt ein berühmtes Zitat von Winston Churchill: «Man soll dem Leib etwas Gutes bieten, damit die Seele Lust hat, darin zu wohnen.» Kann man dies aus Ihrer Sicht auch umgekehrt formulieren? Nur wer eine gute Küchenatmosphäre zur Verfügung hat, bei dem besteht die Chance auf kulinarische Höhepunkte? BENJAMIN ZBÄREN: Nein, nicht unbedingt. Wer keinen Spirit und kein Wissen beim Kochen mitbringt, dem nutzt auch die teuerste Küche nichts. Man kann auch in einer sehr einfachen Küche zaubern. Auch mithilfe eines klassischen Lagerfeuers kann gut gekocht werden. Aber es hilft natürlich, wenn die technische Hardware, die Werkzeuge professionell aufgestellt sind und die Atmosphäre stimmig ist. Lassen Sie es mich so zusammenfassen: Wenn die Rahmenbedingungen stimmen, ist es einfacher, zum Ziel zu kommen.

Kommen wir zu den Materialien. Ganz oben auf der Agenda steht da bei Ihnen das Thema Holz, oft sehr altes Holz. Wer Ihre Produktionsräume besucht, kann Holz atmen. Das ist wie in einem Wald. Um was für Holz handelt es sich denn? Wenn wir von altem Holz sprechen, ist es vorwiegend Fichte, Kiefer und Eiche. Dabei kommt es immer auch auf aktuelle Trends an. Eiche ist aktuell ein Highlight. Bei einem klassischen Landhausstil kommt aber die gut gelagerte heimische Fichte zum Zug, die in unserem Tal beheimatet ist. Wie sehen hier die Produktionsschritte aus? Die Bäume werden gefällt, eingeschnitten und dann getrocknet. Hier bringen wir viel Zeit mit. Das ist in unseren hektischen Zeiten ein begrüssenswerter Gegentrend. Wie kommt dann das alte Holz mit sehr neuen Materialien zusammen? Entstehen hier produktive Spannungsfelder? Es geht immer um ein spannendes Zusammenspiel von Materialien, die sich ergänzen oder auch reflektieren. Das kann dann auch eine auf den ersten Blick schwierige Mischung aus sehr modernem gebürstetem Aluminium mit sehr altem Holz sein, das mit einem Vintage-Look daherkommt und scheinbar Patina angesetzt hat.

Nähern wir uns der Philosophie Ihrer Küchen und der Innenraumgestaltung an, die ja in einem gehobenen Segment angesiedelt sind. Passt hier die Überschrift Luxus? Heute, in diesen speziellen Zeiten einer Pandemie, verschiebt sich die Bedeutung von Luxus. Es geht weniger um barocken Luxus oder Bling-Bling, sondern um die Realisierung einer stabilen Einrichtung, die mir Sicherheit vermittelt und in die Umgebung meines Hauses passt. Es geht um Rückzugsräume. In diesem Rahmen gibt es dann aber sehr viele individuelle Lösungen, auch was die konkrete Ausgestaltung des Stichwortes Luxus betrifft. Wir selbst thematisieren das Wort nicht, sondern sprechen eher nüchterner von massgeschneiderten Lösungen. Ob das für den Kunden dann Luxus ist, interessiert uns weniger. Für mich sind beispielsweise massgeschneiderte Anzüge und Schuhe Luxus, für andere aber nicht.

Viele Lösungen Ihres Hauses wirken auf mich sehr massiv. Das hat ja auch zwei Seiten. Einerseits wirkt es sehr hochwertig und stabil, andererseits fühlt sich die Betrachterin oder der Betrachter fast optisch erschlagen. Es kommt hier immer auf die unterschiedlichen Zusammenhänge an. Zum Beispiel spielt es eine Rolle, wo das Haus, in dem die Lösung realisiert wird, steht. In einem urbaneren Raum

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wird man meist eine leichtere Atmosphäre im Penthouse-Stil schaffen als in einem Chalet am Meer oder in einem Waldgebiet. Wir haben zum Beispiel einige Lösungen in Monaco realisieren dürfen. Dort geht es trotz beachtlicher finanzieller Ressourcen immer um einen begrenzten Raum in einer sehr verdichteten urbanen Stadt.

«ES GEHT IMMER UM EIN SPANNENDES ZUSAMMENSPIEL VON MATERIALIEN …»

Welche Rolle spielen Licht, Farben und Stil-Elemente wie Vorhänge? Brechen sie den gewollten massiven Eindruck? Wir sprechen hier immer von einem Gemeinschaftswerk mit dem Kunden. Oft kommen dann auch externe Partner wie ein Innendekorateur zum Zug. Aber zunächst unterbreiten wir dem Kunden auch hier Vorschläge, diese werden dann diskutiert und dann finden wir eine Lösung. Dabei müssen alle Beteiligten ihr Handwerk verstehen und zusammen und nicht nebeneinander arbeiten. Es geht nicht nur um die Küche alleine. So sollten beispielsweise Böden oder Decken in der gesamten Wohnung optimal miteinander kommunizieren. Es gibt grundsätzlich zwei Vorgehensweisen. Entweder agieren alle Beteiligten in einem klar vorgegebenen Rahmen oder es geht von Anfang an um individuelle Lösungsschritte. Bei uns ist die zweite Variante mehr verbreitet. In der Situation einer Pandemie ist ein edler Innenraum nicht nur ein Wohn- und Erlebnisraum, sondern auch ein Schutzraum. Die Leute können aktuell nicht mehr nach aussen in Restaurants oder Bars. Diese Aufgaben übernimmt jetzt das Zuhause, und das machen wir gerne. Auch wenn die Pandemie abflacht, bleibt das stabile Zuhause ein wichtiger gesellschaftlicher Trend.

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Gerade heute geht es auch um Rückzugsräume mit einer stabilen Ausstrahlung.

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© Tord-Rickard Söderström

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LIVING

VER

SPIEL ZIEGEL

TE

Autorin_Swenja Willms

ARCHITEKTUR ERFÜLLT SEIT JEHER DIE AUFGABE, DEN MENSCHEN EINEN WOHNLICHEN RAUM ZU SCHAFFEN. ARCHITEKTUR ZEICHNET SICH ABER AUCH DURCH IHRE EINZIGARTIGKEIT AUS. SIE SOLL DIE LANDSCHAFT ZIEREN, SINNBILDER UND BOTSCHAFTEN VERMITTELN, SICH ZURÜCKHALTEN ODER PRUNKVOLL IHREN PLATZ EINNEHMEN. LETZTERES GEWINNT IN EINER WELT, DIE DOMINIERT WIRD VON BETON UND MONOTONIE, IMMER MEHR AN POPULARITÄT. WIR WERFEN EINEN BLICK AUF UNGEWÖHNLICHE UND EXZEPTIONELLE BAUWERKE. 179


© Shao Feng

«Vorstellungskraft ist ein Geschenk Gottes», so sagt es Li Xiang. Die in Shanghai ansässige Architektin scheut sich nicht davor, von genau dieser Vorstellungskraft Gebrauch zu machen und einen neuen Anspruch an die Kombination von Kunst, Design und Architektur zu erheben. Kulturstätte, Büchereien und Hotels verwandelt Li Xiang in märchenhafte oder futuristische Räume. Ihr neustes Projekt führt Kinder in fremde Galaxien. Auf einer riesigen Fläche von circa 3000 Quadratmetern baute das von Li Xiang gegründete Architekturbüro «X + Living» ein Spielparadies für Kinder und Familien. Der «Meland Club» befindet sich inmitten eines der grössten Einkaufszentren Hongkongs. Zahlreiche geometrische Figuren, verschiedenste Materialien und reichhaltige Texturen erschaffen eine weltraumähnliche Erfahrung. Das Zusammenfügen scheinbar unregelmässiger Geometrie und die Anhäufung heller Farben sind nicht ungeordnet und chaotisch, im Gegenteil, es ist eine harmonische Beziehung zwischen internen Elementen und dem Gesamtthema nach sorgfältiger Planung. Jedes Detail hat praktische funktionale Bedeutung. Zum Beispiel können die Schränke und Regale, die als Pflanzen gut getarnt sind, zur Aufbewahrung verwendet werden. Der funktionale und der ästhetische Wert des Designs vermischen sich hier perfekt. Zahlreiche Unterhaltungsmöglichkeiten wie ein Ballpoolbereich, rotierende Rutschen, Kletterseile, Labyrinthe und ein eigener Restaurantbetrieb sind Teil des Familienparks. Der Park erfüllt nicht nur die Ansprüche eines Kindes an ein pures Spielvergnügen, auch das angeborene Gefühl der freien Erkundung und individuelle Lernprozesse werden durch die verschiedenen Räume gefördert. «Die Neugier und Unschuld des Lebens, die wir haben oder bereits verloren haben, wird hier wieder zum Leben erweckt», erklärt Li Xiang.

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© Shao Feng

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MIT DEN AUGEN EINES KINDES BAUEN Mit Emotionen, Fantasien und der Neugier spielt auch das Architekturstudio «Kientruc O» aus Vietnam. 2018 entwarf es den «TTC Elite Saigon Kindergarten» inmitten Vietnams grösster Stadt Ho-Chi-Minh. Die ersten drei Stockwerke des Gebäudes bestehen aus fünf Ebenen und sind für Klassenzimmer und Indoor-Spielplätze reserviert. In den oberen Etagen werden Veranstaltungen, Personalschulungen und Schulverwaltungsabteilungen organisiert. Der Kindergarten wurde in einer rein geometrischen Form konzipiert, um die Neugier der Kinder jeden Tag aufs Neue zu wecken. Ganzheitlich betrachtet ähnelt die Architektur einer kubistischen Form ähnlich den benachbarten Wohnblöcken, bringt jedoch einen frischen, attraktiven und lebendigen Atemzug in die Region. Auffällig ist die spielerische Anordnung und Konzipierung der Fenster. Diese scheint zufällig zu sein, wird jedoch systematisch berechnet, um sicherzustellen, dass jedes dahinterliegende Klassenzimmer bei Verwendung ausreichend natürliches Tageslicht und Belüftung erhält. Grosse Fenster öffnen den Blick nach aussen und fördern die Beziehung zwischen den Kindern und der unmittelbaren Umgebung. Durch die vielen Lichtquellen werden die Farben der Innenräume intensiviert und sorgen so für eine verzauberte und märchenhafte Atmosphäre.

© Steven Barber

EINE MENSCHLICHE BEZIEHUNG ZUR LANDSCHAFT Architektonische Bauwerke erfüllen aber nicht immer nur primäre Zwecke für den Menschen. Manchmal steht auch der Kontext zur Natur im Vordergrund. Das energetische Architekturstudio «MUTT» aus England geniesst den Ruf, Orte mit Identitäten zu schaffen, die das Alltagsleben vereinfachen. Eines dieser Objekte ist der «Ordnance Pavilion»,

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© Quang Tran

«ARCHITEKTUR SOLLTE IMMER AUSDRUCK IHRER ZEIT UND UMWELT SEIN, JEDOCH NACH ZEITLOSIGKEIT STREBEN.» Frank Gehry

der im Rahmen des Festivals «Lake Ignite» 2018 entworfen wurde. Ziel war es, die denkmalgeschützte Kulturlandschaft des Lake District zu zelebrieren. Das Studio MUTT nahm sich dies zum Anlass, die Nutzung von sogenannten Ordnance-Survey-Karten zu thematisieren. Zwischen 1935 und 1962 wurde die gesamte Landschaft Englands mithilfe dieser Kartierung manuell in Dreiecke aufgeteilt. Aus diesem Verfahren entstanden die Formen und Strukturen des Pavillons – jeder Bestandteil des Pavillons verweist auf einen bestimmten Moment in der Kartierungsgeschichte Grossbritanniens. So verknüpft das Architektenbüro funktionale wie auch kulturelle Werte mit emotionalen Inhalten. «Es war ein Kanal für unsere physische menschliche Beziehung zur Landschaft: die geografischen Bedingungen sowie die von Menschen gemachten Konstruktionen, die darüberstehen», erklärt das Studio MUTT. KUNSTVOLLE FASSADEN, DEKORATIVE AUSSAGEN Die Künstlerin Camille Walala hinterliess mit ihren kräftigen Farben und Grafiken weltweite Spuren, entfesselte Muster überall von Cafés in Melbourne bis zu Hotels auf Mauritius. Bekannt für ihre grossformatigen Wandbilder und spielerische interaktive Installationen schuf Walala im Jahr 2018 im Rahmen der New Yorker Designmesse eine Fassade eines siebenstöckigen historischen Gebäudes in Brooklyns Kreativzentrum Industry City. Das auffällige POP-Design mit 3D-Effekt enthält die architektonischen Merkmale und die Farbpalette des Gebäudes und ist mehrheitlich von seiner Umgebung inspiriert. Das Grafikdesign erinnert an die Memphis-Design-Bewegung aus den 1980er-Jahren, die die Regeln des Funktionalismus brechen wollte. Dieses «Anti-Design», wie es genannt wurde, setzte auf schrille, verspielte und fröhliche Farben und Muster. Die grösste Herausforderung stellte die Übertragung des Designs von einem A4-Blatt auf eine 40-Meter-­Fassade

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© Industry City

dar, da kleine Details bei mehrfacher Vergrösserung oftmals verzerrt werden können. Die Umgestaltung der Fassade dauerte rund zwölf Tage und wurde am Eröffnungstag von WantedDesign Brooklyn enthüllt. Auf der anderen Seite des Atlantiks steht ein weiteres farbenfrohes Gebäude. «Ting 1» ist ein Wohnhaus, lokalisiert im nordschwedischen Örnsköldsvik. Der Ausschreibung eines Architekturwettbewerbs im Jahre 1961 verdankt das ehemalige Gerichtsgebäude sein Aussehen. Das Ergebnis war ein kompromissloses Betongebäude, das 1967 eingeweiht wurde und seinen Zweck gut erfüllte. Die Zeiten haben sich geändert und das Gerichtssystem mit ihnen. Schlussendlich wurde das Gebäude nur wenige Tage im Jahr genutzt. Niklas Nyberg, der Sohn eines Malers und ein örtlicher Baumeister mit einem farbenfrohen Charakter, stellte sich der Herausforderung, das Gebäude umzuwandeln. Als passionierter Kunstsammler von Bengt Lindström, einem international anerkannten Maler mit Wurzeln in der Region, ist die klare Verschmelzung der Fassade mit einem Gemälde von Bengt Lindström, dem «Frauentanz», deutlich zu erkennen. Nyberg bediente sich an der prachtvollen Farbpalette des Gemäldes, die sowohl die Keramikfliesen als auch die Balkone ziert. «Ting 1» steht einerseits im Kontrast zur Umgebung, andererseits nimmt die Konstruktion aber die hügelige und bewaldete Landschaft der Region wieder auf. Ein weiterer Beweis dafür, dass sich selbst verspielte und exzeptionelle Architektur in die Landschaft eingliedern und trotzdem einen hohen Grad an Funktionalität erfüllen kann.

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TREN DS

TRUDON

TC

Sechs einzigartige Kerzen mit sechs edlen Düften, die ganz natürlich um fruchtige, holzige und blumige Noten herum komponiert wurden: Die neue Kollektion «Les Belles Matières» reist als geografische Odyssee zurück zu den Ursprüngen kostbarer Parfums und taucht ein in die ereignisreichen Stunden botanischer Entdeckungen.

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CASTRO LIGHTING

Der zarte Art-déco-inspirierte Wandspiegel besteht aus einer transparenten Oberfläche kombiniert mit künstlerischen goldenen Mustern. Das wahrhaft luxuriöse Statement-Stück, das E ­ leganz in der Umgebung vereint, eignet sich perfekt für Eingänge, Flure, Wohnund Esszimmer sowie für jeden anderen Innenraum, den Ihre Inneneinrichtung zulässt.

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K R KASSAVELLO

Eines der klassischsten und modernsten Stücke der kuratierten Sammlung von Kassavello. Inspiriert von der Mitte des Jahrhunderts beeindruckt dieser Sessel aus schwarz glänzend lackiertem Holz und poliertem Messing sowie dem gepolsterten blauen Leder mit seinem zeitlos eleganten Design.

REFLECTIONS COPENHAGEN

Die zwei dänischen Designer Andrea Larsson und Julie Hugau verwandelten das ­ «New Haven Basin» in eine grossartige, vielseitige Version in einer maskulinen und kraftvollen Farbkombination. Die abgeschrägten Kanten und der gesättigte Farbton sind aus handgeschnittenem Kristall gefertigt und beleuchten einen Schminktisch, Schreibtisch oder eine Tischplatte mit einem Hauch von Glamour.

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Autorin_Claudia Wanninger Bilder_Burgbad GmbH / Salva López

MÖBEL DER EINFACHHEIT

AUF DIE HERAUSFORDERUNG, NACHHALTIG ZU PRODUZIEREN UND ZU LEBEN, GEBE ES KEINE EINFACHEN ANTWORTEN, SO J­ EANNETTE ALTHERR VOM STUDIO ALTHERR DÉSILE PARK IN B ­ ARCELONA. DAFÜR ABER WIRKEN IHRE MÖBEL WIE EINE ANTWORT AUF DIE SEHNSUCHT NACH EINFACHHEIT. BEI DER ENTWICKLUNG DER ECHTHOLZ-KOLLEKTION MYA FÜR DEN BAD­MÖBELSPEZIALISTEN BURGBAD WURDE NICHT NUR AUF AUTHENTISCHE MATERIALIEN WERT GELEGT, SONDERN AUCH AUF FLEXIBLE NUTZUNGSKONZEPTE UND EIN LANGLEBIGES DESIGN. UND SO KÖNNEN – BIS AUF DEN WASCHTISCH NATÜRLICH – DIE MÖBEL MIT IHREN BESITZERN MITWANDERN – VON RAUM ZU RAUM, VON WOHNUNG ZU WOHNUNG, VON G ­ ENERATION ZU GENERATION.

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Die Möbelserie ist komplett aus Massivholz, Echtholzfurnier, Metall und Leder gefertigt, aus sehr schlichten, nachvollziehbaren Elementen, und besitzt keinerlei Schmuck ausser vielleicht den Lederschlaufen. Warum diese konsequente Schlichtheit, die ja eher ungewöhnlich ist für die häufig irgendwo im Landhausstil angesiedelten Echtholzprogramme für das Badezimmer? Wir waren auf der Suche nach einer Designsprache, die neutral und anpassungsfähig ist, ohne dass die Möbel banal wirken. Mya sollte Ruhe ausstrahlen und damit so etwas wie einen Kommentar zu der Schnelllebigkeit und Reizüberflutung darstellen, mit der wir im Alltag ständig konfrontiert sind. Ich finde, Wohnmöbel sollten einem das Gefühl vermitteln, ganz im Hier und Jetzt zu sein, in der analogen Welt. Darum ist auch die sinnliche Wirkung der Materialität so wichtig. Die gesamte Kollektion hat aber auch etwas sehr Vertrautes. Gab es ein Vorbild, eine Inspirationsquelle? Ein bisschen ist das Design sicherlich von der Tradition der Shaker-Möbel inspiriert, deren Ästhetik sich aus der Verbindung von Handwerkskunst, Naturmaterial und dem Bekenntnis zur Schlichtheit entwickelte. Diese Kultur ist tief verwurzelt im traditionellen Handwerk und wandte bereits vor der Moderne das Prinzip der Reduzierung an – aber nicht durch zwanghaftes Wegrationalisieren auf Kosten der Atmosphäre, sondern im Sinne einer Reduzierung auf das Essenzielle. Mya sollte dieselbe ruhige Klarheit besitzen, ohne dabei kühl zu wirken.

Zeitlos, flexibel, langlebig: Mit der Verwendung von Massivholz und natürlich gegerbtem Rhabarberleder setzt burgbad bei seiner vielseitig einsetzbaren Kollektion aus der Feder des Designstudios Altherr Désile Park auf natürliche Materialien.

Wie verändert sich Design unter dem Einfluss von Klimawandel und Nachhaltigkeitsbestreben? Ich denke, dass sich die Idee davon, was Design sein kann, erweitern wird: über das Produzieren von Produkten hinaus. Es geht auch um das Bewahren, das Festhalten und Dokumentieren. Zudem erleben wir gerade, dass sich unsere Vorstellung von Natur als «das andere» ändert – vom reinen Ressourcen-Provider zu der Idee von Natur als ein eigenständiges Living-System. Dass wir Teil dieses lebendigen Systems sind. Und nicht etwas darüber Stehendes. Balance ist dabei ein wesentlicher Aspekt. Diese Entwicklung wird sicher verändern, was wir als schön empfinden.

Mya ist eine von burgbad herausgegebene Kollektion aus charakteristischen Solitärmöbeln, die alle Sinne anspricht: mit Materialwechseln von warmem Holz zu glattem Metall und weichem Leder, mit Farben, die den Augen guttun, und einem Design, das trotz formaler Klarheit von starker Emotionalität ist und Bilder von natürlicher Schlichtheit weckt. Der offene und puristische Entwurf des Studios Altherr Désile Park aus Barcelona versteckt nichts und wirkt dadurch authentisch und bodenständig. Mya vereint wie selbstverständlich unterschiedliche Materialien, schafft spielend Anschlüsse an die Umgebung und vermittelt auf den ersten Blick eine vertraute Atmosphäre: das Gefühl, zuhause zu sein.

Wie spiegelt sich so etwas in Ihrem eigenen Design wider? Schon immer haben wir uns mit «Essentialismus» identifiziert – der Unterschied zur Einfachheit ist, dass es uns weniger um rein formale Aspekte geht. Vielmehr geht es um die Suche nach dem, was wichtig ist. Eine Möbelserie wie Mya veranschaulicht das gut. Mya vereint die Tradition der Shaker-Möbel, in der es auch um das Bewahren von Formen und Handwerkstraditionen geht, mit modernen Ansprüchen an Ästhetik, Funktionalität und Nachhaltigkeit.

PRESTIGE: Mit der zusammen mit burgbad entwickelten Kollektion Mya waren Sie dem aktuellen Trend von Echtholzmöbeln im Bad schon ein paar Jahre voraus. Letztes Jahr nun wurde die Kollektion um eine ganze Reihe von «echten» Möbeln ergänzt – also um Regale, Kommoden, Bänke und Accessoires, die eigentlich überall in der Wohnung stehen können. Was war die Idee dahinter? JEANNETTE ALTHERR: Hintergrund ist zum einen die zunehmende Überschneidung von Wohnbereichen. Das Bad wird ja heute auch immer stärker als Raum mit Aufenthaltsqualität gesehen. Dazu kommt aber noch ein weiterer, mir sehr wichtiger Aspekt: Flexibel einsetzbare Möbel sind nachhaltiger. Sie passen sich den Lebensumständen an, wandern bei Bedarf von einem Zimmer ins nächste, ziehen mit einem um. Wir wollten Möbel, die eine Art Ergänzung der Badmöbelkollektion darstellen und gleichzeitig flexibel genug sind, in anderen Zimmern genutzt zu werden. Dadurch bietet die Kollektion auch schöne Ansatzpunkte für ein raumübergreifendes Interior Design.

Wieso verwenden Sie dann nicht nur Holz, sondern zum Beispiel auch Metall? Unter dem Eindruck der verheerenden Feuer im Amazonasgebiet und in Australien in den letzten Jahren fängt man an zu hinterfragen, wie weit man Bäume nur noch als nachwachsenden Rohstoff sehen kann. Ob «neu» angesichts des Überangebots noch so positiv besetzt ist wie früher. Ob hochwertiges Slow Design, das repariert, verändert oder secondhand weiterverwendet werden kann, nicht die bessere Wahl ist. Mit solchen Szenarien muss sich die Branche frühzeitig auseinandersetzen. Wir müssen alles vorurteilslos durchdenken – es gibt keine einfachen Antworten.

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DIE MAXIMUM-WELLBEING ZAUBERFORMEL

Autor_Joël Ch. Wuethrich Bilder_Maura Wasescha AG

DIE BEDÜRFNISSE DER KUNDSCHAFT VON DEN AUGEN ABLESEN KÖNNEN UND DIE INTERESSEN­ TINNEN UND INTERESSENTEN MIT AUF EINE ­CUSTOMER JOURNEY NEHMEN: DAS GEHT AUCH IN DER IM­MOBILIENBRANCHE BEI EINER ÄUSSERST ANSPRUCHSVOLLEN ZIELGRUPPE, WIE DAS BEISPIEL DES ST. MORITZER UNTERNEHMENS VON MAURA WASESCHA ZEIGT. Es gibt Geschäftsleute, die haben zum richtigen Zeitpunkt den richtigen Riecher und den richtigen Draht zur passenden Zielgruppe. Eine dieser Personen ist Maura Wasescha, die für eine exklusive Klientel die passenden Immobilien findet und einrichtet. Maura Wasescha bewegt sich nach vielen Jahrzehnten Networking wie ein Fisch im Wasser in der «noblen Gesellschaft» beziehungsweise innerhalb ihres Netzwerkes. Was sie sich aber auch hart hatte erarbeiten müssen. Nach bald 42 Jahren bereitet man sich im Familienunternehmen aber auch auf einen schrittweisen, langsamen Generationenwechsel in der Unternehmensführung vor. «LUXUS IST WERTLOS, WENN MAN IHN NICHT GENIES­ SEN KANN...» Maura Waseschas Motto «Maximum Wellbeing» ist nicht nur ein wirklich wie die Faust aufs Auge passender Claim für das Unternehmen, sondern auch gelebte Unternehmensvision. «Wir bieten nicht einfach exklusivste Immobilien zum Kauf oder zur Miete an, sondern auch den perfekten Luxusservice. Damit die Magie des Momentes zum zeitlosen Genuss wird», pflegt sie zu sagen. Auf der Website wird ihre «Wellbeing»-Philosophie treffend beschrieben: «Was bedeutet Luxus, wenn man nicht die Zeit hat, ihn zu geniessen? In der heutigen Zeit, geprägt von Hast und Unruhe, reicht es nicht nur, dem Kunden die perfekte Immobilie zu präsentieren.» Maura Wasescha liegt es deshalb am Herzen, dem Kunden den bestmöglichen One-to-one-Service zu bieten. Die Wünsche des Kunden sofort zu verstehen und diese umzusetzen, schenken ihm Zeit. Zeit, um den Luxus zu geniessen. DIE SIGNORA VON ST. MORITZ Einst aus Norditalien in die Schweiz eingewandert machte sie eine harte Lebensschule durch und entdeckte ihr Talent, Menschen und ihre Bedürfnisse lesen zu können. Zudem hatte sie einen ausgezeichneten Riecher für Trends in diversen Branchen. Dass sie in der Immobilienbranche Fuss fasste, dort eine Marktnische optimal ausfüllte, hatte mit einen Top-Marketing-Mix im Businessplan und mit dem Standort St. Moritz sowie einer guten Kommunikationsstrategie verbunden mit einem Produktversprechen zu tun. Und so begann ihre «Tellerwäscher-Karriere», wie sie gerne selbst ihren Aufstieg beschreibt. Heute wird sie mitunter auch als die «Signora von St. Moritz» tituliert.

Die Hotelfachschule mit Matura in Bormio war eine gute Basis. Danach arbeitete sie einige Jahre im Service, als Reinigungskraft, Übersetzerin oder Aide du Patron. 1981 erhielt sie bei Interhome St. Moritz eine Stelle als Putzfrau und Übersetzerin. Bruno Franzen bot ihr 1983 eine Bürostelle an und 15 Jahre später war sie Geschäftsführerin von Interhome St. Moritz mit sechs Mitarbeiterinnen und einem Pool von knapp 80 Reinigungskräften. Mit einem Umsatz von 5,3 Millionen Franken war St. Moritz damals die erfolgreichste Aussenstelle der Interhome Schweiz. Maura wurde mehrfach als beste Verkäuferin ausgezeichnet. Dann kam der grosse Schritt: 1998 gründete sie die Einzelfirma «Maura Wasescha». Sie bezeichnet ihr Lachen als ihr grösstes Kapital. Auch heute noch. Ihre Personality war schliesslich ihre Unique Selling Proposition, denn sie muss sich gerade im Engadin gegen eine harte Konkurrenz behaupten: Sotheby’s Real Estate, Engel&Völkers und weitere einheimische Platzhirsche buhlen um die Kundschaft. BEDACHTER GENERATIONENWECHSEL Und jetzt führt sie ihre beiden Söhne Michael Angelo und Matteo ins Business ein. Die ehemals alleinerziehende Mutter mit dem Multitasking-Talent war anfänglich skeptisch: «Es ist nicht immer

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leicht, Berufliches von Privatem zu trennen, wenn man sich entscheidet, ein Familienunternehmen zu betreiben. Ausserdem musste ich meinen Söhnen die etwas romantische Vorstellung des Tagesgeschäfts in dieser Branche nehmen. Es ist ja eine pickelharte Arbeit, bei welcher man nicht immer sieht, wie viel Effort betrieben werden muss, bis ein Geschäft abgewickelt werden kann. Und dann fängt es erst recht an. Beide aber bleiben hartnäckig und haben mich überzeugt, dass sie es wirklich wollen und das Geschäft von der Pike auf lernen werden.» Der Generationenwechsel in den strategischen und exekutiven Bereichen wird aber noch eine Zeit dauern. Man habe und mache sich da keinen Druck, heisst es bei den Waseschas. Wir haben mit Maura, Michael Angelo und Matteo Wasescha gesprochen. Welche Visionen verfolgen sie, wie werden neue Ideen und Umsetzungen vollzogen und welche Trends und Businessmodelle werden sich in den nächsten Jahren in ihrer Branche durchsetzen? PRESTIGE: Maura Wasescha, Sie sind eine erfolgreiche Vollblut-Unternehmerin und haben Ihre Firma wie ein eigenes Kind grossgezogen. Sie sind in Ihrem Kerngebiet Luxus-­

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Immobilien sozusagen das «Gesicht der Branche» im Engadin. Nun beschäftigen Sie sich mit der Nachfolgeregelung. Wie geht es Ihnen dabei? MAURA WASESCHA: Eines Tages ist man automatisch mit der Nachfolgeregelung konkret konfrontiert. Und es ist klar – besonders bei einem Business, das so komplex ist wie unseres –, dass eine Geschäftsübergabe sowohl gestaffelt schrittweise wie auch über Jahre vonstattengehen muss. Die Kundschaft ist natürlich offen gegenüber meinen Söhnen, denn sie vertrauen mir und meinem Urteilsvermögen. Schliesslich kenne ich die Kundinnen und Kunden wie auch das ganze Zielgruppenumfeld mit deren Wertehaltungen sehr genau. Aber auch meine Nachfolger müssen sich jetzt auf diesem Businessparkett bewähren. Ich habe aber auch klaren Wein eingeschenkt bezüglich der Anforderungen, die dieser Job mit sich bringt. MICHAEL ANGELO WASESCHA: Man lernt natürlich sehr viel, wenn man quasi den ganzen Tag jemanden um sich hat, der sich so professionell im Kundenkontakt und in der Planung bewegt. Und es ist schwer, Privates von Geschäftlichem jederzeit zu trennen. Der zwischenmenschliche Bereich ist in unserem Geschäft sehr wichtig und muss auch stattfinden. Besonders


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wenn man als Frischling ins Business einsteigt. Dennoch darf man im Tagesgeschäft, auch wenn es manchmal schwerfällt, den Fokus auf das Wesentliche nicht verlieren. MAURA WASESCHA: Wir sind halt manchmal impulsiv, aber auch ehrlich und nicht nachtragend. Wenn etwas gesagt werden muss, wird es kommuniziert. Danach zieht man die Schlüsse und weiter geht es. So sind wir bisher immer gut gefahren. Gut ist, dass wir uns ergänzen und die Zusammenarbeit ist komplementär. Michael ist einer, der zuerst analysiert und dann handelt. Das ist gut so.

MATTEO WASESCHA: Wir sind alle digital fit und können mit modernen Tools arbeiten. Aber: Was für uns wichtig sein wird, ist das Erhalten der Emotionen in diesem Geschäft. Denn ein Kaufentscheid ist ganz klar auch von Emotionen und Timing abhängig. Der Direktkontakt und das Kundenerlebnis werden unersetzlich bleiben. Nur so merkt man auch, ob die Interessierten sich begeistern können für ein Objekt oder eher nicht. Und schliesslich muss beim Geschäftsabschluss auch die Chemie stimmen zwischen uns, der Kundin oder dem Kunden und dem Objekt der Begierde.

Wie würden Sie Ihr Erfolgsgeheimnis umschreiben? MAURA WASESCHA: Unser Erfolgsgeheimnis ist eindeutig der Fokus auf eine Kernklientel, die zwar bezüglich Anzahl nicht sehr gross ist, aber beständig und vermögend. Wie wir ja seit jeher feststellen: Das Geschäft mit den Luxusgütern ist zu fast jeder Zeit stabil. Auch – und besonders – in Krisenzeiten. Man investiert ja auch viel in Luxusgüter und dazu gehören auch die Immobilien. Ein weiterer Kernaspekt bei uns ist natürlich die Kenntnis der Erwartungs- und Wertehaltungen der Zielgruppen und, ganz wichtig, die Beratung. Was sehr geschätzt wird, ist nicht nur der 24 / 7-Dienstleistungsapparat, sondern auch speziell die Interaktion auf dem Weg bis zum finalen Geschäft. Gut zuhören und die Bedürfnisse verstehen: Das ist in diesem Geschäftsumfeld genauso wichtig wie die fachlichen Fähigkeiten.

Wie wird sich die Branche in den nächsten Jahren verändern? Wie ist Ihre Einschätzung? MAURA WASESCHA: Die Branche wird sich natürlich verändern. Aber dennoch sehe ich Beständigkeit. Es geht in jeder Beziehung um Nachhaltigkeit. Die Zielgruppe der Zukunft wird auch heterogener und die Anzahl der Leute, die sich unsere Objekte leisten können, wird exponentiell wachsen. Das sagen eigentlich fast alle Zukunftsforscher voraus. Was man feststellen kann, ist zudem, dass der Reichtum aus vielen Ecken kommt. Die Globalisierung und Digitalisierung hat neue Millionen in die Branchen und somit auch zu den einzelnen Unternehmerinnen und Unternehmern gespült. Was dabei interessant ist: Die Bedürfnisse sind vielfältiger geworden und diese herauszuspüren und zu befriedigen, ist eine schöne und herausfordernde Arbeit. Das gilt sowohl für die Bauweisen der Objekte wie auch bezüglich der Einrichtungen.

Und lassen Sie auch neue, disruptive Ideen zu? Kommen diese zur Umsetzung? MICHAEL ANGELO WASESCHA: Im operativen Bereich kann ich meine Ideen schon einbringen, aber nicht bezüglich Strategie. Da vertrauen wir noch voll und ganz auf unsere Mutter, die das Bauchgefühl und die Erfahrung hat, welche unersetzlich sind. Kann ein sogenanntes Reverse Mentoring dennoch stattfinden? MAURA WASESCHA: Ja, ein Reverse Mentoring kann auch stattfinden. Zum Beispiel im Bereich der Umsetzungen: Wir arbeiten bereits seit vielen Jahren mit modernsten Tools in Bezug auf die Präsentation und Vermarktung unserer Objekte. Sei es mittels 3-D-Visualisierungen oder anderen Mitteln. Und hier sind die Inputs der Jungen natürlich wertvoll. Und nicht zu vergessen: Eines Tages werden auch die Kinder der aktuellen Kundschaft zu Entscheidungsträgern und da ist es wichtig, dass auch wir im gleichen Zeitgeist unsere Expertise anbieten.

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Wie viel Einfluss hatte die Pandemie auf Ihren Geschäftsgang? MAURA WASESCHA: Die Pandemie hat uns nicht geschadet, wie zunächst angenommen. Fakt ist, dass viele jetzt noch mehr als zuvor ein schönes Grundstück mit viel Luxus und Platz in einer tollen Umgebung schätzen. Die Nachfrage ist also gestiegen, was uns zugutekommt. Ein Problem ist aber, dass natürlich der menschliche Kontakt eingeschränkt wurde und eine gewisse Natürlichkeit verloren geht. Das ist sehr schade, da gerade in unserem Business der Kundenkontakt besonders wichtig ist. Und die Covid-Massnahmen mit den geschlossenen Einrichtungen schaden natürlich auch unserem Miet-Geschäft. In einen optimalen Businessplan gehört auch ein gutes Marketingkonzept mit einem guten Marketingmix. Da ist unter anderem natürlich der Standortvorteil evident. Sowohl für das Tagesgeschäft wie auch für das Image ... MAURA WASESCHA: St. Moritz ist natürlich eine tolle Location und passt zu uns und unserer Klientel. Es ist irgendwie so wie im Song von Jovanotti «l’ombelico del mondo» (übersetzt: «Der Nabel der Welt»). Man fühlt sich am richtigen Ort und geniesst es. Natürlich verbindet man den Ort mit Luxus und Prominenten oder wohlhabenden Personen. Das ist meinem Marketingmix natürlich auch förderlich. WWW.MAURAWASESCHA.COM WWW.MAXIMUM-WELLBEING.COM

KUNDENBEZIEHUNG ALS PRIORITÄT Jede Kundenbeziehung bei Maura Wasescha ist eng und wird als einzigartig betrachtet. Auch wenn es sich um f lankierende Angebote handelt wie einen Limousinen-­ Transfer, eine Reservierung in einem Restaurant, das Organisieren eines Skilehrers, eines Sportautos, eines Privatjets oder Helikopters, von Champagner, eines Gourmetkochs und so weiter. «Auch dieser individuelle Concierge-Service steht den Kunden rund um die Uhr zur Verfügung», sagt Maura Wasescha, denn sie ist sich des geschäftigen Lebens ihrer Kunden bewusst und kümmert sich darum, ihnen den ersehnten Freiraum zu bieten, damit diese den perfekten Moment geniessen können. Nebst der persönlichen Beratung bei der Miete oder beim Kauf der exklusivsten Immobilien an den schönsten Orten (selbstverständlich unter Wahrung höchster Diskretion) steht noch im Angebot: Administration und Verwaltung, die Organisation von Butler, Privatköchen, Hauswirtschafterinnen, SPA-Services, Personaltrainern, Bodyguards, Privat­ chauffeuren und Freizeitservices sowie Eventorganisation im In- und Ausland.

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DOLCE VITA FÜR ZUHAUSE

Die Luxus-Lifestyle-Marke «Emporio Sirenuse» präsentiert ihre erste Home-Kollektion – eine Sammlung von handgefertigten Murano-Glaswaren, Porzellantellern und -bechern sowie handgestickte Kissen. Die Sammlung vereint Stücke, die von Carla Sersale, Gründerin der Marke und Kopf des legendären familiengeführten Hotels «Le Sirenuse», zusammen mit ihrer Nichte Viola Parrocchetti, der Creative Director der Marke, entworfen wurden. Die lebendige Auswahl an Lifestyle-Accessoires zelebriert die hundertjährige Handwerkskunst und die zurückhaltende Eleganz des Hotels an der Amalfiküste, welches von Antonio Sersale geleitet wird. Die «ARIA Glass Collection» fungiert als Spiegel der Amalfiküste: rein blauer Himmel, wechselnde Sonnenuntergangsfarben und kühle Brisen, die sanft über die Wellen streifen. Jedes Stück der ARIA-Glaswaren-Sets wird einzeln geblasen. Die

LE SIRENUSE POSITANO HOME COLLECTION

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«Die Kollektion ist eine Ode an die begehrte Dolce-Vita-­ Atmosphäre von ‹Le Sirenuse› und unser Streben, ein hundertjähriges Familienerbe in einen intimen Lebensstil zu integrieren.» – Carla Sersale –

Teller und Becher wurden in Zusammenarbeit mit dem britischen Künstler und Designer Luke Edward Hall entworfen und kombinieren die spielerische Leichtigkeit des französischen Dichters und Designers Jean Cocteau sowie des britischen Fotografen und Künstlers Cecil Beaton. Die Sammlung verbreitet diffuse Muster von wehmütigen, androgynen Gesichtern und Luke Edward Halls persönliche Sicht auf die mediterrane Kultur. Der dritte Teil der Home-Kollektion besteht aus den «SUZANI Cushion Cases» – einer Fusion zentralasiatischer Nomadenkunst und dem legendären Jazz-Zeitalter, integriert in einer Auswahl an Kissenbezügen. Die auffälligen Seidenbezüge wurden ursprünglich in der Flaggschiff-­­ Boutique von Emporio Sirenuse in Positano präsentiert, handgestickt von lokalen Handwerkern in Mumbai. Die Kollektion ist seit November 2020 in folgenden Onlineshops erhältlich: www.emporiosirenuse.com und exklusiv bei www.matchesfashion.com.

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HÖRGENUSS

MUSIK GEHÖRT FÜR UNS ZUM ALLTAG. ALLERDINGS IST DIE QUALITÄT SEHR UNTERSCHIEDLICH. DABEI WECKT MUSIK GEFÜHLE IN UNS. MANCHMAL ANIMIERT SIE UNS SOGAR ZUM TANZEN. DA SOLLTE DOCH QUALITÄT IM VORDERGRUND STEHEN. DAS LIEBLINGSLIED ZU HAUSE WIE BEI EINEM LIVE-KONZERT ZU ERLEBEN, DAFÜR SORGT ALESSANDRO CALO VON ALESCA AUDIO FIDELITY. PRESTIGE HAT MIT IHM ÜBER SEINEN SHOWROOM UND DIE DARIN AUSGESTELLTEN HIGH-END-­ LAUTSPRECHER GESPROCHEN.

IN VOLLENDUNG Autorin_Anja Beeler Bilder_Alesca Audio Fidelity / Sabina Diethelm

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PRESTIGE: Herr Calo, wie würden Sie Ihr Business skizzieren? ALESSANDRO CALO: Nüchtern gesagt vertreibe ich High-­­End-­Audiosysteme. Es wird dann aber schnell auch emotional. Das ist ja das Wesen von guter Musik. Was wir bei Alesca anbieten, ist sozusagen die Formel 1 im Audiosektor. So wie McLaren Racing, Red Bull oder Ferrari versuchen, immer schnellere Autos zu kreieren, reizen wir mit unseren Produkten den Klang eines Lautsprechers bis zum Maximum aus, um das Optimum aus einer Anlage herauszuholen. Auf so einem hohen Niveau bringt die kleinste Veränderung einen Fortschritt oder auch einen Rückschritt.

jetzt schon auf einem Spitzenniveau. Während des Baus unseres Showrooms hatte ich Handwerker im Haus, die fragten, ob sie die Anlage mal hören könnten. Natürlich bewerteten sie zum Beispiel nicht die Klangfarbe der Hoch- oder Mitteltöner, aber sie schlossen die Augen und erlebten etwas Besonderes, ein unverfälschtes Musikerlebnis, als stehe das Klavier direkt neben ihnen. Nach der Vorführung staunte die ganze Truppe, dass solch ein realer Klang überhaupt aus einem Lautsprecher kommen kann. Was unterscheidet einen Ihrer Lautsprecher von einem handelsüblichen Gerät? Die verwendeten Materialien und die Entwicklung des Lautsprechers sind entscheidend. Audioanbieter im High-EndBereich legen viel Energie in die Verarbeitung und Technik des Gehäuses. Nicht umsonst ist so ein Lautsprecher bis zu 300 Kilo­ gramm schwer. Da steckt einiges drin. Akira, ein Lautsprecher der Marke Tidal, hat zum Beispiel für die Hoch- und Mitteltöne eine Diamantenmembran. Solche Lautsprecher sind optische Kunstwerke und bis ins kleinste Detail ausgearbeitet.

Und was ist dabei das Ziel? Unser Ziel ist es, alle Komponenten einer Anlage so zu kombinieren, dass das Hören zum Erlebnis wird. Dabei kommt es nicht nur auf die Lautsprecher an, sondern auch auf Kabel, Verstärker und die Quelle. Ja, sogar die Racks, auf denen die Elektrokomponenten stehen, sind ausschlaggebend. Und das Auge hört natürlich mit. Optik und Verarbeitung sind ebenso entscheidend wie die Klangqualität. Wir haben daher einen Showroom gebaut, in dem unsere Kunden die Systeme testen und in die High-End-Audio-Welt eintauchen können.

Für welche Zwecke sind die Lautsprecher geeignet und wer sind Ihre Kunden? Jeder, der gerne Musik hört und auf der Suche nach hoher Qualität ist, ist bei uns richtig. Meist kaufen unsere Kunden die Anlagen für den privaten Gebrauch. Ich sehe solche Systeme aber auch in der Hotellerie. Mit den heutigen Streaming-Diensten könnte ein 5-Sterne-Hotel sich so ein live-ähnliches Konzert in seine Lounge holen.

Das klingt als wäre es nicht nur ein Job für Sie? Nein, schon seit meiner Jugend bin ich ein sogenannter «High-Ender», immer auf der Suche nach noch besserem audiophilerem Klang. Als ich dann meine erste Wohnung ausstattete, bin ich auf Wilson Audio und D’Agostino, zwei Luxusmarken im Audiosektor, aufmerksam geworden. Ich habe nicht nur meine eigene Wohnung damit vertont, sondern biete diese Marken heute in meinem Sortiment an. Die deutsche Marke Tidal vertreibe ich sogar exklusiv in der Schweiz und Italien. Heute kann ich mit Stolz sagen, dass mein Hobby auch mein Beruf ist. Das lebt man mit Leib und Seele.

Wie viele Lautsprecher befinden sich in Ihrem Showroom und was gehört zudem noch zu solch einem High-End-Audiosystem? Wir haben elf Lautsprecher verschiedener Marken zum Testen in unserem Showroom bereit, darunter Tidal, Wilson Audio, Vimberg und die dänische Marke Borresen. Der erste Lautsprecher im Sortiment war der XVX-Chronosonic-Referenz-Lautsprecher von Wilson Audio, der mit seinen 182 Zentimetern Höhe satte 311 Kilogramm auf die Waage bringt und wirklich imposant ist –  sowohl für das Auge als auch für die Ohren.

Sie sagen selbst, Sie waren 25 Jahre auf der Suche nach dem Gipfel des Machbaren im High-End-Audiosektor. Können Sie sich an den Tag erinnern, an dem Sie fündig wurden? Ich habe in den letzten Jahren sicherlich immer wieder gedacht, jetzt habe ich das Limit erreicht und das Optimum gefunden. Aber die Zeit läuft weiter und es kommen Neuheiten auf den Markt, die das bisher Erlebte in den Schatten stellen. Ein richtiges Ende der Suche gibt es daher nie. Klanglich sind wir

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Alessandro Calo setzt auf kompromisslose Audio-Qualität.

Für eine komplette Anlage bieten wir ebenfalls Verstärker, Vorstufe, Wandler und Streamer an. Die Verstärker gibt es wiederum auch in unterschiedlichen Varianten wie Mono- oder Stereoendstufe oder auch komplette Vollverstärker, in denen alles integriert ist, wie in der Progression von D’Agostino. In der Regel gilt: Je höher die Qualität sein soll, umso mehr setzt man das System aus einzelnen Komponenten zusammen. Wichtig sind auch die Racks, auf denen die Anlage platziert wird. Wir nutzen Racks von Hifistay, die auf Kugellager basieren. So werden alle Schwingungen neutralisiert und die Geräte können ihre optimale Leistung abrufen. Jedes Detail ist wichtig? Ja, eine wichtige Komponente sind ausserdem die Kabel. Ich vergleiche sie gerne mit Adern, die das Herz zum Pumpen bringen. Ein Herz muss gut versorgt sein, eine Anlage auch. Über Kabel kann man daher den Klang einer Anlage stark beeinflussen. Wenn jemand eine gute Anlage zu Hause hat, kann zum Beispiel schon der Wechsel des Kabels einen grossen Unterschied in der Klangqualität bringen. Bei uns bekommt der Kunde eine umfassende Beratung und kann vom Kabel bis zum kompletten High-End-Audiosystem alles kaufen. Darüber hinaus bieten wir Services, angefangen bei der Installation der Geräte beim Kunden vor Ort bis hin zur heimischen Raumoptimierung, an. Welches ist die beste Quelle, damit solch ein Lautsprecher zur Geltung kommt? Da gehen die Meinungen auseinander. Heutzutage ist sicherlich das Streaming aus dem Internet das meistgenutzte Mittel. Es ist bequem und für fast jeden zugänglich. In der Branche gilt der Plattenspieler, also eine Vinyl-Audioquelle, als die musikalischste Quelle. Als Projekt für die Zukunft habe ich mir vorgenommen, solch einen Plattenspieler für unseren Showroom zu kaufen.

Was bedeutet «guter Klang» für Sie als Experte? Da gibt es keine allgemein gültige Formel. Für mich ist der beste Klang dann, wenn ich berührt werde, wenn ich Hüh­ nerhaut bekomme. Das kann man nicht an einzelnen Frequenzen, Höhen oder Tiefen festmachen. Das ist ein Gefühl. Und dieses Gefühl sagt einem auch, welche Anlage die richtige ist. Welche Trends sehen Sie in den nächsten Jahren in der HighEnd-Audio-Branche? Die Lautsprecher an sich sind schon sehr ausgereift. Ich erwarte den Fortschritt eher im digitalen Bereich. Die digitale Quelle ist relativ neu und stetig im Wandel. Heute streamt man die Musik übers Internet. Ich sehe die Zukunft in spezialisierten Streaming-Diensten, die hochwertige Dateien liefern und sich stärker auf den High-End-Audiosektor ausrichten. Der Streamer wird auch in den nächsten Jahren noch besser werden, da ist sicherlich noch viel Potenzial. Welches ist das ideale Lied, das man auf solch einer Anlage hören sollte? In meinem Showroom spiele ich oftmals «Mini World» von der französischen Sängerin Indila. Dieses Lied zeigt das ganze Spektrum an Tönen, Stimme und Dynamik. Sie können aber auch ein Musikinstrument als Beispiel nehmen. Der E-Bass kommt in mässiger Qualität dumpf und breiig rüber. Auf den Tönen eines guten E-Basses muss man sicher laufen können, gleichzeitig aber auch feine Nuancen hören. Nur dann kann man das Können von Virtuosinnen wie Tal Wilkenfeld und Kinga Glyk zu einem Hörgenuss verwandeln. Letztendlich ist der Geschmack eines jeden Einzelnen aber entscheidend. Das ist die Sache mit der Musik: Sie weckt Emotionen, Erinnerungen und bietet uns die Möglichkeit, uns – wenn wir die Augen schliessen – an andere Orte zu träumen. Welches Lied oder welcher Klang diese Gefühle weckt, das muss jeder für sich herausfinden. Und wenn ich das während eines Besuchs in meinem Showroom schaffe, dann habe ich mein Ziel erreicht.

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WOHLFÜHL LUFT

DYSON REVOLUTIONIERT DEN UMGANG MIT UNSERER LUFTQUALITÄT: MIT DEM «PURE COOL LUFTREINIGER» WIRD DIE LUFT IN INNENRÄUMEN – IN DENEN WIR 90 PROZENT UNSERER ZEIT VERBRINGEN – VOLLSTÄNDIG GEREINIGT, SODASS MAN SICH RUNDUM WOHLFÜHLT. Autorin_Beatrice Schönhaus Bilder_Dyson

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LIVING

Wir nehmen täglich ungefähr ein Kilo Nahrung zu uns, trinken zwei Liter Wasser, atmen 10’000 Liter Luft ein und aus. Und genau diese Luft, die wir zum Atmen brauchen, kann mikroskopisch kleine, für unser Auge nicht sichtbare Partikel enthalten. Verschmutzungsquellen wie städtische Luftbelastung, Feinstaub und Pollen können in das Haus gelangen und sich mit Schadstoffen aus Innenräumen wie Putzmitteln, Tierhaaren und Kotbröckchen, Duftkerzen, Innenfarben und Kochdämpfen verbinden. Diese schlechte Luft in den Innenräumen beeinträchtigt unser Wohlbefinden enorm. Die COVID-19-Pandemie hat das öffentliche Bewusstsein für die Luft, die wir atmen, und die Bedeutung von sauberer Luft zudem verstärkt. Während der ersten Lockdown-Phase haben 88 Prozent der Unternehmen weltweit Home-Office für ihre Mitarbeiter vorgeschrieben, nachdem die Pandemie ausgerufen worden war. Dieser verstärkte Fokus auf Umweltverschmutzung sowie Viren- und Bakterienbelastung steigerte gleichzeitig auch die Relevanz von Luftzirkulation und -reinigung für Zuhause. Genau hierfür hat Dyson den «Pure Cool Luftreiniger» entwickelt, der auf die Luftverschmutzung in Innenräumen spezialisiert ist. Das innovative Gerät erkennt anhand von drei Sensoren die Raumluft-Verunreinigungen. Das vollständig versiegelte Filtersystem kombiniert einen Aktivkohlefilter, der Gase entfernt, mit einem HEPA-Filter, der 99,95 Prozent der Allergene und Schadstoffe bis zu einer Grösse von 0,1 Mikron entfernt. Diese Luftverschmutzung im Innen- und Aussenbereich sowie Temperatur und Luftfeuchtigkeit werden in Echtzeit auf einem LCD-­ Display oder in der Dyson Link App angezeigt und verarbeitet. Die sogenannte «Dyson Air Multiplier»-Technologie und die 350°-Oszillation verteilen und vermischen gereinigte Luft im ganzen Raum, sogar bis zu den Zimmer-Ecken. Alex Knox, Global Vicepresident der Luftreinigerkategorie bei Dyson, erklärt dazu: «Um die Luft im ganzen Haus reinigen zu können, muss ein Luftreiniger über mehr als einen Filter verfügen. Er sollte automatisch Verschmutzungen erkennen, Gase sowie ultrafeine Partikel auffangen und saubere Luft in alle Ecken eines Raumes verteilen. Unser Dyson ‹Pure Cool Luftreiniger› kann dies und ist damit der einzige Luftreiniger, der einen ganzen Raum reinigen kann.»

DER DYSON PURE COOL AUF EINEN BLICK Erkennung: Laser messen ultrafeine Partikel und die relative Luftfeuchtigkeit sowie die Temperatur. Das LCD-Display auf dem Gerät verfolgt diese Daten in Echtzeit. Erfassung: Das vollständig versiegelte Filtersystem kombiniert einen Aktivkohlefilter, der Gase entfernt, mit einem HEPA-Glasfaserfilter, der 99,95 Prozent der Allergene und Schadstoffe bis zu einer Grösse von 0,1 Mikron entfernt. Projektion: Dank der Air-Multiplier-Technologie projiziert der Dyson Pure Cool gereinigte Luft in jede Ecke des Raumes. Sortiment: Den Dyson Pure Cool Luftreiniger gibt es in zwei Versionen: ein grösseres Tower-Format zur Aufstellung auf dem Boden und ein kleineres Desk-Format zur Aufstellung auf

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Schreibtischen, Arbeitsf lächen und dem Boden. Nachtmodus: überwacht und reinigt mit leisen Einstellungen und einem gedimmten Display. Konnektivität: Die Dyson Pure Cool Luftreiniger sind in die für iOS und Android entwickelte Dyson Link App 4.1 integriert. Investition: Es wurden CHF 29,02 Millionen in neue Testlabors, ingenieurwissenschaftliche Forschung und Entwicklung, Prototypen, Konnektivitätsforschung und IP-Schutz investiert. Prototypen: 75 Ingenieure in sechs Ländern entwickelten 2605 Prototypen der Geräte und ihrer Baugruppen.

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CU LINA CU LI NA RI RIUM UM 200


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PALMA

FÜR FOODIES –

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KULINARISCHER WEEKEND-BREAK IN DER BALEARENMETROPOLE


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Lange Zeit galt Mallorcas mehr als 450’000 Einwohner ­zählende ­Inselhauptstadt Palma, in deren Grossraum heute bereits ­jeder zweite Mallorquiner lebt, Urlaubern allenfalls als Ausflugsziel. Der p ­ erfekte Ort für ein ­wenig Abwechslung vom ­unkomplizierten Strandleben oder relaxten Finca-­Ferien im grünen Hinterland. Doch längst hat sich die Kapitale selbst zu einer attraktiven City­destination entwickelt, perfekt für einen Weekend-­Trip in die Sonne. Autor_Thomas Hauer

NEBEN

Neben hochkarätigen Shoppingadressen entlang des Passeig des Born oder der Avenida Jaime III. und seiner bunten Kunst- und Kulturszene mit mehr als 30 renommierten Museen und Galerien lockt Palma dank seines hervorragend erhaltenen mittelalterlichen Stadtkerns auch mit imposanter Architektur. Allen voran die mächtige gotische Kathedrale La Seu, zu der Jakob I., der die Insel im 13. Jahrhundert von den Arabern für die Krone von Aragón eroberte, 1230 den Grundstein legte, oder zahlreiche Patrizierpaläste mit begrünten Innenhöfen, deren fast kontemplative Atmosphäre wie aus der Zeit gefallen scheint. Doch auch Palmas internationale Foodszene mit unzähligen Adressen nicht nur im Zentrum, sondern auch in den angrenzenden neuen Kultvierteln wie Santa Catalina oder den direkt nebeneinander liegenden Quartieren Portixol, Es Molinar und Ciudad Jardin entlang der Küste lässt keine Wünsche offen. Schliesslich beherbergt die Stadt rund ein Drittel der mehr als 3800 gastronomischen Betrieben der Insel. Und ständig kommen

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neue dazu. Egal, ob urige Tapas-Bars, leckeres Street Food, stilvolle Cafés, farbenfrohes Markttreiben oder die sternegekrönten Luxus-Restaurants von Marc Fosh und Adrián Quetglas – in Palma wird jeder Foodie glücklich. Und das alles fussläufig und auf engstem Raum. So kann man sich auch den Mietwagen getrost sparen. Selbst der internationale Flughafen Son Sant Joan liegt keine 15 Taximinuten vom Stadtzentrum entfernt. Idealer Ausgangspunkt für ein kalorienreiches Wochenende sind die oft wunderschön herausgeputzten kleinen Boutique-Hotels im unübersichtlichen Gassenlabyrinth der Altstadt, von denen einige selbst hervorragende Restaurants zu bieten haben. Allen voran das Ende 2018 in einem Renaissancepalast eröffnete «Can Bordoy» mit dem schicken «Botànic» oder das nur einen Steinwurf entfernt liegende «Can Alomar» und sein «De Tokio a Lima», untergebracht in einem hochherrschaftlichen Citypalais aus dem 19. Jahrhundert, in dessen Erdgeschoss u.a. auch Louis Vuitton residiert.


© Can Bordoy

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PALMAS TOP­ ATTRAKTIONEN FÜR FOODIES SIND ABER ZWEIFELLOS SEINE BUNTEN MÄRKTE.

Während Küchenchef Andrés Benitez im «Botànic» auf moderne, farbenprächtig inszenierte und gesunde Mittelmeerküche mit reichlich Gemüse setzt, begeistert das «De Tokio a Lima» mit panpazifischer Fusion-Küche. Allerdings ebenfalls mit deutlich mediterranem Einschlag. So verwöhnt uns Andrés Benitez zum Auftakt-Dinner unter anderem mit schwarzem Venus-Risotto mit schwarzen Trüffeln und glasierten Auberginen, Goldbrasse mit frischem Spinatsalat und geschmorter mallorquinischer Lammschulter mit Granatapfelkernen. Im «De Tokio a Lima» lassen wir uns am zweiten Abend dann u.a. das Signature Ceviche mit Wolfsbarsch und Meeresfrüchten und die handgetauchten Jakobsmuscheln mit gegrilltem Gemüse schmecken. Die Gourmettempel von Adrian Quetglas und Marc Fosh sind dagegen vor allem zur Lunchzeit ein echter Insidertipp, sind dort am Mittag doch Menüs im Angebot, die das Genussbudget mit gerade mal rund 30 Euro belasten. 2021 startet ausserdem Drei-Sterne-Legende Martin Beratesagui ein neues Outlet in der Hauptstadt. Weitere aktuelle Topadressen sind das «Aromata», Palmas Dependance des jungen Sternekochs Andreu Genestra, oder das «DINS» unter Ägide von Küchenchef Santi Taura. Sein Konzept: Überraschungsmenüs, deren Gerichte alle auf traditionellen mallorquinischen Rezepten und Zutaten basieren, freilich modern interpretiert. Jeder der oft Stillleben gleich arrangierten Teller wird den Gästen dabei vom Chef höchstpersönlich serviert. Wir probieren u.a. eine mit wilden Drosseln gefüllte Pastete, eine Königinnensuppe mit Mandeln und saftiges Spanferkel mit Quitten nach einem Rezept aus dem 13. Jahrhundert. Herunterspülen lassen sich all die Köstlichkeiten am besten mit einem der hervorragenden

Inselweine. So gehören zum Beispiel die Bodegas Anima Negra oder 4Kilos mit ihren gleichnamigen Topweinen auf Basis autochthoner Rebsorten wie Manto Negro und Callet, aber auch die Betriebe von Miquel Gelabert oder Miquel Oliver mittlerweile zu Spaniens Winzerelite und sind Weinfans weit über die Grenzen Mallorcas hinaus ein Begriff. Palmas Topattraktionen für Foodies sind aber zweifellos seine bunten Märkte. Allen voran der Mercat de l’Olivar, untergebracht in einer gigantischen Markthalle direkt im Stadtzentrum, wo sich auf mehr als 10’000 Quadratmetern über 100 verschiedene Stände drängen. Im Sortiment unter anderem die grösste Auswahl an frischem Fisch und Meeresfrüchten im gesamten Mittelmeerraum. Dazu kommen zahlreiche Restaurants und Imbissstände. Besonders lohnend: ein Lunch in der gemütlich eingerichteten «Gastroteca» im ersten Stock des Marktes, wo Inhaber und Küchenchef Mauricio tagesfrische Inselküche auftischt. Lohnend ist auch ein Abstecher zum Mercat 1930 am schicken Paseo Marítimo. Hinter dessen Art-déco-Fassade geniesst man in Vintage-Flair nicht nur erstklassiges Sushi und Austern, sondern auch hervorragendes Grillfleisch. Etwas abgelegener ist der Mercat Sant Joan, der rund 25 Gehminuten vom Stadtzentrum entfernt im S’Escorxador untergebracht ist, dem ehemaligen, 1905 errichteten Schlachthof von Palma. Auch hier locken mehr als ein Dutzend Gourmet-Stände mit unterschiedlichen Spezialitäten und kleinen Tapas. Apropos Tapas – obwohl die kleinen Leckereien eigentlich kein traditioneller Bestandteil der Inselküche sind, hat der Tapas-Trend natürlich auch die Balearenhauptstadt längst erobert.

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einem Abstecher zu einer der Filialen von «Ca’n Joan de S’Aigo». Das kleine Unternehmen, dessen erstes Kaffeehaus in Palma bereits im Jahr 1700 eröffnet hat, gehört zu den ältesten Chocolatiers Europas und gilt gleichzeitig als Speiseeispionier der Insel. Bekannt ist das Café deshalb vor allem für seine sämige heisse Schokolade und hausgemachte Eiscreme. Dazu passt ein Stückchen Cuarto, ein Biskuitkuchen, der sich wahlweise in die Schokolade oder das herrlich cremige Mandeleis tauchen lässt. Oder vielleicht doch lieber eine Ensaimada? Schliesslich ist sie die unbestrittene Königin unter Palmas süssen Versuchungen. Für die Herstellung der superleckeren, mit Puderzucker bestäubten Kringel gibt es sogar eine eigene Verordnung, die die erlaubten Zutaten festlegt. Das Geheimnis: reichlich Schweineschmalz. Wo es die beste Ensaimada von Palma gibt? Da hat natürlich jeder Hauptstädter seinen persönlichen Favoriten. Aber wo es eine veritable Tapas-Konkurrenz gibt, darf auch eine Ensaimada-­Weltmeisterschaft nicht fehlen, und schenkt man dem Preisgericht Glauben, stammen die besten Ensaimadas von Palma aus der Pastisseria Real, die bei den inselweiten Meisterschaften immerhin den dritten Platz erobern konnte. Der Ehren-­Preis für den glücklichen Bäcker: 350 Kilogramm Mehl. Gute Reise!

© Can Bordoy / Esteban Gari

Seit einigen Jahren findet im Spätherbst sogar ein exklusiv den kleinen Häppchen gewidmetes Festival statt – die TaPalma. Für wenige Euro kann man die köstlichen Wettbewerbsbeiträge dann während einer ganzen Woche verkosten. Gewinner der 2020er Ausgabe des Wettstreits um die Krone Mallorquiner Tapas-Kultur war Gabriel Cañón vom Restaurant «Maleva», der die hochkarätig besetzte Jury mit einem von seiner Heimat Andalusien inspirierten Luxushäppchen – einer kunstvoll mit Garnelen verfeinerten Tortilla – überzeugen konnte. Weitere gute Tapas-Adressen sind unter anderen die beiden Filialen von «Tast», die auch gerne von jungen Mallorquinern frequentiert werden. Traditioneller geht es dagegen in der «Bodega La Rambla» zu, die von zwei Frauen geführt wird. Aber auch «Rialto Living» – ein schicker Mix aus exklusivem Lifestyle-­Shop und Café-­ Restaurant – lohnt einen Abstecher. Genussaffine Shopping-Addicts haben ausserdem die Möglichkeit, einige von Palmas traditionsreichen Delikatessenläden im Rahmen einer Walking-Tour kennenzulernen. Zum Beispiel die 1872 gegründete Charcutería La Pajarita mit einer himmlischen Auswahl an hausgemachten Pasteten. Doch auch Naschkatzen kommen während der Tour auf ihre Kosten. Unter anderem bei einem Besuch der Traditions­ bäckerei Fornet de la Soca in herrlichem Jugendstil-­Dekor oder

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Tipps Boutique Hotels mit Toprestaurants Can Bordoy / Restaurant Botànic Can Alomar / Restaurant De Tokio a Lima Michelin-Restaurants Marc Fosh – innovative Frischeküche Adrián Quetglas – mallorquinisch/argentinische Fusionküche Weitere Restauranttipps

DINS Santi Taura – spektakuläre Überraschungsmenüs Gastroteca Mauricio – tagesfrische Marktküche Aromata – Dependance von Sternekoch Andreu Genestra Quadrat – moderne mediterrane Küche Maleva – Siegerlokal der TaPalma 2020 Cafés und Bäckereien

Ca’n Joan de S’Aigo – Traditionscafé mit drei Filialen Pastisseria Real – Palmas beste Ensaimadas Fornet de la Soca – Traditionsbackwerk Tapas und Kleinigkeiten

TaPalma – alljährliches Tapas-Festival Rialto Living – Lifestyle Shop und Café-Restaurant Tast Tapas Bars – lokales Publikum, leckere Tapas Bodega La Rambla – urige Tapasbar in Frauenhand Palmas Gourmetmärkte

Mercat de lʼOlivar – Plaza del Oliva Mercat 1930 – Av. de Gabriel Roca Mercat Sant Joan – Carrer de lʼEmperadriu Eugènia Walking und Shopping Touren für Foodies

Comercios Emblemáticos – Pekes Mallorca

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KUSMI TEA

Ob Lerche oder Eule, mit dem Lovely ­Morning startet jeder gut in den Tag. Die Mischung aus Grüntee, Mate und Guarana bildet die ausgewogene Grundlage des BioMorgentees, der durch das Zitrus-­ Trio – Pampelmuse, Zitrone und Orange –  seine belebende Dynamik erhält. Der Tee ist der ideale Begleiter zu einem gesunden ­F rühstück oder festlichen Brunch.

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THE GLENTURRET

The Glenturret, die älteste in Betrieb befindliche Destillerie Schottlands, hat diesen Herbst ihren Relaunch mit der Einführung einer neuen, limitierten Single-­M alt-Serie gefeiert. Diese elegante Kollektion entstand in Zusammenarbeit mit der Kristallmanufaktur Lalique. The Glenturret Provenance ist die erste Karaffe der Serie «The Glenturret by Lalique». Hergestellt werden lediglich 320 Exemplare.

by

TRENDS

VEUVE CLICQUOT

Mit ihren ikonischen Symbolen schmückt die japanische Kult-Künstlerin Yayoi Kusama zur Feier des neuen Jahrgangschampagners sowohl Kiste als auch ­F lasche von «La Grande Dame 2012». «La Grande Dame» ist ein Musterbeispiel für die Exzellenz des Hauses. Der Champagner bringt perfekt die Liebe des Hauses zum Pinot Noir zum Ausdruck, der seit dem Jahrgang 2008 über 90 Prozent der Mischung ausmacht.

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SPRÜNGLI

Sprüngli, der Pionier der Grand-Cru-­ Schokolade in der Schweiz, lanciert 18 neue Tafelschokoladen. Darunter edelste Grand-Cru-Schokoladen welt­b ester Herkunft, frische Milch- und Alpenblütenschokoladen voller Schweiz sowie raffinierte Variationen der beliebten ­Bruchtafelschokoladen mit gerösteten und karamellisierten Nüssen, KokosChips oder fruchtiger Himbeere.

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Krustentiere aus Schweizer Zucht? Das gibt es wirklich, und zwar in bester Qualität. Davon haben wir uns ganz persönlich überzeugt.

Autorin_Wilma Fasola Bilder_SwissShrimp AG

Es macht den Eindruck, als würden die kleinen blauen Kerle durch das Wasser laufen. Und immer mal wieder durchbricht einer von ihnen mit seinem Kopf und den beiden Stielaugen die Wasseroberfläche, während ein anderer zu einem Sprung ansetzt. Es ist warm im Raum, aber riechen tut es nicht. Dabei befinden sich zehntausende Shrimps in den acht Warmwasser-Becken in der Halle. Und als Laie bin ich irgendwie davon ausgegangen, dass doch der Geruch von Meerestier zu erschnuppern sein müsste. Ich werde jedoch eines Besseren belehrt, während mich Rafael Waber, Geschäftsführer von SwissShrimp, mit auf eine Tour durch die Produktionshallen in Rheinfelden nimmt und mich in das Geheimnis der Aufzucht von Shrimps einweiht.

kam. Wie eben auch Rafael Waber, der Marketing und auf Lehramt studiert hatte, aber dem Pioniergedanken der ersten Shrimpsfarm in der Schweiz offen gegenüberstand und heute als Geschäftsführer der SwissShrimp AG vorsteht.

ALWAYS BLUE

«Derzeit befinden wir uns leider in einer quasi auferlegten Zwangspause, was den Vertrieb unserer Shrimps betrifft», erzählt Rafael Waber mir an einem Tag im Februar 2021. «Wie viele andere haben auch wir zahlreiche Restaurants beliefert, die aufgrund der CoronaPandemie schliessen mussten.» Und da bei SwissShrimp wirklich nur der Shrimp sein Leben lassen muss, der bestellt wird, dürfen aktuell die Meerestierchen für einige Wochen ein wenig länger weiterwachsen. Rund 60 Tonnen sollen ansonsten künftig pro Jahr den Produktionsstandort verlassen. Dafür braucht es rund 15 Kilo an Postlarven. Gemeint sind damit Winzlinge, die zwar schon dem Ei entschlüpft sind, aber noch recht unbeholfen durcheinanderschwimmen, beobachtet man sie im Wasser treibend. Diese kommen als Lebendprodukt aus den USA und Österreich. Innerhalb der insgesamt 16 Becken im gesamten Betrieb, von denen jedes eine Grösse von rund 200 Quadratmetern hat, befinden sich Shrimps in allen Lebensabschnitten, entsprechend als Population durch Trennwände voneinander abgetrennt. Die hier gezüchtete «Litopenaeus vannamei», übersetzt Weissbeingarnele, ist etwa kugelschreiberlang und daumendick. Davon finden sich aber selten Exemplare im Becken. In der Regel werden sie schon vorher zu schmackhaften Delikatessen. Interessant ist bei den Swissshrimps übrigens auch deren blaue Farbe, die laut dem Geschäftsführer aufgrund der Farbe des Beckens, des Sauerstoff­ gehalts im Wasser und des Futters entsteht.

LOKAL FIRST

Seit gut zwei Jahren wachsen in den beiden Hallen, die der Saline Rheinfelden gehören, Postlarven innerhalb von fünf, sechs Monaten zu einem schmackhaften Shrimp heran. Initiator hinter dieser Idee ist Thomas Tschirren, der als Hobbytaucher viel Zeit in Thailand verbracht hat und dabei auf den Genuss von frischen Shrimps gekommen ist. Mit der Betonung auf frisch. Denn das, was wir hier in der Schweiz im Restaurant auf dem Teller serviert oder im Supermarktregal angeboten bekommen, stammt zu 80 Prozent aus Asien und hat damit eine Reisezeit von gut sechs Monaten hinter sich. Frisch ist da nicht mehr wirklich etwas, es wurde in der Regel bloss frisch aus dem Tiefkühler geholt. Mit dem Vorsatz, dass sich das dringend ändern müsse, gründete Tschirren im Jahr 2013 die SwissShrimp GmbH. Unterstützt von rund 150 Schweizer Investoren und einem Team, das wie er ebenfalls an den Erfolg lokal produzierter Waren glaubte und zu grossen Teilen wie er selbst aus anderen Branchen und Bereichen

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RELAXING LIFE

IT’S FRESH

Rund 60 Gramm an Fischmehl – in Pulverform oder als Pellets – frisst ein Shrimp im Laufe seines Lebens und damit rund das Doppelte seines Körpergewichts. Danach stirbt er im Kältebad einen möglichst schnellen Tod. «Geerntet» werden die Shrimps im klassischen Kescher, wobei die Erntenden in entsprechender Schutzkleidung direkt in den Becken stehen. Gut geschützt dabei auch durch eine Brille, denn so ein kleiner Shrimp kann einem schon ziemlich zusetzen, wenn er einen aufgrund von Panik mit dem scharfen Dorn auf seinem Kopf erwischt. «Es geht dabei nicht um einen Angriff, sondern Shrimps haben eines der ausgeprägtesten Reiz-Reaktions-Systeme und schalten im Falle einer Störung sofort auf Flucht und springen wild herum», erklärt Rafael Waber. Da ist auch ein Grund, warum die Tiere während ihrer Aufzucht immer innerhalb eines Beckens gehalten und nicht durch Menschenhand in andere Becken versetzt werden. Sie werden nur ein einziges Mal in ihrem Leben eingefangen, und das eben aufgrund einer aktuellen Bestellung.

Das gesamte System der Anlage in Rheinfelden ist ein ausgeklügeltes Miteinander. Vor allem die Saline Riburg in der Nachbarschaft spielt dabei eine wichtige Rolle. Letztlich waren es auch deren Betreiber, die den Jungs aus Solothurn – woher der Grossteil des Teams stammt – ein Angebot machten. «Das Wasser in den Becken muss konstant 28 Grad haben, die nötige Wärme beziehen wir dabei von der Saline Riburg», so Waber. Und das ist damit eine Win-win-Situation, da die Saline ihre Abwärme möglichst effizient und naturschonend verwerten muss. Und so kam es, dass das Team der SwissShrimp seine Zelte eben nicht in der Heimat aufschlug, sondern im rund 60 Kilometer entfernten Rheinfelden. 100 Gramm der kleinen Schwimmer kosten übrigens rund zehn Franken, wobei die Tiere in verschiedenen Grössen erhältlich sind. Von der Small-Version bis zum Jumbo-Format, wobei Letztere mehr als 30 Gramm wiegt. Damit der Vertrieb dabei nicht nur über die in der Schweiz bekannten Detailhändler läuft oder die Shrimps nur schon exquisit zubereitet auf Tellern in Restaurants genossen

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Kleinproduzenten zur Weiterverarbeitung angeboten. Und so finden sich die Shrimps aus Rheinfelden auch zerkleinert und oftmals püriert in Saucenfonds oder in Pasta wieder – jedoch eben exklusiv nur bei ausgewählten Partnerbetrieben. Ebenso werden auch die abgelegten Panzer genutzt, denn bis ein Tier ausgewachsen ist, trennt es sich bis zu siebenmal von seinem starren Korsett, das nicht mitwächst, sondern irgendwann abgestreift und durch ein darunterliegendes ersetzt wird. Rohchitin kann dabei für Biodünger, aber auch in pharmazeutischen Produkten oder für technische Textilien Verwendung finden. Und selbst der entstandene Schlamm wird genutzt und als Dünger verwertet. Stirbt ein Tier, kümmern sich darum zudem die eigenen Artgenossen. Grundsätzlich sind diese zwar eher vegan unterwegs, aber wenn mal ein toter Kollege im Becken treibt, kann es vorkommen, dass dieser auch zur Mahlzeit wird.

SO DELICIOUS

Rafael Waber selbst isst seine Shrimps – so hat er es mir verraten – am liebsten mit Pasta aglio. Auf der anderen Seite aber lässt er sich auch von den Rezepten, die auf der unternehmenseigenen Webseite zu finden sind, inspirieren. Wer einmal einen Blick riskiert, wird sehen, dass die Swissshrimps auch roh gegessen werden können. Was zudem auch nur wenige wissen: Der Geschmack der Tiere «steckt» eigentlich im Kopf und im Schwanz, das Fleisch selbst ist geschmacklich eher fein und schmeckt leicht nussig. Das sollte beim Kochen und Zubereiten daher stets im Hinterkopf bleiben. Ansonsten bleibt abschliessend nur zu sagen: Die kleinen blauen Tierchen haben in ihren Becken schon etwas Niedliches, auf der anderen Seite aber schmecken sie einfach auch verdammt gut. Und im Gegensatz zu ihren Kollegen, die in Anlagen in Asien grosswerden, haben die Shrimps während ihres Daseins in der Farm in Rheinfelden ein wirklich entspanntes Leben – oder, wie Rafael Waber sagt: ein langweiliges Leben – und das geniessen sie sehr. Und wer demnächst noch ein wenig «klugscheissern» will, dem sei gesagt: Shrimps, Crevetten und Garnelen sind alle drei das Gleiche, die unterschiedlichen Namen sind nur den jeweiligen Regionen geschuldet, in denen sie verkauft werden.

werden können, wurde eine eigene Kühlbox entwickelt, die die Tiere innerhalb weniger Stunden auch zu Privatpersonen innerhalb der Schweizer Landesgrenzen transportiert. Die Box selbst ist dabei so etwas wie ein kleines Wunderwerk, das sowohl die Lieferung über Stunden bei Temperaturen von 35 Grad frisch hält wie eben auch dafür sorgt, dass die Ware bei Minusgraden von bis zu 18 Grad nicht gefriert. Und wie könnte, sollte, müsste es anders sein. Die Box ist wiederverwendbar und kann vom Kunden ganz einfach auf postalischem Wege kostenlos wieder zurückgesendet werden. Grundsätzlich beträgt die Dauer zwischen Bestellung und Lieferung maximal drei Tage.

WWW.SWISSSHRIMP.CH

EVERYTHING COUNTS

Da es beim natürlichen Wachstum immer mal vorkommt, dass einer sich im Verbund etwas anders entwickelt und nicht dem Standard entspricht, hat man ebenfalls ein gutes Agreement bei SwissShrimp gefunden. Tiere, die nicht der Norm entsprechen, werden Schweizer

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FRANZÖSISCHES GEDECK

IN ZEITEN WIE DIESEN SOLLTE MAN ES SICH ZUM ANLASS NEHMEN, DAS DINNER ZUHAUSE KRÄFTIG ZU ZELEBRIEREN. DAS RICHTIGE TISCHGEDECK BIETET HIERFÜR DAS IDEALE FUNDAMENT. WIR SORGEN FÜR EINE AUSWAHL AN FRANZÖSISCHER HANDWERKSKUNST UND KULINARISCHEN BESONDERHEITEN. EINE INKARNIERTE VERSUCHUNG

«Bvlgari Serpenti x Dom Pérignon Rosé» wurde aus der Begegnung zweier Maisons geboren, die von gemeinsamen Werten und Visionen geleitet werden. Dieser Champagner nimmt die einladende Begegnung zwischen italienischem und französischem Savoir-­ faire auf und erhebt sie zu einem Symbol für Savoir-vivre. Die Magnum-­Flasche «Dom Pérignon x Bvlgari Vintage Rosé 2004» in limitierter Auflage wird von einer massgeschneiderten Bvlgari­Serpenti-Halskette sinnlich umkreist. Jede Flasche ist mit dem Bvlgari-­Serpenti-Muster graviert, das den unnachahmlichen Nervenkitzel des Weinerlebnisses hervorhebt.

DIE HAUTE COUTURE DES KRISTALLS

«Saint-Louis» ist der Inbegriff französischer Kristallkreationen für Tisch und Bar. Schon seit 1568 signiert Saint-Louis Geschirr-, Dekorations- und Beleuchtungskristallkreationen, welche von Glasbläsermeistern und -schneidern hergestellt wurden, die als die besten Frankreichs gelten. Ob Champagnergläser, mit Gold oder Platin verziert, oder Cocktailgläser mit Diamant-, Fasen-, Perlen- und Randschliff – der unverkennbare Kristall verkörpert das meisterhafte Handwerk von Saint-Louis.

ÄSTHETIK UND PRAKTIKABILITÄT KOMBINIERT

Die französische Porzellanmanufaktur «Raynaud» konzentriert sich in ihren Designs auf die Zeit. Zeit, die es benötigt, um farbenfrohes, einfallsreiches Porzellan herzustellen, und die Zeit, die erforderlich ist, um einen Tisch zu decken, der zum Teilen und Vergnügen einlädt. Die neue in Kupfer gehaltene Kollektion zeigt eine Reihe von Tellern, Salatschüsseln sowie Tee- und Kaffee-Servierstücken.

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CULINARIUM

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PRESTIGE

«GASTRONOMIE MUSS­ Autorin_Corina Rainer

SPANNEND

BLEIBEN»

UNGEWÖHNLICH, ERFRISCHEND, ÜBERRASCHEND: TRISTAN BRANDT GILT ALS ­S HOOTINGSTAR DER GASTRONOMIESZENE. SEIN NEUESTES PROJEKT IST DAS GOURMET-­RESTAURANT EPOCA IN FLIMS, WO E­ R SEIT DEZEMBER 2020 DAS PATRONAT ÜBERNOMMEN HAT. WIR SPRECHEN MIT DEM DEUTSCHEN SPITZENKOCH ÜBER ÜBERRASCHUNGS­MOMENTE, FOOD TRENDS UND GIN TONICS.

PRESTIGE: Herr Brandt, welches Konzept verfolgen Sie im Restaurant Epoca? TRISTAN BRANDT: Wir bieten eine moderne Küche an, auf französischer Basis und abgerundet mit asiatischen Einflüssen. Zudem binden wir regionale, alpine Produkte in unsere Gerichte ein. Auf unserer Speisekarte verraten wir dem Gast pro Gang jeweils nur drei bis vier Zutaten. So kann er sich vorstellen, was er auf den Teller bekommt. Im Moment, wenn er den Teller sieht, können wir ihn mit unserer Kreation überraschen, weil er etwas anderes erwartet hat. Und einen weiteren Überraschungsmoment erlebt er, wenn er die Speise kostet, weil die asiatischen Aromen das Ganze geschmacklich so besonders machen. Weshalb sind Ihnen Überraschungsmomente so wichtig? Ich finde, Gastronomie muss spannend bleiben. Dass man im Restaurant bedient wird, zu essen und trinken bekommt, ist ja klar. Aber mein Anspruch ist es, den Gästen an einem Abend neue kulinarische Erlebnisse zu ermöglichen. Die Gäste sollen sich lange an diesen Moment erinnern und gerne wieder zu uns zurückkommen. Wie ergeht es Ihnen als deutscher Spitzenkoch in der traditionellen Schweizer Bergwelt? Bisher habe ich sehr positive Erfahrungen gemacht. Die Schweizer Gäste sind meistens sehr offen und neugierig. Am allerliebsten sind mir natürlich immer jene Gäste, die etwas

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© Waldhaus Flims Wellness Resort

CULINARIUM

Das Restaurant Epoca by Tristan Brandt ist Teil des Hotels Waldhaus in Flims und liegt auf 1100 Meter über Meer.

Neues probieren möchten und sich einfach in unsere Hände begeben. Dann macht es am meisten Spass. Aber das setzt natürlich auch ein gewisses Vertrauen voraus.

Vermutlich wird er aber nicht so begeistert sein, wie es bei den regulären Gerichten auf der Karte der Fall wäre. Für die Speisen unserer Karte stehen wir wochenlang am Herd. Und ich finde es ehrlich gesagt kompliziert, mit der veganen Küche etwas Gleichwertiges auf den Teller zu bringen. Wir sind keine Zauberer! In der veganen Küche sind uns bei vielen Produkten die Hände gebunden. Da fällt mir persönlich die vegetarische Küche leichter, und diese bieten wir im «Epoca» auch an.

Welche Rolle spielen Getränke in der Wahl eines Menüs? Meines Erachtens ist ein Glas Wein nicht unbedingt das passende Getränk zu jedem Gericht. Bei uns darf es auch mal ein Craftbeer, ein alkoholfreier Ananas-Cocktail oder ein Gin Tonic sein. Übrigens ist mir die Idee der Getränkebegleitung auch mit einem Gin Tonic gekommen. Damals in meinem Restaurant Opus V in Mannheim hatte ich ein Dessert mit Gin, Gurke und Limette auf der Karte. Die Kreation wurde sehr gelobt und auch von Restaurantkritikern ausgezeichnet. Nur mein Sommelier ist fast daran verzweifelt. Weil er nicht wusste, welchen Wein er dazu servieren sollte. Und ich fand damals: «Komm, mach es dir nicht so schwer. Mach einfach einen kleinen Gin Tonic dazu.» Und so kam diese Idee der Getränkebegleitung, die wir bis heute umsetzen.

Wie viele Grundkomponenten braucht ein gutes Gericht? Das lässt sich so pauschal nicht sagen. Es gibt Gerichte, die mit vier Komponenten perfekt sind. Zum Beispiel Landei mit Kartoffelpüree und Spinat, dazu weisser Trüffel. Das ist eine Kombination, die bestens abgestimmt ist. Andere Gerichte wiederum sind komplex und ausgetüftelt, wie beispielsweise Reh, angebraten in Nussbutter, mit Sellerie-Crème, Sellerie-Würfel, Brombeeren, Yakitori-Sauce und Périgord-Trüffel. Da sind diverse Aromen und verschiedene Konsistenzen auf einem Teller. Zusammen ergibt das ein überaus spannendes Geschmackserlebnis.

Was halten Sie vom veganen Trend? Ich finde, es ist immer wieder spannend, vegane Gerichte zu erleben. Allerdings bin ich kein Experte auf dem Gebiet: Ich präsentiere meinen Gästen eine moderne Küche auf französischer Basis. Aber ich habe grosse Hochachtung vor den Köchen, die sich damit auseinandersetzen. Natürlich serviere ich jedem Gast im «Epoca» auf Wunsch ein veganes Gericht. Auch, wenn wir dies aufgrund mangelnder Nachfrage nicht offiziell anbieten.

Viele Restaurants setzen bei ihren Menüs auf einen gewissen Storytelling-Aspekt. Tun Sie das auch? Also ich überlege mir nicht zu jedem Gericht eine Geschichte. Aber natürlich hat jedes Produkt, das wir in unserer Küche verwenden, ein eigenes Thema. Zum Beispiel die Kartoffel «Corne de Gatte», die wir innerhalb unseres aktuellen Menüs einsetzen.

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PRESTIGE

Sozusagen Spionage? (lacht) Nein, darum geht es ja nicht. Es tut einfach gut, hin und wieder die Perspektive des Gastes einzunehmen. Dazu gehört es auch, die eigenen Erwartungen während eines Besuchs zu beobachten und zu spüren, was man im eigenen Restaurant anders haben möchte.

Sie wird zwei Stunden von Flims entfernt angebaut. Mit 15 Franken pro Kilo kann ich sagen, dass dies die teuerste Kartoffel meines Lebens ist. Aber geschmacklich ist sie einmalig. Das ist wie vor 30 Jahren bei meiner Oma: ein echter, authentischer Kartoffel-Geschmack – als hätte man sie gerade eben aus der Erde gezogen. Solche Zulieferer, die die beste Qualität aus dem Produkt herauskitzeln, sind heutzutage Gold wert. Wir arbeiten auch viel mit visuellen Reizen. Einen Teil unseres aktuellen Reh-Hauptgangs garen wir extra im Aussenbereich des Restaurants für neun Stunden in einem riesigen Schmortopf. Für uns bedeutet dieser Vorgang einen Mehraufwand, aber für den Gast ist der Anblick spannend. Dadurch, dass er den Kochprozess sieht, den Rauch und das Feuer, kann er die speziellen Röstaromen beim Essen dann auch genau zuordnen.

Welcher Koch war für Sie ein Vorbild? Das war ganz klar Harald Wohlfahrt. Bei ihm habe ich im Alter von 20 Jahren gearbeitet. Da war ich gerade mal ein Jahr gelernter Koch. Wohlfahrt führte damals das Nummer-1-Restaurant in Deutschland, und ich durfte da auf dem Fleischposten arbeiten. Wir hatten neun verschiedene Saucen, eine für jedes Fleisch. Damals stand ich vor allem vor der grossen Herausforderung, die Garstufen zu treffen. Also sechs verschiedene Garstufen auf den Teller zu bringen, ohne Thermometer … Fachlich gesehen war es also eine enorme Herausforderung und auch ein hoher Standard. Aber er hat mich auch vom Menschlichen her geprägt: Harald Wohlfahrt ist ein extremer Perfektionist und legt viel Wert auf Details.

Welche Städte oder Restaurants besuchen Sie, um neue Inspirationen zu bekommen? Heute Abend besuche ich Sven Wassmer im «Memories» in Bad Ragaz. Ich habe da einen Tisch erwischt. Ich bin immer sehr neugierig, was die Nachbarschaft so treibt, und besuche sie gerne, wann immer es meine Zeit zulässt.

© Tristan Brandt

Eine kulinarische Einstimmung mit KürbisCannelloni süss-sauer, Randen – Mini Bete mit Sauerrahm und Corne de Gatte – Kartoffel mit Käsecreme

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CULINARIUM

Mittlerweile sind Sie Patron. Was ist in dieser Rolle wichtig? Wie ich manchmal sage: «Als Chef bin ich wie ein Trainer, ich muss wissen, wie es geht, aber die Tore schiessen andere.» Es ist mir enorm wichtig, eine gute Mannschaft zu haben. Ein Team, in dem sich jeder Einzelne weiterentwickeln will und trotzdem alle dasselbe Ziel vor Augen haben. Gemeinsam versuchen wir ständig, unsere Gerichte zu optimieren. Ich kann mittlerweile mit meiner Erfahrung gute Qualität einschätzen und meine Mitarbeitenden im Prozess beraten. Ich bin alles andere als ein bequemer Mensch: Ich finde, es gibt nichts Schlimmeres, als wenn der Mitarbeitende weiss, wie es geht, aber es nicht umsetzt. Da bin ich anspruchsvoll. Und wie überall gibt es auch in der Küche eine Tendenz zur Schnelllebigkeit. Der Gast kommt beispielsweise ein paar Wochen nach seinem letzten Besuch wieder zurück, und er erwartet konstant eine Steigerung. Er möchte das Erlebnis noch intensiver erleben. Deshalb wechseln wir auch alle zwei Monate die Karte. Das ist ein sportlicher Rhythmus.

© Thomas Ruhl – Edition Port Culinaire

Sie haben sieben Monate in Shanghai gelebt und gearbeitet. Hat diese Zeit einen Einfluss auf Ihre Handschrift als Koch? Definitiv. Mit asiatischen Aromen lassen sich enorm spannende Gerichte kreieren. Auch aus dem einfachen Grund, dass man die Aromen auf dem Teller nicht so deutlich sieht. Manche Aromen sind für uns Europäer eine geschmacklich neue Erfahrung. Deshalb arbeite ich gerne damit. Beispielsweise verwende ich häufig Miso, fermentierte Sojabohnenpaste oder die Yuzu-Frucht, eine Kreuzung aus Mandarine und Limette. Ein gutes Beispiel wäre auch das Gericht «Kalbsbäckchen mit Süsskartoffeltalern, Salzzitronengel und Ingweröl», das ist eine wunderbare Kombination aus süss, sauer, salzig und scharf. Und was kochen Sie für sich selbst? Am liebsten gehe ich eigentlich essen. Ansonsten Hauptsache etwas Einfaches. Ohne grossen Aufwand: Spaghetti Bolognese oder Kalbsrahmgulasch mit Spätzle und Broccoli. Sie wurden von Gourmet-Magazinen als «Shootingstar im Südwesten» beschrieben. Bleibt Ihnen neben dieser steilen Karriere noch Zeit für andere Dinge? Es stimmt, dass ich mit meinem Beruf lange Arbeitstage habe. Aber ich liebe zum Beispiel das Reisen. Zum Glück lässt sich das auch gut mit Kochen kombinieren. Eine meiner nächsten Reisen wird voraussichtlich nach Tokio und Kyoto gehen.

Schon seit er ein kleiner Junge ist, steht Tristan Brandt (35) am Herd. Dementsprechend rasant verlief auch seine

Welche kulinarischen Trends sehen Sie im Jahr 2021? Bis vor kurzer Zeit hätte ich gesagt «back to the roots», also die rustikale Küche. Es gab neulich die Tendenz, alles in Wirsingmantel oder Spinat einzuwickeln. Das ist aber rückläufig. Ich denke, der nächste Trend geht in Richtung Minimalismus. Also perfekt und einwandfrei präsentierte Speisen. Weniger ist mehr, aber dafür sind die einzelnen Elemente bestens umgesetzt. Aber Qualität ist natürlich immer im Trend. Das ist klar.

­K arriere: Das erste Drei-­G änge-Menü kochte er im Alter von 12 Jahren für zehn Personen am Geburtstagsfest seiner Mutter. Nach der Ausbildung begab er sich direkt in die Sterneküche und wurde mit nur 31 Jahren Deutschlands jüngster Zwei-Sterne-Koch. Heute ist Tristan Brandt Geschäftsführer im Restaurant 959 und Pinoʼs Bar in

Was möchten Sie noch erreichen? Ich denke, das liegt relativ auf der Hand, wenn man bereits zwei Sterne erreicht hat.

Heidelberg. Zudem fungiert er seit Dezember 2020 als Patron und Namensgeber für das Gourmet-Restaurant Epoca by Tristan Brandt des 5-Sterne-

Den dritten Stern? Ganz genau (schmunzelt).

Superior-­H otels Waldhaus Flims in der Schweiz.

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HM PRESTIGE

HUBLOT

In Anlehnung an seine schwarze Keramik hat Hublot seine «BIG BANG INTEGRAL» in drei neuen Keramikfarben auf den Markt gebracht: Weiss, Marineblau und Grau, alle mit integrierter Kratzfestigkeit, Haltbarkeit und hypoallergenen Eigenschaften.

TRE NDS by

ALFRED DUNHILL

«Lock Bag» aus tintenblauem Leder mit einem aus Messing gefertigten Verriegelungs­mechanismus. Das Design des Schlosses erinnert an einen Archiv-­ Aktenkoffer aus den 1960er Jahren. Die Tasche hat einen abnehmbaren und verstellbaren Schultergurt sowie ein Hauptfach mit Platz für zwei Kartenfächer.

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FIN ANCE

MONTBLANC

Die neue Montblanc «M_Gram 4810»-­Kollektion stellt einen vom Archiv inspirierten Montblanc-Signaturdruck vor. Dieser Visitenkartenhalter verfügt über ein Banknotenfach und stellt eine kompakte und vielseitige Alternative zu Brieftaschen dar.

T TIBALDI

Füllfederhalter mit Palladiumbesatz, ausgestattet mit feiner Edelstahl-EbonitFeder. Das stilvolle Schreibzubehör verleiht jedem Anzug den ultimativen letzten Schliff.

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PRESTIGE

«NO EXCUSES, PLEASE!» Autorin_Wilma Fasola

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FINANCE

Ausreden gehören zu u ­ nserem Alltag, haben aber im Grunde immer nur kurz einen positiven Effekt.­ ­Danach wird es dann erst richtig unangenehm. Lassen wir das mit dem Rausreden doch am besten einfach sein. Eine Anregung nach e­ inem bewegten Jahr.

Gibt es eigentlich einen Unterschied zwischen Ausrede und Lüge? Laut Wikipedia sind Ausreden «das Vorbringen eines nicht zutreffenden Grundes für einen vermeintlich oder tatsächlich tadelnswerten Umstand. Das von der sich äussernden Person vorgebrachte ungültige Argument soll als Entschuldigung dienen.» Und die Lüge? Hier handelt es sich um «die (auch nonverbale) Kommunikation einer subjektiven Unwahrheit mit dem Ziel, im Gegenüber einen falschen Eindruck hervorzurufen oder aufrechtzuerhalten». Übersetzt heisst das also: Die Ausrede ist eher der Versuch, das Gegenüber und auch sich selbst nicht in eine unangenehme Situation zu bringen. Die Lüge hingegen ist eine böswillige Aussage, mit dem Wunsch, einer Person zu schaden oder sie zumindest in die Irre zu leiten.

reden im Wikipedia-Vergleich gegenüber der Lüge zwar besser wegkommen, doch auch Ausreden bedeuten nichts anderes als sich rausreden. Und damit hat die heutige Referentin nichts am Hut. Zarah Bruhn ist blond, schlank und gebildet. Und sie ist Gründerin, Visionärin und noch mehr ist sie helfende Hand. Sie steht an der Spitze von Social-Bee, einem Unternehmen, das Flüchtlinge in Deutschland bei der Jobsuche unterstützt. Es geht darum, den Menschen ein festes Einkommen zu ermöglichen. Oder um es mit ihren eigenen Worten zu sagen: «Wir arbeiten nach dem Prinzip des Zeitarbeitsmodells, was bedeutet: Wir stellen den Firmen Arbeitskräfte zur Verfügung, und sie brauchen sich um gar nichts kümmern, wir übernehmen sämtliche administrativen und finanziellen Formalitäten.» Ausreden kann Zarah Bruhn dabei in ihrem Geschäftsalltag weder leiden, noch sind sie nützlich. Vor allem, weil sie sich oft in der Position der Bittstellerin wiederfindet. Sitzt sie einem Vorstand oder der Geschäftsführung eines Unternehmens gegenüber, ist

AUSREDEN SCHADEN IM BERUFLICHEN ALLTAG Das Seminar «I do it my way» des Schranner Negotiation Institute beschäftigt sich mit dem Thema «Ausreden». Wobei es detailliert darum geht, wie man am besten ohne auskommt. So mögen Aus-

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AUSREDEN PRESTIGE

es immer sie, die es will. Die anderen sind in der feinen Ausgangslage, alles zu können und nichts zu müssen. Übersetzt: Wenig Verhandlungsmasse, ganz viel Hoffnung und vor allem kann sie auch mit Fakten nicht punkten. Da der administrative und formelle Aufwand auf Seite von Social-Bee um einiges grösser ist als bei anderen Zeitarbeitsfirmen, sind die vermittelten Arbeitskräfte daher in der Regel teurer als bei anderen Anbietern. «In dieser Position noch um den heissen Brei herumreden, bringt gar nichts», erklärt die 30-Jährige. «Auf der anderen Seite erwarte ich das aber auch von meinem Gegenüber. Auch hier darf es keine Ausreden geben. Die Kommunikation muss klar und zielführend sein.» ENTSCHEIDER BRAUCHEN KEINE AUSREDEN In ihren Verhandlungen spricht Zarah Bruhn jeden mit Du an. Das verwirrt in der Regel, vor allem aber polarisiert es, aber das ist ihr egal. Zudem nutzt sie ihre unterschiedlichen Rollen, um ans Ziel zu kommen ungeniert, offen und ehrlich. Frau, Unternehmerin wie auch mehrfach ausgezeichnete Gründerin. «Es geht

immer um den Zweck, es geht darum, ein Ziel zu erreichen», sagt sie. «Daher schlüpfe ich in die Rolle, die am besten zur Situation passt.» In Verhandlungen orientiert sie sich vor allem stets am Alphatier. Dazu sie selbst: «Und das ist eigentlich niemals derjenige, der für die Entscheidung zuständig ist, oder eben der, der so tut, als habe er die Macht.» Keine Ausreden bedeutet somit für sie auch, denjenigen zu erkennen, der schlussendlich die Entscheidung treffen darf. Wer nun glauben mag, dass die Sozialunternehmerin von allen Seiten Lob erwarten darf, der wird enttäuscht. «Wir leisten viel Aufklärungsarbeit, dennoch werden wir von vielen Seiten angefeindet, für das, was wir tun», erklärt sie. «Nicht alle unterstützen die Integration von Asylbewerbern, andere finden, dass wir deren Lage ausnutzen, um uns im Zuge des Zeitarbeitsmodells zu bereichern.» Doch sie macht weiter und baut ihr Geschäftsmodell weiter aus. Denn auch sie hat in den letzten 12 Monaten wie alle die Auswirkungen der Corona-Pandemie gespürt. Daher setzt sie gerade viel Manpower ein, um das bestehende Geschäft digital zu transformieren.

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FINANCE

AUSREDEN VERMEIDEN KONFLIKTE Bruhns Ausführungen an diesem Tag sind spannend, und das, was sie tut, ist es noch mehr. Es lässt mich aber vor allem über das Thema «Ausreden» noch einmal neu nachdenken. Im Grunde wünschen wir uns doch alle Klarheit in der Kommunikation mit anderen. Warum haben wir dann dennoch manchmal das Bedürfnis, uns rauszureden? Und warum tun wir es auch immer und immer wieder? Laut der Psychologin Brigitte Roser sind «Ausreden menschlich. Denn Konflikte auszutragen, ist nun einmal anstrengend, und der Mensch ist eher bequem.» Es geht demnach um den Konflikt, die Auseinandersetzung, die vermieden werden soll. Kollegen von Brigitte Roser und damit ebenfalls psychologisch geschulte Menschen nennen Ausreden daher auch ein «wichtiges soziales Schmiermittel». Sie vermeiden Reibung und damit Abrieb – übertragen auf Beziehungen. Sind Ausreden demnach also doch gar nicht so schlimm? Vielleicht geht es eher darum, den Kontext zu betrachten, in dem sie stattfinden. Also: Ausreden im sozialen privaten Miteinander und dem Willen, die Beziehung nicht zu schädigen, oder Ausreden im

beruflichen Leben, die Arbeitsabläufe stören und Unternehmenskulturen zusetzen. Dass Ausreden in Verhandlungen nichts verloren haben, das wird an diesem Tag auf jeden Fall klar. Denn sie sind weder respektvoll dem anderen gegenüber, noch sind sie zielführend. ENTSCHULDIGUNGEN KÖNNEN AUSREDEN ERSETZEN Definitiv klar ist, dass es manchmal besser ist, nicht die Wahrheit zu sagen. Einfach, weil man den anderen schützen will – gerade wenn es um private Beziehungen geht. Doch vielleicht wäre es an der Tagesordnung und ein guter Vorsatz, endlich mal den Mut aufzubringen, den eigenen Fehler zuzugeben und sich schlicht und einfach zu entschuldigen. Denn wie Wikipedia sagt, handelt es bei der Ausrede, dem vorgebrachten Argument, ja um nichts anderes als um eine Entschuldigung. Gerade nach diesem bewegten Jahr, in dem wir alle zahlreiche Ausreden und definitiv auch Lügen präsentiert bekommen haben, ist es an der Zeit, zu einer ehrlichen Kommunikation auf Augenhöhe zurückzukehren. Die Antwort darauf überlasse ich jedem gerne selbst, meine habe ich an diesem Tag aber definitiv gefunden.

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PRESTIGE Autor_Stephan Wirz

ALTERSVORSORGE 2021:

RENTEN SICHERN

Das Rentensystem kann mit vielen verschiedenen Massnahmen gestärkt werden. Am wichtigsten sind die A ­ npassungen institutioneller Par­ameter wie ­Umwandlungssätzeund Kapitalvorbezug an die stark ­veränderten Realitäten. Längerfristig geht kein Weg daran vorbei, heilige Kühe zu schlachten. 226


FINANCE

Die Altersvorsorge ist seit mehreren Jahren die grösste Sorge von Herrn und Frau Schweizer – und das zu Recht. Gemäss Bundesamt für Statistik verfügen fast zwei Drittel der Schweizer Bevölkerung über ein Reinvermögen von weniger als 100’000 Franken; rund ein Viertel besitzt gar kein Vermögen. Zudem rechnet nur gerade die Hälfte damit, mit dem Altersvermögen aus den Vorsorgewerken nach der Pensionierung ein komfortables Leben bestreiten zu können. Die Gründe dafür sind vielfältig. Die demografische Entwicklung und die längere Lebenserwartung setzen den Vorsorgeeinrichtungen zu. Die rekordtiefen Zinsen belasten die Performance von Pensionskassen, die einen hohen Anteil an festverzinslichen Anlagen halten müssen. Der Kapitalmarkt als «dritter Beitragszahler» liefert nicht mehr die erforderlichen Beiträge. Die Umwandlungssätze wurden aus politischen Gründen viel zu lange nicht gesenkt, sie sind immer noch viel zu hoch. HEILIGE KÜHE SCHLACHTEN Die Einsicht ist nötig, dass heilige Kühe wie das Rentenalter, der Mindestzinssatz und der Umwandlungssatz auf obligatorischem Kapital geopfert werden müssen, um die Renten auch für die jüngeren Generationen zu sichern. Doch es gibt auch politisch weniger kontroverse und leichter umsetzbare Massnahmen, die zur Sicherung der Renten – und zum Erreichen eines bestimmten Alterskapitals – beitragen könnten. KAPITALVORBEZUG EINSCHRÄNKEN Als Erstes ist das Thema Kapitalvorbezug im Versicherungsobligatorium zu überdenken. Kapitalbezüge mindern den Strom der lebenslangen Altersrenten und somit die finanzielle Sicherheit der Betroffenen. Sie müssen deutlich eingeschränkt werden. Das Alterskapital sollte nicht für die (risikoreiche) Aufnahme einer selbstständigen Geschäftstätigkeit gebraucht werden dürfen, und die schweizweit so beliebten WEF-Vorbezüge (Wohneigentumsförderung) sollten auf das Überobligatorium oder auf 25 Prozent des Vorsorgekapitals beschränkt werden. Personen, die bei Pensionierung den teilweisen oder ganzen Kapitalbezug wählen, müssen sich der einhergehenden Verantwortung für die Finanzierung ihres restlichen Lebens bewusst sein. Es ist zudem stossend, dass der Einmalbezug des Vorsorgevermögens bei Pensionierung zu einem geringeren Satz besteuert wird als die Renten. Dies ist ein steuerlicher Fehlanreiz zu Lasten der Allgemeinheit, der zu beheben ist.

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PRESTIGE

ANREIZE FÜR SÄULE 3A STEIGERN Der dritten Säule kommt zwecks Deckung von Versorgungslücken eine immer wichtigere Bedeutung zu. Die steuerlichen Anreize für das Sparen in der 3. Säule müssen verstärkt werden; alle Personen sollten das gesamte Sparpotenzial über die 46 respektive 47 Arbeitsjahre ab Alter 18 bis zur Pensionierung ausschöpfen und somit rückwirkend zum 18. Geburtstag 3a-Beiträge nachzahlen können. Optimierungspotenzial liefern auch die Witwen- und Witwerrenten. Sie sollten nur bis zum 18. Altersjahr der Kinder ausgerichtet werden, allenfalls mit einer kulanten Lösung für die überlebende Partnerin / den überlebenden Partner im Alter von über 55, die nicht arbeitstätig waren. Unter das Thema mehr Eigenverantwortung fällt auch die Altersrente für Kinder, die abgeschafft werden sollte. Erwerbstätige Personen mit Kindern müssen bei der Kinderbetreuung im Sinne der gesamten Volkswirtschaft jedoch mehr unterstützt werden, wobei eine diesbezügliche Grundsatzdiskussion nötig ist. Zudem könnten die Beiträge für Erwerbstätige ohne Kinder im Sinne der Solidarität und des Generationenvertrags erhöht werden.

VORSORGE

WAS KÖNNEN ARBEITGEBER TUN? Viele Menschen möchten bei Erreichung des Pensionsalters weiterarbeiten – aus finanziellen Gründen oder weil sie gerne arbeiten und die sozialen Kontakte des Arbeitsplatzes nicht aufgeben möchten. Arbeitgeber sollten diesen Personen flexible Arbeitsmodelle bereitstellen und mit ihnen schon vor Erreichen des Pensionsalters mögliche Zukunftsperspektiven besprechen. Das ist auch im Interesse des Unternehmens, weil das Know-how und die Berufserfahrung älterer Mitarbeitender dem Unternehmen viel Mehrwert bringen und die Fluktuation unter älteren Angestellten deutlich geringer ist als bei jüngeren. Und nicht zuletzt ist auch der Regulator gefordert, die Probleme der Vorsorgewerke endlich nachhaltig anzugehen. Er muss die starren BVV2-Anlagerichtlinien anpassen, die teilweise aus einer Zeit stammen, in der die Renditen von Bundesobligationen nicht negativ waren, sondern zehnjährige «Eidgenossen» vier bis fünf Prozent pro Jahr abwarfen.

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WÄHRUNGSRISIKEN

FINANCE

Autor_René Bachmann

IM AUGE BEHALTEN

Besitzt man in der Schweiz ein diversifiziertes Portfolio, so ist man schnell in Fremdwährungen investiert, denn der Schweizer Markt ist limitiert. Vor allem der Euro und der US-Dollar sind die Währungen, in die in der Schweiz nebst dem Schweizer Franken am häufigsten investiert wird. Fremdwährungen, oder Währungen generell, können die Performance eines Portfolios ziemlich verhageln. Es ist jedoch eine Frage der Grösse, wie viel einer bestimmten Währung man besitzt; der Prozentsatz ist entscheidend. Das Jahr 2020 war auch im Devisenmarkt eine Achterbahnfahrt. So verlor der US-Dollar vom Höchst- zum Tiefstkurs 12,6 Prozent und beendete das Jahr mit einer Negativperformance von 8,75 Prozent gegenüber dem Schweizer Franken. Die Währungsabsicherung spielt in solchen Momenten eine zentrale Rolle. Währungen sollten konsequent abgesichert werden, erst recht in unsicheren Zeiten. So kann das Risiko erheblich eingedämmt werden. Der Devisenmarkt dürfte auch in diesem Jahr von einer hohen Volatilität geprägt sein. Beim US-Dollar sind mittel- bis langfristig Kurse unter 70 Rappen realistisch. Das riesige Zwillingsdefizit (Haushaltsund Leistungsbilanzdefizit), welches durch die enormen Corona-­ Hilfspakete nochmals massiv gestiegen ist, ist der Hauptgrund dafür. Ein grosser Teil des Geldes dieser Hilfe landet direkt bei den US-Bürgern. Somit müssen wir davon ausgehen, dass sich irgendwann die Inflation bemerkbar macht. Dies zeigt sich bereits in den langfristigen Inflationserwartungen, welche die Renditen der langfristen US-Treasury-Bonds anziehen liess. Da aber die FED gemäss ihrer Forward-Guidance die Zinsen bei steigender Inflation nicht sofort anheben wird, bedeutet dies weiterhin fallende Realzinsen, was dem US-Dollar schaden wird. Im aktuellen (Corona-)Umfeld sieht es aber nach dem extremen USD-­Verfall der letzten Monate so aus, als dass zuerst eine kurzfristige Erholung Richtung 0,9200 möglich ist.

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Die Handelsspanne des Euros sehe ich stabil zwischen CHF 1,05 und CHF 1,09, sofern keine externen Schocks Einfluss nehmen. Auch im Euroraum fliessen die Corona-Hilfsgelder grösstenteils direkt zu den Bürgern. Man rechnet mit einer bis zu 30 Prozent höheren Sparquote als vor Corona. Dieser aufgezwungene Konsumstau wird sich voraussichtlich in diesem Jahr entladen, und es wird sich dann eine «Risk-on»-Phase einstellen. Eine solche Phase nimmt dem CHF den Aufwärtsdruck, was dem Euro zu leicht höheren Notierungen verhelfen kann. Um sein Portfolio vor solchen Währungsrisiken zu schützen, ist es wichtig, sich mit Währungsabsicherungen zu befassen. Nehmen wir an, Ihr CHF-Portfolio beinhaltet 50 Prozent EUR-­ nominierte Wertschriften. Sollte sich der EUR / CHF-Kurs um fünf Prozent abschwächen, bedeutet dies eine Negativ-­Performance von 2,5 Prozent auf Ihr Gesamtportfolio. Dieses Risiko lässt sich am einfachsten mit Devisentermingeschäften eliminieren. Das heisst, Sie verkaufen EUR gegen CHF zu einem heute vereinbarten Kurs auf einen bestimmten Termin. Damit sind Sie für künftige Kursverluste abgesichert, können aber im Gegenzug nicht von einem steigenden EUR profitieren. Um diese Opportunität zu erhalten, können Sie anstelle eines Termingeschäftes eine Devisen-­ Put-Option kaufen. Hiermit kaufen Sie sich für eine «kleine» Prämie das Recht, zu einem bestimmten Zeitpunkt eine vordefinierte Menge zu einem vordefinierten Kurs zu verkaufen. Sollte sich während dieser Laufzeit EUR / CHF nach oben bewegen, profitieren Sie von dieser Stärke.

RENÉ BACHMANN IST LEITER DEVISENHANDEL BEI DER BANK CIC. WWW.CIC.CH


ESG – WIEANLAGEN PRESTIGE

Autorin_Lisa Schmidt

DIE WELT VERÄNDERN

NACHHALTIGKEIT, OFT NUR ESG GENANNT, IST IN ALLER MUNDE. SIE IST AUCH IN DER ­FINANZINDUSTRIE DAS JAHRHUNDERTTHEMA SCHLECHTHIN, DAS DURCH DIE PANDEMIE NOCHMALS EINEN ENORMEN SCHUB ERHIELT. DOCH WAS STECKT DAHINTER, WIE SEHEN DIE JÜNGSTEN ENTWICKLUNGEN AUS, UND WAS BEDEUTEN SIE FÜR INVESTOREN? NAMHAFTE FINANZEXPERTEN GEBEN EINEN ÜBERBLICK ZUM AKTUELLEN THEMA.

Meistens denkt man beim Thema nachhaltige Anlagen an Umweltschutz und Investitionen in erneuerbare Energien. Jedoch beinhaltet nachhaltiges Investieren viel mehr. Die Abkürzung ESG, die sich als Standard im Bereich Nachhaltigkeit etabliert hat, steht für auf Environmental (Umwelt), Social (Soziales) und Governance (gute Unternehmensführung) bezogene Kriterien. So deckt ESG neben den umweltrelevanten Themen auch die soziale und ethische Verantwortung der Unternehmen ab, in die investiert werden soll. INVESTOREN WOLLEN GRÜNE ANLAGEN Anleger beurteilen Unternehmen heute nicht mehr nur nach klassischen Kriterien wie Rendite und Risiko, sondern zunehmend auch danach, inwieweit sie umweltfreundliche, soziale und ethische Gesichtspunkte in ihre Geschäftsaktivitäten und Investitionen integrieren. So ist der Markt für nachhaltige Anlagen laut einer Studie von Swiss Sustainable Finance von 2020 zwischen 2018 und 2019 um markante 62 Prozent in der Schweiz gewachsen, nämlich auf insgesamt CHF 1163 Milliarden – Tendenz steigend. Die Coronakrise hat diesen Trend noch verstärkt.

Ein weiterer wichtiger Treiber für nachhaltige Anlagen ist nach Aussage von Swiss Sustainable Finance die Klimaschutzdebatte. Das ist auch dringend nötig, denn um das Klima ist es nicht gut bestellt. Zwar besteht das Pariser Klimaabkommen seit fünf Jahren, der Erfolg lässt aber noch auf sich warten. Um die Ziele einer Temperaturreduktion zu erreichen, müssten die globalen Emissionen bis 2030 halbiert werden. DENKWEISE IN DEN USA UND CHINA ENTSCHEIDEND Es gibt auch Grund für Optimismus, denn wir haben es inzwischen mit einem Paradigmenwechsel zu tun – also einem grundlegenden Wandel grösserer Teile der Gesellschaft zu neuen Denkansätzen und Vorgehensweisen. So sind für Eva Cairns, Senior ESG-Investmentanalystin bei Aberdeen Standard Investments, Bidens Amtseintritt und damit die Wiederunterzeichnung des Pariser Abkommens sowie Chinas überraschende Verpflichtung, bis 2060 klimaneutral zu werden, ein Riesenschritt in die richtige Richtung. Eine wachsende Zahl an Regierungen, staatlichen Institutionen, Unternehmen und Investoren übernehme Verantwortung im Bereich Nachhaltigkeit; dies markiere einen Wendepunkt.

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FINANCE

wandels und des Übergangs zu Netto-Null-Emissionen insgesamt etwas niedriger ausfallen werden. Die Renditeunterschiede in den einzelnen Branchen und Unternehmen dürften jedoch grösser sein. Eine aktive Selektion geeigneter Instrumente dürfte daher Vorteile bieten. Aberdeen Standard Investments geht ebenfalls von einer stärkeren Variation bei den Erträgen aus, ein aktiver Ansatz ist daher gefragt. So wirke sich die Klimawende bei einigen Sektoren wie zum Beispiel im Bereich Gesundheit nur geringfügig auf die Bewertungen aus, im Energiesektor (Öl) dagegen stärker und vor allem negativ. Der Industriesektor mit den neuen Technologien würde jedoch profitieren, so zum Beispiel bei den Windturbinen, Solarzellen, Batterien und Elektromotoren. Aberdeen Standard Investments stellt daher eine Reihe von Klimaszenarien auf, um einerseits Erträge und Risiken für die verschiedenen Anlagen genauer einzuschätzen und andererseits entsprechende Anlagestrategien aufzustellen, mit denen Investoren ihre Klimaziele erreichen können.

Deirdre Cooper, Co-Portfoliomanagerin im Bereich Nachhaltigkeit bei Ninety One, sieht das ähnlich. So dürfe der Richtungswechsel in der chinesischen Klimapolitik nicht unterschätzt werden, da China für etwa 28 Prozent der globalen Emissionen verantwortlich sei, die USA jedoch für weniger als 15 Prozent. Daher könne sich das Reich der Mitte durch sein Engagement im Bereich ESG zu einem der lukrativsten Märkte für nachhaltige Investitionen entwickeln. RENDITEN UND ESG: EIN KOMPROMISS? Für einen Investor ist die Rendite ein wichtiges Kriterium. Es stellt sich die Frage, ob man für Nachhaltigkeit auf Rendite verzichten muss. Die deutliche Mehrheit der Studien belegt allerdings, dass Anlagen, die nach ESG-Kriterien verwaltet werden, eine bessere oder zumindest gleich gute Rendite wie konventionelle Anlagen erzielen. Laut der Schwyzer Kantonalbank besteht sogar ein positiver Zusammenhang zwischen Rendite und Nachhaltigkeit, das heisst, dass ESG-Anlagen eher besser abschneiden. Diese Tendenz wurde jüngst bestätigt. Nachhaltige Anlagen haben nicht zuletzt durch die Coronakrise und den dadurch ausgelösten Verwerfungen an den Finanzmärkten weiter stark zugelegt, wie in einer Umfrage unter den Schweizer Vermögensverwaltern in der Swiss Asset Managers’ Survey von 2020 festgestellt wurde. Denn nachhaltig geführte Firmen erwiesen sich grösstenteils als stabiler, sodass die Investoren deutlich besser durch die Krise kamen als mit herkömmlichen Anlagen, so die Mehrheit der befragten Vermögensverwalter. Bei den Schwellenländern war der Unterschied zwischen nicht-nachhaltigen und nachhaltigen Anlagen in der Coronakrise sogar noch ausgeprägter. Juliana Hansveden, Portfoliomanagerin für Schwellenländeraktien bei Nordea Asset Management, erklärt, dass die Wahrscheinlichkeit, dass ein Anleger schwerwiegenden ESG-Risiken ausgesetzt ist, in Schwellenländern wesentlich grösser ist. Diese Ergebnisse sind in ihrer Deutlichkeit neu und ein klares Zeichen dafür, dass nachhaltige Anlagen in Zukunft noch wichtiger werden.

INNOVATIVE ESG-STRATEGIEN Heute gibt es eine Vielzahl an Möglichkeiten, Anlagen nachhaltig auszurichten. Waren sie noch vor einigen Jahren auf Aktien fokussiert, sind sie heute in vielen Anlageklassen verfügbar. Anlageansätze reichen von Ausschlussstrategien, Engagement-­Ansätzen bis hin zu Best-in-Class und thematischen Ansätzen. Investieren kann man zum Beispiel in thematische Fonds, die sich auf die sich wandelnde Mobilität hin zu sauberen Alternativen wie Elektroautos und verwandte Technologien konzentrieren. George Saffaye, Global Investment Strategist bei BNY Mellon Mobility Innovation, ist der Meinung, dass die Nachfrage nach Elektroautos in den nächsten Jahren weiter steigen wird und dass Batterien durch technologische Fortschritte bis 2023 / 2025 wettbewerbsfähig sein werden. Dies eröffnet interessante Anlagechancen. Für Goldinvestoren ist das sogenannte «grüne Gold» eine interessante Alternative. Seit Januar 2012 muss jede bei der London Bullion Market Association (LBMA) akkreditierte Gold­raffinerie den strengen Grundsätzen des von der LBMA herausgegebenen Leitfadens umsetzen. Der Leitfaden sieht strenge Kontrollen vor, um zum Beispiel gegen Geldwäsche und Missachtung von Menschenrechten vorzugehen. Aktive Investoren wie etwa Invesco machen zudem ihren Einfluss auf Bergbaugesellschaften, an denen sie Anteile halten, in Richtung ESG geltend. Das Führen von Engagement-Gesprächen mit Firmen, in die man investiert, ist heute bei führenden ESG-Vermögensverwaltern wie Nordea Asset Management oder Aberdeen Standard Investments gängige Praxis.

KLIMASZENARIEN ALS ENTSCHEIDENDER FAKTOR Der Klimawandel und der Übergang zu einer klimaneutralen Wirtschaft werden einen grösseren Einfluss auf zukünftige Gewinne zahlreicher Branchen und Unternehmen haben. Vermögensverwalter unternehmen daher grössere Anstrengungen, um die Auswirkungen auf Unternehmen einzuschätzen und mögliche Portfolioerträge abzuleiten. So gehen die Investmentexperten von Schroders davon aus, dass die Renditen über die nächsten 30 Jahre sowohl bei Anleihen als auch bei Aktien aufgrund des Klima-

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GEMÜSEKÜCHE EN VOGUE EIN BESUCH IM «MAGDALENA»

Das junge, unabhängige und sehr kreative Team des Restaurants «Magdalena» in Schw yz setzt auf trendige Gemüseküche aus der Region. Auf Anhieb w urde die Küche mit zwei Michelin-Sternen ausgezeichnet. Wir schlemmen uns durch die Speisekarte des aufstrebenden Gourmetbetriebs.

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Fotograf, Galerist, Sammler, Hochschullehrer, Kurator und Stifter: F.C. Gundlach prägte die fünfziger, sechziger und siebziger Jahre des 20. Jahrhunderts wie nur wenige Künstler in Deutschland. Als Modefotograf verstand er es, gesellschaftliche Phänomene und aktuelle Strömungen der bildenden Kunst in seine Inszenierungen zu inkludieren. Wir werfen einen Blick auf seine grossen künstlerischen Werke.

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Nur weil wir 1760 das Uhrengeschäft erfunden haben, bilden wir uns noch lange nichts darauf ein.

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