PRESTIGE Switzerland Volume 31 Auszug

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31

LIMITED EDITION SUMMER 2014

CULTURE TRAVEL

LIVING DRIVE STYLE BEAUTY

FASHION

CULINARIUM

FINANCE WATCHES & JEWELLERY

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Lignières Lignières 27.–29. 2014 27.–29. JuniJuni 2014

Buochs Buochs 20.–22. 20.–22. JuniJuni 2014 2014

Stockental Stockental 4.–6. 2014 4.–6. JuliJuli 2014


Der Stein des Lebens und der Liebe «Beim Rubin wechseln lichte und samtene Töne von Rosa bis zu dunklem Purpur: Je leuchtender, je lebhafter das Rot funkelt, desto erlesener und kostbarer ist der Stein des Lebens und der Liebe.» Dr. Eduard J. Gübelin (1913 – 2005)

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INHALT 27

TRAVEL 27

NEW ORLEANS Musik liegt in der Luft

34 SPANIEN Der grüne Norden 38 SCHNAPS-REISEN Dem Alkohol auf der Spur

35

40 KREUZFAHRT Schiffe und Routen von einst bis jetzt 45

WUSSTEN SIE SCHON…? Regen, Hitze, Kälte

46

BRUCE CHATWIN Schreibender Reisender

40

48 ALLTAGSFLUCHTEN Ich bin dann mal weg! 50

STILLVOLLE GASTFREUNDSCHAFT Forte Village Resort

54 THAILAND Das Land des Lächelns

54

CULTURE 65

CAMERON DIAZ Hart im Nehmen

90

WO SICH KUNSTRAUB LOHNT Die 10 teuersten Gemälde der Welt

72

AUSSTELLUNGEN & BOOKS Von Annie Leibovitz bis Architektur Biennale

92

PETER BEARD Sammelwütiger Tagebuchschreiber

74 CRIMINALS The Godmother – Griselda Blanco 78

JEFF KOONS Mister Balloon Dog

80

94 SCHREIBKUNST Macht und Verlust der Worte 97

WUSSTEN SIE SCHON…? Zebrastreifen & Walzerkönig

80 TANGO ARGENTINO Tanzendes Zwiegespräch 85 STRADIVARI Teure Töne 86 GEORGIA RUSSELL Le Grand Livre

94 16 | PRESTIGE

65


BOUTIQUES GENEVE • GSTAAD • LUZERN • ZURICH


INHALT WATCHES & JEWELLERY 99

RETROSPEKTIVE BASELWORLD 2014 Von A bis Z

118 UHRENGESCHICHTE Marine-Chronometer des 19. Jahrhunderts 122 CHARLES TIFFANY Kein Frühstück bei Tiffany & Co 127 HANS STERN Vom Musiker zum Edelsteinkönig

130

130 DIE RAKETEN-UHR Der Weltraum am Handgelenk 134 PRESTIGE PRESENTS Clockwork 146 NEUES AUS DER UHREN- & SCHMUCKWELT Glänzendes für Kidman und teure Naturperlen

122

DRIVE STYLE 149 IN KÖNIGLICHEN SPHÄREN Porsche meets Marrakesch 154 ICH FAHRE MIT … Jaguar XJ Ultimate 162 15 FRAGEN AN … Jürgen Vogel 164 HEISSE ZWEIRÄDER You might like this bike 172 BLEIBT HEMMUNGSLOS! Mamma Mia, Maserati wird 100!

176

176 RIVA Schwimmende Luxussuiten

164 154 18 | PRESTIGE



INHALT FASHION 183 FOR SHOE LOVERS Fallin' in Love with Giuseppe Zanotti 190 EIN BRAVES KROKODIL WIRD VORLAUT Streetart-Künstler Zoer

183

196 SUMMERTIME – BEACHWEAR-TIME The History of TA-BOU 200 SIMON PORTE JACQUEMUS Sommer, Sonne, Softeis 201 LET’S GO FASHION Bubikragen und Colourblocking 202 PRESTIGE PRESENTS Sonnenzeit 213 WUSSTEN SIE SCHON…? Von Roter Oktober bis Pelz

196

BEAUTY 215 VERY BRITISH Für alle Sinne 220 FÜR FASHIONISTAS Beauty & Perfect Styling 222 SPA AUF DEN SEYCHELLEN Ein tropischer Garten für die Schönheit 228 SOMMER, SONNE, SCHUTZ Die neusten Pflegetipps 233 PFLEGETEST Von Textur bis Duft

228

LIVING 235 FRIES & ZUMBÜHL Das Schweizer Designerduo 238 PIMP UP YOUR FLAT Von Pastellfarben bis Designklassiker

252

240 MINIMALISTISCH EINRICHTEN Manchmal ist weniger mehr 244 PRESTIGE PRESENTS Luxusvilla in Brissago 252 DESIGN FÜR’S BEWUSSTSEIN Super-Designer Luigi Colani 258 PRESTIGE PRESENTS Der Bergpalast

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235


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INHALT CULINARIUM 267 DIE NEUE Z-KLASSE Kulinarische Entdeckungen in Zeeland 272 THE CIGARMAN OF THE YEAR Küchentalk mit Jörg Slaschek 276 SOMMERLICHE GENÜSSE Von Whiskey bis Barsurfing 278 IT’S ALL ABOUT PLEASURE Passion Champagner 284 KONZENTRIERTE KRÄUTER Renaissance einer Kult-Spirituose

284 278

290 KAVIAR Nachhaltiger Genuss 294 WUSSTEN SIE SCHON…? Luxus on the Rocks & teure Zweisamkeit

267

TOPEVENTS 302 WELTKLASSE ZÜRICH Usain Bolt und Co.

297 OMEGA EUROPEAN MASTERS Golf at it’s Best

FINANCE 309 VERANTWORTUNG NICHT IN SICHT Die Finanzbranche in der Kritik

316 ERFOLG UM JEDEN PREIS? Das gemeinsame TUN

KOLUMNEN 44 89 193 226 232 250 319

TAMARA WERNLI – Schreckstunde Hammam WILHEM J. GRUSDAT – Check-in GABRIEL PALACIOS – Wer trägt wen? GÖTZ WINTER – Die Macht der Farben VERA DILLIER – Der Narziss – mein Freund und Helfer DJ ANTOINE – Renovationen und Umbauarbeiten MARIELLA DE MATTEIS – Menschen im Widerstand begleiten

NEWS 62 BIKINI & COMPANY 121 TIMEPIECES WOMAN 128 SCHMUCKSTÜCKE 144 PRESTIGE STYLES WOMAN

22 | PRESTIGE

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W

ir begrüssen Sie zur Lektüre unserer Sommerausgabe. Begeben Sie sich mit uns auf eine Reise in die swingende Stadt. Wie keine andere Stadt der Welt hat New Orleans Musik im Blut. Sie ist der Geburtsort des Jazz. Die Stadt am Ol’ Man River ist ein Mix aus Heatwave und Langsamkeit, ein Melting Pot der Mentalitäten und ein Mix aus Gefühlsausbrüchen und Easy Going. Getreu dem Motto «Let the good times roll!» bewegt sich New Orleans in seinem ganz eigenen Rhythmus, denn hier liegt Musik in der Luft, die man schier atmen kann. Atmen kann man auch die Passion mancher Künstler, sei es, die der Kulinarikzauberer, Schauspieler oder Designer. Erfahren Sie mehr über «Everybodys Darling» Cameron Diaz, welche unser Redakteur von einer ganz anderen Seite kennengelernt hat, und von Georgia Russell, einer Künstlerin, die alte, vergessene Bücher durch ihr Skalpell zu neuem Leben erweckt. Entdecken Sie das Feuer des Tangos in Buenos Aires, die Leidenschaft schneller Autos und erfahren Sie Neues über den besten Freund der Frau – den Schuh. Auf welches Mode-Gadget Sie auf keinen Fall verzichten können und welchen Duft Sie in diesem Sommer am besten tragen sollten, all dies und noch viel mehr erfahren Sie in der vorliegenden Ausgabe.

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Francesco J. Ciringione Verleger

Yvonne Beck Chefredaktorin

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TRAVEL

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NEW ORLEANS Musik liegt in der Luft

34 SPANIEN Der grüne Norden 38 SCHNAPS-REISEN Dem Alkohol auf der Spur 40 KREUZFAHRT Schiffe und Routen von einst bis jetzt 45

WUSSTEN SIE SCHON…? Regen, Hitze, Kälte

46

BRUCE CHATWIN Schreibender Reisender

48 ALLTAGSFLUCHTEN Ich bin dann mal weg! 50

STILLVOLLE GASTFREUNDSCHAFT Forte Village Resort

54 THAILAND Das Land des Lächelns

LOUIS VUITTON

LOUIS VUITTON PRADA

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MUSIK LIEGT IN DER

LUFT THE BIG EASY «N’Awlins» ist ein Mix aus Heatwave und Langsamkeit, ein Meltingpot der Mentalitäten und ein Mix aus Gefühlsausbrüchen und Easy Going. Hier läuft das Leben nach anderen Regeln – «The Big Easy», die Heimat des Jazz an der Mündung des Ol’ Man Rivers. Yvonne Beck


TRAVEL

N

ew Orleans – die Stadt mit 700 Kirchen, 40 Friedhöfen und rund 4 0 00 Bars. Die Stadt, wo die Strassen auf französische Namen hören, die Häuser spanisch aussehen und die Feste auf karibische Art gefeiert werden. Die Stadt des schwarzen Swings, der süssen schweren Düfte der kreolischen Küche und des sündigen Flairs des «Vieux Carré», des French Quarter.

Swing City Wie keine andere Stadt der Welt hat New Orleans Musik im Blut. Sie ist der Geburtsort des Jazz. Doch aus den Bars und Clubs dringen zudem Zydeco, Cajun, Rhythm & Blues, Gospel, Soul, Funk und die Klänge der Brass Bands. Die Liste der Musikrichtungen ist lang und ebenso lang ist die der Spitzenmusiker dieser Stadt. Die ganze Stadt swingt und jeder Einwohner scheint ein musikalisches Naturtalent zu sein. Das bestätigt sich an jeder Strassenecke und auf jedem Platz. Ja, in dieser Stadt sind selbst die Dampfschiffe musikalisch: Auf den legendären Raddampfern ist eine Orgel installiert, die täglich gespielt wird. Das bekannteste Kind New Orleans ist sicherlich Louis Armstrong. In «Back O’ Town», dem Hinterhof der Stadt verbrachte er seine Kindheit. «Es wimmelt von frommen Kirchgängern, Bankrotteuren, Spielern, kleinen Zuhältern, Dieben, Prostituierten und Schwärmen von Kindern. Da gab es Bars, Saloons, Cabarets und Honky Tonks, üble beleumdete Tanz-Cabarets», so beschrieb Armstrong das Milieu seiner Kindheit später in seiner Autobiografie. Der am 4. Juli 1900 geborene Louis wuchs in einem Waisenhaus für schwarze Kinder auf. Seine Mutter, eine drogenabhängige Prostituierte, konnte dem kleinen Jungen kein Zuhause bieten. Gottlob erkannten seine Lehrer Louis’ musikalisches Talent und förderten dieses. So wurde er zu einem der grössten und besten Jazzmusiker der Welt. Seinen Spitznamen «Satchmo» erhielt er wegen seines grossen Mundes; englisch «satchel mouth». Er wirkte zudem in rund 60 Filmen mit und wurde von Charlie Parker und Miles Davis verehrt. Heute ist seine Heimatstadt stolz auf den Ausnahmemusiker, obwohl er sie bereits im Alter von 23 Jahren verliess, um in Chicago sein Glück zu finden. Im heutigen Louis Armstrong Park wurde er in einer überlebensgrossen Bronzestatue verewigt und aus jedem Winkel der Stadt klingt einer seiner Songs. Ein Klassiker der Musikszene ist die Prevention Hall. Das Gebäude in 726 St. Peter Street dient seit 1961 als Bühne für den klassischen, traditionellen Jazz von New Orleans. Entsprechend wurde die Atmosphäre des frühen 20. Jahrhunderts erhalten: Die Fassade und die Innenwände sind künstlich heruntergekommen und unscheinbar bemalt, alte Holzläden verschliessen die Fenster. Die Jazz-Musiker spielen auf einer flachen Bretterbühne in schummrigem Licht. Statt der üblichen Klimaanlagen gibt es nur ein paar Deckenventilatoren

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TRAVEL

«I returned to New Orleans, and as soon as I smelled the air, I knew I was home (…): I Walked the streets, savoring that long lost perfume.» – aus «Interview With the Vampire» von Anne Rice –

über den Musikern. Für die Zuhörer gibt es zumeist nur Stehplätze, doch gerade wegen dieses Ambientes steht man Schlange für den Einlass und zahlt gerne 15 Dollar Eintritt. Ein weiterer Tipp, wenn auch kein Geheimtipp, ist das Palm Court Jazz Café in der Decatur Street. Das gemütliche Restaurant erlang sofort nach seiner Eröffnung zu Ruhm und Ehre. Die Hausband von Erving Charles geleitet mit sieben Jazz-Musikern, die zusammen mindestens 500 Jahre alt zu sein scheinen, plaudern in den Pausen gerne mit den

Gästen. Die etwas schräge Besitzerin des Palm Courts tut das Übrige dazu.

Zu Besuch im Cajun Country Doch auch ausserhalb von New Orleans scheint der Staat Louisiana aus Musik geformt zu sein. Selbst die Sumpfgebiete spielen ihren eigenen Rhythmus. Im Jahre 1755 errichteten die ersten Cajuns nach ihrer Vertreibung aus Kanada Louisiana. Einige liessen sich entlang des Mississippis nördlich der Stadt – in den Wetlands entlang

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TRAVEL

des Bayou Lafourche – nieder, andere siedelten im Land der Attakapa-Indianer im Südwesten Louisianas. Als Nachkommen der ersten Weissen, die nach Kanada auswanderten und von den Briten vertrieben wurden, fanden sie in den Sumpfgebieten eine neue Heimat. Die Cajuns pflegen bis heute ihr antiquiertes Acadian French, halten an alten Traditionen fest und sind als ausgelassenes, feierfreudiges «Völkchen» bekannt. Wenn am Samstagabend die Band aufspielt, heisst es «Fais Do-Do» und egal, wie hart der Alltag manchmal auch ist, verschreibt man sich dem Motto «Lâche pa la patate» (Nur nicht unterkriegen lassen!). Man tanzt, singt, fidelt, geniesst die Nationalgerichte wie Crawfish, Gumbo, Fried Alligator und Brotpudding und lauscht der Cajun- und Zydeco-Musik. Crawfishfarmen, Zuckerrohrfelder, Plantagenhäuser, Mangrovensümpfe und verschlafene Dörfer kann man durch eine Fahrt durchs Cajun-Country kennenlernen. Der Highway 90 führt direkt hinein, vorbei an kleinen, aber sehenswerten Ortschaften wie Houma und Lafayette. Also: «Laissez les bons temps rouler!» – «Let the good times roll!» Louisiana lässt auch den Fuss des grössten Tanzmuffels im Takt wippen. Denn Musik liegt in der Luft, die man hier atmet.

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TRAVEL

Literatur- und Filmtipps zur Stadt «Mein Leben in New Orleans» Louis Armstrong berichtet in diesem Buch über seine Kindheit in der Mississippi-Metropole. «Sieur George», «Old Creole Days» und «Grandissimes» George Washington Cable liefert in diesen Büchern eine bissige Beschreibung über die New Orleanser Gesellschaft und die Kreolen. «Life on Mississippi» Mark Twain schildert das Leben der Menschen auf und am Fluss.

Sprachverwirrungen Es gibt übrigens noch eine Frage, mit der man rechnen muss. Sie wird schamlos auch dem Fremden gestellt, der gerade nichts ahnend zur Tür herein­ gekommen ist. «Tu veux danser, cher, you wanna dance?», braucht einen jedoch nicht zu erschrecken. Auf den Tanzböden zwischen Houma und Eunice herrscht Freistil. Kein Frackzwang mindert das Ver­ gnügen, keine noch so überzeugende Ausrede wird akzeptiert. Laissez les bons temps rouler – Let the good times roll: Nie folgte man einem Werbe­ slogan williger. Die vielen Kulturen und Traditionen der Stadt haben nicht nur das Essen und das Leben der Einwohner geprägt, sondern auch deren Sprache. Noch heute wird im Süden von Louisiana ein Französisch-Englisch gesprochen, welches für Europäer nur schwer zu verstehen ist. Und auch sonst gibt es viele unbekannte Worte: Wenn man vor Ort nach dem Weg fragen will, sollte man die gängigen Himmelsrichtungen schnell vergessen, denn hier gibt es Uptown, Downtown, Lake­ side und Riverside. Sollte das Ziel das French Quarter bzw. das «Vieux Carré» (alte Viertel) sein, läuft man auf dem Weg dorthin nicht auf einem «Sidewalk» (Bür­ gersteig), sondern auf einem «Banquette». Und bevor man abends eine «Fais Do-Do» (Party, Veranstaltung) besucht, erkundet man vorher noch die verschiedenen «parishes» (Landkreise) und kauft einen netten «Gris-Gris» (Glücksbringer) für die Lieben zu Hause.

«A Requiem in Four Acts» Spike Lees Dokumentarfilm ist eine eindrucksvolle vierstündige Dokumen­tation über die Ereignisse nach Wirbelsturm Kathrina. Auch sein zweiter Film « If God Is Willing and da Creek Don’t Rise» ist absolut sehenswert. Er berichtet über die wiederauferstan­ dene Stadt. «Treme» Die TV-Serie spielt im New Orleans nach Kathrina und ist ein bedeutendes Portrait über die Stadt.

Festivals In New Orleans gibt es immer einen Grund zum Fei­ ern. Einige der Veranstaltung haben über die Genzen des Staates grossen Zulauf, daher ist es nützlich, zu wissen, wo wann was los ist. Februar Mardi Gras, Höhepunkt des Karnevals ist der Fast­ nachtsdienstag. Paraden gibt es schwerpunktmässig ab dem vorletzten Freitag vor dem Faschingdienstag. Die grössten Umzüge finden jedoch am Rosenmon­ tag und «Fat Tuesday» statt. April / Mai New Orleans Jazz & Heritage Festival. 1970 trafen sich auf dem Congo Square erstmals 300 Musiker, heute zählt das Fest zu den Topevents der Szene. Auf mehreren Bühnen wird Jazz jeglicher Coleure, Blues und Gospel bis hin zu Zydeco, Folk oder Latin gespielt. Bekannte und unbekannte Bands nehmen hier das Mikrofon in die Hand. Ende Mai New Orleans Wine & Food Experience: fünftägiges Feinschmeckerfestival mit tastings in Shops und vielen Veranstaltungen. Dezember / Januar Sugar Bowl (American-Football-Meisterschaft), eins der Top-College-Football-Endspiele im Superdome, das seit 1935 ausgetragen wird. Über aktuelle Veranstaltungen geben die Freitagsaus­ gaben der Time-Picayune sowie die Wochenmaga­ zine Gambit und Off Beat Auskunft. Oder im Internet unter: www.neworleanscvb.com und www.louisiana travel.de.

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CULTURE 65

CAMERON DIAZ Hart im Nehmen

72

AUSSTELLUNGEN & BOOKS Von Annie Leibovitz bis Architektur Biennale

74 CRIMINALS The Godmother – Griselda Blanco 78

JEFF KOONS Mister Balloon Dog

80 TANGO ARGENTINO Tanzendes Zwiegespräch 85 STRADIVARI Teure Töne 86 90

GEORGIA RUSSELL Le Grand Livre WO SICH KUNSTRAUB LOHNT Die 10 teuersten Gemälde der Welt

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PETER BEARD Sammelwütiger Tagebuchschreiber

94 SCHREIBKUNST Macht und Verlust der Worte 97

WUSSTEN SIE SCHON…? Zebrastreifen & Walzerkönig

TASCHEN VERLAG

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CULTURE

CHARLIE’S ANGELS FULL THROTTLE | Columbia Pictures

CAMERON

DIAZ HART IM NEHMEN

In Cameron Diaz’ Körper steckt viel Arbeit.

Ob im Bett oder im Leben – Cameron Diaz verhält sich wie ein Kerl. Denn sie nimmt sich immer, was sie will. Das Ex-Model ist seit genau 20 Jahren dick im Kinogeschäft. Und privat? Na ja, ihre Ansichten zu Sex, Drehbüchern und Körperausscheidungen sind bisweilen ganz schön durchgeknallt. Dominique Zahnd

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SEX TAPE | Sony Pictures

CULTURE

In der Komödie «Sex Tape» lassen Jason Segel und sein weiblicher Co-Star alle Hüllen fallen.

«I

ch bin nichts Besonderes», sagt Cameron Diaz. «Es gibt Millionen von Frauen wie mich. Nur geben die halt keine Interviews.» Klingt gut, ist aber gelogen. Ob ihre blitzenden Zahnreihen, der makellose Körper oder das Image als Gute-Laune-Granate – nichts davon ist zufällig. Denn Cameron Diaz ist eine knallhart kalkulierende Geschäftsfrau, die der Welt genau das vorspielt, was die von ihr erwartet. Wer sie schon mal getroffen hat, merkt schnell, dass sie nur eine Illusion verkauft. Sind die Kameras an, legt die Schauspielerin einen Schalter um – und sprüht vor sympathischer Quirligkeit. Doch was passiert davor und danach? Erst mal kommt sie zu spät. Damit der Ton richtig aufgezeichnet werden kann, befestigt normalerweise ein Techniker ein Mikrofon am Revers des Stars. Diaz will aber von keinem Fremden berührt werden, denn sie hasst Bakterien. Also rauscht sie ab ins Nebenzimmer und verkabelt sich dort lieber selbst. Das Kamerateam will ihr folgen, doch die Entourage der Schauspielerin winkt ab. «Das darf nicht gefilmt werden.» Bevor das Gespräch aufgezeichnet wird, wollen Diaz und ihre Gefolgschaft dann noch auf den Monitoren kontrollieren, wie das Set ausgeleuchtet wurde. Denn eine falsch aufgestellte Lampe könnte für unvorteilhafte Schatten im Gesicht der Diva sorgen und ihre Falten sollen Fernsehzuschauern verborgen bleiben – da versteht der Diaz-Clan keinen Spass. Das eigentliche Interview ist eine Show. Unangenehme Fragen werden weggelächelt. Und nach sieben Minuten – zack! – ist der Spuk schon vorbei. Gleichzeitig mit dem Erlöschen der roten Aufnahmelichter ist auch Schluss mit lustig. Die Blondine verschwindet auf der Stelle. Draussen warten jubelnde Fans auf sie. Aber jetzt, wo keine TV-Kamera auf sie gerichtet ist, ignoriert die Amerikanerin die Normalsterb­ lichen rechts und links von ihr. Hält ihr einer ihrer Anhänger gar ein Foto hin, kassiert er ein wütendes «Fuck off!», denn Autogramme zu schreiben ist unter ihrer Würde. Deshalb wählt sie das «Autograph Collector Magazine» (so etwas gibt es wirklich) seit Jahren r­ egelmässig auf Platz eins der unfreundlichsten Hollywood-Stars.

«Botox liess mein Gesicht gruselig aussehen.»

Einer der schönsten Menschen der Welt Wie jeder andere Promi dient auch Cameron Diaz als Projektionsfläche. Sie verkörpert das Sinnbild einer blonden Barbie. Dementsprechend taucht sie

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KNIGHT & DAY | 20th Century Fox

CULTURE

ständig in irgendwelchen Schönheits-Charts auf. So wählte sie das britische Empire Magazine in die Top 100 der begehrenswertesten Stars der Filmgeschichte. Und das amerika­nische People Magazin nominierte Cameron als eine der «50 schönsten Menschen der Welt». Verständlich, denn äusserlich ist alles perfekt an ihr. Die Zähne? Von einem Spezialisten gerichtet. Der Body? Mithilfe eines Personaltrainers gestählt. Die glatte Haut? Dank Botox gestrafft. Lange hat sie in der Presse ihre Schummeleien empört abgestritten. Dieses Jahr gestand sie dann endlich, dass sie sich vom Beauty-Doc Nervengift ins Gesicht hat spritzen lassen. «Ja, ich habe Botox ausprobiert», sagt sie. Schliesst aber sogleich weitere Behandlungen aus, weil «es mein Gesicht verändert hat: Es sah gruselig aus». Sind nicht ihre Lider oder Lippen gerade öffentlich unter Beschuss, dann nörgeln die Klatschblätter an ihren Kurven rum. Mal gilt sie als super sexy, dann wieder soll ihr Busen nicht perfekt genug für eine Traumfrau sein. Cameron Diaz hält solche Diskussionen für lächerlich: Sie ist zufrieden mit ihrer Oberweite. «Meine Grossmutter hatte extrem grosse Brüste, meine Mutter nur ganz kleine. ‹Ich will solche wie die Oma›, soll ich als kleines Mädchen immer gesagt haben – aber ich kam dann doch nach meiner Mutter. Heute bin ich sehr glücklich mit meinem kleinen Busen.» Brustumfang hin oder her – ihr Aussehen ist definitiv ihr Kapital. Und weil Cameron Diaz die Businessseite ihres Jobs perfekt im Griff hat, veröffentlichte sie 2014 ihr erstes Buch. Viele hätten mit einer Autobiografie gerechnet, doch der Star schrieb einen Schönheitsratgeber. In dem Buch ist sie schonungslos offen. Sie handelt Harmloses ab wie ihre Pickelplage, ihre K ­äsesucht und verschwitzte

Workouts im Fitnesscenter. Sie verrät aber auch Trivialitäten, dass sie nicht still sitzen kann, dass man viel Wasser trinken und immer seine Exkremente in der Kloschüssel überprüfen sollte. Manche ihrer Ansichten sind reichlich abstrus. Zum Beispiel ihr Make-up-Fimmel: So darf ihre Visagistin erst an ihre Haut ran, wenn der Star den Lunch verputzt hat. «Denn sobald ich zwei, drei Bissen ­gegessen habe, verändert sich meine Haut.» Eine andere Sache ist die mit den verplanten Sonntagen. Am Tag der Ruhe empfängt die Schauspielerin grundsätzlich keine Besucher. Warum? «Weil ich in der Küche stehe und das Essen für die kommende Woche präpariere. Diese Aufgabe nehme ich extrem ernst. Denn nur dank dem richtigen Essen fühle ich mich gut.» Mit Deos steht die Schauspielerin auch auf Kriegsfuss: Sie hält sie für unnötig und sagt: «Ich habe seit rund 20 Jahren keines mehr benutzt.» Am seltsamsten ist aber ihr Vortrag zum Thema Schamhaare, den sie in «The Body Book» zum Besten gibt. So warnt sie vehement vor Laser-Behandlungen, stattdessen sollten die Frauen von heute lieber zu ihren haarigen Dreiecken ­stehen.

THE OTHER WOMAN | 20th Century Fox

Schlagkräftiges Duo: Cruise und Diaz.

Sex ist definitiv ihr Lieblingssport Ihre Fitness-Philosophie ist schnell zusammengefasst. «Mein Jungbrunnen setzt sich aus Sport, gesunder Diät, Lachen und viel Sex zusammen», sagt sie und ergänzt. «Sex ist gesund, er ist natürlich, dafür sind wir hier. Sex ist definitiv mein Lieblingssport. Ich bin immer in Stimmung …» Das klingt nach einem Vamp. Doch Cameron stört das nicht. Sie sieht sich als «sexuelles ­Wesen» und verhält sich dementsprechend. «Ich liebe das Physische. Ich will meinen Kerl berühren. Und zwar immer und überall. Das ist keine Option, das ist ein Muss.» Die Schauspielerin hat sich schon die

Drei Frauen sinnen auf Rache – Cameron Diaz, Leslie Mann und Kate Upton in «The Other Woman».

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THE COUNSELOR | 20th Century Fox

CULTURE

Matratze mit Justin Timberlake, Jared Leto oder Matt Dillon geteilt. Dass Showbiz-Paare sich oft in unterschiedlichen Zeitzonen aufhalten, empfand sie nie als Last. Schliesslich gäbe es Flugzeuge. «Ich kann gar nicht aufzählen, wie oft ich der Liebe wegen über den Wolken war», sagt sie und flüstert dann: «Ich reise im­mer irgendeinem Penis hinterher.» Dass trotzdem keine ihrer Beziehungen lange gehalten hat, sieht die Schauspielerin nicht als Nachteil. «Ich bin dankbar für jeden Lover. Das bedeutet, ich habe gelebt.» Mittlerweile ist sie mit sich selbst im Reinen. Findet sich innen und ­aussen schön. «Ich mag mich so, wie ich bin. Und ich weiss, was ich will und wie ich es bekomme. Das ist befreiend.» Sie hat – angeblich – auch keine Angst mehr vor dem Altern. «Nehmen wir Helen Mirren als Beispiel. Sie hat mit ihren 65 die interessanteste Karriere in Hollywood …» Wer die 40 überschritten hat, den löchern Reporter mit der Kinderwunschfrage. Sie sagt bissig dazu: «Wenn ich Kinder wollte, dann hätte ich schon längst welche.» Offiziell hat sie derzeit keinen Mann an ihrer Seite. Eine Frau übrigens auch nicht. Denn Cameron sagt: «Ich denke, dass sich alle Frauen einmal von einer anderen Frau angezogen fühlen. Das ist ganz natürlich.» Treue? ­Davon hält sie ebenfalls wenig. «Ich weiss nicht, ob überhaupt jemand von Natur aus monogam ist», fragt sie sich. «Wir haben alle die gleichen Instinkte wie Tiere.» Sie mag in «Shrek» einer Prinzessin Leben eingehaucht haben, romantisch scheint die Schauspielerin privat allerdings nicht zu sein. Sie mag das Neandertalerprinzip: «Zieh mir eine über mit deiner Keule und wirf mich über deine Schulter. Du Mann, ich Frau.» Mit ihrer Direktheit können nicht alle

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GAMBIT | Ascot Elite

In «The Counselor» hat die Schauspielerin Sex mit einem Auto: das ist eine Kinopremiere.

Unnötiges Remake: Colin Firth und Cameron Diaz in «Gambit».

Jungs umgehen. Ihre eher männliche Einstellung scheint mit ihrer Kindheit zusammenzuhängen. Ihr Vater hätte anscheinend lieber Söhne gehabt: Darum schickte er seine Töchter Cameron und Chimene immer zum Sport. «Wir waren wild und hatten ständig aufgeschlagene Knie», erinnert sich die Schauspielerin. Ihre Kindheit unter der Sonne Kaliforniens war unbeschwert. Da ihre Eltern nicht viel Geld besassen, standen teure Ferientrips nie zur Debatte. Stattdessen reisten sie jeweils in ihrem VW-Bus in den Norden, um dort zu wandern und zu fischen. Immerhin: Als Teenagergirl ging auch

«Ich bin sehr glücklich mit meinem kleinen Busen.» sie gerne Shoppen. Heute ist das anders. «In meinem Job spielt Mode zwar eine grosse Rolle, doch ich ­finde das ermüdend. Es kostet ungeheure Kraft, sich ständig umzuziehen. Deshalb trage ich privat am liebsten immer das Gleiche, manchmal eine Woche lang.»


CULTURE

Als Teenie ein international gefragtes Model Mit ihrer Grösse, den blonden Haaren und den blauen Augen war sie schon damals der Star auf dem Schulhof. Ihre kubanische Abstammung sieht man ihr nicht an. «Ich spreche leider kein Spanisch», gibt Cameron zu. «Das hängt damit zusammen, dass wir nie in einem Latinoviertel gewohnt haben. Ich wuchs am Strand in Southern California auf, als typisches All-American-Girl.» Nachdem sie 1989 von einem Fotografen auf einer Party entdeckt worden war, ging es Schlag auf Schlag. Die 16-Jährige bekam schon eine Woche später einen Vertrag bei der exklusiven Agentur Elite Models. In den folgenden fünf Jahren liess sie sich in Japan, Australien, Mexiko, Marokko und Paris fotografieren – mit der Erlaubnis ihrer Eltern. Die Reisen festigten ihr Selbstbewusstsein. Doch wie viele andere Teenager übertrieb sie es bisweilen beim Partymachen: Als 18-Jährige wurde sie in Australien mit einer Alkoholvergiftung ins Krankenhaus eingeliefert. Nach diversen Jobs für Coca Cola, Calvin Klein oder die Vogue kehrte sie in die USA zurück und schloss die High School ab – übrigens zusammen mit Rapper Snoop Dogg. Dann lockte das Kino: Ohne jegliche Schauspielerfahrung bewarb sich die 21-Jährige für die Rolle einer

Sexbombe im Special-Effects-Spektakel «The Mask». Weil den Produzenten jemand vorschwebte, der fast schon übersexy aussah, legte man ihr nahe, sich den Busen vergrössern zu lassen. Cameron lehnte ab, versprach aber, ihre Brüste mithilfe von Push-up-BHs und Einlagen voluminöser zu gestalten. Das hat funktioniert. Als laszive Nachtklubsängerin verkörperte sie in dem Hitfilm glaub-

«Die Schauspielerei ist ein brutales Geschäft.» haft den unerreichbaren Traum von Jim Carrey, bis dieser dank einer geheimnisvollen Maske vom erfolglosen Bankangestellten zum unverwundbaren Superhelden mutiert. Und diesem knallt die Kinnlade – im wahrsten Sinne – bis auf die Tischplatte, als er sexy Cameron singen hört. Der Film machte sie über Nacht bekannt. Und schon vier Jahre später gelang ihr mit «There's Something About Mary» der Einstieg in die Oberliga Hollywoods. Heute gehört Cameron Diaz mit Julia Roberts und Nicole Kidman zu den teuersten Schauspielerinnen der Traumfabrik. Sie kassiert 20 Mio. Dollar Gage pro Film und seit 2009 bestätigt ein Stern auf dem Walk of Fame ihren Ruhm. Wie sie an neue Projekte rangeht, ist allerdings etwas seltsam. So verrät die Schauspielerin, dass sie Drehbücher so gut wie nie zu Ende liest. Ausserdem sei es ihr wichtig, dass die Filme chronologisch gedreht werden? «Weil ich sonst Probleme damit habe, sie zu verstehen», gibt Cameron zu.

SHREK | Paramount Pictures

Was empfindet die Schauspielerin, wenn sie sich an ihren ersten Film erinnert? «Ich hätte nie gedacht, dass ‹The Mask› so ein Erfolg werden würde. Danach hat man mir allerdings nur Rol­len in unheimlich dämlichen Soft-Pornos angeboten – die sahen mich halt als die grosse Blonde mit den langen Beinen und den prallen Brüsten.» Doch sie war sich für solche Parts zu schade und drehte stattdessen ein paar Indie-Streifen – wie «The Last Supper», «Feeling Minnesota» oder «A Life Less Ordinary». Heute ist ihr Status in Hollywood gefestigt. Zickenkrieg sei in der Branche eine Seltenheit, ­ eher unterstütze man sich gegenseitig. Ihre engsten Freundinnen sind die Schauspielerinnen Drew Barrymore, Reese Witherspoon und Gwyneth Paltrow. Cameron ist der Meinung, es gäbe genug Arbeit für jede von ihnen. «Ich bekomme zum Die grünste Prinzessin der Welt: Fiona aus «Shrek».

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CULTURE

Beispiel nicht die gleichen Rollen wie Drew an­ geboten und wir wollen auch nicht dasselbe machen.» Weiss eine von ihnen mal nicht weiter, fragt diese dann eine ihrer Freundinnen an. «Wir Schauspielerinnen sind da nicht anders als andere Frauen …»

«Ich reise immer irgend einem Penis hinterher.» Schönheit reicht nicht, Talent zählt auch Dem Film-Business und seinen ungeschriebenen Gesetzen steht sie kritisch gegenüber. Cameron Diaz beschönigt nichts und sagt: «Die Schauspielerei ist ein brutales Geschäft – vor allem für Newcomer. Hollywood verlangt nach Jugendlichkeit und Schönheit. Mit diesen Attributen kann man zwei, drei Filme lang überleben. Danach muss man aber als Schauspielerin was drauf haben …» Obwohl sie selbst gerne Ausflüge ins Charakterfach unternimmt («My Sister’s Keeper», «Vanilla Sky», «Gangs of New York»), sehen die Fans sie am liebsten in spritzigen Komödien wie «Charlie’s

Frauenpower ist ihr wichtig. Darum drehte Cameron die drei «Charlie’s Angels»-Streifen mit Drew Barrymore und Lucy Liu. Aktuell ist sie in «The Other Woman» zu sehen: In der Komödie werden drei Frauen (Diaz, Leslie Mann und Kate Upton) vom selben Mann (Nikolaj CosterWaldau) betrogen. Doch dann üben die drei Ladies gemeinsam Rache. Cameron Diaz’ Modelkarriere startete mit 16. Sie arbeitete fünf Jahre für die renommierte Agentur Elite. Dort waren beziehungsweise sind auch Superstars wie Cindy Crawford, Gisele Bündchen, Linda Evangelista, Lara Stone oder Alessandra Ambrosio unter Vertrag

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Angels», «What Happens in Vegas» oder «Bad Teacher». Die Rolle in letzterem Film ist am nächsten dran an der echten Cameron. Fluchen, Kiffen, Rülpsen – das alles sei doch normal. Dass sie das wirklich so meint, bewies sie in mehreren TVShows, wo sie auf Kommando in Richtung Kamera rülpste. Ladylike? Ganz sicher nicht. Der Schauspielerin ist das egal, sie geht noch weiter und sagt: «Frauen haben sich schon immer schlimmer als Männer benommen. Und wenn ich Kumpels von mir erzähle, was unsere Gesprächsthemen untereinander sind, winken die entsetzt ab: Die wollen das lieber nicht hören …»


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WATCHES & JEWELLERY

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RETROSPEKTIVE BASELWORLD 2014 Von A bis Z

118 UHRENGESCHICHTE Marine-Chronometer des 19. Jahrhunderts 122 CHARLES TIFFANY Kein Frühstück bei Tiffany & Co 127 HANS STERN Vom Musiker zum Edelsteinkönig 130 DIE RAKETEN-UHR Der Weltraum am Handgelenk 134 PRESTIGE PRESENTS Clockwork 146 NEUES AUS DER UHREN- & SCHMUCKWELT Glänzendes für Kidman und teure Naturperlen

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RETROSPEKTIVE

BASELWORLD

2014 VON A BIS Z

Retrolook ist en vogue. Exaltierte Outfits sind auf dem Rückzug. Neue Farben bei Zifferblättern und Armbändern sowie beschichtete Gehäuse sind auf dem Vormarsch. Gisbert L. Brunner

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ach dem Betreten der feudalen Halle 1 der Baselworld verharrten viele Besucher vor dem neuen, weissen Glaspalast von Patek Philippe. Dass ihn manch einer «Apple Store» taufte, nahm Präsident Thierry Stern gelassen hin. Immerhin hatte sein Faible für ausgefeiltes ­Design im Jahr des 175. Geburtstages zu diesem bemerkenswerten Messeauftritt geführt. Ein echtes Highlight fürwahr im Umfeld einer 2014 eher durchwachsen anmutenden Veranstaltung. Die Branche wirkt etwas verhalten angesichts der etwas ungewissen Situation in China. Der wichtige Wachstumsmarkt ist alles andere als stabil. Andererseits bauen viele Geschäftspläne auf die Exporte ins grosse Reich der Mitte, wo mehr und mehr wohlhabende Bürger nach westlichem Luxus und hier oftmals nach feinen Uhren gieren. Dementsprechend entwickeln sich auch die Kollektionen. Fast überall finden sich Armbanduhren von schlichterer und eleganterer Gestalt, ausgeführt in ge­ ringeren Dimensionen. Exaltierte Outfits befinden sich auf dem Rückzug. Im Trend sind neue Farben bei den Zifferblättern und Armbändern sowie beschichtete Gehäuse. Gleiches gilt für den ausgeprägten Retrolook, der klassische Designs aus den 1950er- bis 1970er-Jahren aufgreift. Wer in Basel auf viele neue Uhrwerke gehofft hatte, wurde ein wenig enttäuscht. Hier hielt sich die Auswahl in relativ engen Grenzen. Gleichwohl gab es jede Menge Spannendes und Erstrebenswertes zu sehen. Ganz nach dem Motto, dass die kostbare Zeit niemals stehen bleibt und die Show unter allen Umständen weitergehen muss.

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BREGUET Breguet, Erfinder des Tourbillons, stellt den Drehgang zur Kompensation präzisionshemmender Schwerkrafteinflüsse bei der neuen Referenz 3797 sehr prominent zur Schau. Der klassisch ausgeführte Käfig mit dreiarmigem Sekundenzeiger dreht ein Mal pro Minute zwischen zwei filigranen Brücken. Beim Ablesen der kleinsten Zeitabschnitte hilft ein skaliertes Kreissegment ganz im «Süden» des handguillochierten Zifferblatts. Der Gangregler präsentiert sich sehr konventionell: Hemmung mit lateralem Stahlanker und eingelackten Paletten, Unruh mit Gewichtsschrauben und klassische Breguetspirale mit hochgebogener Endkurve, Frequenz 2,5 Hertz. Eine weitere Komplikation des Manufakturhandaufzugskalibers 558QP2 besteht im ewigen Kalender. Sein Datumsanzeiger springt jeden Tag blitzartig eine Position weiter und am Ende des Monats wieder zum Ausgangspunkt seiner Wanderschaft zurückzukehren. Die beiden Zeiger für Wochentag und Monat springen ebenfalls, drehen aber beständig im Kreis. Mitten im Monatskreis hat Breguet die Schaltjahresanzeige positioniert. Der Saphirglasring mit Stundenindexierung hebt sich nach vorne vom Metallzifferblatt ab. Das 41-Millimeter-Gehäuse in typischem Breguet-Stil besteht aus 18-karätigem Rotgold.

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BULGARI Seit 2014 versteht sich Bulgari auch auf die ultraflache Bauweise von Uhrwerken. Bester Beweis ist neben einem nur 1,95 Millimeter hohen Tourbillonkaliber auch ein klassisches Handaufzugswerk namens «BVL 128». Bei ­36 Millimetern Durchmesser baut diese tickende Mechanik nur 2,23 Millimeter hoch. Seine Unruh mit Flachspirale vollzieht stündlich 28’800 Halbschwingungen. Durch die besondere Konstruktion dreht der Sekundenzeiger seine Runden am Zifferblatt zwischen «7» und «8». Die Gesamthöhe der mit Platingehäuse gelieferten «Finissiomo» liegt bei bemerkenswerten fünf Millimetern. Auf der Rückseite des Manufakturwerks stellt eine Gangreserveanzeige dar, wie viele der nach Vollaufzug verfügbaren 70 Stunden noch verbleiben.

Die Geschichte des «Navitimer» von Breitling startete mit seinem Debüt im Jahre 1952. Seitdem avancierte die Instrumentenuhr mit intelligenter Rechenscheibe zu einer echten Chronografenlegende. Der Grund: Im Vor-GPS-Zeitalter erleichterte sie Piloten den schwierigen Job der Koordination von Zeit und Navigation. Während der Baselworld stellte das Familienunternehmen mit Produktionsstätten in Grenchen und La Chauxde-Fonds eine neue, 48 Millimeter grosse Stahlversion mit der Manufakturautomatik B04 vor. Dieses durchdachte, in jedem Fall chronometerzertifizierte Uhrwerk mit Rotoraufzug besitzt neben dem integrierten Stoppmechanismus auch zwei Stundenzeiger. Jener, der das Zifferblatt ein Mal in zwölf Stunden umrundet, lässt sich nach dem Eintreffen in einer anderen Zeitzone über die gezogene Krone ohne Veränderung des Minutenzeigers leicht auf die dann herrschende Lokalzeit umstellen. Der 24-Stundenzeiger mit roter Pfeilspitze bewahrt unterdessen ebenfalls unbeeinflusst die Zeit am Heimatort. Das hilft, zur passenden Zeit daheim anzurufen.

BREITLING

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CHOPARD Die neue L.U.C 1963 von Chopard wird vor Verlassen der Manufaktur gleich doppelt auf ihre Ganggenauigkeit gecheckt. Zuerst hat das Werk 15 Tage bei der COSC verbracht, zum Schluss muss das ganze Objekt seine Präzision nach den Vorgaben des Genfer Siegels unter Beweis stellen. Dabei wird die Zeigerstellung zu Beginn und am Schluss der siebentägigen Prüfperiode dokumentiert. Die Gangabweichung darf hier nicht mehr als eine Minute betragen. Das Manufakturhandaufzugswerk Uhrwerk L.U.C 63.01-L misst stolze 38 Millimeter bei 5,5 Millimeter Bauhöhe. Die Unruhfrequenz liegt bei zeitgemässen vier Hertz. Nach Vollaufzug stehen 60 Stunden Gangautonomie zur Verfügung. Das Verstellen des Rückerzeigers obliegt einer Schwanenhalsfeinregulierung. Chopard liefert die L.U.C 1963 in Roségold oder Platin. In beiden Fällen misst das ­Gehäuse 44 Millimeter, erfolgt eine Limitierung auf 50 Exemplare. Die Wasserdichte reicht bis fünf bar Druck.


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CARL F. BUCHERER Tiefgang ist für die neue «Patravi ScubaTec» von Carl F. Bucherer kein Thema. Tauchgänge bis zu 500 Metern Tiefe machen dem stählernen Unterwasserboliden mit Heliumventil nicht das Geringste aus. Seine Drehlünette aus Edelstahl und Keramik lässt sich, wie bei diesem Typus Zeitmesser aus Sicherheitsgründen verpflichtend, nur entgegen dem Uhrzeigersinn ver­ stellen. Auch die Ausstattung mit Superluminova ist bei echten Taucheruhren Pflicht, da selbst bei widrigen Sichtverhältnissen eine Ablesbarkeit aus 25 Zentimetern Entfernung gewährleistet werden muss. Zifferblatt und Zeiger schützt ein knapp vier Millimeter dickes ­Saphirglas. Um die unter Wasser immer besonders kostbare Zeit kümmert sich ein Automatikwerk vom Kaliber Eta 2824-A2.

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CHRONOSWISS Von München ist Chronoswiss nun ins male­ rische Luzern umgezogen. Der Newcomer des Jahres 2014 heisst «Timemaster Chronograph Skeleton». Wie der Name andeutet, gibt sich dieser Stopper vorderseitig sehr offenherzig, was tiefe Einblicke ins mechanische Innenleben gestattet. Adäquaten Schutz bis zehn bar Druck bietet ihm ein Edelstahlgehäuse mit DLC-beschichtetem Glasrand, Durchmesser 44 Millimeter, gefertigt aus nicht weniger als 52 Komponenten. DLC, ausgeschrieben Diamond Like Carbon, verspricht besondere Härte und Abriebfestigkeit. Diese Lünette trägt eine nachtleuchtende 5-Minuten-Teilung mit SuperLuminova-Inlays. Das verbaute Basiswerk mit Rotorselbstaufzug ist eine alte und deshalb zuverlässige Bekannte. Vom 1973 lancierten Ahnen ­namens «Valjoux 7750» kündet die senkrechte Anordnung der beiden Totalisatoren. Die Anzeige des Datums übernimmt ein kleiner Zeiger bei der «3». Das bringt die gewünschte Symmetrie.

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DRIVESTYLE 149 IN KÖNIGLICHEN SPHÄREN Porsche meets Marrakesch 154 ICH FAHRE MIT … Jaguar XJ Ultimate 162 15 FRAGEN AN … Jürgen Vogel 164 HEISSE ZWEIRÄDER You might like this bike 172 BLEIBT HEMMUNGSLOS! Mamma Mia, Maserati wird 100! 176 RIVA Schwimmende Luxussuiten

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DRIVE STYLE

IN KÖNIGLICHEN

SPHAREN Marrakesch erfüllt mit seinen Königspalästen, Marktplätzen und dem Flair von Tausendundeine Nacht in Sachen Einzigartigkeit höchste Ansprüche. Gleiches gilt für den Sportwagenhersteller Porsche, der in der marokkanischen Königsstadt mit seinem neusten Juwel, dem Macan, Hof hält. Thomas Borowski

Porsche AG

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DRIVE STYLE

A

venue Bab Jdid, Marrakesch: Diese Adresse kommt Marokko-­ Kennern mit einem Lächeln über die Lippen. Denn hinter der schmiede­ eisernen und von livrierten Wächtern behüteten Toren an der dicht befahrenen Avenue Bab Jdid versteckt sich eine der grossen Hotel­ legenden: das La Mamounia. Seit ihrer Eröffnung im Jahre 1923 gehört die Grande Dame unter den Hotels von Marrakesch zu den Top-Reise­ unterkünften dieser Welt. Der englische Premier Winston Churchill schwärmte 1943 in Gegenwart des amerikanischen Präsidenten Franklin D. Roosevelt über das im marokkanischen Palaststil erbaute Hotel und sagte: «It is the most lovely spot in the whole world.» Dem muss auch 70 Jahre später nichts beigefügt werden.

Dass diese Hotelperle heute noch glänzt, verdankt sie einer dreijährigen und rund 120 Millionen Euro teuren Totalrenovierung, die im September 2009­ mit einem pompösen Fest endete und die 136 Gästezimmer, 71 Suiten sowie drei Luxus-Riads für gehobene Ansprüche in neuem Licht erstrahlen liess. Seither zählt das La Mamounia neben dem Oriental in Bangkok, dem Raffles in Singapur, dem Ritz in Paris oder dem Bauer in Venedig wieder zu den Grossen seiner Klasse. Und wie es sich für ein Traditionshaus gehört, bildet das gediegene Fünfsternehotel in Marrakesch zahlreichen Stars und Sternchen den gebührenden Rahmen für viel beachtete Auftritte. Das weiss auch ein Traditionsunternehmen wie Porsche zu schätzen – und wählt das La Mamounia und seine orientalische Umgebung als Präsentationsort für den neusten Zuwachs im Fuhrpark der Stuttgarter Automarke: den Porsche Macan.

Für Einsteiger in die Porsche-Welt «Der neue Macan ist der Sportwagen unter den kompakten SUV, ausgestattet mit allen Porsche-Genen setzt er Massstäbe in Fahrdynamik und Fahrspass und das sowohl auf befestigten Strassen als auch auch im Gelände», präsentiert Stephan Altrichter, Geschäftsführer der Porsche Schweiz AG, die Markenneuheit in Marokko und weist gleich auch darauf hin, welchen Stellenwert der Macan als neue Porsche-Baureihe innehat. Eigens für deren Produktion hat die Sportwagenschmiede ihr Werk in Leipzig mit einem Investitionsvolumen von mehr als 500 Millionen Euro ausgebaut und erweitert. Wo bereits der grosse SUV Cayenne und die viertürige Sportlimousine Panamera vom Band rollen, werden nun jährlich auch noch bis zu 50’000 Macan gefertigt. Ähnlich wie bei den Investitionen ins Luxushotel La Mamounia, die sich mit zufriedenen Gästen und einer hohen Reputation im internationalen Gastgewerbe ausbezahlen, glaubt auch Porsche an die rosige Zukunft des jüngsten Sportwagensprosses und seinen baldigen Stellenwert im internationalen ­Autogeschäft, wie Stephan Altrichter erläutert: «Der neue Macan wird Porsche weltweit einen starken Wachstumsschub verpassen und sich als neue Möglichkeit für den Einstieg in die Porsche-Welt anbieten.»

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DRIVE STYLE

Uns gefällt bereits der Einstieg in den Macan auf dem weitläufigen Vorplatz des La Mamounia vorzüglich, auch wenn er nur temporär ist. Bewacht von den in weissen Uniformen und purpur-samtenen Umhängen gekleideten Portiers des Edelhotels machen wir es uns in den komfortablen Polstern des knapp 4,7 Meter langen und gut 1,9 Meter breiten SUV bequem. Das mit viel Leder und dezentem Chrom ausgeschlagene Interieur steht dem teilweise handgeschnitzten Innendesign des Luxushotels in nichts nach, im Gegenteil: Wie es sich für einen echten Porsche gehört, sind auch im mindestens 76’100 Franken teuren Macan jegliche Ausstattungswünsche gegen Aufpreis er­ hältlich, wie die Markenverantwortlichen erklären: «Grundsätzlich gilt, dass allein die Kreativität und Individualität des Kunden festlegt, wie individuell der Macan gestaltet wird – vorausgesetzt, es ist technisch und qualitativ umsetzbar. Unter dem Signet von Porsche Exclusive und Tequipment entstehen so oftmals Fahrzeuge, die auf der Welt kein zweites Mal existieren.»

Fahren in grösster Entspanntheit Vielfalt ist auch das Schlagwort für das breite Angebot in den unzähligen Läden und Verkaufsständen der nahen Medina von Marrakesch, nur fünf Minuten Fussmarsch vom La Mamounia entfernt. Hier, in den Souks der Altstadt, begegnet man auf Schritt und Tritt kostbaren Preziosen: Filigraner Silberschmuck, kunstvoll von Hand gewebte KelimTeppiche, vielfarbige Lederwaren und kunstvolles Schnitzwerk aus Holz oder Stein bilden nur die Spitze dieses riesigen Berges von Angeboten. Kaum ein paar Schritte kommt man vorwärts und schon wieder bleibt man bei der nächsten schönen Auslage stehen. Wer hier, ohne einen

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DRIVE STYLE

­ inkauf zu tätigen, durchkommt, dem zollen wir E allen Respekt. Eine kleine Erholung findet man auf den schönen Dachterrassen und -cafés rund u ­m den Djemaa el Fna. Der zentrale Marktplatz war bereits im Mittelalter der lokale Markt- und Henkersplatz, auch heute noch trifft man sich hier ­vornehmlich für Spektakel. Tagsüber bieten orien­ talische Geschichtenerzähler, Gaukler und Schlangenbeschwörer ihre Künste feil, während am Abend unzählige Garküchen dem Platz seine ganz besondere Atmosphäre verleihen. Das ganze Flair von Tausendundeine Nacht der Altstadt von Marrakesch lassen wir nun aber links liegen und fahren mit dem Porsche Macan aus den roten Stadtmauern Richtung Süden. Der hecktische Verkehr mit vielen Autos, Motorrädern und zahlreichen Eselskarren betrachten wir gelassen aus der erhöhten, SUV-typischen Sitzposition. Und dank den zahlreichen Sicherheitssystemen an Bord fühlen wir uns im Macan auch in noch so

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hektischen Verkehrssituationen gut aufgehoben. Als am Horizont die eingeschneiten Spitzen des Atlasgebirges immer näher rücken und nur noch wenige Verkehrsteilnehmer die breit asphaltierte Strasse Richtung Tahanoute bevölkern, haben wir erstmals Zeit, die sportlichen Gene des Kompaktsportlers zu testen. Und wir werden nicht enttäuscht. Der Macan erweist sich in allen drei verfügbaren Motorisierungen mit 258 PS (Macan S Diesel), 340 PS (Macan S) oder 400 PS (Macan Turbo) aus sechs Zylindern tatsächlich als echter Sportler, den Porsche versprochen hat. Die direkt vom 911 abgeleitete Fahrwerktechnologie trägt ihren Teil zur satten Strassenlage und dem bestechenden Kurvenverhalten bei.Spätestens in der Steinwüste von Agafay vor den Toren Marrakeschs macht der sportliche «Alleskönner für Strasse und Gelände» seiner Bezeichnung alle Ehre. Sein Allradantrieb und das Porsche Torque Vectoring Plus sorgen im Macan für eine variable Verteilung des Antriebsmomentes auf alle vier Räder, während die optionale Luftfederung noch so starke Unebenheiten der Fahrbahn ausbügelt. Entsprechend entspannt durchqueren wir die Wüste, umkurven die am Strassenrand spazierenden Kamele und andere Hindernisse sicher und gelangen in grösster Entspanntheit wieder zurück zu unserer exklusiven Ausgangsstation.Avenue Bab Jdid, Marrakesch, zeigt das Navigationssystem im neuen Porsche SUV an und beinahe fällt es uns schwer, den Macan hier einfach so stehen zu lassen und wieder in die FünfSterne-Herberge La Mamounia einzukehren. Aber eben nur beinahe!


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183 FOR SHOE LOVERS Fallin' in Love with Giuseppe Zanotti

FASHION

190 EIN BRAVES KROKODIL WIRD VORLAUT Streetart-Künstler Zoer 196 SUMMERTIME – BEACHWEAR-TIME The History of TA-BOU 200 SIMON PORTE JACQUEMUS Sommer, Sonne, Softeis 201 LET’S GO FASHION Bubikragen und Colourblocking 202 PRESTIGE PRESENTS Sonnenzeit 213 WUSSTEN SIE SCHON…? Von Roter Oktober bis Pelz

ARUNA SETH

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FASHION

FALLIN’ IN LOVE WITH

GIUSEPPE ZANOTTI FOR SHOE LOVERS In einem Land wie Italien, der Wiege der Mode und des exquisiten Geschmacks, der Schuh-Künstler und kreativen Zauberköpfe, einen Thron auf dem Olymp der Fashion-Gottheiten sein Eigen nennen zu können, ist ungefähr so, wie mit Eskimos oder Poseidon Jahrzehntverträge für Eis und Wasser zu unterzeichnen. Mode und Schuhe gibt es in Italien wie Sand am Meer. Und doch glitzert in der Menge eines der Sandkörner heller und strahlender als all die anderen, wie zum Beispiel Giuseppe Zanotti. Helena Ugrenovic

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FASHION

«G

ib einem Mädchen die richtigen Schuhe und sie wird die Welt erobern.» Um Marilyn Monroes Zitat zu vervollständigen, ist es der Schuh-Designer, der das Herz des Mädchens oder aller Mädchen erobern wird. Wenn besagter Schuh-Designer noch dazu ein «Frauen-Fuss-was-sie-will-Versteher» ist, kann er sich hingebungsvoller Liebe bis in alle Ewigkeiten sicher sein. Als ich ihn das erste Mal sah, traf es mich wie der Blitz, ich sah tanzende Punkte und spürte Schwingungen, die mein Herz schneller schlagen liessen. Fasziniert boxte ich mich durch die Menge der Vernissage-Gäste, ohne ihn aus den Augen zu lassen, bis ich direkt vor ihm stand und ihn andächtig bestaunte. «Alles okay?» Irritiert wich meine Bekannte einen Schritt zurück. Stumm nickte ich, bückte mich und betrachtete ihn verzückt. Den weissen Sneaker mit der goldenen Platte an der Rückseite, der den Raum mit all seiner Fashion dominierte. Eine Kombination aus Sexyness, Eleganz, sportlicher Leichtigkeit und dem gewissen, knackigen Etwas. Es war Liebe auf den ersten Blick.

Pure Energie «Man sollte nie die Kraft eines Schuhs unterschätzen. Frauen spüren die Vibrationen, die von ihm ausgehen, sie spüren die Kraft. Sie fühlen sich sexy, cool, wild, sie fühlen sich unglaublich. Schuhe verändern deinen ganzen Körper», erklärt Giuseppe Zanotti, «und wenn du läufst, machen sie dich stärker und aggressiver, so wie ein Panther. Frauen tragen etwas Animalisches in sich und mit Absätzen – oh Gott, ich höre mich an wie ein Psychologe –, kann ich den Panther im Innern einer Frau erobern und dann, boom, verleihe ich ihr Power!»

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FASHION

Es war einmal … … in der Nähe von Rimini, in dessen Umgebung es von Schuh-Designern nur so wimmelt und Giuseppe Zanotti als DJ arbeitet. «Fashion war für meine Mutter und meine drei Schwestern natürlich ein sehr wichtiges Thema.» Jedoch ist das nicht unbedingt die Karriere, die der Familie, die im Gastgewerbe agiert, für den Sohn vorschwebt und sein traditionsgeprägter Vater fragt enttäuscht, warum ausgerechnet die Modewelt, in der alle Designer schwul sind? Doch Giuseppe Zanotti hält an seinem Wunsch fest und verschreibt sich mit 18 Jahren dieser Branche. Während sich in seiner Heimatstadt Schuhgeschäft an Schuhgeschäft reiht, stellt er fest, dass schöne und gute Schuhe dennoch Mangelware sind, und beobachtet in Diskotheken die schönsten Mädchen, die die hässlichsten Schuhe tragen.

Aufgehender Stern Er beschliesst, diesen Umstand zu ändern, und arbeitet zwölf Jahre lang als Freelancer für Fashion-Designer wie Valentino, Thierry Mugler, Dior, Roberto Cavalli und Gian Franco Ferré. 1994 stellt er seine erste und gleichnamige Kollektion in

1 Million Dollar Baby

11’000 Diamanten funkeln auf den Giuseppe-Zanotti-Peep-Toes mit Plateau und 13 Zentimeter Stöckel. Die grosse Herausforderung der Angestellten des Luxuslabels «Crystal Heels» bestand darin, beide Schuhe exakt symmetrisch mit den wertvollen 0.03 bis 0.04 Karätern zu bekleben.

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FASHION

New York vor, die einschlägt wie eine Bombe. Die Schuhe passen sich perfekt dem Fuss an, sehen cool aus und sind für dieses Zeitalter sehr modern. «Der technische Teil in der Kreation eines Schuhs nimmt ungefähr 85 Prozent der gesamten Arbeit ein. Wenn man die technische Seite eines Schuhs nicht versteht, kann man keinen Schuh herstellen. Schuhe sind wie ein Universum, mit all den verschiedenen Lederarten, Materialien wie Seide, Samt, Nappa-, Wild- oder Ziegenleder. Es ist ein unglaublich riesiges Universum und man muss zuerst sein Handwerk richtig beherrschen, dann die Geheimnisse des Unternehmens verstehen, mit dem man zusammenarbeitet, und dann, wenn man Glück hat und Leidenschaft besitzt, kann man damit beginnen, seine eigene Geschichte zu schreiben.»

Strahlender Stern In den 1990er-Jahren beflügelt ein japanischer Stil die Modewelt und alle ­Designer eifern ihm nach. Jeder will sowohl die Körper als auch die Sensibilität verdecken. In Giuseppe Zanottis Kopf jedoch schwebt die Idee, die Schönheit der Frau wieder einzuführen und ihre Füsse mit Juwelen zu schmücken. Unermüdlich und mit einer nicht enden wollenden Kreativität erschafft er Jahr um Jahr mehrere Kollektionen, von denen jede die andere übertrifft. Im Jahr 2000 eröffnet er seinen ersten Laden in Mailand. Heute sind es ungefähr 69, quer über den Globus verteilt und Giuseppe Zanotti hat den Sprung in den Schuh-Olymp geschafft. Er ist einer der drei grossen Schuh-Designer neben Louboutin und Blahnik, kooperiert mit aufstrebenden Labels wie Proenza Schuoler, Thakoon, Christopher Kane oder Delfina ­Delettrez und er ist der Liebling der Superstars.

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FASHION

Auf dem Olymp Zwischen Giuseppe Zanottis Kreationen und der Musik schwingt eine besondere Verbindung. Hier verschmelzen Kunst und Mode miteinander und nähren sich gegenseitig. Die Welt der Musik ist von Beginn an eine der wichtigsten Inspirationsquellen Giuseppe Zanottis und die Liste seiner CelebrityFans und Kunden ist lang. JLo, Alicia Keys, Fergie, Pink, Rihanna, Avril Lavigne, Katy Perry, Christina Aguilera, Britney Spears, Lady Gaga und Beyoncé schmücken ihre Füsse während ihren Shows mit seinen Kreationen und besonders Lady Gaga fordert den Designer mit Spezialwünschen heraus. Den definitiven Sprung in den Zenit besiegelt der Gang über den roten Teppich und wenn Stars wie Sandra Bullock, Eva Longoria, Jessica Alba, Adriana Lima, Charlize Theron oder Selena Gomez am Blitzlichtgewitter der Fotografen vorbei in Zanottis zu einer Verleihung schreiten.

Capsule Jubiläums Collection 1994 bis 2014 Zur Feier seines 20-jährigen Jubiläums kreierte Giuseppe Zanotti die «Capsule Collection». Die Kollektion besteht aus vier Einheiten und jede

«Ich hätte eine Megaparty schmeissen oder ein Buch schreiben können, doch das ist einfacher. Es ist mein Leben, das bin ich. Jeder Schuh ist mit einer Erinnerung verbunden. Wenn ich designe, dann träume ich.»

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FASHION

Capsule verkörpert das Erbe sowie den untrüg­ lichen Charakter des Labels und ist die Aufer­ stehung derjenigen Modelle mit dem grössten Kultfaktor sowie den begehrtesten Stücken, vom Meister persönlich ausgewählt. Capsule Nr. 1 «JEWEL» ist eine Hommage an die Verzierungen, die seit jeher ein Bestandteil von Zanottis Krea­ tionen sind. Capsule Nr. 2 «ROCK 'N' ROLL» erscheint im September 2014 und versinnbildlicht das Temperament sowie die Kraft der musi­ kalischen Schwingungen seiner Kollektionen. Capsule Nr. 3 «BLACK STILETTOS» wird im November veröffentlicht und ist eine Variation verschiedenster Themen; der Absatz auf einer Reise durch die Welt der Verführung. Den krönenden Abschluss der limitierten Jubiläumsedition bildet Capsule Nr. 4 «DISCO», die für Februar 2015 geplant ist und in der die Schwingungen eines Clubs und der zeitlose Ausdruck sowie die unerschöpfliche Inspirationsquelle des Designers verarbeitet sind.

Zum Fressen gern

Wir Frauen lieben sie so sehr, dass wir sie manchmal am liebsten aufessen würden. Die Gelegenheit dazu bietet sich durch kreative und künstlerische Zuckerbäcker sowie Zuckerbäckerinnen, die die schönsten Kreationen aus Marzipan herstellen und Geburtstags­ torten damit verzieren.

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WHITE

SUMMER GLOBUS DOLCE & GABBANA

PRADA

LA PERLA

YVES SAINT LAURENT TA-BOU AL CORO DAMIANI SWAROVSKI

KARL LAGERFELD

LOUIS VUITTON LACOSTE

RENA LANGE

BLUEMARINE

NAVYBOOT CHRISTIAN LOUBOUTIN

TWIN-SET

KARE

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215 VERY BRITISH Für alle Sinne

BEAUTY

220 FÜR FASHIONISTAS Beauty & Perfect Styling 222 SPA AUF DEN SEYCHELLEN Ein tropischer Garten für die Schönheit 228 SOMMER, SONNE, SCHUTZ Die neusten Pflegetipps 233 PFLEGETEST Von Textur bis Duft

EAU D’ITALIE

214 | PRESTIGE


BEAUTY

VERY BRITISH

FUR

ALLE

SINNE Alles begann in der Küche. Als die Tochter eines Künstlers und einer Kosmetikerin mit Essenzen und Ingredienzien vor über 20 Jahren zu experimentieren begann, ahnte wohl noch niemand, dass in einer kleinen Londoner Küche der Grundstein für eines der erfolgreichsten Duftlabels gelegt wurde. Valeska Jansen

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it ihrem Job als Kosmetikerin hatte ­Jo Malone grossen Erfolg und doch widmete sie sich eines Tages ihrer grösseren Leidenschaft – den Düften. In ihrer Küche mixte sie ihr erstes Erfolgsprodukt, ein Badeöl. Muskat- und Ingweraromen in einem Fläschchen sollten im Badewasser fortan ihre gesunde und anregende Wirkung zur Geltung bringen. In den Genuss sollten vorerst nur ihre Kosmetikkundinnen kommen, bis es eines Tages eine von ihnen en gros als Gastgeschenk einer Dinnerparty orderte. Malone erinnert sich: «Von den 100 Gästen bestellten 86 nach – und nicht nur eine Flasche.»

Mit Muskatnuss und Ingwer zum Erfolg Die Nachfrage stieg und 1994 eröffnete Malone ihre erste Duft-Boutique in der Londoner Walton Street. Ihre erste Duftkomposition ist bis heute ein Verkaufshit: «Nutmeg & Ginger». Und zum Badeöl gesellten sich in der Zwischenzeit noch ein Cologne plus eine Bodycreme. Ihre Grundidee war, all ihre Düfte, allesamt Unisex, untereinander kombinierbar zu konzipieren. Mit dem «Fragrance Combinig™» sollte jede Frau, jeder Mann die Möglichkeit haben, einen ganz persönlichen Duft selbst zu kreieren.

Das Konzept ihres Geschäfts war damals ungewöhnlich: «Ich wollte eine Atmosphäre schaffen, die an eine Parfum-Bibliothek erinnert, in der die Kunden Produkte kaufen, aber vor allem auch ausprobieren können», erklärt Malone.

Duft auf Haut, Möbeln und Bettwäsche Als sie eines Tages von einem Londoner Partyveranstalter ihren ersten Grossauftrag erhielt, die ­Royal Albert Hall für ein Event zu beduften, war dies ihr endgültiger Durchbruch. «Scent an Event» nannte sie ihre Erfindung. Es war der Auftakt für ihre «Living Colognes», die auf der Haut, auf ­Möbeln und auf Bettwäsche aufgetragen werden können. Heute besteht die Linie aus 35 Produkten mit Sprays, Kerzen und Diffusern.

Umzug in die Nobelmeile Nur fünf Jahre nach ihrer ersten Geschäftseröffnung platzte dank Malones Kreativität der kleine Laden bereits aus allen Nähten und sie musste umziehen. Sie eröffnete in der noblen Sloane Street ihren Flagship Store. Zwischen Boutiquen von Prada, Tod’s, Hackett London, Alberta Ferretti und Tom Ford wollte Malone ihre Kundschaft nicht nur mit einem noch grösseren Sortiment bedienen, sondern auch unterhalten: «Wir hatten einfach nicht mehr genug Platz, um die Produktlinie noch erweitern zu können. Ausserdem wollte ich einen Laden haben, in dem meine Kunden nicht nur einkaufen können, sondern auch unterhalten werden», erklärt Jo Malone.

Magische Hände Eine ihrer Unterhaltungsideen war ein Überbleibsel aus ihrer Zeit als Kosmetikerin, als sie von ihren Kundinnen auch «die Frau mit den magischen Händen» genannt wurde. Jeder Kunde, der ihre Duftboutique betrat, konnte in den Genuss einer Hand und Armmassage mit ihren Produkten kommen. Ihre nächste Erfindung begeisterte ihre Kunden. In einer Box, «Scent Booth», konnte man auf Knopfdruck einzelne Düfte miteinander vermischen und so erschnuppern, welche Duftkombination einem am besten gefällt. Malones Duftentwicklungen sind im Vergleich mit anderen Dufthäusern eher ungewöhnlich und sehr intuitiv: «Das kann der Geruch von Regen sein, der auf einen Ledersattel aufprallt, in Kombination mit einem Pinienbaum, der in der Nähe wächst», sagt sie.

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BEAUTY

Unendlich viele Ideen Es dauerte nicht lange und Malone überraschte in der Sloane Street mit einer neuen kreativen Idee: Sie eröffnete ihre erste «Tasting Bar™». Vom Konzept der Kaffeehäuser und Cocktailbars inspiriert, lud sie ihre Kundschaft ein, nach Lust und Laune zu mixen. So wollte sie ihre Grundidee des «Fragrance Combining™» (Duftkombination) der Kundschaft näher bringen. Jeder konnte nach Lust und Laune Colognes, Bodycremes und Badeöle anmischen, bis die Komposition gefiel. Das Sinneserlebnis der besonderen Art traf auf Begeisterung bei der Klientel und Malone verkaufte jeweils nicht nur ein Produkt, sondern meist mehrere gleichzeitig. Jeder konnte seinen massgeschnei­ derten Duft als echtes Unikat kreieren lassen oder selbst entwerfen.

Alle Düfte Unisex Ungewöhnlich auch, dass jeder Malone-Duft sowohl von Männern, als auch von Frauen getragen werden kann. Malone erzählt: «Besonders beliebt ist bei Männern die würzige Kombination von Amber, Lavendel und ein Hauch von Grapefruit. Ein perfekter Alltagsduft.» Auch die Philosophie der Haus- und Heimbeduftung geht auf. 24 Duftkerzen, 5 Diffuser (Raumbedufter bei denen das Parfum über eingetauchte Holzstäbchen freigesetzt wird), 4 Home Sprays, 2 Linen Sprays (Spray für Bettwäsche) sollen den Raum mit ihrem Duft schmücken. Mit diesem «Scent Surround™»-System können individuelle Stimmungen in die eigenen vier Wände gezaubert werden. Es kann beruhigt, z. B. mit Lavendel, Minze und Jasmin, oder angeregt, z. B. mit Grapefruit und Lime, werden. Malone

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BEAUTY

bezeichnet ihr «Scent Surround» als Kunst im Raum und sie ist überzeugt davon, dass sogar ein Abend mit Gästen positiv mit ihren Duftkombinationen beeinflusst werden kann.

Schenken als Erlebniskunst Oft werden Malones Duftkerzen zum Gastgeschenk und auch hier fährt sie ihre eigene Philosophie: «The Art of Gift Giving» (Die Kunst des Schenkens), ist für sie nicht nur eine schöne Verpackung, sondern das Erlebnis des ­Auspackens. All ihre Produkte wandern deshalb luxuriös und aufwendig ­verpackt über den Verkaufstresen. Cremefarbene Boxen, in schwarzes Seidenpapier gehüllt und eine Geschenktragetasche mit einer schwarzen Ripsschleife sollen bereits beim Enthüllen eine Reise der Sinne eröffnen und zum un­vergesslichen Moment werden. In den heute in ­33 Ländern vertretenen Jo-Malone-Boutiquen und Verkaufsstellen ist dafür der oder die «Jo Malone Gift Concierge™» verantwortlich. Seine Aufgaben sind nicht nur Beratung, Verkauf und Verpackung, er soll vielmehr die Passion der Gründerin und ihre Philosophie vermitteln – der Kauf als sensuelles Gesamtkunstwerk ­ ­sozusagen.

Britische Eleganz gepaart mit Gastfreundschaft Obwohl Malone 2006 ihr Unternehmen an den amerikanischen Kosmetikkonzern Estée Lauder verkaufte, bleibt ihre Philosophie erhalten. Das «Jo Malone Creative Studio» und der Hauptsitz befinden sich nach wie vor in London. Auch einige der von Malone ausgebildeten Mitarbeiter arbeiten nach wie vor für das Unternehmen. Das typisch britische Flair soll so erhalten bleiben. Das traditionelle Handwerk des Parfümeurs, kombiniert mit Innovation und Kreativität und einem hohen Standard haben à la Malone nach wie vor höchste Priorität.

Von der Küche zum Palast Ende 2012 wurde ein neues Headquarter in einem georgianischen Stadthaus am Londoner Gloucester Place eröffnet. «Das ist nicht nur eine neue Zentrale, es ist das Aushängeschild für unsere Marke und verkörpert unseren Sinn für Eleganz und Gastfreundschaft. Wir sind im Herzen eine britische Marke und was passt da besser zu uns als ein georgianisches Gebäude mit seinen ­charaktervollen und Licht durchfluteten Räumen», schwärmt Jean-Guillaume Trottier, Global General Manager Jo Malone. Von der Küche in einen georgianischen Prachtbau mit einem unendlich kreativen Gesamtkonzept, das die Welt der Düfte immer wieder neu erleben lässt. Das war und ist die Welt von Jo Malone.

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LIVING

235 FRIES & ZUMBÜHL Das Schweizer Designerduo 238 PIMP UP YOUR FLAT Von Pastellfarben bis Designklassiker 240 MINIMALISTISCH EINRICHTEN Manchmal ist weniger mehr 244 PRESTIGE PRESENTS Luxusvilla in Brissago 252 DESIGN FÜR’S BEWUSSTSEIN Super-Designer Luigi Colani 258 PRESTIGE PRESENTS Der Bergpalast

KARE

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LIVING

DAS SCHWEIZER

DESIGNERDUO

FRIES & ZUMBÜHL Die unterschiedliche Denk- und Arbeitsweise von Kevin Fries und Jakob Zumbühl ist der Schlüssel für den bereits erlangten Erfolg. Lone K. Halvorsen

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LIVING

D

as Designerduo Fries & Zumbühl hat sich während des Studiums an der ZHdK kennengelernt, als eine scheinbar eher unfreiwillige Zu­ sammenarbeit zustande kam. Die zwei unterschiedlichen Designer – Zumbühl als der analytische Denker und Fries mit seiner eher un­ befangenen Art – haben sich trotz, oder gerade eben, aufgrund dieser charakteristischen Wesensmerkmale einen Namen gemacht. Das Möbeldesign betrachten die beiden noch als die Königsdisziplin des Designs, jedoch auch das Entwerfen von «Kleinigkeiten des Alltags» wie einen Kleiderbügel übt bei den beiden eine Faszination aus.

einen kulturellen Rahmen gebunden sind. Anders ist es bei internationalen, marketinggeladenen Ausrichtungen von Produkten, diese wirken oft austauschbar und erfül­ len vor allem die wirtschaftlichen Interessen der Firmen. Der Ursprung dieser Unternehmen ist jedoch oft in einem kulturellen Rahmen entstanden, der auf das Land Bezug nimmt. Die Produkte werden nur dann auf die Exportlän­ der angepasst, wenn sie sich sonst nicht gut verkaufen lassen. Die innovativen Vorreiter nehmen gerne Bezug auf dessen Herkunft, die «Me-too» Unternehmen passen ihre Formensprache den Vorbildern an und sind dadurch fast austauschbar. Eigenständiges Design ist aus unse­ rer Sicht nonkonformistisch und wird durch den Erfolg zur Konform.

PESTIGE: Schweiz und Design – eine Divergenz oder Synonym?

Wie ergänzen Sie sich gegenseitig?

FRIES & ZUMBÜHL: Synonym.

Was bedeutet die Schweiz für Ihre kreative Ent­ faltung? Unabhängigkeit in der Beschaffung der Rohstoffe, Luxus im Bereich der Technologien, beklemmend hohe Fertigungs­ kosten und grosse Vorbilder aus der eigenen Geschichte.

Wie schätzen Sie den Stellenwert des Schweizer Designs international ein? Sehr hoch, da wir hier in der CH schon eine sehr lange und äusserst stabile und kontinuierliche Designkultur haben. Wir dürfen uns am Design – ähnlich wie die Skandinavier – einer kulturellen Mitgift erfreuen, was international noch heute absolute Gültigkeit besitzt. Schweizer Design steht international für hohe Qualität und absolute Funktionalität in einer minimalen Erscheinung gemäss der Guten Form von Max Bill oder Willy Guhl ab 1950. Dass dies jedoch ­immer noch so der Fall ist wie damals, verdanken wir nicht zuletzt unserem Lande, da es die Schätze der eigenen Kul­ tur hervorragend archiviert und so einem breiten Publikum zugängig macht wie sämtliche Designschulen, die nach wie vor ihren guten Ruf bewahren.

Gibt es eine internationale Formensprache? Dies gibt es so nicht, dank der kulturellen Unterschiede, welche doch Objekte aus asiatischen Ländern anders aussehen lassen als diejenigen aus dem italienischen Norden, wenn es sich dabei um Produkte handelt, die in

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Bei uns bringt jeder ganz unterschiedliche Kompetenzen. Jakob ist gelernter Maschinenzeichner, Kevin als Gegenpol gelernter Dekorationsgestalter. Diese unterschiedliche Denkart ist der Schlüssel unseres Erfolges, da bei jedem Projekt Diskussionen entstehen, wo man diese Unterschiedlichkeit als beflügelnd spüren kann. So bringen wir technische Meisterleistungen in formalen Einklang, gehen behutsam und poetisch mit unseren Res­ sourcen um, was sich in unseren Objekten widerspiegelt.

Bei welchen Objekten spielt die Kreativität die bedeutendste Rolle? Vermutlich bei Accessoires, da ihre Funktion nur begrenzt nötig ist und sie meist eine zweite wichtige Komponente besitzen wie Lifestyle, Humor, Status, Ironie, Poesie oder dann von ganz anderen geschätzten Attributen begleitet werden.

Was beeinflusst SIe bei Ihren Entwürfen? Eine gute Aufgabenstellung, sei es als gestelltes Briefing oder als selbst empfundenes Bedürfnis. Stimmt für uns die Problemstellung, wird das Thema omnipräsent und be­ gleitet uns. Dabei kann für uns alles als Inspirationsquelle dienen, denn nicht die Farben vom marokkanischen Basar oder das Licht der Ägäis gefallen uns besser als die kleinen alltäglichen Momente, die bei genauem Betrachten einen Hinweis geben können. Somit kann uns alles und überall beeinflussen, so lange es noch authentisch unserer De­ signsprache entspricht!


LIVING

Gibt es ein Objekt, auf das Sie besonders stolz sind? Eigentlich finden wir alle unsere Produkte sehr reizvoll, be­ sonders wenn wir sie eben kürzlich entworfen hatten und wir noch frisch verliebt sind.

Tradition und Innovation. Kann man dies in einem Entwurf vereinen? Ja. Dies gelingt immer wieder, wenn geschichtsträchtige Objekte mit bekannten Formelementen und neuen Mate­ rialien oder Herstellungsverfahren gepaart werden, oder aber wenn die Technik im Inneren den innovativen Part darstellt und die Hülle darüber einer anderen Zeit ent­ sprungen scheint.

Was bedeutet Design für Sie? Gegenstände, die beim Gebrauch Freude bereiten in jegli­ cher Hinsicht!!!

Welche Ziele steueren Sie in diesem Jahr an? Den Flagship-store mit unseren Produkten auf dem Mond und einen Professorentitel.

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CULINARIUM

CULINARIUM 267 DIE NEUE Z-KLASSE Kulinarische Entdeckungen in Zeeland 272 THE CIGARMAN OF THE YEAR Küchentalk mit Jörg Slaschek 276 SOMMERLICHE GENÜSSE Von Whiskey bis Barsurfing 278 IT’S ALL ABOUT PLEASURE Passion Champagner 284 KONZENTRIERTE KRÄUTER Renaissance einer Kult-Spirituose 290 KAVIAR Nachhaltiger Genuss 294 WUSSTEN SIE SCHON…? Luxus on the Rocks & teure Zweisamkeit

AVO

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CULINARIUM

DIE NEUE Z-KLASSE KULINARISCHE ENTDECKUNGEN

IN ZEELAND

Jedes Jahr am letzten Donnerstag im März verwandelt sich das kleine Städtchen Zierikzee auf der windzerzausten Insel Schouwen-Duiveland in ein Tollhaus – zumindest für einen Tag. Thomas Hauer

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CULINARIUM

S

chon am frühen Morgen umschwirren Helikopter mit Kamerateams in der angrenzenden Oosterschelde Bucht ein paar unscheinbare, Wimpel geschmückte Bojen, als stünde dort unten jede Sekunde das Auftauchen von Poseidon bevor. Wenig später folgt der Luftaufklärung eine ganze Armada von bis auf den letzten Platz besetzten Muschelkuttern, Schlauchbooten und Ausflugsschiffen. Sogar der Repräsentant des Königs aus Den Haag ist angereist. Das niederländische Frühstücksfernsehen sendet live. In der Provinz Zeeland hat die Hummersaison begonnen.

Hummer aus Skandinavien Tatsächlich war Zierikzee während des Goldenen Zeitalters einer der wichtigsten Umschlagplätze für die edlen Krustentiere. Da es an der Oosterschelde früher aber weder felsige Küsten noch steinigen Meeresboden gab, in dessen Spalten und Hohlräumen die Hummer hätten Schutz finden können, wurden sie damals für den Handel noch ausschliesslich aus Skandinavien importiert. Umso erstaunter waren lokale Fischer als ihnen 1883 der erste Oosterschelde-Hummer ins Netz ging. Aber wo kamen die Tiere plötzlich her? Eine Legende erzählt, ihre Vorfahren stammten von einem im 18. Jahrhundert vor der zeeländischen Küste mitsamt seiner quicklebendigen Fracht gesunkenen norwegischen Schoner ab. In Wahrheit war die Sache aber wohl weitaus weniger romantisch: Vor rund 150 Jahren begann man, den zeelän-

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CULINARIUM

dischen Küstenabschnitt systematisch mit Deichbauten zu verstärken. Dazu wurden riesige Mengen Stein und Geröll ins Wasser gekippt. Ideale Voraussetzungen also für die Ansiedlung von gepanzerten Einwanderern auf der Suche nach einer geeigneten Unterkunft. Da von der Strömung immer wieder Hummerlarven aus der Nordsee in die Oosterschelde gespült wurden, war es nur eine Frage der Zeit, bis sie unter den veränderten Umweltbedingungen schliesslich heimisch werden konnten. Dabei half auch, dass der Salzgehalt der Bucht durch die zeitgleiche Abschottung vom Süsswasserzufluss der Schelde stark angestiegen war. Da nach dem Bau der Flutsperren zwischen Oosterschelde und Nordsee nur noch ein geringer Wasseraustausch stattfand, entwickelten die Neu­ ankömmlinge in den nächsten Jahrzehnten ein eigenständiges DNA-Profil, das es so nur beim ­ Oosterschelde-Hummer gibt. Da in kalten Wintern bis heute ein Grossteil der Tiere eingeht, wurde der Genpool immer wieder neu aus den kräftigsten und stärksten Exemplaren aufgebaut. Das sieht und schmeckt man.

Im Frühsommer ist Fangzeit Frei nach Asterix und Obelix könnte man ob dieser Szenen vermuten: die spinnen, diese Zee­ länder. So viel Aufhebens wegen ein bisschen Hummer? Allerdings halten nicht wenige Krustentierfans den Osterscheldekreeft seinem engsten Anverwandten, dem Hommarus Gammarus mit seinem charakteristischen blau bis violett-schwarzen Kleid, tatsächlich für geschmacklich überlegen. Und auch wenn die orangefarbenen Applikationen auf dem Panzer des Niederländers im ersten Moment eher an einen ordinären Maine Lobster denken lassen, besticht der Osterschelde-Hummer tatsächlich mit einem besonders milden, leicht süsslichen Geschmack, der uns fast ein wenig an edle Scampi erinnert. Doch wer diese marine Delikatesse kosten möchte, hat nicht viel Zeit – gefangen werden dürfen die bis zu vier Kilogramm schweren Tiere nämlich

Hummer satt Traditionell werden die ersten aus dem Wasser gehievten Exemplare alljährlich einem besonderen Ehrengast überreicht – quasi als offizieller Startschuss der Saison. In diesem Jahr hat man dazu den deutschen Promi-Koch Alfons Schuhbeck aus München eingeflogen. Und als der feierliche ­Augenblick endlich gekommen ist und gleich drei leibhaftige niederländische Botschafter in schreiend gelbem Ölzeug die ersten Hummer vom Fischerboot MS3 über die Reling reichen, bricht ein Blitzlichtgewitter los, das jede Oscar-Verleihung in den Schatten stellt. Gestandene Herren, geschmückt mit silbernen Amtsketten und bunten Reversspangen, die sie als Träger königlicher Orden ausweisen, posieren mit stolz geschwellter Brust für die Kameras – die prächtigen Gliederfüssler in den Händen –, als hätten sie sie höchstpersönlich aus dem Wasser gefischt. Der Ehrengast ist nur noch Nebensache. Manchem Anwesenden stehen Tränen der Rührung in den Augen. Anschliessend heisst es: Hummer satt. Allein auf unserem Schiff, der Frisia, werden innerhalb einer Stunde mehr als 200 der prachtvollen Tiere verputzt und mit einem gut gekühlten Glas Moet oder einer Flasche eigens abgefülltem Hummerweins hinuntergespült.

Hummerstiftung Im Zeeland gibt es eine Stiftung, die sich um den Erhalt und die Vermarktung des Oosterschelde-Hummers kümmert, während sich im Kring van de Ooster­ scheldekreeft 10 Spitzenrestaurants zusammengeschlossen haben, die während der Saison ein dreigängiges Krustentiermenü zum Festpreis von rund 75 Sfr. anbieten. www.oosterscheldekreeft.de

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CULINARIUM

nur zwischen dem 1. April und dem 15. Juli. Was danach noch auf der Karte steht, sind Rest­ bestände aus Bassins oder TK-Ware aus Übersee. Jetzt, im Frühsommer, sind die Reusen, in denen die Tiere, von Köderfischen angelockt, gefangen werden, aber jeden Tag gut gefüllt. Der milde Winter 2013/14 hat die Population geradezu explodieren lassen. Eier tragende Weibchen und kleine Exemplare unter einem Kilo werden wieder ins Wasser zurückgesetzt, um den Bestand nicht zu gefährden. Trotzdem holen die rund zwanzig Hummerfischer der Region pro Tag und Boot bis zu 150 Exemplare aus dem Wasser. Aber das reicht nicht einmal aus, um die heimische Nachfrage zu decken. Ausserhalb Zeelands gibt es den Osterscheldekreeft deshalb auch nur in einer Handvoll Restaurants. Wer diese lokale Delikatesse also kosten will, dem bleibt nichts anderes übrig, als sich selbst auf nach Zeeland zu machen – doch diese Reise lohnt nicht nur wegen des Hummers.

Seafood de luxe In der Region gibt es eine ganze Reihe hervorragender Meeresspezialitäten. Abgesehen von den berühmten Miesmuscheln – neben dem Oosterscheldekreeft als neuer Z-Klasse am Krustentierhimmel, sozusagen der Beetle unter den Meeresbewohnern – hat Zeeland auch hervorragende Austern zu bieten. Ausserdem feine Herzmuscheln und kleine, salzige Strandschnecken, die man hier in Meerwasser gekocht mit süssem Rosinenbrot verspeist. Aber maritime Spezialitäten gedeihen nicht nur im Wasser. Mehrere Bauern haben sich auf die Zucht von Lamsoor (Standaster) und Zeekraal (Queller) spezialisiert. Diese salzigen Meeresgemüse wachsen am besten in der Nähe zu Brackwasser und nehmen aktiv Meersalz auf, was ihnen einen intensiven Eigengeschmack verleiht. Während viele den Queller, der an eine Mischung aus Schachtelhalm und filigranem Kaktus ohne Stacheln erinnert, von der heimischen Fischtheke kennen, ist das Lamsoor eine echte zeeländische

Zeeland Die Provinz Zeeland liegt im äussersten ­Südwesten der Niederlande und grenzt an Flandern. Sie besteht aus zahlreichen Inseln und Halbinseln, einem Stück Festland im Süden und ist während der Sommersaison eine der beliebtesten Ferienregionen entlang der Nordseeküste. Auch kulinarisch spielt Zeeland in der ersten Liga, u. a. hat sie sechs Michelin besternte Restaurants zu bieten. www.vvvzeeland.nl

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CULINARIUM

Spezialität. Sieben von acht in den Niederlanden aktiven Lamsoorbauern findet man in dieser Provinz. Essen kann man die fleischigen Blätter frisch gepflückt und roh als Salat oder kurz mit Schalotten und Butter in der Pfanne geschwenkt. Dann schmeckt das Gemüse ein wenig wie Blattspinat, nur wesentlich subtiler, und behält immer einen knackigen Biss. Seit Neustem werden an der Küste aber auch essbare Algen gezüchtet. Die Mineralien reichen Böden Zeelands sind ideal für den Gemüseanbau, zum Beispiel auf dem Bio-Hof Welgelegen von Ard van de Kreeke, der sich augenzwinkernd einen Google-Farmer nennt, hatte er bis vor wenigen Jahren doch keine Ahnung von der Landwirtschaft, sondern war Topmanager eines Unternehmens für erneuerbare Energien, das mehr als 500 Millionen Franken im Jahr umsetzt. Heute baut er mit seiner Frau und rund 20 Mit­ arbeitern mehrere Dutzend Sorten Kräuter, Gemüse und essbare Blüten an. Zu seinen Kunden ge­ hören alle Sternerestaurants der Umgebung. Van de Kreekes Erfolgsgeheimnis: Er liefert das, was

die Starchefs wollen. Geht nicht kommt in seinem Wortschatz nicht vor. Mehrmals im Monat ver­ wandelt sich seine historische Scheune aus dem 17. Jahrhundert, in der auch ein Hofladen unter­ gebracht ist, in ein rustikales Feinschmeckerrestaurant. Dann wird an einer mehrere Meter langen Tafel ein Vier-Gang-Menü aus lokalen Produkten auf Sterneniveau serviert.

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PRESENTS

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OMEGA EUROPEAN MASTERS Golf at it’s Best WELTKLASSE ZÜRICH Usain Bolt und Co.


TOP EVENTS OF SWITZERLAND

GOLF AT IT’S BEST

OMEGA EUROPEAN

MASTERS «Crans-sur-Sierre Golf Club is, without question, the most spectacular setting on The European Tour International Schedule.» – George O’Grady, Chief Executive, The European Tour, 2008 –

Hendrik Stary

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in spektakuläreres Setting für ein Golfturnier kann man sich wohl tatsächlich kaum vorstellen. Auch in diesem Jahr wird sich ab Anfang September wieder die Crème de la Crème des internationalen Golfsports auf dem berühmten Haute-Plateau in Crans Montana einfinden und die über 50’000 Zuschauer mit weiten Abschlägen und präzisen Putts zu begeistern wissen. Der Sieger des diesjährigen Omega European Masters-Turniers, das auf 1 500 Metern über dem Meeresspiegel vor spektakulärer Alpenkulisse ausgetragen wird, darf sich über ein Preisgeld von rund 2,8 Millionen Franken freuen und im Golfclub Crans-sur-Sierre die Korken knallen lassen. Das Omega European Masters ist zweifellos eines der prestigereichsten und traditionellsten Golfturniere auf der PGA European Tour. Bereits zum 68. Mal trifft sich die internationale Golfelite auf dem «Severiano Ballesteros»-Platz des Golfclubs Crans-sur-Sierre, von dem aus Sportler wie Zuschauer einen grandiosen Blick auf die schönsten Viertausender der Alpen haben. Im Jahr 2009 ist das Omega European Masters – als erstes europäisches Golf­ turnier – eine Verbindung mit der Asian Tour eingegangen. Seitdem können sich hier auch die 30 besten asiatischen Professionals mit ihren Kollegen aus Europa und den anderen Kontinenten messen.

Modernster Golfsport vor historischer Kulisse Das erste Swiss-Open-Event fand 1923 im Engadin statt, im Jahr 1939 wurde es erstmals in Crans-Montana ausgetragen. Es siegte damals der Italiener Fifi Cavalo. Seit 1948 – durch den Krieg musste der Golfbetrieb für einige Jahre eingestellt werden – findet es nun jedes Jahr im September auf dem traumhaft gelegenen Walliser Hochplateau statt. Im Jahr 1983 wurde das Turnier schliesslich mit in die Kategorie der European Masters aufgenommen. Damit ist das Omega European Masters das älteste Turnier in der Geschichte der European Tour, bei dem immer auf dem gleichen Platz gespielt wurde und wird. Golferlegenden wie Severiano Ballesteros, José Maria Olazábal, Miguel Ángel Jiménez, Sergio García Colin Montgomerie, Ernie Els, Craig Stadler, Nick Faldo, Lee Westwood oder Luke Donald haben sich hier schon ins «Goldene Buch» eingetragen und damit zum Weltruhm des Austragungsortes beigetragen. Die Mitglieder des traditionsreichen Golfclubs Crans-sur-Sierre, der bereits 1924 gegründet wurde, arbeiten stetig an der Optimierung der Anlage und des Rahmenprogramms – aber auch auf die Unterstützung von ausserhalb können sich die Verantwortlichen verlassen.

Starker Rückhalt So ist das Team der Omega European Masters stolz auf seine langjährigen und treuen Businesspartner – aber auch über die Neuzugänge zeigt man sich hoch erfreut. Omega ist seit 2001 der Titelsponsor des Events und hat sein Engagement bereits bis 2017 verlängert. Zu den ebenso verlässlichen Hauptsponsoren Credit Suisse und BMW sind in diesem Jahr – zur grossen Freude von Gaston F. Barras, dem Präsidenten des Organisationskomitees – noch die Vaudoise Versicherungen hinzugestossen, die zunächst für drei Jahre unterschrieben haben und damit mehr als je zuvor für passioniertes Golfengagement stehen. Philippe Hebeisen, CEO der Versicherungsgruppe, ist stolz auf die noch junge Zusammenarbeit: «Neben Markenpräsenz und Marketingaspekten wird unser Engagement an dem Turnier Anlass zu geselligen Momenten mit unseren KMU-Kunden geben. Wir freuen uns, ihnen eine Veranstaltung bieten zu können, die die internationale Golfelite im Herzen einer idyllischen Alpenkulisse versammelt. Wir sind stolz, einen Beitrag zu

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Die eindrucksvolle Geschichte des Swiss Open resp. Omega European Masters weist zahlreiche Rekorde auf: – 1971: In diesem Jahr gelang es einem Spieler in Crans-Montana zum ersten Mal, die «magic 60» in der European Tour zu erreichen, der italienische Profigolfer Baldovino Dassu. – 1978: Der Spanier José Maria Olazabal benötigte seinerzeit nur 27 Schläge für 9 Löcher. Diese Erfolgsgeschichte wiederholte sich in den nachfolgenden Jahren noch drei weitere Male: ein Mal durch Joakim Haeggman (1977 Alfred Dunhill Cup) und gleich zwei Mal durch Robert Lee (1985 Johnnie Walker Monte Carlo Open und 1987 Portuguese Open). – 1984: Dank seines Wire-to-wire-Sieges konnte der Kanadier Jerry Anderson 1984 seinen Namen ins Rekordbuch eintragen. Sein 72-Loch-Resultat von 27 unter Par ist damit noch immer das beste Total unter Par. – 1987: In diesem Jahr schaffte der Schwede Anders Forsbrand die letzten 54 Loch in 192 (-24), womit er einen neuen Tour-Rekord aufstellte. – 1992: Es war das Jahr mit einem der spektakulärsten Finishs der European Tour. Obwohl Jamie Spence mit einem Rückstand von 10 Schlägen unter Par in die letzte Runde gestartet war, gelang es ihm in einer unnachahmlichen Mischung aus Können und Glück doch noch, Anders Forsbrand im Play-off zu schlagen. Hiermit schaffte er das grösste Final-Round-Comeback und egalisierte Neil Coles’ Rekord aus dem Jahr 1977 (Players Championship Turnier). – 1996: Als sich Colin Montgomerie in Crans-Montana bereits auf dem Weg zum Sieg befand, erzielte er das niedrigste 36-Loch-Resultat in der Geschichte der European Tour (124/-18) – und besiegte so Sam Torrace, der 4 Schläge mehr benötigte.

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Programm Montag, 1. September ab 8 Uhr: Credit Suisse Silver Pro-Am Dienstag, 2. September ab 7.30 Uhr: Training der Pros Mittwoch, 3. September ab 7.15 Uhr: Credit Suisse Gold Pro-Am Donnerstag, 4. September ab 7.40 Uhr: Omega European Masters (1. Runde) Freitag, 5. September ab 7.40 Uhr: Omega European Masters (2. Runde) Samstag, 6. September ab 8.00 Uhr: Omega European Masters (3. Runde) Sonntag, 7. September ab 8 Uhr: Omega European Masters (4. Runde) ab 17 Uhr: Preisverleihung www.omegaeuropeanmasters.com

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TOP EVENTS OF SWITZERLAND

einem der acht Topevents of Switzerland zu leisten.» Nicht minder wichtig für das Turnier sind alle Partner sowie die 1 250 Helfer im Hintergrund. Alle zusammen sorgen dafür, dass sich die für Anfang September erwarteten 156 Spieler und mehr als 50’000 Zuschauer (darunter 6 000 VIPs) rundum wohlfühlen und einen unvergesslichen Aufenthalt haben werden.

50. Memorial Olivier Barras- und Pro-Am-Turnier Auch in diesem Jahr will man den Zuschauern in Crans-Montana einiges bieten – und dies bereits vor dem Start des Profiturniers am 4. September. So wird zwischen dem 20. und dem 22. Juni 2014 das 50. Memorial Olivier Barras-Event stattfinden, bei dem sowohl Profi- als auch Amateurspieler erneut die Möglichkeit bekommen werden, sich in drei Runden auf dem Platz des Golfclubs Cranssur-Sierre eine von insgesamt zwei Wildcards für das Omega European Masters zu erspielen. Der Namensgeber für das attraktive Qualifikationsturnier, Olivier Barras, ist nach wie vor der beste Amateurgolfer der Schweiz. Im Jahr 1954 konnte er sogar auf das Podest des Swiss Swiss-OpenTurniers klettern: Er erreichte damals Platz zwei,

nur drei Schläge hinter dem legendären Bobby Locke. Noch am Tag vor dem Memorial Olivier Barras, also am Donnerstag (19. Juni), wird das Pro-Am-Turnier ausgetragen. Die Amateure des besten aus insgesamt 92 Pro-Am-Teams dürfen dann am Credit Suisse Silver Pro-Am teilnehmen, das am Montag (1. September) stattfinden und die Omega European Masters 2014 eröffnen wird.

Das Omega European Masters im Jahr 2014 Die herzliche Gastfreundschaft und das aussergewöhnliche Ambiente sind charakteristisch für das grösste und exklusivste Golfevent der Schweiz. 45 Ausstellungsstände und zahlreiche kulinarische Angebote werden bei den aktiven wie passiven Teilnehmern wieder keine Wünsche offenlassen. Auch die mediale Aufmerksamkeit wird sich wieder auf den idyllischen Ort im Wallis richten: 158 Medienvertreter werden anwesend sein und live berichten, mit 2 774 TV-Stunden in 46 verschiedenen Ländern und ca. 300 Artikeln mit einem Leserpotenzial von 3,6 Millionen werden auch jene, die im September nicht vor Ort sein können, top informiert sein.

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TOP EVENTS OF SWITZERLAND FINANCE

FINANCE 309 VERANTWORTUNG NICHT IN SICHT Die Finanzbranche in der Kritik 316 ERFOLG UM JEDEN PREIS? Das gemeinsame TUN

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FINANCE

GESELLSCHAFTLICHE

VERANTWORTUNG

NICHT IN SICHT DIE FINANZBRANCHE

IN DER

KRITIK Im Vergleich zu einer Zeit vor f端nf Jahren, im Rahmen der Finanzkrise, ist es um die Finanzbranche etwas ruhiger geworden. Die Verantwortlichen der Banken und die Politik beschwichtigen. Es gibt immer wieder erfolgreiche Stresstests und die Kurse steigen wieder. Auf der anderen Seite gibt es immer wieder Skandale und die Situation der Branche ist alles andere als stabil. Georg Lutz

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TOP EVENTS OF SWITZERLAND FINANCE

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lrich Thielemann ist schon aufgrund seines Schwerpunkts Wirtschaft und Ethik ein streitbarer Geist. Er war Vizedirektor des Instituts für Wirtschaftsethik der Universität St. Gallen und ist heute am vom ihm mitgegründeten Think Tank «MeM – Denkfabrik für Wirtschaftsethik» in Berlin tätig (www.mem-wirtschaftsethik.de). Daher kann er sich auch zwischen den Welten der Schweiz und Deutschlands bewegen. In der Schweiz geriet er in die medialen Schlagzeilen, als er vor dem Finanzausschuss des Deutschen Bundestags sagte, es gebe in der Schweiz kein Unrechtsbewusstsein bezüglich der steuerlichen Behandlung von Steuerausländern. Inzwischen ist das klassische Bankgeheimnis Geschichte. Das war aber nur ein Punkt,­um mit ihm ein spannendes Interview zur Situation der Finanzbranche zu führen.

PRESTIGE: Ist das Glas halb voll oder halb leer, sprich ist die Finanzbrache auf dem richtigen Weg, aus alten Fehlern zu lernen, oder haben wir es nur mit rhetorischen Täuschungen zu tun? THIELEMANN: Das hängt davon ab, was man unter «Fehlern» versteht. Für Banker oder für Aktionäre, die diese einstellen, bestehen «Fehler» darin, dass der Gewinn oder der Bonus tiefer ausfällt, als man erwartet hat. Aus dieser, sogenannten «rationalen» Sicht, wäre es beispielsweise ein «Fehler», wenn sich herausstellt, dass die Gewinne, die man etwa durch Libor- und Devisenmanipulationen, Suprime-Betrügereien oder Beihilfe zur Steuerhinterziehung erzielt hat, tiefer ausfallen, als die Bussen, die man später zahlen muss. Aber natürlich wollen wir etwas ganz anderes unter Fehlern verstehen, nämlich genau die Ruchlosigkeit und der Mangel an Skrupel, der offenbar vor allem bei Grossban­ ken in den letzten Jahrzehnten Einzug gehalten hat. Diese Kultur und dieser Geist, oder besser gesagt, Ungeist, ist immer noch in den Köpfen der allermeisten Akteure, die das Sagen haben. Das liegt vor allem an den Ausbildungssystemen. Die Leute durchlaufen ja praktisch alle ein Wirtschaftsstudium. Und die Botschaft, die ihnen dort mit auf den Weg gegeben wird, lautet, sarkastisch mit Max Frisch formuliert: «Vernünftig ist, was rentiert». Manche halten das Wirtschaftsstudium für eine Art Gehirnwäsche.

Der deutsche Bundespräsident Joachim Gauck hat auf dem letzten Deut­ schen Bankentag auch davor gewarnt, bei aller berechtigten Kritik nicht das Kind mit dem Bade auszuschütten. Liegt er da richtig? Die Rede von Joachim Gauck, der stets ein Freiheitspathos bemüht und darin die Markt­ freiheit einschliesst, ist von der Bankenwelt begeistert aufgenommen worden. Dies unter anderem, da er meinte, dass die Bankenregulierung möglicherweise bereits zu weit ge­ trieben worden sei, sodass die «Quellen unseres Wohlstands» gefährdet sein könnten. Die gigantischen Vermögensbestände, die die Banken mittlerweile verwalten und die Gauck ausdrücklich erwähnt, sind nicht etwa selbst das Problem, sondern sollen den Banken Anlass sein, mit ihrer damit gegebenen Macht verantwortungsvoll umzugehen.

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© Adrian Stähli

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Ulrich Thielemann bringt Ökonomie und Ethik zusammen.


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Die Banker hätten sich keinen besseren Bundespräsi­ denten wünschen können. Denn seine Botschaft lautet: «Schwört den ‹Exzessen› ab, aber macht ansonsten weiter so. Wenn ihr die Vermögensbestände erhöht, dann kann dies nur im Interesse aller liegen.» Gauck versteht gar nicht, dass wir in Zeiten einer gigantischen Blase leben. Die Finanzvermögen waren im Jahre 1980 in etwa so gross wie die Weltwirtschaftsleistung eines Jahres. Heute liegen sie beim etwa Dreifachen des Weltbruttoinlandproduktes. All die Bail-outs und die expansive Politik der Notenban­ ken sind darauf ausgerichtet, diese Bestände zu erhalten und auf keinen Fall zu gefährden. Nur, wer soll die Rendi­ ten erwirtschaften, um diese gigantisch angewachsenen Kapitalbestände mit Dividenden, Gewinnen, Zinsen und Tilgungen zu bedienen? Die Finanzkrise, die keineswegs überwunden ist, besteht darin, dass die Beschäftigten dieser Welt darin überfordert sind, den geforderten Kapi­ taldienst zu leisten.

Schauen wir uns konkretere Beispiele an. Die Deutsche Bank hat sich einer neuen Geschäfts­ kultur verschrieben. Gleichzeitig stolpern die Verantwortlichen von einem Skandal zum nächs­ ten. Woran liegt das? An einer Kultur, die in der Bank offenbar nach wie vor herrscht. Die Bank sagt es selbst. Man muss nur zu deuten

verstehen: Der angebliche «Kulturwandel» ist nämlich nach eigenem Bekunden Teil des «Risikomanagements». Wer von Risiken spricht, spricht von eigenen Interessen. Hier sind es «Reputationsrisiken» und vor allem «Rechtsrisiken». Ein angeblicher «Kulturwandel» wird also genau so weit betrieben, wie dessen Vorteile dessen Nachteile überwiegen. Zwar dürften angesichts der veränderten Rechtslage und der höheren Sensibilität der breiteren Öffentlichkeit, angesichts eines historisch schlechten Images «der Banker», wohl in Zukunft vermutlich weniger klar benennbare Verfehlungen zu verzeichnen sein. Doch wäre dies dann gerade kein echter Kulturwandel, sondern Opportunismus. Ein echter Kulturwandel sähe so aus, dass die Bank Geschäfte, die nicht verantwortbar sind, un­ terlässt, und zwar auch dann, wenn dadurch die eine oder andere Gewinnchance nicht ausgeschöpft wird, obwohl sie risikolos erreichbar wäre.

Aber es gibt doch sechs Jahre nach Ausbruch der Finanzkrise einen Wan­ del? Denken wir nur an die zusätzlichen Regulierungen, was zum Beispiel die Eigenkapitalquote betrifft. Ich sehe dafür kaum Anzeichen. Die gesamtgesellschaftliche Machtkonstellation mag sich etwas geändert haben. Dazu zählen die Rechtslage, die höhere Sensibilität der ­Öffentlichkeit für gewisse «Exzesse», die etwas bessere Informiertheit der Bürger, auch Insiderberichte von Aussteigern und Whistleblowern und einige wenige Vorschriften, was beispielsweise das von Ihnen erwähnte Eigenkapital betrifft. Aber dies führt nicht zu einer inneren Umkehr, nicht zu einer Abkehr von Masslosigkeit und bedingungsloser Rendite­ orientierung. Die Banker lernen im Studium nichts anderes als dies: Wie sind die Gewinne zu steigern? Darin eingeschlossen: Wie ist mein Bonus zu maximieren? Sie lernen, dass nur Dummköpfe nicht verstanden haben, dass Menschen nun einmal Optimierer ihres ­Eigennutzes sind. Und damit darf man es auch selbst sein. Und wer es nicht ist, der handelt eben nicht «rational».

Die abgeschottete Welt der Privatbanken ist immer noch intakt.

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Wir würden ein ganz anders aufgestelltes Wirtschaftsstu­ dium benötigen, damit in die Finanzbranche ein anderer Geist einzieht oder auch zurückkehrt. Ein Geist der Mässigung und einer innerlich empfundenen Sorge für die Verantwortlich­ keit des eigenen Tuns, nicht nur gegenüber ­Shareholdern, sondern auch den gesellschaftlichen Stake­holdern. Das ist seit der Französischen Revolution eine bürgerliche Selbst­ verständlichkeit. Der Spannungsrahmen zwischen Citoyen und Bourgeois ist da. Im Zweifel gebührt dem Citoyen je­ doch der Vorrang gegenüber dem Bourgeois.

Kommen wir auf ein Schweizer Beispiel zu spre­ chen. Im April 2014 wird der Streit um ein Steu­ ervehikel zwischen dem Banker Eric Sarasin und einem Kunden, dem Multimillionär Carsten Ma­ schmeyer, zur Belastung der Privatbank, da die Kommunikation zwischen den beiden auf einem unglaublich flachen Niveau stattfindet. Die ­Finanzplattform Inside Paradeplatz hat die Kom­ munikation zwischen den beiden öffentlich ge­ macht. Es ist in der Tat erschreckend, was sich da manifestiert. Da dreht sich alles ums «Einsacken» von Geld und um Statuskonsum. Auch wenn der eine dem anderen vorwirft, zu viel «eingesackt» zu haben, ist doch die Perfidität der Praktiken, durch die beide gemeinsame Sache gegen den Steuerstaat, in diesem Fall den deutschen, machen woll­ ten, mindestens so erschreckend. Dies geschah in Form der Ausnutzung einer Gesetzeslücke, sogenannte Cum-exGeschäfte 1).

Für nicht wenige in der Schweiz galten Sie als Nestbeschmutzer, als Sie vor einigen Jahren das Bankgeheimnis infrage stellten. Heute hat sich das Thema unter anderem auf massiven Druck der USA hin erledigt. Der Informationsaustausch und die Weissgeldstrategie sind weitestgehend akzeptiert. Haben Sie dazu eine rückblickende These?

vorhanden ist. Der Zusammenbruch der Argumentations­ figur der Verweigerung des fiskalischen Informationsaus­ tausches ist allein der veränderten Machtkonstellation und dem Nachdruck, der um das Steuersubstrat ihrer Ver­ mögenden beraubten Staaten, zu verdanken. Nun scheint sich die Einsicht global zu verbreiten, dass sich zivilisierte Staaten ihr Steuersubstrat nicht abspenstig machen. Und wenn sie dies tun, dann gilt dies als einem modernen Rechtsstaat unwürdig. Die Einigung ist für die Gerechtigkeit der weltwirtschaftlichen Verhältnisse von allergrösster Bedeutung.

«Die Normalbürger laufen überall im Hamsterrad, um die Renditewünsche des Kapitals zu bedienen. Aber man sieht das nicht.» Nach der Schweiz gibt es aber noch Steueroasen wie Hongkong, die sich weiter über Schwarzgeld freuen. Erleben wir nicht gerade nur eine Ver­ schiebung, der wir relativ ohnmächtig zusehen müssen? Nachdem auch Singapur die OECD-Erklärung zum auto­ matischen Informationsaustausch unterschrieben hat, stehen alle Zeichen darauf, dass der Diebstahl an frem­ dem Steuersubstrat dem Ende entgegengeht. Jetzt gilt es, vor allem Druck auf die Steueroasen innerhalb der USA zu machen.

Ich wundere mich. Mit der Erklärung der Schweiz, der OECD-­ Initiative zum automatischen Informationsaustausch bei­zu­ treten, ist das Bankgeheimnis faktisch abgeschafft. Zwar mag hierbei, mit Blick auf die wirklich grossen Vermögen, die in komplex verschachtelten Briefkastenfirmen versteckt sind, noch die eine oder andere Frage offen­bleiben. Doch im Grundsatz können die Wohnsitzstaaten die Vermögenden auf ihrem Territorium nun endlich wieder so besteuern, wie ihnen dies zusteht. Somit können Normalbürger steuerlich entlastet werden.

Kommen wir zu einem weiteren Stichwort, dem Leistungsprinzip. Geldeliten verdienen Summen, die gesellschaftlich kaum mehr zu rechtfertigen sind. Demgegenüber fühlt sich der Mittelstand in Europa ökonomisch bedroht. Die Annahme der Abzockerinitative in der Schweiz ist dafür ein Zeichen. Zum ersten Mal hat sich die Schweizer Wahlbevölkerung gegen die Gruppen und Institu­ tionen gestellt, die den ökonomischen Main­ stream prägen. Ist das auch für Sie ein histori­ scher Bruch?

Schade finde ich allerdings nach wie vor, dass vonseiten der schzweizer Geschäftswelt kaum eine moralische Einsicht

Der Kern der Abzockerinitiative, die ja vorsieht, dass die Aktionäre unmittelbarer als bislang über Boni abstim­

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men dürfen, wurde in der öffentlichen Debatte gar nicht verstanden. Die Steuerung des Managements durch finanzielle Anreize liegt nämlich voll im Interesse der Aktionäre, vor allem der Gierigen unter ihnen. Dazu muss ich etwas ausholen, um den ganzen Wahnsinn der Boni verständlich zu machen. Die Aktionäre werden im Jargon der Öko­ nomen «Prinzipale» genannt. Das bedeutet: Ihnen stehen alle Vorrechte zu. Sie kennen keine Rendite, die zu hoch ausfallen könnte. Sie sind unbedingt gierig nach mehr Geld. Dies gilt der Theorie zufolge auch für das Management. Ergo muss dieses durch Boni dazu angereizt werden, alles rauszuholen, was sich herausholen lässt – für die «Prinzi­ pale». «Wenn der Börsenwert unter unserer Führung um eine Milliarde Franken steigt», so wird etwa argumentiert: «So gebt uns doch davon, sagen wir, 10 Prozent.» – «Ein Supergeschäft», sagen die Aktionäre, «damit bekommen wir also 900 Millionen, die wir sonst nicht hätten». Und so hatte Ex-Bundesrat Caspar Villiger zu seiner Zeit als UBS VR-Präsident auch verwundert feststellen müssen, dass die Aktionäre die Boni der Bank nicht etwa für zu hoch hielten, sondern eher für zu niedrig. Die Boni helfen den Anlegern also dabei, ihre Finanzvermögen noch weiter auszubauen. Und die Manager bekommen davon einen ordentlichen Batzen ab. Die Leistungsgerech­ tigkeit der Managementbezüge wird von der breiten Öffentlichkeit mit Nachdruck infrage gestellt. Wie aber sieht es mit den Kapitaleinkommen der Anleger aus? Immerhin haben die Manager für ihre Millionengagen gearbeitet.

Jetzt geht es ans Eingemachte … Die Kapitaleinkommen zu thematisieren, dies war lange Zeit tabu. Man schaut auf das Sahnehäubchen, die Boni der Manager, aber nicht auf das, was darunter liegt. Mir scheint, dies ändert sich langsam. Daran hat der Ökonom Thomas Piketty, der aktuell überall diskutiert wird, einen guten Anteil. Piketty stellt mit Besorgnis fest, dass die Vermögen überall gewachsen sind und dass sie rascher wachsen, als die reale Wirtschaftsleistung 2). In diesem Zusammenhang kommt dann unweigerlich die Frage auf: Muss man für die Erzielung von Kapitaleinkommen eigentlich irgendetwas leisten? «Lassen Sie Ihr Geld ar­ beiten!», damit warben Banken ab und zu – und trauen sich dies heute kaum mehr, weil klar ist: Andere arbeiten, man selbst lässt arbeiten.

könnten sie wieder gegen einen Teil des Geld­ adels aufstehen. Stimmen Sie dieser These zu und was bedeutet dieser Bruch? Vielleicht denken dies die Befürworter der Abzockerinitiati­ ve: Bürger sollen den Boniexzessen Einhalt gebieten. Doch ist das Eintrittsticket dafür der Besitz von ein paar Aktien. Wobei vergessen wird, dass der «Geldadel» und die insti­ tutionellen Anleger viel mehr Aktien besitzen, sodass der Protest der als Aktionäre verkleideten Bürger ein Sturm im Wasserglas bleiben wird. Das Ganze ist ja auch nur teil­ weise ein Konflikt zwischen Kleinanlegern und Geldadel. Es ist ein Konflikt zwischen Kapital und Beschäftigten, realwirtschaftlich Tätigen, übrigens auch Unternehmern, Normalbürgern eben. Dieser Konflikt sollte als das begrif­ fen werden, was er ist, nämlich ein politischer Konflikt. In der Politik geht es darum, wie wir, die Bürger, zusam­ menleben wollen, sodass die Gesellschaftsverhältnisse gerecht sind. Es bedarf in der Tat eines Bruchs, sagen wir: mit einer neoliberalen Politik, die überall in der Welt um sich gegriffen hat und die vor allem in dem besteht, was der deutsche Ökonom Hans-Werner Sinn – ganz zustim­ mend – die «Hofierung des Kapitals» genannt hat. Die Folge ist: Die Normalbürger laufen überall im Hamsterrad, um

Aber wir brauchen doch Kapital und Investoren? Natürlich brauchen wir Kapital, wenn und insoweit die Wirtschaft wachsen soll, wäre hin­ zuzufügen. Und damit sind Kapitaleinkommen nun einmal verbunden. Und in gewissem Masse sind sie auch legitim. Aber seit der neoliberalen Wende, die um das Jahr 1980 herum einsetzte, sind alle Dämme gebrochen.

Diese These braucht auch in einem Interview einige Zahlen. In Deutschland etwa ging das Wachstum der letzten 15 Jahre mehr als komplett an die Unternehmens- und Vermögenseinkommen. In den USA redet man vom «one percent» der Superreichen. Diese verfügen über 50 Prozent des Finanzvermögens und erhalten 24 Prozent der volkswirtschaftlichen Wertschöpfung. 1976 waren es noch neun Prozent. Darunter sind tatsächlich viele Manager und Banker, die ja immerhin für ihre Millionenver­ gütungen noch arbeiten, nicht allein Rentiers und Couponschneider. Doch selbst wenn sie rund um die Uhr arbeiten, sind die Vergütungen, die sie beziehen, Ausdruck ihrer Wert­ schöpfungsbeiträge oder ist hier Abschöpfung am Werke? Solche Fragen dürfen gestellt werden, erst recht mit Blick auf die Kapitaleinkommen.

Versuchen wir es historisch einzuordnen. Viele Kapitaleigner halfen den Bürgern einst beim Aufstand gegen das feudalistische Ancien Régime. Nun

Eine einseitige Ausbildung der Banker verhindert den Blick über den Tellerrand.

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die Renditewünsche des Kapitals zu bedienen. Aber man sieht das nicht. Das ist die eigentliche Bedeutung der «un­ sichtbaren Hand» des Marktes. Und weil die Verhältnisse so schwer durchschaubar sind, bedarf es der ökonomischethischen, also einer kritischen Aufklärung.

legungen und deren Umsetzung in Geschäftsstrategien und -prozesse bliebe kein Platz mehr. An erster Stelle stehen der gesellschaftliche Sinn und die Verantwortbarkeit des Handels. Überschüsse sollen vor allem reinvestiert werden, um diese Art des Unterneh­ mertums zu stärken, und man braucht sie natürlich zur Wahrung des finanziellen Gleich­ gewichts, sonst geht man in die Insolvenz.

Riesige Geldvermögen stapeln sich zu gesell­ schaftlich sinnlosen Bergen. Wie kann man diese wieder abschmelzen?

Man kann aber auch infrage stellen, ob Gewinnmaximierung in durchschnittlichen Un­ ternehmen überhaupt praktiziert wird. Würde bereits radikal alles ausgenutzt, was sich rentabel ausnutzen lässt, gingen Unternehmensberatungsunternehmen wie McKinsey das Geschäftsmodell flöten. Dennoch wird mit Gewinnmaximierung, die von Gewinnerzielung scharf abzugrenzen ist, überall und vermehrt Ernst gemacht. Im Goldenen Zeitalter der sozialen Marktwirtschaft, also in der Nachkriegswirtschaft bis etwa 1980, verstanden die Vorstände grosser Unternehmen die Führung ihres Unternehmens noch als eine Art staats­ männischen Akt, bei dem der soziale Ausgleich zwischen unterschiedlichen Interessen eine wichtige Rolle spielte. Zeugnis davon gibt etwa die im doppelten Sinne «ungehaltene Rede» des ehemaligen Chefs der WestLB in Deutschland, Ludwig Poullain. Poullain las den Bankern die Leviten oder wollte dies auf einer hochrangigen Bankerveranstaltung tun, wurde aber, nachdem die Veranstalter das Manuskript gelesen hatten, wieder ausgeladen. Ungehalten war Poullain etwa darüber, dass die Banker Gewinnmaximierung zur Maxime ihres Handels erhoben hatten und jede Kritik daran als «zinslosen Aufwand» verbuchten. Zu seiner aktiven Zeit hat offenbar kein Bankier von Format so gedacht. Oder man denke für die Schweiz an Hans J. Bär, der nicht nur das Bankgeheimnis kritisierte, sondern auch die Bonikultur, und der einen «Klassenkampf von oben» am Werke sah. Übrigens ganz genauso wie Warren Buffet, der danach ruft, Superreiche wie ihn doch wieder anständig zu besteuern und nicht weiter zu «verhätscheln».

Das ist in der Tat eine Schlüsselfrage unserer Zeit. Die einfachste und im Kern auch richtige Antwort lautet: eine deutlich höhere Besteuerung des Kapitals, und zwar so­ wohl der Kapitaleinkommen als auch der Finanzvermögen. Piketty schlägt Grenzsteuersätze in der Grössenordnung von 80 Prozent vor. Dies würde natürlich vor allem diejeni­ gen Einkommen treffen, die getroffen werden sollen, näm­ lich die grossen Kapitaleinkommen.

Der Aufschrei wäre gross … Hier heisst es, ganz nüchtern bleiben. Ein Blick in die Ge­ schichte hilft hier. Für die meisten wäre dies ja auch alles andere als schmerzhaft. Solche Besteuerungsverhältnisse hatten wir schon einmal. Nämlich in den Wirtschaftswun­ derjahren der Nachkriegszeit. Es ist kein Zufall, dass da­ mals eine breite Mittelschicht heranwuchs, die am Wohl­ standszuwachs fair partizipierte. Heute jedoch, in Zeiten, in denen die oberste Maxime einer jeden nationalen Politik lautet: «Wir müssen unsere Wettbewerbsfähigkeit stei­ gern«, was bedeutet: «Wir müssen attraktiv sein für das global nach Anlage suchende Kapital», geht so etwas nur global koordiniert. An diesem Punkt erkennt man, welche Bedeutung die Einigung durch die OECD zum automati­ schen Informationsaustausch hat.

Am Ende des Tages geht es darum, wie die verlo­ ren gegangene Reputation der Finanzbranche wieder zurückgewonnen werden kann. Ich habe bei Ihnen folgendes Zitat entdeckt. «Integrität um des Gewinns willen ist ein Widerspruch in sich. Integrität heisst, das eigene Handeln von dessen Verantwortbarkeit und Legitimität abhängig zu machen. Wer Integrität für sich reklamiert, muss den Gewinn daher entthronen und der Gewinnma­ ximierung abschwören.» Können Sie das am Schluss auch mit einem positiven praktischen Beispiel verdeutlichen? Mir fällt sofort die ABS, die Alternative Bank Schweiz, ein. Weitsichtig haben die Gründerväter und -mütter dieser au­ ssergewöhnlichen Bank in die Statuten geschrieben: «Die Bank betreibt keine Profitmaximierung.» Denn dann würde sich ja alles um den Gewinn drehen und für ethische Über­

Dies alles sind Stimmen der Mässigung, von «Mass und Mitte», wie es einer der wenigen echten Väter der «Sozialen Marktwirtschaft», Wilhelm Röpke, formulierte. Dieser Geist kehrt, in hoffentlich modernisierter Form, erst dann wieder in die Unternehmenspraxis und so auch in die Banken ein, wenn die Ausbildungssysteme reformiert wurden, die Gleich­ setzung von Eigeninteresse und «Rationalität» ebenso hinterfragt wurde wie der Glaube, die einzige Gruppe, die ans Handeln der Unternehmen legitime Ansprüche anmelden dürfe, seien die Aktionäre.

Anmerkungen 1 Cum-ex-Trades: Durch das kurzfristige Hin und Her zwischen dem vorherigen Inhaber der Aktien, dem Leerverkäufer und dem Erwerber, der wie bei einem Karussellgeschäft auch der ursprüngliche Besitzer sein kann, haben Geldinstitute mehre­ ren Personen für dasselbe Wertpapier bescheinigt, sie hätten Kapitalertragsteuern bezahlt. Damit konnten sie diese zu­ rückverlangen oder sich gutschreiben lassen. Der Fiskus «er­ stattete» also mehrfach Kapitalertragsteuern, die nur einmal abgeführt worden waren. Der Prozess wird auch Dividenden­ stripping genannt. 2 Thomas Piketty ist einer der bekanntesten Ökonomen, die sich mit dem Thema Ungleichheit auseinandersetzen. Der Franzose lehrt an der Paris School of Economics. Erst kürzlich erschien sein Buch «Capital in the 21st Century», eine deutsche Über­ setzung ist für 2015 geplant.

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