PRESTIGE Switzerland Volume 24 Auszug

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INHALT

Editorial

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Fashion

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Kerstin Cook Diese Miss liegt richtig

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Luxuriöse Funktionalität Made in Italy

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Gut gebunden ist halb gewonnen Die kleine Krawattenlehrstunde

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culinarium

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Eine Würze in aller Munde Julius Maggi

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Kulinarische Leckerbissen Rund um den Globus

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Food News Purer Genuss

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living

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Magier von Licht und Raum Hervé Van der Straeten

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Interior News Living & More

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Der Lichtzauberer Olafur Eliasson

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Beauty

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Nofretetes Nachfahren Von roten Lippen und schwarz umrandeten Augen

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INHALT

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Der typisch italienische Erfolgscharakter Tomaso Trussardi

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Black & Red Beauty News

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Der Luxusparfumeur Roja Dove

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Schönheit ist äusseres Bild und inneres Empfinden

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Privatklinik ALTA AESTHETICA

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Culture Das goldene Bühnenjubiläum The Rolling Stones

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The Gambino Family Carlo Gambino, Teil 1

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Der bescheidene Anti-Star Juan Luis Guerra 122

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Watches & Jewellery Zeit rund um den Globus Zeitzonenuhren 134

DRIVE STYLE 4x4 forever Die ersten Allradautos

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Brummende Motoren & rauchende Seiten

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Books & more

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Kleine Automobilpsychologie Ich bin, was ich fahre 152

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INHALT

160 Travel Traumhafte Wochenend-Trips Quer durch Europa

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Verona Opernklänge und Romantik

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Taiwan Ein Land zwischen Fortschritt und Tradition

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Short Cuts Short Cuts #1 Ein guter Tropfen

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Short Cuts #2 Jubiläen 2012

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Short Cuts #3 Wem die Stunde schlägt

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KOLUMNEN 80

Gabriel Palacios Hypnotische Kleidung – Was wir durch unsere Kleider suggerieren

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Wilhelm J. Grusdat Vom silbernen Lachen der Musen

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104 132

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Walter Bollier Warum Wasser zum Investment wird

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Vera Dillier «Prinzen»

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Götz Winter Kleine Schleife, grosse Wirkung

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Nubya Eigentlich wäre es doch ganz leicht

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Philipp Mein Beruf: A nwalt Meine Leidensc haft: A u t o s Mein Traum: E motionen statt Emissionen Meine Privatba nk: J u li u s Bär, weil auch sie in e ine bessere Zukunft invest iert Mein Name:

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EDITORIAL

Geschätzte Leserinnen, geschätzte Leser

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er Sommer liess in diesem Jahr lange auf sich warten und bereits hat der Herbst Einzug gehalten. Nicht mehr lange und die Schweiz wird sich wieder für längere Zeit von ihrer eher grauen Seite zeigen. Unser Redaktionsteam hat sich daher alle erdenkliche Mühe gemacht, in diesem Magazin für die nötigen bunten Tupfer zu sorgen. Unsere spannenden und farbenfrohen Artikel sind das beste Gegenmittel für den Herbstblues.

Die unermüdliche Band «The Rolling Stones» feierte ihr 50-jähriges Bühnenjubiläum. Sie lieferten den Sound zur sexuellen Revolution, zum Studentenprotest und zum Drogenrausch. Wie es hinter den Kulissen aussah und warum die Stones noch lange keine Bühnenopas sind, erfahren Sie in diesem Magazin. Doch auch Aficionados und Música-Latina-Fans kommen in dieser Ausgabe nicht zu kurz. Unser Redaktor traf den dominikanischen Latin-Superstar Juan Luis Guerra. Der mehrfache Latin-Grammy-Gewinner beherrscht virtuos nahezu sämtliche afro-hispanisch-karibischen Stile der Música Latina, die er auf persönlichste Weise interpretiert und innovativ bereichert. Bachata, Salsa, Merengue, Guaracha, Cançiones und Mambo sind die Rhythmen dieses exklusiven Interviews. Zudem reiste unser Redaktionsteam einen Tag in die Stadt von Romeo und Julia. Wanderte auf den Spuren der Liebenden und liess sich in Verona von den Klängen Aidas verzücken. Und auch Autofans kommen bei uns nicht zu kurz. Autos mit vier statt zwei Antriebsrädern liegen im Trend. Doch Vierradantrieb ist nicht gleich Vierradantrieb. Wer das erste 4x4Fahrzeug entwickelte und worin die Unterschiede liegen, hat unser Autoredaktor Matthias Pfannmüller für Sie zusammengestellt. Lehnen Sie sich also genüsslich zurück, geniessen einen hoffentlich wunderschönen Indian Summer und begeben Sie sich mit uns auf eine abenteuerliche und informative Lesereise.

Francesco J. Ciringione Yvonne Beck

Verleger Chefredaktorin

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FASHION

Kerstin 18


FASHION

k o Co htig ic r t g e li s is M e s Die 19


FASHION

Scharf, schärfer, Kerstin. Sie sieht aus wie ein «Victoria’s Secret»-Engel und wohnt jetzt in der Mode-Metropole Paris. Dass die Ex-Miss Schweiz Kerstin Cook international als Model durchstartet, ist kein Zufall – wie die 23-Jährige bei unserem exklusiven Haute-Couture-Shooting beweist.

Text & Fotos: Dominique Zahnd

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er Kussmund, der laszive Blick und diese endlos langen Beine – Kerstin Cook verfügt über alle Attribute, die Männer in willenlose Hohlköpfe verwandelt. Doch die Luzernerin setzt ihre Geheimwaffen nur vor der Kamera ein. Sie warb schon erfolgreich für Lingerie und Schmuck – und verdiente so in ihrem Amtsjahr stolze 340'000 Franken.

Meisterin Anja Lareida zu. Die Kleider und die Location für den Haute-Couture-Shoot stellt Star-Designer Martin Jascur. Er lebte und arbeitete längere Zeit in New York und wurde kürzlich in der Promi-Bibel «Who is Who in Basel» abgefeiert. Während Kerstins Haare drapiert und geföhnt werden, kaut sie auf einem Croissant herum und erzählt von ihrem Einstieg ins Business. «Ich war 14, als ich am Bahnhof in Luzern von einem Modelscout angesprochen wurde. Neben der Schule habe ich mir dann mit kleinen Jobs mein Taschengeld aufgebessert.» Bei einem ihrer Castings sass Christa Rigozzi hinter dem Pult: Sie war es auch, die Kerstin dazu ermunterte, sich als Miss-SchweizKandidatin anzumelden.

Bei der Miss-Universe-Wahl in São Paulo verliebte sich auch das Ausland in die Schweizerin, Agenturen von Brasilien bis New York klopften bei ihr an. Den Zuschlag bekam die renommierte Talentschmiede MGM. «Ich lebe meinen Traum», sagt die 23-Jährige heute. «Ich stand schon in Kapstadt, New York, Korsika und Moçambique vor der Kamera. Und in London lief ich an der Fashion Week über den Laufsteg.» Dort fiel sie der britischen Designerin Sarah Burton auf, die 2011 den meistfotografierten Dress der Welt entworfen hat: das Hochzeitskleid von Prinz Williams Gattin Catherine. Die Fashion Show in London zu eröffnen, war «ein unbeschreibliches Erlebnis», sagt das Model, in dem zu drei Vierteln englisches Blut fliesst. Jetzt ist die Luzernerin nach Paris gezogen, um dort einen Casting-Marathon zu absolvieren.

Die Presse war gnadenlos Die Wahl zur schönsten Schweizerin vor zwei Jahren stellte das Leben des Landeis aus Kriens komplett auf den Kopf. Und die Presse blies sogleich zur Treibjagd. «Daran hatte ich am Anfang ziemlich zu beissen. Denn darauf bereitet dich die Miss-SchweizOrganisation nicht vor …», sagt Kerstin Cook. Mittlerweile nimmt sie die Sensationsblätter unseres Landes nicht mehr richtig ernst. Je nach Tageslaune war sie der Schweizer Presse zu dünn oder zu dick. «Das Thema ist heikel», sagt die Ex-Miss. «Weniger wegen mir selber, sondern wegen all der Mädchen, die zu mir aufschauen. Solche Schlagzeilen können viel Schaden anrichten.»

Vom Mädchen zur Göttin Das Herrenhaus liegt versteckt. Wer durch die wuchtige Eingangstüre tritt, den katapultiert es sofort zurück in die 50er-Jahre. Ob die funkelnden Kronleuchter, die schweren Brokat-Vorhänge oder die dickbäuchigen Goldengel: Alles strömt Glamour aus. ExMiss Kerstin Cook ist mit ihren Killerheels dermassen gross, dass sie bei jedem Türrahmen den Kopf einziehen muss. Sie hat kein Make-up aufgetragen und wirkt deswegen recht unscheinbar. Doch bei ihren Kolleginnen Gisele Bündchen, Natalia Vodianova oder Rosie Huntington-Whiteley ist das dasselbe: Ungeschminkt würde man die Topmodels beim Vorbeigehen wahrscheinlich übersehen. Erst die flinken Finger einer Stylistin sorgen für die nötige Magie – sie verwandelt hübsche Mädchen in hinreissende Göttinnen. Im Fall von Kerstin fällt diese Aufgabe Make-up-

Würde man zehn Leute auf der Strasse nach Kerstins Aussehen befragen, wäre die Antwort wohl immer dieselbe: Klar, die ist wunderschön. Doch wie alle Frauen mag sie ihre Formen mal mehr und mal weniger. Das löste vor kurzem sogar eine landesweite Diskussion aus. Nach ästhetischen Aufnahmen, wo auch ein Busenblitzer dabei war, wurde wochenlang öffentlich darüber debattiert, ob sich die Ex-Miss nun einer Brustvergrösserung unterziehen lassen solle – oder nicht. «Das Ganze war so skurril, ich konnte darüber nur noch lachen», sagt sie und verdreht dabei die Augen.

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FASHION

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«Was nehme ich immer zu Castings mit? Hautfarbene Unterwäsche, Highheels und Zitronenwasser.»


FASHION

«Ich war 14, als ich am Bahnhof in Luzern von einem Modelscout angesprochen wurde.»

Vor der Kamera ein Vamp Die Frisur sitzt, sie streicht ihr Kleid glatt. Cook lächelt zufrieden ihr Spiegelbild an. «Ich selber gehe bei meiner Kleiderauswahl nicht so mit dem Trend. Aber ich liebe es, bei Fotoshootings Haute Couture zu tragen. Elegante Kleider passen zu mir.» Ihre Lieblingsdesigner sind Karen Millen («Oh Gott, diese Cocktailkleider») und Elie Saab («Seine Abendgarderoben sind fantastisch»). Sobald die Blitzlampen den Raum in gleissendes Licht tauchen, mutiert Kerstin Cook zum Vamp. Sie flirtet mit der Kamera und bietet ständig neue Posen an. Die Ex-Miss ist ein Vollprofi. Was macht für sie ein gutes Model aus? «Man muss mit seinem Gesicht, seinem Ausdruck oder seinem Körper ein bestimmtes Gefühl ausdrücken und so ein Produkt verkaufen können. In meinen Augen ist das anspruchsvoller als Schauspielerei …», sagt sie. Dennoch glauben viele, dass Models nur ein bisschen herumstehen, dabei Unmengen von Champagner schlürfen und anschliessend rauschende Parties mit coolen Celebrities feiern. Die Wirklichkeit ist ernüchternd. Mannequins sind einsame Einzelkämpfer, die weit weg von ihrer Familie von Casting zu Casting rennen und dabei eine Ohrfeige nach der anderen kassieren. Denn für jeden Job gibt es nur ein perfektes Girl. «Wird man dann endlich für ein Shooting gebucht, dauert dieses in der Regel den ganzen Tag», sagt Kerstin Cook. «Meistens wird durchgearbeitet, Zeit fürs Essen bleibt selten.» Weil viele Kunden sowieso davon ausgehen, dass die dünnen Mädchen gar nichts essen wollen. Trotzdem: Ihr gefällt der Job. Selbst wenn sie im Winter im Bikini bibbert oder stundenlang an einem Seil hängt, das ihr ins Fleisch einschneidet. «Für ein gutes Bild muss man viel ertragen», sagt das Model. «Doch wenn ich später mein Gesicht auf einem Plakat oder in einem Magazin sehe, ist das das schönste Gefühl der Welt.»

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CULINARIUM

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CULINARIUM

Eine W체rze in aller Munde Julius Maggi Aus dem Bestreben, der Mangelern채hrung im sp채ten 19. Jahrhundert ein Ende zu setzen, entstanden das erste Fast-Food-Produkt und eine Marke, die auf der ganzen Welt bekannt ist.

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CULINARIUM

Text: Yvonne Beck, Fotos: Maggi GmbH

I

nfolge der Industrialisierung gegen Ende des 19. Jahrhunderts bildet sich die neue Gesellschaftsschicht der Fabrikarbeiter. Ihre Mitglieder sind meist einseitig und mangelhaft ernährt – für Fleischprodukte fehlt das Geld und für den Anbau von Gemüse die Zeit. Zudem arbeiten immer mehr Frauen in den Fabriken, denen damit kaum noch Zeit zum Kochen und für die Hausarbeit bleibt. Eine besondere Anfälligkeit für Krankheiten, Unterernährung und hohe Kindersterblichkeit sind die Folgen.

pest und wird bereits mit 21 Jahren stellvertretender Direktor. Im praktischen Geschäftsleben ist er voller Tatendrang. 1872 übernimmt er von seinem Vater die Hammermühle in Kempttal und kauft zudem die Zürcher Stadtmühle sowie die Mühle in Schaffhausen. Damit gehört die Familie Maggi zu den bedeutendsten Mühlenbesitzern in der Schweiz.

Liebstöckel wird Maggikraut Das Jahr 1886 ist für ihn in mehrfacher Hinsicht ein denkwürdiges, denn Julius Maggi macht zu dieser Zeit eine weitere Erfindung, eine, die seinen Namen später in alle Welt tragen sollte: die bis heute berühmte und beliebte Maggi-Würze. Nach mehreren Jahren Forschung und ersten Anfangserfolgen kommt die legendäre Maggi-Würze auf den Markt. Das Produkt wird so populär, dass die geschmacklich ähnliche Gewürzpflanze Liebstöckel im Volksmund den Namen Maggikraut bekommt. Das Kuriose daran ist, dass in der Würze nicht mal Liebstöckel enthalten ist. Die Maggi-Flasche hat seit dem Jahr 1887 ihr Äusseres kaum verändert, ist aber erstaunlich jung geblieben. Auf dem nach unten verjüngten viereckigen Körper sitzt der gerade Hals mit dem spitzen Verschlusskäppchen. Das Käppchen ist rot, das Glas braun. Darauf klebt eine gelbe Banderole mit der Aufschrift «Maggi. Maggi-Suppen-Würze». Und ganz gleich, was für ein Süppchen daraus gekocht wird, die Würze wird seit über 100 Jahren verwendet. Noch heute werden jährlich rund 9000 Tonnen davon hergestellt. 1887 gründete Julius Maggi jenseits der Schweizer Grenze, in Singen, eine deutsche Niederlassung. Die Wahl war äusserst glücklich getroffen, denn Singen war bereits 1863 an das Eisenbahnnetz angeschlossen und damit wichtiger Eisenbahnschnittpunkt. Im Werk waren anfangs acht Mitarbeiter beschäftigt, die «Maggi’s Würze» in Flaschen füllten. Doch das Werk wuchs und wuchs und überstand zwei Weltkriege. Es folgten Bouillons, die es als Kapseln und Würfel zu kaufen gibt. Immer neue Produkte und Formen werden entwickelt. Alles in der Absicht, dem modernen Menschen

Aus der Not heraus geboren Einer der Ersten, die diesen Zusammenhang erkennen, ist der Arzt und Fabrikinspektor Dr. Fridolin Schuler. Auf der Suche nach einer Möglichkeit, auch Fabrikarbeitern nahrhafte Lebensmittel zugänglich zu machen, die den Erfordernissen der Zeit entsprechen, experimentiert Schuler gemeinsam mit dem Mühlenbesitzer und SGG-Mitglied (Schweizerische Gemeinnützige Gesellschaft) Julius Maggi in seiner Labor-Küche mit Mehl und sogenannten Leguminosen – Pflanzen, die besonders reich an Proteinen, Vitaminen, Mineralstoffen und Eiweiss sind. Sie suchen nach Lebensmitteln mit hohem Nährwert und kurzer Zubereitungszeit zu erschwinglichen Preisen. Das Ergebnis: Ab 1886 verkauft Maggi Suppenpulver aus Mehl von Erbsen, Bohnen und Linsen. Mit Wasser aufgekocht entstehen daraus nahrhafte, preiswerte und schnell zubereitete Mahlzeiten. Die Erfindung ist eine Sensation, die Maggi zum Pionier der FastFood-Industrie macht. Julius Michael Johannes Maggi wird am 9. Oktober 1846 in Frauenfeld in der Schweiz geboren. Er kommt als jüngstes von fünf Kindern eines italienischen Einwanderers und einer Schweizerin zur Welt. Seine Jugendzeit verläuft turbulent. Häufig wechselt er die Schule. 1863 beginnt er eine kaufmännische Lehre in Basel, die er aber wieder abbricht. Danach startet Maggi richtig durch. Er arbeitet in schweizerischen Mühlenbetrieben in Buda-

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CULINARIUM

ÂŤMan soll dem Leib etwas Gutes bieten, damit die Seele Lust hat, darin zu wohnen.Âť Winston Churchill

Julius Maggi

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CULINARIUM

Erfolg der Maggi-Produkte trugen zum einen ihre einheitliche Etikettierung in Gelb und Rot, das Markenzeichen «Kreuzstern» sowie die typische Maggi-Flasche bei. Daneben betrieb Julius Maggi jedoch früh intensive Markenwerbung. Er war ein Pionier der Markenartikel, der auch die Bedeutung von Werbung früh erkannte. Bereits 1886 richtete er ein Werbebüro ein, für das eine kurze Zeit sogar der Dramatiker Frank Wedekind textete. Die handschriftlichen Originale der Werbetexte, die Wedekind für Maggi geschrieben hat, befinden sich in einer Sondersammlung der Aargauer Kantonsbibliothek. Sätze wie «Vater, mein Vater, ich werde nicht Soldat. Dieweil man bei der Infanterie nicht Maggi-Suppen hat.» «Söhnchen, mein Söhnchen, kommst Du erst zu den Truppen, so isst man dort auch längst nur Maggis Fleischkonservensuppen.» waren jedem Kind bekannt. Und so können auch heute noch alle den Slogan «Maggi – immer eine gute Suppe» mitsingen.

Zeit zu sparen und trotzdem eine bekömmliche Mahlzeit zu bieten. Heute vertreten Ernährungswissenschaftler eine andere Ansicht: Frisches Obst und Gemüse gehören auf den gesunden Speiseplan, auf Fertigprodukte verzichtet man möglichst. Trotzdem werden heute in Singen pro Jahr 41'000 Tonnen Trockenprodukte wie Suppen, Sossen, Bouillons, 9000 Tonnen flüssige Würzmittel und 48'000 Tonnen sterilisierte Produkte wie Ravioli oder Eintöpfe hergestellt. Die Produkte werden weltweit vertrieben und können fast überall auf der Welt gefunden werden. Nicht umsonst hat sich einer der berühmtesten Künstler der Welt, Andy Warhol, nur an zwei berühmten Flaschen der Welt versucht: der Coca-Cola-Flasche und der Maggi-Flasche.

Diese leicht klebrige, braune Flüssigkeit in der Flasche gehört nun mal zur Grundausstattung fast jeder Küche, schliesslich scheuen auch Fernsehköche nicht den Griff zur Fertigwürze. Da mag es Gourmets noch so schaudern. Heute hält Maggi für alle Gaumenfreuden etwas parat. Für die Freunde der asiatischen Küche ebenso wie für Spaghetti-Fans. Man schwimmt mit auf der Wellness-Welle, im Internet hilft das Maggi-Kochstudio mit Rezepten aus. Man geht mit der Zeit und erkennt neue Trends wie damals Julius Maggi. Vom Typ her war Julius Maggi ein knallharter Unternehmer. Aber auf der anderen Seite hatte er auch eine soziale Ader. Er war der Erste, der in der Schweiz eine Pensionskasse einführte. Für seine Arbeiter baute Maggi Wohnsiedlungen, Schulen und Schwimmbäder. Er führte die Betriebskrankenkasse, die 52,5-Stunden-Woche und den freien Samstagnachmittag mit vollem Lohnausgleich ein.

Werbung macht Meister Maggi ist ein Mythos – und Gattungsbegriff für eine riesige Produktpalette. Wie nennt man koffeinhaltige Limonade? Korrekt, Coca-Cola. Wie nennen wir das Papiertaschentuch? Richtig, Tempo. Und wie die Fertigwürzmischung? Genau, Maggi. Zum

Das teuerste Gewürz der Welt Nur drei leuchtend rote Fäden bildet eine durchschnittliche Blüte des normalen Crocos sativus aus, die das teuerste und vielleicht auch geheimnisvollste Gewürz der Welt produziert. Nur diese roten Narben, in die sich ein im Ansatz leuchtend gelber Narbengriffel in der Mitte der violetten Blütenblätter verzweigt und die nur einen äusserst geringen Bruchteil der Pflanze ausmachen, sind echter Safran. Bis heute ist die Herkunft der alten Kulturpflanze nicht genau geklärt. Wahrscheinlich wurde die Knollenpflanze von den Kreuzrittern bei ihrer Rückkehr aus Asien nach Europa mitgebracht und anschliessend über Jahrhunderte in Spanien, Italien, Frankreich und sogar Deutschland angebaut und geerntet. Angebaut werden könnte der Crocos sativus überall da, wo auch Wein wächst. Der grösste Anteil hochwertigen Safrans, der bei uns zu Preisen von acht bis fünfzehn Euro pro Gramm in den Handel kommt, stammt jedoch aus dem Iran.

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LIVING

Magie r von

t h c i L

m u a R d n u HervĂŠ Van der Straeten


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Der Künstler Hervé Van der Straeten gestaltet seine Objekte als Zusammentreffen von Kunst und Handwerk. Ob Lichtinstallation oder Möbel, die grossen Werke entstehen aus der ewigen Sehnsucht nach Perfektion, bei der Form und Ausführung gleichberechtigt sind.

«Gutes Design bringt dem Leben einiges. Es bietet dem Körper Komfort und bereitet den Augen Vergnügen.» Hervé Van der Straeten

G

von Susanne Schmitt

efesselt von Licht und Bewegung, hat Hervé Van der Straeten sein Leben der Suche nach aussergewöhnlichen Formen gewidmet. Eine Ambition, die ihn zu ebenso aussergewöhnlichen Materialien geführt hat, um einen Dialog der Kontraste anzustossen. Seine bevorzugten Ausdrucksfelder sind Bronzearbeiten, Kunsttischlerei und Lackierungen. Zu sehen sind diese herausragenden Kunstwerke in seiner Pariser Galerie im Stadtviertel Marais. Für Ruinart, das älteste Champagnerhaus der Welt, entwarf er kürzlich einen spiegelnden Champagnerkühler für drei Flaschen, welcher auf der Art Basel seine Premiere feierte. PRESTIGE traf den Künstler und Designer und sprach mit ihm über sein neustes Projekt «Miroir» und den Unterschied zwischen Kunst und Design.

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LIVING

einbringen. Die Besonderheit einer Champagnerflasche ist das Licht, das die Flasche innehat. So war die Arbeit mit Lichtspielen sehr wichtig. Licht spielt immer eine sehr grosse Rolle. Darüber hinaus wollte ich den Champagnerkühler für mehrere Flaschen kreieren. Ich finde, es ist uns ein sehr edles Objekt gelungen, und mein Anliegen war es, etwas zu erschaffen, das die Leute lange behalten werden. Wie kam es zu der Zusammenarbeit mit Ruinart? Ich kannte Ruinart natürlich schon seit langer Zeit. Bei all meinen Eröffnungen und Ausstellungen gibt es Ruinart-Champagner. Es war eine absolut natürliche Verbindung und letztendlich hat Ruinart mich gefragt, ob ich an einer Zusammenarbeit interessiert wäre. Und das war ich natürlich. Auf die Frage hin, ob Sie eher Designer als Künstler sind, sagten Sie einmal: «Ich bin ein Designer, der totale Freiheit gewählt hat.» Gibt es einen Unterschied zwischen Kunst und Design? Ich designe Tische und Licht und nützliche Dinge. Manchmal ist es bildnerische Arbeit und die Leute sehen es als Kunst an. Aber für mich ist das nur ein sprachlicher Unterschied. Es ist nichts Falsches daran, ein Designer zu sein oder reine Design-Objekte zu entwerfen. Etwas als Kunst-Objekt zu bezeichnen, bringt es nicht zwangsläufig zu einem höheren Level.

«Ich benutze niemals einen Computer.» PRESTIGE: Der Flaschenkühler aus Ihrer «Miroir»-Kollektion, den Sie für den Champagner Ruinart Blanc de Blancs kreiert haben, reflektiert den Kontrast, aber auch das Zusammenspiel zwischen der Champagnerflasche und dem Objekt. Wie lange hat es gedauert, diesen Flaschenkühler zu erschaffen, und wie kamen Sie auf gerade dieses Design? Hervé Van der Straeten: Ich habe ein Skizzenbuch und ich zeichne alles per Hand und mit einem Bleistift. Ich benutze niemals einen Computer. Ideen kommen schneller, wenn man alles direkt vor sich auf einem Blatt Papier hat. Die Idee für den Champagnerkühler kam sehr schnell. In meinen Arbeiten findet man viele Kontraste. Für die Flasche wollte ich ein Umfeld gestalten, das den Kontrast zu der runden Form der Flasche hervorhebt. Die ist sehr speziell. Die Ruinard-Flasche ist rund, golden und hell. Um die Flasche hervorzuheben und sie so noch schöner zu machen, entwarf ich einen Kühler mit Ecken und Kanten – sehr modern und scharfkantig. Es sind der Kontrast auf der einen und die Konversation der beiden Objekte auf der anderen Seite, die mir gefallen. Und Licht … ich wollte mehr Licht

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nen nicht mögen. Ich habe meine Firma mit 19 Jahren begonnen und war sofort erfolgreich mit meinem Schmuck. Also wenn man so will, hatte ich schon immer Erfolg und versuchte mich auch gerne an einigen sehr gewagten und sehr starken Objekten. Das hat Wiedererkennungswert, obwohl ich mit unterschiedlichen Materialien arbeite.

Welches war das erste (Kunst-)Objekt, das Sie jemals erschaffen haben? Es begann eigentlich mit der Eröffnung meiner Galerie vor 13 Jahren. Ich begann Möbel zu designen. Das war eine bedeutende Wende. Ich begann Tische, Kronleuchter, grosse Spiegel zu entwerfen. Vorher waren es nur kleine Objekte. Eigentlich galt mein Interesse schon immer Möbeln. Am Anfang designte ich sehr erfolgreich Schmuck, heute machen Schmuckobjekte nur zehn Prozent meiner Arbeit aus. Es war eine Entwicklung.

Haben Sie ein geheimes Talent? Ich koche sehr gut. Meistens französisch. Und normalerweise schmeckt es den Gästen auch sehr gut.

Gibt es einen Gegenstand, den Sie schon immer mal entwerfen wollten?

Was inspiriert Sie, woher haben Sie Ihre Ideen?

Ich träume davon, irgendwann einmal ein Haus zu entwerfen. Das wäre eine Herausforderung. Momentan arbeite ich an meinem Garten. Das ist höchst interessant, da es komplett anders ist als all das, was ich bisher getan habe. Ich bin sehr genau und in meiner Arbeit steckt jede Menge Energie, viel Bewegung, aber zur gleichen Zeit auch Klarheit. Mit einem Garten ist das ganz anders. Man kann den Entwurf machen, aber da ein Garten lebt, ist alles in Bewegung beziehungsweise verändert sich ständig. Es wächst und macht quasi, was es will … man kann es nicht zu 100 Prozent kontrollieren. Und da ich ein Kontrollfreak bin, ist das eine grosse Herausforderung für mich. Das macht mich demütig. Man muss warten, sich kümmern, bereit und willens sein, sich um lebende Dinge zu kümmern.

Das ist eine Kombination aus Architektur, zeitgenössischer Kunst, dekorativer Kunst … aus Japan, Europa und verschiedenen anderen Elementen. Ich zeichne ständig neue Ideen in mein Skizzenbuch. Doch ich brauche für meine Ideen kein bestimmtes Umfeld, keine bestimmte Umgebung, lediglich den richtigen Moment. Ihre Lieblingsmaterialien sind Bronze, Chrom, Marmor, Granit, Fiberglas, Spiegel und Lack … Gibt es Materialien, mit denen Sie nie arbeiten würden beziehungsweise die Sie nie für Ihre Objekte verwenden würden? Hmm, eigentlich nicht. Ich habe ein grosses Portfolio an Formen und Materialien und möchte ständig neue Dinge entdecken. Die meisten meiner Objekte entstanden aus einer starken Idee und ich versuche, sie durch die Wahl der richtigen Materialien so wertvoll wie möglich zu gestalten. Auch die Farbe ist wichtig. Manchmal habe ich eine sehr genaue Vorstellung der Farbe für ein bestimmtes Objekt. Es gibt zum Beispiel eine bestimmte Konsole nur in Rot, da sie so am dynamischsten wirkt.

Wie reagieren Menschen auf Ihre Arbeit? Für gewöhnlich reagieren die Leute sehr positiv auf mein Design. Ich erhalte viel positives Feedback. Es gibt nicht allzu viele Leute, die meine Galerie besuchen und sagen, dass sie meine Kreatio-

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«Ich mag den Kontrast von hart und kalt mit warm.» Hervé Van der Straeten

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Sie haben gesagt, dass Sie ständig nach Perfektion streben … Sind Sie jemals wirklich zufrieden mit Ihren fertigen Objekten? Ich versuche immer, die Grenzen zu verschieben, und bei manchen Stücken ist es eine Frage der Zeit, wenn Sie verstehen. Alles geht sehr schnell. Ich habe meine eigene Galerie und somit auch totale Freiheit in meiner Arbeit. Ich habe auch die Freiheit, mir so viel Zeit zu nehmen, wie ich brauche, um mein Ziel zu erreichen. Wenn ich also ein Modell für ein Design-Stück 3-, 4- oder 5-mal erstellen muss, so tue ich das. Aber ja, um auf Ihre Frage zurückzukommen, ich bin mit meinen Objekten und meinem Design sehr zufrieden. Nehmen Sie zum Beispiel den Ruinart-Champagnerkühler. Er ist fast mineralisch. Mit diesem Stück bin ich sehr zufrieden. Wie würden Sie Ihr Design in drei Worten beschreiben? Graphisch, stark und verspielt.

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«Die Schönheit DeS erSchaffenen entSteht, wenn man Die weSenSart eineS BauStoffeS ehrt.» Louis Kahn, amerikanischer architekt

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BEAUTY

Nof r e t e t e s Nach fa h r en Von roten Lippen und schwarz umrandeten Augen Schon Nofretete trug sie. Und zahlreiche andere Königliche im Alten Ägypten trugen sie auch. Augenkosmetik war im Alten Ägypten populär, und das nicht zuletzt wegen ihrer magischen Bedeutung.

von Yvonne Beck

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ie ersten Spuren von Kosmetikverwendungen und Schminke führen uns in das Alte Ägypten. Die Ägypter waren die Ersten, die selbst hergestellte Farben benutzten, um diese zur eigenen Schönheitspflege zu benutzen. Sie schmückten sich, um den Göttern «ähnlicher» zu werden. Denn nach ihrem Glauben spiegelte die körperliche Erscheinung eines Menschen seine Seele wider, und so erweckte die Oberfläche ihrer Körper das Wohlgefallen der Götter. Zudem schützten sie bereits ab 2500 vor Christus ihre Haut vor der intensiven Sonnenbestrahlung mit Salben und Ölen. Eine besondere Bedeutung kam jedoch der Betonung der Augen zu, da die Augen ein Sinnbild für den Sonnengott Ra darstellten. Die hierzu genutzten schwarzen und grünen Farben wurden häufig von Priestern hergestellt und wie Kajal benutzt.

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BEAUTY

«Make-up can only make you look pretty on the outside but it doesn’t help if you're ugly on the inside. Unless you eat the make-up.» Audrey Hepburn

Die Schönheitsrezepte der alten Pharaonen waren streng gehütete Geheimnisse – wie heute die neusten Formeln der Kosmetikhersteller. Durch Ausgrabungsfunde weiss man heute, dass sie mineralische und metallische Spurenelemente wie Eisenoxid, Antimon und Malachit mit Wasser vermischt zur Gesichtspflege auftrugen. Tierische Fette, Honig, Ambra, Moschus und Myrrhe waren weitere wichtige Zutaten für Cremes. Anders als heute kamen die Ägypter damals ausschliesslich mit natürlichen Zutaten aus. Zum Färben der Handflächen und der Fingernägel und für andere kosmetische Bemalungen verwendete man Henna – wie es heute noch in Indien gang und gäbe ist. Für Lippen und Wangen wurde eine fetthaltige rote Paste unter Beimischung des Minerals Zinnober benutzt.

Schönheitskult in Europa Erst Alexander der Grosse brachte von seinen ägyptischen Eroberungszügen die Erkenntnisse über die Herstellung von nach Griechenland. Die Griechen erfanden den passenden Namen «Kosmetik» für das «eroberte» Wissen – das griechische Verb «kosméo» bedeutet so viel wie «ordnen» oder «schmücken». Schon bald erblühte ein Handel mit den neuen Produkten. Schminke, Badesalze, parfümierte Salben und Salböle gab es auf fast jedem Bazar. So waren die Griechen wahrscheinlich die ersten geschminkten Menschen Europas. Die Römerinnen benutzten erst nach der Eroberung Griechenlands ausgiebig dekorative Schminke. Zum Entfernen wurde Olivenöl oder Esels- beziehungsweise Ziegenmilch benutzt. Die zu dieser Zeit genutzte Wimperntusche wurde aus gebranntem Kork hergestellt.

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Marilyn Monroe wurde mit ihrem roten Schmollmund berühmt.

Bereits vor hunderten von Jahren war die Kosmetikbranche Trends und Modeerscheinungen unterworfen. So galt beispielsweise im Mittelalter nur der blasse Teint als schön. Um eine makellose Blässe zu erreichen, verwendete man das hochgiftige Bleiweiss. Im 18. Jahrhundert wurden neben Bleioxid auch Wismutoxid, Quecksilberoxid, Zinnoxid und Talk zum Aufhellen der Haut verwendet. Doch erst ab Mitte des 19. Jahrhunderts wurden Kosmetika unter Berücksichtigung der möglichen Gesundheitsfolgen hergestellt. Gegen den ausschweifenden Gebrauch von Kosmetika sprach sich die Kirche aus, sie verlangte im Sinne der Frömmigkeit, dass die Menschen sich um die «inneren» Werte bemühen. Die «äusserliche» Schönheit hingegen wurde gering geschätzt. In der Renaissance wurde das Färben von Wangen und Lippen durch Elisabeth I. in England und Katharina von Medici in Frankreich wieder populär. «Vornehme» Frauen und Männer bedienten sich dabei der Kosmetika gleichermassen. Durch die neue Mode setzte man sich vom «gemeinen Volk» ab.

Erst Schwarz, dann Rot Dass sich Frauen die Lippen anmalen, ist heutzutage völlig alltäglich, zumindest in unserem Kulturkreis. Der erste moderne Lippenstift wurde im Jahr 1883 auf der Weltausstellung in Amsterdam der Öffentlichkeit präsentiert, und zwar von Pariser Parfumherstellern. Der in Seidenpapier gewickelte Stift war aus Rizinusöl (ein Produkt des afrikanischen Wunderbaums), Hirschtalg (Körperfett des

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Revlon-Plakat aus dem Jahre 1939

Hirsches) und Bienenwachs hergestellt. Da er noch keine Hülse besass und nur in Papier gewickelt war, nannte man ihn respektlos saucisse (Würstchen).

Besonders die französische Schauspielerin Sarah Bernhardt, eine Diva des späten 19. Jahrhunderts, machte den Lippenstift populär, als sie mit kirschrotem Mund auf der Bühne stand, und schenkte ihm den Namen Stylo d'Amour. In den 1930er-Jahren konnte man vor allem in den USA mit Kosmetik viel Geld verdienen. Deshalb entwickelten zahlreiche Firmen immer neue LippenstiftFarben, die reissenden Absatz fanden. Neben Rot und Schwarz gab es zum Beispiel «Shiap», ein helles Pink, und «Shocking», einen knalligen Fuchsiaton. Der Lippenstift wurde unentbehrliches Beauty-Accessoire und durfte in keiner Damenhandtasche fehlen. Einer der ersten beliebten Modelle trug den französischen Namen «Rouge Baiser» – auf Deutsch «roter Kuss». In den 1950er-Jahren kam dann auch die Drehmechanik hinzu, die heute bei vielen Lippenstiften Standard ist. Endlich konnten sich die Damen die Lippen anmalen, ohne sich auch die Finger oder die Handtasche zu färben.Nach dem Krieg wurde der Lippenstift auch in Deutschland immer beliebter. Heute zählt der Lippenstift zu den meistbegehrten Kosmetikprodukten, fast jede Frau verwendet eine oder mehrere Farben, passend zur Garderobe, zur Jahres- und Tageszeit und zur Stimmung. Aus dem täglichen Make-up-Ritual ist er einfach nicht mehr wegzudenken.

In den ersten Stummfilmen wurde er eingesetzt, um Darstellerinnen einen schwarzen Kussmund zu schminken. Die ersten Stummfilmstars wie Clara Bow, die ihre Lippen mit dem Amorbogen schmückte, oder Theda Bara mit ihren Vamp-Lippen sowie Mae Murray mit ihrem Bienenstich-Mund setzten Trends und machten den Lippenstift endlich salonfähig. Der sogenannte BienenstichMund war ein Trick von Max Factor, den er für den Film entwickelte. Da die üblichen Pomaden durch die heissen Studiolampen zerflossen, überschminkte er den Mund und malte darauf einen kleinen kecken Kussmund. Auf Zelluloid war Schwarz als Farbe am besten geeignet, und damit kam der fast schwarz geschminkte Mund in Mode. Von nun an trug Frau einen schwarz geschminkten Mund. Einziges Problem war, dass der Lippenstift nicht besonders lange hielt. Anfangs war er zudem noch sehr teuer und nur wenige Frauen trauten sich, ihn zu benutzen. Erst in den 1920er-Jahren hatten Chemiker an der Erzeugung eines Lippenstifts mitgewirkt, der zu einem erschwinglichen Preis über die Ladentheke ging.

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Stummfilmstars Clara Bow

Im 21. Jahrhundert zählt der Lippenstift nach wie vor zum beliebtesten Make-up-Produkt, mehr als 80 Prozent aller Frauen zwischen 20 und 80 Jahren benutzen regelmässig Lippenstift. Ob kussecht, knallig, glossy, schrill oder ganz dezent – bis heute ist der Lippenstift nach wie vor das beliebteste Beauty-Utensil. Frauen, die sich täglich die Lippen schminken, verzehren auf diese Weise jährlich einen ganzen Lippenstift. Doch das ist immer noch besser als die Praktiken, denen sich Katharina die Grosse bediente. Sie liess sich, in Ermangelung des noch nicht erfundenen Lippenstiftes, von ihren Dienerinnen die Lippen ansaugen und aufbeissen, damit sie schwellend und blutrot wirkten. Einen Nachteil hat der heutige Lippenstift jedoch auch: Wer mit sündig roten Lippen in Berührung kommt, ist schnell gebrandmarkt. Und so mancher Ehestreit entbrannte, weil Mann Frau nicht die roten Spuren am Hemdkragen erklären konnte.

Beauty-Pioniere Ein Vorreiter auf dem Gebiet der Kosmetikherstellung war Max Factor, der unter anderem den Look von Stars wie Gloria Swanson, Greta Garbo und Joan Crawford kreierte; ihm wird auch die Erfindung des Begriffs «Make-up» zuMax Factor geschrieben. Guerlain hat den Lippenstift 1910 erstmals in eine Metallhülse gesteckt. Die Revlon-Brüder Charles und Joseph produzierten nicht nur den ersten Nagellack, sondern waren auch die Ersten, die die Farbe für die Nägel mit der für die Lippen aufeinander abstimmten. Die amerikanische Chemikerin Hazel Bishop entwickelte den auch heute noch verwendeten Lippenstift auf Lanolin-Basis, der die Farbe nicht verschmieren lässt.

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Das goldene B체hnenjubil채um The Rolling Stones 106


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Mick Jagger und Keith Richards sind keine Freunde. «Freunde kann man sich aussuchen. Wir aber sind Brüder. Und die kann man sich nicht aussuchen», bemerkt Richards, der Gitarrist der ältesten und erfolgreichsten Rockband aller Zeiten – der Rolling Stones.

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Text: Björn Vogt, Bilder: Ronnie Wood

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rotz aller Zerwürfnisse können die «Glimmer Twins», wie sie sich nennen, mit dem Rest der Band – Drummer Charlie Watts und Gitarrist Ron Wood – in diesem Jahr ihr goldenes Bühnenjubiläum feiern. Mit der Musik der Schwarzen lieferten sie den Soundtrack zu den grossen gesellschaftlichen Umbrüchen des 20. Jahrhunderts. Sex, Drogen, Erfolg und Katastrophen – die Rolling Stones haben Rock ’n’ Roll 50 Jahre lang nicht nur vorgelebt, sondern auch überlebt – ein echtes Wunder.

nun hiesse. Brian Jones’ Blick fiel auf den Titel «Rollin’ Stone». Der Auftritt in dem hippen Marquee Club am 12. Juli 1962 gilt als der erste unter dem Namen «Rollin’ Stones», noch ohne das «g». In Songs von Blues-Legende Muddy Waters ist ein «Rollin' Stone» ein rastlos umherziehender Vagabund. Zufall hin oder her – der Name trifft das Gefühl der ziel- und richtungslosen Nachkriegsgeneration – rollende Steine setzen kein Moos an. Und der Name passt: Ohne Pause tourt die Band durch das Vereinigte Königreich. Mit einem Sänger, der sich bewegt wie ein Derwisch auf Speed, wird die Band zur Live-Sensation.

Wie die Steine ins Rollen geraten Die Geschichte der Rolling Stones beginnt in London in den frühen 60er Jahren. Auf dem Bahnsteig von Dartford bei London spricht der schüchterne Arbeitersohn und Kunststudent Keith Richards einen jungen Mann an, den er an der Schule schon mal gesehen hatte. Er ist eigentlich nur an den Platten interessiert, die Michael Jagger unter dem Arm trägt – mit Musik von Muddy Waters und Chuck Berry. Jagger, Student der London School of Economics, hat noch mehr Bluesplatten zuhause. Keith Richards imponiert ihm, weil der die Bluesmelodien perfekt nachspielen kann. Sie treffen sich fortan zum Musikhören und -machen. Denn Keith Richards lebt mit dem Gitarristen Brian Jones zusammen. Die Jungs sind völlig pleite – das Gas ist abgestellt, der Strom auch. Eines Tages bekommen sie die Chance auf einen Gig. Nur: Sie haben noch keinen Namen. Der Legende nach lag zufällig eine Platte von Muddy Waters auf dem Fussboden, als das Management des Marquee Club anrief und nachfragte, wie die Band denn

1962 ersetzt Bill Wyman den Ur-Bassisten Dick Taylor, für den ersten Drummer Tony Chapmann folgt Charlie Watts. Und dies gilt als Geburtsstunde des eigentlichen Stones-Sounds, wie Mick Jagger in einem Interview erklärt: «Jeder von uns ist ersetzbar. Aber wenn Charlie nicht am Schlagzeug sitzt, dann klingen die Stones nicht mehr wie die Stones.» Gemeinsam mit Bassist Wyman (der 1992 aus der Band ausstieg) sorgte er für einen Schuss Bürgerlichkeit und gleichzeitig für ein treibendes, unnachahmliches Rhythmusgerüst. Watts' «Geheimnis»: Bei seinem 1957er Gretsch-Schlagzeug, welches er nie stimmt, lässt er beim Snareschlag die Hihat weg.

Der Kampf gegen das Establishment 1965 bricht der Vietnamkrieg aus. In Deutschland zeigt Joseph Beuys erste Kunstaktionen. Es wird noch drei Jahre dauern, bis die Studenten in Deutschland zum Kampf gegen das Establishment aufrufen. Aber es liegt in der Luft: die Lust auf Veränderung, auf ein wilderes Leben, auf mehr Sex und weniger Regeln. Die Stones leben es vor. Keith Richards: «In den Fünfzigern hatte man

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diese Mädchen zu perfekten Barbiepuppen erzogen, aber an irgendeinem Punkt hatten sie beschlossen, endlich die Sau rauszulassen. Was sollte sie aufhalten, als sie die Gelegenheit dazu hatten? Die Lust dringt ihnen aus allen Poren, aber sie wissen nicht, was sie damit anfangen sollen. Und dann haben sie plötzlich ihr Opfer gefunden: dich.» Die Stones waren damals schon die «Anti-Beatles». Die Fans, vor allem die weiblichen, waren lauter, als die Stones spielen konnten. Ihr legendärer erster Manager Andrew Loog Oldham, vordem Pressesprecher bei den Beatles, erkannte damals: Bring die Eltern gegen dich auf, die Kids werden dich lieben (und deine Platten kaufen). Aber diese Musiker sind mehr als nur rebellisch: Sie sind authentisch. Keith Richards: «Wir verachteten Geld, wir verachteten Sauberkeit, wir wollten nur eins sein: black motherfuckers.» Die Rechnung ging auf. Die Eltern und die Zeitungen sind entsetzt, die Plattenverkäufe explodieren, die Stones landen Nummer-1-Hits in England und den USA. Dass sie 50 Jahre durchhalten, konnte sich damals niemand vorstellen, im Rückblick ist es ein Wunder. Keith Richards stand zehn Jahre lang auf Platz eins der «New Musical Express»-«Liste der Rockstars, die demnächst sterben». Dann fiel er auf Platz neun zurück. «Da war alles aus», schmunzelt der Gitarrist heute, nach überstandener Alkohol-, Kokain- und Heroinsucht.

Das 1965 entstandene «Satisfaction» gilt als der erste Song der Popgeschichte, der explizit von Sex handelt. «Es war der Sommer der Stones», erinnert sich Andy Warhol in New York: «‹Satisfaction› dröhnte aus jeder Tür, jedem Fenster, jedem Schrank und jedem Auto. Es war aufregend, dass Popmusik so mechanisch klingen konnte, dass man jeden Song an seinem Sound erkennen konnte und nicht an seiner Melodie.» Das markanteste Gitarrenriff der Popgeschichte hatte Keith Richards nachts im Vollrausch auf einem kleinen Kassettenrecorder aufgenommen, danach waren noch 40 Minuten Schnarchen auf dem Band verewigt. Die sparsamen Akkorde illustrieren perfekt, was die Stones ausmacht: Weniger ist mehr. Ebenso raffinierte wie streng reduzierte Gitarrenriffs bilden das gleichsam stählerne Gerüst, welches auf dem groovenden Fundament der Rhythmussektion thront.

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Sex, Drugs and Rock 'n' Roll

stochen. Die Rocker waren von den Stones als Ordner engagiert worden. Angeblich hatte Hunter einen Revolver gezogen. In dem anschliessenden Gedränge sterben weitere Zuhörer. Das »Rolling Stones»-Magazin nennt den Zwischenfall «den schlimmsten Tag des Rock 'n' Roll». Die Hells Angels – sie erhielten für ihre Tätigkeit 500 Dollar in Bier – machten sich einen Spass daraus, Jagger, «die Schwuchtel», auf der Bühne zu verhöhnen. Jagger schafft es gerade noch, eine Massenpanik zu verhindern. Katastrophale Bilanz: Am Ende haben fünf Menschen ihr Leben verloren.

Und plötzlich schwimmen die Stones im Geld. Und machen Schlagzeilen. Aber nicht nur mit musikalischen Erfolgen, sondern auch mit Skandalen. Mick Jagger entwickelt zu dieser Zeit eine Vorliebe für ausgefallenes Bühnenoutfit, schöne Frauen – und Drogen. Er probiert viel, lässt es aber bald wieder bleiben. Ganz anders sein Bruder im Geiste, Keith Richards: Er nimmt alles, was er kriegen kann, und dann so viel wie möglich. Sein Heroinverbrauch ist legendär. Ein typischer Tourneetag, erinnert sich Anita Pallenberg, beginnt im Luxushotel gegen 16 Uhr mit Kaviar und Champagner, gefolgt vom ersten «Druck» mit nahezu reinem Heroin. Rückblickend heisst es, dass sein Geld sein Leben gerettet hat – Richards kann sich immer den besten Stoff leisten. Und sein Motiv für den Drogengebrauch ist nachvollziehbar: Drogen sind für ihn Mittel zum Zweck. Richards will einfach so lange wie möglich wachbleiben, um noch mehr arbeiten zu können. Er komponiert wie besessen, und die Hits werden wie Perlen an einer Schnur aufgereiht.

Aber die Stones rollen weiter. Für Brian Jones wird Mick Taylor in die Band aufgenommen. Jagger und Richards übernehmen das Ruder – der Blues tritt zurück, der Stones-Sound wird rockiger, immer mehr an der Show orientiert. Dabei knirscht es zwischen den nach John Lennon und Paul McCartney erfolgreichsten Songschreibern der Welt immer häufiger. Richards braucht Jahre, um dem notorischen Frauenverschlinger Jagger eine heftige Affäre mit dem deutschen Model Anita Pallenberg zu verzeihen – Richards' damaliger Freundin. «Keef», auch «The Human Riff» genannt, revanchiert sich noch im Jahr 2010, indem er in seiner Biografie Mick Jaggers bestes Stück als «winzig» bezeichnet. Die Boulevardblätter sind begeistert.

1969 werden Mick Jagger und Keith Richards wegen Drogenbesitzes angeklagt. In einem Schauprozess werden die beiden Musiker verurteilt. Die drakonische Strafe: ein Jahr Gefängnis für Richards, drei Monate für Jagger, der im Gerichtssaal weint. Aber selbst der Chefredakteur der konservativen «Times» fragt: «Wollen wir wirklich einen Schmetterling aufs Rad flechten?» («Who breaks a butterfly on a wheel?»). Daraufhin wird die Haft- in eine Geldstrafe umgewandelt. «Time is on my side» – die alte Ordnung kapituliert vor dem neuen Geist der Liberalisierung.

Zunge zeigen! Nach Altamont sind die Stones nahezu pleite, ausserdem haben sie keine Rechte an ihren alten Songs. Sie machen aus der Not eine Tugend, lösen sich von ihrem Label Decca und gründen stattdessen ihre eigene Firma, die Rolling Stones Records. Auch damit sind sie ihrer Zeit weit voraus. Labelchef wird Marshall Chess, Sohn und Neffe der Gründer des legendären Blueslabels Chess Records, die Muddy Waters und auch Chuck Berry unter Vertrag haben. Vom Designstudenten John Pasche lassen sie sich ihr Markenzeichen, die rote Zunge, designen – für 50 Pfund.

Im Dezember 1969 schlägt das Schicksal ein weiteres Mal zu: Beim Altamont Free Concert in Kalifornien stehen die Rolling Stones vor 300'000 Zuschauern auf der Bühne, als der Rock 'n' Roll seinen schwärzesten Tag erlebt. Der 18-jährige Schwarze Meredith Hunter wird von einem Hells Angel vor der Bühne er-

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Als Steuerflüchtlinge (Der Spitzensteuersatz liegt damals bei 98 Prozent) müssen die Stones mit Frauen und Kindern 1971 England verlassen und gehen ins «Exile on Main Street» – in die Villa Nellcôte an der Côte d’Azur. Die Heroinsucht von Keith Richards ist Problem und Katalysator zugleich. Während Richards sich immer exzessiver dem Heroin hingab, hatte Jagger eine andere Droge: Frauen. Chess aber wollte unbedingt, dass die Kontrahenten zusammenarbeiten – und es gelingt. Das Meisterwerk der Stones, «Exile on Main Street», eingespielt in tropisch heissen Nächten im Keller der Villa, ist der krönende Abschluss ihrer stärksten Phase, in der sie zeitlose Klassiker schufen – Platten wie «Beggars Banquet», «Let it bleed» und «Sticky Fingers». Marshall Chess erinnert sich in einem Interview für das Musikmagazin «Goldmine», was er den Stones vermitteln konnte: Haltung. «Fuck everyone. Fuck the label. Keep recording until we have a motherfucker.»

seinen Film auf Jaggers Geheiss nie zeigen, die Orgien im Flugzeug, Drogenexzesse und zerlegte Hotelsuiten blieben unter Verschluss. Jagger und Richards sind damals Mitte 30, nach popindustriellen Massstäben bereits zu alt für das Business. Jagger plant seinen Ausstieg, strebt eine Solokarriere an. Sein Kompagnon im Dauerrausch nervt ihn. Aber für Richards kommen die Soloambitionen seines Sängers nicht in Frage. Für ihn zählen nur die Stones. Die Alben «Goats Head Soup» und «Black and Blue» gelten als Tiefpunkte in den hedonistischen 70er Jahren, einzig «It's Only Rock ’n’ Roll» korrigiert das Bild. Ein echter Lichtblick: 1975 stösst Gitarrist Ron Wood zu den Stones, anfangs als Aushilfe für die US-Tournee, ein Jahr später als Vollmitglied. Sein blindes Einvernehmen mit Keith Richards sorgt für einen Energieschub bei den Stones. Später wird er sich als Vermittler zwischen den Diven Richards und Jagger bewähren. Und Wood pflegt seine Doppelbegabung, er malt und zeichnet, was er erlebt.

Eine Hassliebe: Jagger-Richards

Am Ende der 70er Jahre sind die Stones eine klassische Supergroup und treten erstmals in Fussballstadien auf. Richardsʼ Heroinkonsum nimmt beängstigende Dimensionen an, während sich Jagger inzwischen intensiv – und erfolgreich – um das Geschäftliche kümmert. Warhol portraitiert Jagger, die Stones sind die ungekrönten Könige des Pop – aber sie sind langweilig geworden, wie nicht wenige Kritiker meinen. In den Achtzigern bezeichnet Mick Jagger die Band als «Mühlstein um meinen Hals» und «einen Haufen Rentner». Er möchte ernsthaft als Solokünstler durch-

«Ich ging meinen Weg direkt hinunter in die Heroin-Stadt. Mick dagegen lebte im Jetset-Land», erinnert sich Richards an Frankreich. Jetset war durchaus wörtlich gemeint: Die Band charterte eine Boeing 720 (mit Kamin an der Bar) und flog um die Welt, von Studio zu Studio. 1972 beginnt eine erfolgreiche wie irrwitzige Epoche, wo der «inner circle» sich zunehmend abgrenzt vom Tross. Die Kern-Stones geniessen ein zügelloses Leben – in jeder Hinsicht. Ein Filmteam, welches die Stones durch die USA begleitete, durfte

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starten. Keith Richards droht ihm offen: Wenn Mick auf Solotour gehen sollte, noch dazu mit Stones-Material, «dann schlitze ich ihm die Kehle auf.» Richards sieht sein Lebenswerk in ernsthafter Gefahr – ohne Mick Jagger keine Rolling Stones. Nach einem Achtungserfolg mit «She’s the Boss» 1985 floppen die nächsten Solo-Alben von Sir Mick – zum Glück für Millionen Stones-Fans. In seiner Biografie «Life» stichelt Richards gewohnt treffsicher: «Die Soloscheiben von Mick sind doch wie Adolf Hitlers ‹Mein Kampf›. Jeder hat sie, aber keiner hat sie gehört.» Die Chefs reden jahrelang kein Wort mehr miteinander. Auch Richards startet ein – erfolgloses – Soloprojekt und erwägt öffentlich, Jagger durch Who-Sänger Roger Daltrey ersetzen zu lassen. Aber beide wissen, dass sie einander brauchen. Und sie brauchen die Band. 1988 trifft sich die Band im Savoy Hotel in London, Jagger bekennt sich in einer flammenden Rede zur Band und gelobt Treue. Einer stillschweigenden Übereinkunft nach kommt die Band noch vor Frau und Kindern. Wenig später treffen sich Jagger und Keith Richards auf Barbados. Auf einem Balkon, so die Legende, und viel Wodka, entsteht das Album «Steel Wheels». Vielleicht finden die Streithähne auch wieder zusammen, weil plötzlich unfassbar viel Geld lockt. Und sie erinnern sich ihrer alten Tugenden: einer hinreissenden Liveperformance und einem ganzen Arsenal an Hits. Fitnessfanatiker Jagger verfügt noch immer (bis heute!) über einen veritablen Waschbrettbauch. «Steel Wheels» wird ein überragender Erfolg, ebenso wie die 1994 begonnene Voodoo-Lounge-Tour.

Und ewig rollen die Steine Zum 40. Bühnenjubiläum im Jahr 2002 gehen die Stones wieder auf Welttournee. In einigen Städten, darunter München, geben die Stones sogar Club-Konzerte: die Stones hautnah im Circus Krone, zu Preisen, die eine gewisse Solvenz voraussetzen. Es folgen Superlative: 2006 kommen zum Stones-Konzert an der Copacabana in Rio de Janeiro mehr als anderthalb Millionen Zuhörer. Lust auf eine Welttournee anlässlich des 50-jährigen Bestehens habe er schon, lässt der gesundheitlich angeschlagene Gitarrist Keith Richards wissen, der sich mit Jagger wieder einmal ausgesöhnt hat. Es kann ja auch 2013 werden. Ob Überlebenskünstler Richards es nochmal schafft? Der frühere US-Präsident Bill Clinton witzelte vor kurzem bei einer Preisverleihung in New York, Richards sei «ausser Kakerlaken die einzige Lebensform, die einen Atomkrieg überleben kann». Bei der eher schlichten Jubiläumsfeier in London liess der Gitarrist aufhorchen: «Wir haben uns getroffen und es fühlte sich so gut an. Vielleicht ist in dem alten Hund noch Leben drin.» Die Fans hoffen es, und auch finanziell ist der alte Hund mehr als einträglich: Die letzte Welttournee der Stones, «A Bigger Bang», war 2007 in London zu Ende gegangen. Die Band hatte zwei Jahre lang vor über vier Millionen Menschen in 32 Ländern gespielt. Mit Ticket-Einnahmen von weit über einer halben Milliarde US-Dollar war sie laut BBC die profitabelste Tour einer Rockband aller Zeiten.

Ronnie Wood will als Maler in Erinnerung bleiben Ronnie Wood wurde 1947 in eine Familie aus Musikern und Künstlern hineingeboren. Bevor er seine Karriere als Musiker begann, studierte er Malerei am Ealing College of Art in London. Schon als 14-jähriger zeigte er seine ersten Ausstellungen und gewann Preise. Über die Jahre sind der Maler und der Musiker untrennbar geworden. Als er seine Karriere als Musiker startete, pflegte Ronnie Wood weiter seine Leidenschaft für die Malerei. Es ist ganz normal, ihn mit einem Pinsel zu sehen, genauso wie mit einer Gitarre. Woods Arbeiten sind inzwischen in der Kunstwelt hoch geachtet. Davon zeugen über 300 Ausstellungen auf der ganzen Welt. Originale von Ronnie Wood finden Kunstinteressierte bereits in verschiedenen Museen. Sein persönlicher Wunsch, der Nachwelt als Maler und nicht als Gitarrist der Rolling Stones in Erinnerung zu bleiben, wird jedoch nur schwer zu erfüllen sein. Weitere Informationen zu Lithographien, die auch käuflich erworben werden können, erhalten Sie per E-Mail unter: info@art-and-music.com

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Zeit rund um Zeitzonenuhren den Globus 134


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Der Traum, trotz beharrlich fortschreitender Zeit noch einmal jünger werden zu können, ist so alt wie die Menschheit selbst. Und wer richtig plant, kann ihn sogar Realität werden lassen. Wie’s geht, ist kein Geheimnis. Mit etwas HintergrundHintergrundwissen, einem wissen, einem Flugticket Flugticket undund derder richtigen richtigen Armbanduhr Armbanduhr gestaltet gestaltet sichsich dasdas UnternehUntermen zumzum nehmen Kinderspiel. Kinderspiel.

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«wie Frau oder Mann ganz einfach jünger werden können»

von Gisbert L. Brunner

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as ewige Spiel der Jahreszeiten, der beständige Wechsel von Tag und Nacht, kurz: Der Lauf der Zeit resultiert aus der kontinuierlichen Rotation unserer Mutter Erde. Solange die Menschen mit der Morgenröte aufzustehen pflegten und sich mit Einbruch der Dunkelheit zur Ruhe betteten, tangierte sie diese Naturgegebenheit nur wenig. Selbst die Einführung von Turmuhren, welche die jedem Ort eigene Lokalzeit verkündeten, änderte daran nur wenig. Als der Philosoph David Friedrich Strauss gegen 1850 vom «zauberhaften Fliegen» in der Eisenbahn schwärmte, hatte sich die Situation gründlich verändert. Die vielen Ortszeiten, welche sich am jeweiligen Stand der Sonne orientierten, führten zu echten Problemen. Steigende Geschwindigkeiten, dichtere Schienennetze und veröffentlichte Fahrpläne verlangten dringend nach chronometrischer Koordination. Speziell in den USA und in Kanada setzte damals jede Eisenbahngesellschaft auf ihre eigenen Zeiten, was die Schwierigkeiten noch verstärkte. 1870 hatte sich das Durcheinander zu einem echten Chaos ausgewachsen. Im gesamten Nordamerika des mittleren 19. Jahrhunderts existierten nicht weniger als 144 offiziell anerkannte Zeiten.Angesichts der schier unerträglichen Situation mit regelmässigen Zugunglücken propagierte Sandford Fleming,

leidgeplagter Chefingenieur der Canadian Pacific Railway, die Einführung klar definierter und allgemein gültiger Zeitzonen. In jeder sollte jeweils die gleiche, eine mittlere Zonenzeit gelten. Ausgehend vom Nullmeridian sei nach jeweils 15 Längengraden eine Zeitgrenze zu markieren. Und von Zone zu Zone habe sich die Zeit um jeweils eine volle Stunde zu verschieben. In der Summe ergäben sich also 24 Zeitzonen mit 24 unterschiedlichen Zonenzeiten.

Lösung eines evidenten Problems Die Idee fiel auf fruchtbaren Boden, denn für Oktober 1884 lud der amerikanische Präsident Chester A. Arthur höchstpersönlich Repräsentanten der damals 24 souveränen Staaten dieser Erde zur «Prime Meridian Conference» nach Washington D.C. Ziel der dreiwöchigen Tagung war die Verabschiedung eines Protokolls für eine Welt-Standardzeit. Zu den Streitpunkten gehörte die Positionierung des Nullmeridians. Nach ausgiebigen Diskussionen fiel die Wahl aus guten Gründen auf Greenwich bei London. Der auf dem Erdball exakt gegenüberliegende 180. Längengrad markiert seitdem die Datumsgrenze. Und damit löst sich das Rätsel, wie Frau oder Mann ganz einfach jünger werden können: Zum Beispiel durch einen Flug von Tokio nach Hawaii. Dort angekommen, müssen Globetrotter ihre Uhr um einen ganzen Tag zurückstellen. Für

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sie gibt es dasselbe Datum also zweimal. Andererseits überspringen und verlieren Weltreisende somit gnadenlos einen ganzen Tag, wenn sie von Amerika nach Asien jetten. Ungeachtet der sinnvollen Lösung eines weltbewegenden Problems ändert sich nichts am Faktum, dass die Zeit nicht aufteilbar ist. Das kostbarste Gut der Menschheit definiert sich aus der Position. Zeit ist Raum; die Zeit verändert sich, während der Standort bleibt. Nachdem sich die Erde mit schöner Regelmässigkeit dreht, kommen alle Erdenbürger unabhängig von ihrem Aufenthaltsort in den Genuss eines 24 Stunden währenden Tags. Für jeden Erdenbürger ist irgendwann Mittag oder Mitternacht. Wo immer man den Tag beginnen lässt. Und er endet an der jeweils gleichen Stelle exakt vierundzwanzig Stunden später. Diese Resultate der Konferenz fanden 1883 ihre Umsetzung in den USA und Kanada. Bis alle Staaten ihren nationalen Stolz aufgegeben, Greenwich als geographischen Ausgangspunkt und das neue System als Ganzes akzeptiert hatten, mussten die Erde und die Zeiger der Uhren allerdings noch viele Runden drehen. Ab 1. April 1893 zeigten die Uhren in Deutschland und Österreich die

Mitteleuropäische Zeit (MEZ) mit einer Differenz von +1 Stunde gegenüber der als Welt- oder Universalzeit definierten mittleren Sonnenzeit des Greenwicher Nullmeridians (Greenwich Mean Time – GMT). 13 Monate später verfügte der kantonale Berner Regierungsrat, dass «zur Vermeidung einer verwirrenden Zweispaltigkeit der Zeitbestimmung … diese mitteleuropäische Zeit auch für das bürgerliche und amtliche Leben eingeführt wird, und es sollten sämtliche öffentlichen Uhren (Kirchenuhren und andere) auf den 1. Juni nächsthin um 30 Minuten vorgerückt werden». Die halbe Stunde resultierte aus der geographischen Lage der schweizerischen Hauptstadt: 7,5° östlicher Länge. Logischerweise schlossen sich die übrigen Kantone dem Vorbild an. Ein Blick in die derzeit gültige Weltzeitkarte macht aber auch deutlich, dass die Zeitzonengrenzen nicht exakt mit den jeweiligen Längengraden übereinstimmen (können), denn das wäre schlichtweg widersinnig. Daher orientieren sich die Zeitzonengrenzen dort, wo dies sinnvoll und notwendig ist, primär auch an Ländergrenzen. Ausserdem gibt es weltweit auch eine ganze Reihe von Halb- und Viertelstunden-Zeitzonen. Ausnahmen bestätigen bekanntlich die Regel.

Zum Beispiel durch einen Flug von Tokio nach Hawaii.»

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Universalzeit-Armbanduhren Wer viel in der Welt unterwegs ist oder über weite Strecken telefoniert, kennt den Nutzen intelligenter Armbanduhren mit praktischem Zeitzonen-Dispositiv. Zu den absoluten Pionieren so genannter Weltzeituhren gehört Patek Philippe. Zusammen mit dem Genfer Uhrmacher Louis Cottier entwickelte die Familienmanufaktur bereits 1937 die rechteckige Referenz 515. Ihr 24-Stunden-Ring und die Städteangaben auf dem Zifferblatt waren jedoch noch fest für Greenwich Mean Time synchronisiert. Dieses Manko erledigte sich noch im gleichen Jahr. Bei der Referenz 542 mit gravierter Drehlünette handelte es sich um die weltweit erste Armbanduhr vom Typ «Heure universelle». Bei Fernreisen positioniert man die Aufenthalts-Zeitzone, repräsentiert durch eine Metropole, bei der «12». Dann lassen sich die Stunden aller 24 Zeitzonen simultan vom Zifferblatt ablesen. Zeiger sind für die Stunden und Minuten der jeweiligen Ortszeit zuständig. An diese Tradition knüpft die gelbgoldene Referenz 5131 mit dem nur 3,88 mm hohen Automatikkaliber 240 HU. Das kostbare Zifferblatt-Zentrum aus Cloisonné-Email (Zellenschmelz) bildet Europa, Afrika und Amerika ab. Der Name der «Transocean Unitime» von Breitling steht für Ferne und jene universale Zeit, welche der Retrolook-Zeitschreiber mit Wurzeln in den 1950er und 1960er Jahren darstellt. Das «Heure universelle»-Zifferblatt bildet die Zeit in 24 internationalen Zonen ab. Wie üblich vertreten durch bekannte Städte. Bei Trips beispielsweise über den Atlantik genügt simples Umstellen mit Hilfe der Krone. Die Stadt der geplanten Aufenthaltszone wandert zur «12». Zudem verändern sich auch die zentralen Zeitzeiger, das Datum und der 24-Stunden-Ring. Die Sommerzeiten finden übrigens auch Berücksichtigung. Den universellen, bis 100 Meter wasserdichten Chronographen mit chronometerzertifiziertem Automatikkaliber B05 aus eigener Manufaktur gibt es in Stahl oder Rotgold. An anspruchsvolle Uhr-Aficionados wendet sich Cartier mit der «Calibre Weltzeit». Die 45 mm grosse Weissgold-Armbanduhr mit dem Automatikkaliber 9909 MC besticht durch ihre ausgesprochen einfach handhabbare Weltzeitindikation. Globetrotter erfahren die jeweilige Orts- und die Heimatzeit. Ein «Jetlag»-Indikator gibt Auskunft über die jeweilige Zeitverschiebung. Im Gegensatz zu Herkömmlichem wurde die Städtescheibe ins Werk integriert. Zum Einstellen per Kippdrücker ist sie durch eine Lupe in der linken Gehäuseflanke sichtbar. Besonders hilfreich: die Berücksichtigung der Sommerzeit. Frédérique Constant, eine relative junge Genfer Marke, nimmt sich des Universalzeit-Themas mit dem neuen «Classic Manufacture Worldtimer» an. Die Edelstahl-Armbanduhr mit Zentralsekunde misst 42 Millimeter. Für die Indikation der Zeit zeichnet die Manufaktur-Automatik FC-718 verantwortlich. Durch einen Sichtboden lässt sie sich bei der tickenden Arbeit beobachten. Bei der «6» dreht ein kleiner Datumszeiger seine Runden. Dem nassen Element widersteht dieses neue Modell bis zu fünf Atmosphären Druck.

Während der Baselworld 2012 zeigte Glashütte Original eine der kompliziertesten mechanischen Armbanduhren deutscher Provenienz. Das Handaufzugskaliber 89-01 des «Grande Cosmopolite Tourbillon» besteht aus mehr als 500 Komponenten. Der Drehgang-Mikrokosmos bietet die Möglichkeit, zwischen 37 verschiedenen Zonenzeiten zu wählen. An solche mit Halbund Viertelstunden-Differenzen hat das Mitglied der Swatch Group ebenso gedacht wie an die Sommer- und Winterzeit. Ein ewiges Kalendarium erspart Korrekturen bis hin zum Jahr 2100. Vom opulenten Platin-Œuvre fertigt die Manufaktur allerdings lediglich 25 Exemplare. Hublot entwickelt sein eigenes «Unico»-Uhrwerk konsequent weiter. Im Fall der neuen «GMT» durch die Addition einer exklusiven Zeitzonen-Funktion. Die Anzeige der Stunden in 14 Zonen geschieht mittels intelligentem Zusammenspiel von vier Aluminiumdrehscheiben. Das Ein- und Verstellen lässt sich per Drücker bei der «2» bewerkstelligen. 72 Stunden lang kommt die Manufaktur-Automatik HUB 1220 ohne Energienachschub aus. Besonders markant präsentiert sich die 48-Millimeter-Version dieses vielseitigen Boliden mit Lünette und Boden aus schwarzer Keramik. Weit über das bislang Gekannte geht das 2011 lancierte Weltzeit-Œuvre von Vacheron Constantin hinaus. Sein Zifferblatt mit drei konzentrischen Städteringen trägt allen ZeitzonenBesonderheiten Rechnung. Insgesamt stellt es 37 Zonenzeiten dar, also beispielsweise auch jene von Caracas. Bekanntlich hat Hugo Chavez 2007 den Abstand zur Weltzeit UTC um eine halbe Stunde verkürzt. Mit dieser Rotgold-Armbanduhr, in der das patentierte Automatikkaliber 2460 WT tickt, weiss man auch in Australien, Indien oder dem Iran, welche Stunde gerade schlägt. Zum Einstellen reicht allein die Krone. Von Zenith stammt ein neuer Alleskönner. Und zwar mit 45 mm grossem Stahlgehäuse. Die «Pilot Doublematic» mit dem «El Primero»-Automatikkaliber 4046, Gangautonomie 50 Stunden, besitzt eine universelle Zeitanzeige, also Weltzeit-Indikation. Damit Jetlag-geplagte Kosmopoliten bei ihren Trips rund um den Globus ja nicht verschlafen, ist auch ein Wecker mit an Bord. Und der Chronograph gestattet das Stoppen unterschiedlicher Zeitintervalle. Ausserdem gibt es ein Grossdatum sowie Indikationen für die Gangreserve und den Schaltzustand der Alarmfunktion.

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WATCHES & JEWELLERY

Zwei Zonenzeiten tun es auch Erstmals in der Uhrengeschichte bietet Breguet beim Modell «Hora Mundi 5717» eine Art «Zonenzeit-Pingpong». Per Knopfdruck können Kosmopoliten zwischen den Stunden zweier vorgewählter Zeitzonen hin und her schalten. Der Minutenzeiger bleibt davon unberührt. Die mechanische Sprunghaftigkeit bezieht sich auch auf den heimatzeitbezogenen Tag/Nacht-Indikator sowie das mit der Ortszeit gekoppelte Datum. Letzteres bildet eine Scheibe in einem segmentförmigen Fenster bei der «12» ab. Die aktuelle der drei dort sichtbaren Zahlen umfängt ein kleiner Ring, der mit dem Datum durch den Ausschnitt wandert. Rechts im Zifferblattausschnitt angekommen, springt er zurück zum folgenden Tag. Das Automatikwerk mit Silizium-Komponenten heisst 777. Zwei Stundenzeiger, einer für die Orts- und ein anderer für die Heimatzeit zeichnen das neue Automatikwerk HMC 346.121 von H. Moser & Cie. aus. Die Optimierung des 1959 für Louis Cottier patentierten Systems offenbart sich bei der «Meridian» in einer unübersehbaren Indikation für die Vor- und Nachmittagsstunden der entfernten Referenzzeit. Nicht das Datum zeigt sich im grossen Zifferblattausschnitt, sondern entweder die Zahl «12» oder «24». Zur Anzeige reichen die Ziffern 124, gedruckt auf einen kleinen Schieber. Das Umschalten der Indikation geschieht infolge eines Vorspann-Mechanismus innerhalb einer Sekunde. Mit Hilfe der Krone lässt sich der rote Stundenzeiger in beiden Richtungen verstellen. Die legendäre, vom Firmengründer Hans Wilsdorf entwickelte «GMT-Master» kann als echte Uhrenlegende gelten. Brandneu ist der deutlich komplexere Komparativ aus dem Hause Rolex. Wie die GMT-Master besitzt auch die durchdachte «Sky-Dweller» mit klassischem «Oyster-Gehäuse» einen unabhängig verstellbaren Stundenzeiger sowie eine 24-Stunden-Indikation. Hinzu gesellt sich ein ausgeklügelter Jahreskalender, der nur jeweils Ende Februar einer kleinen Korrektur bedarf. Für die Monatsanzeige haben sich die Techniker etwas ganz Besonderes einfallen lassen: Hinter jeder Stundenziffer befindet sich ein kleines Fenster. Der aktuelle Monat erscheint in Schwarz. Die bis 100 Meter wasserdichte Schale gibt es derzeit nur in Massivgold.

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DRIVE STYLE

forever

Fahrgestell des Mercedes G5 mit Allradlenkung

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DRIVE STYLE

Offroad-artige SUV erfreuen sich immer grรถsserer Beliebtheit. Doch wie ist diese Fahrzeuggattung einst entstanden? Ein Abstecher zu den ersten Allradautos.

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DRIVE STYLE

Als Autofahren noch Herrensport war: Spyker 60/80 HP mit Allradantrieb und Sechszylindermotor

Text: Matthias Pfannmüller, Fotos: Werk, Cellection W. Oude-Weernink

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ie Geschichte des Allradantriebs ist so alt wie das Automobil. Von Anfang an hat es Bemühungen gegeben, die Motorkraft auf alle Räder zu verteilen. Dafür gab es zwei Gründe: Zum einen versprach das Prinzip eine höhere Endgeschwindigkeit. Andererseits – und das war vor allem eine militärische Forderung – verbesserte es die Traktion und machte damit ausgestattete Fahrzeuge unabhängig von befestigten Wegen und Strassen. So verwundert es nicht, dass die meisten dieser frühen Entwicklungen im Auftrag nationaler Streitkräfte entstanden.

Wie alles begann Grundsätzlich muss man zwischen Allrad- und Geländewagen unterscheiden. Wir stellen hier – ohne die Geschichte der Allradlastwagen zu berücksichtigen – wegweisende Konstruktionen vor, die bei der Entwicklung der Allradtechnik eine Rolle gespielt haben. Das erste Patent für einen mechanischen Allradantrieb datiert von 1898. Sein Erfinder hiess Robert E. Twyford und stammte aus Pittsburgh, Pennsylvania. Allerdings setzte er seine Theorien erst 1905 in die Praxis um. Die Ehre, das erste Auto mit permanentem Vierradantrieb gewesen zu sein, gebührt deshalb dem Spyker 60/80 HP aus Holland, der auf dem Pariser Salon im Dezember 1903 vorgestellt wurde. Als Rennwagen war er von Joseph Laviolette konstruiert worden und hatte einen 8,7 Liter grossen Reihensechszylinder-Motor. Dessen Kraft wurde per Dreiganggetriebe, Zentraldifferenzial und Kardanwellen auf beide Achsen übertragen. Damit ausgestattet, vermochten sich die Vorderräder in Kurven schneller zu drehen als die Hinterräder. Zwar verdankte der 60/80 HP dieser Technik den nötigen Trakti-

onsvorteil. Allein die Standfestigkeit damaliger Materialien zeigte sich dem fortschrittlichen Prinzip nicht gewachsen. So wurde die bemerkenswerte Konstruktion im Februar 1904 nochmals auf der Crystal Palace Motor Show in London gezeigt, blieb aber ein Einzelstück. Anschliessend sind etwa ein Dutzend Vierzylindermodelle namens 28/32 HP mit Allradantrieb, aber ohne Zwischendifferentzial gebaut und ausgeliefert worden – keines überlebte.

Die Geburtsstunde des Allradantriebs Unterdessen machte der Allradantrieb weitere Fortschritte: 1908 liess sich Otto Zachow aus Clintonville, Wisconsin, einen lenkbaren Vorderradantrieb patentieren, den er zusammen mit seinem Schwager William Besserdich entwickelt und in seinen selbst konstruierten Geländewagen eingebaut hatte. Von diesem Fahrzeug abgeleitet, erschien 1911 eine weiterentwickelte Version unter der Firmenbezeichnung FWD (Four Wheel Drive). Schon 1912 präsentierte das Unternehmen einen ersten 4x4-Lkw, der bei der Armee auf starkes Interesse stiess. Dieser FrontlenkerLastwagen sei deshalb erwähnt, weil er zwischen 1914 und 1928 in beachtlichen Stückzahlen – Quellen sprechen von mehr als 40'000 Einheiten – gebaut worden und damit das erste in Grossserie produzierte Allradfahrzeug gewesen sein soll. Einige Exemplare gelangten nach Europa und wurden anschliessend von englischen Lizenznehmern nachgebaut. Gleichzeitig wuchs das Interesse an handlichen, leichteren Geländewagen. 1923 bauten die Amerikaner ein experimentelles Ford-T-Modell mit Allradantrieb und riesigen Ballonreifen, dessen Offroad-Fähigkeiten befriedigend gewesen sein sollen. Allerdings blieben Leistung und Zuladung noch weit hinter den Erwartungen zurück.

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DRIVE STYLE

Zu den grössten Herausforderungen aller Vierradkonstrukteure zählte stets, das Verspannen des Antriebsstrangs auf festem Untergrund zu verhindern: Ähnlich wie die kurveninneren und -äusseren legen die vorderen Räder in Kurven einen längeren Weg zurück als die Hinterräder. Es ist deshalb notwendig, den Kraftschluss beider Achsen voneinander zu trennen, um Beschädigungen zu vermeiden und den Verschleiss auf ein Minimum zu reduzieren. Als klassische und einfachste Lösung gilt hier der zuschaltbare Vorderradantrieb, mit dem auch das erste in Serie hergestellte Geländeauto ausgestattet worden sein soll: Es hiess Black Medal Scout Car und erschien 1935 bei dem japanischen Hersteller Kurogane. Ausgestattet mit einem vorne liegenden V-Zweizylinder-Motorradmotor, Einzelradaufhängung und einer offenen Karosserie, konnte es fünf Personen befördern. Die meisten der 4800 bis 1940 produzierten Exemplare wurden vom Militär eingesetzt. Mit allradtechnisch unkonventionellen, aber höchst effektiven Lösungen konnte der 1935 vom Hamburger Nutzfahrzeughersteller Tempo vorgestellte G1200 aufwarten. Er hatte zwei 600 ccm grosse, 19 PS starke Zweitaktmotoren mit angeflanschten Getrieben, die jeweils Vorder- und Hinterräder antrieben, am tragenden Zentralrohrrahmen befestigt waren und die Möglichkeit boten, entweder mit Front-, Heck- oder Allradantrieb zu fahren. Ausser-

dem verhalf eine (an der Hinterachse abschaltbare) Allradlenkung dem G1200 zu erstaunlicher Wendigkeit und einem Wendekreis von nur sieben Metern. Nicht zuletzt durch seine patentierte und dreifach gefederte Einzelradaufhängung vorne und hinten konnte der Tempo viele Geländeveranstaltungen für sich entscheiden. Er wird zu Recht als der überlegenste leichte Allradler der 1930erJahre bezeichnet. Zwischen 1936 und 1944 entstanden 1335 Exemplare, die unter anderem nach Australien, Brasilien, Chile und in den Irak exportiert wurden. Allein 985 Stück lieferte Tempo bis 1944 an die schwedische Armee. Die Wehrmacht setzte den G1200 nicht ein – weil er ein Zweitakter war. An die Front mussten dagegen die Horch-Geländewagen 901 (1935 bis 1942) und 108 (1937 bis 1942), der Mercedes-Benz G5 von 1937 sowie die ab 1936 gebauten Stoewer-Modelle R 180 und 200 Spezial: Sie wurden jeweils von Vier-, Sechs- oder Achtzylinder-Benzinmotoren angetrieben, waren etwa vier Meter lang und verfügten über Allradlenkung, Fünfganggetriebe und drei Sperrdifferentziale. Auch vom 1938 vorgestellten Volkswagen hat es mehrere Allradvarianten gegeben. Neben den vierradgetriebenen Schwimmwagen-Typen 128 und 166 erschien 1941 ein hoch gelegter, auf grobstolligen Reifen stehender Kommandeurswagen mit der berühmten Käfer-Karosserie, der Typ 87. Als Motor diente der bekannte 1,1-Liter-Boxer mit 25 PS, dessen Kraft auf beide Achsen –

Tempo G1200 (1936–44), Kommandeurswagen (1941–45)

Willys Quad (1941), Mercedes G5 (1937)

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DRIVE STYLE

Unimog und Land Rover, beide 1948

jeweils mit Sperrdifferentzial – übertragen werden konnte (wobei sich der Vorderradantrieb über einen Geländegang zuschalten liess). Zusammen mit anderen VW-Allradderivaten entstanden vom Kommandeurswagen bis 1945 circa 600 Einheiten; nach dem Krieg baute Volkswagen noch zwei weitere 87er im Auftrag der britischen Besatzungsmacht.

Einer für alles In der Liste früher Geländewagen darf ein Meilenstein der Allradtechnik nicht fehlen, der 2012 seinen 65. Geburtstag feiert. Die Rede ist vom Universalmotorgerät, kurz: Unimog. Bereits während des Krieges war es von Flugzeugkonstrukteur Albert Friedrich im Auftrag der Gold- und Silberwarenfabrik Ehrhard+Söhne in Schwäbisch Gmünd entwickelt worden. Im März 1946 entstand dort ein erster Prototyp, der 13 Monate später Experten der Landtechnik vorgeführt und im August 1948 in Frankfurt erstmals öffentlich gezeigt wurde. Das Prinzip des Unimog war ebenso einfach wie zweckmässig: Angetrieben wurde die erste Serienversion von einem Mercedes-Vierzylinder-Dieselmotor mit 25 PS, über dem sich eine enge zweisitzige Kabine mit Stoffverdeck befand. Dank seinem kurzen Radstand, der hohen Bodenfreiheit, einem Sechsganggetriebe mit zwei Rückwärtsgängen plus zweistufigem Untersetzungsgetriebe und dem zuschaltbaren Allradantrieb mit Differentzialsperren vorn und hinten übertraf seine Geländegängigkeit alles bisher Dagewesene. Mehrere Geräteanschluss- und Aufbaumöglichkeiten sowie die beachtliche Nutzlast von einer Tonne machten ihn zu einem Alleskönner. Aus diesen und steuerlichen Gründen stufte man ihn zunächst als Ackerschlepper ein. Hergestellt wurde der Unimog ab Herbst 1948 von der Maschinenfabrik Gebrüder Boehringer in Göppingen. Aufgrund mangelnder Fertigungskapazitäten übernahm das Mercedes-Benz-Werk im badischen Gaggenau 1951 die Produktion. Dort sind über 320'000 Exemplare gebaut worden, bevor man die Produktion Mitte August 2002 nach Wörth am Rhein verlagerte.

Allrad auf dem Vormarsch Die Impulse für die Geländewagen-Evolution kamen also aus der ganzen Welt – der Allradantrieb ist keineswegs eine Erfindung der Amerikaner, wie oft behauptet wird. Aber sie haben seine Entwicklung am konsequentesten betrieben, und die gemeinsamen Anstrengungen der amerikanischen Automobilindustrie gipfelten

schliesslich im 1941 lancierten Jeep. Initiiert wurde er durch eine Ausschreibung des amerikanischen Generalstabs in Camp Hollabird, Maryland. Dort forderte man ein Allzweckfahrzeug mit Vierradantrieb. Am 5. Juli 1940 wurden die entsprechenden Konstruktionsvorgaben für einen Four-Wheel-Drive-Quarter-TonTruck an 135 potentielle Hersteller geschickt. Obwohl sich viele Adressaten für den lukrativen Auftrag interessierten, schaffte es nur die American Bantam Car Company aus Butler, Pennsylvania, fristgerecht zum 23. September einen Prototypen abzuliefern. Dieser von Chefkonstrukteur Karl Probst entwickelte und Bantam Reconnaissance Command HP40 genannte Geländewagen begeisterte die Militärs, weshalb sich zwei weitere Unternehmen, Willys Overland aus Toledo, Ohio, und Ford in Detroit, konstruktiv am Bantam-Entwurf orientierten. Weil Bantam nicht in der Lage war, die geforderte Stückzahl schnell und günstig zu produzieren, verlangte der Generalstab von Ford und Willys, sich für eines ihrer Modelle zu entscheiden und es gemeinsam herzustellen. Die Wahl fiel auf den Willys, die bei Ford montierten Exemplare unterschieden sich nur in wenigen optischen Details von den Modellen aus Ohio. Die offene Stahlkarosserie des nun Jeep genannten Fahrzeugs («GP» – gesprochen dschie-pie – steht für General Purpose) ruhte auf einem robusten Leiterrahmen und blattgefederten Starrachsen. Für die Kraftübertragung sorgte ein Dreigang-, Verteiler- und zusätzliches Reduktionsgetriebe; der Vorderradantrieb war zuschaltbar. Unter der Haube befand sich ein seitengesteuerter 2,2-Liter-Reihenvierzylindermotor mit 61 PS, der aus dem Whippet, einem früheren Willys-Modell, stammte und den Jeep auf knapp 100 km/h beschleunigte. Dank zuverlässiger Technik und seinem Dienst bei den alliierten Streitkräften wurde der Jeep weltbekannt und diente vielen späteren Entwicklungen als Vorbild. In Europa war der Land Rover nicht weniger erfolgreich, doch es gibt einen wesentlichen Unterschied: Zwar hat man später auch ihn militärisch eingesetzt, doch erdacht und konstruiert wurde er für zivile Zwecke, als der Jeep seinen Produktionshöhepunkt bereits hinter sich hatte. Zwischen 1941 und 1945 entstanden 650'000 Jeep, nie wieder sollte diese Menge in so kurzer Zeit erreicht werden. Der Siegeszug des UrLand-Rover fand dagegen zu Friedenszeiten statt – über zwei Millionen Exemplare des «Defender», wie er seit 1989 heisst, sind inzwischen gebaut worden.

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Traumhafte Wochenend-Trips

«Ich wohne in dem schönsten Land der Welt. Hier gibt es alles, vom Lichten und Lächelnden bis zum Dunklen und Ernsten, oft auf die bezauberndste Weise.» Astrid Lindgren

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a p ro u E h c r u d r e u Q


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Sechs Reiseziele, die, obwohl alle in Europa gelegen, unterschiedlicher kaum sein könnten. Alle jedoch bestens geeignet für ein Wochenende jenseits heimischer Gefilde. Unsere Tipps beschränken sich auf traditionelle Reiseziele. Es handelt sich nicht um geographische Neuentdeckungen, sondern um Kunsthauptstädte. Der Grund hierfür: Bevor man nach dem Unbekannten sucht, sollte man das Schöne, Naheliegende kennen lernen. Von Amsterdam bis Mailand gibt es noch einiges zu entdecken …

Stockholm Buntes Nordlicht Indigoblau und Smaragdgrün: Stockholm ist auf Wasser gebaut (sowohl Süss- als auch Salzwasser), das zusammen mit dem Grün der Parks und Gärten etwa zwei Drittel der Stadt ausmacht. Die Stadt des Nobelpreises wurde daher vor zwei Jahren von der EUKommission als «Grünste Stadt Europas» ausgezeichnet. Doch ein Kurztrip auf ihre Inseln (14 sind es, die zwischen dem Mälaren und der Ostsee liegen) steht nicht nur im Zeichen von Umweltverträglichkeit. Stockholm lockt auch mit Design, Secondhand-Läden mit Vintage-Kleidung und Bars im SoFo-Viertel. Man kann typische Gerichte wie Heringspezialitäten probieren, eine Schiffstour durch den Archipel machen, den Park von Schloss Rosendal besuchen. Sehenswertes: Königlicher Palast, die öffentliche und private Residenz der Monarchie; Grand Hotel und das Restaurant «Den Gyldene Freden», hier folgt man den Spuren der Nobelpreisträger (www.gyldenefreden.se); Gamla Stan, spazieren durch das romantische Stockholm, die kleinen malerischen Gassen mit kleinen Geschäften und charmanten Cafés; Stadshuset, das Rathaus und Wahrzeichen der Stadt ist ein Meisterwerk des Jugendstils (www.stockholm.se/stadshuset); Vasa-Museum, das bekannte maritime Museum mit dem schwedischen Kriegsschiff «Vasa» (www.vasamuseet.se) und die historischen Schwimmbäder wie das Sturebadet oder auch das Centralbadet (www.sturebadet.se, www.centralbadet.se).

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«Wo auf der Welt sonst gibt es einen Platz, an dem man so viele Kuriositäten auf einem Haufen findet wie hier?» Spruch Mitte des 17. Jahrhunderts über Amsterdam

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AMSTERDAM Im Land der Grachten Das Erste, was man tut, wenn man in Amsterdam ankommt, ist eine Radtour oder auf einer Bootstour mit einem der zahlreichen Schiffe die Kanäle abfahren. Hier spürt man den Geschmack von Freiheit und Nonkonformismus der Stadt. Beim Radeln und Dahingleiten auf dem Wasser, wo Fischer in frühen Jahrhunderten das erste Dorf auf Pfählen, später Hollands Hauptstadt, errichteten, bekommt man einen Eindruck von den 1281 nachts erleuchteten Brücken und circa 7000 Gebäuden der bis heute mit Kunst herrlich verzierteFassaden. Sehenswertes: Rijksmuseum mit den Meisterwerken der goldenen Epoche holländischer Malerei (www.rijksmuseum.nl); Van Gogh Museum ((www.vangoghmuseum.nl); Anne Frank Haus mit Tagebuchzitaten und Fotos aus der Zeit des Holocaust (www.annefrank.org); Bloemenmarkt mit der grössten Auswahl an frischen Blumen, Zwiebeln und Pflanzen (Mo.–Sa. 9–17 Uhr, So. 11-17 Uhr); DAM Platz mit dem Königspalast und der Nieuwe Kerk, einer spätgotischen Basilika; de Wallen, eines der bekanntesten Rotlichtviertel, und die Jodenbreestraat, die wichtigste Strasse des alten jüdischen Viertels mit dem Rembrandthaus (www.rembrandthuis.nl).

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«Land, Land! Oder besser gesagt: Himmel, Himmel! Denn ohne Zweifel sind wir in der Nähe des berühmten Lissabon.» Cervantes: «Die Leiden des Persiles und der Sigismunda»

LISSABON Schwermütige Stadt der Hügel Portugals Hauptstadt ist eine symbolträchtige Stadt. Es gibt fado, Gesänge, die von der Schwermut afrikanischer Sklaven geprägt sind, und den Tejo, einen Fluss, so breit wie ein Meer. Nicht zu vergessen die Strassenbahnlinie 28 und die azulejos der antiken Klöster, die eine weltweit einzigartige Keramikindustrie hervorgebracht haben. Auch Fernando Pessoa, die Lokale des Bairro Alto, die Bars in den kleinen Gassen und die Diskotheken der Docas, ehemalige Hafenlagerhallen, die durch gelungenen Umbau zu nächtlichen Vergnügungstempeln geworden sind, prägen das Bild der Stadt. Sehenswertes: Torre di Belèm, das Wahrzeichen Lissabons, welches gemeinsam mit dem nahegelegenen Hieronymuskloster zum UNESCO-Welterbe gehört (www.torrebelem.pt); die Ruinen des Castelo de São Jorge, von welchen man einen der schönsten Panoramablicke über die Stadt hat; das Kaffeehaus «A Brasileira», seinerzeit das Lieblingscafé Fernando Pessoas (Rua Garett 120); das CCB – Centro Cultural de Belém, mit Theater, Konzerten und Kunstausstellungen (www.ccb.pt und www.musubernado.com); Parque das Nações mit Ozeanarium, dem portugiesischen Pavillon der Expo aus dem Jahr 1998 und auch dem Torre Vasco da Gama (www.parque-dasnacoes.pt).

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«Prag lässt nicht los. Dieses Mütterchen hat Krallen.» Franz Kafka

PRAG Die Goldene Stadt an der Moldau Auf der einen Seite das Flair des «alten Prag», mit dem KafkaMythos auf den Spuren literarischer Nostalgie. Auf der anderen Seite Trendlokale, Designerboutiquen, symbolträchtige Luxushotels. Vom historischen Prag mit Karlsbrücke und Schloss bis Nové Mesto und dem Trendviertel Holešovice findet sich hier alles, was es zu sehen, zu erkunden und zu unternehmen gibt. Doch noch immer schimmert ein seltsam morbider Charme durch den Mantel der Moderne, den sich Prag übergeworfen hat. Vor allem im Herbst, wenn die tiefstehende Sonne die Häuser auf den fünf Hügeln rund um die Moldau in ein warmes Licht taucht, offenbart sich das einzigartige Flair der Metropole. Sehenswertes: Altstädter Ring, der riesige Platz ist ein Schmuckstück im Herzen der Altstadt, fast vollständig restauriert, leuchten die Fassaden der Häuser und Palais in kräftigen Farben; Karlsbrücke, welche die Altstadt und die Malá Strana über die Moldau verbindet; Hradschin, die Burg Prags, an der auch das Goldene Gässchen mit seinen bunten Häuschen und das Kloster Strahov liegen; das jüdische Viertel mit seinen Synagogen und dem jüdischen Friedhof aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts; das tanzende Haus vom Architekten Frank Gehry und die Nationalgalerie mit ihren verschiedenen Ausstellungsgebäuden (www.ngprague.cz).

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«When I die Dublin will be written in my heart.» James Joyce

DUBLIN Die Stadt der Literaturgenies In der Stadt von James Joyce – dem unter anderem gedacht wird mit einer von Santiago Calatrava entworfenen Brücke über den Liffey (James Joyce Bridge) – beginnt ein Stadtrundgang am besten beim imposanten Trinity College (www.tcd.ie), der berühmtesten Universität der Insel. Es hat schon Generationen von Schriftstellern gesehen. Oder man schliesst sich einer kulturellen Initiative des James Joyce Center (www.jamesjoyce.ie) an, das auch den Bloomsday organisiert – einen Umzug auf den Spuren des «Ulysses»-Helden Leopold Bloom – sowie Führungen zu den Gedenkstätten des Schriftstellers. Immer mit dabei: das legendäre irische Bier. Sehenswertes: St. Patrick’s Cathedral. Die anglikanische Kirche, errichtet zu Ehren des irischen Nationalheiligen, verdankt ihren Ruhm dem Dekan und Schriftsteller Jonathan Swift (www.stpatrickscathedral.ie); Temple Bar, das Kulturviertel zwischen Liffey und der Dame Street ist eines der angesagtesten Viertel der Stadt (www.templebar.ie); Dublin Castle, das Schloss mit dem Clock Tower besitzt mit der Chester Beatty Library eine der grössten Manuskriptsammlungen der Welt (www.dublincastle.ie); das Gran Canal Theatre nach den Entwürfen des Architekten Daniel Libeskind (www.grandcanaltheatre.ie) und die National Gallery of Ireland mit mehr als 14'000 Exponaten aus dem 13. bis Mitte des 20. Jahrhunderts (www.nationalgallery.ie).

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«You may have the universe, if I may have Italy.» Giuseppe Verdi

MAILAND Mehr als Italiens Modestadt Gemeinhin wird Mailand als Geschäfts- und Modestadt tituliert, doch die Stadt der Polizisten (ghisa) und des Panettone (Penetun) hat mehr zu bieten, so wird sie zum Beispiel Ausrichterin der Expo 2015. Und im Zuge dessen tut sich einiges, so herrscht nicht nur reges Treiben auf den Navigli und dem Corso Como, sondern es entstehen immer mehr Bauten von Stararchitekten. So gibt es viele alte und neue Schätze in der lombardischen Hauptstadt zu entdecken. Allen voran die Mailänder Scala als Hort der Opernmusik und der Dom, eine Kirche, die man durch ihre Imposanz so schnell nicht vergisst. Sehenswertes: Galleria Vittorio Emanuele; hier flaniert und shoppt man im Wohnzimmer der Stadt und bestaunt die Glasund Eisenkuppel, die sich über dem achteckigen Platz erhebt; das Teatro dell’Arcimboldi (www.teatroarcimboldi.it), welches von Renzo Piano erbaut wurde; die Pinacoteca Ambrosia mit der kostbaren Sammlung Kardinal Borromeos mit Werke von Tizian und Raffaels Schule von Athen (www.ambrosiana.eu); das Castello Sforzesco am Parco Sempione; das Symbol des Mailands der Sforza ist heute eine Museumszitadelle mit Pinakothek (www.milano-castello.it) und die Basilika Sant'Ambrogio als wunderbares Zeugnis lombardischer Romantik (www.basilicasantambrogio.it).

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