WINTER 2020
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VOLUME 57
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The Art of Fast
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DIE NEUE V8 TROFEO COLLECTION MIT 580 PS (427 KW). Entdecken Sie den Quattroporte, Levante oder Ghibli auf maserati.ch
Maserati Trofeo Collection: Leistung 580 PS (427 kW) bei 6.750 U/min – Hubraum: 3.799 cm3 – Zylinder: 8 – Höchstgeschwindigkeit: 302 – 326 km/h – maximales Drehmoment: 730 Nm Kraftstoffverbrauch kombiniert (l/100 km): 16,0 – 12,5 - CO2-Emissionen kombiniert (g/km)*: 363 – 282 - Effizienzklassen: G – G – Abgasnormen: Euro 6d-FINAL *CO2 ist das für die Erderwärmung hauptverantwortliche Treibhausgas; Die mittlere CO2-Emission aller (markenübergreifend) angebotenen Fahrzeugtypen in der Schweiz beträgt 174 g/km.
D E E P LY I N S P I R E D Die Innenwelt dieses seltenen Padparadscha-Saphirs offenbart spektakuläre Strukturen, die an einen Vogel erinnern, der seine eleganten Flügel in der Morgensonne auffächert. Erfahren Sie mehr über den Cocktailring « Blushing Wing » unter gubelin.com /aurora. Ein Schweizer Familienunternehmen seit 1854
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erscheint vierteljährlich OWNER Editorial AG Talstrasse 20 CH-8001 Zürich info@editorial.ag www.editorial.ag EXECUTION rundschauMedien AG St. Jakob-Strasse 84 CH-4132 Muttenz /Basel Telefon +41 61 335 60 80 Telefax +41 61 335 60 88 info@rundschaumedien.ch www.rundschaumedien.ch MEMBER OF THE BOARD TIBOR MUELLER BORIS JAEGGI EDITOR-IN-CHIEF SWENJA WILLMS s.willms@rundschaumedien.ch
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SALES FRANCO D'ELIA f.delia@rundschaumedien.ch URS HUEBSCHER u.huebscher@rundschaumedien.ch ELIAS THALER e.thaler@rundschaumedien.ch VIRGINIE VINCENT v.vincent@rundschaumedien.ch ALAIN WILLI a.willi@rundschaumedien.ch HEAD OF PRODUCTION & ART DIRECTION EMMA R. SCHAUB e.schaub@rundschaumedien.ch GRAPHIC DESIGN MELANIE MORET m.moret@rundschaumedien.ch PRODUCT PUBLIC RELATION SWENJA WILLMS s.willms@rundschaumedien.ch
EDITORS BETTINA AUST CHRISTIAN AUST GISBERT L. BRUNNER JASMIN BRUNNER WILMA FASOLA PATRICK FREY LONE K. HALVORSEN THOMAS HAUER SIMONE HOFFMANN BEAT KRENGER URS HUEBSCHER GEORG LUTZ CARSTEN MENKE DÉSIRÉE VON MICHAELIS JULIA MOSER SIMON MOYES PATRICIA MÜLLER PATRICK PFANNKUCHE VIVIEN RATHJEN M.A. PHILIPP SANDNER BEATRICE SCHÖNHAUS SPIRIG MGS CONFISERIE SPRÜNGLI HELENA UGRENOVIC ADRIANA ZILIC CORRECTOR ANDREAS PROBST COVER Christian Tagliavini / Courtesy of CAMERA WORK La piccola pattinatrice, Serie Circesque, 2019 All rights reserved PHOTOGRAPHS Image databases, Breitling, Chronoswiss, Carl F. Bucherer, Favre-Leuba, Hublot, Nomos, Montblanc, Oris, Rolex, Tudor ADMIN, COORDINATION & SUBSCRIPTIONS SERPIL TÜRKMEN s.tuerkmen@rundschaumedien.ch PRICE Issue CHF 10.–/€ 9.50 Year C HF 39.–/€ 35.– IT SUPPORT DEJAN DJOKIC deki@rundschaumedien.ch WEB SERVICES websiteria GmbH info@websiteria.ch is a registered trademark. (IGE 596.147) ISSN 1662-1255 A PRODUCT OF PRESTIGE MEDIA GROUP SA
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ART &
24 EINEM GEMÄLDE GLEICH Christian Tagliavini im Interview 32 DER MANN MIT DEM WEIMARANER William Wegman 38 DAMIT HÄLT, WAS NICHT EWIG WÄHRT La Prairie x Fondation Beyeler
CULTURE 66
41 KOLUMNE Vivien Rathjen
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42 DER PHOENIX, DER ZU ASCHE WURDE Annemarie Schwarzenbach 48 DIE IKONE DES FILMTHEATERS Juliette Binoche im Interview 52 KRAFTFELD Chris Tille verwandelt Wissenschaft in Kunst
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54 WINTERLICHE HOCHGEFÜHLE Traumdestinationen auf vielen Metern über Meer 62 THE BEST OF SANTORINI Canaves Oia Boutique Hotel 66 ANSPRUCHSVOLLES REISEN One&Only als Garant für Exzellenz 74 UNTERSCHÄTZTER LUXUS Slowenien
Historisches Gebäude-Ensemble mit Parkanlage und 130 m Seeanstoss 5'680 m² Paradies mit 130 Meter Seeanstoss – lassen Sie sich in Ihrem privaten Hideaway nieder und geniessen Sie die fantastische Panoramasicht auf den Vierwaldstättersee und die umliegenden Berge. Das «Refugium Zinnenegg» befindet sich auf der Halbinsel «Hertenstein» in Weggis und besteht aus der 12-Zimmer-Villa «Zinnenegg» (18. Jahrhundert), dem 5½-Zimmer-«Fischerhaus», zwei Bootshäusern sowie diversen Nebengebäuden. Der parkartige Garten mit altem Baumbestand, der eigene Badeplatz und das türkisblaue Wasser rundherum laden zum Entspannen und Träumen ein. Fordern Sie unverbindlich unser exklusives, zweisprachiges Exposé mit QR-Code zum Objektvideo an. EV Luzern Properties AG Pilatusstrasse 41 6003 Luzern Tel. +41 41 410 66 91 luzern@engelvoelkers.com www.engelvoelkers.com/luzern
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WAT CHES &
82 LASST FARBEN SPRECHEN Bunte Begleiter am Handgelenk 88 DIE KUNST UND FANTASIE VON VICTOIRE DE CASTELLANE Schmuckstücke von Dior von A bis Z 90 SELBSTBEWUSSTER BLICK IN DIE ZUKUNFT Die 283-jährige Geschichte von Favre-Leuba 94 TRADITION WIRD SPÜRBAR Das grosse Jubiläum von Beyer Uhren & Juwelen
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96 STEINZEIT Mythen und Sagen der kostbarsten Gesteine
JEWELLERY MOTION 122
102 MEISTER DER TARNUNG Hublot «Big Bang GMT All Black Yohji Yamamoto» 106 KÖNIG DER DIAMANTEN Harry Winston
96 108 SYMBOL EINER EPOCHE Der Volkswagen Käfer 114 SAFETY FIRST Sicher auf der Skipiste unterwegs 118 KREIS DER AUSERWÄHLTEN The Supercar Owners Circle 122 DAS NEUE SÜSSE LEBEN Der neue 2+ Gran Turismo «Roma»
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FAS HION 162
128 PRADA RELOADED Neustart für Miuccia Prada und Raf Simons 134 EIN PHILANTHROP IN MOKASSINS Xavier Aubercy 140 DIE GRIECHISCHE AVANTGARDISTIN Despina Petric 142 BACK TO NORMAL? Mode in Zeiten von Covid-19 150 URBANE MODE EINER LEGENDE Die Herbst- / Winterkollektion von Boris Becker
154 IN WÜRDE ALTERN Interview mit Dr. Vanessa Craig
BEAUTY& WELLBEING LIVING
160 DIE LEBENSGEISTER WECKEN Massgeschneiderte Spa-Angebote im «Dolder Grand» 162 EDITORIAL Stimmungsvoller Streifzug
170 NATURWUNDER DER ALPEN Das Geheimnis von Alpeor
174 MADE IN DENMARK Design aus dem hohen Norden
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182 DER DEKORIERTE SCHUPPEN Architektur nach Las Vegas 188 TRAUMÄHNLICHE HANDWERKSKUNST Jonathan Hasen für Marie Daâge 190 ABGESCHIEDENER LUXUS «Sylvan Rock»
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CULI NA RIUM
194 POSEIDONS SPEISEKAMMER Algarve kulinarisch 201 EDITOR’S CHOICE Kulinarische Wälzer 202 NO CARB STATT LOW CARB Die ketogene Diät 208 HAUT CHOCOLATIER SEIT 1836 Schweizer Schokoladentradition von Sprüngli 210 VON DER STANGE AUF DEN LAUFSTEG Haute Champagne à la Louis Roederer
218 GOLD Ein Mythos auf dem historischen Prüfstand
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FINAN TRENDS CE PENHALIGON'S
53 ART & CULTURE 72 TRAVEL 104 JEWELLERY 125 MOTION 139 FASHION MEN 148 FASHION WOMEN 169 BEAUTY 180 LIVING 206 CULINARIUM 216 FINANCE
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222 STÄDTE DER ZUKUNFT Die Folgen und Aussichten von Covid-19 225 ORIENTIERUNG BEIM EDELSTEINKAUF Ein komplexes Investitionsgut 226 DIE SCHUTZSCHILDER DER INFLATION Neue Anlageklassen 230 VORSORGEPLANUNG FÜR JEDE LEBENSPHASE Finanzielle Absicherung im Alter
8 IMPRESSUM 23 EDITORIAL 232 VORSCHAU
SPIRIT OF BIG BANG MECA-10 GENÈVE • LUZERN • ZURICH • ZERMATT
18K King Gold Gehäuse. Manufakturwerk mit Handaufzug und 10 Tagen Gangreserve.
MANEGE FREI
Es ist ein Rummel von kunterbunten Figuren und Attraktionen – die Zirkuswelt. Majestätisch führt der Zirkusdirektor auf seinem Podest durch eine Reihe artistischer Darbietungen. Spielend werden die Zuschauer in eine Welt geführt, die sich von Applaus nährt. Doch auch wer nicht direkt im Rampenlicht steht, verdient Lob und Aufmerksamkeit. Hier finden sich Schlangenmenschen, Schwertschlucker und Feuerspucker – begnadete Künstler, die wahre Wunder vollbringen, die am Ende eines Seils den Risiken unerwarteter Stürze ausgesetzt sind. Es erfordert ein grosses Mass an Mut und Tapferkeit, seiner Passion nachzugehen und dieser auch abseits des Scheinwerferlichts zu folgen. Eingefangen wurde dieses Gedankenwerk auf dem Cover unserer Winterausgabe, erschaffen vom Schweizer Fotokünstler Christian Tagliavini, und es diente zugleich als Leitmotiv dieser Auflage. Denn wie die Nebendarsteller im Zirkus fühlen sich auch weitere spannende Persönlichkeiten in ihren Nischen zuhause. Eine Frau, die ihren Platz in einer damals biederen und wenig aufgeschlossenen Welt suchte, war Annemarie Schwarzenbach, eine der schillerndsten Figuren der Schweizer Kulturgeschichte. Wir begleiten in der vorliegenden Ausgabe die Fotojournalistin und Weltreisende auf ihrem Weg in die Museen dieser Welt. Abseits des Mainstreams fühlt sich auch Xavier Aubercy äusserst wohl, Schuhmacher in der dritten Generation und Leiter eines der letzten noch unabhängigen Familienbetriebe in Paris. «Für mich geht es darum, in dieser sich ständig verändernden Welt etwas zu hinterlassen, was bleibt. Weiter Schuhe zu machen, die keiner Mode folgen.» Talent und Andersartigkeit überzeugen. So wird die Nebenbühne zum Schauplatz von wahrem Luxus.
EDI TO RIAL
Swenja Willms Editor in Chief
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ART ART & & PRESTIGE
CU LT URE
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EINEM GEMÄLDE GLEICH 25
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Bekannt geworden als Meister der inszenierten Porträtfotografie springt Christian Tagliavini zwischen Zeit und Raum und holt so vergangene Welten zurück in die Gegenwart. Erinnern die Porträts des zeitgenössischen Fotokünstlers irrtümlich an Gemälde aus fernen Epochen, sind es in Wirklichkeit die Ergebnisse monatelanger Designprozesse und massgeschneiderten Handwerks.
Autorin_Swenja Willms Bilder_Christian Tagliavini / Courtesy of CAMERA WORK
PRESTIGE: Herr Tagliavini, die meisten Fotografen sind der Meinung, dass die besten Bilder aus dem Moment heraus entstehen. Ihre Bilder jedoch sind bis ins kleinste Detail geplant und konstruiert. Ist hier kein Spielraum für Spontanität möglich? CHRISTIAN TAGLIAVINI: Fotografie hat viele Facetten, sie kann auf viele verschiedene Arten entwickelt werden. Ich drücke mich mit inszenierter Fotografie aus. Fotografie ist für mich ein Mittel, mit dem ich eine Idee einfriere und zeige, die ich seit einiger Zeit in der Schublade meiner Fantasie eingeschlossen habe. Die Schwierigkeit besteht darin, diese Fantasie so treu wie möglich zu entwickeln. Was nicht vorhersehbar ist, ist die Reaktion des Motivs, das ich fotografiere – seine Gefühle in diesem Moment. In dieser Perspektive können wir sagen, dass selbst in meinen Bildern Raum für Spontanität ist, nämlich die Emotionen des Subjekts. Die detailgenaue Konstruktion liegt vermutlich auch Ihrer Arbeit als Ingenieur und Architekt zugrunde. In diesem Berufsfeld wird mit Materialien gearbeitet, als Fotograf arbeiten Sie mit dem Menschen. Verbinden Sie diese zwei Berufsfelder in Ihren Werken? Ich habe in verschiedenen Berufen gearbeitet, von denen viele mit Disziplinen wie technischem Zeichnen, Grafik und Illustration zusammenhängen. Ich folgte meinen Instinkten und versuchte immer, neue Aspekte und Fähigkeiten zu erlernen. Als ich versehentlich auf autodidaktische Fotografie stiess und meinen Weg beobachtete, wurde mir schnell klar, dass viele dieser Berufe, die ich gelernt hatte, perfekt in meine fotografische Reise integriert waren. Ich habe einen technischen Hintergrund, bin aber gleichzeitig fasziniert von dem Porträt und versuche, dieses Gebiet aus einer neuen Perspektive zu erkunden. Neben der Inszenierung des Settings entwerfen Sie auch die Kostüme selbst. Welche Talente verbergen Sie noch? Es ist kein Geheimnis: Ich arbeite gerne mit meinen Händen und entwerfe und postproduziere meine Fotos selbst. Die Herausforderungen, die mir am besten gefallen, sind die, die ich noch nicht angenommen habe. Vor einigen Jahren entdeckte ich die additive Fertigung, ich hatte einige Jahre lang von der Existenz dieser Technologie gewusst, aber mein Ansatz war noch unausgereift, möglicherweise aufgrund von Kosten und
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Ergebnissen. Als ich mich ihr tatsächlich näherte, wurde mir klar, dass das, was ich zeichnete, realisiert werden konnte, und bald existierten keine Grenzen mehr. Es war eine grosse Herausforderung, Objekte wie Hüte, Knöpfe und vieles mehr zu entwerfen, zu zeichnen und konkret herzustellen, die ich bis zu diesem Moment nicht herstellen konnte und die daher meine Vorstellungskraft einschränkten. Für mich ist es wichtig, immer neue Herausforderungen und neue Motivation zu haben, um zu lernen und sich zu engagieren. Was fasziniert Sie an Ihrer Art von Porträtfotografie? Die Beziehung zu Menschen war für mich immer schwierig. Aber sie zu beobachten, hat mich immer fasziniert, auch ohne sie darzustellen. Ich sitze oft auf einer Bank und sehe zu, wie Leute vorbeikommen. Ich stelle mir anhand von ihrem Aussehen und ihrer Ausstrahlung ihr Leben vor. Sie fotografieren im Stil eines Malers. Sind Sie auch heute noch auf der Suche nach einer neuen Berufung? Zum Beispiel die des Malers? Wie hoch stehen die Chancen, dass Sie nochmals das Berufsfeld wechseln? Dies ist eine interessante Frage. Ich habe meine Entdeckung der Fotografie im Jahr 2000 begonnen und interessiere mich dieses Jahr seit zwanzig Jahren für Fotografie. Ich habe damals eher zum Spass angefangen, als ich noch einen anderen Beruf ausübte. Fotografie wurde erst Leidenschaft, dann Beruf. Die Schwierigkeit ist, dass es so bleibt. Wenn es keine Begeisterung mehr gibt, bedeutet das, dass ich nichts mehr zu sagen habe (oder zu zeigen) und über etwas anderes nachdenken muss. Ihre Fotografien spielen in unterschiedlichsten Epochen. Was fasziniert Sie an den verschiedenen Zeitabschnitten? Es ist jedes Mal wie eine Zeitreise. Wenn die Fotoserie eine sehr spezifische historische Referenz benötigt, tauche ich völlig ein. Ich lerne viel über diese Zeit. All dies ist faszinierend und auch in der Forschung anregend. Fotografie bildet oftmals die Wirklichkeit ab, Sie hingegen widmen sich dem Vergangenen. Wieso? Wir wissen, dass das, was als echtes Foto präsentiert und wahrgenommen wird, oft nicht real ist. Meine Arbeit basiert explizit auf Inszenierung, auf Repräsentation. Wie bereits erwähnt ist Fotografie das Medium, das ich gewählt habe. Das, was ich erzählen oder zeigen muss, ist nicht Teil der Realität, sondern eine persönliche Sichtweise. An Ihren Produktionen arbeiten Sie oft jahrelang. Lohnt sich der Aufwand für diese geringe Anzahl an Bildern, die schlussendlich entsteht? Zeit ist relativ. Es gibt Fotografen, die mit grossen Teams zusammenarbeiten, wodurch sich die Zeit erheblich verkürzt. Ich mache es lieber mit einem kleinen Team, daher sind die Zeiten länger, aber dies hat den Vorteil, dass ich mehr Kontrolle über die Arbeit habe und mich auch mit manuellen und praktischen Aspekten befassen kann. Ich bin ein langsamer Fotograf und Handwerker. Sie produzieren nicht am laufenden Band, oftmals eine Produktion pro Jahr. Macht sich Rarität in diesem Sinne bezahlt? Manchmal ja und manchmal nein. Heute ist alles schnelllebig, und es gibt viele Bilder. Ich bin mir bewusst, dass meine Fotos schnell konsumiert werden können. Ich hoffe jedoch, dass für diejenigen, die meine Bilder auswählen und sammeln, die ganze Zeit der Forschung und die Details gute Erfahrungen und Entdeckungen bieten können. Ich kann nicht allen gefallen, aber ich kann eine Einzelperson erfreuen. Ihre neusten Werke laufen unter dem Motto «CIRCESQUE». Hier steht keine Epoche im Vordergrund, sondern Fantasie. Ich bin seit einiger Zeit von der Zirkuswelt fasziniert und habe seit einigen Jahren darüber nachgedacht, eine Serie zu machen, die sich diesem Thema widmet. Anfangs war ich fasziniert von der Komplexität dieser riesigen Show, die sich mit einer unglaublichen Anzahl von Menschen wie gigantische mobile Städte bewegten.
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Christian Tagliavinis neue und mit Spannung erwartete Serie «CIRCESQUE» wird vom 5. Dezember 2020 bis 20. Februar 2021 weltweit erstmals in der Galerie CAMERA WORK in Berlin präsentiert. Die Ausstellung umfasst mehr als 20 neue Porträtarbeiten von Christian Tagliavini und ist seine bislang aufwendigste und eindringlichste Kunstserie. BILDNACHWEIS Seite 24: L’acrobata (Portrait),
Seite 27: La domatrice di aeroplani di carta, Serie Circesque, 2019 Seite 28: Justus il traditore, Serie Carte, 2012 La Matta Nera, Serie Carte, 2012 La Matta Rossa, Serie Carte, 2012 Seite 29: L’equilibrista, Serie Circesque, 2019 Seite 30: La funambola con ombrello (Portrait), Serie Circesque, 2019
Aber in dieser Grössenordnung war es die kleine Produktionsshow, die Nebenschau, die meine Aufmerksamkeit am meisten auf sich zog. Die Einzigartigkeit wurde ausgestellt und wurde zu einem Spektakel. Schlangenmenschen, Schwertschlucker, Feuerspucker, Freaks und viele Sitten. Wahrliche Wunder! In gewisser Weise kann ich auch in unserer Zeit eine ähnliche Show finden. «CIRCESQUE» ist eine Geschichte in Bildern, in die sich die Charaktere einmischen. Am Rand eines Seils oder auf einer Plattform sind sie den Risiken unerwarteter Stürze ausgesetzt. Würdig stehen sie auf. Das Merkmal dieser neuen Arbeit ist, dass es zum ersten Mal im Vergleich zu den vorherigen Serien keinen historischen Bezug gibt und es auch keinen spezifischen Stil gibt, der mit einer Ära verbunden ist. Ich glaube, die Schwierigkeit bestand genau darin, die Augen zu schliessen und ohne Bezug zu denken. Es war nicht einfach, ohne Sicherheitsnetz muss man vorsichtig sein … wie ein Trapezkünstler. «CIRCESQUE» wirkt düster und mystisch – so wie viele Ihrer Produktionen. Verbinden Sie mit gewissen Epochen eine Negativität? Nun, ich wollte meinen eigenen Zirkus bauen, der auch Momente von Ängsten und Unsicherheiten zeigt. Aber auch die Enttäuschungen einer fehlgeschlagenen Leistung. Weniger populäre Gefühle werden oft verborgen. Anstatt die Seite zu zeigen, die jeder kennt, gestellt mit einem Lächeln und die die Wahrheit verbergen kann, zeige ich heutzutage lieber eine neue Seite. © 2018 Christian Tagliavini
Serie Circesque, 2019 Seite 25: Cecilia, Serie 1503, 2010
Christian Tagliavini 160 Seiten teNeues ISBN 978 3 96171 085 0
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TR TRAVAV EL EL
WINTERLICHE
TRAVEL
Autor_Urs Huebscher
HERRLICHE PISTEN, VERSCHNEITE TOUREN-HÄNGE UND ROMANTISCHE WINTERLANDSCHAFTEN: DAS WINTERWUNDERLAND SCHWEIZ VERSPRICHT MIT SEINEN ERSTKLASSIGEN BERGPANORAMEN UND KULTURELL ANGESEHENEN DESTINATIONEN AUF VIELEN METERN ÜBER MEER LUXUS AUF DER GANZEN BANDBREITE.
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Die Schweiz ist ohne Zweifel eines der Alpenländer mit den prächtigsten Bergpanoramen. Ein Gipfelmeer aus 3000er- und 4000er-Riesen bietet über 330 Skigebiete mit unzähligen Möglichkeiten. Markante Berge wie das Matterhorn sind weltberühmt. Im Kanton Wallis liegt der bekannte Ort Zermatt, aber auch Graubünden hat mit Pontresina und Arosa-Lenzerheide prominente Zielgebiete vorzuweisen. Wintersport wurde nach dem Ersten Weltkrieg rasant bekannt, denn nun konnten auch Touristen über die im Krieg errichteten Eisenbahnstrecken anreisen. In den 1920ern eröffneten die ersten Skischulen, um Touristen das Skifahren beizubringen. Ausserdem wurden in den Kinos erste Filme gezeigt, in denen Skifahrer zu sehen waren. Dies weckte auch Interesse am Wintersport bei Menschen, die noch nie in den Bergen waren. Die Erfindung des Bügellifts ebnete beispielsweise dem Skisport definitiv den Weg zum Breitensport. Der Zürcher Ingenieur Ernst Gustav Constam entwickelte eine Schleppseilanlage mit Förderseil und eröffnete 1934 am Bolgen in Davos den ersten «Ski-Aufzug» der Welt. Die Olympischen Winterspiele 1948 in St. Moritz, die zweiten im Engadin nach 1928, läuteten den Skiboom der Nachkriegsjahre ein. Die Schweiz etablierte sich als führende Skination. «Alles fährt Ski, … Ski fährt die ganze Nation», brachte es Schlagerstar Vico Torriani 1963 auf den Punkt. Da fährt man stundenlang in Richtung Wintersportgebiet, freut sich schon seit Wochen auf die erste Abfahrt, und was findet man dann? Grüne Wiesen. Weil einfach nicht genug Schnee gefallen ist. Es gibt kaum etwas, was Wintersportlern mehr Herzschmerz verursacht als das. Deswegen werden schneereiche Skigebiete mittlerweile immer beliebter. Zum Glück gibt es Orte, die richtig viel Schnee versprechen und ihre Versprechen auch halten. Wir haben uns einen Überblick verschafft. GENUSSDESTINATION ZERMATT Das wohl berühmteste Bergdorf der Schweiz mit dem meistfotografierten Berg der Welt: Hier treffen sich Alpinisten, Skibegeisterte, Genussmenschen und Naturfreunde. Zermatt ist das Bergdorf der Superlative. Das Matterhorn, 38 Viertausender, schöne Hotelwelten, hochstehende Gastronomie. Grenzenloses Skifahren, 365 Tage im Jahr. Das Mekka der Alpinisten. Einmal im Leben das Matterhorn sehen. Das muss sein. Die Superlative: höchste Bergbahnstation Europas. Die schönsten Skipisten und Wanderwege. Aussichtsreiche Ausflugsberge und gemütliche Bergbeizen. Spitzengastronomie und Shopping-Erlebnisse. Und das alles in einem Dorf, das autofrei ist. Die Gäste gelangen bequem per Bahn bis ins Zentrum des Alpendorfes. Zermatt ist seit jeher autofrei. Hier geht man im Sommer wie im Winter zu Fuss oder benützt die kleinen Elektro-Taxis, die das Gepäck durch die engen Gassen zu den Hotels und Ferienwohnungen bringen. 360 Kilometer Pisten erwarten Wintersportler, die die Pisten sowohl auf der Schweizer als auch der italienischen Seite des Matterhorns von morgens früh bis in den späten Nachmittag befahren können. Auch Winterwanderer und Schneeschuhläuferinnen können die schneegleissende Umgebung geniessen. Die Destina-
tion wird diesen Winter das volle Angebot an Pisten, Bahnen und sonstiger Infrastruktur für die Gäste zur Verfügung stellen. Das Highlight des Winters ist die neue Gondelbahn Kumme, welche für eine massive Aufwertung des Skigebiets sorgt. Es ist schweizweit die erste Gondelbahn, die während des Fahrgastbetriebs ohne Stationsbedienstete betrieben wird. Hochstehende Gastronomie wartet im Dorf, in den Hotels und Skipisten: 17 Restaurants vereinen insgesamt 242 Gault-MillauPunkte. Gleich zwei Restaurants verfügen über 17 Punkte – die Note für beste Qualität und hohe Konstanz: das «After Seven» im Backstage Hotel und das «Ristorante Capri» im Mont Cervin Palace. Aber es gibt auch Alternativen: Am Bahnhofplatz findet man das erste indische Restaurant in Zermatt, das «Golden India», oder das gemütliche Restaurant «Chez Vrony», welches die TripAdvisor Community auf den ersten Platz seiner «Travellers’ Choice Awards Schweiz» hievte. Das Dorfzentrum von Zermatt bereichert seit einiger Zeit das Café / Bar «Manud». Freunde treffen sich zum Lunch, zu Kaffee und Kuchen, zum Apéro oder auf einen Drink am Abend.
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Auf dem Gornergrat entsteht eine multimediale Erlebniswelt rund um das Matterhorn und den einmaligen Panoramablick auf die umliegenden 29 Viertausender. Schon im Sommer 2021 sollen die ersten Gäste in allen Dimensionen in die naturnahe Inszenierung eintauchen können. Realisiert wird die Ausstellung in der Station der ehemaligen Luftseilbahn «Hohtälli». Zum Winter in Zermatt gehört auch das Highlight zum Schluss – das Musikfestival Zermatt Unplugged. Das Festival wird jedoch 2021 nicht in gewohnter Form stattfinden. Akustische Konzerte – vor und in einmaliger Kulisse, unter der Matterhornsonne, auf dem Berg und im Tal – werden 2021 aber nicht fehlen. An zwei Wochenenden im Frühling (8.–10. und 15.–17. April 2021) präsentiert das Festival Unplugged-Konzerte in spektakulären Locations und intimem Rahmen.
Noch bis zum 11. April 2021 wird der Zürcher Newcomer-Koch Noah Rechsteiner mit seinem Team sein Konzept «ANOAH» im «Manud» umsetzen und zu einem «plant-based Dinner» einladen – jeweils von Dienstag- bis Samstagabend. Der junge Koch ist dafür bekannt, seine Gäste auf eine Reise in die Welt der pflanzlichen Küche mitzunehmen. Dabei geht es nicht unbedingt um eine Ideologie, sondern darum, ein Erlebnis der Gastfreundschaft und der kreativen Küche zu bieten. Neu widmen sich die Bar und der Club «Mamacita» der südamerikanischen Kultur. Dazu gehören feuriges Essen, exotische Drinks und jeden Abend Livemusik. Die Bar wird täglich bis zwei Uhr morgens geöffnet sein. Die «Brasserie Uno» und das 22 Summits Boutique Hotel betreiben die Pop-up-Küche «Bite» im Erdgeschoss des Hotels. An fünf Tagen pro Woche wird Küchenchef Davide Rapaglio kleine kalte und warme Gerichte in der Lobby und der Lounge präsentieren. Die «Bar22» wird in eine Wein- und Cocktailbar umgestaltet, um den Gästen nach dem Skifahren ein gutes Glas Wein sowie einen liebevoll angerichteten Teller für den kleinen Hunger in gemütlicher Wohnzimmeratmosphäre zu servieren.
CERVO MOUNTAIN BOUTIQUE RESORT, ZERMATT Zahlreiche Zermatter Hotels schafften es ins «Top 25 Hotels Schweiz»-Ranking. Auf Platz vier das 5-Sterne-Hotel «Cervo», welches nach einem Umbau neue Wege geht. Dabei immer an
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nimmt diesen Grundsatz mit den drei Restaurants «Madre Nostra», «Bazaar» und «Ferdinand» auf und bietet Orte des Beisammenseins und Geniessens. Das «Madre Nostra» zelebriert Italiens kulinarische Tradition in all ihrer Köstlichkeit mit modernen Kreationen und raffinierten Klassikern. ALTIANA BY LA GINABELLE, ZERMATT Seit 1990 begrüsst Familie Abgottspon ihre Gäste im Vier-SterneSuperior-Resort La Ginabelle im Herzen des MatterhornDorfes. Mit dem neuen «Altiana by La Ginabelle» entstand ein Highlight, das als Erweiterung zum bestehenden Haus gilt und erstklassige Qualität vereint, modern-alpinen Stil und grosszügige Räumlichkeiten. Neben 23 lichtdurchfluteten Doppelzimmern, Junior-Suiten und Apartments mit Blick auf das Matterhorn dürfen sich Besucher auf eine feine Alpenküche freuen. Zusätzlich zum Restaurant «La Ginabelle» stehen die neue Käsestube sowie das neu errichtete À-la-carte-Restaurant «Peak3» im Hauptgebäude den Gästen zur Verfügung. Der auf drei Ebenen untergebrachte Wellnessbereich im Resort ist der ideale Ort zum Abschalten und wird um einen 34 Grad warmen Infinity Pool mit Kalium- und Magnesium-angereichertem Wasser erweitert. Im Frühjahr 2021 öffnet zudem das neue Organic Spa als Adultsonly-Bereich exklusiv für die «Altiana»-Gäste seine Türen. Vorab kann das GinaSPA im «La Ginabelle» über einen direkten Liftzugang mitgenutzt werden.
oberster Stelle: Nachhaltigkeit in allen Belangen. Bei den Chalets gibt es neu drei sogenannte Subpositionierungen. Im «Huntsman» ist es luxuriös, aber dennoch ungezwungen. Das «Alpinist» ist etwas einfacher. Die Zimmer locken mit einer eigenen Bar, um nach dem Skifahren selbst Drinks zu mischen. Das «Nomad» ist das Basecamp für Familien und Abenteurer. Mit dem neuen Mountain Ashram Spa setzt das «Cervo» auf einen entschleunigten und achtsamen Ansatz. Die Treatments und Einrichtungen bringen das Beste aus verschiedenen Teilen der Welt zusammen: Meditation, Coaching und Yoga im Ritualraum oder auf der Bergwiese, Dampfbad und Onsen-Bad. Kulinarik verbindet Kulturen – das «Cervo»
WWW.ZERMATT.CH WWW.CERVO.CH WWW.LA.GINABELLE.CH
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ROMANTISCHES PONTRESINA Das Engadin ist eines der höchstgelegenen bewohnten Täler Europas, und mittendrin steht das Bergdorf Pontresina. Der Ort ist durch eine massive Engadiner Gebäudearchitektur, die Kirche Santa Maria mit byzantinisch-romanischen Fresken, den fünfeckigen Spaniola-Turm, das Museum Alpin und zahlreiche Galerien gekennzeichnet. Malerisch eingebettet von Piz Bernina, Palü, Roseg und Languard liegt das historisch gewachsene Engadinerdorf wild romantisch, sonnig und windgeschützt. Ein Ort der Ruhe, Winterund Gaumenfreuden, der sich mit der Destination Engadin St. Moritz drei der legendärsten Schweizer Skigebiete teilt: Diavolezza, Corviglia und Corvatsch. Auf 1800 bis 3303 Meter Höhe sind feinster Pulverschnee und perfekt präparierte Pisten garantiert. Panorama- und Gletscherabfahrten für Genuss-Carver, anspruchsvolle Weltcupstrecken für Könner und flache, sonnige Hänge für Anfänger sowie weitläufige, unberührte Winterträume für Freerider und Tourengeher auf Diavolezza und Lagalb. Snow kiter, Langläufer, Schneeschuh- und Winterwanderer finden ebenfalls vom Feinen nur das Beste vor. 200 Kilometer Loipe zum Beispiel in den landschaftlich sehr reizvollen Seitentälern Morteratsch und Roseg, welche sich auch mit einem Pferdeschlitten erkunden lassen. Die hochalpine Lage gewährt Vergnügen, die andernorts ein nicht zu bewerkstelligender Luxus sind: Eisklettern entlang meterlanger Zapfen, Snowkiten auf dem gefrorenen Lago Bianco sowie Eislaufen, Curling und Hockey auf Natureisplätzen. Folgt man den Empfehlungen des Gault-Millau, sind Pontresina und Umgebung auch für Feinschmecker die erste Adresse. Auf zahlreichen Sonnenterrassen lässt es sich bei guten Tropfen ausgezeichnet speisen. Die Küche ist vielseitig und tischt von typischen Bündner über mediterrane bis hin zu internationalen Spezialitäten alles auf. Zu den gemütlichen Genüssen gehören lange Spaziergänge, Schlittenfahrten und, nicht zu vergessen, die Reise mit dem Bernina Express. Die UNESCO-Weltkulturerbe-Strecke ist eine der spektakulärsten Naturerfahrungen der Welt. GRAND HOTEL KRONENHOF, PONTRESINA Das historische Bergsteigerdorf begeistert bereits bei der Ankunft. Denn der Charme traditioneller Engadinerhäuser und die Eleganz des Grand Hotel Kronenhof, ein Hotel der Belle Époque, versetzt sofort in eine Zeit, in der die Welt noch in Ordnung ist. Luxus wird hier mehr gelebt als gezeigt. Die Geschichte des Grand Hotel geht auf eine über 170-jährige Tradition bis in das Jahr 1848 zurück. Es durchlebte bewegte Jahre durch mehrfache Umbauten. 1898 zeigt sich das in «Kronenhof & Bellavista» umbenannte Grand Hotel mit über 350 Betten als repräsentative, hufeisenförmige Dreiflügel-Anlage mit Ehrenhof, wie sie heute noch besteht. Raum ist Luxus im Grand Hotel Kronenhof. Mit grossen, prachtvollen Räumlichkeiten verzaubern die von Anfang 1900 erschaffenen und heute restaurierten Original-Deckenmalereien den Gast schon beim Eintreten. Die Hotelhalle erstrahlt im Sonnenlicht im neobarocken Stil und verdeutlicht als Prunkstück des Hauses den Glanz vergangener Epochen. Erlesene Teesorten und hausgemachte Kuchen werden zu Pianoklängen am Nachmittag in der ehrwürdigen Halle serviert. Alle Zimmer und Suiten faszinieren durch beeindruckende Aussichten auf Berg- und Gletscherpanorama. Kulinarische Vielfalt erlebt der Gast in den prunkvollen Gewölben des «Grand
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Restaurant», wo Frühstück und Abendessen wie im vergangenen Jahrhundert zelebriert werden. Im historisch-gemütlichen Flair des Gourmet Restaurants «Kronenstübli» mit original Bündner Holzmöbeln und Zirbeltäfelungen kommen Feinschmecker voll auf ihre Kosten. Unter dem Motto «Dine Around» können Hotelgäste mit Halbpension das Nachtessen auch im Schwesterhaus Kulm Hotel St. Moritz einnehmen. Zudem besteht die Möglichkeit, auf der Mittel- und Bergstation am Corvatsch, in den Betrieben der Furtschellas oder auf der Diavolezza zu einem «Lunch on the Peaks» einzukehren. Von sanften Wasser-, Duft- und Klangwelten umgeben stärken
sich Körper, Geist und Seele im über 2000 Quadratmeter grossen Kronenhof Spa, einer der eindrucksvollsten Wellnessanlagen im Engadin. Ein grosszügiger Pool mit Gegenstromanlage auf 8 x 20 Metern, ein Kinderbecken, ein Dampfbad, eine Relax-Floating-Grotte mit Unterwassermusik, eine Sole-Grotte, eine Sauna-Welt, ein Kneipp-Fussweg, Solarium, Fitness- und Gymnastikräume mit Personal Trainer sorgen für das optimale Verwöhnprogramm. WWW.PONTRESINA.CH WWW.KRONENHOF.COM
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BELAROSA HOTEL Wer Arosa kennenlernen will, ist hier richtig. Das Vier-Sterne- Superior-Hotel «BelArosa» bietet einen Rückzugsort, der zum Träumen einlädt, und beschreitet neue Wege: weg vom traditionellen Hotel, hin zum ungezwungeneren, familiären und persönlichen Suitenhotel mit Charme und einer heimeligen und modernen Atmosphäre. Als Garni legt man grossen Wert darauf, die Gäste mit einem reichhaltigen Frühstück mit Blick auf die Aroser Bergwelt auf einen ereignisreichen Tag vorzubereiten. Im erlebnisorientierten, kleinen, aber feinen Hallenbad wartet der «Bergsee» mit 32° C warmem Wasser, Sprudelliegen, Massagebank, Nackenschwall und Massagedüsen. Oder man wagt einen Rutsch im «Wildbach», einer 25 Meter langen, beleuchteten Wasserrutschbahn. Wärme und Geborgenheit warten in der Kräutersauna, im Gradierwerk, im Sauna-Stübli, im Dampfbad, unter der Erlebnisdusche, im Tepidarium oder in der heimeligen Infrarot-Arvenstube. Das «BelArosa» zeichnet sich durch seine zentrale und doch sehr ruhige Lage aus. Ideal für Skifahrer, Snowboarder, Lang läufer und (Winter-)Wanderer liegen die Pisten und Wanderwege in unmittelbarer Nähe. Die bestens präparierten Winterwanderwege durch tief verschneite Berglandschaften und der besonders bekannte und beliebte «Eichhörnliweg» beginnen direkt vor der Haustüre. Seit mehr als 15 Jahren ist die Familie Karin & Sven Bodenmann Gastgeber im beliebten Suitenhotel. Gelebte Gastfreundschaft und das kleine, aufgestellte und engagierte Team begrüssen ihre Gäste mit natürlicher «BelAroser» Herzlichkeit.
WINTERPARADIES AROSA Schneesicher, frei von jeglichem Durchgangsverkehr, lange Sonnenscheindauer und frische Bergluft – all dies macht Arosa für viele Winterferien-Liebhaber zum Paradies. Mit 70 Kilometern hervorragend präparierten Pisten, 60 Kilometern bestens instand gehaltenen Winterwanderwegen und einem vielfältigen Wintersportangebot findet in Arosa bestimmt jeder eine passende Aktivität für sich. Dank der Skigebietsverbindung Arosa-Lenzerheide stehen seit 2014 hervorragend präparierte 225 Pistenkilometer zur Verfügung. Fussgänger haben in Arosa die Möglichkeit, auf den tollen Winterwanderwegen oder mit den Liftanlagen direkt ins Skigebiet zu gelangen, damit sie mit ihren Liebsten die Zeit in der wunderschönen Bergwelt geniessen können. Neben Schlittenfahren, Eislaufen, Gleitschirmfliegen oder romantischen Pferdekutschenfahrten können die Gäste auch an den wöchentlichen Schnupperkursen im Curling teilnehmen. Naturliebhaber geniessen die wunderschöne verschneite Winterlandschaft bei einer Langlauf- oder Schneeschuh-Tour. Ein Erlebnis für Gross und Klein ist das Arosa Bärenland. Die Bären-Bewohner Napa, Meimo und Amelia stehen dabei im Zentrum. Das Bärenland gibt Bären, die aus schlechten Haltungsbedingungen gerettet werden, ein artgemässes Zuhause. Inmitten der natürlichen Berglandschaft mit Weiden, Sträuchern, Felsen, Bächlein und Wald können die Bären ihre natürlichen Verhaltensweisen erlernen. Wenn sich die Gäste jeweils im Dezember auf 1991 Meter über Meer wieder vor Lachen die Bäuche halten, dann ist Arosa-Humorfestival-Zeit. Das Festival mit seinem roten Zirkuszelt gehört seit mehr als einem Vierteljahrhundert zu Arosa und ist längst über die Landesgrenzen hinaus bekannt.
WWW.AROSALENZERHEIDE.SWISS WWW.BELAROSA.CH
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LASST
FARBEN SPRECHEN
Autor_Gisbert L. Brunner
NATÜRLICH VERKNÜPFEN SICH DIE WINTERLICHEN MONATE NICHT ZWANGSLÄUFIG MIT MONOTONEM GRAU. ABER WÄHREND DER VIELEN DUNKLEN STUNDEN KANN EIN TUPFER FARBE AM HANDGELENK MITUNTER RICHTIG GUTTUN. UND GENAU DAS HABEN VIELE UHRENMARKEN ERKANNT. NICHT ERST SEIT GESTERN STEHEN ZIFFERBLÄTTER, ARMBÄNDER UND ANDERE DETAILS, DIE SICH IRGENDWIE BUNT PRÄSENTIEREN, HOCH IN DER KÄUFERGUNST. GANZ NACH DEM MOTTO: BRING MEHR FARBE IN DEIN LEBEN.
FARBIGER KOSMOPOLIT
Gemäss Sir Isaac Newton und seiner viel beachteten Lichttheorie setzt sich das Farbspektrum aus Rot, Orange, Gelb, Grün, Blau, Indigo und Violett zusammen. Darüber hinaus kennt die Natur jedoch beinahe unzählige weitere Farbtöne. Jenem Schwarz, das seit Jahren viele Zifferblätter kennzeichnet, sprach Ferdinand A. Porsche übrigens ab, eine Farbe zu sein. Er bezeichnete es schlicht und einfach als Zustand. Damit kann man sich abfinden, muss es aber nicht, wie die folgenden Armbanduhren demonstrieren.
Auf zeitschreibende Mechanik setzt Carl F. Bucherer. Neben dem Chronographen verfügt das auf dem bewährten Eta 2894-A2 basierende Automatikkaliber CFB 1901.1 auch über eine durchdachte Funktion zur simultanen Darstellung mehrerer Zonenzeiten. Selbstverständlich besitzt die «Patravi TravelTec Color Edition Four Seasons» einen Zwölf-Stunden-Zeiger. Beim Überqueren von Zeitzonen-Grenzen lässt er sich per Krone beliebig vor- oder rückwärts verstellen. Dabei folgt das Fensterdatum auf dem Fusse. Für die Heimat- oder Referenzzeit ist ein zusätzlicher 24-Stunden-Zeiger zuständig. Der dreht seine Runden unbeeinflusst von allem Geschehen. Zusammen mit einer 24-Stunden-Skala auf dem Höhenring des Zifferblatts tut er überall kund, ob man zu Hause gerade arbeitet oder schläft. Mit Hilfe einer drehbaren 24-StundenSkala stellt dieser Bolide auch noch eine dritte Zonenzeit dar. Neugierige Blicke auf diese Mechanik gestattet ein Fenster in der linken Gehäuseflanke. Die Ganggenauigkeit des Automatikwerks in dem 46,6 Millimeter grossen, 15,5 Millimeter hohen und bis zu fünf bar wasserdichten Edelstahlgehäuse bestätigt ein offizielles Chronometerzertifikat. Die vier Farben zur Wahl repräsentieren die Jahreszeiten Frühling, Sommer, Herbst und Winter.
TRENDIGER SUPERSPORTLER
Im Gehäuse der «Endurance Pro» verbaut Breitling ein Quarzwerk. Für hohe Ganggenauigkeit sorgt eine thermische Kompensation des Oszillators. Konkret übersteigt die Präzision das Mass konventioneller Zeit-Elektronik um den Faktor zehn. Vor dem Einbau in die hoch belastbare Schale muss sich das Kaliber 82 erst einmal bei der Prüfbehörde COSC beweisen. Das exklusive Gehäusematerial Breitlight, dessen Legierung strenger Geheimhaltung unterliegt, ist 3,3-mal leichter als Titan und 5,8-mal leichter als Stahl, antiallergisch und dazu auch noch amagnetisch. Alles, was Kratzer machen möchte, tut sich ausgesprochen schwer. Rost hat ebenfalls keine Chance. Und Wasser bleibt bis zehn bar Druck aussen vor. Je nach Nutzung des Zehntelsekunden-Chronographen mit 30-Minuten-Totalisator hält die Batterie drei bis vier Jahre. Auf dem Zifferblatt findet sich eine praktische Pulsometerskala. Wer wissen möchte, wie es um den Herzschlag steht, muss nach dem Starten des Stoppers nur 30 Pulsschläge zählen. Nach dem Anhalten weist der Zeiger auf die Frequenz pro Minute. Die Lieferung des zeitschreibenden Sportlers erfolgt mit einem Kautschukband. Separat erwerben lassen sich auch farbige Nato-Bänder aus einem ökologischen Garn.
OFFENES GETRIEBE
Zum 30. Geburtstag des 1988 vorgestellten Uhrenmodells brachte Chronoswiss den «Flying Regulator Open Gear» auf den Markt. Unangetastet blieb die Anordnung der drei Zeiger. Für die trotzdem andersartige Optik zeichnet einmal das dreidimensionale Zifferblatt mit scheinbar «fliegenden» Elementen verantwortlich. Zum anderen legt die Konstruktion das ehedem verborgene Getriebe zur Ansteuerung des aussermittigen Stundenzeigers offen. In Luzern
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WEINROTES ZIFFERBLATT
entsteht auch die neue «Open Gear ReSec» mit dem verführerischen Beinamen Chocolate. Von dieser Edelstahl-Armbanduhr wird es 50 Exemplare geben. Ihre hellen, mit Super-LumiNova ausgestatteten Zeiger bewegen sich von einer Scheibe, deren Farbgebung an Chilirot und Cranberry erinnert. Insgesamt 42 Komponenten sind nötig für die illustre Kulisse zur Indikation der Stunden, Minuten und Sekunden. Allerdings besitzt der auf 50 Exemplare limitierte Schoggi-Regulator kein Zifferblatt im üblichen Sinn. Vielmehr blickt man auf die Platine des auf einem Eta 2892-A2 basierenden Automatikkalibers C.301 mit retrogradem Sekundenzeiger. Aus einer PVD-Beschichtung resultiert die dunkle Schokoladenfarbe der bis zu zehn bar wasserdichten Schale. Der Kaufpreis beinhaltet ein Jahresabonnement handgemachter Pralinen von Max Chocolatier, Luzern.
Nur schwer übersehen lässt sich, dass die brandneue «Sky Chief Kollektion» der Schweizer Traditionsmarke Favre-Leuba eine Brücke schlägt zwischen Vergangenheit, Gegenwart und womöglich auch der Zukunft. Besagten Brückenschlag demonstriert der neue Chronograph dieses Namens auf beiden Seiten des stählernen Gehäuses mit 43 Millimeter Durchmesser und massivem Schraubboden. Den Umgang mit der auch während der Coronakrise weiterhin kostbaren Zeit erleichtert ein Chronograph. Experimente beim Automatikwerk ging das 283 Jahre alte Unternehmen nicht ein. Zuverlässigkeit und Präzision in allen Lebenslagen verspricht das altbewährte Kaliber Eta 7753 mit einseitig wirkendem Rotoraufzug und Fensterdatum. Schnelles Einstellen und Korrigieren
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Gangautonomie zur Verfügung. Natürlich greift auch das Armband aus mehrfarbigem Alligatorleder und schwarzem Gummi die Farben des magischen Regenbogens auf.
der Anzeige ermöglicht ein versenkter Drücker in der linken Gehäuseflanke. Die Lünette der bis zehn bar wasserdichten Schale ist als Tetradekagon ausgebildet. Sofort ins Auge stechen auch zwölf markante, mit Super-LumiNova ausgefüllte Stundenindexe auf dem in vier Farben erhältlichen Zifferblatt. Perfekt zu einem erlesenen Glas Rotwein passt der Farbton Burgunderrot. Zur Wahl stehen komfortable Wildleder-Armbänder in Sandbeige, Khakigrün, Eichen- oder Wurzelbraun. Federstege mit hervorstehendem Dorn ermöglichen einen raschen und unkomplizierten Bandwechsel.
MÄCHTIGE GANGRESERVEANZEIGE
Keine Frage: Das Design der fortan auch in edlem Stahl erhältlichen «Lambda» von Nomos polarisiert. Sehr viele mögen es spontan. Andere lehnen es nicht zuletzt auch wegen der riesigen Gangreserveanzeige im oberen Feld des markant blauen und überaus klar strukturierten Zifferblatts ab. Für die Kreation des Gesamtkunstwerks kooperierten Experten der ambitionierten Glashütter Manufaktur mit den Designern Michael Paul und Axel Kufus. Das 32 Millimeter grosse Handaufzugskaliber DUW 1001 verkörpert Glashütter Uhrmacherkunst par excellence. Die Platine mit vornehmem Sonnenstrahlenschliff überdeckt drei Viertel des Mechanismus. Sie trägt nicht weniger als sechs verschraubte Goldchatons zur Lagerung der Zapfen des Räderwerks. Stündlich 21’600 Halbschwingungen vollziehen die Unruh mit echten Masseschrauben und die selbst gefertigte Spirale. Zeichen uhrmacherischer Exzellenz ist auch eine Schwanenhals-Feinregulierung auf dem handgravierten Unruhkloben. Trotz einer Bauhöhe von nur 3,6 Millimeter bietet dieses Uhrwerk Platz für zwei Federhäuser. Das Duo gewährleistet 84 Stunden Gangautonomie. Ein Unruhstopp gestattet das exakte Synchronisieren des bei «6» positionierten Sekundenzeigers zum Beispiel mit einem Zeitsignal. 40,5 Millimeter misst die wegen ihres schmalen Glasrands ausgesprochen filigran wirkende Schale. Sie ist bis drei bar spritzwassergeschützt. Nachdem die sächsische Kleinstadt dieses Jahr ihr 175. Uhrmacherjubiläum feiert, gibt es von diesem und zwei weiteren Modellen mit schwarzem oder weissem Zifferblatt jeweils 175 Exemplare.
HOMMAGE AN DEN FLÜCHTIGEN REGENBOGEN
Der Regenbogen gilt als augenfälliges Symbol für Freude, Frieden und auch Optimismus. Manche Kulturkreise verknüpfen ihn mit Hoffnung, andere mit Ehrfurcht vor der Natur. In seiner Theorie über Licht und Farben beschäftigte sich der bedeutende Wissenschaftler Isaac Newton einst mit der Aufspaltung dieser mächtigen Brücke zwischen Himmel und Erde in ihre spektralen Bestandteile. Bei der 39 Millimeter messenden «Spirit of Big Bang Rainbow» huldigt Hublot dem viel besungenen Himmelsphänomen. Mehr als 800 Edelsteine auf Glasrand, Gehäuse und Armband aus Rotgold, das die zu LVMH gehörende Manufaktur «King Gold» nennt, bilden den illustren Regenbogen bei Tag, Nacht und allen Wetterverhältnissen am Handgelenk ab. Bis zu zehn bar Druck reicht die Wasserdichtigkeit der tonneauförmigen Sichtboden-Schale. Sie umfängt ein Automatikwerk vom Kaliber HUB1710. Dabei handelt es sich um ein 3,70 Millimeter flaches 670 Elite der Schwester Zenith. Die Uhrmacher assemblieren es aus 185 Komponenten. Hat der Kugellagerrotor die Zugfeder vollständig gespannt, stehen rund 50 Stunden
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NOSTALGISCHER LACHS-LOOK
Montblanc knüpft an die Tradition klassischer «Minerva»-Armbanduhren aus den 1940er und 1950er Jahren an. Die einstige Manufaktur gehört seit 2007 zum Hamburger Unternehmen mit Produktionsstätten in der Schweiz. Besagte Bezüge bilden die Grundlage des magisch wirkenden Vintage-Flairs. Aus Stahl besteht das vollständig polierte 42-Millimeter-Gehäuse des «Heritage Monopusher Chronographen». Gerundete Bandanstösse und ein hochstehendes Saphirglas unterstreichen den nostalgischen Auftritt ebenso wie das lachsfarbene Zifferblatt mit applizierten Indizes. Wie einst besitzt der Totalisator bei «3» verlängerte Strichmarkierungen nach jeweils drei Minuten. So lange dauerten damals die Zahltakte beim Telefonieren. Das zeitschreibende Innenleben mit vier Hertz Unruhfrequenz und 48 Stunden Gangautonomie stammt von Sellita. Dort heisst es SW 510. Montblanc nennt das 7,9 Millimeter hohe Automatikkaliber MB 25.12. Wasser hat bis zu fünf bar keine Chance, dem Uhrwerk Schaden zuzufügen.
ZEHN JAHRE GARANTIE
Das neueste Automatikwerk eidgenössischer Provenienz stammt von Oris. Seine Premiere ging im Oktober 2020 über die Bühne. Bein Kaliber 400 handelt es sich um eine Manufaktur-Kreation mit insgesamt fünf Tagen Gangautonomie und hohem Schutzfaktor gegenüber magnetischen Einflüssen. Zu diesem Zweck verwendet das Familienunternehmen mehr als 30 amagnetische Bauteile, darunter auch Anker und Ankerrad aus Silizium. Die Entwicklungsarbeiten an diesem tickenden Œuvre begannen im Jahr 2005. Ziel intensiver Bemühungen war ein Uhrwerk, das nach zehn Jahren den ersten Service verlangt. Und genau das ist den Technikern bei der mit zwei Federhäusern ausgestatteten Uhr-Mechanik gelungen. Im Gegensatz zum heute weit verbreiteten Kugellagerrotor besitzt die einseitig aufziehende Schwungmasse ein vergleichsweise simples, aber nicht minder zuverlässiges Gleitlager. Die neuartige Verzahnung des Getriebes von den Energiespeichern zum Gangregler bewirkte eine Steigerung der Übertragungseffizienz von circa
70 auf beachtliche 85 Prozent. Im engen Delta zwischen täglich minus drei und plus fünf Sekunden bewegt sich die Ganggenauigkeit. Somit erfüllt es die Vorgaben der COSC. Zu den Ausstattungsmerkmalen gehören auch Stoppsekunde und Fensterdatum mit Schnellschaltung. Schutz bietet ein 43,5 Millimeter grosses, bis 30 bar wasserdichtes Sichtboden-Stahlgehäuse vom Typ «Aquis». Den Unterschied zu den nahezu gleich aussehenden Modellen mit Sellita-Innenleben offenbart nur sehr genaues Hinsehen. Das Beste kommt zum Schluss: Oris liefert diese Armbanduhr mit zehn Jahren Garantie.
FARBENFROHE AUSTER
Rolex-Puristen mit ausgeprägtem Faible für Farbe werden ihre helle Freude haben an der neuen «Oyster Perpetual»-Generation. Die Geschichte dieser Uhrenlinie geht zurück bis 1926, als Rolex die wasserdichte Oyster-Schale präsentierte, und dazu auch 1931. In diesem Jahr debütierte der Selbstaufzug per unbegrenzt drehendem Rotor. Natürlich ist die Zeit seitdem nicht stehengeblieben. Deshalb verkörpert das brandneue, im 36-Millimeter-Modell mit vier Hertz tickende Automatikkaliber 3230 den neuesten Stand mechanischer Uhrmacherkunst. Unter anderem dank einer hochmodernen Chronergy-Hemmung beträgt die Gangautonomie 70 Stunden. Die selbst gefertigte Parachrom-Unruhspirale besitzt paramagnetische Eigenschaften. Sekundengenaues Stellen der Zeiger gestattet ein Unruhstopp. Bis zu zehn bar reicht die Wasserdichte des Stahlgehäuses mit Schraubkrone. Eine ausgeklügelte Schliesse gestattet das Verlängern des stählernen OysterGliederbands um fünf Millimeter. Nachdem sich Rolex mit den Standards der offiziellen Schweizer Kontrollstelle nicht zufriedengibt, muss die ganze Uhr vor der Lieferung nochmals auf den Prüfstand. Ans weibliche oder männliche Handgelenk findet sie mit einer maximalen täglichen Gangabweichung zwischen minus und plus zwei Sekunden. Qual der Wahl besteht bei der Farbe des Zifferblatts. Die Palette reicht von Candy Pink, Türkisblau, Gelb, Korallenrot bis Grün.
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NAVY BLUE AM HANDGELENK
Auf eine Datumsanzeige müssen die Käuferinnen und Käufer verzichten. Mit einem Durchmesser von 26 und einer Bauhöhe von 4,99 Millimeter eignet sich der mechanische Mikrokosmos vorzüglich für mittelgrosse Unisex-Armbanduhren. Pro Stunde vollzieht der Gangregler mit Silizium-Unruhspirale 28’800 Halbschwingungen – nach Vollaufzug gar 70 Stunden am Stück. Über die COSC- geprüfte Ganggenauigkeit des Uhrwerks hinaus checkt die Manufaktur auch noch den fertigen Zeitmesser. Pro Tag darf er nicht mehr als minus zwei und plus vier Sekunden von der Norm abweichen. Bei den Armbändern heisst es wählen zwischen Stahl oder einem Soft-Touch-Material. Letzteres entsteht in Frankreich mit Hilfe klassischer Jacquard-Webstühle aus dem 19. Jahrhundert.
Die Kalender zeigten 1958, als Tudor bei der nur in diesem einen Jahr produzierten Referenz 7924 die acht Millimeter grosse Aufzugsund Zeigestellkrone einführte. Das griffige Bedienelement führte zum einprägsamen Beinamen Big Crown. Dieses Merkmal griff die Rolex-Tochter bei der erfolgreichen Linie «Black Bay Fifty-Eight» auf. Sie debütierte 2018 zum sechzigsten Jubiläum besagter Armbanduhr. Deren Erscheinungsbild inspirierte zur Kreation der neuen «Black Bay Fifty-Eight Navy Blue» mit elegant marineblauem Outfit. In der um zwei auf 39 Millimeter gewachsenen Schale findet sich das neue Automatikkaliber MT5402 aus eigener Manufaktur.
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MO TION
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SYMBOL EINER EPOCHE Autorin_Lone K. Halvorsen Bilder_Volkswagen
Der Volkswagen Käfer Mit runden Kulleraugen und ebenso runden Formen wurde er nach einem Käfer benannt und verzauberte die Menschen weltweit fast ein ganzes Jahrhundert.
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OB
Ob alt oder jung: Wer kennt ihn nicht, den Käfer? Kaum ein Auto weckt so viele Erinnerungen wie dieses. Für viele war er fast wie ein Familienmitglied und wurde mit Kosenamen versehen. Nach sieben Jahrzehnten und fast zweiundzwanzig Millionen produzierten Autos hiess es jedoch goodbye VW Käfer. Der Dauerläufer von VW wurde schlussendlich in den Ruhestand geschickt. Wie bei anderen Automarken schaffte es die Käfer-Neuauflage leider nicht, den erwünschten Erfolg zu erreichen, und den Kultstatus des historischen Vorbilds in die Moderne zu transferieren, misslang. VW konnte bei weitem nicht an die Erfolgsgeschichte der Legende von 1938 anknüpfen, daher war das Karriereende die logische Folge. Ob jedoch in Zeiten des Elektroautos der Käfer wiederkehrt und dann emissionsfrei in sein drittes Leben rollt, bleibt bis anhin eine wünschenswerte Spekulation vieler Liebhaber. Trotz seiner Wurzeln im Nationalsozialismus schaffte der VW Käfer einen der beeindruckendsten Imagewechsel aller Zeiten.
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Kostendruck zu konstruieren.» Im Auftrag des «Reichsverbandes der Deutschen Automobilindustrie», einen entsprechenden Wagen zu konzipieren, machte sich der Konstrukteur Ferdinand Porsche 1934 ans Werk. Ende 1935 nahm Hitler den ersten Prototyp «seines Volkswagens» höchstpersönlich entgegen. Nach mehreren Prototypen und vielen Tests war 1938 die Weltpremiere für das Serienmodell, den Typ 38 als Limousine, die Limousine mit Rolldach und das Cabriolet. Kennzeichen: Brezelfenster, Trittbretter und Stossstange sowie luftgekühlter Vierzylinder-Boxermotor mit einem Hubraum von 986 Kubikzentimeter und 24 PS. Am 1. August wurde das «Kraft durch Freude (KdF)»-Sparsystem vorgestellt, wo jeder Deutsche sich mit einer Sparrate von fünf Reichsmark pro Woche für den Erwerb eines Volkswagens anmelden konnte. Die Deutschen zeigten sich entzückt von dem Auto und der Möglichkeit, 990 Reichsmark für ihren KdF-Wagen anzusparen. Im selben Jahr meldeten sich um die 300’000 Sparer an, bekommen hat jedoch
ZWEI MÄNNER, EIN GROSSPROJEKT Auf Wunsch des kleinen Mannes mit dem unverkennbaren Schnauzbart sollte für das deutsche Volk ein erschwingliches, robustes und vor allem preiswertes Auto entwickelt werden. Natürlich nicht ohne Hintergedanken, denn Adolf Hitler hoffte, sich dadurch beim Volk beliebt zu machen. Zudem benötigte er für die Bevölkerung ein billiges Familienauto, um sein neues Strassennetz auszulasten. So kam es, dass zwei mächtige Männer für ein Grossprojekt zusammenfanden, denn als Konstrukteur für den VW wurde Ferdinand Porsche auserkoren. Porsche als der geniale Konstrukteur und Hitler als der politische Geburtshelfer. «Hier fanden sich zwei, die zueinander passten», resümiert der Historiker Wolfram Pyta, Professor für Neuere Geschichte an der Universität Stuttgart. «Hitler brauchte einen kreativen Kopf, um einen Kleinwagen zu konstruieren, der als Serienfahrzeug geeignet war», sagt Pyta. «Und Porsche brauchte einen politischen Auftraggeber, der es ihm ermöglichte, nicht unter
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niemand etwas für das Geld. Der Zweite Weltkrieg lenkte die Gedanken in eine andere Richtung, und stattdessen wurde die Technik für Militärfahrzeuge genutzt. DIE VERTUSCHTE WAHRHEIT Schwungvoll unter den Teppich gekehrt wurde dabei die Tatsache, dass die Entwicklung nicht alleine Porsche zuzuschreiben ist. Ein detailliertes Konzept des Käfers wurde bereits 1925 von Béla Barényi entworfen. Lange kontrovers diskutiert wurden zudem die Pläne von dem Konstrukteur, Ingenieur und Auto-Journalisten Josef Ganz. Von ihm stammen die Entwürfe, das grundlegende technische Konzept und auch der Spitzname des Kleinwagens. Weil ihn die Form des Wagens an einen Käfer erinnerte, taufte er seinen Volkswagen liebevoll danach. Auf einer Automobilmesse 1933 sah Hitler den Kleinwagen und war begeistert, denn der hatte alles, was Hitler wollte: Er war klein und preiswert und somit ein wahrhaftiger «Volkswagen». Der kleine runde Käfer verfügte über eine stromlinienförmige Karosserie, einen Heckmotor, ein leichtes Fahrgestell aus
Rohrrahmen, war sparsam im Verbrauch und zudem technisch versierter als die grossen Autos, auf die sich die deutschen Autobauer konzentrierten. Für Hitler war es jedoch völlig undenkbar, den Juden Josef Ganz als Konstrukteur in Betracht zu ziehen, folglich ging der Auftrag an Ferdinand Porsche. Die deutschen Autohersteller mussten unentgeltlich ihre Patente hergeben, und deshalb konnte Porsche sich hemmungslos bedienen. Während er mit der Entwicklung begann, wurde Josef Ganz von der Gestapo kurzzeitig verhaftet. Nach seiner Freilassung floh er in die Schweiz, wo er sich in Zürich niederliess. Mit zunehmenden Problemen mit den Schweizer Behörden und etliche Prozesse später wurde er letztlich aus der Schweiz ausgewiesen. 1967 starb er verarmt in Australien, und sein Name wurde aus der Geschichte des Käfers gelöscht. LAUT UND GELIEBT Nach dem Ende des Krieges bekam der neu erschaffene Ort, wo das Werk von Volkswagen lag, endlich einen Namen: Wolfsburg. Sukzessiv kam der Volkswagen wieder ins Laufen, und bereits 1947
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mehr mit seinen Urahnen gemein hatte. Das Heizungssystem wurde verbessert, das Brezelfenster wurde durch ein grösseres Heckfenster ersetzt, es gab zwei Auspuffrohre, und die Blinker machten einige Ortswechsel mit. Zudem ging es bei der Motorisierung von zunächst 24 PS auf 50 PS. Bis in die siebziger Jahre hat der Käfer das Bild auf den Strassen weltweit dominiert, und kaum jemand konnte sich dem charmanten Gefährt entziehen. Bei den Hippies war er das Lieblingsgefährt, und grosse Berühmtheit auf der Leinwand erreichte er als «Herbie» in den bekannten Disney-Filmen. Nichts erinnerte mehr an Hitler, das niedlich anmutende Kleinauto war zu einem drolligen Gefährt geworden. Der letzte in Deutschland gebaute Käfer lief 1978 vom Band, fortan gab es nur noch den Mexiko-Käfer, bis die Produktion 2003 endgültig eingestellt wurde. Auch wenn nach 70 Jahren eine Automobilgeschichte zu Ende ging, mit einem Auto ohne jeglichen Komfort, aber dafür mit viel mehr Kult, als sein Kofferraum Platz bieten konnte: Dieses Auto erlangte einen unvergleichbaren Kultstatus.
begann der Export. Ein paar Jahre später soll die Bezeichnung «Beetle» für den Käfer von der Zeitung «The New York Times» verwendet worden sein. Von nun an sollte es bergauf gehen. In den fünfziger Jahren wurde der Käfer das meistgekaufte Auto in Deutschland und mauserte sich zum Symbol für Wiederaufbau, Industrialisierung und Wirtschaftswunder des Landes. Generationen von Deutschen zwängten sich in den buckeligen VW mit dem gescheiterten Versuch, das Gepäck zu verstauen, währenddessen der Fahrer mit der Nase an der Frontscheibe klebte und die Mitfahrenden im Winter wegen der schlechten Heizung noch enger zusammenrückten. Und im Fall, dass es doch warm werden sollte, roch die Luft immer ein wenig nach Abgas, Benzin oder Öl. Doch mit seinem heiseren Getucker haben ihn alle geliebt. Der damalige VW-Chef Nordhoff wurde mit der amüsanten Aussage zitiert, man baue da ein Auto, das «so viele Fehler wie ein Hund Flöhe hat». Folglich wurde am Käfer über die Jahre so viel verändert und verbessert, dass dieser in den siebziger Jahren bis auf das Bauprinzip und die unverkennbare Form nichts
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FASHI FASH ON ION PRESTIGE
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PRADA RELOADED
Mailand, 24. September 2020, 14.00 Uhr. Die Modewelt hält den Atem an. Miuccia Prada und Raf Simons stellen ihre erste Kollaboration als ebenbürtige Kreativchefs für das Traditionshaus Prada vor. War die digitale Inszenierung ein geglückter Neustart, um die Kultmarke zurück auf Kurs zu bringen? Wir liefern die Antwort. Von A bis Z.
Autor_Beat Krenger Bilder_Prada
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WIE ANFANG Als das erste Model in das grelle Licht der Scheinwerfer tritt, ist dem Zuschauer sofort bewusst: Raf Simons will auch bei Prada die Jugend für Luxusmode begeistern. Wie ihm das gelingt? Ein schwarzes Tanktop mit übergrossem Logo auf der Brust, darüber ein schwarzer Mantel, wie eine geraffte Decke über die nackten Schultern geworfen, der mit einer Hand vor der Brust zusammengehalten wird. So jung hat man die Prada-Frau noch nie zuvor gesehen.
B
WIE BALANCEAKT Ob der 52-jährige Belgier Raf Simons, der zuvor bei Jil Sander, Dior und zuletzt Calvin Klein (nicht immer gleich erfolgreich) tätig war, mit seiner Vorliebe für die Ästhetik der Jugendkultur die richtige Besetzung für ein Job-Sharing ist? Sicher ist: Der Mann hat eine eigene Vision und viel Erfahrung, um die Kultmarke moderner zu gestalten.
C
WIE CASTING Pradas digitale Präsentation brachte so manches Novum auf den Laufsteg. So blickten die Models während ihres Auftritts oftmals direkt in die Kamera, was bei Modenschauen sonst verpönt ist. Zudem sorgten die Newcomer-Models für eine weitere Premiere: Alle jungen Frauen schritten für Prada zum allerersten Mal über einen Catwalk.
D
WIE DIALOG Der Herausforderung, eine Partnerschaft auf zwei verschiedenen Ebenen zu führen, begegnen die beiden Kreativen, indem sie ihre unterschiedlichen Welten nicht trennen, sondern in einer einzigen zusammenfassen. Und so prallten Miuccia Pradas elegante, weibliche Entwürfe mit einem Hang zum «Ugly-Chic» auf Raf Simons Vorliebe für luxuriöse Streetwear.
E
WIE ERFOLGSDRUCK Zuletzt war nicht mehr viel übrig von der kompromisslosen Herangehensweise, mit der Miuccia Prada das 1913 von ihrem Vater und ihrem Onkel gegründete Lederwarengeschäft in den siebziger Jahren zum internationalen Modelabel umfunktionierte und fortan zusammen mit ihrem Ehemann Patrizio Bertelli zur Weltmarke aufgebaut hat. Es schien, als hätte das Power-Paar die letzten Jahre viele stilprägende Prinzipien über Bord geworfen, um allzu oft dem Zeitgeist nachzujagen, statt selber wichtige Trends zu setzen. Ein Grund mehr, wieso ein kreativer Neustart jetzt Sinn macht.
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WIE FAN Raf Simons liebt Prada. Ausser seinen Entwürfen trägt er oft Stücke aus Pradas Männerkollektion am eigenen Körper. Und das seit 25 Jahren. In einem Statement erklärt er seine Verbundenheit mit dem Modehaus so: «Prada stand immer für eine bestimmte Gruppe von Menschen, die auch einen Sinn hinter der Mode suchen. Das ist der gleiche intellektuelle Anspruch, der auch meine Arbeit antreibt.»
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WIE GESPÜR Wichtig bei der Zusammenarbeit war beiden Designern, dass sie autonome Entscheidungen treffen können auf dem jeweiligen Gebiet, wo sie besonders stark sind. Das setzt
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eine gesunde Portion an gegenseitigem Vertrauen voraus. Und so beweist sich Miuccia Prada mit ihrem Coup, den egozentrischen Simons auf ihre Augenhöhe zu hieven, erneut als clevere Strategin. Und das mit 71 Jahren.
H
WIE HYBRID Kapuzenpulli trifft auf knielangen Rock. Und bei diesem Look waren sich viele Insider einig: Das wird die neue Uniform für die nächste Saison. Noch mehr Aufsehen erregte nur ein Taschen-Rock-Hybrid, bei dem eine Art Bauchtasche aus Nylon fix mit einem schmalen Rock verwoben wurde. Ganz schön raffiniert.
I
WIE IDENTITÄT In der Mailänder Prada-Zentrale stehen neuerdings alle Zeichen für eine demokratischere Identität. Wo früher durch reine Autorität entschieden wurde, wird heute der Konsens gepflegt. Kürzlich wurde der Sohn des Hauses, der erst 32-jährige Lorenzo Bertelli, zum Head of Marketing and Corporate Social Responsibility ernannt, um zwingend nötige digitale Strategien zu entwickeln. Und diese Verjüngungskur tut dem Modehaus sichtlich gut.
J K
WIE JUGEND Raf Simons lancierte 1995, kurz, nachdem er sein Studium an der Modeschule der Königlichen Akademie in Antwerpen beendet hatte, sein eigenes Label. Er debütierte 1997 in Paris mit Männermode und wurde von da an für seine von der Techno- Subkultur inspirierte Ästhetik gefeiert.
WIE KOLLABORATION Wenn es für Miuccia Prada und Raf Simons auch ein Risiko bedeutete zusammenzuspannen, lässt sich nach der ersten gemeinsamen Vorstellung sagen: Für die Marke ist es eher Glück als Wagnis, dass sich die beiden zusammengetan haben. Wieso? Weil das Interesse an der neuen Doppelspitze enorm ist. Rund 2,5 Millionen Klicks in zwei Wochen: Das Video der Kollaboration ist auf YouTube ein Hit.
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WIE LUXUS Welche Antwort gibt die Kollektion auf unsere durch die Pandemie veränderte Welt? Niemand braucht momentan Cocktailkleider, sondern Outfits, die sich für das Homeoffice eignen. Kleider, aus hochwertigen Materialien, die bequem und langlebig sind. Das ist der wahre Luxus, den man sich jetzt leisten will.
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WIE MAILAND Die Coronakrise hat die Lombardei als erste Region Europas hart auf den Prüfstand gestellt. Nach wochenlangen Schliessungen konnte Prada seine Produktion erst am 20. April wiederaufnehmen und stellte den Betrieb komplett um. Statt Couture und Handtaschen wurden Schutzbekleidung und Stoffmasken für die Spitäler gefertigt. Erst später öffneten auch die Ateliers am Mailänder Firmensitz, wo alle Prototypen für die aktuelle Sommerkollektion hergestellt wurden.
WIE OFFENSIVE Lange hat der Luxuskonzern die Bedeutung des Internets unterschätzt. Doch Prada ist erwacht. Mit grossem Aufwand betreibt die Marke nun die Aufholjagd zur Konkurrenz, hat auch online die Marketingmaschine angeworfen, zielt stärker auf die Millennials (etwa mit einer Adidas-Kollaboration), investiert in E-Commerce und in Social-Media-Portale. Und das sehr erfolgreich. Der Instagram-Account von Prada zählt über 24 Millionen Follower.
WIE NACHHALTIGKEIT Miuccia Prada betonte nach der Show, dass das Modehaus vermehrt auf Nachhaltigkeit setzen wolle. Die Chefin hat den Lockdown als Anreiz genommen, darüber nachzudenken, was möglich ist, um Prada ökologischer zu gestalten. Deshalb wurden erstmals alte Stoffe wiederverwendet, um daraus OutdoorJacken zu nähen. Das neu initiierte Recycling-Programm nennt sich Re-Nylon.
WIE PHYGITAL Auch während den Modewochen in Mailand wurde der neue Begriff «phygital» (eine Kombination aus «physical» und «digital») oft zitiert, um die Kollektionen für den nächsten Sommer vorzustellen. Die meisten Präsentationen wurden wie bei Prada via Livestream übertragen, manchmal in Kombination mit einem real stattfindenden Event für Einkäufer im intimen Rahmen oder einem Lookbook.
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WIE Q & A Nach dem Livestream sitzen Miuccia Prada und Raf Simons mit sicherem Abstand auf einer langen Bank. Seriös beantworten sie Fragen, die zuvor auf prada.com eingereicht werden konnten und via Instagram dazu aufgerufen wurde. Das kann als Revolution der Gesprächsführung gewertet werden. In der neuen Normalität erklären sich die Designer nicht mehr backstage vor ausgewählten Pressevertretern, sondern vor der ganzen Welt.
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sönlich. Und so taucht immer wieder Miuccias Alltagsuniform aus knielangem Faltenrock und Kaschmirpullover in coolen Adaptionen in der Präsentation auf.
WIE RICHIE HAWTIN «Sin Thetik» nennt sich der Titel, den der Kanadier DJ Richie Hawtin in nur wenigen Wochen eigens für die Prada-Show komponiert hat. Unter seinem Pseudonym Plastikman entstand ein futuristischer Soundtrack, der sich langsam aufbaut, um in einem Crescendo aus Minimal-Techno-Beats zu gipfeln.
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WIE VISION Raf Simons liebt Löcher. Schon immer. Für Prada hat er faustgrosse Kreise aus Mohair-Stretch geschnitten und danach das Loch-Oberteil über einen Viskose-Rolli gezogen. Das Resultat: ein Twinset mit Durchblick, das garantiert nicht altbacken wirkt.
WIE SLOGANS So viele Schriftzüge waren noch nie so prominent auf PradaTextilien zu entdecken. «SIGNAUX VOLENT VERS NOUS», «ECHO! ECHO!» oder «EXCHANGE PERPLEX». Auf Röcken, Hoodies und Tops gleichermassen. Die Zitate stammen ebenso wie vereinzelt eingesetzte wunderschöne Blumendrucke von Simons langjährigem Weggefährten, dem belgischen Künstler Peter De Potter.
WIE WENDEPUNKT 13 Minuten und 30 Sekunden. So lange dauerte der Live stream der Fashionshow. Und danach war klar: Es geht hier nicht um die Vergangenheit. Auch nicht um die Gegenwart. Sondern darum, wie radikal sich die weibliche Zukunft kleiden lässt.
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WIE TRIANGEL Logo-Ohrringe in der bekannten Prada-Dreiecksform waren besonders schmucke Hingucker. Raf Simons schreckte nicht davor zurück, die Logomania der neunziger Jahre aufleben zu lassen. Noch plakativer und glamouröser als in der Vergangenheit.
WIE X-FACTOR Besonders aufgefallen sind die neuen Slingpumps des Hauses. Relativ flach und mit einer scharfen Spitze ausgestattet, in den Farben Knallpink und Weiss. Mit schwungvollen «Komma»Absätzen, die bleibende Eindrücke hinterlassen haben.
WIE UNIFORM Beide Designer haben sich während ihrer Karriere immer stark mit dem Thema Uniform beschäftigt. Nicht im Sinne einer Militäruniform, sondern als stofflicher Teil einer Persönlichkeit, der über die Jahre mehr und mehr mit der Trägerin verschmilzt. Raf Simons Muse für die Debütkollaboration war – wie könnte es auch anders sein – die Chefin des Hauses höchstper-
WIE YELLOW Ein sonnengelber Veloursteppich und gleichfarbige bodenlange Vorhänge: Das Set für die Modenschau war äusserst minimal gehalten – bis auf sechs futuristische Kronleuchter an der Decke, zusammengeschweisst aus Videokameras und Bildschirmen. Wie Fangarme kreisten diese um die Models, um jeden Winkel der gezeigten Outfits perfekt einzufangen.
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WIE ZUSAMMEN Bei Prada ist ein Kulturwandel im Gange. Zusammen ist man stärker. Zusammen hat man bessere Ideen. Zusammen ist man mutiger. Vielleicht passt das ungewöhnliche Designduo mit seinem Job-Sharing besonders gut in diese Gegenwart, in der viele Menschen gerade auf der Suche sind nach einem neuen Verhältnis zu Arbeit und Privatleben. Und wo das Teilen immer wichtiger wird.
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BE B EAUTY AUTY&WELL BEING WELL BEING PRESTIGE
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IN WÜRDE ALTERN
KOLLAGENE KÜNSTLICH ZUFÜHREN, UM DEM JUNGBRUNNEN NACHZUHELFEN, IST WEDER NEU NOCH VERWERFLICH. WICHTIG ABER IST, SICH GEDANKEN ÜBER DEN URSPRUNG UND DIE QUALITÄT DER ZUTATEN ZU MACHEN. DR. VANESSA CRAIG UNTERSUCHT SEIT MEHR ALS EINEM JAHRZEHNT DIE WISSENSCHAFTLICHEN ERKENNTNISSE VON KOLLAGENPEPTIDEN UND RÄT ZUR ACHTSAMEN EINNAHME VON PRÄPARATEN.
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Doch ich fand kein adäquates auf dem Markt. Also entwickelte ich mein eigenes. Es gab und gibt viele Marketingversprechungen. Ich lernte sehr viel darüber, wie schmutzig die Medizinindustrie ist. Bis heute erschreckt es mich. Fehlende Qualität, keine transparenten Ursprungsnachweise. Und für solche Präparate wollte ich damals kein Geld ausgeben. Also produzierte ich mein eigenes, später dann auch für Kunden und Freunde. Das Business war demnach eine Folge der Ereignisse. Mir ist es wichtig, die Menschen über Präparate aufzuklären. Es erschreckt mich, dass jeder in einen Laden gehen und einfach jedes Produkt kaufen kann, ohne Hintergründe zu kennen. Und der andere persönliche Fakt ist, dass auch ich älter werde (lacht). So kam das Interesse für Kollagene auf. Ich habe gehört, gelesen, dass es verschiedene Arten von Kollagenen gibt – wie kann ich da den Überblick behalten? Es sind offiziell 28 verschiedene Kollagene. Wir sprechen von der Kollagen-Superfamilie. Je nachdem, in welchem Körperteil sie vorkommen, haben sie andere Eigenschaften. Jedes für sich ist einzigartig in seiner Struktur und seinem Aufbau. So befinden sich in Zähnen beispielsweise andere Kollagene als in Muskeln, denn Letztere benötigen mehr Flexibilität. Die entscheidende Frage: Welche sind für mich die wichtigsten? Im Grunde sind die ersten drei wichtig. Sie machen 90 Prozent der in unserem Körper enthaltenen Kollagene aus. Typ 1 findet sich in unserer Haut wieder und zudem auch in den Sehnen, Knochen, Zähnen, Faszien, Gefässen und inneren Organen. Es ist das Kollagen, das in unserem menschlichen Körper am meisten zu finden ist. Typ 2 finden wir in Knorpeln, aber auch im Glaskörper des Auges. Typ 3 ist Bestandteil unserer Haut und der Blutgefässe. Grundsätzlich ist aber auch die Aufteilung in verschiedene Kollagene wieder so ein Marketing-Ding, das viele für sich nutzen. Es spielt am Ende keine Rolle, welchen Kollagentyp man von aussen zuführt, jeder nährt den Körper und seine einzelnen Bestandteile.
Autorin_Wilma Fasola Bilder_Formettā
PRESTIGE: Frau Dr. Craig, fangen wir mit der Basis an: Was ist eigentlich ein Kollagen oder besser, was sind Kollagene? DR. VANESSA CRAIG: Es handelt sich dabei um das am meisten in unserem Körper existierende Protein. Und das wichtigste. Es ist der Klebstoff, der alles zusammenhält. Es kommt vor allem im Bindegewebe vor und ist eine Art flexibles Gerüst, das unter anderem Knochen, Sehnen, Bändern und weiterem Körpergewebe Elastizität verleiht und damit vor äusseren negativen Einflüssen schützt.
Und welche kann ich wirklich aktiv beeinflussen oder «nähren»? Kollagene können dem ganzen Körper Gutes tun. Es kommt jedoch darauf an, wie gesund du bist. Das hat einen Einfluss darauf, wie schnell du einen visuellen Effekt erkennst, wenn du Kollagenpräparate zu dir nimmst. Beispiel: Wenn zwei Personen die Präparate nutzen und eine von beiden einen gesundheitlich eher
Wieso haben Sie damit begonnen, Kollagene und deren Eigenschaften für den Körper zu untersuchen? Ich habe im Zusammenhang mit Kollagenen über lange Jahre viele Studien gemacht. Am Ende verfasste ich ein Dokument zu einem für mich in jedem Detail passenden Kollagenpräparat.
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angeschlagenen Allgemeinzustand aufweist, werden sich bei der gesunden Person eher Dinge zeigen wie bruchsichere Nägel oder glänzende Haare. Bei der anderen Person braucht es einfach länger, bis sich positive Veränderungen zeigen. Deshalb wird empfohlen, die Präparate über einen längeren Zeitraum zu nutzen. Ich beispielsweise rate stets zu mindestens drei Monaten. Dabei basieren meine Empfehlungen auf den Forschungsergebnissen, die ich über die Jahre zusammengetragen habe. Es gibt inzwischen zahlreiche Präparate – wie finde ich das, was zu mir passt? Wichtig ist es zu wissen, dass nicht alle Kollagenpräparate effektiv wirken. Vor allem bei den Zutaten gibt es viele Unterschiede zu dem, was ich in einem wirklich wirkungsvollen Präparat erwarte. Das Wichtigste: Ein wirkungsvolles Präparat enthält rund zehn Prozent Kollagen. Das sorgt für den grössten Effekt bei einer täglichen Anwendung. Im zweiten Schritt ist es wichtig, auf die Qualität zu achten. Oftmals werden illegitime Zutaten verwendet. Das ist leider keine Seltenheit. Parallel und wie schon angesprochen ist auch der Ursprung der beigefügten Ingredienzien entscheidend. Hier braucht es absolute Transparenz. So werden die Giftstoffe nicht vom Hersteller hinzugefügt. Vielmehr müssen die Hersteller lediglich prüfen und bescheinigen, dass ihr Produkt keine Schwermetalle oder Giftstoffe enthält, und das ist etwas, was die grosse Mehrheit der Unternehmen nicht tut.
In Würde altern oder Ansichten ändern. Wann haben Sie begonnen, in Bezug auf Ihr Aussehen umzudenken? Ich habe zwei Kinder und viele Jahre in der australischen Sonne verbracht. Und ich bin sehr naturverbunden. Meine Haut war von der Sonne stark in Mitleidenschaft gezogen. Mitte 30 habe ich dann geschaut, was ich persönlich tun kann, um meinen Körper zu stärken, seine Schönheit und vor allem Stärke zu erhalten. Und Kollagen ist dabei ein wichtiger Faktor. Es ist kein Allheilmittel, aber ein Ansatz.
Gibt es so etwas wie «No-Go-Zutaten»? Zucker. Als ich das Produkt von Gwyneth Paltrow analysiert habe, war ich entsetzt. Zucker ist hier die zweithäufigste verwendete Zutat. Ich wollte meinen Augen nicht trauen. Zucker baut Kollagen ab, und dennoch mischen es viele den Präparaten bei. Kein Zucker, keine «Filler».
Dr. Vanessa Craig ist Mutter von zwei Kindern, Ernährungs liebhaberin und Ärztin für biomedizinische Forschung. Elf Jahre lang hat sie sich mit Krebs und Epigenetik beschäftigt und untersucht, wie Entzündungen und Umweltfaktoren die Aktivität unserer Gene und das genetische Erbe, das wir an unsere Kinder weitergeben, beeinf lussen. Studiert hat sie sowohl an der
Woher kommen eigentlich die «Zutaten» oder vielmehr das in den Präparaten enthaltene Kollagen? Es stammt von Tieren. Bislang gibt es keine andere Quelle, auch wenn an mancher Stelle schon davon gesprochen oder sogar damit geworben wird. Es gibt zahlreiche Versuche und auch Bemühungen, Kollagen künstlich herzustellen. Doch diese haben bislang keinen Erfolg gebracht. Auch hier geht es wieder einmal ums Marketing. Kollagen steckt vor allem in Knochen, Gelenken und der Haut von Tieren. Kollagen wird nur von Tieren gebildet, es gibt daher kein pflanzliches oder veganes Kollagen. Sollte dir jemand etwas anderes versprechen, handelt es sich nicht um Kollagen. Mich selbst frustriert es, dass es diese Versprechen gibt. Was macht am Ende wirklich Sinn – Kollagen durch Lebensmittel oder Kosmetika zu «konsumieren»? Ich empfehle beides. Und versuche beides. Ich bin überzeugt, wir können es nicht nur über Präparate zufügen. Aber eben auch durch Lebensmittel. Schauen wir auf die asiatische Kultur, sehen wir immer wieder, wie gesund viele Menschen sind. Fakt ist, dass die Menschen in Asien Kollagene oftmals mit der Nahrung aufnehmen. Die berühmte Hühnersuppe, die wir im Krankheitsfall zu Rate ziehen, ist da an der Tagesordnung. Sie enthält eine Menge Kollagen. Unser eigenes Kollagen nimmt mit zunehmendem Alter ab, daher müssen wir es von aussen zufügen.
Universität von Sydney wie auch der Universität Zürich. Im Anschluss gründete sie ihr eigenes Unternehmen.
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© Fritz Hansen
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MADE IN
DENMARK FORMALE KLARHEIT UND HOCHWERTIGE HANDWERKSKUNST
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Weltweit sitzen Menschen auf Ameisen und trinken ihren Kaffee aus der Stelton-Kanne unter der PH5-Leuchte von Poul Henningsen. Was haben all diese Objekte gemeinsam? Sie stammen allesamt aus dem kleinen Land im hohen Norden – Dänemark. © Fritz Hansen
Autorin_Lone K. Halvorsen
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© Fritz Hansen
Funktional, minimalistisch und erschwinglich, dafür steht dänisches Design seit den 1950er Jahren. Das Land gehört zu den weltweit wichtigsten Einflussgrössen in puncto Gestaltung und hat die Produkt- und Wohnkultur des 20. Jahrhunderts entscheidend mitgeprägt. Dänisches Design ist der Inbegriff eines zeitlosen und stilvollen Einrichtungsstils und zugleich untrennbar mit vielen namhaften Designikonen des 20. Jahrhunderts verbunden. Visionäre wie Arne Jacobsen, Verner Panton, Hans J. Wegner oder Kaare Klint haben die Vorstellung von stilvollem Interieur und der Schönheit in Alltagsgegenständen vieler Generationen beeinflusst. Nach dem Motto «weniger ist mehr» haben die hiesigen Designer eine Wohnkultur ganzer Generationen geprägt, und sobald der Begriff dänisches Design fällt, liegen die Assoziationen zu Tradition, zu natürlichen Materialien und zu einer reduzierten Formsprache nahe. Ob in Madrid, Montreal oder Melbourne, dieser Einrichtungsstil hat die ganze Welt erobert und ist in den Wohnungen und Häusern sämtlicher Design-Liebhaber zu finden. Doch auch im eigenen Land stossen die einheimischen Designer auf eine grosse Bewunderung, denn hier vermittelt ein Möbelstück eines bekannten dänischen Designers wesentlich mehr Status als ein teures Auto. Wenngleich hinzugefügt werden muss: In Dänemark geht es nicht um Status, hier sind der gute Geschmack und die Wertschätzung von Qualität eine (angeborene) Lebenseinstellung.
© Carl Hansen & Søn
DIE EROBERUNG DES WELTGESCHMACKS Es begann als die Geschichte einer Eroberung des Weltgeschmacks, so sympathisch, so dezent und so geschmackvoll, dass niemand auch nur versuchte, sich dagegen zu wehren. Es war die Frucht der Design-Bewegung, die nach dem 2. Weltkrieg in Skandinavien, Italien, USA und Deutschland ein goldenes Zeitalter erleben
LINKS Arne Jacobsen entwarf «Das Ei» für die Lobby- und Lounge-Bereiche des SAS Royal Hotels in Kopenhagen. RECHTS OBEN Der legendäre Stuhl Serie 7. von Arne Jacobsen. RECHTS UNTEN Kaare Klint entwarf den Faaborg-Stuhl 1914 für das Faaborg Museum.
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© Vitra (www.vitra.com)
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Der Panton Chair von Verner Panton begeistert Erwachsene wie Kinder gleichermassen.
sollte. Während in den USA die emigrierten Bauhaus-Designer oder Charles und Ray Eames für originelle Meisterleistungen sorgten, ging es in Europa darum, die nach dem Krieg zerstörten Häuser neu aufzubauen und die Wohnungen einzurichten. Es entstand eine grosse Nachfrage an Möbeln, die einem neuen KomfortStandard entsprechen sollten, und man begab sich auf die Suche nach Lösungen für ein perfekt gestaltetes Produkt. In der Anthropometrie, der Lehre von menschlichen Körpermassen, fand man die Antwort darauf. Die davon abgeleitete Ergonomie sollte ein relevanter Gestaltungsansatz für die handwerklich geprägte dänische Moderne werden. Diese handwerkliche Formgebung war auch davon beeinflusst, dass die Industrialisierung in Skandinavien später einsetzte. Die Bedeutung der Nachhaltigkeit, des Traditionsbewusstseins und der Bodenständigkeit ist seit jeher stark in der dänischen Mentalität verwurzelt. Bei der Gestaltung galt damals das Motto: «Man arbeitet mit dem, was man hat.» Dazu gehört auch das Material Holz. Nach dem Krieg wurde Holz für die Möbel industrie hingegen nicht nur auf herkömmliche Art und Weise verarbeitet, sondern auch als Schichtholz – so entstanden die kennzeichnenden organischen Formen. DIE DÄNISCHEN IKONEN Früh entschieden sich die nordischen Länder für einen gemeinsamen Auftritt auf dem internationalen Designerparkett, und als im Jahr 1951 die Londoner Ausstellung «Scandinavian Design for Living» stattfand, hinterliessen die Länder aus dem hohen Norden unverkennbar ihren Fussabdruck im Design. Die darauffolgende Ausstellung «Design in Scandinavia» tourte von 1954 bis 1957 durch die USA und Kanada und etablierte den Modernismus
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Skandinavier in den 1980er Jahren eindeutig schlichtere Formen. Obgleich das skandinavische Design in den folgenden Jahrzehnten etwas an Dynamik verlor, erfolgte in den neunziger Jahren wieder ein Boom, als der Schwerpunkt auf Nachhaltigkeit gelegt wurde. Dieser Aufschwung hat seitdem nicht nachgelassen, und so wundert es nicht, dass seit ein paar Jahren wieder viele neue Namen auf dem Designparkett aufgetaucht sind, die das dänische Designerbe mit Würde weitervertreten. Die neue Generation von Designern wird für ihre Entwürfe gefeiert, und auch wenn Funktion und Schlichtheit weiterhin eine wichtige Rolle spielen, ist das dänische Design im Vergleich zu früher vielfältiger geworden. Dennoch bleibt das klassische dänische Designerbe eine bedeutsame Inspirationsquelle für neue Generationen. Die Geschichte des dänischen Designs verspricht somit, ein Happy End zu haben.
skandinavischer Prägung international. Die Ausstellung war eines der Schlüsselerlebnisse, die zum Aufstieg des skandinavischen Designs führen sollten. In Dänemark spielte die legendäre Königliche Dänische Kunstakademie eine bedeutende Rolle bei der Entwicklung des Möbeldesigns – sie brachte folglich sehr viele berühmte Designpersönlichkeiten hervor. Dazu gehörte auch der Architekturprofessor Kaare Klint (1888–1954), der «Vater der dänischen Möbelschule». Mit seinen funktionalen Möbelentwürfen legte er den Grundstein für die dänische Moderne. Während Klint anhand von Grösse und Proportionen den Funktionalismus lehrte, trat Hans J. Wegner, der Schreiner, mit einem einzigartigen Formgefühl der Bewegung bei – vor allem bei der Gestaltung von Stühlen. Im US-Präsidentschaftswahlkampf im Jahr 1960 sass John F. Kennedy beim ersten Live-Fernsehduell gegen Richard Nixon auf einem Stuhl von Hans J. Wegner. Aus der Zusammenarbeit zwischen dem Sohn von Fritz Hansen, Poul Fritz Hansen, und dem Architekten Arne Jacobsen entsprang einer der meistverkauften Stühle aller Zeiten: der legendäre Serie 7. Poul Kjærholm verdankt dem dänischen Design wegweisende dezidiert kantige Entwürfe wie das Daybed PK80. Jeder Fan der dänischen Moderne ist gewiss auch mit dem Namen Børge Mogensen vertraut, der das gestalterische Erbe von Fredericia übernahm. Die damalige First Lady des Designs, Nanna Ditzel, war bekannt dafür, mit ihrem postmodernen Design Traditionen zu brechen, und spielte zudem eine wichtige Rolle bei der «Erneuerung» des dänischen Möbeldesigns in den 1980er Jahren. In der langen Hitliste des dänischen Designs darf natürlich Verner Panton nicht fehlen. Der dänische Rebell und ehemalige Assistent von Arne Jacobsen verliess Dänemark in den 1960er Jahren und erlangte mit dem von Vitra produzierten Stuhl «Panton Chair» internationale Bekanntheit. Mit seinen Entwürfen tanzte er ein wenig aus der Reihe. Im Gegensatz zum Rest seiner Landsleute arbeitete Panton statt mit Holz eher mit synthetischen Materialien, und auf die Frage, warum ein Stuhl vier Füsse haben muss, wenn es auch in einem Guss geht, fand er die Antwort. Nebst den experimentierfreudigen Entwürfen waren es vor allem leichte, funktionelle Möbel aus Holz, die den dänischen Stil ausmachten. Das Material wurde nach dem Körper geformt, angenehm zum Sitzen und zugleich schön anzuschauen. Ein schwerer Chesterfield-Stuhl aus Leder hingegen nimmt den ganzen Raum ein. Ein dänischer Stuhl ergänzt den Raum. Die dänischen Designer liessen sich auch ein wenig vom amerikanischen Design beeinflussen, und ohne Charles Eames und seine aus Formholz und Stahlrohren gefertigten Stühle wäre wohl nie der weltberühmte Ameisen-Sessel von Arne Jacobsen entstanden – Dänemarks erster industriell gefertigter Stuhl.
Auf «The Chair» von Hans J. Wegner, nahmen John F. Kennedy und Richard Nixon 1960 während ihrer Präsidentschaftsdebatte Platz.
© PP Møbler
DER BEDEUTUNGSWANDEL EINES KLASSIKERS Rückblickend liegt die Ironie der Geschichte durchaus in dem Bedeutungswandel, den die Designklassiker erfahren haben. Die heutzutage hochgeschätzten Möbelklassiker waren ursprünglich eine preisgünstige Massenproduktion, die durch neue Fertigungstechnologien gutes Design für alle ermöglichte. Der Sozialstaat sollte nach dem Krieg aufgebaut werden und jedem Menschen im ganzen Land die Möglichkeit geben, mit preiswertem und zugleich gutem Design seine Wohnung einzurichten. Die Designer entwarfen Möbel gar für Supermarktketten, und Jahrzehnte später wurden sie zu Design-Ikonen. Entgegen aller Begeisterung der Postmoderne in Italien oder Deutschland bevorzugten die
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POSEIDONS SPEISEKAMMER – ALGARVE KULINARISCH Autor_Thomas Hauer Bilder_VILA VITA Parc
STURMUMTOST UND MYTHENUMWITTERT ZIEHT DER SÜDWESTLICHSTE ZIPFEL KONTINENTAL-EUROPAS, AN DESSEN GESTADEN ENDLOSE WEISSE TRAUMSTRÄNDE UND VON WIND UND WELLEN BIZARR GEFORMTE STEILKLIPPEN NAHTLOS INEINANDER ÜBERGEHEN, FERNWEHGEPLAGTE ROMANTIKER WIE ABENTEUERLUSTIGE AKTIVURLAUBER GLEICHERMASSEN IN SEINEN BANN. DOCH DER RUND 150 KILOMETER LANGE KÜSTENSTREIFEN, DER SICH VOM CABO DE SÃO VICENTE BIS AN DIE SPANISCHE GRENZE ERSTRECKT, GILT AUCH UNTER FEINSCHMECKERN ALS GEHEIMTIPP, ERKLIMMT DIE ANSONSTEN EHER RUSTIKALE PORTUGIESISCHE KÜCHE ENTLANG DER ALGARVE UNTER DEN HÄNDEN AMBITIONIERTER JUNGER KÜCHENCHEFS DOCH UNGEAHNTE HÖHEN.
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So finden sich dort auf engstem Raum gleich sieben der aktuell 26 portugiesischen Sternerestaurants. Kein Wunder, bieten die fisch- und meeresfrüchtereichen Gewässer des Atlantiks und eine wachsende Zahl biologisch bewirtschafteter Landgüter im dünn besiedelten Hinterland des Alentejo doch erstklassige Zutaten im Überfluss. Dank ihres milden Klimas hat sich die Algarve in den letzten Jahren ausserdem immer stärker zur Ganzjahresdestination entwickelt, denn selbst im Winter fällt das Thermometer dort tagsüber nur selten unter die 15-Grad-Marke, und Ende Januar hüllen zehntausende Mandelbäume die Küste schon wieder in ein weisses und rosafarbenes Blütenmeer. Warum sich dieses Paradies also ausgerechnet in der Hochsaison zwischen Juli und August mit ganzen Scharen anderer Portugalfans teilen? Als eines der besten Restaurants der Region, ja des Landes, gilt das seit 2011 mit zwei Michelin-Sternen geadelte «Ocean» im zu den Leading Hotels of the World zählenden Luxusresort Vila Vita Parc bei Armação de Pera, das rund 40 Autominuten vom internationalen Flughafen Faro entfernt auf Steilklippen hoch über dem Atlantik thront. Mit Hans Neuner steht dort seit 2007 ein waschechter Tiroler am Herd, der sein Herz an die portugiesische Küche verloren hat und dessen zeitgemässe Küche einen authentischen Einblick in das reiche kulinarische Erbe eines Landstrichs bietet, in dem über die Jahrhunderte zahllose Völker und Kulturen ihre Spuren hinterlassen haben. Auch in der Küche. So hatten zum Beispiel die maurischen Eroberer, die im frühen 8. Jahrhundert im Süden der Iberischen Halbinsel anlandeten und denen die Algarve, von arabisch Al Gharb – der Westen, auch ihren Namen verdankt, nicht nur Mathematik, Philosophie und Vers kunst, sondern auch zahlreiche Feldfrüchte im Gepäck, darunter Mandeln und Feigen. Und tatsächlich kommt bis heute kaum ein portugiesisches Dessertrezept ohne die aromatischen braunen Kerne aus, sind grüne Feigen allgegenwärtig. Und auch in Neuners Küche finden sich solche versteckte kulturelle «Zitate» in vielen Gerichten. So serviert er zum Beispiel in seinem aktuellen Menü, das unter der Überschrift «Discovering Portugal» steht, als amuse bouche unter anderem eine jährlich wechselnde Snack-Variante des Algarve-Klassikers Frango piripiri, Hühnchen mit scharfen Chilis. Eine Würzzutat, die portugiesische Kaufleute einst aus Asien in die afrikanischen Kolonien der stolzen Seefahrernation verpflanzt hatten und von dort ihren Weg ins europäische Mutterland fand. Normalerweise spielen auf der Karte des sympathischen Exil-Tirolers allerdings meist Kostbarkeiten aus Poseidons Reich die Hauptrolle. Nicht umsonst trägt Neuner den Spitznamen «König der Meere».
Gleich zwei Mal wurde der Österreicher, der zuvor unter anderem im St. Moritzer «Carlton» aufgekocht hat und jahrelang mit Karlheinz Hauser im Berliner «Adlon» und dem «Seven Seas» in Hamburg am Herd stand, bereits zu Portugals Küchenchef des Jahres gekürt. Schliesslich sind Neuners Interpretationen der Algarve-Küche, die er gemeinsam mit Head Chef Florian Rühlmann und seinem internationalen Team auf den Tisch bringt, nicht nur bis ins Detail perfekt in Szene gesetzt, sondern haben auch eine Seele. Dass beides zusammenkommt, ist in der Hightech-verliebten, bisweilen aber etwas unterkühlten Spitzengastronomie dieser Tage keineswegs selbstverständlich. Im Ergebnis entstehen so aufwendige, teils Stillleben gleiche Teller, die alle Sinne begeistern; ebenso innovativ wie aromengewaltig, ohne dabei aber jemals die Bodenhaftung zu verlieren. Zumindest in dieser Hinsicht ist Neuner durch und durch Tiroler geblieben. Neue Inspirationen holt sich der Küchenchef gerne auf Reisen, die ihn mittlerweile in mehr als 100 Länder geführt haben. Neben tagesfrischem Fisch und Meeresfrüchten sowie Produkten kleiner, handwerklich arbeitender Zulieferer aus der Region – darunter zum Beispiel das exzellente Flor de Sal aus den Salzgärten von Castro Marim – kommen manche Zutaten auch vom rund 1100 Hektar grossen Biolandgut Herdade dos Grous. Das liegt circa 100 Kilometer nördlich des Hotels im Baixo Alentejo, dessen Landschaftsbild von grünen Olivenhainen, uralten Kork eichenwäldern und endlosen, sonnenversengten Weizenfeldern geprägt wird, zwischen denen malerische weissblaue Dörfer im maurischen Stil verstreut liegen. Auf der Herdade werden aber auch ausgezeichnete Weine produziert. So gehört ihre Tinto Reserva, ein Blend aus Portugals Paraderebe Touriga Nacional, Syrah und
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Tipps Hoteltipps der Region Vila Vita Parc & SPA – Das zu den Leading Hotels of the World zählende Fünf-SterneLuxusresort unter deutscher Leitung inmitten eines subtropischen Parks auf den Klippen oberhalb des wildromantischen «Praia dos Tremoços» gilt als eines der besten Hotels Portugals und verwöhnt Gäste kulinarisch in insgesamt elf Restaurants und sechs Bars – darunter die Flagschiffrestaurants «Ocean» und «Atlântico». Herdade dos Grous – Erfolgreiches Biolandgut und exklusives Hideaway im grünen Hinterland des Alentejo. Dank eigener Pferdezucht auch perfekt für Reiterferien. Hervorragendes Restaurant und exzellente Weine aus eigenem Anbau.
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Tinta Miúda, für die Önologe Luis Duarte verantwortlich zeichnet, mittlerweile zu den besten Rotweinen des Alentejo, das sich dank einer neuen Winzer-Generation anschickt, mit dem Douro qualitätsmässig gleichzuziehen. Auch wenn sich die Grundstilistik der Weine natürlich deutlich unterscheidet, sind die Alentejo-Weine im Vergleich doch meist deutlich alkoholstärker und «rustikaler». So ein Kraftprotz – allerdings in Samt gekleidet – ist auch der Moon Harvested Tinto, gekeltert aus 100 Prozent Alicante Bouschet, dessen Trauben nur zu bestimmten Mondphasen gelesen werden und der anschliessend zwölf Monate in neuen französischen Eichenfässern reift. Er präsentiert sich mit komplexen Aromen roter Beerenfrüchte, Veilchen, Vanille und intensiven Kräuternoten. Bei den weissen Tropfen sticht ebenfalls die Reserva heraus, eine fruchtige Cuvée aus Antão Vaz, Alvarinho und Viognier, der ein paar Monate in neuen Barriques einen herrlichen Schmelz verleihen. Im gutseigenen Restaurant werden dazu behutsam modernisierte Alentejo-Klassiker aufgetischt, deren Grundprodukte natürlich ebenfalls grösstenteils aus der eigenen Bio-Produktion stammen. Darunter das Fleisch der regionalen Rinder- und Schafsrassen Alentejana bzw. Merino Regional und natürlich das hauseigene Olivenöl. Wir probieren unter anderem saftige Stücke vom portugiesischen schwarzen Schwein, Porco preto, mit gegrilltem Gemüse, eine köstliche Escabeche vom Rebhuhn und in Olivenöl eingelegten Ziegenkäse. Die Dessertvariation begleitet ein köstlicher 2012er LBV-Portwein der Quinta de Valbom, die ebenfalls zur Unternehmensgruppe gehört, der mit einem intensiven Eukalyptusbukett überrascht. Doch zurück an die Küste. Vom Gastraum des «Ocean» geniessen Gäste mit der langsam aufziehenden Dämmerung einen atemberaubenden Blick auf den Atlantik, dessen mit der Sonnen
einstrahlung changierende Blau- und Goldtöne das Innendekor des Restaurants spielerisch aufnimmt. Übergrosse Muranoglas-Tropfen erinnern an farbenprächtige, im Wasser schwebende Medusen, während eine in unzählige Nischen eingeteilte Seitenwand, gefüllt mit skulptural wirkenden, blütenweissen Korallenbruchstücken, den Zauber einer mittelalterlichen Schatz- und Wunderkammer verbreitet – freilich im Stil des 21. Jahrhunderts. Überhaupt wird Stil im «Ocean» grossgeschrieben. Trotzdem ist die Atmosphäre im Restaurant angenehm entspannt – schliesslich sind wir in einem Ferienresort. Während Hans Neuner und Florian Rühlmann in der Küche den Takt vorgeben, choreografiert der Restaurant Manager Nelson Marreiros derweil ganz unprätentiös seine in schicke dunkle Anzüge und stylishe Sneaker gewandete schwarze Brigade, die das mehr als ein Dutzend Gänge umfassende Menü mit grösster Nonchalance serviert. Aktuelle Highlights der Karte sind u.a. die hocharomatischen «Tagliatelle» vom Atlantik-Carabineiro und Tintenfisch, eine feine Seezunge mit Meerrettich und Küstenkräutern, in der Salzkruste gegarter Topinambur mit Feigenblattöl und Kokos oder der sensationelle rohe Thunfisch aus Vila Real mit fermentierten Eicheln und Imperialkaviar. Neben einem Abend bei Hans Neuner lohnt aber auch ein Abstecher ins zweite Toprestaurant des Vila Vita Parc – das «Atlântico» unter Ägide von Küchenchef Pedro Pinto, der ebenfalls bereits in zahlreichen Sternebetrieben reüssiert hat. Das Konzept: eine kulinarische Reise zu den Wurzeln der portugiesischen Küche in fünf Gängen. Dabei setzt auch Pinto, wo immer möglich, auf regionale Bioprodukte. Vorgeschmack gefällig? Wie wäre es zum Beispiel mit geschmortem Oktopus begleitet von «verflüssigter» Chorizo und Zitrone oder hauchzarter Tintenfisch mit schwarzem Knoblauch, geräuchertem Schweinebauch und karamellisierter Zwiebelbrühe. Durch den geschickten Einsatz von Süsse, Säure und frischen Kräutern zaubert Pinto diese Gerichte so leicht und unbeschwert auf die apart arrangierten Teller, dass man am liebsten nach jedem Gang da capo rufen möchte. Guten Appetit!
Sternegekrönte Gourmetrestaurants entlang der Algarve Ocean (2*) – Vila Vita Parc, Porches Vila Joya (2*) – Vila Joya, Galé Vista (1*) – Hotel Bela Vista, Portimão São Gabriel (1*) – Quinta do Lago Bon Bon (1*) – Almanci Gusto (1*) – Hotel Conrad, Quinta do Lago Vistas (1*) – Monte Rei Golf & Country Club, Vila Nova de Cacela
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EDITOR’S CHOICE MEISTER DER JAPANISCHEN KÜCHE
In Japan hat das Kochen oft einen ästhetischen Wert, und die Herstellung von Sushi gilt als eines der besten kulinarischen Handwerke. In Übereinstimmung mit diesem Ideal des Essens als Kunst verwenden die Japaner häufig das Wort Shokunin, um sich auf hochqualifizierte Sushi-Meister zu beziehen. In dieser atemberaubenden Monographie stellt die mit dem James Beard Award ausgezeichnete Fotografin und Autorin Andrea Fazzari zwanzig der berühmtesten Sushi-Meister der japanischen Food-Szene vor. Durch eine Kombination aus beeindruckender Fotografie und intimen Essays führt jedes Kapitel die Leser in einen neuen Meister und ein neues Restaurant ein und fängt die Ästhetik, Philosophie und das Engagement ein, die den Status der besten Shokunin der Welt veranschaulichen.
Andrea Fazzari Sushi Shokunin Assouline
DER GESCHMACK ARABIENS
Das AlUla-Tal liegt im Nordwesten von Saudi-Arabien an der alten Weihrauchroute und beherbergt grandiose Naturlandschaften, Oasen und alte Siedlungen. Dieses Buch ist eine Reise durch Raum, Zeit und Sinne und bietet eine einzigartige, synästhetische Erfahrung, durch Aromen und Geschmack in ein mythisches Land zu reisen. Die Köche der renommierten Pariser Kochkunstschule FERRANDI Paris feiern lokale Zutaten und Kochmethoden – sie verbinden sie mit den besten französischen Traditionen und dem Savoir-faire – für einen beispiellosen Zusammenfluss kulinarischer Kulturen. Speziell für diese Veröffentlichung erstellt, werden 30 exklusive Rezepte für Vorspeisen, Hauptgerichte, Desserts und Getränke zusammen mit üppigen Aufnahmen der fertigen Gerichte präsentiert.
FERRANDI Paris A Taste of AlUla Rizzoli
FÜR AUGE UND VERSTAND
Weil nichts komplexe Zusammenhänge besser veranschaulicht als eine informative Grafik, kommt auch die Küchenliteratur nicht ohne aus. Dieser Band zeigt die besten und originellsten Infografiken zum Essen, Trinken und Kochen und beantwortet wie ein illustriertes «Schotts Sammelsurium» auf witzige Weise so ziemlich jede Frage, die man sich je zu Essen und Trinken gestellt haben mag. Vom altägyptischen Fladenbrot bis zur Molekularküche, von der Home-made-Pizza bis zur Sternekocherei. «Food & Drink Infographics» behandelt alles mit ironischer Leichtigkeit und bleibt auf seiner bunten und geistreichen Bilderreise durch die Welt der Nahrungsmittel und Gastronomie keine Antwort schuldig.
Simone Klabin Food & Drink Infographics TASCHEN
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CARAN DʼACHE
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Caran dʼAche freut sich, die erste Zusammenarbeit mit dem berühmten japanischen Architekten Kengo Kuma anzukündigen, der eine neue limitierte Auflage der Varius-Schreibgeräte von Caran dʼAche entworfen hat. Der Varius Kengo Kuma ist nicht nur ein Schreibgerät, sondern vielmehr ein exklusives Sammlerstück, bei dem die japanische Raffinesse des Architekten und das Know-how der Genfer Maison perfekt miteinander verschmelzen.
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FIN ANCE
Die «Big Bang Sang Bleu II» wirkt komplex und schwer fassbar, doch ihre Geometrie ist auffallend ausgewogen und für ihren Schöpfer Maxime Plescia-Büchi eine Einfachheit. Mit dieser neuen Iteration erinnert uns der Tätowierer daran, dass Weiss der Ausgangspunkt aller Kreationen ist: eine neutrale Basis, die die Beherrschung von Form und Gestalt hervorhebt.
V B BVLGARI
Die neuen Textilien von Bvlgari greifen die Hauptthemen der Frühjahr / Sommer-Kollektion 2021 auf und bieten eine exklusive Auswahl an Foulards, Schals und Shelleys, die perfekt dazu geeignet sind, jeden Look mit einem Hauch von Farbe hervorzuheben.
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HUBLOT
TR ENDS VALEXTRA
Ideal für den Mann in ständiger Bewegung: Die Aktentasche «Accademia Classic» verfügt über ein praktisches Reissverschlussfach für den einfachen Zugriff auf unverzichtbares Zubehör, während die Innenräume zum Schutz eines Laptops leicht gepolstert sind.
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GOLD – EIN MYTHOS AUF DEM HISTORISCHEN PRÜFSTAND Autor_Georg Lutz
Wenn wir vom «Goldenen Zeitalter» sprechen, wollen wir eine mythische Überhöhung einer Epoche verdeutlichen. Das deutschsprachige Bildungsbürgertum kennt Gold vom Dichterfürsten und Geheimrat Johann Wolfgang von Goethe. «Am Golde hängt, zum Golde drängt doch alles» aus dem «Faust» steht stellvertretend für die Goldversessenheit der Menschheit. Dabei hat Gold eigentlich kaum praktischen Nutzen – ausser als Zahngold. Es ist viel zu weich. Das tut seiner Bedeutung aber keinen Abbruch – im Gegenteil. Bei den ägyptischen Pharaonen gilt Gold als göttliches Metall. Sie betrachten sich als Abkömmlinge des Sonnengottes. Gold ist ein Mittel, um Unsterblichkeit zu erlangen. Das Gold dient zunächst zur Ausstattung der von den Pharaonen gestifteten Tempelbauten. Das eindrucksvollste Beispiel dafür ist das berühmte Grab des Königs Tutanchamun. Allein der innerste Goldsarkophag wiegt über 330 Kilogramm, und dabei ist dieses Königsgrab nicht einmal besonders gross. Viele der Grabbeigaben sind aus Gold, so zum Beispiel eines der berühmtesten Fundstücke: die goldene Totenmaske von Tutanchamun. Die mit Lapislazuli umrandeten Augen faszinieren auch heute noch Millionen von Museumsbesuchern.
Gold hat in der gesamten Geschichte der Menschheit eine unvergleichliche Symbolkraft entfaltet. Begeben wir uns im folgenden Beitrag auf Streifzüge durch die Goldgeschichte und zeigen auf, wie sie mit dem Wirtschaftsleben verknüpft ist. 218
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DIE HERRLICHKEIT DES GOLDES Auch in der Geschichte des Christentums lässt sich die goldene Linie aus dem arabischen Raum weiterziehen. Die Wertung des Goldes als Symbol für göttliches Königtum ist in den ersten Jahrhunderten des Christentums präsent. Der ägyptische Pharao ist in diesem Verständnis «das Goldgebirge, das die ganze Welt überstrahlt». Als Ausdruck des himmlischen Lichts und göttlicher Herrlichkeit bestimmt, seit dem vierten Jahrhundert, der Goldgrund in Malerei und Mosaiken die frühchristliche Kunst. Er schafft auf diese Weise eine flächige, raumlose, aber besonders kostbare Umgebung der Heiligen- und Christusdarstellungen, die sich bis heute in der auf byzantinische Traditionen zurückgehenden Ikonenmalerei wiederfindet: Die Welt ist flach und die Erde eine Scheibe.
nur der direkte Weg. Das Angebot von Christoph Kolumbus kommt da gerade recht. Als Mittelmeerkenner ist er, was die Technologie, Kartographie und Organisation einer Expedition betrifft, auf der Höhe der Zeit, und er träumt vom Gold Indiens sowie Chinas, welches er dem Königspaar Isabella und Ferdinand und auch sich selbst vor die Füsse legen will. Aufgrund von Nachrichten über den Goldreichtum Mexikos rüstet der spanische Statthalter auf Kuba, Don Diego Velázquez, im Jahre 1519 eine Expedition aus und setzt Cortés als deren Kommandanten ein. Cortés’ Ehrgeiz macht allerdings Velázquez argwöhnisch, sodass er seinen Auftrag zurücknimmt. Es will schliesslich jeder das mystische Eldorado – das Goldland – selbst entdecken. Dennoch segelt Cortés am 18. Februar 1519 mit elf Schiffen und einer Mannschaft von 670 Mann von Havanna nach Mexiko los. Cortés ist zum Erfolg verdammt. Er will das Imperium der Azteken unterwerfen, was auf den ersten Blick ein unmögliches Unterfangen zu sein scheint. Zunächst erobert er einige kleinere indigene Gesellschaften an der Küstenregion, deren Kämpfer er gleich in sein bescheidenes Heer eingliedert. Er weiss, dass die Azteken selbst diese Gesellschaften unterworfen haben. Folglich sind sie leicht umzudrehen. Mit La Malinche hat er nicht nur eine indigene Geliebte, sondern auch eine Sprachdolmetscherin. Sie öffnet ihm die Türen in eine ihm zunächst völlig unbekannte Welt. Demgegenüber ist für Kolumbus die andere Welt bis zu seinem Tod rätselhaft. Auch Cortés predigt, wie Kolumbus, von Gott, seiner Mission und der spanischen Welt; aber er glaubt nicht daran. Seine Denkweise gründet auf sehr flexiblen Machtkategorien. Das ist die Grundlage für seinen überraschenden Erfolg. Die Goldgeschenke von Montezuma – dem Aztekenherrscher – nimmt er mit diplomatischem Säuseln an, plant jedoch gleichzeitig die völlige Unterwerfung. Cortés plündert alles aus: Die goldenen Becher für rituelle Zwecke, Schmuck, Masken, Ohrstöpsel, ja sogar goldene Penis-Schutzschilde – nichts bleibt im Land. Die Verwendungszwecke für Gold bei den Mayas, Inkas und Azteken sind vielseitig und von höchster Bedeutung. Der «Schweiss der Sonne» wird verschifft und in Spanien eingeschmolzen, um die spanische Krone zu stärken.
KOLONIALE MACHTVISIONEN Das «lange 16. Jahrhundert» (Fernand Braudel) bricht mit dieser Vorstellungswelt aus dem Mittelalter, und Gold mutiert zu einer zentralen Triebfeder für die Kolonialisten. Zu Beginn schiebt sich die kastilische Kriegerkaste in den Vordergrund. Im Rahmen der «Reconquista» erobert sie die Iberische Halbinsel zurück. Die letzte Bastion der Mauren, die Alhambra in Granada, wird im Januar 1492 erobert. Muslime und spanische Juden, die Sephardim, müssen fliehen oder konvertieren. Nach dem Sieg suchen die christlichen Fundamentalisten ein neues Betätigungsfeld. Die mythischen Schätze von Indien und China geistern durch die Köpfe. Wenn da nicht Hindernisse wären! Der östliche Weg ist durch das starke Osmanische Reich versperrt, und zudem lauern hinter vielen Buchten im östlichen Mittelmeer Piraten. Im Westen wogen nur die Wellen des Atlantiks, und viele glauben noch an das Ende der Welt hinter dem Horizont. In weiten Kreisen der Eliten nimmt man dagegen Abschied vom heliozentrischen Weltbild. Das eröffnet die Chance für Abenteurer jeglicher Couleur. Die Portugiesen haben sich schon weit an den Küsten Afrikas vorgewagt. So bleibt den Spaniern
GOLD ALS BREMSER Gold steht in der europäischen Geschichte aber auch für eine rückwärtsgewandte Vorstellung. Das lässt sich schon am Vergleich der Kolonialmächte Spanien und Portugal auf der einen Seite und den Niederlanden und Grossbritannien auf der anderen Seite festmachen. Das viele Gold verfestigt feudale Strukturen und führt zu ökonomischer Agonie. Dagegen erlebten England und die Niederlande erste bürgerliche Revolutionen und waren ohne Gold militärisch, ökonomisch und politisch viel erfolgreicher. Auch religions- und philosophiegeschichtlich hat das Thema Gold eher einen negativen Stand. Im biblischen Tanz um das goldene Kalb steht das Gold als Symbol für ein heidnisches Weltverständnis, das ausschliesslich der irdischen Vergänglichkeit zugewandt ist. Insbesondere für Calvinisten und Reformatoren der letzten Jahrhunderte ist dies ein wichtiges Bild, da sie damit die individuelle Sünde betonen können. So sind sie in der Lage, den Arbeitsethos des arbeitenden Menschen in ein göttliches Licht zu setzen. Das materielle Gold bekommt den Stempel der Unterentwicklung. Die Philosophen der Aufklärung strickten daraus die Überlegenheit der europäischen Moderne. Georg Wilhelm
Gold dient jedoch nicht nur zur Ausschmückung der Göttertempel und Königsgräber, sondern hat auch schon immer eine machtpolitische Bedeutung. «Ehrengold» heissen die Abzeichen, die zur Auszeichnung und Belohnung von Beamten, Generälen und Priestern verwendet werden. So erhalten die verdienten Soldaten als Orden eine «Goldene Fliege», und die Beamten können sich als Statussymbol schwere Ketten aus Goldringen umhängen.
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Friedrich Hegel betont in seiner «Philosophie der Weltgeschichte»: «Jenes eigentliche Afrika ist, soweit die Geschichte zurückgeht, für den Zusammenhang mit der übrigen Welt verschlossen geblieben; es ist das in sich gedrungene Goldland, das Kinderland, das jenseits des Tages der selbstbewussten Geschichte in die schwarze Farbe der Nacht gehüllt ist.» Auch Immanuel Kant schliesst indigene Gesellschaften aus seiner Vision einer Weltbürgergesellschaft aus. Wie beim Gold gibt es auch eine dunkle Seite der Aufklärung. Dieses Moment ist auch heute noch zu spüren. Zum Beispiel lösen die goldenen Wasserhähne arabischer Despoten oder die goldene Rolex eines afrikanischen Warlords in den Medien den Reflex der Unterentwicklung aus. IMMER WIEDER GOLDRÄUSCHE Trotz der Abwertung von Theologen und Philosophen führt der Mythos Gold aber immer wieder zu unglaublichen Goldräuschen. In Russland, in Alaska, in Australien und in Südafrika – jeder Kontinent ist betroffen. Der bekannteste Goldrausch ist sicher der von 1848 in Kalifornien. Der Auslöser war ein Schweizer. Am 24. Januar 1848 entdeckt James W. Marshall an Sutter’s Mill, dem Bauplatz für ein Sägewerk auf der Ranch Neu-Helvetien des Deutschschweizers Johann August Sutter das erste Goldnugget in Kalifornien. Sutter versucht, den Fund geheim zu halten. Dies ist schlicht ein naives Vorhaben. Wenige Monate später berichten die Zeitungen an der Ostküste von Goldfunden im Wilden Westen. Die Goldsucher stürmen aus allen Herren Ländern auf die Goldfelder Kaliforniens. In den nächsten Jahren pilgern mehrere hunderttausend Menschen nach Kalifornien, um ihr Glück zu suchen. 1848 hat San Francisco noch einen dörflichen Charakter. Wenige Jahre später leben in der Boomtown 230’000 Einwohner. Der Run auf die Goldfelder bringt absurde Situationen hervor. So bleiben Schiffe im Hafen von San Francisco liegen, weil die Matrosen sofort nach der Ankunft zu den Goldfeldern ziehen. Die Masse von Menschen überfordert jede Organisation eines Gemeinwesens. Von einer staatlichen Struktur kann nicht gesprochen werden. Von 1849 bis 1851 wird San Francisco sechs Mal ein Raub der Flammen. Unfassbare hygienische Zustände sind die Regel. Im Winter 1851 bricht eine Cholera-Epidemie aus. Das hindert die Sucher nicht daran, Indianer von ihrem Land zu vertreiben oder gleich zu massakrieren. Auch die ökologischen Folgen sind katastrophal. Bei der Gewinnung von Gold wird unter anderem Quecksilber freigesetzt, das Flüsse und Seen vergiftet und dann auch wieder in die Nahrungsmittelkette kommt. Die unsäglichen ökologischen und sozialen Folgen bei der Goldgewinnung kann man noch heute beobachten. CHURCHILL GEGEN KEYNES Der Goldstandard des 18. und 19. Jahrhunderts ist ein Produkt der englischen Hegemonie. Der Union Jack beherrscht die Weltmeere und damit den Welthandel. Der Goldpreis (per Unze) ist durch die Interventionspolitik der Bank of England an ihrem Londoner Goldmarkt (dem führenden der Welt) festgelegt – er liegt fast ein Jahrhundert lang unverändert bei drei Pfund 17 Shilling neun Pence. Es gibt ein Weltgeld, das Gold, das als unterschiedliches Papiergeld in aller Welt umläuft, aber durch feste (quasi metrische) Umrechnungskurse verkettet ist. Es ist ein nationales System, das dennoch internationale Stabilität garantiert, obwohl es über keinerlei internationale Aufsichts- und Kontrollorgane verfügt, wie wir sie heute beispielsweise durch den Interna-
tionalen Währungsfond (IWF) kennen. Der Zwang zu einer monetären Disziplin ist aber enorm. Diese disziplinierende Kraft bricht sich zwar durch Bankenkrisen und deflationäre Anpassungen immer wieder Bahn, aber die Finanz- und Politikerwelt hat die Vorteile fest in ihrer Vorstellungswelt gebunkert. Schwachpunkt des Goldstandards ist seine Blindheit gegenüber internen (nationalen) Preis- und Beschäftigungsschwankungen. Nach dem Ersten Weltkrieg kann England seine Rolle als Weltbankier nicht mehr einnehmen. Das goldgedeckte Pfund Sterling ist am Ende. Dieses Ende wollen aber viele Wirtschaftstheoretiker, Banker und Politiker nicht wahrnehmen. Sie sehen zum Beispiel
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Pensionskassen, Rohstofffonds und Grossbanken möchten nicht beiseite stehen. Moderne Instrumente wie Hedgefonds wetten auf steigende Goldpreise und investieren in Gold-Futures.
nicht die wachsende Kluft zwischen einer Finanz- und Beschäftigungspolitik. Die Golddeckung verlangt Hochzins-, die interne Beschäftigungslage Tiefstzins-Politik. In der Situation einer Weltwirtschaftskrise bedeutet das Festhalten am Gold für grosse Teile der Bevölkerung eine soziale Verelendung. Mit Winston Churchill und dem noch jungen und unbekannten Wirtschaftswissenschaftler John Maynard Keynes treffen die beiden Pole der Diskussion aufeinander. Churchill denkt an sein altes Empire, und Keynes will die Befreiung des Geldes aus dem metallenen Käfig des Goldes. Der endgültige Zusammenbruch des Goldstandards 1931 gibt Keynes recht. Mit dem Bretton-Woods-System der Nachkriegszeit begegnen wir Mitte des letzten Jahrhunderts dem ersten Versuch eines genuinen monetären Völkerrechts, bei dem die Golddeckung kaum mehr eine Rolle spielt. Gold ist für eine komplexe Wirtschaftspolitik schlicht zu schwer. Der neue Leitstern am Währungshimmel ist der US-Dollar, der zunächst noch an das Gold gekettet ist. Das funktioniert, solange die Wirtschaft noch schuldenfrei brummt. Mitte der 1970er ist auch diese Kopplung Geschichte. Der kostspielige Vietnamkrieg und die Erosion des Wirtschaftsmodells mit dem Namen «Fordismus» lassen das Gold endgültig in den währungspolitischen Hintergrund treten. Die Wechselkurse sind von der Leine gelassen.
GOLD IN DER CORONA-ZEIT Corona hat die Weltwirtschaft phasenweise in die Knie gezwungen. Die optimistische Vorstellung, wir würden eine V-Situation erleben, hat sich inzwischen erledigt. Zwar gibt es, wie jetzt in China, wieder Wachstumsraten, und die Industrieproduktion steigt. Allerdings führen regionale Ausbrüche immer wieder zu negativen disruptiven Situationen. Einige Branchen wie der Automobilsektor sind im Umbruch. Corona wirkt da wie ein Treibsatz. Die Reise- und Gastro branche wird von einer Katastrophe in die nächste geschickt. Die Zeiten, auch an den Börsen, bleiben volatil. Folgerichtig betont der US-Ökonom Paul Krugman: «Die Blasen werden immer dümmer.» Die Internet-Spekulation zur Jahrtausendwende, so verrückt sie gewesen sei, habe wenigstens eine neue Technologie zur Grundlage gehabt, so Krugman. Ein weiterer Star-Ökonom der USA sieht ebenfalls eher negativ in die Zukunft. «Natürlich werden wir in der zweiten Jahreshälfte einen Aufschwung sehen. Nur wird es kein echter sein, sondern eine Sinnestäuschung», betont Nouriel Roubini. An diesem Punkt kommt Gold wieder zum Zug. Es gibt einige Akteure auf den Finanzmärkten, die dem Mainstream nicht mehr folgen wollen und auf Gold setzen. Dazu gehört beispielsweise Diego Parilla, der mit seinem Hedgefonds mit Goldwetten satte Renditen erzielt. Er glaubt an weiter steigende Goldkurse. Für ihn ist die Stabilisierungspolitik von Notenbanken und Regierungen ein Akt der Verzweiflung. Mit Gold versucht er, sich gegen den nächsten grossen Crash abzusichern. Parilla will «Anti-Blasen» ausmachen und dann dort investieren. Gold gehört dabei definitiv dazu.
GOLD ALS KRISENWÄHRUNG Und heute? Gold glänzt immer noch. Stehen die Hochzeitssaisons in Indien bevor, klettern die Goldpreise. Wenn, wie gerade in der Türkei, sich eine Wirtschaftskrise durch die Gesellschaft frisst, flüchten die Anleger in Gold. Viele konservative Anleger misstrauen noch immer Papierwährungen und suchen Absicherungen gegen Inflationsgefahren, die sich bislang aber immer in Luft auflösten. Gold ist für viele reiche Menschen immer noch die Währung, die überall in der Welt Bewunderung auslöst und Sicherheit garantiert. Nicht umsonst tragen viele Kreditkarten die Bezeichnung «Goldcard» vor ihrem Namen. Auch die grossen internationalen
GEORG LUTZ IST REDAKTIONELLER GRÜNDER VON PRESTIGE UND ARBEITET IN ERSTER LINIE IN FACHMEDIEN DER RUNDSCHAUMEDIEN AG.
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AUF DEN SPUREN DES SCHÖNEN LEBENS EIN ROMANTISCHER ROADTRIP
Es kommt gar nicht darauf an, wie viele Orte man gesehen hat, sondern wie viel man in jedem dieser Orte sehen konnte. Von einigen dieser Orte möchten wir erzählen. Es geht vom «Waldhaus Sils» im Engadin über den Lago di Como nach Venedig. Ein romantischer Frühjahrs-Roadtrip ausserhalb der Zeit auf den Spuren des schönen Lebens.
GREEN BEAUTY NATURKOSMETIK IM FOKUS
DER «JAPANISCHE STREITWAGEN» MIT NISSAN NACH CAMBODUNUM
Die Stadt Cambodunum liegt nicht irgendwo in Italien, sondern war der Name der kaiserzeitlichen römischen Stadt auf dem Gebiet der heutigen Stadt Kempten im Allgäu. Warum wir gerade Cambodunum als Reiseziel ausgewählt haben, was uns dort erwartet und ob uns der «japanische Streitwagen» Nissan JUKE überzeugt, erfahren Sie in unserer Frühlingsausgabe.
Bezeichnungen wie «natürlich», «green» und «clean» sind in aller Munde. Naturkosmetik ist so gefragt wie noch nie. Doch nicht überall, wo Natur draufsteht,
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ist auch zu 100 Prozent Natur drin. Was sind die neusten Entwicklungen? Und auf welche Gütesiegel und Apps sollte man achten, um sich selber etwas
schlauer – und natürlich schöner – zu machen? Wir liefern einen Rundumblick auf ganzheitliche Schönheit, die auch gut für die Gesundheit ist.
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degussa: the simplest way to invest in precious metals.
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