PRESTIGE Switzerland Volume 16 Auszug

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INHALTSVERZEICHNIS

Editorial

DOWN TOWN New York City

Das Einkaufsparadies

Monaco

20

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14

Das prunkvolle Fürstentum

12 20

DISCOVERY Money ...

... makes the world go around

32

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CULTURE CLUB Hochdotierte Kunstwerke

Die teuersten Bilder und angesagtesten Künstler

Peter Lindbergh

Der Schöpfer der Supermodels

Elf Tage Ausnahmezustand

Interview mit Nadja Schildknecht

32 36

36

42

Look for ... Hollywood in der Schweiz Blickfang Zürich Kleinkunst trifft auf Klassik Tschaikowskis «Nussknacker»

46 47 47 48

BUSINESS

Aufschwung mit einigen Stolpersteinen Interview mit Martin Neff

Finanzen und Terror

Interview mit Prof. Dr. Sita Mazumder

52

62

56

SWEET & SOUR Whisky

Die Reise nach Talisker

Wein

Von der Traube zur Kostbarkeit

The place to be

Cocktail Hour in London

62 66 70

FACE TO FACE George Clooney

Der perfekte Superstar

82

76

ARCHITEKTUR Imposante Bauwerke Mythen und Pilgerorte

Snøhetta –

Nicht nur ein Berg

82

76

90

6

90


INHALTSVERZEICHNIS

108 DESIGN

Zauber der Zerbrechlichkeit

300 Jahre Porzellan-Manufaktur Meissen

94

Eileen Gray

118

98

Auf den Spuren der grossen Designerin und Architektin

98

ART OF FASHION

126

Leonardo Ferragamo

Im Exklusivinterview beim Giraglia Rolex Cup

Shopping-Luxustempel

Die exklusivsten Flagshipstores

108

112

TECHNOLOGY Lambo Light

134

Lamborghini Gallardo LP 570-4 Superleggera

Sicher und Sexy Der Volvo S60

The sound of silence Toyota Auris Hybrid

Uma Thurman ...

... ist die neue Alfa Giulietta

146

Maserati ...

... setzt neue Massst채be

118

122

124

126

128

PHENOMENON Apocalypse Now

Yellowstone Nationalpark

Stets zu Diensten

Der Beruf des Butlers

138

134

138

YESTERDAY John D. Rockefeller

148

Der einst reichste Mann der Welt

Marlon Brando Der ewige Rebell

142

146

DREAMLANDS Indien

Das Lande der Farben und Tempel

154

Philippinen

Eine exotische Welt

Luxusresorts Places to stay

7

150 156 160


INHALTSVERZEICHNIS

164 BEAUTY

Stammzellenforschung

Der ewigen Jugend auf der Spur

164

Perfume

For all generations

170

Hot-Spots NEW Herbst/Winter-Look 2010 Lieblingsprodukt der Redaktion

174 176

178

HEALTH & SPORT Luxusgut Zeit

Einfach mal die Seele baumeln lassen

Segelereignis der Extraklasse Der legendäre Giraglia Rolex Cup

178 182

Luxus ...

... und die Sportmedizin

184

POGOTE Golf

Risiken und Nebenwirkungen

186

Wonderful Green

Einzigartige Golfplätze

190

SHORTCUTS

Vom Jetset bis zum Wanderjungen Von Yachten bis Privatvillen

74 132

NEWS

Kunstwelten 40 Stilvoll geniessen 72 Wohnen 102 Uhren&Schmuck 106 Fashion 116 Technik-Trends 131 Beauty 169

186 KOLUMNEN Guido Tognoni

Bär, Arbeiter, Wolf

30

35

Luxus ...

50

Wilhelm J. Grusdat Luxus und Glück

50

Marco Rima

162

35

Rolf Hess

Mikrokredite – Warum nur in der dritten Welt?

Nubya

Luxus Zeit

Luisa Rossi

Luxus Pur

115

104

Vera Dillier

30

60 8

60 104 115

Luxus 162




EDITORIAL

I

Geschätzte Leserinnen, Geschätzte Leser

n dieser Ausgabe gehen wir der Frage nach: «Was ist Luxus?» Ursprünglich wird Luxus als Fruchtbarkeit, Ausschweifung, grosse Pracht beschrieben – Luxus ist das, was über das Notwendige hinausgeht. Doch wer bestimmt, was notwendig ist? Ist für uns Luxus dasselbe wie für die Menschen in Indien oder den Scheich in Abu Dhabi? Was für uns überhaupt nicht mehr luxuriös erscheint, wird in anderen Ländern als ungeheuer, gar unvorstellbar empfunden. Das fängt beim Essen an und endet bei der Gleichberechtigung oder der Meinungsfreiheit. Uns fällt beim Wort Luxus zu allererst eine Superyacht, ein schnelles Auto oder eine Privatinsel ein, anderen Ländern vielleicht einfach nur fliessendes Wasser. Und so ist Luxus immer auch eine Frage der Definition. Folgen Sie uns durch die verschiedenen Aspekte des Luxus ... Wir stellen Ihnen die grössten und schönsten Luxustempel der Welt vor. Bei uns erfahren Sie, wo sich die pompösesten Flagshipstores der bekanntesten Brands befinden und welcher gar mit eigenem Spa-Bereich aufwartet. Ewige Jugend und Schönheit, das wäre ein Luxus, den sich so manch einer oder eine wünscht. Da der Jungbrunnen immer noch nicht gefunden worden ist, scheint er in unerreichbarer Ferne zu liegen. Doch die moderne Schönheitsmedizin macht inzwischen schon einiges möglich, von dem wir vor ein paar Jahren noch gar nicht zu träumen gewagt haben. Wie weit man inzwischen mit der Stammzellenforschung vorangekommen ist und welche Möglichkeiten es gibt, sein jugendliches Äusseres zu konservieren, erfahren Sie im vorliegenden Magazin. In unserer heutigen Gesellschaft ist die Zeit eines der teuersten und seltensten Güter. Und so bedeutet es für viele Luxus, sich einfach mal für sich selbst Zeit zu nehmen und zu entspannen. Gönnen Sie sich diesen Luxus: Lehnen sie sich zurück, mit einen guten Glas Wein und begeben sie sich mit uns auf eine spannende und bunte Lesereise, auf der Sie den Alltag einfach hinter sich lassen können und die Ihnen Zeit zum Träumen schenkt.

Francesco J. Ciringione Yvonne Beck

Verleger Chefredaktorin

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DOWN TOWN

NEW YORK Das Einkaufsparadies

CITY Wer genug Geld aufbringt und die richtige Kreditkarte besitzt, kann in New York so ziemlich alles finden, was das Herz begehrt. Getreu dem Motto: ÂŤShop till you drop!Âť

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DOWN TOWN Die Strasse der Shopping-Träume.

Die Strasse der Jungdesigner.

Carrie Bradshaw aus «Sex and the City», verbreitete den New York Style in die ganze Welt.

«AMERIKA IST EIN SAUBERER VORORT VON NEW YORK.» Ephraim Kishon

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DOWN TOWN

Z

von Yvonne Beck

«MAN NENNT MICH ALLENTHALBEN EINEN MEISTER DER IRONIE, ABER AUF DIE IDEE, AUSGERECHNET IM HAFEN VON NEW YORK EINE FREIHEITSSTATUE ZU ERRICHTEN, WÄRE NICHT EINMAL ICH GEKOMMEN.»

ahllose Kinofilme und Fernsehserien, allen voran «Sex and the City» bescheinigen den New Yorkern einen Modefimmel. Und tatsächlich rennen unwahrscheinlich viele Frauen und Männer in 500- bis 1’000-Dollar-Schuhen durch die Stadt. Trotzdem gibt es keine schlimmere Modesünde, als übermässig aufgetakelt aufzutreten. Was nicht weiter verwundert, hat doch die USA dem Rest der Welt die Blue Jeans geschenkt und haben die berühmtesten Modedesigner der Welt – Calvin Klein, Ralph Lauren, Michael Kors und Donna Karan – ihre Imperien auf Sportswear aufgebaut. Es überrascht also nicht weiter, dass «schick» in New York «elegante Freizeitmode» bedeutet.

Literaturnobelpreisträger George Bernard Shaw

The New York City Style In New York ist fast jeder bemüht «stylish» auszusehen. Die Definition hängt allerdings vom jeweiligen Wohnviertel ab. Was in den superschicken Büros der Moderedaktionen gut ankommt, ist in den hippen Bars von Williamsburg weniger angesagt und der klassischkonservative Look der Upper East Side verträgt sich nicht besonders gut mit Tribecas eigenwilligem Industrieschick. Zu den Attraktionen der amerikanischen Metropole gehört immer auch ihre Anonymität, und deshalb kombinieren die New Yorker ihre Designerstücke gerne mit Alltagsklamotten, damit ihre Aufmachung nicht ganz so aufdringlich nach Prada oder Hochglanzreklame aussieht. Designermode ist in New York auch für Normalsterbliche zu ergattern. Es gibt genug Gelegenheiten sie zu unglaublich reduzierten Preisen zu erstehen, besonders bei den zeitlos beliebten Musterverkäufen, wo Einzelstücke direkt aus den Showrooms verhökert werden. Diese so genannten «Sample Sales» finden meist im Garment District oder in SoHo statt und bieten Gelegenheit berühmte Labels 30 bis 90 Prozent günstiger abzustauben. Die besten Termintipps für Label-Schnäppchenjäger gibt es unter www.nysale.com oder www.dailycandy.com. Normale Ausverkäufe gibt es das ganze Jahr über, meistens aber zum Ende einer Saison, wenn das Lager geräumt werden muss. Musterverkäufe finden dagegen viel häufiger statt, meistens in den grossen Lagerhäusern. Ursprünglich wurden Modedesigner auf diese Weise ihre Prototypen los, die für eine Serienproduktion nicht in frage kamen. Heute veranstalten teure Labels Musterverkäufe, um Restbestände abzustossen, und da winken oft deftige Rabatte. Zum halbjährigen Barneys Warehouse Sale in der Filiale von Barneys Co-Op in Chelsea scheint halb New York in trab zu halten; denn jeder möchte ein paar Schuhe von Christian Louboutin oder ein Kleid von Diane von Fürstenberg zum halben Preis ergattern. Eine weitere wahre Fundgrube ist auch das Century 21, ein ganzes Kaufhaus randvoll mit Designermode zu Discountpreisen. Es ist zwar oft ziemlich voll, aber auf jeden Fall einen Besuch wert.

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WENN ES UM DIE QUALITÄT DER KAFFEEBOHNEN GEHT, IST ANTON DER STAR. IN DER ÜBRIGEN ZEIT BLEIBT ES NATÜRLICH GEORGE CLOONEY. Am Anfang eines aussergewöhnlichen Kaffees steht ein aussergewöhnlicher Rohkaffee, dessen Qualität wir über den gesamten Produktionsprozess kontrollieren. Bei Nespresso sind bis zu 15 Etappen notwendig, damit aus den Kaffeebohnen ein Espresso wird, der sein ganzes Aromenspektrum in der Tasse entfalten kann. Damit all diese Schritte strengstens eingehalten werden, vertrauen wir auf Antons Fachwissen als Experte für die Rohkaffeequalität bei Nespresso. Erfahren Sie mehr auf www.nespresso.com/experts


DOWN TOWN

Macy's: das grösste Kaufhaus der Welt.

Die wichtigsten Shoppingmeilen

«FÜR MICH IST NEW YORK IMMER DER ORT DER VERZAUBERUNG, DER ERREGUNG UND LEBENSFREUDE; ICH MÖCHTE NIEMALS IRGENDWO ANDERS LEBEN.»

sehr trendige Kleidung. Eine ganz andere Welt ist die BedGutbetuchte gehen in der Fifth ford Avenue (zwischen North Avenue in Midtown und in der 4th und North 10th Street) – Madison Avenue in der Upper und auch die North 6th Street East Side einkaufen, wo Haute –, wo alternative Mode, Musik Woody Allen Couture in glanzvollen Kaufhäuund jede Menge kitschiges sern wie Bergdorf und in berühmten Geschäften wie Cartier zu Zeug verkauft werden. Ebenso spannend in Brooklyn sind die haben ist. Zwischen Central Park und Rockefeller Center geht Geschäfte der Smith Street in Boerum Hill, während der Mees sehr gediegen zu. Diese berühmte Strasse ist ein bekanntes atpacking District sich in den letzten Jahren zu einem DesigShopping-Eldorado. Ein Besuch bei Tiffany’s und Takashimaya nerparadies gemausert hat, in dem auch unter anderem Stella ist nur der Anfang und kann die Kreditkarte schnell zum Glühen McCartney angesiedelt ist. bringen. Dieser Shoppinghimmel, der je nach Reisebudget auch zur Hölle werden kann, lässt das Herz so manchen ShoppingNew York ist eine Stadt der Verlockungen. Ob in den bonbonfarmaniacs höher schlagen. benen Modeboutiquen, freakigen Musikläden, stimmungsvollen Antiquitätengeschäften oder Teesalons – jeder wird hier finden, Die Downtown-Viertel sind das Revier von Modejüngern, die auf wonach er schon immer gesucht hat. Dazu gibt es eine grosse der Suche sind nach den neusten Kreationen. Und so ist SoHo Extraportion Kuriositäten, von denen man noch nicht einmal ahnmittlerweile eine einzige grosse Einkaufspassage. Luxusmode te, dass sie überhaupt existieren. Wer zur Kaufsucht neigt sollte hat sich besonders am West Broadway zwischen Houston und lieber im Central Park bleiben oder eines der unzähligen Museen Grand Street etabliert. Hier reiht sich eine Edelboutique an die besuchen – zwei der wenigen Orte, die vom Konsumwahnsinn andere, die Mode von internationalen und berühmten einheimibisher verschont geblieben sind – auch wenn hier Eiscreme, schen Designern verkaufen. Das benachbarte Viertel Nolita (Mott Bücher und Kunstpostkarten locken. Street zwischen Houston und Broome Street) ist etwas günstiger als SoHo und bietet wunderbare kleine Läden für Mode, Schuhe Doch Shopping in New York, heisst hier nicht einfach ein paar oriund Accessoires von Nachwuchsdesignern. ginelle Dinge zu erstehen. Man kann bei einem Einkaufsbummel die Stadt in ihrer ganzen Bandbreite erkunden und mit den vielen Die grüne Bleecker Street (zwischen Bank und West 10th unterschiedlichen Subkulturen in Kontakt treten. Daher wundert Street), die südwärts von Abingdon Square verläuft, ist hingees nicht, dass selbst Shoppingmuffel in New York City oft die gen übersät mit aussergewöhnlichen Läden und Boutiquen für Einkaufsepidemie befällt.

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BEI DER KREATION EINES NEUEN KAFFEES STELLT ALEXIS GEORGE CLOONEY IN DEN SCHATTEN – ABER NUR DANN! Alexis ist Experte für Rohkaffee. Er wählt die besten aromatischen Profile, um daraus mit viel Geschick unsere Grands Crus meisterhaft zu kreieren. Mit einem Angebot von 7 Espressos „Blend“ (Mischung aus mehreren Herkunftsländern), 3 Espressos “Pure Origine”, 3 Lungos, 3 Decaffeinatos und pro Jahr bis zu 5 Varietäten in limitierter Ausgabe kann Nespresso jedem Kaffeegeschmack gerecht werden. Erfahren Sie mehr auf www.nespresso.com/experts


DOWN TOWN

SHOPPINGTIPPS Marc Jacobs Das West Village ist MarcJacobs-Land, wo attraktive Menschen mit schicken Frisuren und in gut geschnittener Kleidung in baumbestandenen Strassen flanieren. Wer seine MJ-Uniform daheim gelassen hat, kann sich hier in einer der Filialen eindecken. Das Ganze ist folgendermassen aufgeteilt: Die berühmten Ledertaschen und weitere Accessoires gibt es in der 385 Bleecker Street, Männer können sich bei Marc by Marc Jacobs in Nummer 382 einkleiden, und die Damenkollektion wird in Nummer 403-405 verkauft. Einen Block weiter in der 301 West 4th Street gibt es Schuhe plus Accessoires für Frauen und Männer und gegenüber in der 298 West 4th Street bei Little Marc die Kinderkollektion.

«DIE MENSCHEN GEHEN EINKAUFEN WIE ZUM FISCHEN; SIE WOLLEN SEHEN, WIE GROSS DER FISCH IST, DEN SIE MIT DEM KLEINSTEN KÖDER FANGEN KÖNNEN.»

Opening Ceremony

Henry Ward Beecher

Die Modeszene in der City tanzt nach ihrer eigenen Pfeife, mit Läden wie Opening Ceremony in der 35 Howard Street, die in ihren ultracoolen Boutiquen Avantgardeflair verströmen. In SoHo tummeln sich die Insider in Sachen Stil, die in den endlosen Läden stets nach einzigartigen Fundstücken stöbern. Wegen des einzigartigen Angebots ist der Laden ein Hit unter den Modeinsidern: Die Besitzer Carol Lim und Humberto Leon haben eine wechselnde Produktpalette von Labels aus der ganzen Welt im Angebot.

Brooklyn Industries Zwar wird der bärtige Billyburg-Beatnik in einigen Kreisen sanft verspottet; aber aus New Yorks bevölkerungsreichstem Bezirk kommen auch viele Modeideen. Das Outfit für Brooklyns modischen, aber saloppen Stil liefert Brooklyn Industries in der Bedford Avenue an der North 8th Street. Hier trägt alles das pfiffige «Brooklyn Industries»-Label mit der Silhouette einer Industrielandschaft, aus der ein Wasserturm herausragt.

Loehmann’s Ein Mode-Mekka in der Seventh Avenue auf mehreren Stockwerken voller herabgesetzter Designermode. Es heisst, dieses Kaufhaus hätte den jungen Calvin Klein dazu inspiriert, gut tragbare Mode zu machen: Die Hauptfiliale der erfolgreichen Kette steht in der Bronx, weitere Filialenstandorte verrät die Website: www.loehmanns.com.

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DOWN TOWN

Die Lichter des Broadways Es gab Zeiten, da gab es nur den Broadway; jenen wegen seiner Leuchtreklame berühmten «Great White Way» mit etwa fünfzig Theatern, die um den Times Square herum förmlich aufeinanderhocken. Hier war die Glamour- und Glitzerwelt der Vorkriegszeit, mit mehr Stars auf der Bühne als Sterne am Nachthimmel von Manhattan. Dann kam der Off-Broadway, ein etwas staubiger, alternativer, im Schatten liegender Kreis von unbedeutender Schauspielhäusern, weniger begabten Schauspielern und billigeren Tickets. Doch Zeiten ändern sich. Viele alte Broadwayhäuser versanken in Abrisswolken, der Theaterbezirk dehnte sich westlich bis zur Ninth Avenue und nördlich bis zur 53rd Street aus, und die Grenzlinien wurden immer unschärfer, da der gebotene Standart höher wurde und neue Talente zum Vorschein kamen.

Mercedes-Benz Fashion Week Im Februar und September gehen in pompösen Zelten im Bryant Park die Modenschauen der Fashion Week über die Bühne. Da fast alle bedeutenden amerikanischen Modedesigner und -magazine in New York sitzen, ist die Stadt natürlich auch Epizentrum der neusten Trends und Modeideen. In den letzten Jahren hat sich die Fashion Week zu einem Event gemausert, der einer Oscarverleihung in nichts nachsteht. Alle Welt reisst sich um Karten für die promilastigen Veranstaltungen. Trotzdem bleibt das Ganze dem Fachpublikum vorbehalten, sodass die meisten New Yorker die Laufstege nie in echt zu sehen bekommen. Aber selbst Nichtgeladene können in den Glanz dieser Woche schwelgen, wenn die Modewelt in Manhattan einfällt, um sich an neuen Looks zu ergötzen – vor allem, wenn es ihnen gelingt, die Afterpartys aufzuspüren: www.mbfashionweek.com/newyork

Die Tatsache, dass die Vorstellung an einem Off-BroadwayHaus stattfindet, heisst längst nicht mehr, dass die Zuschauer auf schmuddeligen Billigplätzen sitzen. Die Off-Produktionen von heute können die Kassenschlager von morgen sein. Vielleicht verzichten sie ganz auf den Broadway und erobern trotzdem die Welt. Es herrscht dennoch Nostalgie am «Great White Way». Im St. James Theatre an der 246 West 44th Street begann Lauren Bacall in den vierziger Jahren ihre Karriere am Broadway als Platzanweiserin. Barbara Streisand verbeugte sich das erste Mal vor ihrem Publikum im Schubert Theater, 225 West 44th Street, an dem «A Chorus Line» über eine Rekordzeit von 15 Jahren lief. Und so schenkt der Broadway auch heute noch der Welt das Musical und ist immer noch gleichbedeutend mit Glanz und Glamour einer erstklassigen Show.

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DISCOVERY

MONEY makes the world go around Am Anfang war der Tauschhandel. Man tauschte Ware gegen Ware. Später entstanden Münzen als Geldwährung und auch die Geschichte unserer heutigen Börsen reicht zurück bis ins Mittelalter. Der heutige Aktienhandel ist für viele Laien ein Buch mit sieben Siegeln, dabei begann alles einmal ganz einfach.

«DEM GELD DARF MAN NICHT NACHLAUFEN, MAN MUSS IHM ENTGEGENKOMMEN.» Aristoteles Onassis

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DISCOVERY

von Yvonne Beck

G

eld: Für manche das Mittel zur Erhaltung des eigenen Lebens, für die anderen etwas, von dem man nie genug haben kann. Nicht für alle Menschen gleich bedeutsam, hat Geld dennoch einen essentiellen Stellenwert in unserer Gesellschaft. In der Steinzeit lebte die Menschheit in kleinen, autoritär strukturierten Gemeinschaften und nutzte die durch Jagd, Fischfang und Sammeln beschafften Nahrungsmittel kollektiv. Zu dieser Zeit bestand daher kein Bedürfnis für wirtschaftlichen Erfolg. Erst als sich die Jäger und Fischer zu Hirten und die Sammler zu Ackerbauern entwickelten, lassen die ersten Ansätze von Tauschhandel datieren. Neben verarbeitetem Feuerstein trieb man mit allen harten Gesteinen Handel, die zur Waffen- und Werkzeugherstellung dienten. Mineralien, die zu dekorativen Zwecken verwendet oder zu Schmuckstücken verarbeitet wurden, fanden ihren Weg in weit entfernte Gebiete. In diesem Zeitraum entstanden regelrechte Handelsstrassen für die neuen Metalle wie Kupfer, Zinn oder Bronze. Anfangs bestanden sämtliche Geschäfte aus Tauschen von Ware gegen Ware. In den frühen Hochkulturen wie in Ägypten oder China begann man früh mit dem Einsatz von Naturalien als Zahlungsmittel. Man musste nur einigermassen geeignete Entsprechungen finden, etwa welche Menge eines Nahrungsmittels welchem Produkt gleichkommt. In den Hochkulturen also mit ihren grossräumigen Staatsverwaltungen und Steuersystemen setzten sich als erstes Naturalien als Geldvorläufer durch. Es wurde mit Reis, Tee, Bittermandeln, Pfeffer oder Weizen bezahlt. Fischer, Jäger und Hirtenvölker verwendeten geeignete Tierprodukte als Zahlungsmittel. Doch mit der Erfindung der Münze geriet das Schicksal buchstäblich ins Rollen: Um 680 vor Christus begannen vermutlich die Griechen mit den ersten Münzprägungen. Zuvor waren jedoch viele kleine Schritte in der Handhabung von Metallen nötig gewesen. Die Münzprägung entfachte rasch ein Lauffeuer der Begeisterung, machte dieses neue Zahlungsmittel doch alles ungleich einfacher. Man musste nicht mehr mühsam vergleichen, keine entsprechenden Tauschmittel heranschaffen. Im gesamten Mittelmeerraum stiess das neue Zahlungssystem auf regen Anklang. Allgemein gab und gibt es im Verlauf der Geschichte und abhängig von der jeweiligen Kultur die unterschiedlichsten Arten von Münzen. Diese nahmen mitunter beinahe schon bizarre Formen an oder wogen für unsere heutigen Verhältnisse ungewöhnlich viel.

So entsprach laut einem Erlass aus dem Jahr 1420 der Gegenwert eines Fasses Butter 120 getrockneten Fischen, während für ein Paar Lederschuhe vier getrocknete Fische bezahlt werden mussten. Die Jäger benutzten Felle als Rechnungs- und Tauscheinheit, wobei ein Biberfell von Spitzenqualität als Bemessungseinheit für andere Pelzarten und alle sonstigen Waren galt. Als Hirtenvölker das wilde Tier in ein Haustier verwandeln konnten, wurden Rinder, Schafe und Kamele zum Naturalgeld. Ein dunkles Kapitel in der Geschichte der Menschheit stellt die Verwendung von Menschen als Zahlungsmittel dar. So betrug im 16. Jahrhundert der durchschnittliche Tauschwert für einen Sklaven 8’000 Pfund Zucker.

Das erste Währungsmittel Eine einzigartige Erfolgsgeschichte erfuhr die Kauri, eine weisse oder hellgelbe Muschel von porzellanartiger Beschaffenheit, mit einer Länge von einem bis drei Zentimetern. Auf den Malediven, später auch auf den Philippinen und den Tongainseln in Polynesien wurde sie gesammelt. Schon im alten China diente sie von 1500 vor Christus bis 200 nach Christus als Geldvorläufer. Arabische Händler brachten sie von Indien in ihre Heimatländer und bis nach Westafrika, so dass damit im 19. Jahrhundert über eine Entfernung von Polynesien bis Mauretanien eine erstaunlich weit verbreitete «Leitwährung» bestand.

Scheine statt Münzen Im China des siebten Jahrhunderts nach Christus erlebte das Papiergeld seine Geburtsstunde. In Europa begann Schweden Ende des 17. Jahrhunderts mit den ersten Banknoten; allmählich folgten die übrigen Staaten. Die Einführung des Papiergeldes war ein grosser Schritt hinsichtlich der Praktikabilität des Geldes.

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DISCOVERY

Unschlagbar hierbei ist freilich heutzutage das elektronische Geld. Zahlen mit Karte oder Internetüberweisungen, also Netbanking sind mittlerweile aus den Köpfen vieler nicht mehr wegzudenken. Das Geld hat also eine vielfältige Entwicklung vollzogen und die Möglichkeiten, die sich durch «Geld» in seinen vielfältigen Formen anbieten, sind nahezu unbegrenzt. Auf der anderen Seite hat sich jedoch eine grosse Abhängigkeit davon entwickelt, was anhand der Wirtschaftskrise besonders spürbar wurde.

«WER DER MEINUNG IST, DASS MAN FÜR GELD ALLES HABEN KANN, GERÄT LEICHT IN DEN VERDACHT, DASS ER FÜR GELD ALLES ZU TUN BEREIT IST.» Benjamin Franklin

Das erste Amsterdamer Börsengebäude (1608).

Die Entstehung der Börse Der Ursprung der Börse liegt im belgischen Brügge. Allerdings trafen sich dort lediglich Kaufleute italienischer Herkunft zum Handeln. In Deutschland folgten 1540 Nürnberg und Augsburg sowie Frankfurt im Jahr 1585. Gehandelt wurden dort jedoch primär Wechsel und andere Zahlungsinstrumente. Die 1460 entstandene Antwerpener Börse kommt unserem heutigen Börsenbegriff schon näher, denn sie war Treffpunkt von Händlern vieler Nationalitäten. Der Name «Börse» entstand möglicherweise aus einstmals zwei Bedeutungen: Die im 16. Jahrhundert bekannte Kaufmannsfamilie Van der Beurse aus Brügge handelte mit Wechseln. Diese wurden in Lederbeuteln, der so genannten Bursa, von der auch der heutige Begriff Geldbörse stammt, aufbewahrt. Beide Begriffe Beurse und Bursa verschmolzen und führten wahrscheinlich zum heutigen Begriff Börse.

Die Geschichte der Aktie Schon im alten Rom wurden die Erträge der Zölle, Bergwerke und Salinen für einige Jahre an Finanzgesellschaften verpachtet. Diese Gesellschaften hatten viele Mitglieder, jedoch lösten sich diese Arten von «Beteiligungsmodellen» wieder auf, nachdem die Pacht ausgelaufen war, und waren somit nicht mit einer Aktiengesellschaft heutigen Typs zu vergleichen. Als das erste Beispiel einer AG-ähnlichen Gesellschaft wird die «Banco di San Giorgio» in Genua bezeichnet, die 1407 ins Leben gerufen wurde und lange Zeit einzig in ihrer Art als Disconto- und Zettelbank arbeitete. Sie gab Sieben-Prozent-Obligationen zur Deckung der Staatsschulden aus und machte ihre Schuldner bereits 1419 zu Anteilseignern.

Die Börse heute.

in den Handel einstiegen. Die grössten unter ihnen schlossen sich zur «Vereinigten Ostindischen Handelskompanie» (V.O.C.) zusammen. Erstmalig wurden wohlhabende Kaufleute, Provinzen und Städte an Geschäften in Form von Anteilen beteiligt. Die durchschlagende neue Idee war, dass diese Anteile eines Unternehmens – Aktien genannt – gehandelt werden konnten, ohne dass die Gesellschaft Kapital zurückzahlen und wieder aufnehmen musste. Durch den Übergang zu permanentem Kapital ab 1610, der beschränkten Haftbarkeit und weitgehenden politischen Rechten in Übersee bildete die V.O.C. lange das Modell einer erfolgreichen Fernhandelsgesellschaft.

Aber auch die Amsterdamer Gewürzhändler die so genannten «Pfeffersäcke» waren Vorläufer unseres heutigen Aktienhandels. Sie schickten schon gegen Ende des 16. Jahrhunderts jährlich bis zu 70 Schiffe nach Indonesien. Der Gewürzhandel entwickelte sich zum so einträglichen Geschäft, dass zahlreiche Firmen

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DISCOVERY

«GELD IST NICHTS. ABER VIEL GELD, DAS IST ETWAS ANDERES.»

Der grösste Börsencrash Börsenturbulenzen gibt es so lange wie die Börse selbst. Am «Schwarzen Freitag», dem 25. Oktober 1929, ereignete sich der wohl spektakulärste Börsencrash aller Zeiten. Eine lange Phase der Hochkonjunktur und steigende Börsenkurse hatten die USA in den 20er Jahren zum reichsten Land der Welt gemacht. Auto-, Elektro- und Bauindustrie boomten. Die Welt war bereits damals stark von der US-Konjunktur abhängig. Aktien waren als Geldanlage nicht nur für Banken und Versicherungen attraktiv, sondern auch für breite Bevölkerungsgruppen – und die investierten. Der Traum vieler Aktionäre: Von den Kursgewinnen dauerhaft leben zu können und nicht mehr arbeiten zu müssen. Doch am 24. Oktober begannen an der Wall Street in New York die Kurse zu sinken. Tags darauf brachen die Kurse stärker ein. Daher beschlossen die meisten Aktionäre, ihre Aktien in der Folgewoche zu verkaufen. Viele mussten es, denn sie hatten Aktien auf Kredit gekauft. Die Banken verlangten neue Sicherheiten oder kündigten nach dem Kurseinbruch die Kredite. Am Dienstag, den 29. Oktober 1929, wechselten 16.5 Millionen Aktien an der Wall Street den Besitzer. Die Ticker waren mit der Kursanzeige mehrere Stunden im Rückstand. Ob in den Hotelhallen oder in

Bernard Shaw

Drugstores, überall, wo die Kurse angezeigt wurden, verfolgten Anleger fassungslos, wie ihr Wertpapiervermögen schmolz. Viele Menschen waren ruiniert, Banken brachen zusammen.

Zurück zum Tauschhandel Die Lebenshaltungskosten werden immer höher, auf der anderen Seite steigen die Löhne und Gehälter jedoch kaum oder gar nicht. In vielen Bereichen werden Einsparungen vorgenommen, so dass den Menschen das Geld nicht mehr so locker in der Tasche sitzt. Für viele Leute ist an Luxusartikel oder grosse Geschenke oftmals gar nicht mehr zu denken. Und so lautet das neue Motto für viele «tauschen, statt kaufen», denn auf diese Weise kann eine Menge Geld gespart werden. Gerade im Internet haben Verbraucher zahlreiche Möglichkeiten, verschiedene Gebrauchsgegenstände anzubieten, und gegen andere Artikel einzutauschen. Zu den angebotenen Artikeln zählen meist Spiele, Filme, Bücher und Tonträger. Inzwischen gibt es jedoch auch grosse Tauschbörsen, in denen Fahrzeuge zum Tauschen angeboten werden.

Wellness von der schönsten Seite. Es ist ein wunderbares Gefühl, angekommen zu sein. Entspannt lassen Sie den hektischen Alltag hinter sich. Jetzt heißt es auftanken und sich ausgiebig verwöhnen lassen.

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CULTURE CLUB

Hochdotierte

KUNSTWERKE

Skulpturen, Gemälde und exellente Fotokunst verleihen jedem Heim einen Luxustouch und zeugen in den meisten Fällen von exquisitem Kunstgeschmack. Ob abstrakte Werke oder klassische Modelle, die Preisspanne nach oben ist offen. PRESTIGE stellt Ihnen die teuersten Bilder und angesagtesten Künstler vor.

Gustav Klimt: Adele Bloch-Bauer I Das Bildnis, auch «Goldene Adele» genannt, ist eines der bedeutendsten Werke Klimts, wie auch des österreichischen Jugendstils insgesamt. Das Gemälde zeigt Adele Bloch-Bauer, Tochter des Generaldirektors des Wiener Bankvereins Moritz Bauer, im Alter von etwa 26 Jahren. Der US-amerikanische Kosmetikhersteller Ronald S. Lauder ersteigerte das Bild am 19. Juni 2006 bei einer Auktion in den USA und zahlte den sensationellen Preis von 135 Millionen Dollar.

Vincent van Gogh: Portrait des D. Gachet Allein durch den Verkauf des Porträts von Dr. Gachet wäre der in Armut verstorbene van Gogh heute 180-facher Millionär. Das Bild zeigt Dr. Gachet, einen kunstsammelnden Arzt, der mit vielen grossen impressionistischen Malern befreundet war – darunter Monet, Renoir und Cézanne. Oft liess er sich für Behandlungen mit Gemälden oder Zeichnungen entlohnen. Das Porträt wurde 1990 vom japanischen Geschäftsmann Ryoei Saito ersteigert. Drei Jahre später geriet Saito in Finanznöte und einen Bestechungsskandal. Er drohte, das Bild vor seinem Tod zu verbrennen, um seine Erben vor der gewaltigen Erbschaftssteuer zu beschützen. Später behauptete er, er habe nur gescherzt, doch seit seinem Tod 1996 ist das Bild spurlos verschwunden.

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CULTURE CLUB

B von Yvonne Beck

edeutende Kunstwerke finden sich in jedem Zeitalter unserer Geschichte. Von da Vincis Mona Lisa bis zu Andy Warhols Marilyn werden Meisterwerke hoch gehandelt. Viele hängen in Museen, doch Privatsammler haben längst die lohnenswerte Anlage im Kunstsektor erkannt. Denn während Aktien rapide an Wert verlieren können und oftmals nicht mehr das Papier wert sind auf dem sie gedruckt werden, bleibt die zeitlose Schönheit eines Kunstwerkes bestehen.

Kunstmessen und Auktionen Kunstmessen auf der ganzen Welt setzten Trends. Und so verwundert es nicht, dass auf der Art Basel, der grössten, wichtigsten und elegantesten Kunstmesse der Welt, Liebhaber ein Vermögen für moderne und zeitgenössische Werke ausgeben. 2007 wurde hier ein Gemälde von Francis Bacon für 15 Millionen Euro verkauft. Insider wissen, wichtig ist es, sich unbedingt zur Vernissage einladen zu lassen. Denn die Messe zählt jährlich über 50’000 Besucher, doch die Vernissage ist etwas ganz besonderes, da hierzu die ausstellenden, internationalen Galerien nur ausgewählte Gäste einladen. Und diese dürfen dann vor allen anderen Besuchern auf Schatzsuche gehen.

Jackson Pollock: No. 5, 1948 Paul Jackson Pollock (1912-1956) war ein US-amerikanischer Maler des Abstrakten Expressionismus und gilt als einer der einflussreichsten US-Künstler des 20. Jahrhunderts. Er begründete mit seiner 1946 entwickelten DrippingTechnik die Stilrichtung des Action Painting. Hierbei trug der Künstler die Farbe nicht wie herkömmliche Maler mit dem Pinsel auf die Leinwand auf, sondern liess diese auf die am Boden liegende Leinwand tropfen und fliessen. Das von Jackson Pollock 1948 geschaffene Kunstwerk in braunen und gelben Farbstrukturen entstand auf einer Holzfaserplatte und misst 1.20 mal 2.40 Meter. «No. 5, 1948» von Jackson Pollock ist das bisher am teuersten verkaufte Gemälde in der Geschichte.

Doch nicht nur Messen sind wichtige Kunstumschlagplätze, besonders Auktionen locken mit hochdotierten Meisterwerken, die den Normalbürger oftmals nur staunen lassen, wie viel Geld auf dem Kunstmarkt in Bewegung ist. Bei wichtigen Werken lässt die Finanzkrise den Kunstmarkt eher kalt und so werden auch in der heutigen Zeit noch Rekordsummen auf Auktionen erzielt. So versteigerte Christie’s in diesem Jahr ein Bild von Picasso für 106.5 Millionen US-Dollar. Und auch ein Werk des Schweizer Künstlers Giacometti ging fast zum gleichen Preis unter den Hammer. Der Kunstmarkt boomt also weiterhin und immer wieder erreichen die grossen Auktionshäuser neue Preisrekorde.

Der Höhepunkt ist noch nicht erreicht Der New Yorker Kosmetikerbe Ronald S. Lauder bezahlte angeblich 135 Millionen Dollar für Gustav Klimts «Porträt Adele BlochBauer I» und für gar 140 Millionen Dollar wechselte das Gemälde «No. 5, 1948» von Jackson Pollack hinter verschlossenen Türen den Besitzer. Der ursprüngliche Besitzer, Entertainment-Magnat David Geffen hat das Gemälde, welches momentan als teuerstes Gemälde der Geschichte gilt, an den mexikanischen Finanzier David Martinez verkauft. Doch dies ist noch längst nicht die Spitze des Eisbergs und kann jederzeit übertroffen werden. Zum Beispiel wenn das richtige Bild auf den Markt kommt. Ein weiterer Pollock zum Beispiel oder Raffaels seit dem 2. Weltkrieg verschwundenes «Bildnis des Grafen Czartoryski» oder das «Selbstbildnis mit verbundenem Ohr» von van Gogh, das zurzeit als Leihgabe der Erben von Stavros Niarchos im Kunsthaus Zürich hängt. Immer wenn ein alter Meister auf den Markt gelangt, wie Picasso oder Gaugin, überschlagen sich die Gebote. Doch wer einmal ein solches Bild sein eigen nennt, gibt es so schnell nicht mehr her und daher sind Auktionen mit solchen Schätzen eher selten.

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CULTURE CLUB

«DIE KUNST SPRICHT VON SEELE ZU SEELE.» Oscar Wilde

Kunst im Privaten Es sind Ikonen der klassischen Moderne, für die Sammler beinahe jeden Preis zu bezahlen bereit sind. Gemälde, mit denen selbst Laien sofort etwas verbinden. Doch was macht diese Werke so wertvoll und einzigartig? Sicherlich ihr Platz in der Kunstgeschichte, so ist beispielsweise Adele Bloch-Bauer die Verkörperung von Fin-de-Siècle und Jugendstil par excellence. Aber auch der Mythos, der ein Bild umgibt und die ausserordentliche Rolle des jeweiligen Künstlers: Vincent van Goghs «Sonnenblumen» kennt jedes Kind. Und niemand war so wandlungsfähig und doch in allen Stilen so einfallsreich und perfekt wie Picasso. Ganz oben auf der Liste steht jedoch die vermeintliche Unerreichbarkeit eines Werkes: Wer hätte erahnen können, dass die britischen Erben des New Yorker Kupfermoguls Chester Beatty sich jemals von ihren «Sonnenblumen» trennen würden. Kommt ein solches Jahrtausendbild dann aber auf den Markt und gibt es Liebhaber, die es unbedingt besitzen wollen, kann beinahe jeder Preis zustande kommen.

Der New Yorker Kosmetikerbe Ronald S. Lauder.

Wo sich die meisten der teuersten Kunstwerke der Welt heute befinden, weiss ausser den Beteiligten kaum jemand. Nur die wenigsten von ihnen finden, wie Ronald Lauders Klimt-Ikone, van Goghs Iris-Bild oder Cézannes «Stilleben mit Krug und Obstsschale» ihren Weg in öffentliche Sammlungen. Wo Picassos «Garçon à la pipe» oder die «Frau mit verschränkten Armen» heute sind, darüber rätselt die Kunstwelt ebenso wie über den Verbleib von van Goghs letztem Selbstporträt.

Pablo Picasso: Junge mit Pfeife Das Gemälde mit dem Originaltitel «Garcon à la pipe» stammt aus der Sammlung des Amerikaners John Hay Whitney: Der Diplomat hatte das Bild 1950 für 30’000 Dollar – fast ein Hundertstel des Weltrekordpreises – vom damaligen «Herald Tribune»-Herausgeber gekauft. Das Gemälde hing seit 1950 im Wohnzimmer der Whitneys über dem Bücherbord. Picasso malte das Bild 1905 nach seinem Umzug in das Pariser Künstlerviertel Montmartre – er war damals 24 Jahre alt. Das Meisterwerk von Pablo Picasso wurde schliesslich für 104 Millionen Dollar (86 Millionen Euro) im New Yorker Auktionshaus Sotheby's versteigert. – Über den Käufer hüllt sich das Auktionshaus in Schweigen.

Es gibt Mutmassungen darüber, wer sie gekauft haben könnte: Der Name des italienischen Nudelproduzenten Guido Barilla wird ebenso häufig genannt wie der der in Monte Carlo lebenden Bankierswitwe Lily Safra und diverser Bewohner des Apartmenthauses an der Park Avenue Nummer 740 in Manhattan. Hier lebten und leben jene, die in den USA das Geld und das Sagen haben: die Bancrofts und die Bouviers. 740 Park Avenue war die New Yorker Adresse der Rockefellers und der Vanderbilts, von Onassis und Niarchos, von Henry Kravis und Ronald Lauder. Vielleicht ist diese Adresse das gutbestückteste, aber unbekannteste Museum der Welt mit den teuersten Kunstwerken und das obwohl zurzeit weniger die Amerikaner und Europäer als vielmehr Käufer aus Russland und aus China auf dem Vormarsch sind.

Francis Bacon: Triptych, 1976 Das dreiteilige Gemälde des britischen Künstlers Francis Bacon hat bei einer Versteigerung am 14. Mai 2008 bei Sotheby’s in New York den unglaublichen Preis von 86.3 Millionen Dollar erzielt. Das besondere an dieser Auktion war, dass vorher noch nie soviel Geld für ein Bild der Nachkriegskunst gezahlt worden war.

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KOLUMNE

AUS DEM LEBEN EINES GALERISTEN:

LUXUS UND GLÜCK

von Wilhelm J. Grusdat

W

oran denken Sie bei dem Wort «Lu-

Zeiten Halt geben und die Schicksale, Emotionen und Erin-

xus»? Teure Jachten, schnelle Au-

nerungen ganzer Generationen bündeln. Wirklich kostbar

tos, blinkende Diamanten, goldene

an einem Kunstwerk sind die Erfahrungen, die mit ihnen

Uhren? Etwa auch an Kunstwerke?

verbunden sind. Seien es die Geschichten ihrer Entste-

An Gemälde von Roy Lichtenstein

hung, in der sich die Lebensgeschichte des Künstlers wi-

oder Skulpturen von Frank Stella? Seien wir ehrlich, es

derspiegelt. Seien es die persönlichen Verbindungen, die

wird heutzutage eher darüber diskutiert, ob die städ-

jeder Einzelne zu einem Kunstwerk aufbaut. Diese Verbin-

tische Finanzierung von Kunstausstellungen Luxus im

dung aus handwerklicher Höchstleistung und essentieller

Rahmen einer krisengebeutelten Wirtschaft ist, als den

menschlicher Erfahrung macht Kunstwerke zu einzigarti-

Wert von Kunst generell in Frage zu stellen. Wenn Kunst-

gen Sammelobjekten.

werke Luxus sind, dann eine andere Art von Luxus als Wirklich passionierte Sammler nehmen unglaublichen Auf-

Juwelen und Kristalllüster.

wand in Kauf, um endlich ein lang ersehntes Kunstwerk in Der Mensch liebt es, seine Umgebung zu gestalten, sie

ihren Händen halten zu können. So liess sich – um nur ein

seinem Geschmack und seinem Status anzupassen. Gin-

eindrucksvolles Beispiel zu nennen – ein amerikanischer

ge es allerdings nur um die Verschönerung der eigenen

Grosskunde zwei Gemälde aus der frühen Schaffenspe-

vier Wände, dann würde es genügen, einen Innenarchi-

riode Gerhard Richters eigens nach Paris in eine speziell

tekten zu engagieren. Abgesehen von einigen Unbelehr-

dafür angemietete Hotelsuite liefern, um sich die Bilder bei

baren – ich nenne sie emotionale Zombies –, für die Kunst

einer kurzen Zwischenlandung mit seinem Privatjet anzu-

überflüssig sein mag, gibt es eine beachtliche Anzahl von

sehen. Dazu muss man folgendes wissen: In seiner Familie

Kunstliebhabern, für die Kunstwerke keine absehbare Ne-

kursierte die Geschichte von einer besonderen Dinnerpar-

bensache sind, sondern eine geschätzte Lebensbereiche-

ty, auf der sich seine Eltern bei einem Gespräch über ein

rung. Ich habe im Laufe meines bewegten Lebens als Gale-

spezielles Bild von Richter kennen lernten. Im Laufe der

rist viel Zeit damit verbracht, kunstinteressierte Menschen

Zeit erinnerte sich keiner mehr an den Titel des Bildes. Was

zu beobachten und dabei die unterschiedlichsten Typen

meinen Kunden aber nicht davon abhielt, in Galerien und

kennen gelernt: Viele von ihnen leben in schönen Villen,

auf zahlreichen Kunstmessen nach dem Bild zu suchen.

besitzen teure Jachten und reisen im Privatjet. Viele haben

Schliesslich wandte er sich an mich. – Können Sie sich die

Berufe, die ihnen einiges abverlangen. Viele sind ständig

Begeisterung vorstellen, als sich eines meiner nach Paris

unterwegs, wechseln die Kontinente, Länder, Städte, wie

mitgebrachten Gemälde als das gesuchte Kunstwerk he-

andere ihre Kleidung. Und alle umgeben sich mit Kunst.

rausstellte, das ich auf Umwegen für ihn gefunden hatte?

Für alle stellen die Werke in ihren Wohnräumen, ihren Gärten und auf ihren Terrassen eine essentielle Bereicherung

Diese Momente des Glücks sind der wahre Luxus, der in

ihres Lebens dar.

Kunstwerken steckt und für deren Verwirklichung ich als Galerist meine ganze Energie und Erfahrung einsetze.

Kunstwerke sind künstlich, soviel ist klar. Sie sind von Menschen für Menschen geschaffen. Wozu? Kunstwerke sind Knotenpunkte in unserem Leben, die in unsicheren

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BUSINESS

AUFSCHWUNG MIT EINIGEN STOLPERSTEINEN Martin Neff ist seit 2008 Leiter des Economic Research der Credit Suisse in der Schweiz (Chefökonom). Er war nach Abschluss seines Studiums der Volkswirtschaftslehre an der Universität Konstanz zunächst als Berater bei der S&Z GmbH in Allensbach, Deutschland, tätig bevor er 1998 zum Schweizerischen Baumeisterverband (SBV) in Zürich wechselte. Dort wirkte er als Bereichsleiter für Konjunkturbeobachtung. Ende 1992 trat er in das Economic Research der Credit Suisse ein. Martin Neff lehrt zudem als Fachrat im Institut für Finanzdienstleistungen (IFZ) in Zug und ist Dozent für Immobilienökonomie an der Donau-Universität in Krems, Österreich.

Auf den ersten Blick sehen die Zahlen der Konjunkturerholung in der Schweiz sehr gut aus. Allerdings türmen sich im globalen Umfeld einige Gewitterwolken auf, deren Auswirkungen den Aufschwung beeinträchtigen können. Wir führten ein Interview mit dem Chefökonom der Credit Suisse Schweiz.

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BUSINESS

von Georg Lutz

PRESTIGE: Seit dem Frühjahr dieses Jahres hat Ihr Haus mit der Osec den Exportindikator für KMU lanciert. Wo lagen die Gründe dafür, solch eine quartalsweise erscheinende Statistik zu begründen?

einige Stolpersteine liegen. Bei grösseren KMU, die zwischen 200 und 500 Mitarbeitende beschäftigen, haben wir beispielsweise im medizinaltechnischen Bereich einige herausragende positive Beispiele.

Allerdings harzt es aus meiner Sicht in einigen Zukunftsbranchen. Nehmen wir das Beispiel der Solarenergie. Die Schweiz war in der Pionierphase stark. Das hat sich zum Schlechten gewendet. Kleine innovative Unternehmen sind vom Markt weg oder geschluckt. Kann hier das Modell der Plattformen für innovative Branchen «EIN KREDITCRUNCH wie Cleantech, die ja auch von der Osec WAR IN DER SCHWEIZ NIE im Auftrag des Bundes aufgestellt wurEIN THEMA» den, die Wende bringen?

Martin Neff: Transparenz, Transparenz und nochmals Transparenz. Wir haben im Zuge der Finanzkrise erlebt, welch grosse Meinungsvielfalt es gerade bei den Konjunkturprognosen gab. Im Analysemarkt gibt es sehr wenige gleichbleibende, geschweige denn vorlaufende Indikatoren. Der Exportindikator bricht nun internationale Vorlaufindikatoren auf die Schweiz runter. Wir benutzen dafür die internationalen Einkaufsmanagerindizes, gewichten sie mit dem Exportanteil und gewinnen so einen wertvollen Indikator für die Schweiz. Dies, weil zum einen die Exporte ein grosses Aggregat darstellen und für die Schweiz lebenswichtig sind, zum anderen, weil konjunkturelle Impulse meist aus dem Ausland kommen.

Ich weiss nicht, ob solche Plattformen die Branche in Auslandsmärkten wirklich direkt weiter bringen. Als Informations- und Analysetool haben sie aber sicher für Unternehmen und Verbände einen Nutzen, da sie beispielsweise gezielt Kontaktadressen vermitteln. Wie gross der Nutzen aber tatsächlich ist, kann ich nicht einschätzen. Die Solarenergie gehört im Rahmen von Cleantech zu einem der Cluster, die wir definiert haben. Und es ist auf jeden Fall einen Versuch wert, sich hier besser zu positionieren.

Es ergibt sich folglich für Schweizer Unternehmen ein Rahmenbild? Wir bekommen ein vergleichweise verlässliches Bild davon, in welche Richtung sich die Schweizer Exporte auf einem Horizont von drei bis sechs Monaten entwickeln werden.

Das grosse Problem für KMU ist immer noch, an Kredite zu kommen. Das ist eine immer wieder kritische Frage an die Finanzbranche. In Krisenzeiten gab es dazu einige Notfallkonzepte, die in Richtung Überbrückungskredite gingen. Wie innovativ ist hier Ihre Branche?

Wie sehen die aktuellen Trends aus? Wir gehen in diesem Jahr von einem weiterhin regen Exportwachstum aus. Inzwischen sehen wir klare Zeichen für einen stabileren Aufschwung und haben auch unsere Konjunkturprognose entsprechend angepasst. Für das Jahr 2010 rechnen wir mit einem Wachstum von 1.8 Prozent, für 2011 mit 1.2 Prozent. Wobei wir nicht vergessen sollten, dass das Damoklesschwert auslaufender Konjunkturprogramme über uns hängt und unklar ist, ob die Aufräumarbeiten im Nachgang der Finanzkrise wirklich abgeschlossen sind.

In früheren Abschwungphasen, beispielsweise Anfang der neunziger Jahre, standen wir tatsächlich am Rand einer Kreditklemme. Banken drohten, den Kredithahn zuzudrehen. In der aktuellen Situation muss ich aber Klartext sprechen: Die internationalen Verwerfungen im Krisenzyklus der letzten zwei Jahre – bei dem der Vergleich mit der Weltwirtschaftskrise Ende der zwanziger und Anfang der dreissiger Jahre nicht völlig von der Hand zu weisen ist – haben in der Schweiz überhaupt nicht auf das Kreditvolumen durchgeschlagen. Das ist eine ganz wichtige Botschaft. Das sage ich Ihnen nicht als Angestellter einer Bank, sondern als jemand, der sehr genau makroökonomische Daten analysiert. Wir haben verschiedene Rezessionen der letzten Jahrzehnte untersucht, beispielsweise die Krise nach dem Platzen der Internetblase. Dort haben wir den Vergleich zwischen BIP-Wachstum und Kreditwachstum analysiert. Es gibt keinen Zyklus wie den laufenden, in dem die Differenz so gross war. Ein Kreditcrunch war in der Schweiz nie ein Thema.

Heute sind kleine KMU, im Gegensatz zu früher, viel schneller auf globale Märkte ausgerichtet. Liegen hier auch Stolpersteine auf dem Weg? Ja, der Megatrend Globalisierung hat auch viele kleine Unternehmen erfasst, wobei das von Branche zu Branche unterschiedlich ist. Generell lässt sich sagen, dass es bei kleinen Unternehmen am Anfang oft eine erfreuliche Wachstumsphase gibt, welcher dann eine Konsolidierungsphase folgt, die häufig mit einer Neuausrichtung einhergeht. Dadurch kommt das Unternehmen im Idealfall in ein höheres Wertschöpfungssegment.

Das Bild in den Medien ist ein anderes … Dieses ist schlichtweg falsch. Vieles, was noch vor zwei Jahren gefordert wurde, war angstgetrieben. Wir haben in der Schweiz weder die damals von einigen Exponenten prognostizierten Horrorwerte auf dem Arbeitsmarkt gesehen, noch sind wir dauerhaft

Es ist aber auch möglich, dank innovativen Ideen einen anderen Markt zu erschliessen. Dies geschieht in der Regel über Zuliefererbeziehungen. Es versteht sich von selbst, dass hier

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BUSINESS

schwelt die Subprime-Krise weiter. Es kommen vermutlich nochmals 700 Milliarden US-Dollar-Abschreibungen in den USA auf uns zu. Das ist fast exakt der Betrag, der für die Rettung der Eurozone eingesetzt wurde. Wir können also keine zu rosigen Bilder zeichnen. Aber es gibt aus meiner Sicht auch keine Anzeichen für einen Doubledip. In der Schweiz werden wir am Ende der nächsten beiden Jahre keine negativen Wachstumszahlen sehen.

in eine Spirale des negativen Wachstums eingetreten. Aber aus der Angst vor solchen Szenarien wurden Forderungen gestellt, die bei einem tatsächlichen Crash zwar verständlich gewesen wären, tatsächlich aber nie eine Grundlage hatten.

Von welcher Krise reden wir? Oft habe ich den Eindruck Konjunktur- und Strukturkrise werden vermischt.

Krise ist folglich doch kein Betriebsunfall. Haben Sie in den letzten Jahren zuviel Friedrich August von Hayek und Milton Friedmann und zuwenig John Maynard Keynes gelesen?

Gute Frage. Es gilt zu differenzieren. In der Schweiz haben wir keine Krise, auch wenn es nach dem Lehman-Kollaps Leute gab, die dieser Auffassung waren. Wir hatten aber ohne Frage eine internationale Finanzkrise. Man kann durchaus auch von einer Schuldenkrise sprechen, die jetzt in erster Linie gewisse Staaten in Europa, aber auch andere Länder wie zum Beispiel Japan oder die USA betreffen. Und dann gab es ja im Vorfeld der Finanzkrise den Immobilencrash in den USA, also müssen wir von Krisen, im Plural, sprechen. Interessant ist jetzt die von Ihnen angesprochene Unterscheidung zwischen Konjunktur- und Strukturkrise. Wir sollten das klar trennen.

Jetzt kommen wir auf volkswirtschaftliche Kernpunkte zu sprechen. Der zeitliche Abstand zwischen Boom, Blasen und Crashs wird immer enger. Die Volatilität hat eindeutig zugenommen. Das läuft aber über dem realwirtschaftlichen Zyklus, der einigermassen stabil ist, und auch über der Inflation, die wir in den Griff bekommen haben. Allerdings sind die Finanzmärkte aus den Fugen geraten und diese haben einen gewaltigen Hebel entwickelt und verzerren so das gesamtwirtschaftliche Bild. Darum ist eine Regulierung der Finanzwelt unausweichlich. Es wäre aber nicht richtig, die Banken mit Vorwürfen zu überschütten. Sie bewegen sich bis an die Grenzen des vorgegeben Rahmens – ein Rahmen, der jetzt neu gefasst wird.

Die aktuelle Konjunkturentwicklung hat etwas von ihrem Schwung verloren. 2009 gab es zunächst nur eine Richtung, den Absturz, und dann ging es in die andere Richtung wieder steil nach oben. Wir nennen das eine Korrektur mit einem Basiseffekt. Jetzt stehen wir vor der Frage, wann wir das letzte hohe Niveau vom Sommer 2007 wieder erreichen. Da gibt es viele Meinungen. Ich gehe davon aus, dass es noch mindestens zwei Jahre dauern wird, vielleicht auch etwas länger. Das Problem ist, dass wir zwar wieder in den normalen Konjunkturzyklus einschwenken, aber die Wachstumspotentiale aufgrund von strukturellen Hindernissen nicht voll entfalten können. Damit meine ich zum einen die Bewältigung der Defizite vieler Staaten in- und ausserhalb Europas. Zum andern wird sich der US-amerikanische Arbeitsmarkt nicht sehr schnell erholen und es ist noch unklar, inwieweit die US-Regierung mit weiteren Konjunkturpaketen helfen kann. Diese Faktoren werden auf die Konsumstimmung drücken und das Wachstum auf internationaler Ebene hemmen. Und auch die Börsen werden weiterhin sehr volatil sein.

Was Keynes betrifft sehe ich mich als konservativen Klassiker, der die Rolle des Staates eher kritisch liest. Allerdings ist es auch so, dass wir in der heutigen Zeit Mittelwege finden müssen.

«DURCH DIE ERWÄHNTEN STRUKTURELLEN PROBLEME LIEGT EIN GROSSER SCHATTEN ÜBER DEM AUFSCHWUNG»

Die internationale Finanzarchitektur steht doch weiter auf sehr wackligen Beinen. Ich setze jetzt gegen den Optimisten Neff die Pessimisten Marc Faber (Dr. Doom) und Fredmund Malik, um nur zwei Schweizer zu nennen. Sie prognostizieren eine weitere viel drastischere globale Krisenwelle. – Wie ist Ihre Positionierung dazu?

Methodik Osec-KMU-Exportperspektiven Die KMU-Exportperspektiven basieren auf der quartalsweisen Befragung eines festen Panels von über 200 Schweizer KMU, welche die Branchen Pharma/Chemie, Maschinenbau, Konsumgüter, Metallindustrie, Papier, Elektrotechnik, Präzisionsindustrie und Dienstleistungen repräsentieren. Die KMU geben an, ob sie für das laufende und für das kommende Quartal einen Zuwachs, eine Stagnation oder einen Rückgang ihrer Exporte erwarten. Der KMUExportindikator kann einen Wert zwischen 0 und 100 erreichen, wobei Werte zwischen 0 und 50 einen erwarteten Rückgang der Exporte und Werte von 50 bis 100 ein erwartetes Exportwachstum signalisieren. Über die Angaben zum Exportvolumen hinaus liefern die Teilnehmer weitere Informationen, beispielsweise zu den Gründen für die Veränderung ihres Exportvolumens, den Exportmärkten, et cetera. Diese Angaben liefern ein aussagekräftiges Bild über die Exportaktivitäten der Schweizer KMU.

Ich sehe es nicht so drastisch. Umgekehrt predige ich aber auch nicht Friede, Freude, Eierkuchen. Wir sind nicht in einem klassischen Zyklus wie im letzten Jahrzehnt, als konjunkturelle Einbrüche von Aufschwüngen abgelöst wurden, die fast schon Überhitzungstendenzen hatten. Durch die erwähnten strukturellen Probleme liegt ein grosser Schatten über dem Aufschwung. Das wird auf jeden Fall Wachstumspotential kosten. Und wir sind anfälliger geworden. Es liegen noch viele Probleme vor uns. Diesen Sommer war ja nur die Krise des Euro und die Verschuldung der Mittelmeerländer ein Thema; die schwierige Situation der kommerziellen Immobilienmärkte in den USA wurde verdrängt. Dabei

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SWEET & SOUR

«SPEED, BONNIE BOAT, LIKE A BIRD ON THE WING, ONWARD! THE SAILORS CRY; CARRY THE LAD THAT’S BORN TO BE KING OVER THE SEA TO SKYE.» The Skye Boat Song – ein traditionelles Ruderlied aus den schottischen Highlands

Die Reise nach

TALISKER

Grün, Grau, Blau, Braun und ein paar weisse Tupfer dominieren als Farben in Schottland. Auf den ersten Blick. Doch entfaltet jede dieser Farben, je nach Lichteinwirkung, ein wahres Feuerwerk an faszinierenden Kolorierungen. Von hellem Gold bis zu üppigem Bernstein schimmert auch «Uisge Beatha», so die Bezeichnung für Whisky in Schottland, was übersetzt «Wasser des Lebens» bedeutet. Kein anderes aus Destillationen gewonnenes Getränk ist so sagenumwoben und von Mythen umgeben wie der König der Destillate.

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SWEET & SOUR Kupferblasen in der Destillerie Talisker.

«TALISKER IST KEIN GETRÄNK, SONDERN EIN ERLEBNIS – UNBESTRITTEN EINER DER GRÖSSTEN WHISKYS DIESER WELT.»

© Glyn Satterley, Photographer

Michael Jackson

E

© Talisker, Diageo

ine zerklüftete und gezackte Küste mit tief ins Landesinnere greifenden Einschnitten säumt Schottland, den nördlichsten Einzelstaat auf der grössten europäischen Insel des Vereinigtes Königreichs. Wild, ungestüm, leidenschaftlich, stürmisch, mystisch und geheimnisvoll ist dieser Flecken Erde mit seinen bis tief in nächtliche Stunden dauernden Sommertagen einerseits und steht damit andererseits in bizarrem Kontrast zu seiner Authentizität, Natürlichkeit und Herzlichkeit. Auch wenn so mancher verständnislos versucht, wenigstens einen Satz aus der Vielfalt schottischer Dialekte zu verstehen, interpretiert er etwas mit Sicherheit richtig: das offene Wesen und die Liebenswürdigkeit der schottischen Bevölkerung. Selten sind die vier Elemente Feuer, Wasser, Luft und Erde so spürbar wie in Schottland und nirgendwo sonst gesellt sich sogar ein fünftes Element dazu – der Whisky.

© Talisker, Diageo

von Helena Ugrenovic

Whisky erzählt die Geschichte eines Volkes, weckt aufkeimende Sehnsucht, streichelt die Seele, brennt im Innersten, birgt das tiefe Bündnis und den schmachvollen Verrat der Clans, berichtet über die Tränen einer Nation, die für ihre Freiheit geblutet und leidenschaftlich gekämpft hat. Umgeben ist Schottland von den tosenden Wellen des Atlantischen Ozeans und der Nordsee, geschützt durch seine «Munros», die Berge und zugleich «Wächter», in der beruhigenden und sattgrünen, endlosen Landschaft der Highlands, in der jegliche Arten technischer Vergnügungsmittel schlichtweg überflüssige Utensilien sind.

Die Entstehung eines Single Malt

Die Seele Schottlands

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SWEET & SOUR

Noch heute streiten sich Schotten und Iren gleichermassen um den Ruhm, Erfinder dieses einzigartigen Getränks zu sein, das im Grunde genommen lediglich eine weitere Destillationsstufe von Bier ist und aus sehr wenigen Zutaten besteht: Gerstenmalz, Hefe und Wasser sowie zum Trocknen der Gerste Torf. Die grösstenteils aus Schottland stammende Gerste wird beim Mälzen auf dem «malting floor», einem Blech mit Löchern um den Torfrauch hindurchzulassen, gelagert, wo sie zu keimen beginnt und die dadurch entstehenden Enzyme zur späteren Verzuckerung der Stärke freigibt. Das so entstandene Malz wird getrocknet und über Torffeuer geräuchert, was den Geruch und Geschmack des Whiskys prägt. Das Malz wird zu Schrot gemahlen und beim Maischen in riesigen Maischefässern mit erhitztem Quellwasser vermischt. Während diesem Prozess wird die maltosereiche Flüssigkeit «wort» (Würze) gesammelt.

«WENN DU IHN IN DEINER HAND HÄLTST, IST ER DER PULS EINER KLEINEN NATION, SO VIEL MEHR ALS NUR EIN SCHLUCK. DU KANNST ES SEHEN, WENN DU WILLST – DIE MENSCHEN UND DAS WETTER. UND DAS LAND. DIE VERGANGENHEIT BIS ZUR GEGENWART IST DESTILLIERT.» Robbie Laing – aus seinem Lied «More than just a dram»

Nach der Gärung im Gärtank folgt die Destillation. Aus dem «dünnen Bier» entsteht reiner Alkohol, ein Rohbrand, genannt «low wine», der danach in einen Sammeltank fliesst. Malt Whisky wird meist mit dem so genannten Pot-Still-Verfahren destilliert, was ein althergebrachtes Verfahren ist und nur eine Schub-umSchub-Destillation zulässt, was zwar mehr Zeit beansprucht aber den Geschmack besser erhält. Die kupfernen Brennblasen sind die Herzstücke in der Whiskyherstellung, da deren Form den Geschmack des Destillats massgebend beeinflussen und auch verändern kann. Wird eine Brennblase aufgrund von Verschleisserscheinungen ausgetauscht, wird jede noch so kleine, einzelne Delle oder Beule reproduziert, um den gewohnten Geschmack des Whiskys zu garantieren.

Reifeprüfung Bevor der Whisky in Fässern reifen kann, erfolgt die Kühlung in riesigen Behältern. «80’000 Liter Wasser benötigen wir dafür pro Stunde», erklärt Marc Lochhead, Distillery Manager von «Talisker» auf der Insel Skye. Skye liegt auf der gleichen Höhe wie die nordwestlichen Highlands, wo jährlich im Durchschnitt circa 3’000 Millimeter Regen fallen. Errechnet man den Tagesverbrauch, das zur Kühlung benötigt wird, ergibt das fast zwei Millionen Liter Wasser. Die doppelte Menge also, die ein normales Schwimmbecken mit 25-Meter-Bahnen, einer Breite von 12.5 und einer Tiefe von drei Metern fassen kann. Ein Eichenfass, in dem Whisky gelagert wird, kann 100 bis 150 Jahre alt sein. Traditionell reift Whisky in 500-Liter-Eichenfässern, in denen zuvor Sherry gelagert wurde, die dem Whisky seine gold-gelbe Farbe sowie ein gewisses Aroma verleihen. Mittlerweile reichen die vorhandenen Fässer nicht mehr für den schottischen Markt und so kommen auch amerikanische Bourbon-Fässer zum Einsatz, da diese in den USA nur ein Mal verwendet werden dürfen.

© Glyn Satterley

57 Grad Nord Die Talisker Destillerie befindet sich am 57. Breitengrad Nord – fast auf der gleichen Höhe wie Juneau, die Hauptstadt Alaskas. Im Jahr 1825 siedelten die Brüder Hugh und Kenneth MacAskill, erfolgreiche Schafzüchter, von der Insel Eigg auf die grössere Insel Skye um. Dass sie eines Tages Gründer einer der berühmtesten Whisky Destillerien der Welt sein sollten überstieg ihre Ausblick auf den Hafen von Port Ellis, Lagavulin Destillerie.

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SWEET & SOUR

kühnsten Vorstellungen. 1830 gründeten die Brüder die Talisker Destillerie, die einen doppelt destillierten Single Malt mit äusserst torfigem Malz produziert. Talisker Whisky wird als rauchig, auch als malzig-süss beschrieben, der über einen kräftigen und pikanten Geschmack mit einer Pfeffernote verfügt.

In Port Ellen auf der Isle of Islay liegt die Whiskybrennerei Lagavulin (zu Deutsch: die Senke, in der die Mühle steht), die wie Talisker zum Spirituosenkonzern «Diageo» gehört. Bereits 1742 wurde am Standort der heutigen Brennerei Lagavulin Whisky hergestellt, die erste legale Brennerei jedoch erst 1816 durch John Johnston gegründet. Kaum eine Brennerei hat mit einer so eingeschränkten Produktpalette einen so beträchtlichen Erfolg wie Lagavulin, der zur Classic Malt Selection von Diageo gehört. Nebst der 16-jährigen Abfüllung gibt es von Lagavulin noch zwei weitere regelmässige Abfüllungen, die im ausgesuchten Fachhandel erhältlich sind: Lagavulin Distiller's Edition und die jährlich limitiert erscheinende 12-jährige Abfüllung in der Reihe der Special Releases. Ein typischer Islaywhisky ist sehr stark, torfig und rauchig und beeindruckt mit einem sehr langen Abgang. Whisky-Fans auf der ganzen Welt schwören auf Lagavulin und es erstaunt nicht, hat dieser Whisky eine eingeschworene Fangemeinde.

Eine Ode an Skye: Talisker Prestige Um Whisky-Freunden auf der ganzen Welt mit Hilfe eines Glases die wilde, vom Wind gepeitschte Landschaft der Hebrideninsel Skye mit ihren atemberaubenden Meerpanoramen, Bergen und dem ruhigen Inselleben erleben zu können, hat Talisker eine Reihe von ganz besonderen Geschenkpackungen unter dem Motto «Talisker auf Sky» zusammengestellt. Auf ganz eigene Weise betont jede Talisker Prestige-Edition, 34jährig, wurde 1975 gebrannt. Dieser bedavon die Beziehung zwisondere Whisky wird als auffällige schen Talisker und seiner Geschenkpackung in einer Holzbox Herkunft, und jede hat ihverkauft, die den Rumpf eines alten Skye-Bootes darstellt. re eigene Geschichte.

Die Schotten nennen ihre Berge Munros und einer, der alle Munros erklommen hat, darf sich Munroist nennen.

Das Massaker von Glenco und ... Warum Schotten auch heute noch Campbell-Suppe boykottieren:

© Helena Ugrenovic

© Glyn Satterley

Die Senke, in der die Mühle steht

Im 17. Jahrhundert lud der Clan der Campbells den Clan der MacDonalds auf ihr Anwesen ein und bewirtete sie. Man unterhielt sich, genoss den Whisky, spielte Karten, die Kinder tollten im Freien. Was niemand des MacDonald-Clans ahnte, war, dass der Clan der Campbells in eine Verschwörung verwickelt war, die der damalige König Wilhelm mit unterzeichnet hatte. Der Clan der MacDonalds sollte vollständig ausgelöscht werden. Drei Wochen verweilten die MacDonalds bei den Campbells. Als sich die Familienmitglieder des MacDonald-Clans eines Abends schlafen legten, ahnte niemand, welche Tragödie sich am nächsten Morgen ereignen würde. Alastair MacDonald, der Chief von Glencoe, wurde am Morgen getötet. Seine Söhne und seine Frau konnten zunächst fliehen. Insgesamt wurden 38 Männer, 40 Frauen und Kinder in ihren Häusern oder während ihrer Flucht in die Hügel ermordet oder starben, da sie den winterlichen Witterung ungeschützt ausgeliefert waren, nachdem ihre Häuser niedergebrannt worden waren.

Der Malt Whisky Trail Wer Schottland nicht nur bereisen sondern erleben will, dem bietet sich die Möglichkeit verschiedener Whisky Trails, um sowohl das Land als auch eines der geschmackvollsten Erzeugnisse Schottlands zu kosten – den Whisky. Verschiedene Routen stehen zur Verfügung und grundsätzlich sind zahlreiche Destillerien für Besichtigungen, für ein eindrückliches «Nosing» sowie «Tasting» zugänglich. Der Souvenirladen bei Talisker führt ein reichhaltiges Sortiment aller Whiskyjahrgänge und schmucker Geschenkideen.

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FACE TO FACE

© Ascot Elite

Der perfekte Superstar

George Clooney in «Burn after reading».

GEORGE

Hollywood ohne George Clooney? Unvorstellbar. Nichts geht ohne den Superbeau: keine Gala, kein roter Teppich und schon gar kein Ranking der schönsten Männer der Welt. Der 49-jährige Schauspieler ist ein Erfolgsgarant.

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FACE TO FACE George Clooney als «Michael Clayton».

«EINE POLITKARRIERE? DAFÜR HABE ICH MIT ZU VIELEN FRAUEN GESCHLAFEN.»

© Rialto Film AG

CLOONEY 77


FACE TO FACE

© Ascot Elite

George Clooney im neusten Film «The American».

G

von Dominique Zahnd, London

Britney Spears ist seine Nachbarin

eorge Clooney ist ein Star zum Gernhaben. Egal, wo, wann und zu welcher Tageszeit man ihn trifft – er ist immer gut drauf und stets äusserst zuvorkommend. «Noch was zu trinken? Lust auf Obstsalat?», George ist immer um das Wohlergehen seiner Gäste besorgt. Ob die ihn auf einen Schwatz im Garten eines hübschen Hotels treffen oder in seinem Haus am Comer See. Dort, im italienischen Laglio, wohnt er fünf Monate im Jahr.

Die Villa Oleandra ist nicht sein einziges Haus. Ein weiteres lässt der Star gerade auf den Klippen von Cabo San Lucas, in Mexiko bauen. Seinen Hauptwohnsitz hat er aber immer noch in den kalifornischen Hollywood Hills. Dort lebt George Clooney schon seit 13 Jahren. Allein. Wenn man mal von gelegentlichen Besucherinnen im Schlafzimmer und seinem – mittlerweile verstorbenen – Hausschwein Max absieht. Dunkles Holz, Kronleuchter, schwere, beigefarbene Vorhänge, neben dem Kamin hängt ein Flachbildfernseher. Alles sehr stilvoll. Das passt zu ihm: Oder hat irgendjemand George Clooney schon mal in Jogginghosen rumlaufen sehen? Eben.

Die 18-Zimmer-Villa Oleandra aus dem 18. Jahrhundert ist mit allen Vornehmlichkeiten unserer Zeit ausgestattet: Der Esstisch ist riesig. In der Garage stehen etliche Motorräder, damit George Spritztouren mit seinen Kumpels unternehmen kann. Das Wasser im Pool schimmert azurblau. Eine hohe Hecke schützt vor neugierigen Blicken. «Die Paparazzi müssen sich schon in einen Hubschrauber setzen, um was zu sehen zu bekommen», sagt George Clooney. Er liebt seine Villa, hier fühlt er sich frei. Dabei denkt er weniger ans Nacktbaden, sondern vielmehr wie er entspannt mit «seinen Jungs» Filme gucken und Partys feiern kann. «Viele bringen ihre Kinder mit. Wir kurven zusammen auf dem See herum. Es ist traumhaft», schwärmt Clooney. Und ab und zu arbeitet der Regisseur/Produzent/Drehbuchautor/Schauspieler auch in Laglio. Er schneidet hier seine Filme.

Doch der Geschmack, den er in seinen vier Wänden beweist, ist gar nicht sein eigener. Sein Kumpel Rande Gerber – der Ehemann des Models Cindy Crawford – hat alles eingerichtet. Clooney selber war «zu faul dafür». Das Grundstück ist nicht gross. Ein paar Bäume stehen im Garten, das Gittertor bei der Einfahrt glänzt im Sonnenlicht. Draussen campieren die Paparazzi. «Nicht wegen mir. Britney ist meine Nachbarin», sagt der Schauspieler. Seine Überwachungskameras unten am Tor sind so ausgerichtet, dass er sich oben im Bett die Typen mit den Fotoapparaten genau ansehen kann. «Ganz schön hartnäckige Kerle», sagt er fast schon anerkennend.

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FACE TO FACE

Vom TV-Doktor zum kaltblütigen Killer Gespräche mit George Clooney sind dankbar. Er wartet nicht auf Fragen, er sprudelt ohne «Anschubser» von alleine drauflos. Am liebsten redet der Schauspieler über das Filmgeschäft. Und das hat er erstaunlich gut im Griff: Erst eroberte er die Frauen – als TV-Arzt. Die erste Staffel von «Emergency Room» lief gerade, da klopfte Hollywood bereits an Clooneys Tür. In «From Dusk Till Dawn» (1996) spielte er einen Tequila-sicheren Gangster. Und von da an hatte er auch jede Menge männliche Fans. Fehlen noch die Kids: Und die fanden ihn nach «Batman & Robin» und dem Synchronsprecher-Job in «South Park – Bigger, Longer & Uncut» auch cool. Die Kritik hasste ihn für beide Filme – doch dann gab es plötzlich viele lobende Worte für «O Brother, Where Art Thou?» (2000). Mit diesem Streifen fügte der clevere Clooney schliesslich auch noch den gesellschaftskritischen Independentfilm seinem Repertoire hinzu.

Anzuecken macht ihm Spass Mittlerweile kann sich der Schauspieler alles in Hollywood erlauben. Mal steht er für einen Ganovenklamauk wie «Ocean's Eleven» vor der Kamera, dann wechselt er für sein eigenes Drama «Confessions Of A Dangerous Mind» hinter sie. Sein Regiedebüt überzeugte – und es sollte nicht sein letzter Politfilm gewesen sein. So holte sein Ölkorruptionskomplott «Syriana» einen Oscar und die kritische Presseschelte «Good Night, And Good Luck» heimste

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«NATÜRLICH WERDEN MIR TELEFONNUMMERN ZUGESTECKT, ABER DAS FUNKTIONIERT BEI MIR NICHT.» immerhin Nominierungen für «Bestes Drehbuch», «Beste Regie» und «Bester Film» ein. – Anzuecken macht ihm Spass. In den USA wird George wegen seiner kritischen Haltung zum Irakkrieg sogar schon als Landesverräter beschimpft. Seine Lust, Stellung zu beziehen, schiebt der Schauspieler auf sein Elternhaus: «Mein Vater hat mir das beigebracht. Man muss auf Missstände aufmerksam machen, ich kann da einfach nicht die Klappe halten.» Diesen Umstand macht sich nun die UNO zunutze und spannt Clooney ein: Er wurde zum Friedensbotschafter der Vereinten Nationen ernannt. Bei seinem Engagement – warum geht der Schauspieler da nicht gleich voll in die Politik? «Keine Chance», sagt er und lacht. «Dafür habe ich mit zu vielen Frauen geschlafen.»

Clooney möchte Brad Pitt heiraten Sein Humor ist direkt, charmant und entwaffnend. Wie er trefflich auch wieder am 65. Filmfestival von Venedig bewiesen hatte. George Clooney war zusammen mit Kollege Brad Pitt angereist, um die köstliche und selbstironische Filmsatire


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FACE TO FACE

«Burn After Reading» der Coen-Brüder («No Country For Old Men») zu promoten. Pitt spielt darin einen Fitnesscoach, der beim Quälen der Leidenswilligen ständig irgendwelche Tanzschritte macht. Und Clooney verkörpert Harry Pfarrer, einen sexuell hyperaktiven Regierungsbeamten. «Wir sind alle Idioten in diesem Film», verkündete George vor versammelter Presseschar – und wirkte fast ein bisschen stolz dabei. Unter den zahlreichen Medienvertretern fanden sich denn auch selber ein paar Unterbelichtete, die nicht müde wurden, zu fragen, wann er denn nun langsam daran denke, zu heiraten. «Gleich hier und heute und am liebsten Brad – ach so: Und den Zwillingen geht es übrigens gut», konterte Clooney schlagfertig. Eigentlich war die Frage ja an Brad gerichtet gewesen …

Artikel des US-Magazins «People» mit der Überschrift «George Clooney ist schwul, schwul, schwul», reagierte der Schauspieler mit Humor: «Ich bin schwul, schwul. Das dritte schwul sprengt nun wirklich den Rahmen.»

Kussbilder haben Seltenheitswert In einschlägigen Lokalen wurde er aber nie gesichtet. Doch zugegebenermassen wirken Fotos von ihm und seinen weiblichen Eroberungen in den seltensten Fällen innig, Kussbilder haben gar Seltenheitswert. Seine gescheiterte Ehe mit Schauspielerin Talia Balsam (1989-93) wurde bereits mit der Zweck-Eheschliessung von US-Schauspieler Rock Hudson († 1985) verglichen, der nur heiratete, um seine Homosexualität zu vertuschen. Aber jetzt mal Hand aufs Herz – es gibt in Hollywood praktisch keinen männlichen Star, dem nicht irgendwann in seiner Karriere die gleichgeschlechtliche Liebe unterstellt wurde.

Ist der Frauenschwarm schwul? Seine homosexuellen Fans spitzen bei solchen Scherzen sofort die Ohren. Denn weil Clooney partout nicht noch einmal heiraten will, wird hinter vorgehaltener Hand getuschelt, der graumelierte Schönling sei schwul. «George steht auf Männer. Hier in Italien weiss das jeder», behauptete kürzlich ein 22-jähriges, italienisches Model gegenüber einem US-Enthüllungsjournalisten. «Ich habe ihn in Clubs gesehen, und er hatte eine Menge Spass mit jungen Männern. In den USA hat davon niemand eine Ahnung. Aber hier ist allgemein bekannt, dass George schwul ist.» Der ehemals «Sexiest Man Alive» äusserte sich schon mehrmals zu solchen Andeutungen. Auf einen

Kollegen und Freunde von Clooney versuchen, das Gerede herunterzuspielen. Hugh Jackman etwa erklärt: «Ich bin nicht schwul. Aber ich streite es auch nicht vehement ab, weil ich damit sagen würde, dass es etwas Schamvolles ist.» Brad Pitt, 46, engagiert sich – seit er mit George befreundet ist – für die Legitimation der Homo-Ehe in den USA. «Ich werde Angelina Jolie erst dann heiraten, wenn die gleichgeschlechtliche Ehe erlaubt ist», verkündete er etwa 2006. Einfach ein feiner Zug von ihm? Oder wollte er damit seinen guten Freund unterstützen?

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FACE TO FACE

konzentrierte, aber auch überraschend private Atmosphäre am Filmset von «The American». Im Mittelpunkt steht selbstverständlich Frauenschwarm George Clooney, den man so intim noch nie zu Gesicht bekommen hat. – Also Fans, schnell rein in die nächste Buchhandlung.

Vor der Kamera immer facettenreich

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Mal tragisch, mal sexy, mal lustig, mal ernst: Der Workaholic bemüht sich stets vor der Kamera, Facettenreichtum zu beweisen. Und damit sich die Zuschauer nicht zu sehr an einen bestimmten Look gewöhnen, steht er im Akkord für neue Projekte vor der Kamera. Ein Blick in seine Agenda gefällig? Im Moment hält ihn die Komödie «The Descendants» (als Familienvater zweier Teenagegirls) auf Trab, danach stehen der Spionage-Thriller «The Tourist» (wo er einen Komplott aufdeckt) und das tränenreiche Gerichtsdrama «The Innocent Man» auf dem Programm.

© Rialto Film AG

Zeit für das Privatleben? Die stiehlt er sich zwischendurch einfach. Indem er sich anstrengende Interviewtouren mit regionalen Ausflügen und romantischen Candlelight-Dinnern versüsst. Seit gut einem Jahr führt George Clooney das italiensche Model Elisabetta Canalis (31) an seinem Arm an Premieren spazieren. Das heisst aber nicht, dass die zwei auch heiraten werden. Denn längerfristig binden konnte den Beau bisher keine Dame. An Angeboten fehlte es aber sicher nie, oder? Der 49-jährige Schauspieler grinst: «Natürlich werden mir Telefonnummern zugesteckt, aber das funktioniert bei mir nicht. Ich mag es nicht, wenn man mir hinterher rennt. Dafür erobere ich zu gerne.»

«HEIRATEN? KLAR DOCH. GLEICH HIER UND HEUTE – UND AM LIEBSTEN BRAD PITT.» Intimes Fotobuch vom Filmdreh

Clooney’s Hit-Triologie

Zurück zu den Fakten: Über Arbeitsmangel kann sich George Clooney sicher nicht beklagen. Gerade abgedreht hat er den Thriller «The American». Und zwar unter der Regie von Depeche Mode, U2-Videoclip-Regisseur und Starfotograf Anton Corbijn. Für die Story, basierend auf dem Roman «A Very Private Gentleman» von Martin Booth, schlüpft Clooney in die Rolle des Auftragskillers Jack, der seinem Kontaktmann Larry (Bruce Altman) nach einem verunglückten Auftrag in Schweden verspricht, dass sein nächster Mord auch sein letzter sein wird. Daraufhin zieht sich Jack in ein idyllisches Dorf in Italien zurück.

Hollywood-Ikone George Clooney stand in seiner bald 25-jährigen Schauspieler-Karriere erst für eine einzige Fortsetzungs-Serie vor der Kamera. Und zwar für «Ocean’s 11» (2001), «Ocean’s 12» (2004) und «Ocean’s 13»(2007). Die cleveren Gauner-Komödien von Regisseur Steven Soderbergh leben von ihrem feinsinnigen Humor, den durchdachten Coups und natürlich von der erstklassigen Besetzung. Zu der gehören neben George unter anderem Brad Pitt, Matt Damon, Julia Roberts, Andy Garcia, Catherine ZetaJones und Al Pacino. Die drei Filme spielten zusammen über eine Milliarde US-Dollar ein. Wird deswegen nun ein «Ocean’s 14» gedreht? Clooney winkt ab: «Drei sind genug.»

Dort schliesst er Freundschaft mit einem Priester (Paolo Conacelli) und beginnt auch eine Liebesgeschichte mit der Einheimischen Clara (Violante Placido). Wie ein Star sich auf so einem Filmset benimmt, wissen in der Regel nur Crew und Regisseur. Corbijn gibt nun den Blick hinter die Kulissen komplett frei – im schicken Bildband «Inside The American» mit 116 grösstenteils ganzseitigen Fotografien. Das Buch zeigt einen intensiven Einblick in den Drehalltag und die

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ARCHITEKTUR

SNOHETTA nicht nur ein Berg Norwegen, das steht für schöne, unberührte und wilde Natur. Einfach und pragmatisch war hier auch immer die Bauweise. Deswegen hat man bisher Norwegen nicht unbedingt mit ausgefallener, innovativer Architektur verbunden. Doch das hat sich geändert.

E

von Lone Halvorsen

«ZEIGE MIR, WIE DU BAUST, UND ICH SAGE DIR, WER DU BIST.»

in Architekturbüro aus Oslo gewinnt weltweit Wettbewerb um Wettbewerb. Es baut Hotels in Talsperren, Bibliotheken im Meer und Museen auf Grashügeln. Das findet weltweit Anklang. Der Name des Büros: Snøhetta – wie der schneebedeckte Berg Peer Gynts. Bekannt wurde das Büro, das Kjetil Thorsen mit zwei anderen Architekten 1987 gründete, mit dem Bau der Bibliothek von Alexandria. Der ägyptische Staat schrieb 1989 gemeinsam mit der UNESCO einen Wettbewerb aus: 650 Architekten reichten ihre Pläne ein. Snøhetta, bis dahin fast unbekannt, gewann.

Christian Morgenstern

Versuchte Tarnung und funktionale Kunstwerke Dass das Osloer Büro Snøhetta für innovative und zukunftsträchtige Architektur steht, merkte man in Nordeuropa schon vor geraumer Zeit. Gebäude wie das Kunstmuseum von Lillehammer, das Fischereimuseum von Karmøy, die norwegische Botschaft im skandinavischen Botschaftsquartier von Berlin, das Kulturzentrum in Sandvika bei Oslo oder das Petter-Dass-Museum im norwegischen Alstahaug zeugen davon. International bekannt wurde Snøhetta jedoch durch die 2002 eingeweihte Bibliothek von Alexandria. Durch die alte Bibliothek erlangte Alexandria einst Weltruhm und wurde zu einem kulturellen und geistigen Zentrum, woran keine andere Stadt herankam. Die neue Bibliothek von Alexandria ist ein funktionales Kunstwerk. Die Form ist ein gleichermassen simpel wie komplex wirkender Kreis eines Zylinders. Eine einfache, in die Erde gekippte Schale aus Stein und Metall am Mittelmeer, die mannigfache Assoziationen zulässt: wie Sonne, Sphäre, Zeit, Kontinuität und Unendlichkeit. In den architektonischen Olymp aufgenommen wurde das Büro jedoch mit dem 2008 eingeweihten Opernhaus von Oslo. Wenn man den Superlativ bemühen möchte, so kann man getrost das Opernhaus in Oslo als das grösste Kulturprojekt der Nachkriegsgeschichte Norwegens bezeichnen. Das prestigeträchtige Gebäude im Hafen von Oslo ist eine gekonnte Kombination aus

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ARCHITEKTUR Die Osloer Oper – wie ein Eisberg im Meer.

Respekt vor der Natur in Architektur umgesetzt.

weissem italienischen Marmor und Glas. In diesem und in den zwei kommenden Jahren sollen weitere Gebäude von Snøhetta fertig werden: in Oman und in Saudi-Arabien ebenso wie in New York, Ohio und North Carolina.

Die norwegische Ruhe Das Büro Snøhetta ist eine der interessantesten internationalen Neuentdeckungen der letzten Jahre. Das Team um Thorson hat einen eigenwilligen Stil entwickelt, besonders was die Zusammenarbeit mit anderen Disziplinen betrifft. Damit sind nicht nur die Ingenieure und Landschaftsplaner, sondern vor allem Künstler gemeint. So wirkte bei ihrem Grossprojekt der gläsernen Bibliothek in Alexandria Olafur Eliasson, das isländische Enfant terrible der Kunstszene, mit an den Feinheiten der Dachlandschaft. Eliasson ist – wie Snøhetta – eine Art Grenzgänger. Thorson meint: «Vielleicht können wir hier in der norwegischen Ruhe vieles andenken, was anderswo schwierig ist.» Anfangs stand noch der Zusatz «Architektur und Landschaft» im Firmennamen. Architektur sollte es sein, die sich in die Umgebung hineinbohrt, als wäre sie ein ihr entwachsenes Stück Fels. Heute verweist der Firmenname nur noch auf Snøhetta, den schneebedeckten Berggipfel des Dovre-Gebirges. Betrachtet man hingegen die Entwürfe, staunt man, wie Thorsen und sein Team die Bauten in das jeweilige Umfeld einfügen. Sie wollen mit ihm verschmelzen, in ihm untertauchen, unbemerkt davonkommen. Dies gilt vor allem für die Häuser, die in der weiten Natur stehen. Denn dieser kommt in Norwegen fast religiöse Bedeutung zu. Der Versuch der Tarnung kann weit gehen und ist manchmal wörtlich zu verstehen. Das Fischereimuseum auf der Insel Karmøy soll nach und nach «verschwinden». Auf Anweisung der Architekten wird die vierkantige Betonröhre regelmässig mit Sauermilch und anderen Nährstoffen eingerieben: So werden die tiefroten, buschigen Flechten, die in der Gegend wachsen, allmählich die graue Fassade des kleinen Museums überziehen. – So wird Architektur zu einem Spiel mit Zeichen, mit sichtbaren und unsichtbaren.

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ARCHITEKTUR

Ungewöhnliche Formen, der Natur entliehen.

International sind die Aufträge, von einem kleinen Dörfchen in Nordnorwegen bis zum King Abdulaziz Cultural Center in SaudiArabien. Abgesehen davon, dass skandinavisches Design schon immer ein wesentlicher Exportartikel war, ist Snøhetta nun noch skandinavisch oder längst global? Es ist keineswegs paradox, dass die Norweger gleichzeitig wie kaum ein anderes Büro auf Wettbewerb setzen und Risiken eingehen, weil sie global in der ersten Liga der Architekturstars mitmischen möchten. Das eine bedingt das andere. Snøhetta denkt gross, so wie es der norwegische Schriftsteller Henrik Ibsen einst gefordert hat. Das Unternehmen nimmt an 15 bis 20 internationalen Ausschreibungen im Jahr teil. Wettbewerb schafft Ideen, Adrenalin treibt an und Erfolg verleiht Selbstbewusstsein.

Der Snøhetta (Schneehaube)

Skandinavische Tugend

Dovrefjell

Respekt vor der Natur, der Landschaft, dem Meer, der Wüste, Materialgerechtigkeit, Gelassenheit im Umgang mit Leere und Weite, fast schon archaische Einfachheit, Klarheit, konzeptionelle Präzision, lesbare Gegenständlichkeit, intelligenter Umgang mit gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Belangen – Tugenden, die sehr skandinavisch klingen. «Architecture is about adding emotional content to a building, expressions of happiness, of sadness», erläutert Craig Dykers von Snøhetta. Und weiter: «It seems very powerful that an inanimate object will write its own story, beyond the grasp of its creators.» – Welch eine Vorstellung, dass sich da eine Horde eigensinnig-freigeistiger Trolle nicht um die Konventionen der Branche schert, keine pseudo-ideologischen Diskurse über Ästhetik-Theorie verzapft, sondern einfach nur tolle Gebäude entwirft und diese dann auch noch im Detail sauber ausführt!

Das Dovrefjell gilt als eines der unberührtesten Gebiete Norwegens. Der heutige Nationalpark besteht aus zwei Teilen, die durch das tiefe Tal der Driva getrennt werden. Entlang des Tals verläuft die Hauptverkehrsachse zwischen Nord- und Südnorwegen. Früher verlief hier bereits der alte Königsweg, auf dem die norwegischen Könige von Oslo zur Krönung nach Trondheim reisten, und dem auch viele Pilger folgten. Der Snøhetta (Schneehaube) ist ein Berg in Norwegen, der sich im Dovrefjell in der Kommune Dovre der Provinz Oppland befindet. Er ist mit 2’286 Metern der höchste Berg Norwegens ausserhalb Jotunheimens. Jens Esmark bestieg den Berg im Jahr 1798 das erste Mal. Früher wurde der Snøhetta für den höchsten Berg Norwegens gehalten, da er im Gegensatz zu Galdhøpiggen und Glittertind frei steht.

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DESIGN

Zauber

DER ZERBRECHLICHKEIT Mit der Erfindung des Hartporzellans und der darauf folgenden Gr체ndung der Porzellan-Manufaktur Meissen im Jahr 1710 nahm die Geschichte des europ채ischen Porzellans ihren Anfang. Dieses Jahr feiert die Manufaktur Meissen ihr dreihundertj채hriges Bestehen.

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DESIGN

von Katrine Steffen, Fotos: MEISSEN®

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Das Museum der Porzellanmanufaktur Meissen.

eit Anfang des 13. Jahrhunderts wurde Porzellan von den europäischen Fürstenhöfen zu horrenden Preisen aus China importiert. Anfang des 18. Jahrhunderts begann man in Meissen mit den Forschungen, das Herstellungsgeheimnis zu entschlüsseln. Beteiligt waren Johann Friedrich Böttger, Ehrenfried Walther von Tschirnhaus, der Freiberger Bergrat Gottfried Pabst von Ohain und weitere fachkundige Berg- und Hüttenleute. Auftraggeber war August der Starke, Kurfürst von Sachsen und König von Polen. Im Jahr 1701 liess August der Starke, den Apothekergehilfen Johann Friedrich Böttger als vermeintlichen Goldmacher in Gewahrsam nehmen und in seine Residenzstadt Dresden bringen. Zwar konnte Böttger kein Gold zaubern, nach jahrelangem Experimentieren gelang es ihm aber gemeinsam mit den anderen im Boot das «weisse Gold» herzustellen. So gelang 1708 unter der Führung von Böttger erstmals die Herstellung des weissen Porzellans und Europas erstes Porzellan war geboren. Heute wie damals ist dieses erste europäische Porzellan gekennzeichnet durch die weltberühmten «gekreuzten Schwerter» und wird bis heute in Handarbeit gefertigt und bemalt. Das «Unternehmen Alchemisten-Gold» war so die wohl spektakulärste geheime Staatsaktion unter August dem Starken. Sie misslang – und auch wieder nicht. Statt Gold enstand Porzellan und dies erstmals in Serie und nicht in Fernost, sondern an der Elbe. Diese Erfindung liess vor 300 Jahren die Welt auf Sachsen schauen.

Das berühmteste Geschirr Das berühmteste, wertvollste und umfangreichste Porzellangeschirr der Welt ist das Schwanenservice, das vor 250 Jahren Graf Heinrich von Brühl, der wichtigste Minister am Kösächsischen nigshof und Chef der Meis-sener Manufaktur, in Auftrag gab. Aufbewahrt wurde dieses Service 200 Jahre lang auf Schloss Pförten, dem Stammsitz der Familie von Brühl. Anfang 1945 flohen Brühls Erben vor der näher rückenden Roten Armee. Das Schwanenservice mussten sie zurücklassen – es wurde angeblich im Keller eingemauert, doch was wirklich passierte, kann niemand genau sagen. Sicher ist nur, dass von Brühls über 2’000-teiligem Schwanenservice nur 200 bis 300 Teile übrig blieben. Der Wert jedes Einzelteils auf dem Kunstmarkt wird mit über 100’000 Euro beziffert.

Porzellan als Kapitalanlage Es wird als Erbstück geschätzt, stolz auf der Kaffeetafel platziert und sogar als Geldanlage geschätzt: Meissener Porzellan ist eine der ältesten Marken der Welt. In der Porzellan-Manufaktur im nahe Dresden gelegenen Meissen werden seit Jahrhunderten in aufwändiger Handarbeit Tafelservices, Figuren, aber auch Wandreliefs und Schmuck kreiert. Das wohl bekannteste Dekor aus Meissen ist das «Zwiebelmuster». Es wurde bereits 1739 nach chinesischen Vorlagen geschaffen und verdankt seinen Namen kurioserweise einem Irrtum: Denn das Zwiebelmuster stellt keineswegs Zwiebeln dar, sondern Granatäpfel, die sich neben Pfirsichen und Zitronen auf dem asiatischen Vorbild finden und von Zeitgenossen missinterpretiert wurden. Vielleicht auch, weil selbst den Malern der damaligen Zeit die seltenen Früchte unbekannt waren. – Der Beliebtheit des Zwiebelmusters tat dies keinen Abbruch. Im Gegenteil, kein anderes Dekor ist weltweit so oft gefälscht und kopiert worden. Allein der Meissener Katalog umfasst davon heute mehr als 750 verschiedene Artikel.

Über Jahrhunderte und Generationen begeistert der feine weisse Scherben mit den gekreuzten blauen Schwertern Freunde und Liebhaber des Porzellans und trägt künstlerischen Anspruch und Innovationsgeist aus Sachsen in alle Welt. Die Marke Meissen ist ein wahrer Mythos und eine der weltweit führenden Luxusmarken, selbst wenn sie so manchem ein wenig verkitscht vorkommen mag, gilt sie immer noch als Inbegriff eleganter Tischkultur. Vier geübte Pinselstriche, vier feine Linien in Schlammgrau garantieren die Echtheit des Porzellans. Die Glasur und die Hitze des Brands bei 1’400 Grad verwandeln die grauen Linien in

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Handbemaltes MEISSEN® Porzellan mit RussischGrün Dekor.

«DER KLUGE EHEMANN KAUFT SEINER FRAU NUR DAS TEUERSTE PORZELLAN, WEIL ER DANN SICHER SEIN DARF, DASS SIE ES NICHT NACH IHM WIRFT.» Gino Locatelli

leuchtendes Kobaltblau – in die gekreuzten Schwerter der Porzellanmanufaktur. Sie zieren auch die älteste ununterbrochen verwendete Bildmarke der Welt, eines der bekanntesten Markenzeichen: Diese Marke hat bisher alles überlebt – Aristokratie, Bürgertum, Faschismus, zwei Weltkriege und die DDR. Ihren Namen trägt die Manufaktur nach der knapp 30’000 Einwohner zählenden Stadt im Osten Deutschlands, eine halbe Stunde von Sachsens Landeshauptstadt entfernt.

Dresden-Touristen kennen den «Fürstenzug» am Schloss, das aus 25’000 Meissener Porzellanfliesen geschaffene grösste keramische Wandbild der Welt. Es ist fugenlos verlegt und trotz seiner kunstvollen Ausführung extrem witterungsbeständig. An diese Technik knüpft die Manufaktur mit ihren neuen Wandelementen für das luxuriöse Bad und Spa, für Hotels und Geschäftseinrichtungen an. Architektur und Innenarchitektur machen heute schon 60 Prozent des Gesamtgeschäfts aus, Tisch und Tafel nur 40 Prozent. So will man auch die Zielgruppe verjüngen.

Zukunftspläne Die Manufaktur erfindet sich im Jubiläumsjahr neu; doch das mit einem klaren Ja zur Tradition, zu Meissens Tradition der Innovation. Die damaligen Versuche Böttgers, dem chinesischen Geheimnis der Porzellanherstellung auf den Grund zu gehen, brachten zuerst ein schokofarbenes Material hervor, heute nennt man es «Böttgersteinzeug». Ganz nett, aber bestimmt nicht das «weisse Gold», das sich der von der «Maladie de Porcelaine» befallene Kurfürst von Sachsen vorgestellt hatte. Mit Diamanten und Edelsteinen besetzt, liess sich aus den braunen Scherben aber noch nie gesehener Schmuck gestalten, den die Damen am sächsischen Hof «très chic» fanden. Diesen Geschäftsbereich «Schmuck und Accessoires» griff die Manufaktur nun im Jubiläumsjahr auf. Zurück zu vergrabenen Wurzeln führt auch die Verlagerung auf das noch wenig bekannte Meissener Geschäftsfeld Architektur und Inneneinrichtung. Dabei arbeitete die Manufaktur schon unmittelbar nach ihrer Gründung auch als «Objektausstatter» für August den Starken, gestaltete ganze Räume und Fassaden mit Porzellan.

Aber so modern man sich in Meissen auch gibt, was sicherlich bestehen bleibt ist die Handarbeit. Einfach alles an Meissener Porzellan ist Handarbeit. Jeder Porzellanmaler ist spezialisiert auf Blumen, Landschaftsszene und bestimmte Dekors. Fast alle kommen aus Meissen oder der Umgebung. Mit feinen Pinseln aus kanadischem Eichhörnchen widmen sie sich hier der Symbiose von Kunst und Handwerk. Und dieses schätzt man auf der ganzen Welt, obwohl die Geschmäcker doch verschieden sind: Italiener kaufen bevorzugt die Blumendekors, die Mopsfiguren werden in Grossbritannien geliebt und die Polen vergöttern das Schwanenservice.

Die Wiege Sachsens Meissen ist nicht nur für sein Porzellan bekannt, sondern ist auch geprägt von seinem historischem Stadtbild und der Weinlandschaft des Elbtals. Die vielfältige Geschichte der 1’000-jährigen Stadt spiegelt sich insbesondere in der Altstadt wider, die ihre mittelalterliche Grundform erhalten hat und im zweiten Weltkrieg fast unzerstört blieb. Am Markt, auf dem Heinrichsplatz, in den verwinkelten Gassen und auf den Treppen zum Burgberg lässt sich ebensoviel «Besonderes» entdecken, wie in den Weinkellern, Passagen und Höfen. Im Übrigen befindet sich die älteste und noch tätige Zinnwerkstatt Sachsens in Meissen. Neben dem berühmten Meissener Wein aus dem nordöstlichsten Anbaugebiet Deutschlands wird seit alters her auch gern Bier aus der ältesten Privatbrauerei Sachsens getrunken.

Der «Fürstenzug», ein aus 25’000 Meissener Porzellanfliesen geschaffenes keramisches Wandbild.

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ART OF FASHION

Exklusivinterview

LEONA RDO FERRAGAMO Wir trafen Leonardo Ferragamo, den Sohn von Salvatore Ferragamo, im Hafen von St. Tropez auf seiner Swan 90 Segeljacht, zwei Stunden vor dem Start der berühmten Giraglia Segelregatta, dem Giraglia Rolex Cup.

von Valeska Jansen, Fotos: Rolex/Kurt Arrigo

PRESTIGE: Welches Segelerlebnis hat Sie bis jetzt am meisten beeindruckt?

lich sehr spannend für mich. Die Entwicklung dieses Bootes hat eineinhalb Jahre gedauert, mit all den kleinen und grösseren Details und endlich konnte ich alles live erleben.

Leonardo Ferragamo: Na vielleicht kommt es ja diese Woche. (lacht) Oh da gibt es eine Menge. Aber das mit Abstand intensivste war, als ich mein erstes Swan Segelboot abholte. Es war eine Swan 68 und das war 1993. Es war mein erstes Boot, das ich mitentwickelt habe und das war ein Riesenereignis für mich, dieses Boot selber zu überführen.

Wie war denn der Name dieses Bootes? Es hiess Solleone.

Der gleiche Name wie Ihr neuestes Swan 90 Boot?

Sie haben es in Finnland selber abgeholt?

Ja! Alle meine Swans habe ich Solleone getauft.

Ja, ich bin nach Finnland geflogen und habe es von dort runter nach Amsterdam gesegelt. Das ganze Drumherum war wirk-

Wieviele Swans gehören Ihnen denn bis heute?

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ART OF FASHION

noch keine Swan, denn die kannte ich bis dahin gar nicht. Bei dieser Suche landete ich dann auch auf einer Swan 51 und dachte mir, oh mein Gott, das ist wirklich etwas ganz anderes, als alle anderen Segelboote davor. Dieses Boot war so unglaublich, so wunderschön und so viel besser, es hatte einen unvergleichlichen Charme. Und so kam es zu der Überlegung eine Geldanlage zu tätigen und wenn schon, dann eine, wo mein Herz dafür schlägt. Dann habe ich sie gekauft: der Beginn einer grossen Liebe und einer unvergleichlichen Erfahrung. Ich begann dann sofort alle technischen Details des Bootes zu studieren und fragte Segelfachleute darüber aus. Tja und vier Jahre später, 1992, wurde ich auf ein anderes Modell eingeladen und damals verliebte ich mich erneut, aber es war nicht nur das tolle Boot, es spielten auch andere Faktoren eine sehr grosse Rolle. Denn da waren auch die Menschen, die hinter der Marke standen. Die ganze Arbeitskultur in der Bootswerft, dieses starke Traditionsbewusstsein, das war einfach anders, als bei den anderen Marken und das hat mich sehr berührt. Tja und zu diesem Zeitpunkt begann eine andere Lovestory, eine mit der Werft. Was darauf hinauslief, dass ich 1998 gleich die ganze Werft gekauft habe. Es war für mich eine grosse Ehre, Besitzer dieser Legende zu werden.

Und die Swan 90 auf der wir uns gerade befinden, ist das Ihr neustes Swan-Modell? Ja, das ist brandneu.

Dieses Boot ist ultramodern ausgestattet, ganz anders als viele andere. – War das ganze Interieur Ihre Idee? Wissen Sie mein Herz schlägt wirklich für Segelboote und als ich damals die Swan-Werft übernommen habe, hatte ich ganz klare Vorstellungen, wie das perfekte Boot auszusehen hat. Es ging mir nicht darum an der Basis, an den Wurzeln, etwas zu ändern, das war Sache der Bootsbauer. Aber ich dachte über gewinnsteigernde Optimierungen nach und das war eben ein moderneres Interieur. Das war aber auch eine grosse Herausforderung, denn das Äussere und das Innere sollten ja im Gleichgewicht bleiben. Man sollte bei der Überlegung eine Investition gewinnbringend voran zu treiben, nicht anfangen die Basis neu umzukrempeln, aber man hat natürlich die Gelegenheit, Details anders anzugehen. Oh, ich habe und hatte eine Menge Swans, seit damals. Die Swan 51, die Swan 68, die 82, die 90, die 45, die 61 und die Swan 42.

Projekt für Projekt habe ich von erfahrenen Bootsbauern immer mehr dazugelernt und diese neuen Erfahrungen habe ich dann in Balance adaptiert. Das war im technischen Bereich, aber auch in Stilfragen. Auf diese Art und Weise verliert man aber niemals den Ursprung und das bereits bestehende Image. Es ist ein ständiger Prozess und ein ewiges Prüfen. Genauso ist es beim Styling, die Herausforderung besteht nicht darin ein schönes Boot zu designen, oder etwas das als Eyecatcher wirkt, denn wer auch immer so ein Boot kauft, macht eine sehr bedeutende Anlageinvestition. Wenn man so eine Geldanlage gewinnbringend erhalten möchte, ist das wichtigste eine hervorragende Qualität des Objekts zu haben, aber genauso wichtig ist auch ein zeitloses Design. Es darf auch nach vierzig Jahren nicht altmodisch wirken. Alle diese

Wow, das sind aber viele. Ja! Aber sehen Sie, davor war ich auf vielen anderen Segelbooten unterwegs, bevor ich dann 1988 eine Swan gekauft habe und das war der Beginn einer grossen Liebesgeschichte. Damals habe ich gerade überlegt, welches Segelboot ich mir kaufen sollte und das war genau das gleiche Jahr in dem ich geheiratet habe. Tja und damals fragte mich meine Frau, ob ich nicht ein schönes Sommerhaus kaufen könnte, dann habe ich mir verschiedene Segelboote angeschaut (lacht), aber

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ART OF FASHION

Voraussetzungen erfüllt Swan. Auch nach dreissig Jahren üben alle Modelle eine magnetische Faszination aus. So ist es immer im Bereich Design, man muss immer aufpassen, dass das Objekt nicht schon aus der Mode ist, wenn es ausgeliefert werden kann.

Was bedeutet es für Sie und für Swan am Giraglia Rolex Cup anwesend zu sein? Da gibt es zwei wichtige Punkte. Der erste ist der, dass diese Regatta ein Meilenstein in der Regattawelt ist. Es ist eine der grössten Regatten im mediterranen Mittelmeer. Es geht auch um Glamour, um Prestige und die Möglichkeit mitzusegeln. Es gibt keine Langstrecken-Regatta, die so spannend und aufregend ist, wie der Giraglia Rolex Cup. Ich kenne wirklich jede Menge andere Strecken, aber die kann man alle nicht mit dieser vergleichen. Für mich ist es einfach die Regatta mit dem meisten Charme. Der zweite Punkt ist, dass es eine Langstrecken-Regatta ist und ich persönlich habe grosse Erfahrungen im Langstrecken-Regatta-Bereich und die teilnehmenden Boote sind so konzipiert, dass sie auf der ganzen Welt einsetzbar sind. Somit ist das Ziel hier zu gewinnen, ein sehr grosser Anreiz für mich.

ihrer Basis treu bleiben sollen. Ich glaube nicht an eine erfolgreiche Marken-Streuung auf alle Bereiche. Schuster bleib bei deinen Leisten. Das ist genau die gleiche Philosophie die wir schon immer beim Modeimperium Salvatore Ferragamo verfolgen.

Ist das Ihr Erfolgsgeheimnis?

Haben Sie schon oft am Giraglia Rolex Cup teilgenommen?

Ich weiss nicht, ob man das so sagen kann. Es ist einfach eine der Regeln, die man bei jedem Unternehmen befolgen sollte.

Oh ja, ich komme schon seit vielen Jahren hierher.

Ihr perfekter Tag?

Was war denn hier Ihre spannendste Erfahrung?

Oder Nacht? (lacht) Ein perfekter Tag beinhaltet auch die Nacht, er hat ja 24 Stunden. (lacht) Das ist so schwierig zu beantworten. Es gibt so viele verschiedene Faktoren, die da eine Rolle spielen. Aber etwas was ich wirklich liebe, ist es, am Morgen aufzuwachen, zusammen über Projektplänen zu hängen und über neue Projekte nach zu denken – das kann ich am besten ganz früh morgens. Am Abend ist das dann unheimlich befriedigend. Das kann auf der beruflichen Ebene sein, in den Ferien und so weiter.

Das war im letzten Jahr. Ich hatte hier ein fantastisches Rennen, wir lagen in Führung und plötzlich haben wir uns in einem Fischernetz verfangen. Wir mussten runtertauchen und das Netz abschneiden und dadurch fielen wir auf einen sehr schlechten Platz zurück. Doch dann trafen wir ein paar sehr kluge taktische Entscheidungen und übernahmen das ganze Rennen über wieder die Führung. Also ich glaube, wir waren mit grossem Abstand die Ersten und dann blieb plötzlich der Wind weg, über vier bis fünf Stunden. Es hiess, dass es allen anderen Teilnehmern gleich ergangen ist und alle quasi geparkt waren. Doch als wir dann endlich den Zielhafen erreichten, sahen wir mit Schrecken, dass alle anderen schon da waren, das war echt richtig frustrierend. Wir waren uns des Sieges sowas von sicher … (lacht) Ich weiss bis heute nicht, von woher die anderen eingelaufen sind.

Also Sie haben so viele perfekte Tage, dass Sie sich nicht entscheiden können? Das würde ich mir wünschen ... (lacht)

Wie vereinbaren Sie denn Ihr stressiges Berufsleben mit Ihrem Privatleben? Genauso wie immer, ich versuche bei allem eine gute Balance zu haben. Früher war das allerdings ganz anders, da stand meine Arbeit an erster Stelle, doch so etwas rächt sich immer. Ich habe vier Kinder, süsse Jungs und Mädchen, und eines Tages ist mir aufgefallen, dass sie sehr unter meinem Zeitmangel leiden. Ich habe einfach viel zu wenig Zeit mit ihnen verbracht. Als mir das bewusst wurde, habe ich versucht alles wieder gutzumachen und habe mich bemüht, Business und Familie zu vereinen. Gleichzeitig habe ich sie dann auch in alle meine Aktivitäten miteinbezogen, ich wollte alles mit meiner Familie teilen, den Kindern als gutes Vorbild dienen, an ihrer Erziehung teilhaben.

Kann diese Swan 90 auch gewinnen? Das kann ich Ihnen morgen beantworten. (lacht) Nein, dieses Modell ist mehr als Kreuzfahrtschiff konzipiert.

Planen Sie eine Swan-Mode-Kollektion? Wie? Eine Segel-Kollektion? Nein. Da habe ich keine Pläne. Da gibt es schon so viele Firmen rund um die Welt. Nein, das habe ich nun wirklich nicht vor. Ich bin auch der Meinung, dass Marken

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ART OF FASHION

Wie ist es eigentlich, ein Ferragamo zu sein? Mit so einem übermächtigen Vaterbild im Rücken? Erdrückt Sie nicht manchmal die Erwartungshaltung aller an Sie? Oh ja, das begleitet mich bereits mein ganzes Leben lang. Was es bedeutet einen bedeutenden Firmennamen zu haben, einen berühmten Familiennamen, der ja der Gleiche ist, und was es bedeutet einen Vater gehabt zu haben, der das alles erschaffen hat. Er war wirklich ein Genie. Und ehrlich gesagt, empfinde ich das nicht nur als eine Privilegierung, also nicht unbedingt als Vorteil. Deshalb habe ich mit meinen Brüdern und Schwestern zusammen beschlossen, dass es das Wichtigste ist, zusammenzuhalten, für diesen Namen zu arbeiten und ihn zu wahren.

Vielen Dank für Ihre Offenheit und Ihre Zeit!

Modefamilie Ferragamo Die Geschichte der Modefamilie, welche zu den diskreten italienischen Modefamilien zählt, beginnt bereits Anfang des Jahrhunderts, als Salvatore Ferragamo im Alter von neun seiner Schwester ein Paar Festtagsschuhe anfertigen sollte. Bei Neapel geboren, machte er eine Schuhmacherausbildung und mit 16 Jahren ging er nach Los Angeles. Nur ein paar Jahre später fertigte er bereits für ganz Hollywood schöne Schuhe. Doch er weigerte sich, industriell und in grossen Mengen zu produzieren und kehrte 1927 nach Italien zurück, um eine kleine Schuhmanufaktur in Florenz zu eröffnen, welche seit 1995 auch ein Schuhmuseum beherbergt. Ferragamo selbst segnete das Zeitliche bereits 1960, seitdem führen seine sechs Kinder und seine Frau Wanda die Geschäfte. 1947 bekam Ferragamo als erster Schuhmacher den Mode-Oscar «Neimann Marcus Award» – heute hat das Unternehmen eine komplette Modekollektion – angefangen beim Schuh bis zur edlen Kopfbedeckung. Deshalb bekommt mittlerweile das italienische Modelabel auch aus Hollywood Anfragen für komplette Outfits der Stars. Letzter Coup: Nicole Kidman ist im Leinwand-Epos «Australia» komplett in Ferragamo gekleidet. Heute steht Ferragamo für Damen- und Herrenmode; für vier Kollektionen pro Jahr; für Accessoires, Sonnenbrillen, Parfüms und die «Blue Spa Home Collection» mit edler Wäsche und feiner Haushaltsware; für 400 Mitarbeitende in Florenz und mehr als 2’100 weltweit; für 450 Boutiquen zwischen New York und Tokyo und natürlich nach wie vor für Schuhe, auch wenn es Massmodelle seit Salvatores Tod nur noch in Ausnahmefällen gibt: Drew Barrymore trug sie 1998 als Cinderella, Madonna trug sie als Evita Peron auf der Leinwand.

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TECHNOLOGY

SICHER

Sexy UND

Am Genfer Autosalon feierte der Volvo S60 seine Weltpremiere. Jetzt werden die ersten Modelle ausgeliefert. PRESTIGE testete den sportlichen Schweden in Portugal.

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TECHNOLOGY

W

Text und Fotos: Stephan Gubler

ie sexy Sicherheit sein kann, beweist Volvo mit dem neuen S60. Lange ist es her, seit monströse Stossfänger auf die besonderen Sicherheitsbemühungen des schwedischen Autoherstellers hinwiesen. – Der Neue kommt schon fast filigran daher. Die Formgebung erinnert trotz der vier Türen schon fast an ein Coupé. Interessant ist, dass der S60 seine Sporen nicht nur in diversen Crashtests abverdienen musste. Weil das in der PremiumLimousinen-Klasse angesiedelte Fahrzeug durchaus sportliche Gene hat, wurde er bereits in der belgischen Tourenwagenmeisterschaft eingesetzt. Dies belegt auch die Aussage von Volvo, dass die Fahrzeuge der 60er Serie die sportlichsten in der Modelpalette sind und sein werden. – Gegen welche Konkurrenz abseits der Rennstrecken muss sich der S60 bewähren? Da wären einige im hart umkämpften C-Segment. BMW 3er, Mercedes C Klasse, Audi A4 oder Lexus LS heissen die prominentesten Mitstreiter.

ren ja eh ins Museum, seit es Doppelkupplungen gibt. Aber leider gibt es diese schnellste, effizienteste und präziseste Art des Gangwechselns nicht für den T6, sondern nur für den kleinen 2.0 T Vierzylinder. Das ist schade, denn trotz Sportmodus stört die Sechsgangautomatik mit zuviel Bedenkzeit am Kurvenausgang. Auf die grünste Variante müssen die Käufer bis Anfang 2011 warten. Dann folgt mit dem 1.6 Liter DRIVe Diesel der sparsamste (4.3 l/100km) und CO2-freundlichste (115 g/km) S60. Erneut trumpft Volvo mit einem Sicherheitsfeuerwerk erster Güte auf. Die Liste der serienmässigen Safety Features ist beinahe endlos. Neu und wirklich spektakulär ist die Fussgängererkennung. Diese merkt, wenn ein menschliches Objekt vor dem Fahrzeug ist und warnt zuerst akustisch und mit einem Blinklicht im Head-up-Display auf der Windschutzscheibe. Reagiert der Fahrer nicht, leitet das Fahrzeug selbständig eine Vollbremsung ein. Volvo bringt damit ein weiteres System, welches Menschenleben retten kann.

Hat der S60 das Zeug, um mitzuhalten? Einsteigen und herausfinden: Die erste Kontaktaufnahme verläuft durchaus positiv. Der Innenraum wirkt gediegen, aufgeräumt und unverspielt. Skandinavische Extrovertiertheit äussert sich zum Glück dezent. Für fast jeden Geschmack gibt es passende Materialienvarianten.

Fazit: Ein wirklich gelungenes Auto mit sportlichen Genen. Wir freuen uns schon auf die noch sportlichere R-Version. Familienväter- und Mütter warten gespannt auf den V60 Kombi.

Schlüssel drehen und losfahren: Die erste gewählte Motorenvariante ist der Fünfzylinder-Dieselmotor mit 2.4 Liter Hubraum. Auffallend ist der Antritt des 205 PS starken Triebwerks. Dafür sorgen 420 Newtonmeter Drehmoment. Das sind nur 20 weniger als im topmotorisierten Sechszylinder mit 304 Pferdestärken. Dieser steht als nächstes auf dem Testprogramm. Durch die wunderschön grüne Hügellandschaft Sintras schlängelt sich der kupferfarbene T6, dass viel Fahrfreude aufkommt. Dafür mitverantwortlich ist eine ganze Heerschar neuer elektronischer Helferchen. So erkennt der Neigungswinkelsensor, die Advanced Stability Control, die Gefahr eines unkontrollierten Zustandes sehr früh und verhindert Schlimmeres. Neu ist auch die Corner Traction Control. Hier wird in Kurven das innere Antriebsrad abgebremst, während das kurvenäussere Rad mehr Antriebskraft erhält. Auch der Vierradantrieb hilft, dass immer genügend Traktion zur Verfügung steht. Natürlich kommen die Vorzüge gegenüber den frontgetriebenen Brüdern vor allem bei nassen und winterlichen Verhältnissen zur Geltung. Praktisch ist, dass sich der Lenkradwiderstand dem eigenen Gusto anpassen lässt. Wie sieht es mit der Schalterei aus? Ausgerechnet den sportlichsten S60 gibt es nicht mit manuellem Schaltgetriebe. Gut, die gehö-

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Diensten PHENOMENON

STETS ZU

In alten englischen Filmen heissen sie James oder Mortimer. Sind meist etwas steif und humorlos, aber ihrem Arbeitgeber stets loyal zu Diensten. So antiquiert der Beruf des Butlers auch erscheinen mag, es gibt ihn immer noch.

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PHENOMENON

Der Silvesterklassiker: Dinner for One.

S

von Yvonne Beck

ervieren und Gäste empfangen und das am besten schwarz befrackt und weiss behandschuht, zurückhaltend-unsichtbar und doch immer zur Stelle. So stellen sich die meisten den Beruf des Butlers vor. Doch diese Art von Butler ist eher ein Relikt aus alten Zeiten und höchstens noch im Buckingham Palace anzutreffen, dann, wenn Queen Elizabeth ihren Fünf-Uhr-Tee wünscht.

Der Allrounder Doch so ganz ohne Butler geht es nicht. In manchen Hotels sind sie bei Buchung einer Luxussuite im Preis mit inbegriffen und auch manch ein Adliger oder Millionär greift auch heute noch gerne auf einen der Luxusdiener zurück. Gründe, warum Butler im Trend sind, gibt es einige: Reiche wollen so mehr Zeit für Beruf, Familie oder Freizeit haben, oder Butler schlicht als Statussymbol, das man sich auch etwas kosten lässt. Zwischen 6’000 und 8’000 Euro verdient ein Butler im Monat. In Dubai kann es auch schon mal ein bisschen mehr sein. Dafür wird von Butlern auch mehr verlangt; das blosse bedienen der Herrschaften reicht längst nicht mehr aus. Die Butler von heute sind Manager, Dolmetscher, Chauffeur und Bodyguard in einem. Aber sie müssen noch immer schweigen wie ein Grab. – Butler wie Paul Burrell, Lady Dianas Diener, wird für das Ausplaudern von Ereignissen, die in Zusammenhang mit seiner damaligen Dienstherrin gestanden haben, verabscheut und bekommt sicherlich keine neue Stelle in diesem Bereich.

Wo man die Kunst des Dienens lernt Nur ganz selten sind noch die altmodischen Butler von damals gefragt. In arabischen Ländern und in England, bei ihrer Hoheit, bei den Lords und ihren Ladys kommt er noch manchmal vor. Und es gibt sogar eine Ausbildungsstätte für diese Art des

«MAN MUSS PERFEKTIONIST SEIN FÜR DIESEN BERUF.» Dienens. In London befindet sich die weltweit renommierteste Ausbildungsstätte für Butler, besonders der alten Schule: die Ivor Spencer International School for Butler Administrators, Personal Assistants and Agency. Wer dort gelernt hat, der ist in der Tat ein Elitebutler. Ganz im klassischen Stil: Die Zeitung bügeln (damit die Druckerschwärze nicht an den Händen der Herrschaften abfärbt), das silberne Tablett richtig halten und englische Vornehmheit zur Schau tragen. Gute Butlerschulen lassen sich weltweit an knapp zwei Händen abzählen. Unter anderem gibt es die Australian Butler School, das International Institute of Modern Butlers in Florida und die International Butler Academy in Zeist. Die Ausbildung an der Butlerakademie in den Niederlanden dauert acht Wochen. Hier lernt man welche Abstände zwischen Tischkante und Teller, zwischen Teller und Messer und zwischen Messer und Gabel sein müssen – millimetergenau. Auch Arbeit unter Zeitdruck wird trainiert die Anwärter müssen einer Stresssituation gewachsen sein. Bei den praktischen Prüfungen müssen die Studenten Hemden bügeln, Servietten auf zehn verschiedene Arten falten, einen Koffer packen – alles innerhalb weniger Minuten. Aber auch hier weiss man, dass sich das

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PHENOMENON

«MAN MUSS ES LIEBEN, ANDEREN EINE FREUDE ZU MACHEN. DENN MAN IST DA, UM DAS LEBEN EINES ANDEREN SO ANGENEHM WIE MÖGLICH ZU MACHEN. DA MUSS MAN DAS EIGENE ZURÜCKSTECKEN.»

Berufsbild geändert hat. Seit der Gründung im Jahr 2000 wurden in Holland 200 Butler ausgebildet. Jeder fünfte Butlerschüler ist inzwischen weiblich. Denn ein Butler ist heutzutage fast ein Familienmitglied, das sich mit Wein auskennt, die Kleider wäscht und manchmal auf die Kinder aufpasst.

Der Executive Manager

Timothy Moores

Ein Butler übernimmt organisatorische Aufgaben. Er muss Flüge und Hotels seines Arbeitgebers buchen. Er muss dessen E-Mail-, vielleicht auch Xing- oder Facebook-Account betreuen und mit Blackberry oder iPhone den Terminkalender verwalten. Er ist auch ein Executive Manager: Er muss Personal einstellen und entlassen. Zudem ist er zuständig für Reinigung, Logistik und Einkauf. Ein vielseitiger und aufwendiger Job also, bei dem Disziplin, Organisationsvermögen und Fremdsprachenkenntnisse unabdingbar sind. Die wichtigsten Grundvoraussetzungen jedoch sind über die Jahrhunderte gleich geblieben; absolute Verschwiegenheit, Loyalität und Seriosität: «Ich höre nichts, ich sehe nichts, und ich sage nichts.» Doch ohne gute Referenzen hilft auch Diskretion nicht weiter. Erfahrung in hochklassigen Hotels gehört neben perfekten Arbeitszeugnissen und einem einwandfreien Lebenslauf quasi zur Grundbedingung.

Am Anfang war der Mundschenk Die Tradition des Butlers ist sehr alt. Das Wort kommt vom Lateinischen «buticula» und bedeutet im übertragenen Sinn Mundschenk – der Butler war zuständig für die Bottles, die Weinflaschen. Dass noch heute die linke Hand beim Ausschenken stilvoll auf dem Rücken gehalten wird, kommt daher, dass der Trinkende so sicher sein konnte, dass dem Wein kein Gift beigemischt wurde. Lange Zeit war das Butlern ein Vorrecht der Männer, der erste weibliche Butler ist 1735 dokumentiert. Dies, obwohl Ende des 19. Jahrhunderts beispielsweise in der Schweiz gerade mal knapp zehn Prozent des Hauspersonals männlich waren. Bei den Butlern sind es heute noch mehrheitlich Männer.

Ein Butler muss im Schatten stehen können, alles überhören, absolute Diskretion wahren, seine eigenen Ansichten für sich behalten und seiner Herrschaft jeden Wunsch von den Lippen ablesen. Der Beruf des Butlers ist sicherlich nicht für jeden geeignet, denn Menschen, die in einem personennahen Beruf arbeiten, sind nie auf Augenhöhe mit ihren Arbeitgebern. Beim Butler kommt hinzu, dass er einen tiefen Einblick in die persönlichen Angelegenheiten des Hauses gewinnt, gleichzeitig aber zu Diskretion und Loyalität verpflichtet ist. Er ist der gute Geist des Hauses – und er ist der Aristokrat unter den Dienstboten. Als solcher delegiert und kontrolliert er das weitere Personal. Viele Butler leben in einer faszinierenden Umgebung. Dass diese Umgebung ihnen nicht gehört, dass man zu ihr immer eine «Armlänge Abstand» wahren muss, kann auch schon mal zu Schwierigkeiten führen. Nicht alle Menschen können damit umgehen, den Luxus nur zu pflegen, aber nie zu besitzen. Diese sind als Butler nicht geeignet. Der Verzicht auf Eigenes besteht auch darin, dass Butler immer auf Abruf bereitstehen, insbesondere, wenn sie auf dem Anwesen selbst wohnen. Privatbesuche sind nicht gestattet, ebenso wenig wie Alkohol oder lockere Kleidung. Interessiert sich der Herr für Golf, dann liest der Butler in der Freizeit Golfbücher. Es bleibt kaum Zeit für die Welt ausserhalb des Hauses. Das wichtigste ist jedoch: Ein Butler muss es im Blut haben, zu dienen. Und diese Eigenschaft ist sicherlich nicht jedem zu Eigen.

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YESTERDAY

Reich wie ROCKEFELLER «GELD IST GEFRORENE LEBENSZEIT.» John D. Rockefeller

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YESTERDAY

Rockefeller wurde durch Ölgeschäfte zum reichsten Mann der Welt.

John D. Rockefeller galt als der reichste Mann aller Zeiten. Sein Vermögen betrug 1913 rund 900 Millionen Dollar, was heute etwa einem Wert von 300 Milliarden Dollar entsprechen würde. Daher gilt der Name Rockefeller seither als Synonym für den unvorstellbaren Reichtum eines Einzelnen. von Yvonne Beck

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ohn Davison Rockefeller wurde am 8. Juli 1839 in Richford, New York, als Sohn einer armen Arbeiterfamilie geboren. Die Rockefellers waren deutsche Einwanderer in Amerika. Nichts deutete auf den späteren, märchenhaften Reichtum hin und doch ist das bekannte Sprichwort «vom Tellerwäscher zum Millionär» Rockefeller förmlich auf den Leib geschrieben. Bereits in der Schule galt John als Einzelgänger und bekam früh die Klassenunterschiede zwischen Arm und Reich zu spüren. Schon während der Schulzeit arbeitete er für ein kleines bisschen Taschengeld als Tellerwäscher und Page. Seinen Lohn verwahrte er sorgsam und deponierte ihn in einem Versteck. Dabei führte er über jeden Penny Buch, nicht weil es notwendig war, sondern weil es ihm einfach Spass machte.

«ERFOLGREICH IST DER MANN, DEM ES GELINGT, MEHR ZU VERDIENEN, ALS SEINE FRAU AUSGEBEN KANN. UND EINE ERFOLGREICHE FRAU IST GENAU DIEJENIGE, DER ES GELINGT, EINEN SOLCHEN MANN ZU FINDEN.»

Reichtum dank Öl Als 16-jähriger bekam er eine Stelle als Lehrling bei der Speditionsfirma Hewitt & Tuttle, schon bald wurde er als Buchhalter beschäftigt. Am 1. April 1858 nahm Rockefeller ein Angebot des jungen Engländers Maurice B. Clark an und wurde nun mit Clark und George W. Gardner Teilhaber eines Makler- und Agenturgeschäfts in Cleveland (Ohio). Im selben Jahr begann das grosse Ölgeschäft in den Vereinigten Staaten; und Rockefeller wurde in dieser Branche aktiv. Er fand einen guten Techniker, der die Weiterverarbeitung des Rohöls für Rockefeller derart verbesserte, dass es fast restlos verwertet wurde. Er fertigte in seinem neuen Betrieb seine eigenen Fässer an und war sein eigener Spediteur und Fuhrmann; dadurch war er den meisten seiner Konkurrenten überlegen.

John D. Rockefeller

Am 10. Januar 1870 gründete John Davison Rockefeller mit seinem Bruder William Rockefeller und drei weiteren Geschäftspartnern die Standard Oil Company. Zwei Jahre später schlossen sich mehrere Unternehmen der Ölbranche aus der Region unter Rockefellers Führung zu einem Trust zusammen. Sein Ziel war es, durch Absprachen bei den Eisenbahnlinien in Cleveland günstige Frachttarife für Rohöl aus Pennsylvania zu bekommen. Wenige Monate später kamen diese Absprachen an die Öffentlichkeit, worauf Rockefeller politisch, juristisch und von anderen Unternehmen angegriffen wurde und einen Teil seiner Betriebe stilllegen musste. Dennoch kaufte Rockefeller in den folgenden Jahren immer mehr Unternehmen und Anlagen der Ölindustrie auf, wobei sein Unternehmen ein Netz von Tochterfirmen anlegte, um gesetzliche Beschränkungen von Firmenbesitz in anderen Theodore Roosevelt zerschlug das Ölkartell der Rockefellers.

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YESTERDAY Noch immer beeindruckend, das Rockefellercenter in New York City.

«LIEBER EINE STUNDE ÜBER GELD NACHDENKEN, ALS EINE STUNDE FÜR GELD ARBEITEN ...» John D. Rockefeller

Bundesstaaten zu umgehen. Die Anti-Trust-Gesetze, die mehrere Politiker in den Bundesstaaten auf den Weg brachten und die 1890 auch vom Kongress erlassen wurden, waren in erster Linie gegen Rockefellers Wirtschaftsaktivitäten gerichtet. In einem mehr als 20 Jahre dauernden juristischen Schlagabtausch konnte Standard Oil die Zerschlagung zunächst abwenden.

Zerschlagung des Ölkartells Standard Oil setzte alles daran, um den amerikanischen und den Weltmarkt für Ölprodukte zu dominieren. Der gewaltige Spritbedarf der aufkommenden Motorisierung und Industrialisierung spülte so Unmengen an Geld in die Kassen. Zeitweise hatte Standard Oil die einzige Raffinerie, die in der Lage war, reinstes Benzin sowie Heizöl und Petroleum herzustellen und raffinierte über 90 Prozent der amerikanischen Ölförderung – ein hart erkämpftes Monopol. Heute, wie damals ist die fusionsfreudige Ölbranche den Wettbewerbshütern ein Dorn im Auge. Der Multimillionär Rockefeller, der sich mit dem gleichnamigen Art-Déco-Wolkenkratzer in Manhattan ein Denkmal setzte, brachte um die Jahrhundertwende insgesamt 65 Ölgesellschaften unter das Dach von Standard Oil. Am Ende siegten jedoch die Trustbuster: Der Konzern wurde 1911 in acht Regionalgesellschaften zerlegt. Noch heute gilt das Standard-Oil-Verfahren deshalb als Präzedenzfall, der immer wieder zitiert wird – egal ob eine Telefongesellschaft zerteilt wird oder ob mit Microsoft ein Computerunternehmen unter Monopolverdacht steht. Vor 88 Jahren hatte Präsident Theodore Roosevelt das AntiTrust-Verfahren gegen Standard Oil gar zur Chefsache gemacht.

Nicht geliebt, aber unvorstellbar reich In einem Buch «Erinnerungen eines Weltbankiers» schreibt Enkel David Rockefeller rückblickend über den grossväterlichen Ölmagnaten: «Standard Oil machte Grossvater reich, möglicherweise zum reichsten Mann der USA. Er war aber auch den grössten Teil seines Lebens einer der verhasstesten Menschen.» Denn Rockefeller wurden rüde Unternehmenspraktiken vorgeworfen sowie kriminelle Verstrickungen. Die Medien schilderten ihn als rücksichtslosen Geschäftsmann, der Gegner aus dem Weg räumte oder räumen liess. Einer also, der über Leichen geht. Zudem sagte man ihm Kursmanipulation von Aktien sowie Bestechungen von Richtern und Politikern nach. Um seinen äusserst schlechten Ruf zu verbessern, gründete John D. Rockefeller I. schliesslich eine Anzahl von Stiftungen, die heute noch zu den grössten Wohltätigkeitsagenturen der USA zählen und die den Rockefeller-Clan heute als Philanthropenfamilie erscheinen lassen. John D. Rockefeller selbst gründete zu Lebzeiten die University of Chicago, mit der die Familie auch heute noch eng verbunden ist. Ausserdem ist Rockefeller auch Begründer des Rockefeller Institute for Medical Research, der Ro-

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YESTERDAY

ckefeller Foundation und schliesslich des Rockefeller Museums für Archäologie in Jerusalem. – Angeblich stiftete Rockefeller immer ein Zehntel seines Einkommens. Zusammen mit den Gaben seines Sohnes John D. Rockefeller II. betrugen die gestifteten Summen über eine Milliarde Dollar. Noch heute fliessen jährlich Millionenbeträge der Rockefellers in Kunst, Bildung, Erziehung, Umweltprojekte und die Erforschung und Therapie von Krankheiten sowie die Entwicklung von ertragreichen Pflanzen – um der Menschheit Gesundheit und Nahrung zu sichern.

«KLEINLICHE GEBÄUDE BEHERBERGEN KLEINLICHE GEDANKEN» John D. Rockefeller

Rockefeller besass ausser seinem Ölimperium Eisenminen am Oberen See und grosse Erztransportschiffe. Diese verkaufte er später aber an U.S. Steel. Er selbst zog sich 1897 aus dem aktiven Geschäftsleben zurück, behielt jedoch seinen Titel als Präsident seiner Unternehmen bis 1911. John Davison Rockefeller starb am 23. Mai 1937 im Alter von 97 Jahren auf seinem Anwesen in Ormond, Florida. Seine letzte Ruhestätte fand der reichste Mann der Welt schliesslich auf dem Lake View Cemetery in Cleveland, Ohio. Der damals als Grabmal errichtete Obelisk aus Vermont Marble (Marmor) war seinerzeit der grösste aus nur einem Stück gehauene Stein weltweit. Der Name Rockefeller lebt weiter als Symbol für schier unvorstellbaren Reichtum.

«ICH ARBEITE NACH DEM PRINZIP, DASS MAN NIEMALS ETWAS SELBST TUN SOLL, WAS JEMAND ANDERES FÜR EINEN ERLEDIGEN KANN.» John D. Rockefeller

Die Rothschild-Familie John D. Rockefeller, eine der legendärsten Gestalten der amerikanischen Wirtschaft, stieg Anfang des 19. Jahrhunderts zum reichsten Amerikaner auf und sein Name entwickelte sich weltweit zu einem Synonym für Reichtum, ähnlich wie in Europa der Name Rothschild. Die Rothschilds waren im 19. und 20. Jahrhundert eine Bankiersfamilie jüdischer Herkunft, deren Stammhaus M. A. Rothschild & Söhne in Frankfurt war. Sie zählten im 19. Jahrhundert zu den einflussreichsten Bankiers und wichtigsten Finanziers der europäischen Staaten. Noch heute ist das Bankhaus durch seine Nachfolgeinstitute eine international bedeutende, hauptsächlich im Investmentbanking tätige Bank. Während der meisten Jahre des Jahrhunderts zwischen 1815 und 1914 war die Familie Rothschild im Besitz der weltgrössten Bank.

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INDIEN

Das Land der Farben und Tempel

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DREAMLANDS

Paradiesische Sandstrände, abenteuerliche Trekkingtouren, prächtige Paläste, quirlige Metropolen, beeindruckende Landschaften, duftende Gewürzbasare, entspannende Ayurvedakuren und vor allem sehr viele bunte Farben ...

«SOWEIT ICH DAS BEURTEILEN KANN, WURDE NICHTS UNTERLASSEN – WEDER VOM MENSCHEN NOCH VON DER NATUR – UM INDIEN ZUM AUSSERGEWOEHNLICHSTEN LAND UNTER DER SONNE ZU MACHEN. NICHTS SCHEINT VERGESSEN UND NICHTS ÜBERSEHEN WORDEN ZU SEIN.

D

Mark Twain

von Yvonne Beck

er Subkontinent ist so vielfältig wie kaum ein anderes Land der Erde. Zugleich ist es aber auch ein Land der Gegensätze. Während viele Europäer Indien heute noch spontan mit Armut, dritter Welt und Mutter Teresa assoziieren, entwickelt sich das Land nach und nach zu einem der wichtigsten Handelsstaaten der Welt. Trotzdem muss man, wer das erste Mal Indien bereist, sich auf einiges gefasst machen, denn dieses Land überwältigt mit seinen Tausenden von neuen Eindrücken, Geräuschen und Gerüchen. Knatternde Autorikschas, hupende bunte LKW's, überfüllte Busse und mittendrin immer wieder Kühe – und das mitten auf der Strasse.

Zwischen Moderne und jahrhundertealten Tempeln Indiens Hauptstadt Delhi ist Dreh- und Angelpunkt des Landes, eine dynamische internationale Metropole, die Menschen rund um den Globus anzieht. Als erste Anlaufstelle für Indienanfänger ist Delhi eine gute Wahl. Hotels aller Preisklassen sind auf ausländische Touristen eingestellt. Für ein paar Tage Eingewöhnung auf dem Subkontinent gibt es jede Menge zu sehen und zu tun. Zudem kann man sich hier mit Souvenirs aus praktisch ganz Indien eindecken. Die riesige Stadt ist Heimat von mehr als 13 Millionen Menschen und wächst unaufhaltsam weiter. Aber hinter Delhis modernem Gesicht verbergen sich uralte Grabstätten, Tempel und Ruinen; an mancher Stelle liegen gar Überreste ganzer Städte aus längst vergangenen Zeiten neben Wohnhäusern und Autobahnen, die erst zehn oder zwanzig Jahre alt sind. Das Ergebnis ist eine Stadt voller faszinierender Ecken, mit deren Erkundung sich leicht Monate zubringen lassen.

Buntes Strassenleben und imposante Bauwerke Heute besteht Delhi aus zwei Teilen: Old und New Delhi. Old Delhi wurde im 17. Jahrhundert erbaut und ist heute das turbulenteste Viertel der Stadt. Gleichzeitig ist es auch das am stärksten islamisch geprägte Gebiet – ein sichtbares Zeichen dafür, dass die Stadt über 700 Jahre lang eine moslemische, von Sultanen regierte, Stadt war. Viele Gebäude und Basare haben eine Geschichte zu erzählen, die grossartigsten Monumente sind jedoch zweifellos die Bauten der Moguln, allen voran das Rote Fort und die Jama Masjid, Indiens grösste und eindrucksvollste Moschee. Sie wurde 1644 bis 1658 aus rotem Sandstein und weissem Marmor erbaut und gilt als grösste und schönste Moschee Indiens. Sie hat eine Länge von 65 Metern, ist 26 Meter breit und wird von zwei 40 Meter hohen Minaretten umrahmt.

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DREAMLANDS

Indien ist die Heimat der 1000 Götter.

Taxifahren auf indische Art.

Wäsche waschen im Fluss.

Die beeindruckende Festung Red Fort in New Dehli.

Das Land der Paläste

Besucher dürfen die Moschee nur ohne Schuhe betreten. Im Inneren erweckt ein schöner Marmorbrunnen Aufmerksamkeit und an drei Seiten verläuft ein Arkadengang aus Sandstein. Südlich davon befindet sich New Delhi mit dem modernen Stadtzentrum: Es wurde von den Briten als Hauptstadt der wichtigsten Besitzung des Empires erbaut. An den breiten, baumgesäumten Boulevards von New Delhi liegen die meisten Museen der Stadt und um den zentralen Connaught Place findet sich die beste Einkaufsgegend. Der dauernd wachsende wohlhabende Mittelstand sorgt für immer mehr Geschäfte, Clubs, Bars und Restaurants.

Wer ein ganz anderes Indien kennenlernen möchte, der sollte den Nordwesten bereisen. Hier liegt Rajasthan. Übersetzt bedeutet das «Land der Könige» und wer den indischen Wüstenstaat erkundet, wird schnell eines merken: Nicht überall liegt Sand, Rajasthan kann auch sehr grün sein. Besonders hier prunkt Indien in tausend leuchtenden Farben und mit vielen prächtigen Palästen. Viele Besucher zieht es nach der Ankunft in die Mogulstadt Agra im Bundesstaat Uttar Pradesh, einen der Eckpunkte des «Goldenen Dreiecks» Delhi-Agra-Jaipur. Das Taj Mahal, ein marmorweisses muslimisches Monument Shah Jahans für seine jung verstorbene Gattin Mumtaz Mahal, wurde zum Wahrzeichen Indiens. Rajasthan lockt von Alwar bis Jaipur, von Udaipur bis Jodhpur, von Bikaner bis in das ShekhawatiLand der «gemalten Städte» mit Basaren, Tempelstätten und Palästen. Und fast alles hier ist eine Spur grösser, gewaltiger, schöner und atemberaubender als anderswo. Gerade wie aus tausendundeiner Nacht.

Als eine der wohl interessantesten Sehenswürdigkeiten in New Delhi gilt das Red Fort (Lal Qila). Die zwischen 1639 und 1648 unter Shah Jahan errichtete Festung hat beeindruckende Masse. Fast 2.5 Kilometer ziehen sich die gewaltigen Aussenmauern um zahlreiche Pavillons, Paläste, Moscheen und Gärten. Der Haupteingang des, aus rotem Sandstein errichteten Forts, führt durch das Lahore Gate, dem früheren königlichen Markt. Hierdurch erreicht man einen achteckigen Arkadengang in dessen Zentrum sich eine ebenfalls achteckige Halle befindet. Über die Stufen der Halle gelangt man in die ehemaligen Palasträume. Zwischen dem Red Fort und der Fatipuri Moschee erstreckt sich Chandni Chowk, die historische Hauptstrasse des alten Delhi. Hier befinden sich der Silbermarkt, kleinere Schmieden und allerlei Kunsthandwerksbetriebe. Dies ist der geeignete Ort, um das bunte indische Strassenleben kennenzulernen.

Es ist ein Landstrich voller Kultur, Kunst und den sorgsam restaurierten Zeugnissen einer goldenen Vergangenheit. Rajasthan besitzt eine Gesamtfläche von circa 343’000 Quadratkilometern, von denen allein die Wüste Thar mit seinen faszinierenden Wanderdünen 196’000 Quadratkilometer einnimmt. Das rauhe und trockene Klima hat die Bewohner dieser Region zu einer halbnomadischen Lebensweise gezwungen. Der Mangel an Vegetation

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DREAMLANDS

«WENN ES EINEN ORT GIBT, WO ALLE TRÄUME SEIT DEN ERSTEN TAGEN, DA DER MENSCH ZU TRÄUMEN BEGANN, EINE HEIMAT GEFUNDEN HABEN, DANN IST ES INDIEN.» Romain Rolland

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RUBRIKEN

EIN SEKT IST IMMER SO GUT WIE SEIN WEIN.

FÜRSTLICH GENIESSEN FÜRST VON METTERNICH GIBT ES ALS RIESLING SEKT IN DEN CUVÉES TROCKEN, EXTRA TROCKEN, BRUT JAHRGANG UND ALS ROSÉ SEKT TROCKEN. 154 WWW.FUERST-VON-METTERNICH.COM


DREAMLANDS

Die prächtigen Paläste Rajasthans erinnern an 1001-Nacht.

wird aber durch den Reichtum an Mineralien kompensiert. So finden sich vielerorts Granitbrüche und Silber, Zink und bleiführende Erzadern. Auf der anderen Seite der Berge breitet sich eine Naturlandschaft aus, die kontrastreicher nicht sein könnte: Landstriche voller dichter Wälder, grüner Täler und fruchtbarer Felder. Hier finden sich auch die blauen Seen mit den Palast-Inseln und ihren blühenden Gärten, in denen ständig Pfauen um Pavillons und Lusthäuschen marschieren.

Indiens Farbenpracht Rajasthans extravagante Paläste, mächtige Festungen und kunstfertig verzierte Tempel bilden eine der grössten Ansammlungen architektonischer Denkmäler in Indien. Die exotischen Bauwerke sind bei weitem nicht das einzige Erbe aus der wehrhaften Geschichte der Region. In erster Linie sind es das erhaltene Traditionsbewusstsein und der Stolz auf die Vergangenheit, die Rajasthan zu einem verlockenden Reiseziel für Besucher machen.

stadt des Bundesstaates, trägt wegen der rötlichen Farbe ihrer reich verzierten Fassade und den Palästen den schmückenden Beinamen «Rosarote Stadt». Johpur, die «Blaue Stadt», konzentriert sich um Indiens imposanteste Bergfestung, die auf eine labyrinthartige Altstadt mit zahllosen himmelblau gestrichenen kubischen Häusern hinabblickt. Weiter im Westen erreicht man inmitten der faszinierenden Wüste die «Goldene Stadt» Jaisalmer mit Mauern aus Sandstein. Das weiter südlich gelegene Udaipur trägt offiziell noch keinen farblichen Stempel, doch oft ist von der «Weissen Stadt» die Rede, da die Paläste und Havelis weiss getüncht sind. – Und so ist Indien schon allein seiner Farben wegen immer wieder eine Reise wert!

Prachtvoll gezwirbelte Schnurrbärte, schwere silberne Schuhspangen, mächtige rote, gelbe oder orangefarbende Turbane, plissierte Schleier und Saris mit Spiegelintarsien mögen Zeichen für die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Kaste sein, doch für die meisten Aussenstehenden sind sie einfach der Inbegriff indischer Exotik. Nach Farben unterscheiden sich auch Rajasthans bedeutende Städte. Jaipur, die etwas chaotisch wirkende Haupt-

Unterwegs zu den Göttern Für die meisten Inder ist die Anwesenheit des Göttlichen im Alltag eine unbestrittene Tatsache. Laut Schätzungen besitzt das Land fast 2’000 wichtige Tempel und andere Orte von spiritueller Bedeutung. Die indische Tradition der Wallfahrt geht quer durch alle Schichten der Gesellschaft, von wandernden Hindu Sadhus und Jain Mönchen, die ihr Leben lang und barfuss von Heiligtum zu Heiligtum ziehen, bis zu modernen Pilgern, die in gecharterten Bussen von einem Tempel zum nächsten fahren und ihre Tour mit Sightseeing und Shopping verbinden. Hindus bezeichnen heilige Stätten mit dem Sanskrit-Wort «tirtha». Dieses bezeichnet den spirituellen Übergangspunkt, an dem sich Erde und Himmel berühren, die Götter auf die Erde herabsteigen und Menschen sich aus dem Samsara lösen und zu Göttern aufsteigen können. Den Akt der Walfahrt nennen sie «tirtha-yatra», das heisst «thirtha» besuchen, um das Göttliche zu finden und so religiöse Verdienste zu erlangen.

Motorrikschas Diese kleinen, knatternden Fahrzeuge sind wohl das effizienteste Transportmittel in den Städten Indiens, obwohl die Fahrer äusserst chaotisch sind. Einige «Autowallahs» bieten an, ein Taxameter einzustellen, aber normalerweise vereinbart man den Fahrpreis, bevor man einsteigt, und hält am besten passendes Kleingeld bereit. Der Fahrpreis für Touristen hängt stark vom Verhandlungsgeschick des Kunden und der Laune des Fahrers ab.

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BEAUTY

H erbst/Winter 2010

© M.A.C – Karl Lagerfeld

NEW LOOK

Diesen Winter wird ein neuer Nude Look zelebriert. Natur pur? Von wegen! Ohne Concealer, Make-up, Rouge, Mascara, Highlighter und Lippenstift geht hier gar nichts. Das bisher natürlich frisch wirkende Gesicht wird nun modelliert und mit glänzenden Highlightern in Szene gesetzt. Wir zeigen Ihnen Produkte, mit denen Sie diese Saison voll im «Nude-Trend» liegen.

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BEAUTY

von Valeska Jansen

EXKLUSIVINTERVIEW MIT GORDON ESPINET, VICE PRESIDENT M.A.C M.A.C - Studio Fix Fluid SPF15

Wir trafen Gordon Espinet, einen der berühmtesten Visagisten der Welt, in Paris zur Fashion Week Herbst/Winter 2010, backstage der Kenzo Jungle Fashion Show.

Kanebo Sensai-Sensai Foundations Triple Touch Compact

NARS-Douceur Blush

PRESTIGE: Was gibt es über die kommende Herbst/Winter-Saison in Sachen New Look zu sagen?

M.A.C - Powder Blush Sheertone Pinch Me

Origins-Multi-Grain Bronzer

Gordon Espinet: Also der wichtigste Punkt ist für 2010 die Natürlichkeit des Make-ups. Es soll alles aussehen wie ungeschminkt, es ist aber alles geschminkt. Die Augen, der Teint, die Wangen, die Lippen und die Augenbrauen.

Die Lippen?

Also schon wieder Nude Look?

Rote Lippen! Das ist das, was ich immer jeder Frau predige: Finde den richtigen roten Lippenstift! Egal ob ein leichtes Rot, ein Kirschrot, ein Aubergine-Rot, finde das perfekte Rot für Dich! Das ist das wichtigste Make-up-Accessoire für diese Saison. Und wenn Sie sich hier umschauen, sehen Sie überall rote Lippen.

Ja aber viel detaillierter. Dieses Mal wird wirklich jede Kleinigkeit durch Make-up herausgearbeitet. Viele neutrale Farbtöne Shiseido-Luminizing Satin für alle möglichen SchattieEye Color Trio GY901 rungen, aber auch Farbtöne Giorgio Armani Quads Palette wie Honig oder Karamell. Im Gegensatz dazu gibt es aber auch das andere Extrem. Der soYves Saint Laurent-Touche Eclat genannte StuCollector N°1 rose lumiére dio 56 Look ist sehr extrem und farbig: Die klassische Halston-Frau oder auch inspiriert durch Andy Warhol, stark betonte glamouröse und glitzernde Augen. Eigentlich kommt im Moment vieles aus dem Stil der zwanziger Jahre, so wie Smokey Eyes, gemixt mit grafischen Elementen aus den fünfziger Jahren. Da geht es dann vor allem um Eyeliner und um die Wimpern. Es steht immer eine Geschichte hinter jedem Look, es geht nicht einfach nur darum, eine Frau schön aussehen zu lassen.

Der Teint?

Auch auf der Stirn Highlighter?

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Nicht gerade auf der Stirn, aber direkt über den Augenbrauen. Die T-Zone soll matt bleiben.

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Bobb

nur det. men. Estée Lauder-Blue Dahlia Surreal Violet Nail Lacquer

Vielen Dank für das Interview!

Babor Nail Colour 15

Oh ja, das hätte ich beinahe vergessen zu sagen, diese Saison gibt es wieder viel mehr Rouge auf den Wangen, als in den Jahren zuvor. Da geht es aber mehr darum das Gesicht zu modellieren und zu schattieren. Deshalb werden auch neutrale Farbtöne oder Bronzer verwenOder auch nur ein Highlight, oder beides zusam-

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Ich sehe hier jede Menge Rouge auf den Wangen?

Revlon-Colorburst Lipstick Plum

Helena Rubinstein-Wanted Rouge

Dior-Rouge Dior Rouge Hypnotic 862

Clarins-Rouge Prodige

Aveda-Nourish-Mint Smoothing Lip Color

M.A.C - Matte Russian Red

Clinique-High Lengths Mascara

Die Haut ist viel matter, als die Jahre zuvor, aber gleichzeitig wird mit jeder Menge Highlighter gearbeitet. Also es geht dabei nicht um eine glänzende oder schimmernde Haut, es handelt sich hier nur um einen Highlighter im oberen Bereich der Wangen, an der Nasenwurzel, am Kinn, es geht darum, nicht ein wie frisch gewaschen wirkendes Gesicht zu haben, so wie bei den Nude Looks zuvor.


Seele

HEALTH & SPORT

EINFACH MAL DIE

BAUMELN LASSEN

Zeitstress ist das neue Korsett der Moderne. Erfolg im Beruf, Familie und soziale Kontakte pflegen – die Liste der Lebens-To-Do’s ist lang. Alles wird immer mehr, immer schneller und dabei möglichst auch immer besser. Zeit ist zu einem Luxusgut geworden. Doch ab und an sollte man einfach einmal abschalten und alles hinter sich lassen.

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HEALTH & SPORT

«DIE ZEIT IST EIN ZU KOSTBARES GUT, UM VERSCHWENDERISCH DAMIT UMZUGEHEN!»

ein Ehrenamt ausüben: Der Mensch instrumentalisiert sich auf der Suche nach der perfekten Lebensinszenierung selbst. Dabei brauchen die Menschen Zeit, um den Alltag hinter sich zu lassen und einfach einmal abzutauchen.

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Alternativen dafür gibt es viele, der Wellnessmarkt reagiert seit langem auf die dringendst benötigten Auszeiten. Besonders beliebt sind seit einiger Zeit orientalische Wellnessanwendungen wie zum Beispiel das Rasulbad. Das orientalische Dampfbad gibt es mit verschiedenen Pflegeanwendungen. Die Behandlung beginnt in einem kleinen Baderaum mit dem Auftragen ägyptischer Heilerde. Das Dampfbad wird auf 40 Grad Celsius erwärmt, so dass der Schlamm seine Wirkung auf der Haut entfalten kann. Nach der Zeremonie wird der Körper vom Schlamm gereinigt und es folgt ein Kleopatra-Bad mit Milch und Bienenhonig. Anschliessend wird der Körper mit Lavendel- oder Mandelöl eingerieben. Das Rasulbad wirkt entspannend, entschlackend, stimuliert den Stoffwechsel, leitet Schlacken aus und festigt das Bindegewebe. Die Orientalische Wellness wirkt mit exotischen Wohlgerüchen, sanften Klängen und warmen Farben besonders entspannend auf Körper und Geist.

von Yvonne Beck

ontags bis freitags um 17:00 Uhr Feierabend, dann zwei Tage Wochenende – die Füsse hochlegen, entspannen, erholen. Das Leben könnte so schön sein. Doch die Realität sieht anders aus: Immer mehr Menschen klagen über Zeitnot. Das Leben ist vom Tempovirus befallen. Meeting, Sitzung, Überstunden – bereits auf der Arbeit klagen viele über Termin- und Leistungsdruck und auch zu Hause dreht sich das Rad selten langsamer, denn das Doppelverdienermodell ist von der Kür zur Pflicht geworden. Die Bündelung der neuen Anforderungen ist ein unglaublicher Kraftakt, der nicht selten auch zu Lasten der Gesundheit geht.

Entspannung durch Wellness Zeit ist ein kostbares Gut. Und gefühlt haben wir immer zu wenig davon. Die Tage und Wochen verstreichen, der Terminkalender bleibt prall gefüllt. Nach den Pflichten der Arbeit und den Anforderungen von Familie und Haushalt wird auch die Freizeit zum Produktivitätsprogramm. Möglichst viel verreisen, Sport treiben, Kultur erleben, soziale Kontakte pflegen,

Tiefenentspannung im Tank Ein weiterer Wellnesstrend ist das Floating. In den letzten Jahren hat diese Form der Tiefenentspannung immer mehr Zuspruch gefunden. Beim Floating schwimmt man in einem speziellen Tank, der mit konzentriertem Salzwasser gefüllt ist. Ähnlich wie im Toten Meer schwebt man auf der Wasseroberfläche. Der Floatingtank schottet alle akustischen und visuellen Aussenreize ab, so dass man das Gefühl bekommt, in der Schwerelosigkeit zu schweben. Dies führt zu einer einzigartigen Tiefenentspannung, die man mit einer leichten Trance vergleichen kann. Die Entspannungswirkung im Floatingtank ist noch tiefer als beim autogenen Training. Floating hat nicht nur eine mental entspannende Wirkung, sondern wirkt auch relaxend auf die Muskulatur und die Atmung, baut Stress ab und wirkt positiv bei depressiven Zuständen. Ein relativ neue Anwendung ist die LaStone-Massage. Sie ist eine Weiterentwicklung der sogenannten HotStone-Massage. Bei der LaStone-Massage werden erhitzte Basaltsteine und gekühlte Marmorkugeln eingesetzt. Zunächst wird der Körper mit ätherischen Ölen sanft massiert und auf die LaStone-Behandlung vorbereitet. Der Therapeut streicht mit den warmen Steinen über den Körper, löst Blockaden und stimuliert die Energiepunkte des Körpers. Die kalten Steine werden auf bestimmte Stellen des Körpers gelegt, lindern Schmerzen und verstärken die wohltuende Kraft der Massage.

Reiki: Entspannung durch Handauflegen Der Begriff «Rei» bedeutet «universell» und «Ki» bezeichnet die Lebensenergie oder Vitalkraft. Kurieren durch Handauflegen hat auch in unserer Kultur eine lange Tradition. Ist die Lebensenergie an irgendeinem Punkt blockiert, so entstehen Krankheiten. Reiki aktiviert den Stoffwechsel und bewirkt so Entspannung und Linderung bei Schmerzen. Es soll auch Krankheiten vorbeugen und die Lebensqualität verbessern. Beim Reiki, der japanischen Form

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des Handauflegens, überträgt der Therapeut mittels seiner Hände «heilende Energien» auf den Patienten. Reiki-Behandlungen erfolgen stets ganzheitlich, beziehen also den ganzen Körper mit ein. Ähnlich wie beim Shiatsu sollen blockierte Energien und Kräfte aktiviert werden.

Ölstirnguss Shirodara, der Ölstirnguss, beruhigt das gesamte zentrale Nervensystem. Ein warmer, sanfter Strahl mit warmem Öl gleitet in gleichmässigem Rhythmus über die Stirn und versetzt Sie in einen Zustand absoluter innerer Ruhe, Entspannung und Harmonie. Zusätzlich werden ebenfalls die Nerven stimuliert. Schlafstörungen, erhöhter Blutdruck, Stress, Kopfschmerz, Migräne, Störungen des Nervensystems bis hin zur Depression sind innerhalb der ayurvedischen Heilkunst einige wichtige medizinische Indikationen, bei denen die Shirodara zur Anwendung kommt.

Exklusive Spa-Suiten Der heutige Wellnessgast sucht einen Ort der Ruhe mit individueller Betreuung – ein privates Refugium. Spa-Suiten sind daher heute für viele ein wichtiges Kriterium bei der Wahl eines Wellnesshotels. Sie sind mit privatem Dampfbad, Jacuzzi, Sauna, Massageliegen und sogar eigenem Spa-Butler ausgestattet. Den Trend zum versteckten, privaten Spa-Erlebnis haben bereits viele Hotels erkannt und richten immer mehr Spa-Suiten ein. Wer also nicht gerne mit anderen in der Sauna schwitzt und öffentliche Wellnessflächen meidet, für den gibt es inzwischen genügend Möglichkeiten, Entspannung und Privatheit zu vereinen. Die Möglichkeiten zu entspannen beziehungsweise etwas für ein entspanntes Leben zu tun, sind sehr vielfältig. Jedoch muss jeder für sich selbst herausfinden, wo der grösste, individuelle Entspannungseffekt liegt und wie man sich seine eigenen kleinen Zeitpuffer schafft.

Die Zeitdiebe Momo ist ein 1973 erschienener Roman von Michael Ende. In diesem Buch ist eine gespenstische Gesellschaft «grauer Herren» am Werk und veranlasst immer mehr Menschen, Zeit zu sparen. Aber in Wirklichkeit betrügen sie die Menschen um diese ersparte Zeit. Als die Not am grössten ist und die Welt ihnen schon endgültig zu gehören scheint, entschliesst sich Meister Hora, der geheimnisvolle «Verwalter der Zeit», zum Eingreifen. Doch dazu braucht er die Hilfe eines Menschenkindes. Die Welt steht still und Momo, die struppige kleine Heldin der Geschichte, kämpft ganz allein, mit nichts als einer Blume in der Hand und einer Schildkröte unter dem Arm, gegen das riesige Heer der grauen Herren – und siegt auf wunderbare Weise. Die Geschichte von Momo ist eine märchenhafte Parabel auf unsere rastlose Zeit, eine Warnung vor grauen Herren, die den Menschen einreden wollen, sie müssten ihre Zeit möglichst effizient einteilen.

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G LF RISIKEN UND NEBENWIRKUNGEN Wer denkt, Golfspielen wäre ein Müssiggang oder nur etwas für alte Menschen, der irrt gewaltig. Kondition und Konzentration sind das Nonplusultra.

«LIMETTENGRÜNE HOSEN UND SCHUHE AUS KROKOLEDER – DER GOLFPLATZ IST DER EINZIGE ORT, WO ICH WIE EIN ZUHÄLTER RUMLAUFEN KANN, OHNE WEITER AUFZUFALLEN.» Samuel L. Jackson

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von Lone Halvorsen

in 18-Loch-Golfcourse entspricht einer Länge von ungefähr sechs bis sieben Kilometern. Der Weg vom Abschlag bis zu den Greens und vor allem beim Anfänger der Zickzackkurs der Ballsuche entspricht im Regelfall noch einmal einer Entfernung von etwa drei bis vier Kilometern. Zusammengerechnet sind es also knapp zehn Kilometer Fussmarsch, teilweise über hügeliges Gelände und mit einem Gepäck von 15 Kilogramm. Werden Probeschläge und Schläge zusammengezählt, kommt der Energieaufwand von über 200 Golfschwüngen noch dazu. – Golf ist also, ein wirklich ernstzunehmender Sport.

«ICH VERBRINGE MEHR ZEIT IM WALD ALS EIN EICHHÖRNCHEN!» Jack Lemmon

Doch durch falsches Golfen und den damit verbundenen Schmerzen und anderen körperlichen Problemen leidet der Spassfaktor. Noch immer wird Golf von vielen nicht mit Sport gleichgesetzt und so kommen gezieltes Training und Aufwärmen zu kurz. Verletzungen und Überlastungen des Bewegungsapparates sind die Folgen. Am häufigsten treten golfspezifische Beschwerden im unteren Wirbelsäulenbereich, sowie im Ellbogen- und Handgelenksbereich auf. Durch das Erlernen eines geeigneten, individuellen Golfschwunges und das optimale Anpassen des Schlägermaterials können die Belastungen erheblich reduziert werden. Durch ein zusätzliches golfspezifisches Training, welches die individuellen, körperlichen Voraussetzungen berücksichtigt, und die dadurch aufgebaute Golffitness schafft man die besten Voraussetzungen, die Belastungen während des Golfschwunges langfristig, auch bei intensivem Golfspielen tolerieren zu können.

Spieler, Training und Vorbereitung Golf ist ein Sport für fast jedes Alter. Gut 50 Prozent aller Golfer sind älter als 50 Jahre. Mit zunehmendem Alter ist die Beweglichkeit jedoch reduziert und damit das Verletzungsrisiko deutlich grösser. Vor allem, wenn mit dem Golfspielen erst sehr spät begonnen wird. Dagegen verletzen sich Kinder und Jugendliche zu fast 80 Prozent direkt durch Schlägereinwirkungen, da bei Probeschwüngen nicht an den nötigen Sicherheitsabstand gedacht wird.

technik und zu häufiger heftiger Bodenkontakt des Schlägers eher einen Risikofaktor für Amateure darstellen und dort zu Beschwerden des Rückens und des Handgelenks führen, führt bei Professionals zu viel Spiel und Training in erster Linie zu Verletzungen des Handgelenks. Dies wird noch verstärkt, wenn diese stundenlang Schläge aus dem Rough üben. – Dies sorgte erst 2007 dafür, dass der Profi Phil Mickelson eine Zwangspause einlegen musste. Denn auch grosse Namen sind vor falschem Ehrgeiz nicht geschützt.

Der entscheidende Risikofaktor in Hinblick auf Verletzungen ist die Spielstärke eines Golfers: Amateure verletzen sich zumeist im Bereich des unteren Rückens und des linken äusseren Ellenbogens; Professionals verletzen sich eher im Bereich der Hand und des Handgelenks. Sich vor einer Golfrunde nicht aufzuwärmen, indem man seine Muskulatur und den Bewegungsapparat mittels aktivierender, auf die Belastungen des Golfsports vorbereitender Übungen verzichtet, führt häufig zu unterschiedlichsten Beschwerden im Bereich des Rumpfes. Besonders häufiges Spielen und Trainieren begünstigen das Auftreten von Überlastungsverletzungen. Während eine fehlerhafte Schlag-

Der Golfschwung als Ursache für Verletzungen In einer Umfrage fand man heraus, dass fast jeder dritte Golfer keinen Golfunterricht mehr nimmt, sobald er die Platzreife erreicht hat. Beim Ausbleiben von Korrekturen durch einen Golflehrer schleichen sich jedoch unter Umständen eklatante Fehler ein,

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POGOTE

die unkorrigiert, zu Überlastungsschäden bestimmter Körperregionen führen können. Die meisten haben sicherlich schon einmal vom «Golferellenbogen» oder von der «Golferschulter» gehört. Solche Beschwerden, die nach länger einwirkenden Überlastungen oder einseitigen Belastungen auftreten, sind zumeist die Folge einer falschen Schwungbewegung. Wer sich effektiv vor Golfverletzungen schützen will, muss sich neben den anatomischen Gegebenheiten seines Bewegungsapparates auch mit der Biomechanik des Golfschwunges auseinander setzen. Denn der Golfschwung birgt in verschiedenen Positionen die Gefahr, unseren Körper durch übermässige Belastung zu verletzen. Obschon jeder Golfer seinen eigenen individuellen Golfschwung hat, analog dem eigenen Fingerabdruck, kommen unter Golfern typische Verletzungsmuster besonders häufig vor. Wie in jeder Sportart finden sich auch im Golfsport die Verletzungen an typischen «Schwachstellen»: Besonders gefährdet ist der Rücken, vor allem im Lendenwirbelsäulenbereich, wo rund 50 Prozent aller Golfverletzungen zu verzeichnen sind. Hier erzeugt man während des Schwungs die enorm hohen Belastungen, indem sich der Körper in der Ausholbewegung wie eine Spiralfeder aufdreht, beim Durchschwung in die entgegengesetzte Richtung federt, um sich im Ausschwung erneut stark zu verdrehen; dies führt neben den hohen Rotationskräften im Lendenwirbelsäulenbereich auch zu seitlichen Biege- und Scherkräften. Die Wirbelsäule lässt sich aber nur im unteren Brustwirbelsäulenbereich relativ gut verdrehen.

Golfspiel zu verhelfen.

Der biomechanische optimierte Golfschwung ist an die individuellen physischen Möglichkeiten jedes Spielers angepasst – unter Berücksichtigung der funktionellen Anatomie sowie der biomechanischen Bewegungsgrenzen. Es geht darum, Scherbelastungen und Bewegungsausschläge in den Gelenken zu vermeiden. Bei Beschwerden in der Lendenwirbelsäule gilt ein gezieltes golfspezifisches Rehabilitationsprogramm für die Rumpfmuskulatur als Basis. Gleichzeitig mit diesen Übungen können die gezielten Entlastungsbewegungen bei dem Golfschwung eingeübt werden. Ziel muss sein, je nach Alter, Motivation und körperlichen Handicaps eine Verbesserung der Tiefensensibilität und der reflektorischen Muskelaktivität sowie die Wiederherstellung und Stabilisierung von Gelenksstellungen zu erreichen. Bei Beschwerden in der Lendenwirbelsäule wäre es unter anderem eine Möglichkeit, die Standposition beim Setup anzupassen.

«WENN ES AUF DEM GOLFPLATZ ANFÄNGT ZU GEWITTERN, HALTE ICH MEIN EISEN 1 IN DIE HÖHE, DENN NICHT EINMAL DER LIEBE GOTT KANN DAS EISEN 1 TREFFEN.» Lee Trevino, Golfprofi

Crossgolf Crossgolf wird nicht auf einem herkömmlichen Golfplatz gespielt, der unter den begeisterten Spielern der ungewöhnlichen Golfversion fast schon als langweilig bezeichnet wird. Wahre Begeisterungsausrufe lösen Plätze aus, die sich durch eine hohe Ungewöhnlichkeit auszeichnen: Autofriedhöfe, Baustellen, Parkplätze oder auch ein grosser Acker. Anspruchsvoll muss der Abschlagsort ebenso sein als auch das ausgewählte Ziel in seiner Erreichbarkeit. Unter dem Motto «einfach kann jeder», wird folglich beim Crossgolfspielen viel Wert darauf gelegt, dass das Spiel möglichst originell und kreativ durchlaufen werden kann. Hier liegt auch die Hauptprämisse dieser ungewöhnlichen Sportart, denn neben einem hohen Mass an Kreativität, wird dem Spassfaktor sehr viel Interesse beigemessen.

Prävention oder Rehabilitation Die Anwendungsbereiche der Physiotherapie werden immer spezieller. So suchen mittlerweile immer mehr Golfspieler einen Golf-Physiotherapeuten auf, um Verletzungen, die aufgrund des Golfspielens entstanden sind, bei diesem behandeln zu lassen. Die Golfphysiotherapie umfasst die Prävention, Beratung, Behandlung und Rehabilitation von golfspezifischen Verletzungen. Mit speziell entwickelten Behandlungs- und Übungsmethoden, unter Einbeziehung des individuellen biomechanisch optimierten Golfschwungs, werden dem Golfsportler Möglichkeiten gegeben, aus präventiver und pathologischer Sicht, sein Golfspiel zu optimieren beziehungsweise zu einem beschwerdefreien

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POGOTE

Green

WONDERFUL

Der älteste Golfclub der Welt ist der St Andrews in Schottland.

Die Zahl der Golfplätze wächst jedes Jahr. Allein in der Ursprungsregion auf den britischen Inseln zählt man über 3’000 Anlagen. Was jeder Golfer weiss: Zwischen Golfplatz und Golfplatz können Welten liegen. Während in Schottland praktisch jedes Dorf seine Links hat, konkurrieren Golfresorts um Tribute wie ältester, schönster, grösster, luxuriösester, skurrilster, romantischster oder aufregendster Golfplatz.

S

von Yvonne Beck

t Andrews ist der berühmteste Golfplatz der Welt. Bereits vor 400 Jahren wurden die originalen Links in der schottischen Dünenlandschaft angelegt und somit ist er der älteste Golfclub überhaupt. Mit dem Gründungsjahr 1754 blickt er auf die längste ununterbrochene Clubgeschichte in der Golfwelt zurück. Das Schloss von St Andrews strahlt auch heute noch die vornehme Eleganz eines Spiels aus, das fast dreihundert Jahre lang der exklusive Zeitvertreib des schottischen Adels war. Doch nun kann jeder eine «Tee Time» im Home of Golf buchen. Alle fünf Jahre strömen golfbegeisterte Massen zu den St Andrews Open, um die Titelkämpfe von Tiger Woods gegen seine Herausforderer zu verfolgen. In der Zwischenzeit gibt es hier zahlreiche weitere Wettkämpfe, Spiele und Trainings. Auch Anfänger erhalten auf St Andrews erste Anleitungen.

lage des Carton House wurde mit dem Design Award für neue Golfplätze ausgezeichnet. Golfprofi Colin Montgomerie hat den neuen Course in Zusammenarbeit mit dem Verband «European Golf Design» in Vorbereitung der NISSAN Irish Open entworfen. Das irische Schloss Carton House ist ein lebendiges Denkmal einer Adelstradition, die über acht Jahrhunderte zurück reicht. Doch auch hier ist die Moderne eingezogen, denn zahlreiche Filmemacher nutzten den ehrwürdigen Ort bereits als Kulisse, so unter anderem der legendäre Stanley Kubrick.

Der höchste Golfplatz Europas Mit 85 Golfplätzen ist auch die Schweiz eine beliebte Golfregion und vor allem wegen der guten Qualität ihrer Plätze beliebt. Die Alpenrepublik kann sich zudem des höchsten Golfplatzes Europas rühmen. Die Anlage des Golfclubs Arosa in Graubünden liegt auf einer Höhe von 1’800 Metern; Tee fünf sogar auf einer Höhe von 1’895 Metern. Umgeben von verschneiten Alpengipfeln spielt man sich durch die hügelige und gut bewaldete Landschaft des 18-Loch Platzes.

Neben Schottland, gehören Irland und England zu den europäischen Ländern mit den meisten Golfplätzen. Dabei besitzen die britischen Inseln nicht nur historische Platzschönheiten. In Irland soll auch der Welt schönster neuer Golfplatz sein. Die neue An-

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GOLFKURIOSITÄTEN UND -REKORDE Nördlichster Golfplatz der Welt Diesen Titel hält der Sondie Arctic Desert Golfclub in Kangerlussuaq, Grönland.

Südlichster Golfplatz der Welt Das südlichste Ende der Golfwelt befindet sich in Ushuaia, Argentinien.

Grösster Golfplatz der Welt Mit 180 Löchern (zehn Plätze) hat der Mission Hills Golf Club bei Hongkong die grösste Golfanlage der Welt.

Golfplatz-Pro-Kopf-Benutzung Der höchste «Pro-Kopf-Gebrauch» von Golfplätzen herrscht, wie erwartet, in Schottland. Hier kommen auf einen Platz rund 9’400 Bewohner.

Golfplatz-Dichte Die höchste Golfplatz-Dichte herrscht dagegen in Singapur mit einem Platz pro zehn Quadratmeilen.

Der höchste Golfplatz in Europa befindet sich in Arosa.

Golf-Bedeutungslosigkeit Das grösste Land ohne auffindbaren Golfplatz ist die Ukraine mit fast 48 Millionen Einwohnern.

Das grösste Golfresort Europas Tierische Helfer

Gleich zwei Superlative darf das deutsche Bad Griesbach für sich in Anspruch nehmen. Mit seinen sechs 18-Loch Meisterschaftsplätzen, drei 9-Loch, und einem 6-Loch Kindergolfplatz schlägt das Resort sämtliche Golfplatzdimensionen Europas. Drei Plätze wurden von Golfprofi Bernhard Langer entworfen. Wer sich auf die Kniffligkeit dieser Plätze vorbereiten will, kann die riesige Übungsfläche des Golfodroms nutzen. Hier sind 130’000 Bälle im Umlauf. Überdachte Abschläge und eine Puttinghalle sichern Golflehrlingen Trainingsstunden bei jeder Wetterlage. Die Golfakademie mit Profitrainern und einem vielfältigen Kursangebot ist momentan die grösste Golfschule der Welt.

Auf der Talamore Golfanlage in North Carolina, USA, können nervenstarke Golfspieler besondere Dienste in Anspruch nehmen: Sie können sich anstelle eines «normalen» Caddies ein Lama mieten, das für die Spieler zwei Golfbags über den Golfplatz trägt.

Teuerster Golfplatz der Welt Der teuerste Golfplatz der Welt befindet sich in Las Vegas. Mit 500 US-Dollar Green Fee hält der Golfclub Shadow Creek den ersten Rang auf der weltweiten Preisliste.

Erster kosmischer Golfschlag Rosige Zeiten für Golfbegeisterte

Der Raumfahrer Alan Shepard hat 1971 auf dem Mond den ersten Golfschlag im Kosmos abgegeben. Mit Eisen sechs kam er dabei auf 350 Meter.

Frankreich verfügt über die meisten öffentlichen Golfplätze, denn das Land der Geniesser gehört zu den grossen Golfurlaubsanbietern in Europa. So gut wie jeder Platz bietet ein Restaurant mit vorzüglicher Karte an. Typisch französisch eben. Auf manchen Golfplätzen in Südfrankreich kann man direkt am Abschlag Muscheln schlürfen. Eine besondere Blüte französischer Lebensart ist der Golfplatz «Chalon-sur-Saône». Hier ist jedes Fairway von Rosen umgeben. Mit insgesamt 26’000 Stöcken ist der Platz der «Rosigste Golfplatz Europas». Der Green Fee ist vergleichsweise niedrig. Zufallsbesucher können ihre schlummernde Golfleidenschaft sogar auf einem kostenlosen Übungsfeld mit drei Löchern aus dem Dornröschenschlaf wecken.

Die ältesten Golfschläger Die ältesten Golfschläger der Welt wurden bereits im 16. Jahrhundert hergestellt. Einige der weltweit ältesten Stücke kann man im Golfmuseum Regensburg bewundern.

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