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INHALTSVERZEICHNIS
Editorial
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DOWN TOWN Bahia Afrikanische Traditionen in Brasilien ilien
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Wiener Musikleben Willkommen in der Hauptstadt der Musik
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DISCOVERY Einzigartige Uhrensammlung Interview mit der Kuratorin Monika Leonhardt
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Schäferstündchen
29
CULTURE CLUB Picasso Verzerrte Perspektive
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SAM Einzigartiges Festival für zeitgenössische Kunst
40
Kunstwelten
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BUSINESS Eine Reise in die Welt der Luxusfonds Interview mit Juan Manuel Mendoza
44
Strategisches Denken in volatilen Zeiten Interview mit Prof. Dr. Fredmund Malik
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SWEET & SOUR Höhlenkäse Nur die Besten kommen in die Höhle
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Purer Genuss
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Traditionelle Gerichte ... ... rund um die Welt
60
FACE TO FACE CE Johnny Depp Gezähmter Rebell
66
Financier Martin Ebner «Auf Reisen würde ich nie verzichten»
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ARCHITECTURE Traditionelle Bauweisen ... ... rund um die Welt
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INHALTSVERZEICHNIS
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DESIGN Rolf Sachs Ein Künstler der anderen Art
80
News Design
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Baselworld Rückbesinnung auf Altbewährtes
86
ART OF FASHION «Free Time» Exklusivinterview mit Luciano Bertinelli
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Mode im Wandel Kleider machen Leute
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TECHNOLOGY The Grand Tour – Teil 2
94
Oh là là – eine autoverrückte Familie
112
104
Abarth – Eine kleine Geschichte
108
Aston Martin Blaues Wunder
112
Porsche Cayman
98 120
114
Crocodile Rock
114
Techniktrends
116
PHENOMENON Wir fliegen zum Mond ... ... und lieben wie im Steinzeitalter
120
LEGENDS OF CRIME Bonnie & Clyde Catch us if you can
126
YESTERDAY Ernest Hemingway Der alte Mann und sein Leben
126
132
Jim Morrison Entzünde mein Feuer
132 9
136
INHALTSVERZEICHNIS
142 DREAMLANDS Mauritius Ferienparadies für Anspruchsvolle
142
Die Inseltesterin Wie kommt eine Insel in den Katalog?
146
Dominikanische Republik Karibischer Urlaubstraum
150
Jordanien Das Land der Wüste und des Meeres
154
BEAUTY Into the Sun Sonne, Meer und Strand
146
160
Fun in the Sun Jetzt wird's bunt!
148
166
Hot-Spot Der neue Baldessarini-Duft Best Beauty
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HEALTH & SPORT
150
Gourmetfasten Königsweg zu dauerhaftem Körperglück
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176
Olympische Spiele Das grösste Sportereignis
176
Tradition in der Sportmedizin oder warum Bewährtes verabschieden?
154
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SHORTCUTS Von der Braut bis zum Vatikan Vom Stierkampf bis zum Wetter
64 118
92 KOLUMNEN Guido Tognoni Millionendeckung für den Mikro-Hund
30
Wilhelm J. Grusdat
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Von Weintrauben und Schleiern
38
Rolf Hess Die Traumgebilde der Börsenchefs
52
Nubya Die Bedeutung von Katzen bei der Meditation
79
Vera Dillier Frühlings-Traditionen
30
52
38 10
92
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lata P o t r e u P
A R C IBE L E D A T S E I F LA
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EDITORIAL
I
Geschätzte Leserinnen, Geschätzte Leser
n dieser Ausgabe wendet sich das PRESTIGE-Team dem Thema «Traditionen» zu. Welche sind längst überholt, welche halten wir immer noch aufrecht, welche alten Traditionen werden neu entdeckt und wiederbelebt? Tradition stammt vom lateinischen Wort «tradere» ab, welches so viel bedeutet wie hinübergeben beziehungsweise «traditio» gleich Überlieferung. Traditionen bezeichnen also die Weitergabe von Handlungsmustern, Überzeugungen und Bräuchen. Tradition ist auch das kulturelle Erbe, welches von einer Generation zur nächsten weitergegeben wird. Wissenschaftliche Kenntnisse und handwerkliches Können gehören ebenso dazu wie Rituale, künstlerische Gestaltungsauffassungen, moralische Regeln und Speiseregeln. PRESTIGE machte sich auf nach Brasilien, wo es in Bahia da Salvador auf afrikanische Traditionen mitten in Brasilien traf. Ob bei Candomblé-Feierlichkeiten oder den Capoeira-Tänzen, überall ist Mama Africa spürbar. Denn trotz gnadenloser Unterdrückung schufen sich die Sklaven Südamerikas heimlich eine eigene Welt, die bis heute in rauschhaften religiösen Festen, zündender Musik und temperamentvollem Tanz sowie in der eigenständigen Landesküche ihren lebhaften Ausdruck findet. Durch ihre kulturelle Selbstbehauptung wurde Bahia zur schwarzen Seele Brasiliens. Zudem machten wir eine kulinarische Weltreise und probierten für Sie traditionelle Gerichte der unterschiedlichsten Destinationen. Von Irland über Istanbul bis nach Hongkong schauten wir den Menschen auf die Teller und in die Töpfe und trafen dabei auf einige Überraschungen. In der Schweiz begaben wir uns dazu sogar in Höhlen, um herauszufinden, was einen höhlengereiften Käse so einzigartig macht. In einer uralten Tradition stehen die Olympischen Spiele, wieweit man sich dieser Tradition jedoch noch wirklich verpflichtet fühlt oder ob Geld, Gigantismus und ungebremste Kommerzialisierung diese überschatten, erfahren Sie in der vorliegenden Ausgabe. Lehnen Sie sich also genüsslich zurück und tauchen Sie ein in alte, neue und wiederkehrende Traditionen und Bräuche und erfahren Sie ein Lesevergnügen der ganz besondern Art, durch die Lektüre des PRESTIGE.
Francesco J. Ciringione
Yvonne Beck
Verleger
Chefredaktorin
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DOWN TOWN
BAHIA Afrikanische Traditionen in Brasilien
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DOWN TOWN
«EINE ELENDSHÜTTE, IN DER MAN FRÖHLICH LACHT, IST MEHR WERT ALS EIN PALAST, IN DEM MAN WEINT.» brasilianisches Sprichwort
Bahia da Salvador, eine schmucke Kolonialstadt mit bunten Fassaden, Kopfsteinpflaster und einer tief im afrikanischen Erbe verwurzelten Kultur.
B
von Katrine Steffen
ahia ist die Seele Brasiliens. In diesem Teilstaat haben sich afrikanische, europäische und indianische Einflüsse stärker vermischt als im übrigen Land – es entstand genau jene erfrischende Vielfalt, die den besonderen Reiz Brasiliens ausmacht. Das Herz Bahias ist die Stadt Salvador. Mehr als jede andere brasilianische Stadt nimmt sie alle Sinne für sich ein: Vor den verschnörkelten Portalen verfallener Klöster und barocker Kapellen verströmen die Garküchen weiss gekleideter Bainas den Duft von Kokosnussmilch und reifer Ananas. Zum monotonen Klang eines Berimbau-Musikbogens geben Caipeiristas Kostproben ihres akrobatischen Könnens. Bis in die späte Nacht wird das restaurierte Pelourinho-Viertel täglich zur beliebten Barock-Flaniermeile; es lockt mit kleinen Musik-Kneipen, lebhaften Strassencafés, vielen eindrucksvollen Theateraufführungen und den weltweit berühmten «ensaios», öffentlichen Proben der Perkussionisten wechselnder Blocos Afros. Afrikanische Traditionen, synkretische Religion und Mystizismus sind wesentliche Elemente im täglichen Leben der 2,9 Millionen Einwohner zählenden Metropole – die Quelle, aus der Salvadors kreativste Künstler ihre Ideen schöpfen.
Candomblé Bahia wahrt seine ureigene Kultur und Lebensform. Seine begnadeten Baumeister und der Marmor stammen zwar aus Europa, während am stadtnahen Strand Millionen Sklaven aus Westafrika anlandeten. Trotz gnadenloser Unterdrückung schufen sie sich heimlich eine eigene Welt, die bis heute in rauschhaften religiösen Festen, zündender Musik und temperamentvollem Tanz sowie in der eigenständigen Landesküche ihren lebhaften Ausdruck findet. Durch ihre kulturelle Selbstbehauptung wurde Bahia zur schwarzen Seele Brasiliens.
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DOWN TOWN
Typische traditionelle Kleidung der Frauen Bahias.
Bahia besitzt 365 Kirchen.
Capoeira ist eine brasilianische Kampfkunst beziehungsweise ein Kampftanz.
Nach einem Sprichwort besitzt Bahia 365 Kirchen – «eine für jeden Tag». Für die Gläubigen der afro-brasilianischen Candomblé-Religion halten Salvador und sein Umland darüber hinaus 8.000 «Terreiro»-Kulturzentren ganz unterschiedlicher spiritueller Prägung bereit. Charakteristisch für alle Candomblé-Gruppierungen ist die Verehrung der Orixá-Gottheiten. Orixás haben sehr menschliche Fehler, Schwächen und Vorlieben. Ihnen kommt die Vermittlerrolle zwischen dem Diesseits und dem Jenseits zu.
«NUR WER AN DIE ZUKUNFT GLAUBT, GLAUBT AN DIE GEGENWART.» brasilianisches Sprichwort
Die Anhänger des Candomblé glauben, dass sie in Trance mit ihren Orixás in direkten Kontakt treten können. Gläubige, die besonders leicht in Trance fallen, werden deshalb in langwierigen Initiationsriten, die sich manchmal über Monate hinziehen, auf ihre Aufgabe als Medium vorbereitet. Im Gegensatz zu den afrikanischen Ursprungsländern wird der Candomblé in Brasilien hauptsächlich von Frauen getragen, meistens steht eine Oberpriesterin, die sogenannte Mãe-de-Santo, an der Spitze der Hierarchie der jeweiligen Terreiro-Kultstätte, Zu den unbestreitbaren Verdiensten dieser religiösen Würdenträgerin gehört die mündliche Weitergabe von Kultur und Geschichte der afro-brasilianischen Bevölkerung.
Capoeira
Candomblé-Feierlichkeiten sind religiöse Ereignisse mit Musik, Tanz und den Lieblingsspeisen der Orixás – von Besuchern wird daher Respekt, Taktgefühl und zurückhaltende Kleidung erwartet: Kurze Hosen und Röcke, weit ausgeschnittene Blusen sind unerwünscht, Kameras, Fotoapparate und Fotonatels strengstens verboten.
Man unterscheidet in Salvador und Bahia zwei Stilarten: die traditionelle Capoeira de Angola und die stark vom asiatischen Kampfsport beeinflusste, ausschliesslich in Bahia beheimatete Capoeira Regional. Erst in den letzten Jahrzehnten hat Salvador sein reiches afrikanisches Erbe wiederentdeckt, die Capoeira
Auch Capoeira ist kein Touristenspektakel. Der Kampfsport wurde aus den friedlichen Stammestänzen der aus Angola nach Brasilien verschleppten Bantu-Sklaven entwickelt. Sein Ursprung geht zurück auf ein Pubertätsritual des Macupe-Stammes, bei dem die männlichen Jugendlichen den N’golo-Tanz aufführten. Das damals verwendete Begleitinstrument «m’bolumbumba» weist Ähnlichkeiten auf mit dem später in Brasilien verwendeten «berimbau», bestehend aus einem hölzernen Bogen, einer Drahtsaite und einem Klangkörper. Im 19. Jahrhundert gelangten die Capoeiristas auch in die Städte, wo sie in den Terreiros Unterschlupf fanden und rasch zu Beschützern der Kultstätte wurden.
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DOWN TOWN
Candomblé-Umzug in Bahia.
eingeschlossen. Sie ähnelt allen anderen ursprünglichen Traditionen insofern, als ihre Geheimnisse von den Lehrern nur mündlich an die Schüler weitergegeben werden. Ritual und Rhythmus der Capoeira sind miteinander verschmolzen – auch ein Charakteristikum, das sie mit der gesamten afro-brasilianischen Kultur teilt.
und Heiterkeit beginnt bereits Anfang November im Städtchen Camaçari, erreicht schon Wochen vor dem offiziellen Karneval von Salvador zunächst in Illhéeus, dann in der ewig eifersüchtig konkurrierenden Nachbarstadt Itabuna seinen Höhepunkt, wird in Porto Seguro verlängert und endet mit dem «Micareta» genannten närrischen Nachtleben in Feira de Santana in den letzten Apriltagen. Den Rest des Jahres treten die «trios elétricos» und die Bands nacheinander in verschiedenen Städten Brasiliens auf.
Karneval in Bahia – Big Business Das schwarze, afrikanisch geprägte Salvador da Bahia ist das musikalische Herz Brasiliens. Wer hierher reist, kommt nicht nur wegen der Strände, sondern auch wegen der vielen Feste und Konzerte. Dass hier der grösste Strassenkarneval der Welt stattfindet, steht bereits im Guinness-Buch der Rekorde. Zu dieser Zeit treten auf den Bühnen am Strand und auf den «trios elétricos» genannten Lautsprecherwagen die besten Bands des Landes auf, die meisten davon stammen aus Salvador. Vorherrschend ist die sehr rhythmische Axé-Musik, kreiert von Daniela Mercury, die immer noch zu den grössten Gesangsstars des Landes zählt.
Wer ausserhalb des Karnevals hier ist, sollte in der Tagespresse die Konzertprogramme verfolgen, ein Besuch wird ein unvergessliches Erlebnis sein. Doch Bahia und Salvador stehen nicht nur für Axé und heisse Percussion-Rhythmen, in der Stadt der vielen Kirchen hat auch die sakrale Musik bis heute überlebt und sogar Terrain zurückgewonnen. Letzteres ist dem deutschen Pater Hans Böhmisch aus dem Bistum Mainz zu verdanken, der in Salvador im Stadtteil Saude in der Rua Jogo do Carneiro den Kulturverein «Barroco na Bahia» gegründet hat sowie eine gleichnamige Pousada, deren Angebot sich besonders an kulturinteressierte Reisende richtet. Alle Zimmer und Suiten tragen Namen grosser deutscher Komponisten. In der Kathedrale richtet er die beliebten Sonntagskonzerte aus.
«Karneval ist eine Erfindung des Teufels, die Gott gesegnet hat», sagt der Bahianer Caetano Veloso. Karneval ist auch in Salvador ein perfekt durchorganisiertes Spektakel, die oft verbreitete Meinung von Spontanität im Vergleich zu Rios Megashow ist auch hier längst Geschichte. Der wesentliche Unterschied zwischen dem Karneval in Rio und dem Bahias: In Salvador ist die Musik auf extreme Lautstärke elektrisch verstärkt, in Rio pure Livemusik. Jeder Block, «bloco», mit rund 3.000 Teilnehmern benötigt rund fünf bis sieben Stunden bis zum Ziel und bewegt sich in einer abgesperrten Zone. Ohne «abada» gelangt man nicht in den «bloco». «Abada» ist der Teilnehmerausweis bestehend aus Shorts und T-Shirt. Bahias Karneval wuchs in den letzten Jahren zu einem lukrativen Industriezweig: Das Strassenfest der Farbe
Geschütze Landschaft und Schildkröten 60 Kilometer nordöstlich von Salvador kann man sich in dem kleinen Ort Praia do Forte gut von der Grossstadt erholen und einige Tage richtig entspannen. Am Wochenende und während der Hauptsaison ist es hier jedoch recht belebt. Praia do Forte ist bekannt für eine gelungene Verbindung von Ökologie und Tourismus. Der kleine ehemalige Fischerort zählt nur 7.000 Einwohner, empfängt im Sommer jedoch ein Mehrfaches an Touristen. Die
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DOWN TOWN
Ländereien gehören fast alle Klaus Peters, einem Paulista deutscher Abstammung. Auch das luxuriöse Eco Resort ist in seiner Hand. Es bietet zahlreiche noble Unterkünfte, aber auch einfach Pousadas für den Alternativtourismus. Der zwölf Kilometer lange von Kokospalmen gesäumte Hauptstrand mit dem ruhigen Meer und Korallenriff sowie Dünen, Lagunen und Wasserfällen gehört zu einer geschützten Landschaft, dank Klaus Peters und der 1981 gegründeten privaten Stiftung «Garcia D’Avilia», die mit zahlreichen Auflagen den Ort vor hässlichen Anlagen und Bauspekulationen bewahrt haben. So müssen Hotels und Pensionen der örtlichen Architektur und Landschaft angepasst sein und dürfen nicht höher reichen als ausgewachsene Palmen, im Falle notwendiger Abforstungsmassnahmen sollen für jeden gefällten Baum vier neue gepflanzt werden. Die Einheimischen wiederum dürfen ihre Häuser nur innerhalb der Familie weitervererben. So bleibt der alte Ursprung erhalten.
«WAS DIE AUGEN NICHT SEHEN, FÜHLT DAS HERZ NICHT.» brasilianisches Sprichwort
Brasiliens Nationalgetränk Cachaça ist der hochprozentige Zuckerrohrschnaps, der im ganzen Land hergestellt und getrunken wird. Er kann billiger als Wasser sein oder teurer als ein guter Whisky – je nach Geschmack und Marke. Caipirinha ist das inoffizielle brasilianische Nationalgetränk, die Grundzutaten sind einfach: Cachaça, zerstossene Limette, Zucker, Eis – das Ergebnis abergrandios. Doch während man in unseren Breitengraden meist nur die einfache Form des Caipirinha kennt, mixen die Brasilianer alle erdenklichen Früchte in das Getränk. Im «Paraiso Tropical» stehen fast hundert verschiedene Sorten zur Auswahl und der Chef des Restaurants, Beto Pimentel, ist ein echter Meister seines Faches. Ob Kiwi-, Ananas- oder Kokos-Mandarinen-Caipirinha, hier findet jeder etwas nach seinem Geschmack. www.restaurantparaisotropical.com.br
Etwa 600.000 Besucher kommen alljährlich zur Praia do Forte, um die Meeresschildkröten zu sehen. Tamar, die staatliche Organisation zu deren Schutz und Rettung, hat hier ihren Hauptsitz, insgesamt gibt es an der brasilianischen Küste 22 solcher Projekte in neun Bundesstaaten. Die Küste Bahias wird von vier der sieben auf der Welt bekannten Meeresschildkrötenarten aufgesucht, häufig jedoch nur zur Zeit der Fortpflanzung (September bis März). Im April schlüpfen die Kleinen und eilen in Scharen zum Meer: Auf dem Weg dorthin werden jedoch viele von Feinden wie Raubvögeln und Krabben gefressen. Auch im Wasser lauern Gefahren, von 1.000 erreicht nur ein Tier das Erwachsenenalter. Dieses kehrt dann nach 25 Jahren wieder genau an seinen Geburtsort zur Brutpflege zurück. Meeresbiologen erteilen Interessierten fachkundige Auskünfte vor Ort. Ausserhalb der Brutzeit wird das Tamar-Projekt fortgeführt, im Museum befinden sich mehrere Aquarien und Tanks mit Schildkröten, Fischen und Rochen.
In Bahia kommen fünf Arten Meeresschildkröten zur Eierablage an Land.
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© Thomas Burla
DISCOVERY
Monika Leonhardt – Kuratorin des Museums.
Sammlung
EINE EINZIGARTIGE
Schenkung an das Uhrenmuseum Beyer. Damentaschenuhr aus Silber, Schweiz um 1920.
Die Beyer Be Chronometrie an der Bahnhofstrasse Zürich ist das älteste Uhrenhofstra geschäft der Schweiz: Seit 250 Jahren geschä und sieben Generationen pflegt das Familienunternehmen die schönsF ten Seiten der Zeit. Was viele jedoch nicht wissen, im Untergeschoss des Ladengeschäfts befindet sich ein besuchenswertes Uhrenmuseum.
© Uhrenmuseum Beyer
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DISCOVERY
D von Yvonne Beck
as Uhrenmuseum Beyer er Zürich befindet sich an n der berühmten Bahnnhofstrasse. Im Museum m werden Zeitmessinstru-mente von 1400 vor Christus bis in die e heutige Zeit vereinigt: Schattenstäbe, Sonnenuhren, Öluhren, Sanduhren, Wasseruhren, Standuhren, Tischuhren, Taschenuhren, Armbanduhren, wissenschaftliche Instrumente zur Zeitbestimmung und Navigation.
© Uhrenmuseum Beyer
Die Ausstellung umfasst rund 500 Expoosnate aus allen Bereichen der Zeitmesie sung und berücksichtigt gleichzeitig die nkunsthistorischen und technisch-wissenGE schaftlichen Gesichtspunkte. PRESTIGE s, traf sich mit der Kuratorin des Museums, Frau Monika Leonhardt, und sprach mitit nihr über die Zeitmessung und das Konzept des Uhrenmuseums.
Pendule Mysterieuse, Cartier, Paris 1968
PRESTIGE: Was umfasst die Sammlung des Uhrenmuseums Beyer?
befreundete Ehepaare zu Besuch im Museum, das eine aus der Schweiz, das andere aus Japan. Am Schluss ihres Besuches sagte dann die Dame aus der Schweiz: «Ich wusste gar nicht, dass es hier ein Uhrenmuseum gibt, aber unsere japanischen Freunde hatten Ihr Museum im Reiseführer, und so sind wir hier.»
Monika Leonhardt: Das Uhrenmuseum beherbergt eine der weltweit bedeutendsten privaten Uhrensammlungen. Ständig präsentiert werden etwa 500 Uhren, die meisten davon sind funktionsfähig. Für ein privates Museum ist es bemerkenswert, dass die Geschichte der Zeitmessung von den Anfängen bis zur Quarz-Uhr dargestellt wird, dass man sich also nicht auf eine Epoche oder eine Marke beschränkt, wie es oft bei privaten Sammlern üblich ist. Ausgestellt sind besonders kostbare und seltene Stücke.
Wie viele Besucher kommen jährlich ins Uhrenmuseum? Wir haben jährlich zwischen 6.000 und 10.000 Besucher, was für ein kleines Museum wie das unsere beträchtlich ist.
Sie haben in diesem Jahr wieder einige Neuerwerbungen verzeichnen dürfen. Können Sie mir darüber etwas sagen?
Interessanterweise haben wir sehr viele ausländische Gäste, Gäste aus der Schweiz machen etwa ein Viertel der Besucher aus. Dazu eine nette Anekdote: Vor einiger Zeit waren zwei
Jährlich werden Uhren hinzuerworben, die die Sammlung komplettieren. Herr Beyer lässt sich dabei von seinen persönlichen Vorlieben leiten – es ist ja eine Privatsammlung.
© Eduard Meltzer
Und wen spricht das Museum an?
Taschenuhr mit Doppelporträt von Kaiserin Elisabeth von Österreich (1837-1896, Kaiserin 1854-1898) und Kaiser Franz Joseph I (1830-1919, Kaiser 1848-1918), Genf um 1850.
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DISCOVERY
Pendule Sympathique, Abraham-Louis Breguet (1747-1823), Paris um 1808/1830.
Es gibt einige Kuriositäten, die Uhrmacher früherer Jahrhunderte haben manchmal eine unglaubliche Fantasie entwickelt. Besonders neugierig betrachten die Besucher meistens die «geheimnisvollen» Uhren, die Pendules Mystérieuses. Mit verschiedenen Gläsern und Spiegeln gelingt es, vorzutäuschen, dass sich die Zeiger dieser Uhren wie von Zauberhand bewegen.
Was denken Sie, sind Uhren eine Wertanlage? Oder ein Must have? Sicher eignen sich Uhren als Wertanlage, denn die Wertsteigerungen bei manchen Sammlerstücken sind erheblich. Da sich die Wertsteigerungen bei Uhren aber fast so schwierig voraussagen lassen wie bei Kunstwerken, sollte die Freude an einer Uhr ausschlaggebend für den Kauf sein.
Wie wichtig ist die Uhrenindustrie für die Schweiz? Sie ist eine der wichtigsten Industrien des Landes, nach Tourismus, Banken und allgemeinem Maschinenbau.
© Uhrenmuseum Beyer
Was trägt eine Kuratorin eines Uhrenmuseums für eine Uhr am eigenen Handgelenk? Ich trage mit Freude eine hübsche Beyer «Label»-Uhr, die in Le Noirmont im Jura von der Firma Aerowatch für Beyer gefertigt wird.
Welches ist ihr ältestes Exponat?
Zeit ist für Sie in drei Worten? ten?
Die ältesten Exponate sind Kalenderscheiben aus China, die ungefähr 1100 vor Christus datieren. Die älteste Uhr im Museum stammt aus dem Jahr 1522, es ist eine Turmuhr aus der Region Zürich von Hans Luterer, zugleich eine der ältesten erhaltenen Uhren der Schweiz.
Ein kostbares Mass. Ich hätte gern mehr davon.
Was das wertvollstes Stück der Sammlung? Diese Frage wird mir oft gestellt, aber sie ist wirklich schwierig zu beantworten – unsere Uhren sind ja keine Handelsware. Die «Pendule Sympathique» von Abraham-Louis Breguet ist sicher eine der berühmtesten Uhren des Museums, Breguet hat nur eine kleine Anzahl davon gebaut, und heute sind nur noch zwei davon bekannt, unsere und eine weitere im Besitz der englischen Königin.
Renaissance-Halsuhr mit einfachem Kalender, Mondphasen und -alter aus Bergkristall, Jacques Sermand (1597-1651), Genf um 1640.
Haben Sie ein persönliches Highlight in der Ausstellung? Auch das ist eine schwierige Frage, denn zu vielen Uhren der Sammlung habe ich mittlerweile eine persönliche Beziehung. Für mich ist eine der faszinierendsten Uhren im Museum die Genfer Halsuhr aus Bergkristall mit einer grossen Komplikation (Anzeige der Tage des Monats, der Wochentage, der Mondphasen und des Mondalters), signiert mit «Jacques Sermand à Genève», sie ist ungefähr 370 Jahre alt, sehr klein, sehr kompliziert und wunderschön.
Welche Kuriositäten gibt es im Museum?
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© Uhrenmuseum Beyer
DISCOVERY
Goldene Taschenuhr mit Musik und Automatenszene, Genf um 1820.
SCHÄFER
Goldtaschenuhr mit erotischer Email-Malerei im Innendeckel, England um 1860.
Stündchen
Taschenuhren mit bewegten erotischen Motiven gehören zu den begehrtesten Sammelobjekten. Denn ihre Geschichte ist lustvoll, verspielt – und auch ein wenig verboten.
Tugendhaftes Uhrenverbot Anfang 19. Jahrhundert fand das frivole Leben ein Ende. Um sich von den «dekadenten» Angehörigen der Aristokratie abzusetzen, betonte das nunmehr bürgerliche Zeitalter seine Tugend. Die Moral hielt Einzug – und mit ihr der grosse Einfluss der Genfer Pastoren. Mit Hilfe der Obrigkeiten von Neuchâtel, Le Locle und La Chaux-de-Fonds erwirkten sie ein Verbot dieser Uhren: mit der offiziellen Begründung, dass Frauen und Kinder mit deren Herstellung beschäftigt waren.
R
von Matthias Mächler, Fotos: Adrian Hablützel
auschende Röcke, närrisches Kichern und geheimnisvolle Maskeraden: Man muss sich bloss den Film «Amadeus» in Erinnerung rufen, um eine Ahnung zu bekommen von der Freizügigkeit des 18. Jahrhunderts. Die eindeutige Zweideutigkeit galt nicht nur in Wien und Paris als chic. Auch die Uhrmacher in der Schweiz liessen sich vom Zeitgeist verführen. Bereits um 1700 sind erotische Sujets auf Uhren zu finden. Doch mit der le sichtbar, neuen Mode, Uhren nicht mehr für alle sondern versteckt in Hosen- oder Wester tentasche zu tragen, öffnete sich später ein weiteres Feld für freizügige Dar-stellungen in feiner Email-Malerei.
Obwohl sich das Leben seit dem 18. Jahrhundert grundsätzlich verändert hat, flackerte das Spiel mit der Erotik auch bei Uhren immer wieder auf. Seit den 1970er Jahren entstehen vermehrt wieder Qualitätsuhren mit (versteckten) erotischen Motiven – ppigen auf der Rückseite einer Armbanduhr, in Form eines üppigen Armban Armbandes oder mit kunstvollen Kristallfiguren. Auch kauhr men U Uhren mit Polaroid-Effekt auf wie eine Armbanduhr eten aus der Beyer-Sammlung: Das Bild der unbekleideten D fort Dame ist nur kurz zu sehen und verschwindet sofort wieder. Denn seit jeher bedient vor allem ein Trick die Erotik: jene kleine Andeutung, die gerade kurz n. genug dauert, um die Sehnsucht zu beflügeln.
Versteckte Verschlüsse Die überschüssige Energie der Taschenuhr wurde genutzt, um kleine Figuren zu bewegen. Schiffe, Kamele, fliessendes Wasser: Die Taschenuhr in Zwiebelform, ch Sujets kannten keine Grenzen. Doch Paris um 1700 natürlich bewegten keine Szenen die Gemüter mehr als erotische. Diese raren, kleinen Geheimnisse trug man bei sich, um sie in Herrenrunden aufblitzen zu lassen. Oder um mit gewissen Damen eine eindeutig zweideutige Konversation in Gang zu bringen. Auch wird berichtet, dass die berühmten Kurtisanen dieser Zeit und die Mätressen der französischen Könige oft erotische Uhren besassen und sie geschickt einzusetzen wussten. Von Prüderie jedenfalls fehlte noch jede Spur. Die Uhrmacher schienen sich einen Spass daraus zu machen, die Öffnungsmechanismen zu verstecken. Bei einer Golduhr aus Genf, die im Uhrenmuseum Beyer liegt, muss man sich durch drei Abdeckungen durchrätseln, bis die erotische Automatenszene Aug und Geist erfreut.
Erotisches im Uhrenmuseum Das Uhrenmuseum Beyer besitzt mehrere erottische Uhren. Aus Respekt vor anderen Kulturen ren un geund jüngeren Besuchern sind nur deren drei ausgestellt. Die Taschenuhr in Zwiebelform mit Email-Sujet et trägt die Signatur «Michel Girard» und wurde um 1700 in Frankreich hergestellt. Eine weitere Goldtaschenuhr mit erotischer Email-Malerei im Innendeckel stammt aus England um 1860. Das interessanteste Objekt aber ist eine goldene Taschenuhr mit Musikwerk und Automatenszene en aus Genf um 1820. Sie gehört zu den spektakulärsten hen erotischen Uhren, die in Schweizer Museen zu sehen und sind. Denn man muss drei Zwischendeckel öffnen (und age erst ihre Verschlüsse finden), bevor man zur «Ménage à trois» vordringt.
Armbanduhr mit Polaroid-Effekt, Schweiz um 1970.
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Picasso CULTURE CLUB
VERZERRTE PERSPEKTIVE
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CULTURE CLUB
«EIN MALER IST EIN MANN, DER MALT, WAS ER VERKAUFT. EIN KÜNSTLER IST DAGEGEN EIN MANN, DER DAS VERKAUFT, WAS ER MALT.»
Die Malerei auf Höhlenwände ist das älteste Zeugnis der Bilddarstellung des Menschen unter Verwendung von Pigmenten und Bindemitteln. Seither hat die Kunstgeschichte eine rasante Entwicklung hinter sich, dank genialer Künstler, die sich trauten mit, den herkömmlichen Traditionen zu brechen.
Pablo Picasso
E von Yvonne Beck
iner, der etwas ganz Neues in der Kunst schaffte, war der Maler Pablo Picasso. Er beeinflusste die Art und Weise, wie die Dinge wahrgenommen werden können. Ab Winter 1907 begann er, in seinen Akten die statische Perspektive aufzugeben. Lange Zeit gab es zwei Bereiche in der Kunst, die nicht angetastet worden waren, die eine war der Blickwinkel, die andere die Zentralität und die Solidität. Picasso hat beides infrage gestellt. Wenn er eine menschliche Gestalt zeichnete oder malte, brach er die altbekannten Regeln für Licht und Perspektive. Gleichzeitig machte er die bis dahin überbewertete isolierte Figur zu einem Teil ihrer Umgebung. Mit seiner Beliebtheit, mit seinen unglaublichen 70.000 Werken schaffte Pablo Picasso es, diese Abstraktion zu einem festen Bestandteil der menschlichen Wahrnehmung werden zu lassen. Er veränderte damit das gesamte visuelle Verständnis. Durch ihn wurden verschiedene, simultane Perspektiven zu einer akzeptierten Sichtweise.
Das Wunderkind Pablo Ruiz Picasso wurde am 25.10.1881 in Malaga geboren. Er war ein Wunderkind, das sogar seinen Vater, der Zeichenlehrer war, mit seinem Talent beschämte und schaffte bereits mit 15 Jahren die Aufnahmeprüfung an der Kunsthochschule in Barcelona. Schon nach einem Jahr sah man jedoch, dass Picasso unterfordert war und schickte ihn nach Madrid. Dort ging er nicht nur zur Schule, sondern besuchte ausserdem Museen und Künstlerkneipen, in denen er Inspiration fand. Ab 1901 reiste er regelmässig nach Paris, die damalige Kunstmetropole; eine Pflichtübung für junge aufstrebende Künstler. Beeinflusst und begeistert von den Impressionisten Cézanne, Dégas und Toulouse-Lautrec fing er an, Aussenseiter der Gesellschaft zu beobachten und zu malen. Dabei begann er, seine Darstellungen in Form und Farbe auf ein Minimum zu reduzieren. Seine «blaue Periode» entstand. 1904 zog er endgültig nach Paris und tauchte in das Leben der Bohème im Künstlerviertel Montmartre ein. Er lernte Braque und den Galeristen Vollard kennen, der ihm einige Werke abkaufte, so dass Picasso zum ersten Mal finanziell einigermassen abgesichert war.
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Die «Demoiselles» sind ein Meilenstein der Kunstgeschichte.
«WENN ICH MIR KEINE ÖLFARBE MEHR LEISTEN KANN, KAUFE ICH WASSERFARBEN. WENN FÜR WASSERFARBEN KEIN GELD MEHR BLEIBT, BITTE ICH UM BLEISTIFTE. WENN DIE BLEISTIFTE AUSGEHEN, MAN MICH INS GEFÄNGNIS WIRFT, SPUCK ICH MIR AUF DEN FINGER, BEMALE DIE WAND.» Pablo Picasso
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Picasso ist ein Wegbereiter des Kubismus.
Frauen sind eines der Lieblingsmotive Picassos.
«KUNST IST EINE LÜGE, DIE UNS DIE WAHRHEIT ERKENNEN LÄSST.»
Willkommen im Kubismus In dieser sorgenfreieren Zeit leitete sich mit dem Bild «Demoiselles d’Avignon» Picassos erste kubistische Phase ein. Dieses Bild machte Furore und schockierte durch seine verzerrten und entstellten Formen und Figuren. Die Stilrichtung war geprägt durch eine radikale Reduktion des Gegenständlichen auf geometrische Strukturen, zu der er durch das Vorbild der schwarzafrikanischen Plastik und der Gemälde Cézannes beeinflusst wurde. Zwischen 1907 und 1914 entwickelte er den Kubismus zusammen mit Braque bis zur Perfektion weiter. Zu seinem Markenzeichen wurde besonders die Darstellung von Köpfen, die er in irritierenden Perspektiven abbildete.
Pablo Picasso
Beim ersten Betrachten der «Demoiselles» fällt der Widerspruch zwischen den warmen sommerlichen Farben des Bildes, welche sehr anziehend wirken, im Gegensatz zu den Frauen im rechten Bildteil, die anstelle der Gesichter Fratzen haben, somit sehr abstossend und fast gruselig wirken, auf. Wenn man sich diese befremdlichen Gestalten wegdenken würde, liesse sich beim Betrachten an Strandbäder denken. Der starrende Blick dieser beiden und der Figur vorne rechts löst etwas Beklemmung aus und schafft seltsamerweise Distanz zu dem Bild.
Die Entstehung und ihre Voraussetzungen Als Picasso dieses Bild 1907 malte, hatte er bereits die blaue und rosa Periode durchlaufen. In der blauen dominierten blau-grünliche Farbtöne und in der rosa Periode wurde das Sujet auf Zirkusund Artistenszenerien erweitert, wodurch die Farbe, nach der dieser Abschnitt benannt ist, Einzug in die Gemälde hielt. Seine Frühwerke hatten in keinster Weise dieses Furore machende Bild Besonderes Markenzeichen Picassos – Die Darstellung von Köpfen, die er in irritierenden Perspektiven abbildete.
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Stierkampf und Kriegsgegner
angekündigt. Er befasste sich in dieser Zeit mit Paul Cézanne, dessen Ansatz, Form und Farbe in eigenständiger, nicht der Naturerscheinung, sondern ausschliesslich malerischen Gesetzen gehorchender Weise einzusetzen. Die «Demoiselles» sind auch von einer Strandszene Cézannes inspiriert, in welcher ebenfalls fünf Frauen abgebildet sind.
Nach der Arbeit an «Demoiselles» fing Picasso an, mit Materialien zu experimentieren. So erfand er in der folgenden Zeit die «Collage». Ausserdem fertigte er auch Plastiken an, die nicht nur aus Holz, Metall oder Papier, sondern auch aus allen anderen erdenklichen Materialien und Gegenständen entstanden. In den zwanziger Jahren begegnete er den Surrealisten, die ihm neue Impulse gaben. So wurden seine Werke ab sofort durch eine symbolische Ebene angereichert. Zu Beginn der dreissiger Jahre dominieren zunächst harmonische geschwungene Linien. Er interessierte sich vermehrt für den Stierkampf, der nun, verbunden mit alten Mythen, zu einem zentralen Thema wurde. 1937 griff er dieses Thema auch in dem monumentalen Gemälde «Guernica» auf, das er als Anklage gegen das Bombardement der spanischen Stadt durch Franco und die deutsche Luftwaffe während des Spanischen Bürgerkriegs schuf.
Das Bild der «Demoiselles d’Avignon» entstand in der Zeit der Aufbruchstimmung in Paris und ist wohl das Gemälde der Kunstgeschichte, das die meisten Studien und Vorzeichnungen aufweist. In einem unglaublichen Schaffensprozess, der von ständigen Zweifeln begleitet war, schaffte Picasso hier das Bild, das die Sehgewohnheiten der Kunstbetrachter völlig ausser Kraft setzen wird. Immer stärker rückt er vom eigentlichen Bildsujet ab: eine Gruppe von Prostituierten im Hafenmilieu mit einem Matrosen in ihrer Mitte. Während der Entstehung des Bildes ruft Picasso mehrmals Freunde ins Atelier, die ihm seine Meinung dazu sagen sollen. Die meisten sind verwirrt, begreifen es gar als Ironisierung der heftigen Diskussionen um Kunst und können sich nicht mit dem Bild anfreunden. Erst Jahre später wird klar, wie sich hier die Abkehr vom Naturalismus Bahn bricht und die Malerei als eine eigenständige Realität deutlich wird. Nach den «Demoiselles» ist die gesamte Entwicklung der neueren Kunstgeschichte erst möglich geworden. Ausgestellt sind die «Demoiselles» heute im Museum of Modern Art in New York, wobei sie sich im Besitz von Lillie P. Bliss, einer Nichte Picassos, befinden.
Nach dem Zweiten Weltkrieg beschäftigte er sich mit neuen Techniken wie der Lithographie oder der Keramik. Er zieht sich in seinen letzten Jahren nach Südfrankreich zurück, wo er zusammen mit seiner letzten Lebensgefährtin ein recht abgeschottetes Leben führte. Picasso starb am 8. April 1973 im Alter von 91 Jahren. Pablo Ruiz Picasso – eine schillernde Persönlichkeit und ohne Frage einer der bedeutendsten Künstler des 20. Jahrhunderts. Er brach mit akademischen Traditionen, setzte sich über Konventionen hinweg und revolutionierte die Malerei. Was wäre die moderne Kunst ohne Picasso?
Picassos «Guernica»
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Picasso hob die gängige Perspektive in seinen Bildern auf.
«ICH WÜRDE GERN LEBEN WIE EIN ARMER MANN MIT EINEM HAUFEN GELD.» Pablo Picasso
Ein weiterer Vertreter des Kubismus Der französische Maler, Grafiker und Keramiker entwickelte in seiner Frühphase seinen persönlichen Stil aus einfachen Formen, wie Kegel oder Kugel. Die formale Strenge dieses reduzierten Kubismus vereinigte Fernand Léger mit einem scharfen Kontrast an Farbigkeit und liess Anleihen vom Orphismus erkennen. Seine Erlebnisse mit der modernen Technik im Ersten Weltkrieg und die Begegnung mit dem Neoklassizismus bestimmten seine späteren Sujets, die er als technische Teile wie Zahnräder oder Schrauben realisierte. Selbst der integrierte Mensch wirkt in diesen Bildern wie ein technisches Objekt. Es folgten surreale Bilder mit einem Stil aus Kurven und Linien. In seiner letzten Phase widmete er sich der Arbeiterwelt, in der er eine postkubistische Ausdruckssprache mit dem Realismus mischte.
In Fernand Légers Bildern steht Farbigkeit im Kontrast zur formalen Strenge.
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BUSINESS
Ein Blick auf Luxusfonds kann sich lohnen.
EINE REISE IN DIE WELT DER LUXUSFONDS
D von Georg Lutz
er Luxusmarkt befindet sich im Umbruch. Alte dominierende Märkte wie Europa oder Japan verlieren an Einfluss. Neue Märkte in den Schwellenländern, insbesondere China, gewinnen an Bedeutung. Wie verändern diese Umwälzungen das strategische Denken eines Anlegers? Wir führten mit dem Luxusfondsmanager Juan Manuel Mendoza von der Schweizer Privatbank Clariden Leu ein Interview.
Lassen Sie mich das anhand einer Zahl verdeutlichen: Eine Investorenregel besagt, dass das Luxussegment drei Mal schneller wächst als das Bruttosozialprodukt. Im Fall von China liegt das Wirtschaftswachstum bei knapp neun Prozent. In der Luxusgüterbranche können wir folglich von einem Wachstum von rund 30 Prozent ausgehen. Das verdeutlicht die Dynamik dieser Region.
Das heisst auch, dass China in absehbarer Zeit sogar weltweit auf dem Spitzenplatz stehen wird? Ja, wir rechnen damit in einem Zeitraum zwischen 12 und 18 Monaten. Der aktuell grösste Markt für Luxusgüter ist immer noch Japan, aber im Zeitraum von einer Dekade könnte China bis drei Mal so gross sein, selbst wenn es Schwankungen geben wird.
Lernen Sie schon die chinesische Sprache? Ich habe es versucht, aber es ist schwierig. Ich werde aber einen zweiten Anlauf nehmen, weil ich ja beruflich viel in China unterwegs bin.
Schlägt sich das auch im Handeln von Unternehmen nieder?
Ich frage vor dem Hintergrund der wachsenden Bedeutung der Schwellenländer, aktuell auch BRIC-Staaten genannt, was den Markt der Luxusgüter betrifft.
Das ist fast logisch. Beispielsweise wird Prada im Sommer, nicht in Italien, auch nicht in Moskau oder Mumbai, sondern in Hongkong an die Börse gebracht. Das ist kein Zufall. Asien hat nicht nur für dieses Unternehmen die Schlüsselstellung inne. Auch der Luxusschuh-Hersteller Ferragamo wird diesen Schritt in Hongkong tun.
Wenn wir vom Luxusgütermarkt in den BRIC-Ländern sprechen, kommen wir in der Tat an China als der Nummer eins nicht vorbei.
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BUSINESS
Eine wachsende Mittelschicht in China macht den Unterschied.
Hat die Finanzkrise der letzten Jahre hier nicht zu Einbrüchen geführt?
(Cartier) überspringt der asiatische Umsatz demnächst die 50Prozent-Marke. Das wird sich auch auf die Modetrends auswirken. Bereits heute arbeiten Designerteams in Asien und prägen dort den Stil von morgen.
Was China betrifft überhaupt nicht. Der chinesische Markt war für uns in der stürmischen Zeit ein wichtiger Anker. Was wir in Europa und den USA verloren haben, konnten wir mit China wieder wettmachen.
Werden wir bald nicht mehr Nicole Kidman oder Brad Pitt als Werbeträger sehen, sondern chinesische Weltstars?
Interessant ist die Gesellschaftsstruktur, die sich in China rasant wandelt: Früher gab es in China nur wenige Superreiche. Heute vermag bereits der obere Teil der Mittelklasse in Luxusgüter zu investieren, und schon können die Anbieter ganz andere Umsatzzahlen realisieren. In Asien wird diese vermögende Mittelschicht in den nächsten zehn Jahren von 100 auf 500 Millionen anwachsen. China beansprucht davon die Hälfte. Das ist meines Erachtens auch für europäische Marken wie Rolex oder Luis Vuitton sehr interessant.
So weit sind wir noch nicht. Noch gehen europäische oder amerikanische Firmen mit ihren westlichen Stars in den chinesischen Markt. Aber umgekehrt werben chinesische Marken bereits heute mit chinesischen Stars. Nehmen Sie beispielsweise L2 und Lilanz. Daniel Wu wird in den Medien der Brad Pitt von China genannt und ist für diese Marke ein wichtiger Imageträger.
Es stellt sich jetzt die Frage, warum eigentlich nicht Russland an erster Stelle steht? Dort gibt es Millionärsmessen, und in der Schweiz sieht man reiche Russen, aber kaum reiche Chinesen?
Was heisst das für uns in Europa? Müssen wir uns vom Design und Geschmack am asiatischen Markt orientieren?
Im Gegensatz zu China hat sich in Russland in den letzten Jahren keine kaufkräftige Mittelschicht gebildet. Die Millionäre bleiben weitgehend unter sich.
Diese Entwicklung ist absehbar. Der asiatische Markt wird immer dominierender. Ich denke, bei Unternehmen wie Richemont
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BUSINESS
«IM GEGENSATZ ZU CHINA HAT SICH IN RUSSLAND IN DEN LETZTEN JAHREN KEINE KAUFKRÄFTIGE MITTELSCHICHT GEBILDET.» Kann sich die Mittelschicht in China solche Produkte wirklich leisten oder ist es eher wie hier: Viele identifizieren sich mit dem Brand Ferrari, sie werden aber nie einen kaufen können?
auf Damen-Handtaschen und Schals sind meines Erachtens recht hoch mit EBIT-Margen von bis zu 50 Prozent. Burberry will Ihnen nicht jedes Textilprodukt verkaufen, sondern nur ausgewählte und hochmargige Produkte. Meiner Meinung nach tut das auch der Aktie gut.
Die Mittelschicht in China hat eine Affinität zu Luxusprodukten. Eine Luxushandtasche, die zwischen 500 und 3.000 US-Dollar kostet ist ohne Frage teuer, aber sie wollen sich das leisten. Auch bei Uhren erleben wir ähnliche Entwicklungen.
Drittens fragen wir die Firmen, wohin das Kapital geht. Eröffnen sie zum Beispiel Läden in China. Japan ist ein saturierter Markt und braucht wenig neue Aktivitäten. Dagegen müssen Aktivitäten in China erkennbar sein. Das gilt branchenübergreifend.
Sind das auch die Gründe, warum Clariden Leu auf einen Luxusgüter-Fonds setzt?
Warum sollte ich als Anleger Luxusfonds im Visier haben? Der Luxusgüter-Fonds ist ein sehr global aufgestelltes Produkt. Er investiert in europäische Marken wie Burberry, amerikanische wie Tiffany, aber auch aufstrebende Luxusmarken in Asien. Das unterscheidet uns meiner Meinung nach von der Konkurrenz, die weniger stark in Asien investiert. Aus europäischem Blickwinkel mag das vielleicht erstaunen, aber es gibt gewisse Produktekategorien in Asien mit exorbitanten Wachstumszunahmen, die solch eine Strategie nahelegen. Der Hotelsektor fällt mir dabei als Erstes ein. Aber auch Schuhmarken wie StellaLuna sind mit einem Umsatzwachstum von 30 Prozent ein interessantes Investment. Sie stellen High Heels und Stiefel für Damen her und expandieren von China in den asiatischen Raum und auf die arabische Halbinsel. Clariden Leu vernachlässigt die «Alte Welt» aber in keiner Weise: Der Fonds ist zu 90 Prozent noch immer in westliche Marken investiert.
Die Luxusindustrie erlebt einen Umbruch im positiven Sinne. Der Grund liegt in den schon erwähnten kaufkräftigeren Schichten in den Schwellenländern. In einem diversifizierten Portfolio sollte Luxus ein Thema sein. Neuerdings fragen auch chinesische Kunden nach unserem Fonds.
Da schliesst sich der Kreis? Früher war Weihnachten und Silvester in Paris der grosse Luxusevent. Jetzt ist das Neujahrsfest in China dazugekommen.
Es geht aber nicht nur um Investitionen des Luxusgüter-Fonds in Regionen, sondern auch in Sektoren wie zum Beispiel Hotels, Automobile, Luxusgetränke, Kreuzfahrtschiffe, Uhren, Handtaschen, Juwelen und Luxuscasinos. Trotzdem ist der Fonds nur in 40 Unternehmen investiert. Juan Manuel Mendoza betreut den Luxusgüter-Aktienfonds bei Clariden Leu
Das heisst, es gibt eine strenge Auswahl? Wir haben sehr disziplinierte Anforderungskriterien. Zunächst geht es um den Markenwert. Es kann sein, dass eine Marke klar über- oder unterbewertet ist. Dieses Jahr hat etwa LVMH den Schmuckkonzern «Bulgari» zu einem Preis übernommen, der um 60 Prozent höher lag als der aktuelle Börsenwert – auch weil die Marke «Bulgari» so wertvoll ist. Es ist für uns wichtig, dass eine Luxusgüterfirma ihre Marke aufbaut und pflegt. Der Brand Hermès, um ein weiteres Beispiel zu nennen, ist heute ein Vielfaches mehr wert als noch vor 10 Jahren. Solches Branchen-Knowhow setzen wir ein, wenn es ums Investieren geht.
Der Charme von Luxusfonds Hochwertige Luxusfonds rücken neuerdings immer stärker in den Fokus der Anlagewelten. Die Luxusbranche kann selbst in globalen Krisen ein Anker sein. Gleichzeitig profitieren die Anleger von der steigenden Konsumlust und Kaufkraft der Oberschicht in den BRIC-Staaten.
Da geht es Ihnen nicht um schnelle Trends, sondern um langfristige Qualität?
Luxusfonds stellen aber auch Geschlechterverhältnisse auf den Kopf. Sie nähern sich erstens dem Konsumbedürfnis der Frauen nach Luxusmarken an und bedienen zweitens ihr Sicherheitsbedürfnis.
Genau. Zudem interessiert uns der Margen-Mix. Besuchen Sie doch Burberry hier in Zürich an der Bahnhofstrasse. Die Margen
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Höhlen SWEET & SOUR
KÄSE
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von Sabine Schritt, Fotos: Emmi AG
orgens um 6 Uhr macht Betriebsleiter Walter Burri die erste Runde durch die Höhle Kaltbach. Auch die anderen vier Höhlenmeister sind unterwegs durch die Käsegestelle. Jede Tagescharge wird begutachtet, bevor Burri mit seinem Team über die nächsten Bearbeitungsschritte entscheidet. Bürsten, wenden, waschen, und das unzählige Male am Tag. Pflegeroboter helfen dabei. «Alleine fürs Bürsten kennen wir 12 verschiedene Programme mit unterschiedlichem Druck. Es gibt da keine festen Regeln, die Käsepflege ist sehr individuell», erklärt Burri.
In einer Sandsteinhöhle im Kanton Luzern reift schon seit Jahrzehnten eine ganz spezielle Schweizer Käsesorte. Ihre Vergangenheit in der Höhle macht den Unterschied.
In der Sandsteinhöhle lagern rund 30.000 Käselaibe, die während sechs bis neun Monaten zu einer Spezialität heranreifen: dem Höhlenkäse. Die heute fünf Meter hohe und 2.130 Meter lange
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SWEET & SOUR
Betriebsleiter Walter Burri begutachtet jeden Tag persönlich die Käselieferung. In der Höhle Kaltbach reifen im Jahr rund 80.000 Käselaibe zu einer Spezialität, dem Höhlenkäse, heran.
Höhle liegt in Kaltbach, einem kleinen Ort im Kanton Luzern, der politisch zur Gemeinde Mauensee gehört. Bevor 1956 erstmals Käse in der Höhle eingelagert wurde, diente sie Landwirten als Lagerort für Geräte oder Heu. Sie war damals nur 50 Meter lang. Da der Käse in der Höhle besonders gut reifte, wurde die Höhle in den folgenden Jahren schrittweise ausgebaut. Seit 1993 besitzt die Emmi AG in Kaltbach eine eigene Käserei mit der berühmten Sandsteinhöhle. 1999 wurde die Höhe von drei auf fünf Meter erweitert und bot bereits Platz für 13.000 Käselaibe. Ende Oktober 2010 wurde nach zwei Jahren Bauzeit die erweiterte Käsereifungshöhle eingeweiht. Seit über 30 Jahren beschäftigt sich Burri nun schon mit Käse. Begonnen hat es 1969 mit der Lehre zum Käser, seit 25 Jahren ist er Betriebsleiter in Kaltbach. Langweilig werde ihm nie, sagt er. Kein Tag ist wie der andere, neben allerlei Aufgaben rund um den Käse, ruft auch eine Menge Büroarbeit. «Der Käse ist ein sehr wichtiger Bestandteil meines Lebens», lacht Burri. Er hegt und pflegt die Käselaibe mit Passion. Der Sandstein reguliert die Feuchtigkeit in der Höhle, so dass ganzjährig eine Luftfeuchtigkeit von konstanten 94 Prozent bei einer Temperatur von elf bis maximal zwölf Grad Celsius herrscht. Sandstein besteht aus einem Gemisch aus Quarz, Calcit, Feldspäte, Glimmer und anderen Gesteinsbruchstücken. Etwa 20 Prozent des Gesteins sind offene, wassergefüllte Poren. Die spezielle Zusammensetzung ist verantwortlich für die typische Mineralisierung der Höhlenluft. Dadurch entsteht das Markenzeichen des Höhlenkäses: die schwarz-braune Patina. Je dünner die dunkle Rinde, desto besser der Käse. Im Höhlenklima wird der Teil besonders mürbe. «Man muss kein Käsekenner sein, um zu merken, dass höhlengereifter Käse wesentlich aromatischer schmeckt als herkömmlich gereifter», schwärmt Burri von «seinem» Käse. «Jeder Bissen zergeht förmlich auf der Zunge.» Der Kaltbachkäse ist frei von künstlichen Zusätzen, bei der Reifung kommen nur Wasser, Salz, Feuchtigkeit, Temperatur, Schimmel und Bakterien zum Einsatz. «Mit solch einfachen Mitteln ein konstant gutes Produkt herzustellen, ist eine Herausforderung für jeden Käser», meint Burri. Wie die Reifung des Käses genau aussieht, ist laut Burri nirgendwo dokumentiert. Es stecke eben in den Köpfen der Leute. Doch das beste Kapital für die Qualität des Käses ist das über Jahre gewachsene Know-how in der Höhle, was es Nachahmern sehr schwer mache. Unsere ganzen Prozesse wären nichts wert ohne die Erfahrung unserer Mitarbeiter. Absolut geheim ist laut Burri natürlich die Zusammensetzung der Sulz, mit welcher die Käselaibe behandelt werden. «An dieser Rezeptur wurde jahrelang gearbeitet.»
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Maschinen helfen den Käsemeistern in der Höhle Kaltbach bei der Pflege der Käseaibe.
Rund 80.000 Käselaibe reifen übers Jahr in der Höhle und werden anschliessend weltweit verkauft. Jede Woche sind zwischen 1.800 und 2.000 Käselaibe ausgereift und verlassen die Höhle. Ungefähr genauso viel Käse-Nachschub nimmt Burri auch wöchentlich von ausgewählten Käsereien der Schweiz entgegen.
Produziert wird nach den strengen Qualitätsrichtlinien des AOCSiegels (Appellation d’Origine Controlée). Dieses beweist die Echtheit der Schweizer Herkunft und steht für ein RohmilchkäsePremiumprodukt. «Die Schweiz produziert rund 0,5 Prozent der weltweiten Käsemenge, da können wir nur durch absolut höchste Qualität bestehen», weiss Schütz.
Die Emmi AG hat etwa 120 Emmentaler Käsereien unter Vertrag, aber nur vier davon dürfen ihren Käse direkt in die Höhle in Kaltbach einliefern. Andreas Schütz ist einer von ihnen, was ihn schon ziemlich stolz macht. «Nur die Besten schaffen es in die Höhle», weiss er. Käsermeister Schütz arbeitet in der Käserei Ganzenberg, Rohrbachgraben (BE), die der Käsereigenossenschaft Ganzenberg mit 13 Milchlieferanten gehört. Schütz produziert täglich drei Laibe Emmentaler Switzerland AOC zu je 90-95 Kilogramm Gewicht. Übers Jahr kommen so rund 92 Tonnen Emmentalerkäse zusammen. Die Käse werden monatlich in der Käserei abgeholt, um sie in der Höhle Kaltbach zu reifen.
Wer in den höhlengereiften, würzigen und geschmeidigen Teig beisst, macht sich wahrscheinlich keine Gedanken darüber, wie viele Arbeitsschritte und wie viel Leidenschaft darin stecken. Käsermeister, das ist ein Rund-um-die-Uhr-Job. Die Milch darf maximal 18 Stunden alt sein, wenn sie zu Emmentaler AOC verarbeitet wird. Und sie wird täglich zweimal angeliefert. Urlaub? Kennt Schütz nicht. Der dreifache Familienvater ist mit Leib und Seele Käser. «Die Milch wird täglich frisch angeliefert und verarbeitet», sagt er und betont, dass ihm Ferien, wie andere sie machen, nicht fehlen. Dafür geniesst er seine täglichen arbeitsfreien Nachmittage, die er mit seiner Familie verbringt, umso mehr. Anders
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Mit Liebe und Leidenschaft werden die Käselaibe von den Höhlenmeistern gepflegt, bis sie reif sind für den Verkauf.
als andere Käser wohnt er nicht in der zur Käserei gehörenden Wohnung, sondern ein paar Kilometer entfernt in seinem eigenen Haus. Auch das gibt ein bisschen Abstand zum Abschalten von der Arbeit. Sein Berufsstand habe derzeit Nachwuchssorgen, erzählt er. Und da das Emmentaler Käsegeschäft in der Schweiz sehr exportabhängig ist, sei auch die Eurokrise spürbar. «Die Konsumenten müssen bereit sein, für ein Premiumprodukt, wie den aus Rohmilch hergestellten Emmentaler AOC, auch ein wenig mehr zu bezahlen», appelliert er.
Buchtipp Der lange Weg nach Kaltbach. Von Höhlen, Käsern, Kühen und Bauern. Fotos: Markus Bühler-Rasom, Text: Denise Schmid. Mit einem Essay von Peter Stamm. Herausgeber: Emmi Schweiz 128 Seiten, Hardcover, 29,5 x 20 cm Erhältlich drei: Deutsch, Französisch, Englisch Kontrast Verlag, 2010, CHF 42.00.–
Der Absatz von Kaltbachkäse hat in den vergangenen Jahren laufend zugenommen. Ein Grund dafür, im letzten Bauabschnitt von 2008 bis 2010 die Kapazität der Höhle zu verdoppeln. Doch nicht die Beliebtheit «seines» Käses hat den Betriebsleiter überrascht, vielmehr der grosse Andrang auf das neue Besucherzentrum, das im letzten Oktober eröffnet wurde. «Für dieses Jahr ist es beinahe ausgebucht und auch für 2012 gibt es schon Reservierungen.»
«Friends of Kaltbach» Seit 2006 finden sich die «Friends of Kaltbach» zusammen. Die Vereinigung zählt inzwischen 6.000 Mitglieder, die sich Veranstaltungen rund um das Thema Genuss, Käse- und Tischkultur widmen. www.emmi-kaltbach.ch
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© Walt Disney Studios
© Walt Disney Studios
© Walt Disney Studios
Johnny Depp als Captain Jack Sparrow in «Fluch der Karibik».
JOHNNY DEPP Gezähmter Rebell
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von Dominique Zahnd, London
Er spielt oft in Filmen, die niemand sehen will. Und zieht sich gerne geschmacklos an. Doch Johnny Depp kommt damit durch – seit 20 Jahren schon. Wieso? Weil er der heisseste Superstar dieses Planeten ist.
ew York, vor dem Nebeneingang eines TV-Studios: Grimmig dreinblickende Sicherheitsleute patrouillieren vor eisernen Absperrungsbarrieren. Es gibt kein Durchkommen mehr. Geschätzte tausend Gaffer verstopfen die Nebenstrassen: drücken, schubsen, stehen sich gegenseitig auf den Füssen. Dann wird klar warum. Die Polizei leitet den Verkehr um, schafft Platz für eine Blaulichteskorte und eine Limousine mit schwarz getönten Scheiben. Der Wagen hält, ein Mann steigt aus. In diesem Moment flattern bei allen Frauen die Wimpern, röten sich Wangen und der Puls beginnt zu rasen. Arztbesuch unnötig, die Diagnose lautet: durch Johnny Depp verursachter Herzklopfalarm!
Am liebsten spielt er Freaks Wo der 47-jährige Schauspieler auftaucht, bricht das Chaos los. Dabei ist er eigentlich erst seit 2003 ein richtiger Star. Damals schlüpfte er in seine erste, superkommerzielle Rolle – die des tuntigen Piraten Jack Sparrow. Vorher drehte er bevorzugt schräge Filme für ein Nischenpublikum. Doch seit der «Pirates of the Caribbean»-Reihe hat er sich nun auch einen Platz im klassischen Hollywood-Blockbusterkino erobert. Seinen Idealen blieb er trotzdem treu: Denn auch wenn er als Captain Jack ein Zuschauermagnet ist – die Figur an sich ist ein absoluter Freak. Und die spielt Johnny Depp am liebsten.
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Johnny Depp als irrer Hutmacher in «Alice im Wunderland».
© Walt Disney Studios
«ICH WOLLTE NIE SCHAUSPIELER WERDEN. ES SCHIEN NUR EINE GUTE ART, LEICHT GELD ZU VERDIENEN.» Johnny Depp
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Johnny Depp und Angelina Jolie in «The Tourist».
«ICH FAND ALLES VERDÄCHTIG, WAS NICHT VON MCDONALD’S KAM. HEUTE BIN ICH EIN FEINSCHMECKER.»
© Frenetic Films
Johnny Depp
Mit 13 seine Unschuld verloren
Wer die Chance hat, den Amerikaner mal privat zu erleben, ist erstaunt, wie bodenständig er ist. Allüren hat der Star keine. Depp ist bescheiden und fast ein bisschen schüchtern. Das unterscheidet ihn von den meisten A-Listen-Promis. Selbst zu Filmpremieren geht er nur, weil er vertraglich dazu verpflichtet ist. Ansonsten meidet er die Öffentlichkeit und lebt zurückgezogen mit Langzeitfreundin Vanessa Paradis und seinen zwei Sprösslingen Lily-Rose und Jack in Südfrankreich, in dem Dorf Plan de la Tour. Warum gerade dort?
Mit seiner Popularität haderte er lange. Mittlerweile hat er einen Weg gefunden, wie sie seine Seele nicht mehr auffrisst. Depp ist ruhiger geworden. Doch den Rebellen in seinem Herzen wird er wohl nie töten können. Bereits als Teenager war er schwer zu bändigen: Mit 12 fing er an zu rauchen, mit 13 war die Unschuld futsch, mit 14 kamen die Drogen und mit 16 schmiss er ohne Abschluss die Schule, um in der Garagen-Band «The Kids» im Vorprogramm von Iggy Pop aufzutreten. Musik war seine Leidenschaft, die Schauspielerei bloss eine Notlösung – 1983 eingebläut durch Nicolas Cage, der ihm zu einer Minirolle im Horrorstreifen «Nightmare on Elm Street» verhalf. Zum umschwärmten Posterboy wurde Depp 1987 mit der TV-Serie «21 Jump Street». «Ich wollte nie Schauspieler werden. Es schien nur eine gute Art, leicht Geld zu verdienen», sagt er über seinen Einstieg ins Business.
«Mir gefällt alles an diesem Land. Die Menschen, die Lebensart, das Essen, der Wein. Früher wusste ich nicht, was gutes Essen ist. Ich fand alles verdächtig, was nicht von McDonald’s kam. Heute bin ich ein Feinschmecker.» Geht er mal in die Hauptstadt essen und ein Fan – und wer ist das schon nicht? – erkennt ihn im Restaurant, ist Johnny Depp überraschend zugänglich und freundlich. Er sagt: «Die Zuschauer sind mein Boss. Ohne ihr Wohlwollen kann ich meine Rechnungen nicht bezahlen. Darum bin ich jedem einzelnen Fan dankbar.»
Heute findet er Filme drehen aber ganz ok. Vor allem, wenn Tim Burton («Batman») sein Regisseur ist. Der kauzige Brite verhalf ihm als trauriges Titelmonster in «Edward mit den Scherenhänden» (1990)
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© Frenetic Films
Johnny Depp als Frank Tupelo in «The Tourist».
zum internationalen Durchbruch. Seit damals sind die beiden Kerle mit dem Faible fürs Düstere dicke Freunde. Bisher haben sie sechsmal miteinander gedreht – von der B-Movie-Hommage «Ed Wood», dem Geistermärchen «Sleepy Hollow», dem Animationsfilm «Corpse Bride» über den Abstecher ins Schokoladenland «Charlie und die Schokoladenfabrik», die blutige Friseurgeschichte «Sweeney Todd» bis hin zum wiederbelebten Klassiker «Alice im Wunderland».
kum ansprechen können». Durchgeknallte Figuren ziehen ihn einfach an. «Seit meiner Kindheit – in der ich vielleicht einmal zu oft ‹Dracula› gesehen habe – identifiziere ich mich mit Aussenseitern», sagt Depp und schmunzelt. «Deshalb bin auch viel lieber Charakterdarsteller als ein normaler Hauptdarsteller und Star. Denn Stars sind ziemlich eingeschränkt in ihren Rollen.» Johnny Depp mag sich noch so hässlich anziehen oder mit Brille und Hut tarnen: toll sieht er trotzdem aus. Deswegen wurde er 2003 und 2009 auch zum «Sexiest Man Alive» gewählt. Doch auf seine Optik angesprochen zu werden ist ihm unangenehm. «Ich finde es peinlich, wenn Leute über mein Aussehen reden», sagt der Leinwand-Beau. «Denn normalerweise sehe ich total scheisse aus – und die meisten Leute aus meinem Umfeld finden das auch!» Seine Wirkung auf Frauen irritiert ihn – besonders, wenn sie anfangen zu weinen. «Ich kapiere das nicht», sagt er. Und wenn die Mädels dann vor lauter angestauter Leidenschaft sogar ohnmächtig werden, fehlt es Johnny Depp komplett an Erklärungsbedarf. «Aber vielleicht rieche ich einfach nur zu schlecht…», sagt er mit einem Augenzwinkern.
Aufgeben ist keine Option Wird das Thema Tim Burton während eines Interviews angeschnitten, ist Depp nicht mehr zu halten. Der Regisseur habe ihn davor bewahrt, «nur ein weiteres Stück Wegwerf-Hollywood-Fleisch» zu werden. Nachdem Depp als Teenie-Cop damals im Fernsehen keinerlei Kontrolle über seine Karriere hatte, wendete sich das Blatt nach seinem Kinodebüt. Der Schauspieler suchte sich von Anfang an bevorzugt unbequeme Rollen aus. Viele seiner Filme floppten, doch die Rückschläge haben ihn nie entmutigt. Denn er war stets davon überzeugt, dass auch «bizarre Dinge ein grösseres Publi-
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FACE TO FACE
© Universal Pictures
© Universal Pictures
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Johnny Depp als John Dillinger in «Public Enemy».
Seine Freundin nennt ihn «Darling»
Aber nicht nur das: Es hagelte auch Auszeichnungen, selbst eine «Oscar»-Nominierung war dabei. Dass er von Presse und Fans so gefeiert wird, ist dem Star etwas unheimlich. «Ich glaube, dass es ein Wunder ist, dass ich überhaupt neue Jobs bekomme. Ich rechne jeden Tag damit, dass meine Karriere den Bach runtergeht», gesteht er und sieht sich schon als Tankstellenangestellten oder als Gitarrenspieler in irgendeiner Bar enden. Das wird jedoch so schnell wohl nicht passieren. Der vierte Teil des Karibik-Abenteuers läuft derzeit im Kino. Weitere Projekte sind in Planung, darunter auch der Vampir- und Werwolfschocker «Dark Shadows» bei dem – mal wieder – Tim Burton Regie führen wird. Die Freakshow geht also weiter...
Seine Freundin scheint sich jedenfalls nicht an seiner Ausdünstung zu stören. Sie nennt ihn liebevoll «mein Darling». «Mein Darling hat mich für mein Platten-Cover fotografiert», verriet sie. Die angesprochene CD heisst «Bliss», das englische Wort für Entzücken/Wonne, und war ihrem Schatz und dem glücklichen Leben an seiner Seite gewidmet. «Mein Darling ist der sanfteste Mensch der Welt», sagt Vanessa, «aber manchmal genügt ein Funke, um ihn zur Explosion zu bringen.» Das war vor allem in seinen Anfangstagen als Star ein Problem. Damals war er den Drogen verfallen, zerlegte Hotelzimmer und machte mit immer neuen Affären Schlagzeilen.
«DIE ZUSCHAUER SIND MEIN BOSS. OHNE SIE KANN ICH MEINE RECHNUNGEN NICHT BEZAHLEN.»
Ob bei Ex-Frau Lori Anne Allison oder seinen Ex-Verlobten Sherilyn Fenn, Jennifer Grey, Winona Ryder oder Topmodel Kate Moss: Johnny kam, sah und brach Herzen. Ausser bei der Sängerin und Schauspielerin Vanessa Paradis. Seit er die Französin 1998 bei den Dreharbeiten zum Mystery-Thriller «Die neun Pforten» kennenlernte, ist Schluss mit dem wilden Leben. «Und das ist auch gut so», sagt der geläuterte Badboy, der heute lieber Barbie spielt, als mit Drogen zu experimentieren. «Ich gehe einfach mit den Kindern raus und sehe mit ihnen im Garten nach den Tomaten. Eigentlich total langweiliger Kram, aber schöner Kram», sagt Depp, der davon überzeugt ist, dass erst die Geburt seiner Tochter (1999) ihm den wahren Sinn des Lebens gezeigt hat.
Johnny Depp
Rockende Filmstars Mit seiner alten Band «The Kids» tritt Johnny Depp ab und zu bei Wohltätigkeitskonzerten auf – zupft dabei die Gitarre und singt auch ein bisschen. Dass Schauspieler noch eine Zweitkarriere als Musiker am Laufen haben, ist nichts Neues: Kevin Bacon tourt mit seinem Bruder mit Folksongs durch die Lande, die Kollegen Bruce Willis und Tim Robbins singen auch, Russell Crowe brummelt bei «Thirty-odd Foot Of Grunts» mit, Kevin Costner bei «Modern West», und Keanu Reeves spielt Bass bei «Dogstar».
Seinen Kindern zuliebe nahm er auch die Rolle des Captain Jack an. Teil eins der Freibeutersaga spielte allein in den USA 300 Millionen Dollar ein. Logisch, dass danach – bis jetzt – drei Fortsetzungen folgen mussten. «Meine Familie war bei den Dreharbeiten immer dabei. Lily-Rose war völlig begeistert von meinem Kostüm. Nach einer Weile war es für sie ganz selbstverständlich, dass ich so rumgelaufen bin», erinnert der Schauspieler sich. «Als jemand sie fragte, was ihre Eltern von Beruf seien, sagte sie: Meine Mami ist Sängerin, und mein Papi ist Pirat» Die Rolle des Seefahrers kam aber nicht nur gut bei seinen Liebsten an, sie hat auch Depps Kontostand enorm aufgebessert.
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ARCHITECTURE
Traditionelle BAUWEISEN Andere Länder, andere Sitten, andere Wohnformen, andere Bauweisen. Rund um den Globus benutzt der Mensch die BauBau materialien, die er naturgegeben vorfindet. Skandinavien besitzt viele Wälder, daher findet man hier viele Hözhäuser, in Afrika wird häufig Lehm verwendet und die Nordsee schmückt sich mit reetgedecken Dächern.
SÜDSEE
Auf Bora Bora wurden die Überwasser-Bungalows einst erfunden, aus Platzmangel an Land. Heute sind sie in fast jedem Fünf-Sterne-Resort der Südsee zu finden. Die auf Stelzen in die Lagune hineingebauten Häuser verfügen meist über eine gläserne Tischplatte durch die man beim Frühstück die bunten Korallenfische beobachten kann.
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ARCHITECTURE
AFRIKA
Lehm ist seit Jahrtausenden ein wichtiger Baustoff in Westafrika, denn er ist leicht verfügbar und gut zu verarbeiten. Ausserdem schafft Lehm ein angenehmes Raumklima, weil er Wärme speichert, Temperaturschwankungen ausgleicht und Luftfeuchtigkeit aufnimmt. Im trockenen Zustand wirkt Lehm antibakteriell und konserviert verbautes Holz. Ausser rundlichen, strohgedeckten Hütten werden auch grössere Bauten aus Lehm gemacht, wie Moscheen in Mali. Eines der imposantesten LehmBauwerke der Welt ist die Grosse Moschee im malischen Djenné.
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ARCHITECTURE
GRÖNLAND
Unter Iglu versteht man üblicherweise ein Schneehaus. Als Wohnung hat das Iglu seit den 1950er Jahren ausgedient. Bis auf wenige Ausnahmen leben die Inuit heute in Siedlungshäusern und bei winterlichen Aufenthalten auf dem Land in Holzhütten. Vermutlich hat sogar weit über die Hälfte der circa 100.000 in Kanada und Grönland lebenden Inuit noch nie in einem Iglu geschlafen, und ein Iglu kann längst nicht mehr jeder Inuk bauen. Die Inuit nutzen das Iglu heute meist als Schutzhütte, wenn sie, etwa bei einem Jagdausflug, von Wetterumstürzen überrascht werden. Dieser in der Arktis nach wie vor wichtige Zweck ist auch der Grund dafür, dass Iglubauen bis zu einem gewissen Grad auch in der Schule unterrichtet wird.
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ARCHITECTURE
SCHWEIZ
Das Chalet ist ein im Alpenraum, insbesondere in der Schweiz, verbreiteter ländlicher Haustyp. Chalets werden traditionell aus Holz gefertigt oder haben zumindest eine Holzverschalung. Typisch für das Chalet ist ein flaches Satteldach mit weitem Dachüberstand. Das Wort «Chalet» (frz.; von lat. cala, geschützter Ort) stammt aus der französischsprachigen Schweiz und bedeutete ursprünglich «Sennhütte». Der heutige Sprachgebrauch bezieht auch Ferienhäuser und -wohnungen mit ein. Im Zuge der Romantisierung des Landlebens und der Gebirgswelt im 19. Jahrhundert entwickelten besonders der europäische Adel und das Bürgertum ein wachsendes Interesse für das traditionelle Holzhaus im schweizerischen Alpenraum.
SCHWEDEN
Mit Schweden verbinden wir wunderschöne Landschaftspanoramen, grüne Tannenwälder und klare Seen – ruhige und grösstenteils unberührte Natur. Und natürlich kupferrote Holzhäuser an Waldrändern. Aus Sicht der Baubiologen ist vor allem das Holz als Baustoff hervorzuheben. Da es ein natürlicher Baustoff ist und durch seine bauphysikalischen Eigenschaften sowohl Schwankungen der Temperatur als auch der Luftfeuchtigkeit ausgleichen kann, ist es ein hervorragendes Material für ein gesundes Wohnklima.
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ARCHITECTURE
NORDSEE
Reet beziehungsweise Schilf war eines der ersten Bedachungsmaterialien der sesshaft gewordenen Menschen; dies ist vor allem auf seine Eigenschaften als Wasserpflanze und seine lokale Verfügbarkeit zurückzuführen. Die ersten Reetdächer waren einfache Eindach-Häuser. Im Mittelalter wurde aufgrund der Brandgefahr in dicht bebauten Gebieten das Reetdach in den Städten durch Hartdächer ersetzt. Auf dem Lande behielt das Reet jedoch bis in die heutige Zeit eine gewisse Bedeutung. Heute findet man es besonders an der Nordseeküste oder an der Ostsee, wo es jedoch Rohrdach genannt wird.
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KOLUMNE
«DIE BEDEUTUNG VON KATZEN BEI DER MEDITATION» von Nubya
Z
um Thema Traditionen fällt mir als Erstes eine
Einerseits denke ich, dass sie zum Erbe gehören, das unsere
schöne Geschichte ein, die ich vor einiger Zeit
Mütter und Väter und deren Mütter und Väter an uns weiter-
gelesen habe. Und die geht so: «Ein grosser
geben. Etwas, das uns meist schon aus diesem Grund etwas
Meister des Zen Buddhismus hatte eine Kat-
bedeutet und vielleicht eine Verbindung zu unserer Herkunft
ze, die er sehr liebte. Daher hatte er in den Me-
herstellt und in uns eine gewisse Vertrautheit und ein Heimat-
ditationsstunden die Katze immer bei sich. Eines Tages starb
gefühl erzeugen kann.
der Meister und sein fortgeschrittenster Schüler trat an seine Stelle. In ehrendem Angedenken an seinen verstorbenen
Wenn ich die Parallele zur Musik ziehe, gefällt mir folgen-
Meister, liess der neue Meister zu, dass die Katze weiterhin an
der Ansatz im Umgang mit traditionellem Material, der uns
den Unterrichtsstunden teilnahm. Einige Schüler der benach-
in der Jazzschule in New York bei der Arbeit mit Jazz-
barten Klöster bekamen mit, dass in einem der berühmtesten
Standards beigebracht wurde. In der Jazzmusik werden
Tempel der Region eine Katze an den Meditationen teilnahm,
oft Standards interpretiert. Das sind Lieder, die seit Jahr-
und die Geschichte sprach sich herum.
zehnten zum Grundrepertoire von Jazzinterpreten gehören und die bis heute im Jazz eine hohe Bedeutung ein-
Die Katze starb, doch die Schüler des Klosters waren so an
nehmen. Uns wurde folgende Herangehensweise an diese
ihre Anwesenheit gewöhnt, dass sie sich eine andere Katze
Songs empfohlen.
beschafften. Und auch die anderen Klöster begannen Katzen zu ihren Meditationen hinzuzuziehen. Sie glaubten, die
Wir sollten die Lieder erst genau so lernen, wie sie geschrie-
Katze sei der wahre Grund für den Ruhm des Unterrichts
ben worden waren. Note für Note, Wort für Wort. Wir wurden
des grossen Meisters gewesen und vergassen darüber,
auch regelmässig dazu ermahnt, beim ersten Durchgang des
dass der alte Meister ein hervorragender Lehrer gewesen
Liedes strikt bei der ursprünglichen Melodie zu bleiben und
war. Eine Generation später tauchten Abhandlungen über
danach erst zu zeigen, wie man es noch anders und auf eine
die Bedeutung von Katzen bei der Meditation auf. Ein Uni-
eigene Weise interpretieren kann. Damit zollt man einerseits
versitätslehrer entwickelte die von der akademischen Welt
der Komposition Respekt, andererseits ist es wichtig, in der
anerkannte These, dass Katzen die Fähigkeit besassen, die
Lage zu sein, etwas im Original zu kennen und zu können. Und
Konzentration der Menschen zu erhöhen und negative Ener-
sich danach bewusst auf neue Wege begeben. Das span-
gien zu beseitigen. Und so wurde ein Jahrhundert lang die
nendste an der Arbeit mit diesen Liedern ist, die ursprüngliche
Katze für einen wesentlichen Bestandteil des Zen Buddhis-
Form weiterzuentwickeln und zu verändern und doch zu wis-
mus in jener Region gehalten.»
sen, wie es einmal gedacht war.
Eine Geschichte wie diese zeigt, wie ein Brauch entstehen, wie
Und das, finde ich, ist auch eine schöne Art, mit Traditionen
irgendwann der ursprüngliche Grund vergessen gehen kann
umzugehen.
und das Ritual dennoch fortgeführt wird. Ja, vielleicht sogar noch einen neuen Sinn bekommt. Und bestimmt sind wir alle schon bewusst oder unbewusst mit ähnlichen Geschichten in Berührung gekommen. Doch weshalb sind uns denn Bräuche und Traditionen so wichtig?
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DESIGN
© udb studio www.udb.it
ROLF Ein K ünstler SACHS der anderen Art 80
DESIGN
Er ist der Sohn des kürzlich verstorbenen deutschen Industrie-Erben und Fotografen Gunter Sachs, wurde 1955 in Lausanne geboren und hatte drei Jahre lang eine der damals wohl betörendsten Frauen in seiner Nähe – Brigitte Bardot.
R
von Helena Ugrenovic
Was war ausschlaggebend dafür, dass sie dem BankierDasein goodbye sagten und sich ganz der Kunst widmeten?
olf Sachs ist die Art von Persönlichkeit, in deren Gegenwart man sich nicht nur wohl fühlt, sondern in den Spirit dieses Mannes eintaucht. Als Betriebswirt arbeitet er als Investmentmanager und lebt als Künstler und Designer mit seiner Familie in London. PRESTIGE traf den sympathischen Künstler am Ballantine's 12 Event in London und im «Baur au Lac» in Zürich.
Die Gene. Man fühlt sich zum Kreativen unausweichlich hingezogen. In der Jugend mit Kunst konfrontiert worden zu sein, hinterlässt natürlich auch Spuren, aber wir sind von unserer DNS gesteuert.
Haben Sie das jemals bereut? (lacht) Nein.
PRESTIGE: Ihre Kunstwerke entsprechen so gar nicht der braven Art, sondern bewegen sich ausserhalb der Normen. Sind Sie ein Rebell?
Wo sammeln Sie Ihre Ideen? Betrachten Sie einen Gegenstand, denken Sie dann «Oh, diese Seite sollte schräg sein, die Oberfläche mit Glas bedeckt und ein Bein ist zu viel»?
Rolf Sachs: (lacht) Nein, ich bin im Leben nicht rebellisch eher Individualist, was Design betrifft ein Nonkonformist immer mit dem Gedanken vor Augen, das Neue zu schaffen. Dinge eben, die sich nicht in die Kommerzschiene pressen lassen, sondern frische, noch nicht da gewesene Gedanken umzusetzen.
Designausstellungen lassen mich eher kalt, ich bin oft enttäuscht, weil die Dinge zu oft so seelenlos sind, oder üppig, unnötig dekoriert oder stilisiert. Meine Stücke sind meist konzeptionell – aus diesem Grund spielen oberflächlich dekorative Aspekte eher eine geringere Rolle.
Es gibt Kunstkenner und solche, die konzentriert an einer Ausstellung ihre Runden drehen und über ein Bild oder ein Kunstwerk «fachsimpeln». Kann man Kunst beurteilen oder liegt deren Schönheit im Auge des Betrachters?
Was denken Sie, warum erschaffen Künstler – weil sie für sich selber etwas erschaffen und das mit anderen Menschen teilen wollen, oder verleiht Kunst Unsterblichkeit? Beides ist der Fall. Die Kreativität ist die Triebfeder des Künstlers, «er kann gar nicht anders». Manche wollen mit ihrer Schöpferkraft raus, weil sie den Drang spüren, manche machen es des Geldes wegen und wieder andere für ihren Platz in der Ewigkeit, aber die letzteren sind hoffentlich sekundär.
Kunst ist genau gleich wie andere Wissenschaften. Die Frage stellt sich hier, wie sehr man sich mit der Materie beschäftigt. Das ist so ähnlich, wie über ein literarisches Buch zu urteilen, eine neue Erfindung, ein Auto oder ein Uhrwerk. Man muss sich in diesem Fachgebiet auskennen. Natürlich ist Kunst keine klare Wissenschaft wie zum Beispiel die Physik.
Wäre die Welt eine bessere Welt, bestünde sie aus Künstlern? (lacht) Sie wäre abenteuerlich, es wäre eine «Bohemian World», es gäbe sehr wenig Regeln und eine Anarchie könnte sich hochschaukeln. Am Ende braucht es alle verschiedenen Begabungen, um existieren zu können. Gäbe es das Gute nicht, gäbe es kein Böses, es braucht alle Faktoren.
Die Akzeptanz der Kunst beziehungsweise des Künstlers ist anfangs auch von seinen Agenten oder Galeristen abhängig, aber langfristig wird sich Qualität durchsetzen. Am Ende sollte jeder für sich selbst urteilen, ob ihn das Stück berührt. Das Urteil kann sich oft im Laufe der Zeit ändern. Kunst will Emotionen wecken und jeder empfindet es auf seine eigene Art.
Unterliegen Künstler Trends? Beziehungsweise – ähneln sich die Kreationen wie zum Beispiel in der Modebranche, wo alles irgendwie gleich scheint? Heutzutage ist man sehr trendfrei. Früher war alles sehr zeitgeprägt, nehmen Sie die Renaissance, den Barock oder das Art déco. Heute spürt man die Dominanz eines Stils, verglichen mit anderen Jahrhunderten oder den 20er Jahren, wenig. Natürlich gibt es gewisse Trendrichtungen, aber diese sind nicht mehr so ausgeprägt.
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Ein smart als Designerstück – der smart fortwo sprinkle by Rolf Sachs
DESIGN
Speziell hier in der Schweiz klassifiziert man die Menschen sehr gerne und sehr oft in Künstlertyp oder Manager, kaufmännischer Kopf. Es fällt dem Grossteil der schweizerischen Gesellschaft schwer zu begreifen, dass ein Mensch beides gerne und gut macht. Wie ist das bei Ihnen? Stossen Sie auf Widerstand? Ich bin ein Betriebswirt und meine Spezialfächer in der Schule waren Mathematik und Physik, wie auch die bildlich kreativen Fächer. Mit Sicherheit wäre ich ein miserabler Buchhalter, aber ich bin ein kreativer Finanzmann. Das hat mich interessiert und es war eine freiwillige Pflicht!! Mathematik ist der Kunst nicht so fern, der Musik wahrscheinlich näher als dem Bildlichen. Ich beschäftige mich mit Finanzfragen, bin aber auf meine Kunst konzentriert. Mir fehlt leider oft die Zeit. Hätte ich Kunst studiert, hätte ich selbstverständlich mehr erschaffen können, ich hätte meine Kreativität früher gefasst beziehungsweise formuliert. Im Prinzip ist es eine einfache Rechnung – alles muss erarbeitet werden, sei dies mit den Händen oder dem Kopf. Von nichts kommt nichts, das ist so im Leben.
Sind Sie eher ein kreativer Geschäftsmann? Arbeiten und entscheiden Sie im Finanzsektor eher aus dem Bauch heraus, intuitiver und individueller als viele Ihrer Berufskollegen, die strikt nach Zahlen und Bilanzen, Börsenkursen und PowerPoint-Präsentationen agieren? (lacht) Das Finanzgeschäft ist nur in seltenen Fällen eine Sache des Bauches, darüber könnte man sicherlich diskutieren, doch ich arbeite auch mit Power-Point-Präsentationen oder Excelblättern, das gehört natürlich immer dazu, die Analyse ist ein Kernstück des Finanzgeschäfts, dort sollte die Kreativität dem Rationalen Platz machen, in der Implementierung sieht es teils anders aus.
Müssten Sie sich zwischen Kunst und Finanzen entscheiden...? (wie aus der Pistole geschossen) Kunst!
Denken Sie, dass immer mehr Gesetze und Verbote das Leben der Menschen beschneiden sowie einengen, und beeinflussen diese Geschehnisse auch die Kreativität? Wir haben heute eine wesentlich bessere und tolerantere Welt, die wesentlich liberaler ist als noch vor 50 Jahren. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts gab es eine stärker ausgeprägte oder sichtbare Klassenordnung, Katholiken sprachen nicht mit Protestanten, die politische Einstellung war sehr extrem, die Kluft zwischen Arm und Reich war auffallender. Jetzt ist die Welt offen. Natürlich haben wir Probleme, natürlich ereignen sich Katastrophen und natürlich entstehen riesige, nicht immer positive, Bewegungen. Früher lebten in Syrien ausschliesslich Christen, Istanbul hatte 6.000 Klöster. Die Wandlungen in der Geschichte sind gross. Ich denke, wir haben heute die bessere Welt. Der technische und medizinische Fortschritt ist immens, mit der Technik ist alles viel transparenter im wahrsten Sinne «aufgeklärter». Fragen kann man sich, ob wir mit dieser schnellen Welt und der Fülle an Information glücklicher sind!
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DESIGN
Ballantine's 12 Event in der Netty Horn Gallery in London.
Oscar Wilde sagte einmal «Die klimatischen Bedingungen in der Hölle sind sicherlich unerfreulich, aber die Gesellschaft dort wäre von Interesse.» Was sagen Sie?
«DIE KREATIVITÄT IST DIE TRIEBFEDER DES KÜNSTLERS»
(lacht) Es ist eine Gratwanderung zwischen dem Konformen und dem Rebellischen, zwischen Treue und Verführung, die eine Welt ist aufregender und bunter, dafür auch risikoreicher und mit mehr Höhen und Tiefen verbunden, jeder Mensch muss seinen Weg finden, sein inneres «Ich» um am besten zu leben.
Rolf Sachs
Kennen Sie den Film «Black List» mit Jack Nicholson und Morgan Freeman sowie einer Liste mit Dingen, welche die beiden noch erleben wollen? Ballantine's 1827 eröffnete George Ballantine mit nur 19 Jahren ein Lebensmittelgeschäft in Edinburgh, an das eine Wein- und Spirituosenhandlung angeschlossen war. 1837 verlegte Ballantine sein Geschäft in die prestigeträchtige Gegend von South Bridge nahe der Princess Street von Edinburgh und experimentierte mit dem Mischen von Malt- und Grain-Whisky verschiedenen Alters, um ein leichteres und verfeinertes Produkt zu erhalten. So entstand schliesslich ein gleich bleibender Blended-Scotch-Whisky-Charakter.
Es gibt viele Dinge, noch sehr viele, (lacht). Ich würde noch sehr viel kreieren, auch würde ich gerne einmal einem öffentlichen Gebäude oder einem Hotel eine Seele geben. Ach, und ansonsten wäre meine Liste riesenlang, x Sprachen noch zu lernen, viel zu lesen, ich habe einen wahnsinnigen Wissenshunger, ich bin passioniert und neugierig, somit gibt es noch unendlich viele Wünsche, aller Art!
Warum mögen Sie den Ballantine's 12 Whisky? Früher war ich ein Whisky-Trinker, heute bin ich ein Whisky-Möger. Ich finde den Ballantine's 12 gut, weich, mit einem Quäntchen Karamell in der Tiefe. Ich trinke Whisky normalerweise mit Soda, den 12er könnte ich auch pur geniessen. Die Cocktails am Ballantine's 12 Event waren alle ausgezeichnet und der Ballantine's 12 verleiht einem Cocktail eine spezielle Note, er ersetzt quasi den Rum. Ja, der Ballantine's 12 wird auch Frauen gefallen.
Ab 1881 exportierte das Unternehmen George Ballantine & Son Ltd. den gleichnamigen Whisky weltweit. Als George starb, führten die Söhne sein Werk fort und erhielten als höchste Auszeichnung die Ernennung zum Hoflieferanten (Royal Warrant) von Königin Victoria. Das Ansehen von Ballantine's erreichte 1937 seinen Höhepunkt in der Zuerkennung eines Wappens durch den Lord Lyon King of Arms von Schottland. Heute wird der Blended Scotch von Chivas Brothers Ltd., UK, hergestellt.
Herr Sachs, ich bedanke mich ganz herzlich für dieses ausführliche und sympathische Gespräch. (lacht) Sehr gerne doch. Jetzt geht es nach Istanbul. Ich entfliehe sozusagen dem königlichen Hochzeitswahnsinn in London.
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Oh là là
Teil 2
EINE AUTOVERRÜCKTE FAMILIE
Im englischen Regen vor dem Marble Arch.
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Text und Fotos: Familie Dönni
ir entschieden uns für die westliche Autobahn Richtung Calais, um noch die sehenswerte Kathedrale in Beauvais zu besuchen und die letzten Kilometer vor der Querung des Kanals dem Meer entlang zu fahren. Die Formalitäten am Channel Tunnel entbehrten der Langwierigkeiten von Englandreisen früherer Jahre, und so kostete uns die ganze Unterquerung netto kaum mehr als eine halbe Stunde; wenn man den Zeitunterschied mit einberechnet. Das Fahren auf der linken Seite bietet keine Probleme, wird man doch nach dem Ausladen aus dem Zug direkt auf die Autobahn geleitet, wo man gleich ein gutes Gefühl fürs Linksfahren bekommt. Schon bei der Fahrt ins Zentrum von London begreift man die schiere Grösse dieser Stadt im Vergleich zu Paris. Die unbändige Energie und die Hektik sind immer wieder atemberaubend. Die Autobahn wird von der richtungsgetrennten Strasse zur Hauptstrasse und dann zur Zubringerstrasse, der Verkehr ist dicht, aber respektvoll, und immer wieder werden Fenster runtergekurbelt, um uns für unseren klassischen Wagen zu loben.
Vom Verkehrschaos im Süden Frankreichs merkten wir auf unserer Fahrt nach Paris überhaupt nichts. Weil sich offensichtlich alle Autos im Süden stauen, hatten wir freie Fahrt in die Ille de France und auch die Fahrt ins Zentrum von Paris war erfreulich flüssig. Nach zwei wunderschönen Nächten im Plaza Athénée machten wir uns auf, zum zweiten Teil der Grand Tour mit dem klassischen Jaguar über den Kanal ins lebhafte London.
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St. Pauls Cathedral, 500 Stufen bis zur Aussichtsplattform.
Im Zentrum angekommen, lockert sich der Verkehr. Wir sind nun innerhalb der kostenpflichtigen Congestion Zone. Die Formalitäten kümmern uns aber nicht, hat sich das Hotel doch schon im Voraus um unsere Fahrbewilligung bemüht. Am Hide Park angekommen, ist es nur noch ein Katzensprung zum Dorchester Hotel. Was für ein Gewusel vor dem berühmten Hotel und was für ein eindrücklicher Wagenpark! Entschuldigend wird uns aus dem Wagen geholfen, Sylvester Stallone werde in den nächsten Minuten zur Premiere seines neuen Films fahren, daher die vielen Fans und Fotografen.
Nun konnten wir unser Zimmer begutachten. Es ist eingerichtet, wie man sich die Inneneinrichtung eines englischen Landschlösschens vorstellt. Die Wände sind mit edlen Holzkassetten verkleidet, die Badewanne sei noch original und die tiefste in London! Tiefflorige Teppiche, Ölbilder in imposanten Rahmen und natürlich ein «four poster bed». Bevor wir uns ins gemütliche Bett fallen liessen, genossen wir noch ein asiatisches Nachtessen im angesagten Restaurant China Tang im Untergeschoss des «Dorchester», welches ganz im Stile von Shanghai in den Zwanziger Jahren dekoriert ist. Man sagt, es gibt hier das beste Dim Sum von London.
Wir flüchten in unsere Suite, von der wir das Schauspiel in Ruhe geniessen, leider können wir von oben keinen Blick auf den berühmten Schauspieler erhaschen. Aber unser alter Jaguar XK erzählte uns am nächsten Tag stolz, dass ihm Stallone einen besonders aufmerksamen Blick zugeworfen hätte, als er zwischen den modernen Boliden wie Bugatti Veyron und Pagani Zonda geparkt war.
Am nächsten Morgen, nach einer guten Nacht ruhigen Schlafes und einem Frühstück in der berühmten Halle, machten wir uns auf, London zu erforschen. Von einem der allgegenwärtigen Taxis liessen wir uns zur St. Pauls Cathedral fahren. Wir waren früh genug, dass wir diese eindrückliche Kathedrale ohne allzu viele Touristen besichtigen konnten, und als sportlichen Höhepunkt
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Ein «Must»: Die Vorbeifahrt am Buckingham Palace.
bezwangen wir die über 500 Treppenstufen zur Aussichtsplattform auf der Kuppel. Es lohnt sich, mindestens die Stufen bis zur Flüsterkuppel zu erklimmen, die Akustik ist beeindruckend. Zur Stärkung kehrten wir im nahe liegenden Kaffeehaus Pauls ein. Obwohl zu einer Kette gehörend, sind die Sandwiches und Backwaren von überzeugender Qualität und Vielfalt. Danach überquerten wir zu Fuss die Brücke über die Themse, um die Tate Modern Galerie zu besuchen. Ein eindrückliches Museum, in einem alten Kraftwerk einquartiert. Was uns diesmal besonders faszinierte, war die Installation der Schweizer Fischli/Weiss. Wie viel Liebe, Energie und handwerkliches Können ist doch in die Kopierung alltäglicher Gegenstände geflossen, die am Schluss zu einem Gesamtkunstwerk zusammengefügt wurden. Trotz, oder gerade wegen ihrer Unscheinbarkeit und Fragilität wird die Installation dauernd von einer Wärterin bewacht.
fen sollte. Dafür konnten wir uns in den Food Halls am vielfältigen Angebot ergötzen. In Paris verpassten wir den Besuch des Stammhauses der Konditorei von Laduré, das holten wir nun im neu eröffneten Restaurant im Harrods mit einem Lunch nach. Leider blieb uns keine Zeit, den exklusiven Spa-Bereich des Hotels zu geniessen, denn wir wollten dem legendären Ace Café an der North Circular Road unseren Besuch abstatten, gab es doch ausgerechnet an diesem Abend das bekannte Classic-Car-Treffen. Mühsam quälten wir uns durch den Feierabendverkehr. Als regelmässige Auflockerung wurden wir immer wieder von anderen Verkehrsteilnehmern angesprochen auf unseren XK. Am Ziel angekommen, war der Vorplatz des Pubs dann nicht so gross wie erwartet und unser Wagen blieb den ganzen Abend das älteste Fahrzeug. Das Essen war gut und einfach, wie man es von einem englischen Pub erwartet, die Atmosphäre rau, aber herzlich. Am nächsten Morgen hiess es schon wieder Abschied nehmen von unserem traumhaften Hotel. Auch hier verzichteten wir schweren Herzens auf ein Dreisterne-Mahl von Alain Ducasse aus Rücksicht auf unseren kleinen Sohn.
Eigentlich wollten wir anschliessend an den Duck Tours teilnehmen, einer Fahrt mit einem 2.-Weltkrieg-Amphibienfahrzeug auf der Themse und auf der Strasse. Leider war sie ausgebucht. Und so driftete unser kulturbeflissenes Programm Richtung Harrods, einer englischen Institution. Einkaufen, was das Herz begehrt! Leider bot unser klassischer Jaguar kaum Platz für grosses Shopping und so sollte sich später herausstellen, dass sogar die James Bond Kollektion (n.b.22 DVD) grössere Probleme aufwer-
Gerne hätten wir noch das neue Hotel der Dorchester Collection, das «Coworth Park» in Ascot kennen gelernt und vor allem das «45 Park Lane», der neuste Zuwachs im Dorchester-Portfolio. Nur ein paar Schritte entfernt vom «The Dorchester» im Herzen von
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Good Bye, Dorchester
Londons Mayfair, besticht dieses Hotel mit 46 Zimmern und Suiten, welches im Spätsommer 2011 eröffnet, mit seinem Ausblick auf den Hyde Park. Im Gegensatz zu dem ganz im englischen Stil eingerichteten «The Dorchester» wurde das «45 Park Lane» vom berühmten Thierry Despont im Art-déco-Stil gebaut.
ten Zug befahren durften. Da wir zwei Stunden später als erwartet in Frankreich ankamen, modifizierten wir unser Programm dermassen, dass wir den alten Rundkurs bei Reims besuchten, um noch einige schöne Bilder vor dem restaurierten Gemäuer im Abendlicht knipsen zu können. Danach meldete sich langsam der Hunger und die Müdigkeit, so dass wir uns entschlossen, im malerischen, altbewährten Michelin-zwei-Sterne-Restaurant und Hotel Les Crahyères zu übernachten. Der Park innerhalb der berühmtesten Champagnerkellereien ist alleine eine Reise wert und die Hotelzimmer oder auch das kleine Gästehäuschen sind charmant.
Routiniert packten wir unseren klassischen Roadster, um mit Schrecken festzustellen, dass für die DVD-Sammlung einfach kein Platz war. Zugleich wurde uns vor Augen geführt, wie man das Platzproblem auch lösen kann: Nebenan wurde ein Lieferwagen mit Gepäck und getätigten Einkäufen gefüllt.
Da am folgenden Tag nur noch rund 500 Kilometer Luftlinie Wegstrecke in die Schweiz vor uns lagen, liessen wir es über die einsamen Landstrassen fliegen. Erst nach 180 Kilometern Fahrt gen Süden entdeckten wir den letzten Wegweiser, der uns auf die gerade durchfahrene Champagne hinwies. Als Mittagessen improvisierten wir ein Picknick mit Produkten aus der Region, eingekauft in einem profanen Supermarché, die nichtsdestotrotz an Qualität kaum zu überbieten waren. Pünktlich zum Feierabend erreichten wir wohlbehalten unsere Ausgangsbasis in Roggliswil.
Nun war eine rasche Rückfahrt in die Schweiz vorgesehen. CalaisBasel in sechs Stunden mit einem Tankstopp, diese Zeit wurde schon einmal von uns um einige Minuten unterboten. Aber ein altes Sprichwort heisst: Wer eine Reise tut, der hat was zu erzählen, und so hatten wir auf der Autobahn zum Channel Tunnel kaum Zeit, das schnell komischer werdende Fahrverhalten unseres alten Donnervogels zu besprechen. Fazit: Plattfuss hinten links, wir mussten einen Nothalt einlegen. Routiniert leerten wir den eng gepackten Kofferraum und unter den gestrengen Augen einer netten Polizistin beobachtete die Familie vom sicheren Strassenbord aus den Radwechsel auf der stark befahrenen Autobahn. Brutto 20 Minuten verloren und so auch den gebuchten Zug verpasst, was hiess, dass wir den übernächs-
Fazit: Unsere Tour war etwas sportlich geplant, jeweils drei ganze Tage in den Metropolen wären beschaulicher gewesen und idealerweise hätte die Reise gleich zwei Wochen dauern können.
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PHENOMENON
WIR FLIEGEN ZUM MOND UND LIEBEN WIE IM
Steinzeitalter
Weshalb Männer nicht nur im eigenen Garten grasen, sondern gerne mal ein anderes «Blümchen beglücken», soll an den Genen liegen. Der Mensch soll sich fortpflanzen und nicht aussterben. Befinden sich Frauen auf Partnersuche, sind sie gesteuert von Millionen Jahre alten Genen und es dient der Fortpflanzung. Denn der Erwählte soll ein potentieller Vater und Beschützer sein. Aus der Sicht vieler Menschen entwickeln sich Technik und Medizin rasant und in ungeheuerlichem Ausmass, während der Mensch den Eindruck erweckt, zu stagnieren. Doch ist das wirklich so?
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PHENOMENON
Im Jahr 2020 wird die NASA wieder auf dem Mond sein. Dieses Mal sollen Tausende von Meilen der Mondoberfläche auf einer speziellen Mission, die 6 Monate dauern wird, befahren werden. Genau wie beim Apollo Programm, wird die NASA neue Konzepte und Technologien anwenden, die auch dem Leben auf der Erde dienen werden.
M von Helena Ugrenovic
isst man den Menschen mit einer anderen Spezies, ist er ein relativ junger Erdbewohner, denn der Homo Sapiens ist gerade mal 200.000 Jahre alt, während das vom ältesten Menschenaffen geschaffene Werkzeug ungefähr 2,6 Millionen Jahre alt ist. Noch immer schleppen wir kleine Baustellen in unserem Körper mit uns herum, die noch nicht von der Evolution verändert wurden. Unterhalb der Wirbelsäule sorgt das Steissbein, wird es geprellt oder gebrochen, für qualvolle Schmerzen. Ein Schwanz der als Greiforgan oder Balancewerkzeug dient, ist nicht mehr vorhanden. Weisheitszähne werden oftmals erst dann ein Thema, wenn sie herausoperiert werden müssen, denn eine spezielle Aufgabe haben sie heute für den Menschen nicht. Anders früher, als es eine Frage des Überlebens war und rohes und zähes Fleisch zerbissen und gekaut werden musste.
Das Wunder unter der Schale Die Entwicklung des Homo Sapiens ist rasant, und dies verdankt der Mensch verschiedenen Faktoren. Starben Menschen früher in sehr jungem Alter an heute läppischen Krankheiten, sind tödliche Epidemien praktisch ausgerottet und die moderne Medizin sorgt mit Herztransplantationen, Herzklappen, künstlichen Gelenken und Gebissen, Augenlinsen, Lasertechniken und einer optimalen Medikamentenversorgung für den perfekten Austausch. Lebensverlängernde Massnahmen gehören zur Normalität und der Mensch lebt länger. Dass der Homo Sapiens sich so entwickelt hat, verdankt er seinem Gehirn, seinem Erfindungsgeist, weil er ein soziales Wesen mit Phantasie ist sowie seinem sozialkulturellen Kontext und seinem Elternhaus. Das grösste Organ-Wunder thront im Kopf des Menschen. Würde man die Nervenbahnen des menschlichen Gehirns ausrollen, könnte die Erdkugel 145 Mal damit umwickelt werden und ergäbe eine Gesamtstrecke von 5,8 Millionen Kilometern. Darin stellen Hundert Milliarden vernetzte Nervenzellen jeden Computer, jedes Smartphone, jedes Weltraumteleskop und egal welche andere atemberaubende Technik in den Schatten, denn der menschliche Computer, der von oben wie eine Walnuss aussieht und die Konsistenz eines Puddings hat, wiegt bei einem erwachsenen Menschen im Durchschnitt gerade mal 1,3 Kilogramm.
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PHENOMENON
Höhlenmalerei in Alta, Norwegen.
«WIR LERNEN AUS ERFAHRUNG, DASS DIE MENSCHEN NICHTS AUS ERFAHRUNG LERNEN.» George Bernard Shaw, (1856-1950) irischer Dramatiker und Satiriker
Von Socrates bis Barack Obama
A1
Historiker, Archäologen und Evolutionsbiologen erforschen die Vergangenheit, um die Gegenwart und Zukunft des Menschen zu verstehen. Vergleicht man Zitate längst verstorbener Philosophen, die Hunderte von Jahren vor Christus gelebt haben, mit den heute herrschenden Zuständen der Gesellschaft, verblüffen die Parallelen. Socrates beschrieb damals eine Jugend, die den Luxus liebt, schlechte Manieren und keinen Respekt vor älteren Menschen hat, die Autorität verachtet, und lieber schwatzt, als dass sie arbeitet. Sie widersprechen ihren Eltern, schwadronieren in der Gesellschaft, verschlingen bei Tisch Süssspeisen und tyrannisieren ihre Lehrer. Vor mehr als zweitausend Jahren geschrieben passen die Aussagen des weisen Mannes perfekt in die heutige Zeit. Ist der Mensch ein Wiederholungstäter? Gab es nicht genug Gelegenheiten, aus Fehlern zu lernen? Oder fehlen dem Menschen generell betrachtet – weil es vermutlich an seinen Genen liegt – trotz seines Erfindergeistes und seiner glibberigen «Sülze» im Kopf gewisse Bausteine?
Forscher des Max-Planck-Instituts glauben, dass der spezielle Lernprozess an Fehlern in den Genen liegt und eine bestimmte Genvariante dafür verantwortlich ist. Am effektivsten lernt ein Mensch durch seine Fehler, nicht durch seine Erfolgserlebnisse. Die Forscher Markus Ullsperger und Tilmann A. Klein untersuchten Probanden mit verschiedenen Varianten des Gens für einen Dopamin-Rezeptor. Ihrer Studie zufolge lernten Probanden mit der Variante A1 schlechter aus ihren Fehlern als die Vergleichsgruppe. Die Genvariante A1 sorgt dafür, dass im Gehirn ein Rezeptor für den Botenstoff Dopamin seltener vorkommt. Dopamin ist eine Art Allround-Talent und spielt eine enorme Rolle bei der Steuerung der Bewegungen, beim Lernen, Belohnungssystem und bei vielen anderen Prozessen im Gehirn. Es wäre zu vereinfacht zu behaupten, dass alle Kriegsführer und sonstigen «Querschiesser» ihr A1 updaten müssten. In der menschlichen Natur schwimmen zahlreiche Eigenschaften, die bei jedem Menschen vorhanden sind, aber nicht bei jedem ausbrechen.
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PHENOMENON
X-Chromosome
Könnte jeder Mensch einen anderen Menschen töten? Diese Frage würde wahrscheinlich die Mehrheit mit Nein beantworten. Befände sich ein Mensch jedoch in einer absoluten Notsituation und hinge sein Leben oder das seines Kindes davon ab, wäre die Hemmschwelle niedriger.
Wissen oder Instinkt? Der Bauplan des Menschen, seine Gene, sind in erster Instanz verantwortlich für sein Aussehen, seine Statur und auch für sein Verhalten, abgesehen von der Erziehung, dem Umfeld, Bildungsgrad, der Medizin und anderen Programmierungen. Darwin sprach vom «Survival of the fittest», dem Überleben des Fittesten. Nur derjenige, der am besten an die Umwelt angepasst ist, wird überleben. Der mit den besten Genen ist der Sieger und überlebt und derjenige, der überlebt, gibt seine Gene an die nächste Generation weiter, indessen derjenige mit den schlechten Genen ausstirbt. Im Klartext bedeutet das, dass ein Lebewesen mindestens so lange überleben muss, bis es einen Partner gefunden hat, mit dem es die Gene weitervererben kann. Tief im Menschen schlummert deshalb das Auswahlverfahren des richtigen Partners nach den Kriterien, dass Männer gesunde Frauen wollen, die gesunde Kinder zur Welt bringen können, und Frauen Männer wollen, die für ihr Überleben und das der Kinder sorgen können, um es nur auf diese Faktoren zu beschränken. Natürlich ist eine Frau ohne Mann und Kind überlebensfähig und nicht unglücklich. Der Prozess der Weiterreichung der Gene an die nächste Generation tickt schon seit es Menschen gibt. Treffen eine Frau und ein Mann zusammen und springt der Funke über, sehen sie selten ihre Gene oder sind die Entscheidungsträger gute Gene, guter Vater, gute Mutter, gesunde Frau oder ein stimmiges Taille-Hüft-Verhältnis. Trotzdem wissen beide, ob sie interessiert sind oder nicht. Sie fühlen es.
Überlebenscode Zurück zu Socrates und der heutigen Gesellschaft, verleitet es zum Irrglauben, die Menschheit baue zwar technische und leiste medizinische Wunder, sie jedoch befände sich immer noch tief verwurzelt Millionen Jahre in der Vergangenheit. Nichtsdestotrotz kann unsere Spezies mit einem hochentwickelten System verglichen werden, das sich weiterentwickelt und Topleistungen erbringt.
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PHENOMENON
Und ewig lockt das Weib, Intuition, Wissen oder Gene?
Rot-Grün-Koalition Der Mensch betrachtet die Welt mit circa 126 Millionen lichtempfindlichen Nervenzellen. Rund sieben von zehn Rezeptoren des menschlichen Körpers sind somit in diesen vergleichsweise winzigen Organen konzentriert, und anders als die meisten Tiere erkennt der Mensch rotes Licht. Dank unseren Ahnen und ihrem Leben in Dschungeln und Wäldern mit vorwiegend grünem Blatthintergrund, in dem sie rote Früchte erkennen mussten.
Die industrielle Revolution führte zu einer stark beschleunigten Entwicklung der Technologie, Produktivität und Wissenschaften, begleitet von einer starken Bevölkerungszunahme und einer neuartigen Zuspitzung sozialer Missstände oder Verlagerungen.
Genetik und Gentechnologie Der Grundstein oder Grundgedanke zur Gentechnologie liegt weit zurück, als 1865 der Augustinermönch Gregor Johann Mendel eine gelbe Erbse mit einer roten kreuzte, um die Prinzipien der Vererbung zu erforschen. Nicht im Entferntesten hätte der Mönch zu träumen gewagt, dass er damit entscheidend zur Entstehung eines neuen Wissenschaftszweiges betrug – der Gentechnologie. Bevor jedoch Forscher mit der Gentechnologie aktiv das Erbgut von Lebewesen erforschen konnten, mussten sie erst Mal die Grundlagen des Lebens lernen und dafür benötigten sie die Genetik.
Industrielle Revolution Die tiefgreifende und dauerhafte Umgestaltung der wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse, Arbeitsbedingungen und Lebensumstände begann in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts und verstärkte sich im 19. Jahrhundert. Zunächst in England, dann in ganz Westeuropa und in den USA und seit dem späten 19. Jahrhundert auch in Japan und weiteren Teilen Europas und Asiens. Aus einer Agrargesellschaft wurde eine Industriegesellschaft.
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LEGENDS OF CRIME
Bonnie und Clyde während den Jahren 1932 und 1934, die, entgegen der öffentlichen Meinung, nie miteinander verheiratet waren. Sie posieren vor einem Ford V-8.
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Catch us if you can BONNIE & CLYDE
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Clyde mit einem Gewehr, vor einem der gestohlenen Autos.
Die 1,47 Meter kleine Bonnie Parker mit einer Pistole, aus der sie nie schoss.
Während die Weltwirtschaftskrise das Land in bittere Not verwandelt hat, rast ein verliebtes Diebespärchen zwei Jahre lang mit Vollgas und Starallüren durch den Südwesten der Vereinigten Staaten, um sich das zu nehmen, von dem es überzeugt ist, es stehe ihnen zu – Geld und fragwürdigen Ruhm.
er Hass der Bevölkerung auf die Regierung verhilft Bonnie Elizabeth Parker und Clyde Chestnut Barrow zu unerwarteter Sympathie. Denn in den Augen der Nation, die fieberhaft das Treiben der Kleinstadtganoven verfolgt, geniessen sie eher das Bild eines Robin-Hood-Duos als das eines schiesswütigen Mörderpärchens.
D
grössten Wirbel verursachen, verlässt Bonnie mit 16 Jahren die Schule und heiratet ihre Sandkastenliebe Roy Thornton. Als er 1929 zu fünf Jahren Haft verurteilt wird, bleibt Bonnie weiterhin bei ihm. Obwohl über ihrem rechten Knie die Tätowierung «Roy and Bonnie» eingeritzt ist, wird ihr Herz bald für einen anderen entflammen. Bonnies Tage sind lang, monoton, ohne Sinn und voller Leere.
Bonnie
Clyde
Als Bonnie Elizabeth Parker am 1. Oktober 1910 als zweites von drei Kindern im verschlafenen Rowena in Texas geboren wird, lebt die Familie gutbürgerlich vom Maurerjob des Vaters. Nach dem überraschenden Tod des Vaters siedelt Emma Parker mit ihren Kindern, Bonnie ist gerademal vier Jahre alt, in die Kleinstadt Cement City in die Nähe von Dallas. Bonnie ist ein entzückendes und hübsches Kind von zierlicher Statur, eine sehr gute Schülerin und mit einer poetischen Ader gesegnet. Während ihrem tödlichen Liebesduett mit Clyde schreibt sie zwei Gedichte, mit denen sie berühmt wird. Überdrüssig vom eintönigen Leben im öden Kaff, in dem lästige Fliegen den
Am 24. März 1909 wird Clyde Barrow in Telico, Texas, geboren, er ist das sechste von insgesamt acht Kindern. Henry und Cummie Barrow sind Farmer und verdienen oft zu wenig Geld, um alle hungrigen Kinder durchzufüttern. Als Clyde zwölf Jahre alt ist, zieht die Grossfamilie nach West Dallas, wo der Vater eine Tankstelle übernimmt. West Dallas ist eine üble, mit Gewalt durchtränkte Gegend, in der Brutalität und Kriminalität regieren, in die sich Clyde mühelos integriert. Mit seinem älteren Bruder Marvin Ivan «Buck» Barrow knackt er Autos und stiehlt Truthähne, verstrickt sich immer öfter in Gesetzeskonflikte und wird 1926 das erste Mal verhaftet. Als er einige Zeit später freigelassen wird, setzt er seine kriminelle Laufbahn fort.
von Helena Ugrenovic
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Auszug aus der Ermittlungsabteilung des U.S. Justizministeriums.
Amors Pfeil Als Bonnie und Clyde sich auf einer Party begegnen, sprühen die Funken wie ein Feuerwerk und die Liebe schlägt wie ein Blitz ein. Es ist ein leidenschaftlicher Moment, in dem beide wie zwei Magnete magisch voneinander angezogen werden. Clyde scheint all das bieten zu können, wovon Bonnie schon seit jeher träumt und was in ihrem Dasein fehlt – Aufregung, ein Leben in Saus und Braus und grosse Ambitionen. Clyde ist ein Narzist, schwimmt auf einer Welle der Illusion sowie des Grössenwahns und hat seinen zweiten Vornamen Chestnut in Champion geändert. Doch schon ein paar Wochen nach ihrer ersten Begegnung wird das junge Paar getrennt, denn der Champion wandert wegen kleiner Vergehen für zwei Jahre in den Knast. Für Bonnie bricht eine Welt zusammen. Am Boden zerstört, zermartert sie sich den Kopf, wie sie ihren Geliebten befreien und wieder in ihre Arme schliessen
könnte. Am 11. März schiesst sich Clyde den Weg aus dem Gefängnis frei und kann mit Hilfe der Pistole, die Bonnie ins Gefängnis geschmuggelt hatte, flüchten. Nur eine Woche später klicken die Handschellen erneut und Clyde soll eine 14-jährige Haftstrafe im berüchtigten und brutalen «Eastham Farm»-Gefängnis in der Nähe von Weldon, Texas, absitzen.
No way out Das Leben hinter den dicken Mauern des Hochsicherheitsgefängnisses ist unerträglich und Clyde verzweifelt. Der Gedanke, wie er dieser Hölle entrinnen kann, hämmert pausenlos in seinem Kopf. Im Karussell der sich überschlagenden Gedanken filtert sich nur eine logische Möglichkeit heraus, er müsste entweder krank oder verletzt in ein anderes Gefängnis transportiert
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LEGENDS OF CRIME
© FBI CJIS Division
Polizeifoto des FBI's von Clyde Barrow.
werden. In seiner Verzweiflung bittet er einen Gefängnisgenossen, ihm ein paar seiner Zehen mit einer Axt abzuhacken. Doch trotz fehlender Zehen und blutender Wunden weigert sich die Gefängnisleitung, ihn zu verlegen. Erst mit einer Begnadigung, die während der Grossen Depression landesweit nicht unüblich ist, humpelt Clyde zwei Jahre später an Krücken in die Freiheit und schwört, lieber sterben zu wollen, als jemals wieder an diesen Ort der Finsternis zurückzukehren.
Die Ganovenbraut
© FBI CJIS Division
Doch kaum wieder auf freiem Fuss, fällt Clyde wieder in alte Verhaltensmuster. Bei seinem ersten Raub nach seiner Freilassung ist Bonnie an seiner Seite. Im März 1932 wollen Clyde und die Barrow Gang einen Laden ausrauben, und obwohl Bonnie «nur» im Auto sitzt, wird sie verhaftet und zu einer Gefängnisstrafe verurteilt, aus der sie aber bereits im Juni aus Mangel an Beweisen entlassen wird. Die Köpfe der Barrow Gang sind Bonnie und Clyde und gemeinsam mit Clydes Bruder Buck und dessen Frau Blanche berauben sie Lebensmittelgeschäfte, kleinere Banken und Tankstellen. Während Bonnie im Gefängnis sitzt, wollen Clyde und seine Gang einen Gemischtwarenladen ausplündern. Der Coup scheint einfach und leicht ausführbar zu sein, doch entwickelt sich alles anders als geplant. Die Situation eskaliert. Der Geschäftsinhaber sowie Clydes Bruder Buck werden tödlich verletzt.
Bonnie und Clyde liebten es, zu posieren und sich zur Schau zu stellen. Bonnie führte Tagebuch und hielt jedes Verbrechen schriftlich fest.
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Tödliche Vereinigung
Die Geschichte von Bonnie und Clyde
Die Entscheidung, ob sie sich, wie von ihrer Mutter angefleht, von Clyde trennen und ein Leben ohne Gewalt führen soll oder an seiner Seite weiter in den Abgrund rutscht, fällt Bonnie leicht. Niemals im Leben würde sie sich von ihm trennen, denn ohne ihn würde sie sterben, also will sie es lieber mit ihm gemeinsam tun. Kreuz und quer rast die Bande auf ihren ausgedehnten Beutezügen durch den verstaubten Mittleren Westen, raubt Kassen einfacher Läden leer und finanziert sich so ihr Leben auf immer anderen gestohlenen vier Rädern. Bonnie selber schiesst nie, doch soll sie sehr gut im Nachladen der Gewehre sein. Insgesamt töten Bonnie und Clyde neun Polizisten und stehen auf der Fahndungsliste des FBI ganz oben. Ihr Timing ist perfekt, denn im gleichen Jahr, das in der US-Geschichte als «Year of the Gangster» eingeht, wird auch John Dilllinger, ein weitaus gefährlicherer und geschickterer Bankräuber als die schiesswütigen Turteltauben, von der Polizeibehörde zur Strecke gebracht.
«Sie glauben nicht, dass sie zu verwegen oder verzweifelt sind, sie wissen, das Gesetz gewinnt immer am Ende; sie würden vorher erschossen, und sie glauben fest entschlossen, dass der Tod der Preis ist für die Sünde.
Schon lange ist das FBI dem Gangsterduo auf den Fersen und plant einen Hinterhalt. Auf dem Highway 154 zwischen Sailes und Gibsland soll eine kleine Polizeitruppe zum endgültigen Schlag gegen Bonnie und Clyde ausholen. Mit einem von einem Gangmitglied konfiszierten Lastwagen wollen sie die Strasse versperren und hegen die Hoffnung, dass Clyde, erkennt er den Lastwagen, seinen Wagen verlangsamt. Um 09:15 des 23. Mai 1934, drückt Clyde tatsächlich auf die Bremsklötze, als er den Lastwagen sieht. Weder Bonnie noch Clyde haben auch nur den leisesten Hauch einer Chance oder Reaktionsmöglichkeit, als sie im Kugelhagel von, wie man sagt, 130 Schüssen durchsiebt werden.
Der Film «Bonnie and Clyde»
Eines Tages werden sie zusammen untergehen, Man wird sie begraben Seit' an Seit'; Einige wären erfüllt mit Traurigkeit – das Gesetz aber fühlte sich erleichtert und befreit – jedoch ist es der Tod für Bonnie und Clyde.» Die letzten zwei Verse aus «The Story of Bonnie and Clyde», geschrieben von Bonnie Elizabeth Parker.
© FBI CJIS Division
Der Mythos um das Ganovenpärchen entstand weniger durch dessen zweijährige Baller-Tour, sondern durch die Polizeibehörde sowie Hollywood. Als kurz nach der Erschiessung John Dillingers nun auch das meistgesuchte Räuberduo getötet wurde, war das Interesse der Beamten sehr hoch, die beiden eigentlichen Amateure als hochgefährliches Duo darzustellen. Als Warren Beatty 1967 den Film «Bonnie and Clyde» produzierte und selber den Bankräuber spielte sowie die geheimnisvolle Neuentdeckung Fay Dunaway Bonnie verkörperte, wurde der Film nicht nur mit zehn Oscars nominiert, sondern avancierte das Mörderpärchen zum Sinnbild mutiger Rebellen gegen Behörden und Autorität.
Selbstverliebt und durchgeknallt sehnten Bonnie und Clyde ihren Tod herbei. Denn nur dieser konnte sie aufhalten.
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YESTERDAY
50. TODESTAG
HEMINGWAYS Der alte M ann und sein Leben
«Es war jetzt dunkel, wie es im September, wenn die Sonne untergegangen ist, schnell dunkel wird. Er lag gegen das abgenutzte Holz des Bugs und ruhte sich aus, so gut er konnte. Die ersten Sterne waren da. Er kannte den Namen des Rigels nicht, aber er sah ihn und wusste, dass sie bald alle da sein würden und er all seine fernen Freunde um sich haben würde.»
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YESTERDAY
D von Lone Halvorsen
ass Ernest Hemingway nicht nur Schriftsteller, sondern unter anderem auch Hochseefischer und Jäger war, merkt der Leser vor allem in seinem Werk «Der alte Mann und das Meer». Denn dieses Buch lebt nicht zuletzt von den sehr authentischen Darstellungen des Kampfes eines Fischers mit einem riesigen Marlin. Er erhielt dafür den Pulitzer-Preis und ein Jahr später dann den Literaturnobelpreis. Ganz sicher stellte es seinen letzten «grossen Wurf» dar, in dem auch der Höhepunkt seines literarischen Schaffens zu sehen ist.
Schreiben, angeln, trinken und boxen
Innerhalb kürzester Zeit verkaufte sich das Buch fünf Millionen Mal. Eine Verfilmung mit Spencer Tracey in der Hauptrolle folgte im Jahr 1958. Seinen Erzählstil verglich Hemingway oft mit der Spitze eines Eisbergs: Der Leser sieht die Spitze, doch er weiss, dass sie nur ein Bruchteil der Masse unter Wasser ist. Genau das trifft auch auf «Der alte Mann und das Meer» zu. Obwohl oberflächlich betrachtet eigentlich nicht mehr passiert, als dass ein Mann aufs Meer fährt und einen Fisch fängt, hat das Buch viel Tiefgang. Hemingway entwirft das Bild eines Kämpfers, eines Menschen, der nicht aufgibt. Eines Menschen mit vielen Schwächen, ohne Bildung, ohne Geld, und doch bleibt er bewundernswert.
Die Villa im Kolonialstil auf einem Hügel samt grossem Park gehört inzwischen dem kubanischen Staat. Alles stammt noch aus der Zeit, in der Hemingway hier lebte, auch der Turm, den er bauen liess, um seine zahlreichen Katzen unterzubringen. Und auf dem Schreibtisch steht noch sein Stempel, mit dem er seine Fanpost bearbeitete, bevor er sie ungeöffnet zurückschickte: «I never write letters. Ernest Hemingway». Ungefähr zwölf Kilometer östlich von Havanna liegt das beschauliche Fischerdorf Cojlmar. Das Dorf bildete den Hintergrund zum Roman «Der alte Mann und das Meer» und hier stach Hemingway mit seiner Jacht «El Pilar» gerne zum Hochseefischen in See.
Kuba hat einige der besten Schriftsteller Lateinamerikas hervorgebracht, doch die einzige Literaturnobelpreis-Auszeichnung, die auf der Zuckerinsel ausgestellt wurde, bekam ausgerechnet ein «Gringo» im kubanischen Exil: der boxverrückte Ernest Hemingway, der den Preis grosszügig seiner zweiten Heimat stiftete. In und um Havanna fand Hemingway die Muse und Zutaten für seine grössten Leidenschaften: schreiben, angeln, trinken und boxen. 20 Jahre lang war die Finca Vigia am Stadtrand Hemingways Lebensmittelpunkt.
«DER FISCH IST AUCH MEIN FREUND», SAGTE ER LAUT. «ICH HAB' NOCH NIE EINEN SOLCHEN FISCH GESEHEN UND AUCH NIE VON SO EINEM GEHÖRT. ABER ICH MUSS IHN TÖTEN. ICH BIN FROH, DASS WIR NICHT VERSUCHEN MÜSSEN, DIE STERNE ZU TÖTEN.» Aus «Der alte Mann und das Meer»
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Hemingway war ein brillanter Erzähler, Roman- und Novellenschreiber. In seinen Werken thematisierte er die Gefühle und Ängste der so genannten «Lost Generation» und verarbeitete Themen wie Tapferkeit, Treue, Krieg und Männlichkeit oder das Verhältnis zwischen Männern und Frauen. Sein Stil ist gekennzeichnet von einem klaren Ausdruck und schlichter Wortwahl. Neben seiner sehr erfolgreichen Karriere als Schriftsteller machte Hemingway auch als Reporter und Kriegsberichterstatter von sich reden. 1923 erschienen in Paris seine ersten Kurzgeschichten in spärlicher Avantgardisten-Auflage, die der Autor zum Teil selbst auf der Strasse vertrieb. Die hilfreichen, aber strengen Mentoren seiner literarischen Anfänge waren Ezra Pound, dem Hemingway das Boxen beibrachte und der sich revanchierte, indem er Hemingway unnachsichtig die Adjektive aus den Texten hinausstrich, und Gertrude Stein, die ihn – nach seiner eigenen Definition – über die «abstrakte Beziehung der Worte» belehrte.
Doch all der berufliche Erfolg konnte ihn nicht immer glücklich machen. Ernest Hemingway litt oft an Depressionen, und auch Alkoholsucht setzte ihm zu. Momenten grosser Freude und Ausgelassenheit folgten Phasen, in denen seine Stimmung in Richtung Manie oder Depression ging. Auch das Privatleben des Schriftstellers verlief wenig geradlinig. Er war vier Mal verheiratet. Mit Elizabeth Hadley Richardson, Pauline Pfeiffer, Martha Gellhorn und schliesslich Mary Welsh.
Ein politischer Kopf? Fast schon eine willkommene Abrundung des sowieso schillernden Hemingway-Bilds: Wie amerikanische Historiker berichten, war der Schriftsteller während des Zweiten Weltkriegs KGB-Informant – ein äusserst dilettantischer allerdings. Wie John Earl Haynes, Harvey Klehr und Alexander Vassiliev in ihrem Buch «Spies: The Rise And Fall Of The KGB In America» berichten, sei Hemingway in den Akten des Geheimdienstes als «dilettantischer Spion» geführt worden. Ausgestattet mit dem Decknamen «Argo» soll Hemingway gegenüber Sowjetagenten «wiederholt seinen Wunsch zu helfen» ausgedrückt, aber «keinerlei nützliche politische Information» geliefert haben.
Gertrude Stein («Eine Rose ist eine Rose ist eine Rose ist eine Rose») war es, die den jungen Hemingway überredet hatte, den Journalismus aufzugeben und sich als freier Schriftsteller zu etablieren. Hemingway später: «Zeitungsarbeit schadet keinem jungen Schriftsteller etwas und kann ihm nützlich sein, wenn er sie rechtzeitig aufgibt.» Später, als Hemingway dem Avantgardismus und den esoterischen Zirkeln seiner Anfänge entwachsen und in populäre Bestseller-Bereiche vorgestossen war, urteilte Gertrude Stein weniger freundlich über ihn: «Er sieht aus wie ein Moderner, aber er riecht nach Museum.»
Und natürlich wäre Hemingway nicht Hemingway, wenn er nicht zugleich auch für eine andere Macht gearbeitet hätte. In den Gewässern vor Kuba patrouillierte der spätere Literaturnobelpreisträger mit seinem Fischerboot «El Pilar», um feindliche U-Boote auszumachen – die wollte er der US-Marine melden.
Ernest Hemingway Museum, Havana, Kuba.
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«ALS ERSTES WÜRDE ICH MICH UM MICH SELBST KÜMMERN. DANN WÜRDE ICH MEINEM NACHBARN HELFEN. ABER UM DEN STAAT KÜMMERE ICH MICH ÜBERHAUPT NICHT.» Ernest Hemingway
Wem die Stunde schlägt
Doch Politik interessierte ihn nur bedingt, und als Anti-Intellektuellen nur am Rande. Er war ein Bauchmensch. Das hinderte ihn nicht, schnell Position zu beziehen. So im Spanischen Bürgerkrieg wie auch bei der kubanischen Revolution. Seine Standortbestimmung war jedoch meist intuitiv, emotional oder an Personen geknüpft. Und wehe, wenn man auf der falschen Seite, aus der Sicht von Hemingway, stand! Auch wenn er eher unpolitisch daherkam, besass er doch seine Grundüberzeugung. Werte, die sich aus seinem Leben und seinem Temperament ableiteten. «Jeder versucht einen jetzt mit der Behauptung einzuschüchtern, wenn man nicht Kommunist werde oder einen marxistischen Standpunkt einnehme, wird man keine Freunde haben und allein sein. Ich kann jedoch kein Kommunist werden, weil ich nur an eines glaube: an die Freiheit.» Ein Haudegen wie Hemingway konnte den Freiheitsbegriff politisch nicht abstrahieren. Er ging mit einem solchen Wert eher pragmatisch, träumerisch, ja romantisierend um.
Der Schuss fiel morgens früh um halb acht. Ehefrau Mary, die vierte, fand ihren Mann in der Diele. Die doppelläufige Schrotflinte lag neben ihm; der Schuss hatte den Kopf getroffen. Mary Hemingway telefonierte mit dem Arzt, und der Arzt bestätigte, was sie wusste: Ernest Hemingway hatte sich erschossen. Der Polizist des Ortes, ein Mann namens Les Jankow, wurde zugezogen und urteilte lakonisch: «Es könnte ein Unglücksfall gewesen sein.» Eine Untersuchung wird nicht stattfinden. Hemingways Leben hatte am 2. Juli 1961 ein Ende gefunden, wie ein Roman von Hemingway hätte enden können.
Auszug aus «Der Garten Eden» Er stand auf und sah den Strand entlang, verkorkte die Ölflasche, streckte sie in eine Seitentasche des Rucksacks und ging dann zum Meer hinunter, er spürte, wie der Sand unter seinen Füssen immer kühler wurde. Er sah zu dem Mädchen hin, das mit geschlossenen Augen und angelegten Armen am abfallenden Strand auf dem Rücken lag, hinter ihm das schräge Zeltbahndreieck und erste Büschel Strandgras. Es sollte nicht zu lange in dieser Stellung bleiben, senkrecht von der Sonne bestrahlt, dachte er. Dann ging er weiter und tauchte flach in das klare kalte Wasser, drehte sich auf den Rücken und schwamm so ins Meer hinaus, dass er den Strand über dem gleichmässigen Paddeln seiner Beine und Füsse im Auge behielt. Er drehte sich im Wasser und tauchte auf den Grund, berührte den groben Sand und befühlte die festen Rippen darin, kam wieder an die Oberfläche und schwamm geruhsam zurück, wobei er so langsam wie möglich zu kraulen versuchte. Er ging zu dem Mädchen und sah, dass es schlief. Er nahm seine Armbanduhr aus dem Rucksack, um es rechtzeitig wecken zu können. Eine kalte Flasche Weisswein war in Zeitungspapier und Handtücher gewickelt. Er entkorkte sie, ohne Papier oder Handtücher zu entfernen, und nahm einen kühlen Zug aus dem unhandlichen Bündel. Dann setzte er sich, um das Mädchen anzuschauen und aufs Meer hinausblicken.
Kuba Wohl eine der schönsten Inseln in der Karibik – weite Palmenstrände mit weissem Sand, belebte Städte und fröhliche Menschen mit einer einzigartigen Mentalität. Kaum ein anderer Ort bietet eine so unvergleichliche Mischung aus traumhaften Landschaften, einzigartigen Kulturphänomenen und einer unvergleichlich spannenden Vergangenheit. Doch neben beeindruckenden Landschaften ist Kuba ebenfalls bekannt für die weltbesten Zigarren, den Rum und die allgegenwärtige Musik. Ein Land, dessen revolutionär geprägte Vergangenheit nicht mehr wegzudenken ist, aus der so viele kulturelle Eigenheiten entsprungen sind.
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MAURIT
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Ferienparadies f端r Anspruchsvolle
Mauritius ist zwar eine relativ kleine Insel im Indischen Ozean, jedoch ist das Land eines der attraktivsten Urlaubsziele weltweit, und das zu Recht!
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TIUS S
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von Theresa Ryser, Fotos: Mauritius Tourism Switzerland
ommerliche Temperaturen, traumhaft weisse, lang gestreckte Strände, eine faszinierende Unterwasserwelt und spektakuläre Gebirge locken Besucher auf die Insel. Zudem befindet sich Mauritius abseits von Alltag, Hektik und politischen Krisenherden inmitten des tiefblauen Indischen Ozeans, des wärmsten Meers der Welt. Die nächste Küste zum Festland in Ostafrika liegt 1865 Kilometer entfernt.
Geprägt von Geografie und wechselvoller Geschichte Als Erste entdeckten die Araber den Archipel, später wurde er von den Portugiesen besiedelt, und 1598 folgten die Holländer. Diese tauften die Insel «Mauritius», nach Moritz von Nassau. Sie rodeten die damals reichen Ebenholzvorkommen und legten Zuckerrohrplantagen an. 1715 kamen die Franzosen. Sie brachten afrikanische Sklaven ins Land und prägten die Kultur während ihrer beinahe hundertjährigen Kolonialherrschaft, bevor 1810 die Engländer einmarschierten. Seit dem 12. März 1968 ist Mauritius eine Republik. Das so entstandene bunte Völkergemisch auf Mauritius ist beeindruckend, bestaunenswert das friedliche Nebeneinander der verschiedenen Kulturen und Rassen (Europäer, Afrikaner, Asiaten). Die französische Tradition, zum Beispiel, ist dank der Toleranz der Briten bis heute spürbar – vor allem in Küche und Sprache. Obwohl Englisch die offizielle Landessprache ist, verständigen sich viele Mauritier lieber in Französisch oder Creole. Mit gut 1,2 Millionen Einwohnern ist die 62 Kilometer lange und 46 Kilometer breite Insel relativ dicht besiedelt. Sie ist vulkanischen Ursprungs und durchzogen von pittoresken Bergketten, die gewaltig wirken, jedoch lediglich eine bescheidene Höhe von zirka 800 Meter über Meer erreichen. Die zahlreichen Vier- und Fünf-Sterne-Hotels erfüllen alle erdenklichen Ansprüche und bieten jeden Komfort. Sie sind harmonisch in die Landschaft eingebettet. Betonburgen und Wolkenkratzer gibt es nicht, da es verboten ist, Häuser höher als die Palmen zu bauen.
«ZUERST WURDE MAURITIUS GESCHAFFEN, DANN DAS PARADIES. ABER DAS PARADIES WAR NUR EINE KOPIE VON MAURITIUS.» Mark Twain
Schweizer Gäste lieben Vielfalt und Qualität Die Strände sind einer der kostbarsten Schätze der Insel. Das Wasser in den Lagunen schimmert von blau, grün, türkis bis silbrig und orange. Ein ausgedehntes Korallenriff rund um die Insel schützt die Strände vor hohem Wellengang und sorgt dafür, dass sich die Wassertemperatur stets angenehm hält. Zudem wehrt es Haie ab und ermöglicht so unbeschwertes Schwimmen und Schnorcheln. Mauritius bietet – wie keine Insel im Indischen Ozean – eine Vielfalt von Aktivitäten sowie Kultur- und Naturerlebnisse. Zum Bereich Wassersport gehören beispielsweise Tauchen, Segeln, Surfen, Kitesurfen oder Hochseefischen. Bestens gesorgt ist aber auch für Landsportarten wie Tennis, Biken, Reiten, Trekking, Jagen und vieles mehr. Von Frühjahr bis Ende November finden jeden Samstag die traditionellen Pferderennen auf den Champs de Mars statt, die zu einer eigentlichen Touristenattraktion geworden sind.
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Vor allem Golfen wird auf Mauritius gross geschrieben: In den vergangenen Jahren wurde Mauritius – das nur so gross ist wie der Kanton Zürich – zur höchst attraktiven Golfdestination. Acht 18-LochChampionship-Plätze und drei 9-Loch-Plätze stehen den Gästen zur Verfügung. Zudem wurden die Wellness-Bereiche in den Hotels stark ausgebaut. Das Angebot an Behandlungen indischer, asiatischer und europäischer Richtung ist kaum zu überbieten und wird von den erholungsbedürftigen Gästen stark in Anspruch genommen.
Die Hauptstadt Port Louis ist das Zentrum der Geschäftigkeit. Eine doppelreihige Palmenallee führt von den graziösen Regierungsbauten mit ihren weiss gestrichenen Säulenarkaden im Kolonialstil zum Hafen, dem Herzen der Stadt. Händler verkaufen Obst und Säfte auf offener Strasse, daneben breiten Inder ihre bunten Stoffballen aus. Kirchen, Hindu-Tempel, Moscheen, Pagoden und eine Chinatown, sogar ein klassizistisches französisches Theater setzen Akzente in dieser multikulturellen Stadt. In und ausserhalb von Port Louis gibt es interessante Museen – das Blue Penny Museum, das Zuckermuseum oder das Briefmarkenmuseum – die alle eng mit der Geschichte von Mauritius verbunden sind.
Erlebniswelten Natur und Kultur Das Landesinnere gestaltet sich ebenfalls sehr abwechslungsreich. Aus dem wogenden Grün des Zuckerrohrs ragen bizarr geformte Vulkanberge, die sich im Licht der untergehenden Sonne violett verfärben. Tiefe Krater und wilde Schluchten, reissende Bäche und stiebende Wasserfälle zeugen von unberührter Natur. In den dichten Wäldern sind der javanische Tunjukhirsch sowie der indische Mungohase heimisch. Als Attraktion gilt die Victoria Regina, die Königin der Seerosen, die im botanischen Garten «Pamplemousse Garden» blüht. Sehenswert sind auch der bunte Gemüse- und Gewürzmarkt in der Hauptstadt Port Louis und die alten Kolonialhäuser der eleganten Residenzstadt Curepipe. Diese liegt auf einem Hochplateau und bietet eine wunderbare Rundsicht. Das Strassennetz, gesäumt von Bougainvillea und Flammenbäumen, erschliesst jeden Winkel der Insel. Da verstecken sich niedliche Dörfer in der üppigen Küstenvegetation und wachsen Blumen in farbenprächtiger Fülle aus der roten Erde. Über 2.000 Hektar Wald stehen unter Naturschutz, damit die für Mauritius typischen exotischen Gewächse erhalten bleiben.
Mauritius Hotellerie – eine Legende Ob zu den kleineren oder grösseren gehörend, alle Hotels auf Mauritius bieten eine herausragende Service-Qualität. Die Dienstbereitschaft und die Liebenswürdigkeit der Mauritier haben der Hotellerie zu hohem Ansehen verholfen. Die Resorts überbieten sich in den Angeboten: Spezialitäten-Restaurants, grosszügig angelegte Spas, beste Sportausrüstungen, exotische Parkanlagen, Kinderbetreuung und vieles mehr – alles wird ständig den hohen Ansprüchen der Gäste angepasst. Das kulinarische Angebot widerspiegelt die Multikulturalität. All die köstlichen indischen, kreolischen, französischen und chinesischen Gerichte – angefangen bei Langusten über Austern bis zu Tintenfischen – variantenreiche Curries, die «Grande Cuisine» Frankreichs neben scharfen kreolischen Spezialitäten – könnten Mauritius auch den Beinamen «Ile des Gourmets» verleihen. www.tourism-mauritius.mu
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«Urban Beach Resort» an einem der schönsten Sandstrände der Insel Das neue «Long Beach» entstand an der Stelle des ehemaligen «Le Coco Beach» bei Bellemare an der Ostküste und eröffnete im April 2011 seine Pforten. Nomen est omen – ein 700 Meter langer und 30 Meter breiter Abschnitt eines der längsten natürlichen Sandstrände der Insel gehört zum Anwesen. Auf einer Fläche von 24 Hektar vereint das neuartige Hotelkonzept kontrastreich urbanes Lebensgefühl und entspanntes Strandleben.
Luxus-Oase mit modernem «Chic» Luxus pur vor idyllischer tropischer Kulisse – dafür steht das Sechs-Sterne-Luxus-Resort «Le Touessrok» auf Mauritius. Ausgezeichnet als bestes Hotel Afrikas und des Mittleren Ostens, bietet es eine einzigartige Kombination aus Top-Service, tropischem Klima mit Sonnengarantie, weissen Traumstränden und dem türkisblauen Wasser des Indischen Ozeans. Das stilvolle Design der eigenen vier Wände auf Zeit vermittelt ein erhabenes Gefühl bei gleichzeitig hohem Wohlfühlfaktor. In allen Domizilen steht eine moderne Einrichtung im Vordergrund, bei der viel Wert auf Lichteffekte, Dekoration und Details gelegt wird. Mit seinen schier unendlichen Wassersportangeboten sowie Aktivitäten für Kinder und Jugendliche ist das Resort auch bestens für Familien geeignet. Die Unterkünfte teilen sich auf in den Hibiscus Wing und den Coral Wing auf dem Festland sowie die private Insel Frangipani. Sämtliche Zimmer und Suiten sind dem Indischen Ozean zugewandt. Alle Gäste in den Suiten und den Villen haben einen persönlichen 24-Stunden-Butler-Service inklusive Sport- und Tischreservierungen, Schuhputzservice, Kofferpacken. Beide Gegensätze spiegeln sich in der Architektur wider: Städtische Formen mischen sich mit natürlichen Elementen, umgeben von einem weitläufigen tropischen Garten. Mittelpunkt des öffentlichen Geschehens ist eine Piazza mit Restaurants, Bars und Geschäften. Ein weiteres Herzstück ist der tropische Garten mit 500.000 Pflanzen aus 26 verschiedenen endemischen Arten. Oberste Priorität hat der Umweltschutz – Anlagen nach modernsten Standards sorgen für einen nachhaltigen Hotelbetrieb. Alle Zimmer sind dem Meer zugewandt und haben eine private Terrasse. Die Gestaltung der Innen- und Aussenbereiche geht ineinander über und schafft eine kombinierte Openair- und IndoorAtmosphäre. Ein Farbensemble aus Apfelgrün, Korallenrot, Weiss und Aschgrau dominiert die moderne, stylische Einrichtung mit King-Size-Betten. Einheimische Materialien wie vulkanisches Gestein, Holz und tropische Blumen setzen Akzente. www.sunresortshotels.com
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INTO THE Kein Problem! Kontrollierter Sonnengenuss tut sogar gut, auch der Haut. Was es dabei zu beachten gibt, ist dank vieler toller Sonnenschutzprodukte viel einfacher, als noch vor ein paar Jahren, geworden.
Sonne, Meer und Strand – das ist die Idealvorstellung vieler für einen perfekten Sommer. Braun gebrannt gehört heute nicht mehr dazu – der Gesundheit wegen. Bräune gehört für die meisten doch mit zum perfekten Sommer.
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von Valeska Jansen
Der Sonne sei Dank – gute Stimmung!
u viel Sonne ist schädlich – zu wenig aber auch. Sonnenlicht stärkt unsere Abwehrkräfte, die Knochen und hilft gegen Depressionen. Sogar Schlafstörungen können gemindert werden. So hat die Kraft der Sonnenstrahlen viele positive Aspekte auf unser Wohlbefinden und unsere Gesundheit. Besonders wichtig für unseren Knochenaufbau ist Vitamin D. Es wird vom Körper selber produziert, und zwar mit Hilfe von UV-Strahlen.
Was die Gemütsverfassung angeht: Wer kennt den NovemberBlues nicht? Zumindest eine gewisse Wehmut beim Gedanken an einen warmen Sommerabend kann wohl niemand verleugnen. Viele Menschen haben sogar echte Depressionen. Oft wird deshalb eine sogenannte Lichttherapie empfohlen, wobei die Haut mit künstlichen UV-Strahlen bestrahlt wird. Je mehr Licht die Haut tanken kann, umso besser die Stimmung bei einer Winter-Depression.
Etwa 80 bis 100 Prozent des täglichen Bedarfs werden über die Aufnahme von Sonnenlicht gedeckt. Weil der Körper Vitamin D im Fettgewebe speichert, kann man im Sommer seinen Sonnenvorrat für den Winter anlegen. UV-Strahlen sorgen auch dafür, dass unser Immunsystem gestärkt wird und unser Organismus besser mit Viren und Bakterien fertig wird.
Passend zum Sommer oder Frühling spassen wir häufig über Frühlingsgefühle. Tatsächlich lassen UV-Strahlen das männliche Geschlechtshormon Testosteron ansteigen und so verwundert es wenig, dass laut Statistik im Juni und Juli rund 20 Prozent mehr Kinder gezeugt werden.
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Und wer sonst unter Schlafstörungen leiden sollte, kann sich auch freuen, denn die Produktion des Schlafhormons Melatonin läuft nun wieder auf Hochtouren. So viel zu den vielen und wichtigen positiven Punkten der Sonnenstrahlen. Denn eines sollte man nicht vergessen: Zu viel Sonne ist schädlich für die Haut. Es gibt zwar eine Eigenschutzzeit der Haut, diese variiert allerdings je nach Hauttyp:
Typ 2: Helle Haut, überwiegend blonde oder helle Haarfarben beziehungsweise blaue oder grüne Augen. Bei diesem Hauttypus besteht ebenfalls bereits nach 10 bis 20 Minuten ein relativ hohes Sonnenbrandrisiko. Dabei färbt sich die Haut unter Sonneneinstrahlung meist erst rot und dann manchmal braun. Mit LSF 16 liegt die allgemein vertretbare Risikoschwelle bei 2 bis 3 Stunden täglich.
Die vier Hauttypen
Typ 3: Hier finden sich meist dunkle Haarfarben und braune Augen. Die Sonnenverträglichkeit ist schon etwas ausgeprägter als bei den anderen Typen. Denn auch nach bis zu 30 Minuten besteht nur geringes Sonnenbrandrisiko. Bei diesem Typ färbt sich die Haut auch selten rot, aber immer braun. Mit Lichtschutzfaktor 16 erhöht sich die Sonnenbrandschwelle auf etwa 4 Stunden für den Tag.
Typ 1: Helle Haut, Sommersprossen, Haarfarbe oft blond, hellrot bis rötlich, Augenfarbe: Blau oder Grün. Bereits nach 10 Minuten besteht ohne Schutz ein Sonnenbrandrisiko. Die Haut kann verschiedene Rötungsnuancen aufweisen, wird aber eigentlich nie braun. Täglich sollten auch mit Lichtschutzfaktor (LSF) 16 maximal 1,5 Sonnenstunden nicht überschritten werden.
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Typ 4: Von Natur aus dunkle(re) Haut, verbunden mit dunkleren oder oft auch schwarzen Haaren und braunen Augen. Selbst nach 45 Minuten ohne Schutz besteht in der Regel nur ein geringes Sonnenbrandrisiko. Die Haut bleibt oder wird braun. Mit LSF 16 gelten hier selbst mehr als 6 Stunden täglich noch als risikoarm.
5. Alle unbedeckten Körperpartien sollten reichlich mit Sonnenschutzmitteln eingecremt werden. Diese sollten ein ausgewogenes UVA- und UVB-Schutz-Verhältnis haben. 6. Die Sonnencreme sollte auf jeden Fall vor dem Sonnenbad aufgetragen werden.
Wichtig ist, dass Kinder bei dieser Typenbestimmung IMMER dem Typ 1 zugeordnet werden müssen. Eines der Hauptprobleme für die Haut sind neben den verschiedenen Umwelteinflüssen die ultravioletten Strahlen, die in dreifacher Form auftreten:
7. Während des Sonnenbades das Nachcremen nicht vergessen. 8. Bedenken Sie immer: Die unsichtbare UV-Strahlung kann auch ohne Sonnenbrand Ihrer Haut schaden. Bleiben Sie deshalb nie zu lange in der Sonne und nutzen sie schattige Plätze.
UVA-Strahlen: Fast 90 Prozent des ultravioletten Lichtes bestehen aus diesen Strahlen. Sie dringen sehr tief in die Haut ein und regen die Pigmentierung an. Eine zu starke Belastung führt jedoch zu vorzeitiger Hautalterung.
Der richtige Lichtschutzfaktor (SPF – Sun Protection Factor) Der Schutz vor UVB-Strahlen wird durch die Nennung des SPF auf der Verpackung oder der Tube verdeutlicht. Der SPF gibt an, um wievielmal die Sonnencreme die Eigenschutzzeit der Haut verlängert. Hat Ihre Haut also eine Eigenschutzzeit von 10 Minuten und Sie benutzen eine Creme mit SPF 10, könnten Sie sich theoretisch 100 Minuten ohne Sonnenbrand in der Sonne aufhalten. Zur Vermeidung von Hautschäden sollten diese Zeiten jedoch nie voll ausgereizt werden.
UVB-Strahlen: Diese dringen in die obere Hautschicht ein und verursachen den Sonnenbrand und in- folgedessen die Schädigung der Zellen. UVC-Strahlen: Diese sind besonders aggressiv, gelangen aber meist nicht bis zur Erdoberfläche, weil sie von der Ozonschicht gefiltert werden. Vorsicht ist aber in Ländern wie Australien geboten, in denen sich das Ozonloch vergrössert und in bestimmten Regionen ein verminderter natürlicher Schutz vor dieser Strahlung besteht.
Überblick über SPF-Bereiche SPF 6–10: niedriges Schutzniveau SPF 15–25: mittleres Schutzniveau SPF 30–50: hohes Schutzniveau SPF 50+: sehr hohes Schutzniveau
Die wichtigsten Regeln für das Sonnenbad 1. Meiden Sie intensive Mittagssonne von 11 bis 15 Uhr. Da ist die Sonne am aggressivsten.
Bedenken Sie aber gerade während der Urlaubszeit am Meer immer: Wasser reflektiert die UV-Strahlen und kann so eher einen Sonnenbrand verursachen. Deshalb immer mal wieder nachcremen, um den Sonnenschutz aufrechtzuerhalten. Dabei ist jedoch zu beachten, dass mehrmaliges Eincremen zwar dafür sorgt, dass der Sonnenschutz aufrechterhalten bleibt, er verlängert sich jedoch nicht. Pausen im Schatten sind daher unbedingt zu empfehlen.
2. Ziehen Sie geeignete Kleidung an. Mittlerweile gibt es Textilien, die UV-Strahlen nicht durchlassen. Dies ist besonders für zarte Kinderhaut zu empfehlen. 3. Schützen Sie Ihren Kopf mit einer Kopfbedeckung. 4. Schützen Sie Ihre Augen mit einer geeigneten Sonnenbrille.
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GOURMETFASTEN Königsweg zu dauerhaftem Körperglück Gourmetfasten in den Bergen Tirols – ein kleiner Verzicht auf zu viel Genuss steigert Wohlbefinden und verbessert die Gesundheit.
Sanfter Verzicht durch Fastenperioden Verzicht nimmt nicht, sondern gibt die Grösse des Einfachen wieder – so urteilte der Philosoph Martin Heidegger. Das Zurücknehmen ist entscheidend, im Reduzieren liegt eine grosse Chance zur Selbsterfahrung. «Über diese Körperlichkeit den Geist und die Seele wieder zu spüren, den Geruchs- und Geschmacksinn in neuer Intensität zu erleben, das tut uns gut.» Für Dr. Richard Kogelnig, den stellvertretenden medizinischen Leiter des Parkhotels Igls, hängen medizinisches Fasten und spirituelles Fasten eng zusammen. «Es geht um die Einstellung, den freiwilligen Verzicht. Spirituelles Fasten ist gewissermassen die höchste Form, weil es uns über das Materielle hinausführt, die Ganzheitlichkeit erfahrbar macht, uns Geist, Seele und Leib als Einheit erleben lässt! Mit der von uns propagierten Gourmet-Entschlackung lässt sich wieder eine gesunde Energiebilanz herstellen.»
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von Dr. Kurt Luger, Fotos: Parkhotel Igls
trenges Fasten, bis zu biblischen 40 Tagen, hält nur ein gesunder Mensch aus. In der öffentlichen Meinung hat das Fasten noch immer das Image des Quälens, des Kasteiens, des Leidens. Man verbindet damit eine freudlose Periode, zu der man nur im äussersten Notfall Zuflucht nimmt. Das heutige heilende Fasten hat damit allerdings nichts mehr zu tun. Mehr und mehr kommt man von der asketischen Form ab. Es zeigt die Erfahrung, dass der völlige Nahrungsverzicht zu einem Hungerstoffwechsel führt, den Körper erheblich belastet und nach Beendigung des Fastens das Gewicht geradezu hinaufschnellt. Stehen also nicht spirituelle Ziele und ein geistiger Reinigungsprozess im Vordergrund, sondern medizinische Ziele, bietet die neue Moderne Mayr-Medizin im Parkhotel Igls einen schonenderen Weg, der ebenso zu einem Gewinn an seelischer Harmonie führt.
Das Park Hotel Igls hat mit seiner Modernen Mayr-Cuisine eine neue kulinarische Dimension entdeckt: 800-1000 kcal pro Tag sind im Sinn einer Gourmetdiät gestattet. Dr. Kogelnig: «Das ist die ideale Form sich zu reduzieren, mit dieser Küche kann man gut leben, weil sie abwechslungsreich, fein gewürzt und schmackhaft ist. Bei Null-Diät entsteht ja folgendes Problem: es geht Muskelmasse verloren, man nimmt daher anschliessend noch leichter zu. Das bietet also keinen erfolgversprechenden Ausweg aus dem Dilemma. Wir sagen auch: Kein Verzicht auf Leibspeisen – daher wird das Wiener Schnitzel halbiert, mehr Sa-
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HEALTH & SPORT
«MIT DER VON UNS PROPAGIERTEN GOURMET-ENTSCHLACKUNG LÄSST SICH WIEDER EINE GESUNDE ENERGIEBILANZ HERSTELLEN.» Dr. Richard Kogelnig, stellv. medizinische Leiter des Parkhotels Igls
lat kommt auf den Teller. Das eigentliche Problem sind die Panier und die Transfette – aber letztlich macht die Menge das Gift, wie schon Paracelsus wusste! Ein Glas Wein ist fein, eine Flasche pro Tag führt in die Zirrhose. Wenn wir also das Gefährliche um 50 Prozent reduzieren, haben wir schon viel erreicht.»
bringt dies höchst positive Effekte, sogar im Hinblick auf die Gedächtnisleistung, wie eine rezente Studie zu dem Thema zeigt. Wir setzen auf Prävention – Wohlbefinden wird gesteigert durch Entgiftung und Entschlackung. Das ist auch eine Prophylaxe fürs Gedächtnis und gut für die Gehirnfunktion. Wer sein Gehirn liebt, sollte regelmässig entschlacken, Kalorienrestriktion betreiben! Das Fasten hilft oft erstaunlich – 4-5 Kilogramm weniger Gewicht senkt auch den Blutdruck, was man mit einem hochpotenten Blutdruckmittel nicht besser erreichen könnte, und die Bauchfettreduktion macht Medikamente oft überflüssig.»
Abendfasten bzw. dinner canceling gilt als das gesündeste Fasten. Macht man es einmal pro Woche, sind das 52 Tage pro Jahr. Das führt bereits zu einer enormen Entlastung des Stoffwechsels, des Magens, des Herz-Kreislaufsystems. «Ein letztes Essen um 15, 16 Uhr wäre optimal, weil so über Nacht eine lange Ruhepause für den Darm entsteht und der Körper Zeit hat, Fett zu verbrennen. Die Engländer nennen ihr Frühstück daher «break fast» – Fasten brechen! Die positiven Folgen sind atemberaubend!
Durch die vorübergehende Einschränkung wird nicht nur die Lebenslust gesteigert, es erhöhen sich auch die Chancen, ein schwerwiegendes medizinisches Ereignis zu vermeiden. Eine derart sinnvolle Prophylaxe verdient es, als Königsweg bezeichnet zu werden. Man schätzt, dass zwei Drittel der Erkrankungen vom Lebensstil – also vom Patienten selbst – verursacht werden. Dazu gehören die klassischen Risikofaktoren wie Herz-Kreislaufschäden und Stoffwechselstörungen ebenso wie erhöhtes Cholesterin oder zu viel Harnsäure.
Lieben Sie Ihr Gehirn mehr als Ihren Bauch! Die Bereitschaft zum Verzicht ist bei den meisten Gästen jedenfalls vorhanden. Sie möchten nicht nur eine Körper- und Formreparatur, eine Art 40.000 km-Service – sondern sich auch auf etwas Geistiges einlassen. «Der Grossteil kommt aus Sorge um die Gesundheit, aus spirituellen aber auch aus ästhetischen Gründen. Sie wollen eine bessere Figur, den Bauch abtragen, wieder in Form kommen ohne Messer. Das Gourmet-Fasten bietet eine wunderbare Möglichkeit, seine Form – auch die äussere – positiv zu beeinflussen. Letztlich entscheidet die Intensität – medizinisches Fasten heisst Kalorienrestriktion, und über drei Monate betrieben
Die Moderne Mayr-Medizin im Parkhotel Igls sieht sich damit im Einklang mit Hippokrates von Kos, dem berühmtesten Arzt der Antike, der vor mehr als zweitausend Jahren folgenden Ratschlag lieferte: «Sei mässig in allem, atme reine Luft, treibe täglich Hautpflege und Körperübung … und heile ein kleines Weh eher durch Fasten als durch Arznei.» www.parkhotel-igls.at
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