PRESTIGE Austria Volume 9 Auszug

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VOLUME 9 I SPRING 2017

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PRESTIGE erscheint vierteljährlich Schweiz I Deutschland I Österreich Publisher Francesco J. Ciringione

rundschauMEDIEN AG St. Jakob-Strasse 110, CH-4132 Muttenz  T +41 (0)61 335 60 80, F +41 (0)61 335 60 88 info@rundschaumedien.ch www.rundschaumedien.ch Publishing Director Boris Jaeggi I b.jaeggi@prestigemedia.ch

Editor in Chief Nike Schröder I n.schroeder@prestigemedia.ch

Editors Anka Refghi, Helena Ugrenovic, Valeska Jansen, Gisbert L. Brunner, Dr. Thomas Hauer, Martina Gaugler, Wilhelm J. Grusdat, Wilma Fasola, Barbara Goerlich, Marco Plüss, Stephan Gubler, Matthias Pfannmüller, Hans A. Jenny, Valentino Scattina, Sarah Meier, Antony Lassanianos

Corrector Andreas Probst

Head of Production & Art Director Sandra Rizzi I s.rizzi@prestigemedia.ch

Sales & Marketing Director Serhat Tok I  s.tok@prestigemedia.ch Sales & Marketing Adrian Borer I  a.borer@prestigemedia.ch

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News Coordination Eric Yornik I e.yornik@prestigemedia.ch prestigenews.com Cover Picture DANIELLA MIDENGE / BLAUBLUT-EDITION.COM

Photographs Richard Ansett, Byron Prujansky, Bernard Lessa, Erio Piccagliani, Phiilipp Hänger, Fabian Frinzel, Matthias Heiderich, Sotheby’s, Dr. Thomas Hauer, Aman, Scagliola / Brakkee, Dario Sequai, Costa Navarino, The Leading Hotels of the Word, Harumi Klossowska de Rola, Martina Meier Fotografie, Bulgari, Michel Zumbrunn, Maserati, Porsche-Werkfoto aus Porsche 911, Gestalten 2017, Archiv Borgmann, Werk, Heiko Laschitzki, Landon Neil, Givenchy, G. H. Bass, Gareth Pugh, Christophe Robin, Mario Rabensteiner, Bas Princen, David Frutos (BISimages), Mandarin Oriental Hotel Group, Fischerei Walter Grüll, Bodega Norton, Hans A. Jenny, Shutterstock, Bilddatenbanken

IT-Support & Web Dejan Djokic Internet prestigemagazin.com

Online PR Eric Yornik I e.yornik@prestigemedia.ch Filipa dos Santos I f.dossantos@prestigemedia.ch Evin Akarsu I a.evin@prestigemedia.ch Ismael Mathis I i.mathis@prestigemedia.ch

Admin & Coordination Hasan Dursun I h.dursun@prestigemedia.ch Abo Service Jennifer Hosszu I j.hosszu@prestigemedia.ch Price  Issue € 9.50 / CHF 10.– I Year ­ € 35.– / CHF 39.–

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INHALT ART & CULTURE

24 UNVERGESSENE LEGENDE Lauren Bacall

28 BLICK IN DIE ZUKUNFT Museu do Amanhã, Rio

31 DER AUSNAHMEMUSIKER James Rhodes

32 BÜHNEN DER WELT Mythos Mailänder Scala

38 MIT AUSZEICHNUNG Anicka Yi

42 BLICKWINKEL Fotograf Matthias Heiderich

49 WUSSTEN SIE SCHON …? Hollywood intern

50 SOTHEBY’S Treasures from Chatsworth

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TRAVEL

66

52 SÜDJAPAN Von Meeresfrauen bis Matsusaka-Beef

58 ROTTERDAM Markthalle der Superlative

60 ZWISCHEN ZWEI BUCHDECKELN Abenteuer Reisen

62 DER TRAUM DES KAPITÄNS Costa Navarino

65 WUSSTEN SIE SCHON … ? Von Seen und heissen Quellen

66 HOTEL-LEGENDE Das Pariser «Ritz»

70 REISEN ANNO DOMINI Das erste Grand Hotel

52 14 | PRESTIGE


ENTDECKEN SIE UNSER BETT VICTORIA Das exklusive Bett Victoria ist mit einer Matratze ausgestattet, welche aus Meisterhand von Visprings Fachhandwerkern stammt und den luxuriösen Vispring-Komfort und damit optimale Stützung bietet. In Kaliko-Baumwolltaschen eingenähte Federn werden von Hand wabenförmig angeordnet und mit Schichten aus feinsten natürlichen Materialien ummantelt. Dank dieser luxuriösen Materialien, darunter Platin-zertifizierte britische Schurwolle, Baumwolle und britisches Rosshaar, bietet das Bett Victoria nicht nur herrlichen Liegekomfort und optimale Stützung, sondern beschert auch einen extrem gesunden Schlaf. Mit einer Garantie für unvergesslichen Luxus, höchsten Komfort und einen ruhigen Nachtschlaf ist das exklusive Bett Victoria die perfekte Wahl für jeden, der das Beste im Leben wertschätzt. Matratze Victoria & Diwan 180x200cm inclusive Victoria Kopfteil 6.900,00 € †

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INHALT

72

WATCHES & JEWELLERY

72 UHREN-CUVÉE 2017 Rückblick SIHH

80 MUST-HAVE FÜRS HANDGELENK Vorschau Baselworld

84 HUBLOT BOUTIQUE VIENNA Uhren-Manufaktur Hublot & Juwelier Wagner

86 HARUMI KLOSSOWSKA DE ROLA Funkelnde Wildnis

90 DIE AUSNAHMEKÜNSTLERIN Sophia Vari

92 BULGARI Die Sammlung der Liz Taylor

DRIVE STYLE

86

96 AM DRÜCKER Fotograf Michel Zumbrunn

100 KULTURGUT AUF VIER RÄDERN Porsche 911

96

105 PS AUF PAPIER Vom «Ace Café» und dem «Entenbürzel» 106 UP, UP AND AWAY Als Fliegen noch kein Volkssport war 110 «READY FOR TAKE OFF»? Hinter den Kulissen von Lufthansa 113 WUSSTEN SIE SCHON …? Von Blitzstart bis «Black Maria»

92 16 | PRESTIGE


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INHALT 150 LIVING 146 STARARCHITEKT Rem Koolhaas 150 MÖBELKLASSIKER Rio Chaise von Oscar Niemeyer 152 ARCHITEKTUR IM FOKUS Casa Cruzada 157 SHORTCUTS WELTWEIT Design 2.0 158 CONNECTED Gadgets 2017 160 WUNDERKAMMERN Ode an den Stilmix

160 FASHION & BEAUTY 114 BACKSTAGE MIT HEIKO LASCHITZKI Berliner Fashion Week

130

124 THE GENTLEMAN Cator Sparks im Gespräch 129 DER MEISTER Hubert de Givenchy 130 MODEKLASSIKER Der Pennyloafer 132 THE DARK PRINCE OF FASHION Gareth Pugh 138 DER STAR-FIGARO Christophe Robin 142 VON FÖN BIS FÖHN Mehr als heisse Luft 144 ENTSPANNUNG PUR Alpenresort «Schwarz»

18 | PRESTIGE

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INHALT

174

CULINARIUM 166 FÜR GOURMETS Restaurant «Sur Mesure» 170 EDLE WEINTROPFEN Weine von Swarovski 172 PLATZ FÜR DIE NASE Glaswahl für Champagner 174 SPOT ON Kulinarische Highlights

180 FINANCE

166

176 UNICORNS Die Börsen-Verweigerer 180 NEUE «SAITEN» Investment Streichinstrument

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NEWS 37 71 83 89 95 109 137 141 165 173 179

KUNSTVOLL DIE WELT RUFT STIL AM HANDGELENK FÜR EIN LEBEN LANG FRÜHLINGSERWACHEN ON THE ROAD SPOT ON! GLANZVOLLER AUFTRITT OBJECTS OF DESIRE GENUSS PUR WHAT TIME IS IT?

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BULGARI

10 IMPRESSUM 23 EDITORIAL 184 VORSCHAU


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Geschätzte

&

LESER LESERINNEN

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anchmal braucht es einen zweiten Blick, um das Besondere zu erfassen, manchmal aber auch einfach nur den «richtigen» Blick­ winkel. Genau das zeigt Fotograf Matthias Heiderich in seiner minimalistischen Architekturfotografie. Man könnte seine Werke als detailverliebt beschreiben, und genau das macht das Besondere aus. Ein kleiner Ausschnitt des grossen Ganzen im Blickwinkel des Fotografen – und heraus kommen spektakuläre und abstrakte Fotografien. Tauchen Sie mit uns ein in diese besonderen Momentaufnahmen. Ich bin sicher, Sie gehen beim nächsten Städte-Trip mit anderen Augen durch die Strassen. Mit ebenso viel Liebe zum Detail wurde das «Ritz» in Paris aufwendig renoviert – Tradition und Moderne gepaart mit der Leidenschaft, dass es immer noch ein bisschen besser geht: eine Hotelgeschichte, die es so sicher nur einmal gibt. Einmalig ist auch die Markthalle in Rotterdam mit ihrem unvergleichlichen Foodpalast, der weltweite Kostbarkeiten für seine Besucher bereithält. Damit heisse ich Sie willkommen in der neuen PRESTIGE-Frühlings-Ausgabe. Lassen Sie sich wieder von unserem bunten Potpourri aus aufregenden Reportagen, informativen Hintergründen und unvergleichlichem Luxus begeistern! Gemeinsam möchte ich mit Ihnen durch den Frühling in Richtung Sommer wandern. Finden Sie zusammen mit PRESTIGE all die vielfältigen Möglichkeiten für Luxus in Ihrem Leben und lassen Sie sich davon verzaubern. Und noch mehr: Geniessen Sie eine pulsierende Stadt, die Modetrends setzt, aber auch mit ihrem vielfältigen kulinarischen Angebot lockt. Darunter Sternekoch Thierry Marx, der seine Gäste im luxuriösen «Mandarin Oriental Paris» mit seinen Kreationen verwöhnt. Ausserdem entführe ich Sie an einen Ort, der erst auf den zweiten Blick eine absolute Rarität offenbart – nach Grödig bei Salzburg. Hier wird die teuerste Delikatesse der Welt – der weisse Kaviar – gezüchtet. Ich wünsche Ihnen gute Unterhaltung!

Francesco J. Ciringione Verleger

Nike Schröder Chefredakteurin

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DU KANNST DOCH

PFEIFEN, STEVE?

ODER,

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In ihrer ersten Filmrolle an der Seite von Humphrey Bogart und mit nur 19 Jahren wird sie über Nacht zum Star und gleich noch die Ehefrau von «Bogie». Lauren Bacall. Leinwandlegende mit Stil, Klasse, grünen Katzenaugen und der unverkennbaren tiefen, heiseren Stimme.

ls sie in einem Interview gefragt wird, ob sie damals das richtige Aus­ sehen besessen habe, um ein Filmstar zu werden, winkt sie lachend ab: «Niemals, nein. Ich war flachbrüstig, mit zu grossen Füssen und schämte mich zu lächeln, weil meine Zähne schief waren.» Ihre Modelkarriere erklärt sie genauso nüchtern: «Das war Glück. Denn wenn du von der richtigen Person zur richtigen Zeit vor der richtigen Kulisse und mit dem richtigen Licht fotografiert wirst, siehst du okay aus. Ich will nicht sagen, dass ich hässlich war, aber ich war zu jener Zeit auch keine Schönheit.» Entgegen ihrem bescheidenen Selbstbildnis jobbt sie bereits mit 17 Jahren erfolgreich als Model und wird 1942 zur «Miss Greenwich» gekürt. Mit ihrem Talent und ihrer faszinierenden, unglaublich erotischen Ausstrahlung spielt sie in den 50er Jahren in der gleichen Top-Liga wie die Hollywood-Diven Vivian Leigh, Judy Garland, Barbara Stanwyck, Katharine Hepburn, Ingrid Bergman, Joan Crawford und

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Helena Ugrenovic

Olivia de Havilland. Über Jahrzehnte hinweg trotzt sie den gesellschaftlichen Regeln der Schauspielzunft, Studio-Bossen und dem Zahn der Zeit. Humorvoll und selbstkritisch, authentisch und schonungslos offen erzählt sie in Interviews mit ungekünstelter Eleganz und perfekt aufeinander abgestimmter Schmuckauswahl über ihr Leben, ihre Triumphe und Abgründe.

Betty will auf die Bühne Betty Joan Perske wird am 16. September 1924 in New York City geboren. Ihre Eltern William Perske und Natalie Perske, geborene Weinstein-Bacal, sind jüdische Einwanderer und führen ein typisches Mittelstandleben. William, ein Cousin des ehemaligen israelischen Premierministers Shimon Peres, arbeitet als Geschäftsmann, Natalie ist Sekretärin. Als Betty sechs Jahre alt ist, verlässt ihr Vater die Familie, was Betty nicht sonderlich berührt, fühlt sie sich doch stärker zu ihrer Mutter hingezogen. Betty wächst zu einem Teenager heran, der


CULTURE

ART & «Berühmtheit ist kein Beruf, sie ist ein Unfall.» – Lauren Bacall –


ART & CULTURE

sich selber nicht als hübsch bezeichnet und kein Interesse an Jungs hat. Nachdem sie Bette Davis in einem Film sieht, entbrennt ihre Leidenschaft für die Schauspielerei. «Ich war besessen davon, ein Filmstar zu werden, und wollte auf der Bühne stehen, träumte davon, meinen Namen als Leuchtreklame zu bewundern. Und ich wollte alles dafür tun, um entdeckt zu werden.» Noch als Teenager nimmt sie Tanzunterricht und beginnt mit dem Modeln.

Das grosse Zittern Ihr Gesicht ist auf dem Cover des prominenten US-Magazins «Harper’s Bazaar» abgebildet, als Nancy Gross, fasziniert von ihrer aussergewöhnlichen Ausstrahlung, begeistert ihren Gatten, den berühmten Hollywood-Regisseur Howard Hawks, dazu drängt, Probeaufnahmen mit der 18-Jährigen durchzuführen. Die erfahrungslose junge Frau überzeugt unter körperlicher Höchstleistung. «Ich leide unter schrecklichem Lampenfieber», erzählt sie in einem Interview, «ich war ein nervöses Wrack. Wenn Scheinwerfer auf mich gerichtet waren, Leute mich anstarrten oder die Klappe fiel, fing mein Körper an, unkontrolliert zu zittern. Sogar mein Kopf bebte, und es gab nur eine Möglichkeit, ihn unter Kontrolle zu halten, indem ich das Kinn fest auf die Brust drückte und sich dadurch die Nackenmuskulatur versteifte, nur so konnte ich das lästige Kopfzittern unterbinden. Aus dieser Perspektive blickte ich Bogie an, und booom war der Look geboren!» Die kecke Haltung mit dem erotisch provozierenden Augenaufschlag sowie ihre tiefe Stimme werden ihr Markenzeichen.

Superstar & Traumpaar Hawks besetzt 1944 die Rolle der Marie Brown in der Hemingway-Verfilmung «Haben oder Nichthaben» mit der völlig unerfahrenen jungen Betty. «Wie verführerisch kannst du ohne jeglichen sexuellen Hintergrund sein? Aber wenn du eine tiefe Stimme und ein burschikoses Auftreten hast, Howard Hawks deine Dialoge schreibt, dich regiert und richtig beleuchtet, kannst du alles sein.» Hawks ändert ihren Namen Betty in Lauren, setzt der Aussprache wegen noch ein «l» an den Mädchennamen ihrer Mutter und lässt ihre hohe, nasale Stimme wegtrainieren. Für die männliche Hauptrolle im Film möchte sie Cary Grant an ihrer Seite, doch Hawks entscheidet sich für Humphrey Bogart, was ihr, wie sie in ihrem Buch «By Myself» mit «Humphrey Bogart – igitt!» beschreibt, deutlich missfällt. Entgegen der anfänglichen Antipathie und ihrer jungfräulichen Unschuld besticht sie in der Rolle der Femme fatale und wird mit zwei legendären Szenen in der Filmgeschichte über Nacht ein Star. Als sie während eines Akts im Hotel Hüfte wackelnd zu Humphrey Bogart, der den Seefahrer Steve verkörpert, tänzelt und ihm danach ein hinreissendes, mädchenhaft unschuldiges Lächeln schenkt. Es ist keine Vorgabe des Drehbuchs, sondern sie, die leidenschaftliche Tänzerin, integriert die Szene spontan. Wie sie in einer heissen Flirtszene mit Steve lasziv haucht, er müsse nur pfeifen, wenn er sie haben will: «Du weisst doch, wie man pfeift, oder, Steve?»

Lovestory Mit ihrem Filmdebüt schlagen gleich zwei Ereignisse in Lauren Bacalls Leben ein: ihre plötzliche Berühmtheit sowie der Beginn einer der schönsten Liebesgeschichten Hollywoods. Noch während den Dreharbeiten zu «Haben und Nichthaben» verlieben sich Lauren und Bogie und heiraten am 21. Mai 1946. Mit ihrer Vereinigung beginnt eine erfolgreiche Serie von Bogart-Bacall-Filmen wie «Tote schlafen besser», «Die schwarze Natter» sowie «Gangster in Key Largo», wobei sie ihr Familienleben mit Bogie und den zwei Kindern priorisiert und

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Jagd im Nebel I 1945

deswegen nur einen Film im Jahr dreht. Das Ende der 1950er Jahre wird für Lauren durch Bogies Krebserkrankung zu einer psychischen Dauerbelastung. Als Humphrey Bogart am 14. Januar 1957 an Krebs stirbt, legt Lauren am Tag seiner Beerdigung eine Trillerpfeife in seinen Sarg, in Erinnerung an ihren ersten gemeinsamen Film und den berühmten Satz. Die Witwe und alleinerziehende Mutter legt für drei Jahre ihre Arbeit nieder. «Ich brauchte Jahre, um damit fertigzuwerden. Eigentlich bin ich bis heute nicht über seinen Tod hinweggekommen. Über solche Dinge kommt man nie hinweg.»

Hollywoods Kratzbürste Sie spielt an der Seite von Schauspielgrössen wie Charles Boyer, Gary Cooper, Doris Day, Kirk Douglas, John Wayne, Rock Hudson, Marilyn Monroe und


ART & CULTURE

Der Asteroid «(5107) Laurenbacall»

Haben oder nicht haben I 1944

Der Asteroid, der am 24. Februar 1987 vom belgischen Astronomen Henri Debehogne entdeckt wurde, ist am 8. Oktober 2014 Lauren Bacall benannt worden. Besonders hervorgehoben in der Widmung ist ihr Schauspiel aus dem Film «Haben oder Nichthaben» an der Seite ihres Ehemannes Humphrey Bogart.

Gregory Peck und wehrt sich vehement gegen das Verdikt der Warner Bros. Studios, die Schauspieler als Angestellte behandeln und diesen Rollen aufzwingen. Doch in der aufgesetzten, künstlichen Hollywood-Welt, in der die Ohren vor der Wahrheit verschlossen werden, eckt sie an, und so erhält sie nach Bogies Tod weniger signifikante Rollen. Sie widersetzt sich allen gesellschaftlichen Zwängen und Altersvorgaben, dass die Filmbranche nur für ­jüngere Generationen vorgesehen sei. «Ich liebe meine Arbeit, und ich liebe es zu arbeiten. Arbeit ist wie ein Elixier, sie hält dich lebendig. Ich hasse es, dafür verurteilt zu werden, oder du etwas sein musst, weil du 30, 40, 55 oder 60 bist, das ist total unfair. Weshalb sollen wir uns darauf limitieren? Warum soll Alter verhindern, dass wir die Flügel ausbreiten? Warum soll jemand gezwungenermassen in Rente gehen, wenn er 62 Jahre alt ist?»

­ ophia Loren, Julia Roberts, Ben Kingsley oder S Moritz Bleibtreu in Filmen wie «Prêt-à-Porter», «Ein Präsident für alle Fälle», «Diamonds», «The Walker», «Die Sopranos». Sie heimst zahlreiche Nominierungen und Auszeichnungen wie den César, Tony Award, National Board of Review Award und Kennedy-Preis ein. In ihrer Dankesrede 2009, als sie im Alter von 85 Jahren mit dem Ehren-Oscar für ihr Lebenswerk geehrt wird, präsentiert sich dem Auditorium eine faszinierende, charismatische und humorvolle Grande Dame. «Yeah! Oh Himmel, ich kann es kaum glauben! Endlich ein Mann!»

Herbstzeitlosen Zurück in New York feiert sie Erfolge am Broadway und erntet Lob und Auszeichnungen für ihre Rollen in «Die Kaktusblüte» und «Woman of the Year». Bis ins hohe Alter ist sie regelmässig im Kino zu sehen und spielt mit Jack Lemmon, Barbra Streisand, Nicole Kidman, Kirk Douglas, Marcello Mastroianni,

Mit dem Tod von Lauren Bacall verabschiedet sich am 12. August 2014 eine der noch wenigen und letzten Leinwandlegenden einer glanzvollen Hollywood-Ära.

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MORGEN IST

HEUTE

Museu do AmanhĂŁ, gebaut von Santiago Calatrava.


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ART & CULTURE

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Woher kommen wir? Wer sind wir? Wo sind wir? Wohin führt uns die Reise? Wie wollen wir leben? Seit die Menschheit existiert, sucht sie nach Antworten. Das Museu do Amanhã in Rio de Janeiro, Brasilien, stellt Fragen und lässt Besucher an audiovisuellen Terminals Antworten auswählen, mittels denen sie am Ende des Spiels eine neue Ist-Situation erschaffen.

ie Menschheit hat den Planeten Erde nicht nur architektonisch optisch verändert, sondern sie verändert auch seine Funktionsweise. Das Klima verändert sich genauso wie die Biodiversität und wirft ernste Fragen auf, bei denen eine Bewusstheitserweiterung im Menschen und neues Verantwortungsgefühl unabdingbar sind. Welche Entscheidungen treffen wir heute, und welche verschiedenen Auswirkungen haben diese morgen als Resultat unseres Handelns? Oft mutet es an wie eine Kleinigkeit, doch wird diese Kleinigkeit von einer Masse, Millionen von Menschen, ausgeführt, können prekäre Situationen entstehen, die teilweise irreparabel sind. Sei es in Bezug auf unsere

Helena Ugrenovic I

Byron Prujansky, Bernard Lessa

Umwelt, unsere Nahrung, im Konsumverhalten, auf politischer Ebene oder auf unser modernes Leben zwischen mobilen Telefonen und SocialMedia-­Plattformen. Das Museu do Amanhã ist ein Museum der sogenannten dritten Generation, das als «Museum von morgen» die Erforschung fokussiert und Bewusstseinsveränderung erzeugen will.

Wann ist morgen? «Es ist nicht die Vision über die Zukunft, sondern über das Morgen, denn gerade jetzt, in diesem Moment, ist irgendwo auf der Welt morgen und geht die Sonne im Osten auf. Somit ist morgen gleichzeitig jetzt, die Gegenwart. Die Zukunft kann in weiter Ferne liegen, aber das Morgen bestimmt auch das Heute. Was wir den Besuchern zeigen wollen, ist Nachhaltigkeit, denn, welche Entscheidungen und Aktionen wir heute fällen und aus­ führen, verändern das Morgen. Deshalb stellen wir den Besuchern in unserem lebendigen und komplett digitalen Museum die verschiedensten medialen Instrumente zur Verfügung, werfen Fragen auf und zeigen ihnen am Schluss in einem daraus resultierenden Szenario, zu welchen Auswirkungen oder Konsequenzen ihre Alternativen führen», erklärt Luiz Alberto Oliveira, Kurator des Museums.

Das Wunder der Einheit Die Sammlung des Museu do Amanhã unterteilt sich in die fünf Hauptausstellungen Kosmos «Woher kommen wir?», Erde «Wer sind wir?», Anthropozän «Wo sind wir?», Morgen «Wohin gehen wir?» und Wir «Wie kommen wir dahin?». Die Themen Klimawandel, Veränderungen der Biodiversität, weltweit steigende Bevölkerungszahl und weniger Lebensraum, grössere kulturelle Integration und Ab­ grenzung, technologische Fortschritte sowie erweitertes Wissen sollen nicht nur die reizüberfluteten Augen der Besucher öffnen, sondern sie zum

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ART & CULTURE

Verblüffendes Rio de Janeiro

Innehalten animieren, zum Denken anregen sowie ihre Sinne und Wahrnehmung schärfen. Interna­ tionale Institute liefern Daten und wissenschaftliche Analysen an das Museum von morgen, das in einem ständigen Erneuerungsverfahren das «Leben der Welt» festhält und in den experimentellen Ausstellungen präsentiert, die immer wieder aufs Neue entwickelt werden.

Was wäre wenn? In einem dunklen Raum bewegen sich hauchdünne Stoffbahnen unaufhaltsam und verschlingen ineinander, es soll die Bewegung auf der Erde symbolisieren. Auf riesigen Leinwänden werden Ist-­Situationen dargestellt: Trümmer nach einem Erdbeben, Tsunami, in Kriegsschauplätzen. Ausgehungerte Kinder, ausgetrocknete Seenbecken, abgeholzte Wälder, Berge von Abfall, Reichtum versus Armut auf allen Ebenen der Erde, die krassen Gegensätze der Welt, in der wir leben, sind bildlich und vertont dargestellt, und genauso interaktiv wie unsere Welt ist das Museum selbst. Der bleibende Eindruck, den die Besucher im Museu do Amanhã erfahren, wird durch ihre eigene Aktion erzeugt. In jeder der Ausstellungen werden die

«Eine neue Art von Denken ist notwendig, wenn die Menschheit weiterleben will.» – Albert Einstein –

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Das zu den Megastädten der Welt zählende Rio de Janeiro, dessen Name «Fluss des Januars» bedeutet, liegt an der Bucht von Guanabara, die über 100 Inseln zählt. 200 Flüsse fliessen durch Rio, die meisten Sambaschulen befinden sich in den Favelas, die Christus-Erlöser-Statue wurde zu einem der sieben Weltwunder gewählt, Rio de Janeiro hat den blauesten Himmel der Welt, Rios jährliche Party ist der grösste Karneval der Welt, Rio beherbergt die achtgrösste Bibliothek der Welt und den weltgrössten Stadtwald, Rio war einst die einzige europäische Hauptstadt ausserhalb Europas, und hier wurde am 16. Juli 1950 das weltgrösste Fussballspiel ausgetragen.

Besucher mit einem Spiel angeregt, über die ­Zukunft nachzudenken und darüber, welche Rolle sie selber darin spielen. Das Spiel besteht aus Fragen, die über interaktive Stationen übertragen werden und bei denen der Besucher zwischen mehreren Antworten wählen kann. Jede Antwort führt ihn zu einem weiteren Level, Szenario, bis am Ende des Spiels der Ist-Zustand projiziert wird, den der Besucher, Spieler, mit seinen Antworten provoziert hat. «Wir wollen die Menschen berühren und ihnen etwas beibringen. Seit unserer Eröffnung haben uns 90 Prozent der Besucher ­ mitgeteilt, dass sie danach ihre Meinung geändert hätten und die Welt mit anderen Augen betrachten. Sie sind bereit, ihr Verhalten zu ändern», sagt Luiz Alberto Oliveira.


ART & CULTURE

DER MUSIKALISCHE SPÄTZÜNDER JAMES RHODES

Genauso ungewöhnlich wie Rhodes’ Auftritte ist auch sein Werdegang. Weder blickt der Pianist auf eine typische Musikausbildung zurück, noch wird er dem Titel «frühes Wunderkind» gerecht. Denn Rhodes’ Kindheit war schwer. Von seinem Turnlehrer über Jahre hinweg missbraucht, schwieg er jahrelang aus Scham. Den Zugang zur klassischen Musik – und damit eine Möglichkeit, seinem Leid für einige Momente zu entfliehen – fand er mit sieben Jahren, als er das erste Mal eine CD mit klassischer Musik anhörte. Es war Liebe auf den ersten Klang. ­ Irgendwann reichte ihm das blosse Anhören nicht mehr, und er bekam Klavierunterricht – bis ihn mit 18 Jahren die Vergangenheit einholte. Psychische Probleme bestimmten sein Leben ebenso wie Drogen- und Alkohol­ exzesse. Das Klavierspiel ­ geriet zunehmend in den Hintergrund.

© Richard Ansett

So aussergewöhnlich wie der Pianist, so aussergewöhnlich sind auch seine Auftritte. Die Bühne betritt er nicht im Anzug, sondern in T-Shirt und Sneaker. Dann stellt er sein Programm vor, spricht über Klavierkomponisten und seine Lebenser­ fahrung, die er mit faszinierenden Anekdoten ausschmückt. Denn eines liegt dem Ausnahme­pia­ nisten am Herzen: die klassische Musik jedem zugänglich zu machen.

Von da an ging es zehn Jahre, bis er sich wieder fing und aufs Neue mit dem Klavierspiel begann. Eine Offenbarung, bei der die Musik zur positiven Droge ohne Nebenwirkungen wurde. Rhodes übte eisern, fand zurück ins Leben und mit 28 Jahren einen Manager und einige Förderer. ­Zwei Jahre später gab er sein erstes Konzert. Heute, mit 42, ist James Rhodes verheiratet und Vater eines Sohnes. Er produziert regelmässig Fernsehsendungen und Dokumentationen, nimmt neue CDs auf und gibt Konzerte auf der ganzen Welt.

«Sensibilität und Donner sind seine Markenzeichen.» – Rick Jones, «BBC» –

«Das ist ein Mensch, der Ihre Aufmerksamkeit und seine Chance auf Erfolg wohl mehr als jeder andere verdient hat, den ich getroffen habe.»

3 ZITATE

– Bryan Appleyard, «The Sunday Times» –

«Musik ist wie eine Wunderdroge ohne Nebenwirkungen … Musik hilft immer und lässt dich nicht im Stich.» – James Rhodes –

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TRAVEL

Der Ise-Schrein ist das bedeutendste ShintĹ?-Heiligtum Japans.

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Ich muss ungefähr zwölf gewesen sein, als ich «Godzilla» zum ersten Mal im Fernsehen gesehen habe. Das 1954 von Kult-Regisseur Ishirō Honda in Schwarzweiss produzierte Leinwanddebüt des Monstersauriers mit der durchdringenden Reibeisenstimme gilt bis heute als genreprägendes Meisterwerk des Creature-Horror. Dr. Thomas Hauer I

Die Seele Japans Mittlerweile gibt es mehr als dreissig Kinostreifen, in denen Gojira, wie die Killerechse in Japan genannt wird, die Hauptrolle spielt. Gedreht wurde das Original rund 300 Kilometer südwestlich der Bucht von Tokio auf der Halbinsel Shima, die 1946 zum Nationalpark erklärt wurde und den Ein­heimischen dank mildem See-Klima und un­ berührter Natur schon seit Jahrhunderten als ­«umashikuni» gilt, als «Landstrich aussergewöhnlicher Schönheit». Doch Ise-Shima, wie die Region im Osten der Präfektur Mie traditionell ebenfalls genannt wird, ist den meisten Japanern nicht in erster Linie als Filmkulisse ein Begriff. Vielmehr sehen viele den zerklüfteten Küstenstreifen mit seinen unzähligen Buchten, einsamen Stränden und mehr als 60 vorgelagerten Inseln, die auf dem Festland in dicht mit Ahorn, Zedern und Pinien bewaldetes Hügelland übergehen, vor allem als das spirituelle Zentrum des stolzen Inselreichs an. Liegt

Dr. Thomas Hauer, Aman

hier mit dem Ise-jingū oder «Grossen Schrein» doch das bedeutendste Shintō-Heiligtum des Landes – die Seele Japans. Shintōismus – der «Weg der Götter» – ist eine nur im Reich der aufgehenden Sonne verbreitete Glaubensrichtung, in deren Mittelpunkt als «Kami» bezeichnete Gottheiten stehen. Diese können die Gestalt von Tieren, den eigenen Ahnen, aber auch Naturobjekten wie Bäumen, Felsen oder markanten Berggipfeln (Fuji-san) annehmen, die in landesweit mehr als 80’000 Schreinen verehrt werden. Insofern trägt der Shintōismus, zwischen 1868 und 1945 sogar offizielle Staatsreligion mit dem Gottkaiser an der Spitze, Züge eines polytheistischen Naturritus. Gleichzeitig ist er klar diesseitsbezogen und frei von Dogmen oder feststehenden Glaubenssätzen. Obwohl die Geschichte des Ise-jingū mehr als 1300 Jahre zurückreicht, wurden die Tempelanlagen erst im Jahr 2013 errichtet –

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Jahrhundertealte Pilgerpfade des Kumano Kodō. Traditionelle Opfergabe: Sakefässer

dem Beginn des 62.  Erneuerungszyklus oder Shikinen-­sengū. Traditionsgemäss werden ShintōSchreine nämlich alle 20 Jahre durch einen Neubau ersetzt – das nächste Mal also 2033. Im ­A ller­heiligsten des Grossen Schreins, dem Kōtai-­ jingū, wird von den Priestern die Sonnengottheit Amaterasu-ōmikami verehrt – mythische Urahnin des Tennō und Schutzgottheit der japanischen Nation. Deshalb gilt der Ise-jingū auch als bedeutendstes Pilgerziel des Landes, das jährlich mehr als sechs Millionen Besucher anzieht. Gleich­ zeitig ist die Kultstätte Endpunkt einer Pilgerroute entlang des Kumano Kodō, des «alten Weges», der mehrere bedeutende Schreine in den Nach­ barpräfekturen Wakayama und Nara mit dem Ise-­ ­ Heiligtum verbindet und dessen mythische, jahrhundertealte Pfade seit 2004 als UNESCO-­ Weltkulturerbe gelistet sind.

Pilgern und shoppen Gleich neben dem Eingang zum inneren Bezirk des Grossen Schreins erstreckt sich parallel zum Fluss Isuzu mit der Oharaimachi-dori eine rund

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800 Meter lange Einkaufsstrasse. Hier machen die Pilgermassen nach ihrer Stippvisite bei der Sonnengöttin oder einem der 124 Nebenschreine des insgesamt 5500 (!) Hektar grossen, teilweise dicht bewaldeten Tempelareals Jagd auf kulina­ rische Souvenirs. Undenkbar, nach einer Pilgerfahrt ohne ein schmackhaftes Mitbringsel zur Familie oder an den Arbeitsplatz zurückzukehren. Noch interessanter als die zahllosen regionalen Spezialitäten, die hier feilgeboten werden, aber ist die traditionelle Architektur der teilweise in die Edo(1603–1868) bzw. Meiji-Periode (1868–1912) zurück datierenden Gebäude entlang dieser beliebten Shoppingmeile. Begierig, tiefer in die geheimnisvolle Welt japa­ nischer Mystik einzutauchen, treffen wir am nächsten Morgen im kleinen Städtchen Tsu, gut eine Autostunde vom Ise-jingū entfernt, Florian Wiltschko (29). Der gebürtige Österreicher ist der einzige Ausländer, der im Mutterland des Shintō ein Priesteramt bekleidet. Bei einer Tasse grünem Tee erklärt er Besuchern geduldig die oft religiösen


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­ eshalb dürfen die verbliebenen Amas, traditionell D in weisse Baumwollgewänder gehüllt, unter denen sie heute allerdings meist moderne Neoprenanzüge tragen, auch nur noch an 50 Tagen im Jahr auf Unterwasserjagd gehen. Mit dem Bewirten von Gästen verdienen sich die Ama-san deshalb ein Zubrot. Dank einer speziellen Atemtechnik erreichen die Taucherinnen Wassertiefen von fünf bis maximal 20 Metern. Dort bleiben ihnen dann aber nur wenige Sekunden zum Einsammeln der Schalentiere. Während Chizuko und Sanayo für unser Mittagessen eine bunte Auswahl lebend­ frisches Meeresgetier kunstvoll auf einem rot ­glühenden Holzkohlengrill drapieren – kein Anblick für Menschen mit zartem Gemüt –, erzählen sie vom Alltag in ihrem Dorf. Mit ein wenig Glück könne man als Ama manchmal in nur ein bis zwei Stunden umgerechnet 1000 Euro verdienen, flüstert Frau Nakamura dabei verschwörerisch. Trotzdem wollen auch ihre beiden Töchter nicht in ihre Fussstapfen treten.

Matsusaka-Beef Aber kulinarische Spezialitäten gibt es in Mie nicht nur unter Wasser – auch das Matsusaka-Beef aus dem hohen Norden der Halbinsel Shima geniesst in Japan, ähnlich wie Rindfleisch aus Kōbe Hintergründe einiger typisch japanischer Vorlieben. Zum Beispiel der für und Yonezawa, Kultstatus. So kostet ein Kilo Filet androgyne Manga-Charaktere mit grossen runden Kulleraugen, die auch vom Matsusaka Black Line Wagyū in den Luxusdas gängige Schönheitsideal Nippons prägen oder schlicht alles, was den kaufhäusern auf der Tokioter Ginza schon mal Japanern als «kawaii», als «niedlich», gilt. «Menschen aus dem Westen finden 80’000 Yen – umgerechnet rund 650 Euro. Dafür das oft eher befremdlich», weiss Wiltschko, «tatsächlich wurzelt diese Faszi- zergeht das Fleisch, dessen Fett einen besonders nation aber in der traditionellen Wertschätzung, die Neugeborene bzw. kleine niedrigen Schmelzpunkt hat, dann aber auch Kinder im Shintōismus geniessen, wo sie als vollkommene Wesen gelten.» auf der Zunge. Kein Wunder – werden die Tiere doch erst mit über drei Jahren geschlachtet und Meeresfrauen und Meeresfrüchte geniessen bis dahin ein königliches Leben inklusive Doch Ise-Shima ist nicht nur ein Hort der Spiritualität. Die ruhigen Küsten­ regelmässiger Massageeinheiten und dem einen gewässer sind auch für ihre maritimen Delikatessen bekannt. Tatsächlich oder andern Fläschchen Bier, das hilft, den Appetit stehen die lokalen Muscheln und Seeigel, vor allem aber Austern, Abalone, anzukurbeln. Kein Scherz. Eines der berühmtesten Tiger-Fugu und Langusten (Ise-ebi) bei Japans Küchenchefs und Fein- Restaurants in Matsusaka – das «Wadakin» – hat schmeckern in solch hohem Ansehen, dass sie auf dem Tokioter Tsukiji-­ sich deshalb auch ganz dem Tanz ums goldene Fischmarkt regelmässig Höchstpreise erzielen. Mindestens ebenso berühmt Kalb verschrieben. Egal, ob in Form von Shabu-­ wie diese Meeresfrüchte aber sind die Menschen, die sie ernten – die «Meeres­ shabu, für das dünne Rindfleischscheiben elegant frauen» oder kurz Amas. Zu ihnen gehören auch Chizuko Nakamura (64) und in kochend heisser Brühe gewendet, oder als Sanayo Matsui (65), beide bereits seit über 40 Jahren im Geschäft, die wir in Sukiyaki, bei dem Beef und Gemüse in einer süssihrer winzigen Fischerhütte bei Toba besuchen. Heute gibt es allerdings nur lichen Marinade aus Sojasosse, Mirin und Zucker noch knapp 2000 dieser Freitaucherinnen, denn die Arbeit ist hart, zumal es geköchelt werden – das Ergebnis ist beide Male mittlerweile selbst in ländlichen Küstenregionen für junge Frauen deutlich köstlich! Nur an einer Fettphobie sollten Gäste besattraktivere Joboptionen gibt. Ausserdem sind die natürlichen Ressourcen ser nicht leiden. Nach dieser Völlerei ist es nun aber vor Japans Küsten durch Überfischung mittlerweile ernsthaft bedroht. höchste Zeit für ein entspannendes Onsen-Bad! Amas bei der Zubereitung fangfrischer Meeresfrüchte.

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Onsen-Badelandschaft im Amanemu Resort auf der Halbinsel Ise-Shima.

Onsen – baden auf Japanisch Dank seiner Lage entlang des pazifischen Feuergürtels gibt es in Japan mehr als 30’000 heisse, mineralienreiche Quellen und rund 3000 Bäderund Kurorte – besonders viele entlang der Ostküste. So locken auch in Ise-Shima zahlreiche Ryokans, traditionelle japanische Gästehäuser, mit haus­ eigenem Thermalwasser. Die High-End-Variante: das im März 2016 auf einer Anhöhe oberhalb der Ago-Bucht eröffnete «Amanemu» – eines der exklusivsten Onsen-Hotels des Landes. Gäste wohnen in 24 grosszügigen Suiten (99 m²) bzw. vier Villen (375 m²) nach Plänen des Star-Architekten

ONSEN DE LUXE Das «Amanemu», neben dem spektakulären «Aman Tokyo» das zweite Haus der prestigeträchtigen Hotelgruppe in Japan, bietet nicht nur luxuriöse Unterkünfte, sondern auch einen 2000 m² ­grossen Spa mit Gemeinschafts-Onsen und zwei privaten Badepavillons. Im Restaurant des Topresorts zaubert Executive-Chef Masanobu Inaba aus lokalen Zutaten klassische Kaiseki-Menüs und behutsam modernisierte japanische Küche mit individuellem Touch. Auf Wunsch organisiert das Aman-Team Touren zu den Amas, dem Ise-jingū-Schrein oder entlang der Pilgerpfade des Kumano Kodō. Eine Suite kostet, je nach Saison, ab ca. 800 Euro. www.aman.com

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Kerry Hill, die allesamt über ein privates Onsen-­ Becken verfügen und den klassischen Baustil ­japanischer Minka-Bauernhäuser mit dem puristischen Aman-Look verbinden. Doch gebadet wird in Japan nicht nur im Hotel – vielmehr ist der ­Besuch eines der unzähligen öffentlichen Onsen ein beliebtes Entspannungsritual nach einem anstrengenden Arbeitstag. Dabei baden Männer und Frauen heutzutage, anders als früher, aber meist getrennt. Waschen muss man sich ohnehin schon vorher in einem separaten Bereich – und zwar demonstrativ gründlich. Schon aus Rücksicht auf die anderen Gäste. In die wohlig warmen Fluten steigen dann aber alle grundsätzlich nackt, nur ein taschentuchgrosses Tenugui, strategisch geschickt platziert, bedeckt dabei mehr schlecht als recht die eigene Blösse. Im Anschluss an das schweisstreibende Bad sollte man ausgiebig ruhen. Zur Stärkung gibt es traditionell Grüntee oder eine leichte Ramen-Suppe. Viel Spass!


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WUSSTEN SIE SCHON …?

Heisse Quellen In ganz Japan gibt es 3200 Kurorte und mehr als 30’000 Quellen. Einer dieser Orte ist Ikaho in der Provinz Gunma. Dort soll das Wasser angeblich gegen alle erdenklichen Krankheiten helfen und ist wegen der Mineralquellen, die auch bei eisigen Temperaturen für Wärme sorgen, meist etwa 42 Grad warm. Doch richtig baden will gelernt sein: In den Thermalbädern Japans müssen die Gäste beim Anziehen des obligatorischen Umhangs darauf achten, dass sie die linke Seite über die rechte wickeln. Ansonsten gelten sie als Leiche. Eine weitere alte Tradition heisst «konyoku», bei der es üblich war, dass Frauen und Männer gemeinsam nackt badeten. Dies änderte sich jedoch ab Mitte des 19. Jahrhunderts mit der japanischen Öffnung zum Westen hin: Die prüden Engländer und Amerikaner bezeichneten die Badesitte als «barbarisch», weswegen ab jenem Zeitpunkt immer häufiger getrennt gebadet wurde. Heute gibt es nur noch wenige Orte, die am gemeinsamen Bad festhalten.

Paradies der Seen Kanada, das zweitgrösste Land der Welt, besticht mitunter durch seine riesigen Weiten wunderschöner Naturund Tierwelten. Auf diesem Flecken Erde, in dem sich sechs Zeitzonen befinden, sagen sich Elche, Bisons und Bären gute Nacht – in Nunavut, einem Territorium im Norden des Landes, leben sogar 50 Prozent aller Polarbären der Welt. Kein Wunder, bestehen doch 31 Prozent der Landesfläche aus Wald, der sich unter anderem auf 42 kanadische Nationalparks verteilt. Doch auch Fischer und Wasserfreunde kommen im Land des roten Ahornblattes reichlich auf ihre Kosten: 60 Prozent aller Seen und 20 Prozent der globalen Frischwasserreserven liegen hier. Eine besonders grosse Anzahl an Gewässern be­ herbergt die sonnige Provinz Saskatchewan. Sie besitzt 100’000 Seen und ist somit eine regelrechte Traum­ destination für Angler, Wassersportler und Wasser­­­ begeisterte. Diese könnten theoretisch 270 Jahre lang jeden Tag ein anderes Gewässer besuchen.

Die Pirateninsel Bis 1770 war das afrikanische Paradies im Indischen Ozean unbewohnt, doch dann wanderten die ersten Menschen aus Frankreich, Madagaskar, Indien sowie China und anderen Ländern in die Seychellen ein. Die Inseln, hauptsächlich die «Anse Forbans» (Piratenbucht) auf Mahé und der Côte d’Or on Praslin, galten einst als Versteck für Piraten. Einer Legende nach soll noch heute ein Schatz im Wert von rund 100’000 Euro auf der Insel versteckt sein, der dem französischen Piraten Olivier Levasseur gehört haben soll. Heute ist fast die Hälfte der Landmasse des Inselstaats Naturschutzgebiet, und die paradiesischen, idyllischen Inseln der Seychellen sind eine beliebte Touristen­ destination, die auch von namhaften Persönlichkeiten frequentiert wird. So verbrachten etwa Prinz William und Kate Middleton ihre Flitterwochen auf einer der Inseln, die davor von David und Victoria Beckham besucht worden war.

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UHREN

CUVÉE

2017

ELEGANZ, SPORTLICHKEIT UND

INNOVATION

Nach der Messe ist vor der Messe, heisst es im Uhrengeschäft. Auf den Genfer Uhrensalon SIHH im Januar folgt Ende März die Baselworld. PRESTIGE präsentiert einen Rückblick und auch bereits eine kleine Vorschau. Gisbert Brunner

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A. Lange & Söhne

WATCHES & JEWELLERY

N

eues Jahr, neue Messen, neue Uhren, neues Glück. Auch wenn die Geschäfte mit der luxuriös gemessenen Zeit zum Beispiel wegen chinesischer Kaufzurückhaltung aktuell nicht mehr sprudeln wie gewohnt. Händler auf den Britischen Inseln verzeichnen dennoch boomende Absätze, denn das schwache Pfund lockt Käufer aus aller Welt. Nun hofft die Branche auf den Erfolg ihrer Neuheiten. Im Umfeld des Genfer Uhrensalons SIHH sorgten im Januar 2017 nicht nur zahlreiche Produktpremieren für Gesprächsstoff, sondern auch bemerkenswerte Personalentscheidungen. Jérôme Lambert, bislang Montblanc-Chef, und der ehemalige IWC-CEO Georges Kern bilden fortan die

exekutive Doppelspitze des Richemont-Luxuskonzerns. Montblanc wird künftig Nicolas Baretzki leiten, IWC der markenerfahrene Christoph Grainger-­ Herr. Bei Piaget tritt Philippe-Léopold Metzger in eine Art vorgezogenen Ruhestand, bei Vacheron Constantin tut dies Juan-Carlos «Charlie» Torres. Auf dem Chefsessel folgen ihnen Chabi Nouri beziehungsweise Louis Ferla. Ad interim übernimmt Georges Kern von Daniel Riedo die Leitungsfunktion bei Jaeger-LeCoultre. Als künftiger CEO ist Jean-Marc Pontrué von Roger Dubuis im Gespräch. Allerdings braucht es auch dort erst einen qua­li­ fizierten Nachfolger. Im Hause Zenith nahm Aldo Magada seinen Hut. Dort lenkt nun Jean-Claude Biver bis auf Weiteres die Geschicke. Seine Suche nach einem qualifizierten Firmenchef läuft aber bereits auf vollen Touren.

Kalender-Komfort Einmal pro Jahr und nicht öfter müssen die Besitzer des «1815 Jahreskalender» von A. Lange & Söhne Hand anlegen. Und zwar jeweils Ende Februar. Dann sind die Indikationen von Datum, Wochentag und Monat für weitere 365 Tage programmiert. Deutlich präziser durchwandert der Mond den Zifferblattausschnitt. In 122,6 Jahren geht er einen Tag falsch. Der sichtbare Drücker im Gehäuserand bei «2» schaltet alle Anzeigen gleichzeitig weiter. Versenkte Korrektoren gestatten separate Einstellungen. Auf seiner Vorderseite trägt das Hand­ aufzugskaliber L051.3 mit 72 Stunden Gangauto­ nomie ein 1,4 Millimeter flaches Kalendermodul. Die aus 345 Teilen zusammengefügte Manufaktur-­ Mechanik umfängt ein 40 mm grosses Weiss- oder Rotgoldgehäuse.

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WATCHES & JEWELLERY

Gemacht für eine kleine Ewigkeit Bequemlichkeit, Präzision und Handwerkskunst auf höchstem Niveau verspricht die neue «Patrimony Ewiger Kalender» von Vacheron Constantin. Ihr schlichtes Rotgoldgehäuse mit 41 mm Durchmesser und 8,9 mm Gesamt­ höhe widersetzt sich dem nassen Element bis zu drei bar Druck. Bei regelmässigem Tragen bedürfen die Anzeigen von Datum, Wochentag und Monat bis Ende Februar 2100 keiner manuellen Korrektur. Das unter dem Zifferblatt versteckte, trotzdem aber sorgfältigst finissierte Schaltwerk erfüllt die Vorgaben­des julianischen Kalenders, kennt also die unterschiedlichen Monats­ längen in Normal- und Schaltjahren. Zur besseren Orientierung dreht sich der ­Monatszeiger nur einmal in vier Jahren. Damit das Kalenderwerk auch nach längerem Verweilen im Safe nicht aus dem Takt gerät, liefert die Nobelmanufaktur ein elektrisches Umlaufgerät zum Spannen der Zugfeder des 4,05 mm flachen Automatikkalibers 1120 QP mit. Dem gregorianischen Kalender, der 2100 einen Verzicht auf den 29. Februar gebietet, ist die M ­ echanik allerdings nicht gewachsen. Sie muss also von Hand direkt auf den 1. März weitergeschaltet werden. Drei Jahre lang geht die Mondphasen­indikation genau. Die Uhrmacher fügen den Mikrokosmos mit 40 Stunden Gangautonomie aus insgesamt 276 Komponenten zusammen. Alle Zeiger drehen vor einem schieferfarbenen Opalzifferblatt. Ausweis für Perfektion und hohe Ganggenauigkeit ist das Genfer Siegel. Ihm zufolge darf das Œuvre wöchentlich nicht mehr als eine Minute von der Zeit-Norm abweichen.

ist weit in die Zukunft gerichtet. Korrekturen um einen Tag werden in jeweils 122,6 Jahren fällig. Mit diesem Umstand sollten Männer dieser Tage problemlos leben können.

Wachsende und schrumpfende Zeiger Rechteckige und ovale Armbanduhren eint ein unübersehbares Problem: Ihre Zeiger können keinesfalls länger sein als der kürzeste Abstand vom Zentrum des Zifferblatts bis zum Rand. Ergo sind die «Hände der Zeit» in den meisten Posi­ tionen rund ums Zifferblatt zu kurz. Nicht so beim aussergewöhnlichen «Ovale Pantographe», den Parmigiani Fleurier während des SIHH in einer weiterentwickelten Roségold-Version zeigte. Die Idee kontinuierlich wachsender und schrumpfender Zeiger geht zurück auf das späte 18. Jahrhundert.

Brücken in die Zukunft Scharfe Augen erkennen, dass diese neue Armbanduhr von Girard-Perregaux kein Tourbillon besitzt. Vorne vollzieht die mit 10,15 Millimeter Durchmesser grosszügig dimensionierte Unruh jede Stunde 21’600 Halbschwingungen. Eine Brücke zwischen dem 19. und 21  Jahrhundert bildet das retro-futu­ristische Design der «Neo-Bridges». Man schrieb 1865, als das neue Drei-­BrückenTourbillon der Manufaktur von sich reden machte. Dessen Architektur haben Techniker und Uhrmacher gekonnt weiterentwickelt. Aussen dominiert Titan. Aus dem gleichermassen leichten und festen Werkstoff besteht das 45 Millimeter grosse und 12,17 Millimeter hohe Gehäuse mit abwechselnd polierten und satinierten Oberflächen. Die von ihm und kratzfesten Saphirgläsern geschützte Manufaktur-Mechanik nennt sich GP08400. Zifferblattseitig zeigt die Kreation nicht weniger als vier durch PVD-Beschichtung dunkel eingefärbte Lagerbrücken. Unter einer schwingt besagte Unruh mit variabler Trägheit. Eine weitere hält einen Mikrorotor in Position. Seine Drehbewe­ gungen ­wandelt das Automatikgetriebe in ein Energiepotenzial um. Letzteres speichert das rechts unter einer weiteren Brücke angeordnete Federhaus. Dem Zeigerwerk zur Indikation von Stunden und Minuten dient die langgestreckte mittlere Brücke als Lager. Für ein Exemplar der zeitbewahrenden und -anzeigenden Mechanik benötigt das 1791 gegründete und mittlerweile im Kering-­ Luxuskonzern angesiedelte Traditionsunternehmen insgesamt 208 veredelte Komponenten.

Mit der kissenförmigen «Drive», Dimensionen 40 x 41 Millimeter, wendet sich Cartier seit 2016 primär an Männer. Zu den brandneuen Mitgliedern der ­Kollektion gehört ein stählernes oder rotgoldenes Mondphasen-Modell mit dem hauseigenen Automatikkaliber 1904-LU MC, dessen Gangautonomie 48 Stunden beträgt. Unter dem Zifferblatt findet sich die Mechanik zur Indikation der verschiedenen Lichtphasen des bleichen Planeten. Ihre Genauigkeit

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Vacheron Constantin

Mond für Männer


WATCHES & JEWELLERY

In Merry Old England konstruierten die Uhr­ macher Verdon und Stedman eine neuartige ovale Taschenuhr mit Teleskopzeigern. Durch ihre ausgeklügelte Konstruktion passten sie sich jederzeit der nicht runden Gehäuseform an. Die Steuerung ist keine Hexerei. Ovale Steuernocken bewirken das Strecken oder Zusammenziehen analog zum bekannten Storchenschnabel. Weitaus diffiziler gestaltet sich die ultrapräzise Herstellung der Titan-­ Zeiger. Hierfür bedient sich Parmigiani modernster Lasertechnik. Als Zeit-Motor dient das tonneau­ förmige Handaufzugskaliber PF 111, zusammengefügt aus 267 Komponenten. Vom guillochierten Zifferblatt lässt sich auch das Datum ablesen. Schliesslich tut eine weitere Indikation bei «12» kund, wie es gerade um die 192-stündige Gangautonomie bestellt ist.

Girard-Perregaux

Cartier

Parmigiani Fleurier

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WATCHES & JEWELLERY

Panerai

Zeit-Bolide mit Formel-1-Touch Manches kann man sich problemlos kaufen, anderes nicht. Darauf zielt die Kooperation zwischen Roger Dubuis und Pirelli ab. Wer eines von acht Exemplaren der «Excalibur Spider Pirelli – Fliegendes Doppeltourbillon» erwirbt, bekommt nicht nur einen hochkarätigen mechanischen Zeitmesser, sondern auch automobilen Mehrwert. Den steuert der italienische Reifenfabrikant bei. Für das Armband liefert er Reifengummi des Siegerfahrzeugs beim letzt­ jährigen Grand Prix von Monaco. Spannungsgeladen sind die Einladung zu einem Rennwochenende nach Wahl (Samstag und Sonntag) und die Möglichkeit, hinter die Kulissen des schillernden Formel-1-Zirkus zu blicken. Pirelli stattet bekanntlich alle Teams mit Reifen aus. Das markante Uhr-Gehäuse aus DLC-beschichtetem Titan schützt ein Handaufzugswerk vom Kaliber RD105SQ. Im Blickfeld des Betrachters rotieren gleich zwei kleine Wirbelwinde. Die Punzierung mit dem Genfer Siegel ist unter anderem Garant dafür, dass der Zeit-Bolide in einer Woche nicht mehr als eine Minute falsch geht.

Kratzer ade Tiefschwarz präsentiert sich die neueste Version der «Royal Oak» von ­Audemars Piguet. Das äussere Erscheinungsbild des 45 Jahre alten Klassikers prägt leichte, antiallergische Keramik. Durch den harten Hightech-Werkstoff gehören Kratzer bei den vorerst nur 100 Exemplaren mit ewigem Kalender,

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WATCHES & JEWELLERY Ulysse Nardin

astronomischer Mondphasenindikation und Wochenanzeige der Vergangenheit an. Allerdings sollte die mit der flachen Manufaktur-Automatik 5134 ausgestattete Armbanduhr tunlichst nicht auf einen harten Boden fallen. Das Material ist spröde und kann deshalb brechen. Die limitierte Jahresproduktion resultiert aus dem hohen Fertigungsaufwand für das Outfit einschliesslich Gliederband. Allein die Herstellung eines Armbands dauert fünf Mal so lange wie die Produktion stählerner Pendants.

Zifferblatt aus dem Feuer

Garantiepaket Die äusseren Werte der neuen Panerai «LAB-ID Luminor 1950 Carbotech 3 Days» sind einmal im mehr als 60 Jahre alten Design zu sehen. Zum ­anderen in der «Carbotech»-Schale. Hierfür werden Matten aus leistungsfähiger, mit Polyether-­ Ether-Ketone(PEEK)-Polymer verstärkter Karbonfaser um jeweils 15 Grad verdreht aufeinandergelegt sowie durch Hitze und Druck untrennbar miteinander verbunden. Anschliessend fräsen und be­ arbeiten Spezialwerkzeuge das Gebilde. Darüber hinaus besitzt der 49 Millimeter grosse Bolide ein innovatives Innenleben. Kohlenstoffnanoröhrchen dienen zum matten Beschichten des Zifferblatts im Panerai-typischen Sandwich-Aufbau. Zum Dritten entfaltet Karbon seine Vorteile beim Handaufzugs­ kaliber P.3001/C. Die beiden Federhäuser sowie vier funktionale Steine in der Stosssicherung besitzen eine ultraharte DLC-Beschichtung (Diamond Like Carbon). Platine und Brücken fertigt Panerai aus reibungsarmem Verbundwerkstoff mit integrierter Keramik auf Tantalbasis. Ankerrad und ­Anker bestehen aus Silizium. All das macht Schmier­ mittel entbehrlich. Überzeugt von der Leistungs­ fähigkeit gewährt Panerai den Käufern der nur 50 Exemplare einen besonderen Service: Sollten sich innerhalb 50 Jahren ab Kaufdatum manufakturbedingte Mängel zeigen, gibt es eine neue Uhr.

Roger Dubuis

«Classico Manufacture», der Name einer neuen Stahl-Armbanduhr bringt zum Ausdruck, dass Ulysse Nardin im 40-Millimeter-Gehäuse ein Uhrwerk eigener Provenienz verbaut. Detailliert zeigt sich das 11½-linige UN-320 mit Silizium-Schwingund Hemmungssystem hinter einem Sichtboden. Nach Vollaufzug durch den Rotor läuft das Werk 48 Stunden am Stück. Seine Zeiger rotieren vor einem transluziden blauen Zifferblatt der Tochter

Donzé. Seine Emailschicht ruht auf einer metal­ lenen Trägerplatte mit geprägter Oberfläche.

Audemars Piguet

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WATCHES & JEWELLERY

Ode ans zarte Geschlecht

Montblanc im Bronze-Zeitalter

An der jahrzehntelangen und ausgesprochen wechselhaften Geschichte des Hauses IWC und seiner «Da Vinci» lässt sich unschwer ablesen, dass steter Wandel zum Wesen der Zeit gehört. Ferner bestätigt sie die Erkenntnis, dass eine Uhr jede Form besitzen darf, solange sie nur rund ist. Nach ­sieben weniger erfolgreichen Jahren einer tonneauför­ migen «Da Vinci» heisst es nun zurück zu jenem Rund, welches der Uhrenlinie ab 1985 beachtliche Verkaufszahlen bescherte. Mit dem Comeback verknüpft sich ein Fokus auf die holde Weiblichkeit. Einen Sichtboden wird Frau bei der 36 mm grossen «Da Vinci Automatic Moon Phase» vergeblich suchen. Stattdessen ziert die massiv ausgeführte Rückseite eine Gravur von Leonardos «Blume des Lebens». Im Inneren der Stahl- oder Goldmodelle tickt ein Automatikwerk von Sellita. Eine aufwertende Option besteht in der Diamantlünette. Pro Jahr weicht die klassisch konstruierte Mondphasenindikation acht Stunden von den realen astronomischen Gegebenheiten ab.

1858 kommt als Name einer Montblanc-Uhren­ linie nicht von ungefähr. In diesem Jahr ging die 2006 einverleibte Uhrenmanufaktur Minerva an den Start. Ganz im Materialtrend unserer Tage liegt das Gehäuse eines neuen Luxus-Chronographen. Sein Name «1858 Chronograph Tachymeter Limited Edition 100» weist unmissver­ ständlich auf die limitierte Produktion hin. Beim 44-Millimeter-Gehäuse übt sich Montblanc erstmals in Bronze. Körperwärme, Luftfeuchtigkeit und andere klimatische Einflüsse lassen die Schalen über kurz oder lang ins Stadium von Unikaten mutieren. Von allerfeinster handwerklicher Qualität präsentiert sich das aus 252 Teilen assemblierte Manufaktur-Handaufzugskaliber MB M16.29 mit Platine und Brücken aus rotvergoldetem Neusilber. Seine wahrhaft majestätische Schraubenunruh vollzieht stündlich 18’000 Halbschwingungen. Ausnahmslos alle Stahlteile er­ fahren manuelle Anglierung und Politur. Nob­ lesse oblige.

Montblanc

IWC

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Leben LANG

WATCHES & JEWELLERY

FÜR EIN

BY PRESTIGENEWS.COM

Seit jeher ziehen Edelstei ne d ie Menschen m it i h rer mag ischen Schön heit i n i h ren Ba n n. Gl itzernde u nd fu n kel nde Kostbarkeiten, d ie, i n fi l ig ra ner Ha ndarbeit z u kostbaren Sch muckstücken verarbeitet, ei n Leben la n g F reude bereiten.

AL CORO

Peridot, Diamanten im Brillantschliff und 18 Karat Gold. Erhältlich in Weissgold, Roségold und Gelbgold, die farbigen Steinhänger können separat bestellt werden. BULGARI

Serpenti Secret Watches. Quarzwerk, gewölbtes 36-mm-Gehäuse aus 18 Karat Roségold mit Diamanten im Brillantschliff, einem Turmalin und Smaragdaugen. Armband aus 18 Karat Roségold mit Diamanten im Brillantschliff.

DIOR

Der Opal steht im Mittelpunkt der neuen HauteJoaillerie-Kollektion von Dior. Die kostbaren Uhren sind wahre Schmuckstücke, die die Nuancen des Opals in den Farben der Steine aufgreifen.

GRAFF

Aus der Swirl Ring Collection stammt dieser funkelnde Ring von Graff. Mit einem makellos weissen Diamanten von 4,18 Karat und Pavé mit seltenen rosa Diamanten. Fassung aus 18 Karat Roségold.

CHOPARD

Ring in 18 Karat Gelbgold gefasst mit einem wunderschönen herzförmigen gelben Diamanten (10 ct), der von Diamanten (3,8 ct) und gelben Diamanten (6 ct) im Marquise-Schliff umrahmt wird.

DE GRISOGONO

Romantischer Schmuck aus dem Hause Grisogono. Ein so glamouröses wie opulentes Armband aus Roségold mit Rubinen und Diamanten, das mit Sicherheit das Herz einer jeden Dame höherschlagen lässt.

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Ein Auto für die Ewigkeit: Jaguar E-Type 3.8 FHC Series 1 von 1961

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DRIVE STYLE

AM DRÜCKER

I

Altmeister Michel Zumbrunn ist wieder da, obwohl: Er war eigentlich nie weg …

n den letzten Jahren schien es, als habe sich einer der grössten Automobilfotografen der Schweiz und Erfinder des «Schwarzen Studios» zurückgezogen: warum auch nicht? Michel Zumbrunn ist schliesslich schon über 70, da darf man es etwas ruhiger angehen lassen. Und tatsächlich hat er seine Räumlichkeiten in Fällanden samt Namen vor zwei Jahren verkauft.

Matthias Pfannmüller I

Michel Zumbrunn

Doch Zumbrunn kann von der Kamera einfach nicht lassen. Anders: Man lässt ihn nicht. Denn seit dem vermeintlichen Abschied hat er mehrere interessante Anfragen erhalten, «die ich einfach nicht ablehnen konnte». Eine sagenhafte und auch sehr private Privatsammlung war dabei, die der Routinier in mehreren Wochen sowie der ihm eigenen, unverwechselbaren Handschrift abgelichtet hat.

Stromlinien par excellence: Auto Union Typ C «Avus» von 1937

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DRIVE STYLE

Während diesem Auftrag, bei dem die Kamera zum Auto reisen musste und nicht umgekehrt, wie es zuvor bei Zumbrunn üblich war, kam ihm die Idee zu einem mobilen Studio. Zurück in der Schweiz, hat er dann ein solches entwickelt und auch realisiert – gemeinsam mit seinem früheren Lehrling Heinz Unger, der heute selbst ein Studio in Schlieren unterhält. Dieses Rollkommando kommt – mit 700 Kilo Material im Transporter – nun überall dorthin, wo es bestellt wird. Foto-Catering, sozusagen, und überaus bequem für die Besitzer seltener Oldtimer, die ungern ihr trockenes Zuhause verlassen.

in Schweizer Besitz, was unter anderem eindrücklich zeigt, in welch automobilem Schlaraffenland Zumbrunn unterwegs ist. Letzterer ist sichtlich stolz auf das Buch und denkt bereits an das nächste. Derweil mehren sich seine Haus-, pardon, Garagen-Besuche, welche unter info@fotozumbrunn.ch zu buchen sind, bevor der gebürtige Berner ganz unauffällig zum Auslösen anreist – in einem Subaru XV.

Blattgefedert: DKW Monoposto, 1930

Doch Zumbrunn hat die letzten Jahre auch viel nachgedacht und neue Perspektiven eingenommen. Weg vom plakativen Besitzerstolz mit drei Viertel vorne, davon hatte der Lichtbildner langsam selbst genug. Heute liegt ihm vielmehr daran, Autos thematisch zu behandeln. Zumbrunn 2.0, sozusagen. Seine jüngeren Arbeiten zur Stromlinie sind ein gutes Beispiel dafür – oder der prächtige Bildband «90 Years Celebration Exhibition» zur gleichnamigen Ausstellung, welche die Zusammenarbeit zwischen Emil Frey und William Lyons dokumentierte: Zu diesem Zweck hatte der Importeur letzten Herbst alle je gebauten 76 SSund Jaguar-Serienmodelle unter einem Dach vereint – ein weltweit einmaliges Unterfangen, für das nur zwei Fahrzeuge aus England herbeigeschafft werden mussten. Die anderen befinden sich alle

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120C C-Type, 1952

DRIVE STYLE

Wucht mit 21,5 Liter Hubraum: Blitzen-Benz von 1910

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&

FASHION

STAGE

C BA K

BEAUTY

Maisonnoée

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PRESENTS

Der Berliner Fotograf Heiko Laschitzki ist neben seiner Modefotografie vor allem für seine Portraits internatio­ naler Stars aus Musik, Fashion und Film bekannt und arbeitet seit Jahren erfolgreich mit Plattenfirmen wie Warner Music und Universal zusammen. Seine einfühlsamen Portraits von Musikern und Künstlern wurden in renommierten Magazinen wie «Rolling Stone», «Spiegel», «Stern» oder auch der «Sunday Times» publiziert. Seine besondere Gabe: genau den Augenblick fest­ zuhalten, in dem alles in Perfektion zusammenspielt. Seit einigen Jahren dokumentiert Heiko Laschitzki ausserdem die inspirierende Hektik im Backstage-Bereich der Berliner Fashion Week. Klassische Schwarz-Weiss-Fotografien, die weit über eine blosse Abbildung des Geschehens hinausgehen. Bereits zum zweiten Mal präsentiert PRESTIGE seine eindrücklichen Bilder, die aussergewöhnliche Einblicke hinter die Kulissen der Fashionszene bieten – direkt und authentisch.

www.laschitzki.com


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Julia Seemann

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Julia Seemann


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Leonie Mergen

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Leonie Mergen

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Dawid Tomaszewski by Aryton


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PENNYIM

SCHUH

«Sind Ihre Haare richtig frisiert und Sie tragen gute Schuhe, dann kommen Sie mit allem durch.» – Iris Apfel –

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FASHION &BEAUTY

Kein Schnüren, kein Bücken, kein Knoten, in einen Loafer schlüpft man einfach hinein. Loafer sind Schuhe für Faulenzer, der charakteristische Steg über dem Rist ihr Erkennungszeichen.

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Barbara Goerlich I

oafer gelten als die amerika­ nischen Schuhe schlechthin. Zu­ge­geben, Schlupfhalbschuh, Slipper oder gar Schlüpfer, wie er in der Schweiz genannt wird, klingt nicht wirklich cool und stylish. Doch sie sind nie aus der Mode gekommen, obwohl sie mehr oder weniger unverändert schon gut hundert Jahre auf dem Buckel haben. Die praktischen Schlupfschuhe sind eine Weiter­entwicklung des Indianer-Mokassins, mit Sohle und Absatz aufgerüstet, und wirklich echt nur mit dem charakteristischen Lederriemen (Steg) über dem Rist.

Schuh mit Glücksbringer Ihr Ursprung liegt im hohen Norden Europas. Auf einer Amerikareise hatte der norwegische Schuh­ fabrikant Nils Tveranger die Mokassins der Iro­ kesen kennengelernt. Im heimischen Aurland ­fertigte er daraus seinen «Aurlandssko» (Aurlandschuh) mit Sohle und Absatz. Der neuartige Schuh wurde in Norwegen schnell populär, seinen Durchbruch schaffte er aber erst in den USA, zunächst als Loafer, dann als Penny Loafer. Diesen weltberühmten Loafer verdankt die Welt dem In­ haber der amerikanischen Schuhfabrik G.H. Bass and Co. Ein Zeitungsartikel machte ihn auf die ­Aurlands aufmerksam. Bass war von der Schlupftechnik ohne Schnürsenkel begeistert und brachte 1936 seine Version unter dem Namen «Weejunns» (Nor«wegians») auf den Markt. Da man ihn nicht schnüren muss – Kinder und Knoten! –, startete der neue Schuh als Teil amerikanischer Schul­ uniformen voll durch. Über die Schulen gelangte er an Colleges und Unis. Der Loafer als College-­ Schuh war geboren und gehörte neben Chino, Button-down-Hemd und V-Ausschnitt-­ Pullover zum angesagten Kleidungsstil modebewusster Studenten. Und da sie als Glücksbringer vor K lausuren einen Penny in den Schlitz des ­ ­Ledersteges steckten, wurden die Weejunns zu «Penny Loafers».

G.H. Bass

Die Idee mit dem Penny machte auch in Nor­ wegen Furore. Im Zweiten Weltkrieg steckten patrio­tische Norweger in stillem Protest gegen die Besatzung ihres Landes eine 10-Öre-Münze in den Bund i­ hrer Aurlands. So avancierte der Ur-Loafer ­«Aurlandssko» zum Nationalschuh, und die Aurlands-­Schuhfabrik machte eine Tugend daraus. Sie gab jedem Aurlands-Loafer, der die Fabrik verliess, eine 10-Öre-Münze mit auf den Weg.

Von James Dean bis Brigitte Bardot Sie sind bequem, schick und immer mehr auf dem Vormarsch. So auch ganz besonders der sogenannte «Tassel»-Loafer mit Quasten, mit denen sich einst der US-Schuhgigant Alden in den 1950ern einen Namen machte. Einst völlig verpönt, erlebt der Schuh, der oft despektierlich als «Bommel-­ Schuh» bezeichnet wurde, auch in unseren Breitengraden eine wahre Renaissance als Business-­ Schuh zum Anzug. Grundsätzlich aber geht der Herr mit Tassel-­Loafern und der passenden Kleidung zur Gartenparty, um dort zu «loafen», was dem Chillen entspricht. Ganz ohne peinlich zu wirken, kann Mann seine Loafer aber auch ohne Strümpfe tragen wie die Stil-Idole James Dean und John F. Kennedy. Auch Audrey Hepburn und Brigitte Bardot trugen welche, Michael Jackson tanzte mit ihnen seinen Moonwalk, und unzählige Couturiers variieren sie mit High Heels, Farben und den abenteuerlichsten Materialien. Der berühmteste ist wohl der Gucci-­Loafer mit der Metall-Trense über dem Steg. In immer neuen Variationen laufstegtauglich getrimmt, macht er bei den Fashion-­Shows der italienischen Marke sogar zu Abendroben bella figura.

Der Weg in die Damenwelt Zum Unisex-Schuh mutierten die ursprünglichen Männerschuhe in den 1960er Jahren. Über die Women’s-Lib-Bewegung erreichten sie die Damenwelt. Flache Treter waren für Demos einfach besser geeignet …

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ICH BAUE EINE

TADT FÜR DICH

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LIVING

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Dem niederländischen Architekten Rem Koolhaas sind Reichtum und Anerkennung nicht wichtig. Für ihn steht der Mensch im Fokus seiner Arbeit. Daher haben alle seine Entwürfe einen gesellschaftlichen Hintergrund.

eine Referenzen lassen einen mit dem Scrollen gar nicht mehr aufhören. Ellenlang ist die Liste, die sich dem User eröffnet, sucht er nach den fertiggestellten Bauten des Architekten Rem Koolhaas. Bibliotheken, Galerien, Hotels, Theater, Museen – es gibt kaum eine Immobiliengattung, die es nicht auf die Liste des heute 72-Jährigen geschafft hat. Besonders auffällig ist dabei jedoch die zahlreiche Nennung des Labels «Prada». Schnell lässt sich daher vermuten, dass die Italiener einen Narren an dem holländischen Star gefressen haben. Jüngst hat er für sie sogar eine alte Alkoholfabrik in ein Museum verwandelt. Und schon davor hat er für aufsehen­ erregende Präsentationsflächen für die Luxusmarke gesorgt. Er ist weltweit be- wie auch anerkannt, und das vor allem auch, weil er kein Haus baut, ohne dabei an die Menschen zu denken.

Architektur kann den Menschen beeinflussen Rem Koolhaas wurde 1944 geboren, mitten hinein in eine unsichere, von Krieg geprägte Zeit. Seine Heimatstadt Rotterdam war zu diesem Zeitpunkt nahezu komplett zerstört. Seine Kindheit und Jugend war somit vom Aufbau der Stadt geprägt. Ob dies dazu beigetragen hat, zwischen 1968 und 1972 an der «Architectural Association School of Architecture» (AA) in London zu studieren, ist jedoch reine Vermutung. Fakt ist, dass er mit seiner ganz eigenen Art, Architektur zu interpretieren, heute zu den weltweit bekanntesten und auch einflussreichsten Baukünstlern der Welt gehört. Gemeinsam mit Madelon Vriesendorp und den beiden Architekten Elia und Zoe Zenghelis gründete er 1975 das «Office for Metropolitan Architecture» (OMA) und spielt damit national wie international eine wichtige Rolle.

Wilma Fasola I

Bas Princen

Bekannt wurde der Niederländer zudem durch seine 1978 erschienene Schrift «Delirious New York». Unter theoretisch-philosophischer Sicht nimmt er die urbane Dichte Manhattans unter die Lupe. Die von ihm geprägten Begriffen «Generic City» und «XL-Architektur» haben nachweisbar den Städte­ bau beeinflusst. 1994 wurde Koolhaas’ Buch unter dem Titel «Rem Koolhaas and the Place of Modern Architecture» neu aufgelegt, und das nicht zuletzt, weil die Verdichtung der Städte aktuell zu einem der wichtigsten Themen der Branche gehört. Im Zuge seiner Professur an der Harvard University forscht der Architekt ausserdem gemeinsam mit seinen Studenten im Hinblick auf zeitgenössische Städte und ihre kulturellen Aspekte. Er ist der festen Überzeugung, dass Architektur das Leben der Menschen massgeblich beeinflusst. Und auch das von ihm und seinen OMA-Partnern gegründete Forschungsstudio AMO setzt sich mit der Beziehung von Architektur und sozialem Leben auseinander.

Unfertig kann auch schön sein Der Fokus von Koolhaas’ Schaffen lag lange Zeit auf Neubauten. Heute setzt er mehr auf Bestehendes und baut lieber um. Und das auch, weil er in seinen Augen die urbane Perspektive lange genug beschrieben und in seinen Bauten umgesetzt hat. Heute setzt er sich lieber mit Landschaften auseinander und versucht, Altes neu zu interpretieren. Und so sind auch die Grundmauern der im letzten Jahr fertiggestellten «Fondazione Prada» historischer Natur. Die Immobilie im Süden der italienischen Stadt Mailand war einst eine Destillerie. Seit der Neueröffnung im Mai 2015 beherbergt sie nun ein Kulturzentrum mit verschiedenen Museen, Bildungseinrichtungen, einem Kino, Café sowie eine Bibliothek und einen Konzertsaal. Bereits 1993 hatten Modeschöpferin ­Miuccia Prada und ihr Ehemann Patrizio Bertelli die Stiftung als Austauschplatz für Ideen zwischen Künstlern, Architekten, Designern, Autoren, Filmemachern, Philosophen und Kuratoren geschaffen. Der neue Bau soll all das unter einem Dach vereinen. Und das in direkter Nähe zur kreativen Metropole Mailand. Koolhaas’ Idee für die Fondazione: Räume schaffen, die sich zu einem Ganzen verbinden, aber jeder für sich individuell gestaltet ist. Und die Besucher erleben genau das, nichts ist gleich und doch passt es zusammen. Metaphysische Welt wird sein Werk daher auch bezeichnet. Und dass diese während der feierlichen Eröffnungszere­monie noch gar nicht fertiggestellt war, fand Rem Koolhaas nicht schlimm. So war unter anderem das Glanzstück, der mit Blattgold verkleidete alte Industrieturm, noch nicht zur Gänze in

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LIVING

«Schönheit ist ein scheues Reh.» – Rem Koolhaas –

sein glänzendes Kleid gehüllt worden. Und auch die sich anschliessende Halle hatte nur eine provisorische Aussenwand. Schuld war die Natur. Erdbeben hatten den Baubeginn verzögert, und die danach neuen Auflagen für Erdbebensicherung bedeuten, dass unzählige Stahlträger eingezogen werden mussten. Der Architekt konnte sich dennoch für sein Werk begeistern. Gegenüber den Medien schwärmte er über den halb angemalten Turm: «Sieht doch schön aus, oder? Damit zeigen wir der Stadt, dass hier etwas Neues entsteht.

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Und dann ist das Vergolden auch noch verdammt billig.» Danach drehte er sich um und liess die Zuhörer allein mit ihren Gedanken dazu. Rem Koolhaas schafft, kreiert, aber die Interpretation überlässt er den Menschen. Denn sie müssen mit oder in seinen Bauten leben. Der Mensch mit all seinen Ansprüchen ist für Rem Koolhaas immer das Wichtigste – bei allem, was er tut. Daher freut es ihn auch für den Bau­träger, wenn die Kosten im Rahmen bleiben. Selbst wenn


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terdam zu verlegen, basiert daher nicht nur darauf, dass er hier zur Welt gekommen ist. Vielmehr kann er hier unerkannt leben und schaffen. Seinen Rückzugsort hat er zudem im 60 Kilometer vom OMA-Büro entfernten Flughafen Schipol ­gefunden. Hier hat er einen Konferenzraum gemietet, wo er fern von Telefon, Mitarbeitern und Ablenkung denken kann.

Eine gute Ausbildung liefert die Basis Rem Koolhaas ist zahlreich ausgezeichnet, unter anderem mit dem Goldenen Löwen für sein Lebenswerk und dem Pritzker-Preis der Hyatt Foundation. Wichtig ist ihm das aber nicht. Für ihn war entscheidend, dass er 1972 das «Harkness Fellowship» erhielt. Das Stipendium ermöglichte ihm eine weitere akademische Ausbildung am «Institute for Architecture and Urban Studies» (IAUS) in New York, nachdem er bereits in London Architektur studiert hatte. Offen bleibt jedoch, wie er es ohne Matura gleich an Hochschulen schaffte. Denn kurz vor dem Abschluss des Gymnasiums hat er es verlassen, um als Journalist zu arbeiten. Das Schreiben hat er lange nicht drangegeben, auch wenn ihn schnell die Architektur in ihren Bann zog. Er fand es spannend, dass der Berufsstand Architekt seit so vielen Jahrhunderten kaum Veränderungen erlebt hatte. Er war sicher, dass eine Modernisierung möglich war und der soziale Aspekt in den Fokus rücken sollte. Und das wird von allen Familienmitgliedern so ­gelebt. Rem Koolhaas ist nämlich mit der holländischen Künstlerin Madelon Vriesendorp verheiratet, die wie er zu den Gründern des OMA gehört. Sie haben zwei Kinder. Tochter Charlie arbeitet als Fotografin. Tomas produziert Filme. Unter anderem auch eine Dokumentation über seinen Vater. Kunst ist das zentrale Element der Familie. Und zwar konkreter die menschlich-­ individuelle Kunst. In seinem Essay «Die Stadt ohne Eigenschaften» beschreibt Rem Koolhaas, dass Städte immer gleicher werden – und das mit Absicht. Er sagte dazu einmal: «Eine Stadt wie Dubai hat 80 Prozent Einwanderer, Amsterdam 40 Prozent. Ich glaube, für diese Bevölkerungsgruppen ist es einfacher, durch Dubai, Singapur oder die Hamburger Hafen-City zu laufen als durch schöne mittelalterliche Stadtkerne.» Historisch geschaffene Bauten und Terrains sind unerwünscht in einer Zeit, in der man ständig umziehen muss. Heute hier, morgen dort, in seinen Augen gleichen Wohnorte daher Flughäfen. «Städte funktionieren wie Flughäfen. Die immer gleichen Geschäfte sind an den immer gleichen Stellen. Alles ist über die Funktion definiert, nichts über die Geschichte. Das kann auch befreiend sein.»

das für ihn bedeutet, am Ende des Tages weniger in der Kasse zu haben. Denn seine internationale Bekanntheit bedeutet bei einem A ­rchitekten nicht, dass er mehr als den gesetzten Tarif verbuchen kann. Auch für einen Mann wie Rem Koolhaas gibt es am Ende den festgesetzten Prozentsatz an den Gesamtbaukosten und keinen Rappen mehr. Er selber bezeichnet sich daher auch nicht als reich in finanzieller Sicht. Doch das will er auch gar nicht sein. So wenig, wie er eine Celebrity sein möchte. Die Wahl, den OMA-Hauptsitz nach Rot-

Koolhaas selbst sieht das als Herausforderung, Städte in Städten zu schaffen, die beleben und leben. Die den Menschen positiv in seinem Sein beeinflussen. Er will keine Anonymität, er will Zuhause, Inspiration und Treffpunkt schaffen. Darum bleibt er auch nicht stehen, sondern bewegt sich weiter. Dinge bestehen, bestehen lange und haben irgendwann ihr Verfallsdatum erreicht. Wie bei ihm. Neubauten sind heute Vergangenheit, Umbauten die Realität. Er will darauf aufmerksam machen, dass das Alte nicht schlecht ist, es muss neu interpretiert werden. Und das macht ihm Spass, egal, ob er das offizielle Rentenalter schon überschritten hat. Er will schaffen, solange es geht. Die Welt ist unruhig, und das Leben braucht Menschen, die ihm Raum geben. Rem Koolhaas wird das tun. Solange es geht. Die Liste auf der OMA-Webseite wird daher noch ein wenig länger werden.

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LIVING

HOMMAGE AN DIE

KURVE

Oscar Niemeyer gehörte zweifelsohne zu den begnadetsten Architekten seiner Generation. Neben seinen weltberühmten Bauten wendete sich der brasilianische Stararchitekt später auch dem Möbeldesign zu. Entstanden ist dabei unter anderem der legendäre Rio Chaise aus dem Jahre 1971, der die unverkennbare Handschrift Niemeyers trägt. Anka Refghi

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LIVING

«Die Architektur besteht aus Traum, Phantasie, Kurven und leeren Räumen.» – Oscar Niemeyer – Der rechte Winkel zieht mich nicht an, und auch nicht die gerade, harte in­ flexible Linie, die der Mensch geschaffen hat. Was mich anzieht, ist die freie und sinnliche Kurve, die ich in den Bergen meines Landes finde, im mäandernden Lauf seiner Flüsse, in den Wolken des Himmels, im Leib der geliebten Frau. Das ganze Universum ist aus Kurven gemacht.» Mit diesen, seinen Worten ist das Schaffen Niemeyers in seinem Kern bereits beschrieben. Seine Abneigung gegen gerade Linien zeigte sich in Kirchen, die wie Erdhügel aussahen, und in Museen, die wie futuristische Ufos erschienen. Monumentale Bauten, für die er sich zeitlebens von der Natur und den Rundungen des weiblichen Körpers inspirieren liess und die als imposantes Zeugnis für seine Abneigung gegen jegliche lebensfeindliche und rein zweckdienliche Architektur standen.

Eine Ikone des Möbeldesigns Politisch war der 1907 in Rio de Janeiro geborene Niemeyer ganz weit links einzuordnen. Eine Tatsache, die den bekennenden Kommunisten zwang, nach einem Militärputsch im Jahre 1967 vor der brasilianischen Militärdiktatur vorübergehend nach Paris zu fliehen. 1971, noch während seiner Zeit im Exil, begann sich der Ausnahmearchitekt das erste Mal mit dem Design von Möbeln zu beschäftigen. Auch wenn seine Zuwendung zum Möbeldesign erst spät kam, sollte dies dennoch ein wichtiger Teil seines Schaffens werden. Ein Teil, den er selbst als Erweiterung seiner Architektur verstand. In seinem legendären Rio Chaise, den er 1978 mit seiner Tochter Ana Maria Niemeyer in Paris schuf, spiegelt sich seine unverkennbare Handschrift wider. Futuristisch geschwungen und doch von einer zeitlosen Eleganz, die das Lebensgefühl des modernen Brasiliens seiner Zeit transportierte und gleichermassen der Anatomie des Menschen in beispielloser Manier Rechnung trug. Gefertigt wurde das Original aus verleimtem und schwarz lackiertem Schichtholz und handgeflochtenem Bast für die Sitzfläche. Mit seinen sinnlichen Formen und seiner in der Höhe verstellbaren Nackenrolle erinnert der Rio Chaise ebenso an vorangegangene Klassiker wie beispielsweise Thonets Schaukel-Liege Nr. 7500, die dieser 1884 produzierte, aber auch an Breuers ikonischen Isokon Long Chair.

DER MAESTRO Nach seinem Studium an der Escola Nacional de Belas Artes wurde Oscar Niemeyer Assistent von Le Corbusier, der einen grossen Einfluss auf sein Schaffen haben sollte. Niemeyer selbst revolutionierte durch die erstmalige Verwendung von Stahlbeton die moderne Architektur und schuf, bis zu seinem Tod am 5. Dezember im Jahre 2012, rund 600 Bauten von monumentaler Strahlkraft. Weltruhm erlangte der Stararchitekt auch durch den Entwurf einer kompletten Stadt: Alle öffentlichen Gebäude der 1957–1964 errichteten brasilianischen Planhauptstadt Brasilia stammen von ihm, womit er der einzige Architekt war, dessen Entwurf noch zu Lebzeiten zum Weltkulturerbe ernannt wurde.

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CULINARIUM

PURISMUS

STERNEN GLANZ IM

B

Das Luxushotel Mandarin Oriental bietet die richtige Kulisse für einen Sternekoch wie Thierry Marx. Der Spitzenkoch verwöhnt nun hier im Herzen von Paris Gourmets und Geniesser mit seinen köstlichen Kreationen im «Sur Mesure». Der Guide Michelin hat das Restaurant mit zwei Michelin-Sternen ausgezeichnet. Das «Sur Mesure» verbindet Tradition mit Innovation und bietet unvergessliche kulinarische Erlebnisse.

eim Betreten des Restaurants entdecken Gäste einen ganz in Weiss gehaltenen Kokon, dessen Reinheit die Speisen umso mehr zur Geltung kommen lässt. Schon auf den ersten Blick wird klar, dass in diesem Gourmet­restaurant auch ein extravagantes

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Nike Schröder I

Mandarin Oriental Hotel Group

Design eine Rolle spielt. Das in den Zwanziger­ jahren gebaute Art-déco-Gebäude ist lebendige Pariser Haute Couture. Das bekannte Designer-­ Duo Patrick Jouin und Sanjit Manku plante ein hochmodernes Restaurant, das den Gästen durch Stoffdrapierungen an den Wänden und der Decke


sowie Wolken­bildern von Heidi Winge eine futu­ ristische Atmosphäre vermittelt. In puristisches Weiss getaucht lenkt im Restaurant den Gast nichts von den ­kulinarischen Kreationen ab. Die abstrakte Gestaltung findet ihr grosses Highlight mit einem opulenten Kronleuchter. Passend zu Ambiente und Küche kreierte Thierry Marx mit ­Designer Jouin Manku ein Haute-Couture-Porzellan in edlem Weiss-Gold.

Sterneküche in neuem Outfit der Zukunft Ein wahrer Kontrast entsteht durch das unaufgeregte, puristische, aber hochmoderne Design des Gourmetrestaurants und die fulminanten kulinarischen Kreationen von Sternekoch Thierry Marx, dessen innovative Kompositionen Pionier für Formen, Farben und neue Texturen sind. Quasi flies­ send ist der Übergang zwischen Kreativität, ­Emotionalität, Tradition und Zukunft. Thierry Marx schafft mit den technischen und emotionalen Aspekten des Kochens ein Gourmetfeuerwerk. ­ Jede seiner Kreationen ist von seiner Persönlich-

keit geprägt. Der Küchenchef verwöhnt seine Gäste mit einer wechselnden Mittag- und Abendkarte. Beim Mittagmenü kann zwischen vier und sieben Gängen, beim Abendmenü zwischen sechs und acht Gängen gewählt werden. Je nach Saison und Gericht bietet Thierry Marx zusätzlich Trüffel als Topping an. Aber braucht etwas so Geniales wie die Küche im «Sur Mesure» überhaupt noch ein «Topping»? Eigentlich nicht, aber wer Trüffel liebt, geniesst das «etwas mehr» sicher. Wer die Küche von Marx mit kleinerem Budget kennenlernen möchte, für den empfiehlt sich das Restaurant «Camélia» im Erdgeschoss. Hier bietet der Sterne­ koch Frühstück, Mittag- und Abendessen sowie einen Sonntagsbrunch an. Aus dem Restaurant haben die Gäste einen wunderschönen Ausblick auf den herrlich gestalteten Garten, der in den Sommermonaten auch eingedeckt wird.

Plaisir, bien-être et santé Thierry Marx ist ein Sternekoch, der seinen Beruf lebt und dabei vor allem seine Gäste genau

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CULINARIUM

fokussiert, durch deren Feedback die Trends erkennt und ausnahmslos in seine Küche einbaut: «Meine Aufgabe als Koch besteht darin, neue ­Entwicklungen der Gesellschaft lehrreich aufzusaugen und dann in übersetzter Weise in meiner Küche zu interpretieren. Die Lebensart, die Küche und die Art, wie wir essen, bildet die Gesellschaft ab, man muss nur einfühlsam genug sein, um das zu erkennen», weiss Küchenchef Thierry Marx. Er widmet sich wie viele seiner Sterne-Kollegen einem Trend, den man in unserer heutigen Zeit nicht mehr wegdenken kann: Genuss und Gesundheit sind Mittelpunkt seiner Gourmetküche. Das antizipiert, dass sich der Sternekoch mit Garzeiten und Gar­ temperaturen intensiv beschäftigt und hier eine optimale Lösung auf den Tellern serviert, die sich

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auch geschmacklich auf höchstem Niveau be­ findet. Marx ist demütig vor den Lebensmitteln, die er verwendet, und setzt auf Respekt vor der Landwirtschaft. Er kann auch mit vegetarischen Genüssen punkten.

Natur ist pur «Ich bin ein grosser Fan vom neuen Bewusstsein, das sich in den Köpfen der Menschen entwickelt. Damit meine ich die Hochachtung und Wert­ schätzung vor der Natur und die verbesserten Produktionsbedingungen, die immer bedeutsamer werden.» Marx beobachtet die jüngere Generation, weil sie auch die kulinarische Zukunft seiner fortschrittlichen Küche ist. Die Zutaten, die der Sternekoch verwendet, sind sorgfältig ausgewählt


CULINARIUM

«Wenn ich gut gegessen habe, ist meine Seele stark und unerschütterlich; daran kann auch der schwerste Schicksalsschlag nichts ändern.» – Molière –

und vor allem regional. Seine Maxime: Mehr als 100 Kilometer darf kein heimisches Produkt unterwegs sein, sonst verliert es zu viele Vitamine und Mineralien. «Das ist unverantwortlich und für meine Gäste nicht zu vertreten», stellt Marx klar. Wie der Drei-Sterne-Koch Christian Bau lässt sich auch Marx von der japanischen Küche stark beeinflussen, was sich geschmacklich, aber auch in Farben und Formen zeigt. Der Küchenchef hat einen ganzheitlichen Blick auf Mensch und Küche, der wohldosiert in seinen Gourmet-­K reationen erkennbar ist. «Ich bin niemand, der Dinge nicht verändert, weil sie so sein müssen oder immer schon so waren. Ich lasse mich nicht in Traditionen verhaften. La tradition n’existe pas.»

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DAS IST

NICHTMEINE

BÖRSE!

Es gibt gute Gründe, warum Firmen wie Uber, Airbnb & Co. nicht an die Börse wollen. Medien nennen sie «Unicorns» – junge erfolgreiche Start-ups, die trotz grosser Nachfrage nicht auf das Finanz-Parkett wollen.

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Wilma Fasola

icht nur der norwegische Staatsfonds wartet darauf, auch unzählige Anleger hoffen, dass das Unternehmen Uber endlich an die Börse geht. Mit einer Bewertung von rund 70 Milliarden Dollar wäre ein kleiner Anteil am Konzern in Form einer Aktie eben im wahrsten Sinne des Wortes bereichernd. Doch der Gründer und Inhaber des Taxidienstes, Travis Kalanick, weigert sich – konstant und ausdauernd. Gleiches gilt für die Inhaber von Airbnb und Pinterest. Und auch rund 150 weitere Unternehmen weltweit, die mit mehr als einer Milliarde Dollar bewertet werden, wollen nichts von einem Börsengang wissen. Die Finanzwelt spricht hier vom sogenannten «Unicorn-Club», und das Gros der Mitglieder hat seinen Sitz im Silicon Valley. Allen gemein: Ihre

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Strategie basiert auf digitalem Zugang, und alle finanzieren sich über Investoren und Wagnis­ kapitalgeber.

Keinen Bock auf Kontrolle Auf Nachfrage bei Uber-Chef Travis Kalanick, ­warum und wieso er keine Lust auf das offizielle Finanzparkett hat, antwortete er einmal: «Eines Tages wird es so weit sein – kurz bevor die Mit­ arbeiter und ihre Lebensgefährten mit Mistgabeln und Waffen mein Büro stürmen.» Übersetzt bedeutet dies: Ich bin doch nicht lebensmüde, und lasst mich endlich mit dieser Frage in Ruhe. Daher muss man spekulieren, doch wer den Kalifornier kennt, weiss, dass er ungern über harte Fakten spricht. Und ein Börsengang bedeutet, dass man Einblick in die laufenden Geschäfte geben muss.


FINANCE Detailliert und ehrlich zumindest. Das würde ­nämlich bedeuten, dass schwarz auf weiss belegt wäre, dass On-Demand-Geschäftsmodelle, bei denen Kunden nur bei Bedarf aktiv werden, gar nicht so rentabel sind, wie es nach aussen scheint. Der Blick hinter die Kulissen zeigt: Uber zeichnet riesige Verluste. Diese wurden von Bloomberg im ersten Halbjahr 2016 auf rund 1,27 Milliarden Dollar geschätzt. Und die Experten sind sich ­sicher, dass sich die Idee hinter dem Unternehmen erst auszahlt, wenn es keine menschlichen Fahrer mehr braucht. Zudem hat man einfach keine Lust darauf, sich reinreden zu lassen, und noch weniger will man alle drei Monate Geschäftsberichte präsentieren und Geld auf die Seite packen müssen, das bei

juristischen Auseinandersetzungen gebraucht wird. Und die gibt es unter den Einhörnern zur Genüge. Airbnb hat ständig Streit, und Uber muss nahezu täglich irgendetwas wieder geraderücken. Man will tun, ohne Rechenschaft ablegen zu müssen. Und das eben so lange, wie es möglich ist. Dennoch lassen sich die Aktienjäger nicht abhalten und versuchen nun auf anderen Wegen an Anteile der Einhörner zu kommen. Denn neben Inhaber und Investoren gibt es noch eine dritte Gruppe, die Aktien von Uber, Airbnb & Co. be­sitzen: die Mitarbeiter. Ein Gros hat diese als A ­ nerkennung und Bonus erhalten. Ihnen werden nun lukrative Angebote von Externen unterbreitet. Und das ruft die Chefs auf den Plan. Jüngst hat Airbnb-Finanzchef Laurent Tosi diese als «Widerlinge» bezeichnet, die sich durch Diebstahl am Gold- / Geldregen

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FINANCE

bereichern wollen. Parallel warnt man – ähnlich wie Uber – die Mitarbeiter schriftlich über Kon­se­quen­ zen und bietet unternehmens­ interne Rückkauf­ programme an. Die gebotenen Summen jedoch liegen meist weit unter dem e ­ xternen Angebot, sodass die unter Zugzwang stehenden Mitarbeiter dennoch auf den Deal eingehen und verkaufen. Denn viele von ihnen sind knapp bei Kasse, was ebenfalls einiges zu den Geschäftspraktiken der Einhörner aussagt.

Pionier auf dem Schweizer Markt Auch die Schweiz hat übrigens seit etwa einem Jahr ein Mitglied im Einhörner-Club. Mindmaze hat Anfang 2016 weniger als ein Drittel seiner Anteile verkauft, dafür aber eine Milliarde Dollar kassiert. Teilhaber ist nun die indische Hinduja Group. Spezialisiert auf Medizinaltechnik, basiert der Erfolg des im Welschland ansässigen Unternehmens auf einer an der ETH Lausanne entwickelten Echtzeit-Virtual-Reality-Technologie. Diese wird für die motorische Rehabilitation nach einer Hirnverletzung oder einem Hirnschlag genutzt und kann bereits während der Bettlägerigkeit und vor allem ohne dringende Präsenz einer Pflegekraft eingesetzt werden. Besonders Letzteres ist mit Blick auf den Mangel an Personal in der Branche ein echter Wettbewerbsvorteil.

Hinter Mindmaze steckt der indische Elektroingenieur Tej Tadi, der mehr aus Zufall als aus Kalkül in die Schweiz kam. Er forschte damals an einer Brennstoffzelle, mit der nur wenige Menschen und eben auch ein Professor in Lausanne ar­bei­ teten. Folgend absolvierte er einen Master in Virtual Reality und Computer-Grafik und begann das Doktorat im Labor für Kognitive Neurowissenschaft. Mindmaze selber ist heute gut vier Jahre alt, und Gründer Tadi hat grosse Ziele. So sagte er einmal den Medien: «Mindmaze will die führende neuro-­medizinische Gerätefirma der Welt werden.» Aktuell beschäftigt man rund 52  Mitarbeiter an drei Standorten (Lausanne, San Francisco und ­Zürich). Und die Zukunft ist vielversprechend. Mit weltweit ­ 15 Millionen Hirnschlag-Patienten ist der Bedarf an d ­ er­artiger Technologie dringend erforderlich. Und Neu-­ Mitinhaber Hinduja plant sie zudem auch in anderen Bereichen einzusetzen, beispielsweise in Games und im Rahmen von militärischen Technologien.

Es geht eben nicht immer gut Einmal Einhorn, immer Einhorn gilt jedoch nicht für alle Mitglieder im Club. Denn jüngst hat Snapchat, die sich neu nur noch Snap nennen, verlauten ­lassen, dass 2017 der Börsengang ansteht. Dafür kann man dem Instant-Messaging-Dienst also viel Glück wünschen. Denn nur wenige Unicorns haben sich bislang auf dem Börsenparkett behaupten können. Zu einschneidend ist am Ende die öffentliche Prüfung. Prominenter Verlierer ist hier zum Beispiel Twitter. Furios im Jahr 2013 gestartet, da innerhalb weniger Stunden nach Aktienausgabe der Kurs von 26 Dollar pro Aktie auf bis zu 50 Dollar anstieg, gibt es heute noch rund 16 Dollar pro Anteilsschein. Zudem schreibt der Kurznachrich­ tendienst bis heute Verluste. Es darf daher abzuwarten sein, wie lange sich die Anteilseigner das gefallen lassen. Und dass aktuell sogar Experten vor einem Kauf warnen, lässt ahnen, dass man eventuell sein Horn verloren und sich in die Gattung abgehalfterter Gäule eingereiht hat.


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Die «Classic Fusion Bracelet Blue» ist absolut chic, für jeden Anlass und Look die richtige Wahl. Sie ist in fünf Modellen und in vier verschiedenen Durchmessern – 33, 38, 42 und 45 mm – sowie mit zwei Zeitanzeigen erhältlich.

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Mit seiner neuen Ultra-Slim-Uhren­ kollektion stellt Movado Zeitmesser vor, die den Trend hin zu dünneren, schnörkellosen Uhrengehäusen und den für Movado prägenden schlichten Minimalismus in sich vereinen.

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Junghans und das Automobil – eine starke Verbindung. Das Zifferblatt der neuen «Meister Driver Chronoscope» mit «TachoOptik», die an die Instrumente im Innenraum eines Oldtimers erinnern. Durchmesser 40,8 mm.

Der neue «Manero Flyback» ist der perfekte und elegante Begleiter für den Gentleman mit Sinn für raffinierte Technik. Ein klassisches Gehäuse aus 18 Karat Roségold und champagnerfarbenem Zifferblatt. RADO

Rado blickt auf eine lange Tradition in der Tenniswelt zurück und stellt dies, mit dem auf 999 Exemplare limitierten und exklusiven Zeitmesser «HyperChrome Match Point», einmal mehr unter Beweis.

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Sportlich geht TAG Heuer mit dem «Aquaracer» ins Rennen. Wasserdicht bis 300 Meter und mit einem Durchmesser von 43 mm. Eine Uhr aus Edelstahl, kombiniert mit einer schwarzen, roten oder blauen Aluminiumlünette.


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