PRESTIGE Switzerland Volume 32 Auszug

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LIMITED EDITION AUTUMN 2014

CULTURE TRAVEL

LIVING DRIVE STYLE BEAUTY

FASHION

CULINARIUM

FINANCE WATCHES & JEWELLERY

& MORE

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INHALT TRAVEL

30

30 FRANZÖSISCH-POLYNESIEN Mit James Cook fing alles an 36

WUSSTEN SIE SCHON…? Las Vegas, Bishop Rock & Pilatus

38 GASTGESCHENKE Wie Hotels ihre Gäste verwöhnen 40 OMAN Beauty has an address 44 ES WAR EINMAL IN AMERIKA Die ersten Farbfotografien der Neuen Welt 46 REINHOLD MESSNER Gipfelstürmer

40

54

48

DOMINIKANISCHE REPUBLIK Der karibische Traum

53

CHARLES DARWIN Die Suche nach dem Ursprung des Lebens

54

DUFT DER STADT Olfaktorisches Sightseeing

58

TRAVEL BOOKS Nordkorea, Italien & Äthiopien

CULTURE 60

KYLIE MINOGUE Die Chefin der Disco

68

AUSSTELLUNGEN & BOOKS Von Truman Capote bis Kaiser Franz

70

GERHARD RICHTER Maler der Rekordsummen

72

ERIK JOHANSSON Der Surrealist

76 MÄZENINNEN Ein Leben für die Kunst 81

ERWITTS HOMMAGE An die Frauen dieser Welt

60

84 TEUER UND LEBENDIG Die bestverdienenden US-Künstler 86 ALCATRAZ Die Insel der Schwerverbrecher 91

PAUL AUSTER Der amerikanische Romancier

92

WUSSTEN SIE SCHON…? Picasso, Robert Downey Jr. und Paparazzi

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INHALT

114

WATCHES & JEWELLERY 94 UHRENKLASSIKER Tickende Freunde für ein langes Leben 108 ELISABETH VIGÉE-LEBRUN Eine aussergewöhnliche Uhr aus dem 18. Jahrhundert 112 WUSSTEN SIE SCHON …? Sancy, Blumenuhr und MESZ 114 HAUTE JOAILLERIE Wunderland à la Victoire de Castellane 119 HARRY WINSTON Der Diamantenjunge 120 NEUES AUS DER UHREN- & SCHMUCKWELT Luxuriöse Schleifen & Tribut an Olympia 122 DAS TAL DER UHREN Städte der Zeit 125 NICOLAS G. HAYEK Unternehmer, Erfinder, Patron

126

126 GEORGE NELSON Designeruhren

DRIVE STYLE 130 DIE GEFLÜGELTE, ALTE DAME Eine Kühlerfigur namens Emily 134 SEBASTIAN VETTEL Vierfacher Formel-1-Weltmeister 138 MOBILE GADGETS Pizza-Boxenstopp & Rennwagenwecker 140 ICH FAHRE MIT … Audi RS 5 Cabriolet 144 AUTOMUSEUM Das Lied der Schlümpfe 148 DER AUTOFRIEDHOF Wenn Rostlauben zum Kunstwerk reifen

134

152 GRAF VON ZEPPELIN Der Luftschiffkonstrukteur 153 WUSSTEN SIE SCHON …? Bugatti-Doktor, Watercar & Luxus-Autohaus

130 22 | PRESTIGE

148


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INHALT

160

FASHION 154 ANDREA SANTONI Eine ewige Romanze zwischen Stil & Qualität 160 DER HUT Stilikonen für den Kopf 164 PRESTIGE PRESENTS Joel Cartier

174

174 BIO-COUTURE Smarte Textilien für smarte Menschen

170 «SHOETING» STARS Der Frau liebstes Kind

178 NEUES AUS DER MODEWELT II Von Loden bis Straussenleder

172 JEAN PAUL GAULTIER Ahoi Sailorboy!

180 WUSSTEN SIE SCHON …? Parfüm für Millionäre & Diamanten-Denim

173 NEUES AUS DER MODEWELT Casual-Strick & anspruchsvolle Eleganz

181 VALENTINO GARAVANI Der letzte Kaiser

BEAUTY 182 HAARE Trends & Trendmacher 190 CLAUDIA SCHIFFER Topmodel & Lagerfelds Muse

182

191 NEUES AUS DER WELT DER SCHÖNEN The Beauty Book, Duft-Diffusor & Best Shape 192 THIERRY WASSER Der ideale Duft 197 CHANEL NO 5 Ein Parfüm geht um die Welt 198 SEREN Spezialisten für jede Haut

197

LIVING 200 MAX BILL Die Kunst, einen Hocker zu gestalten 206 NEUE WOHNWELT Mix & Match 208 FRANK LLOYD WRIGHT Der Luftschlossarchitekt 210 ATELIER OÏ Experiment mit Materialien

210

213 WUSSTEN SIE SCHON …? Sauna, Flügel & helvetisches Urgestein

216 PATRIC SIMMEN Immobilien für die oberen Zehntausend

214 MARCEL BREUER Vom Tischlerlehrling zum Stararchitekten

224 PRESTIGE PRESENTS Herrschaftliches Anwesen mit Seesicht

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INHALT CULINARIUM 232 DIRK HANY Bartender mit Leib & Seele

250

236 NEUE KULINARISCHE GENÜSSE Rum, Zigarren & Cocktails 238 A PIECE OF ART Idris Khan & Dr. Bill Lumsden 241 ALEXANDROS NICOLAIDES Der beste Bartender der Schweiz 242 DIE BESTEN BARS DER WELT Von London bis Tokio

232

244 BARTENDERS FINEST Die Rolex unter den Soda Siphons 247 ANLÄSSE STILVOLL FEIERN Eine 30-jährige Erfolgsgeschichte 248 WUSSTEN SIE SCHON …? Moos, Kwas & Safran 250 DREI-STERNE-CHEF THOMAS BÜHNER Kulinarisches Gastspiel auf der EUROPA 253 DIETER MEIER Schweizer Lebenskünstler und erfolgreicher Bio-Landwirt

FINANCE 254 VISIONEN UMSETZEN

Biodiversität im Weinberg

260 DER DREIKLANG

Wild, bio und fair

266 FALSCHE STRATEGIEN

Die folgenschwersten Anlegerfehler

266

KOLUMNEN 82 163 196 205 249 265

WILHELM J. GRUSDAT – Aus dem Leben eines Galeristen: An einem seltsamen Ort! GABRIEL PALACIOS – Die Kunst, man selbst zu sein GÖTZ WINTER – Ein Lächeln ins Gesicht zaubern DJ ANTOINE – Album-Release: Der ganz normale Wahnsinn TAMARA WERNLI – Emsige Engel am Samstagmorgen DR. CARSTEN PRIEBE – Ölindustrie vor grossen Herausforderungen

NEWS 111 FUNKELNDES KLEINOD 118 JEWELLERY 128 SCHMUCKSTÜCKE 136 GATEFOLDER WOMEN CHRISTA RIGOZZI FÜR SOKOLOV JEWELRY

26 | PRESTIGE

137 GATEFOLDER MEN 142 AUDI-BEGLEITER 158 LAUFSTEG 189 PERFEKTES STYLING

195 SMELLS LIKE AUTUMN 206 LIVING NEWS 230 WOHNLANDSCHAFT 268 VORSCHAU & IMPRESSUM


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ie letzten Sonnenstrahlen des Sommers werden langsam schwächer und der Herbst hält mit grossen Schritten Einzug, mit ihm ein leuchtend buntes Blättermeer und immer länger werdende Abende. Die perfekte Zeit, sich mit unserer aktuellen Ausgabe des Prestige vor dem Kamin zurückzuziehen und sich von uns in ferne Länder entführen zu lassen.

Reisen stärkt den Körper und die Seele. Was wären wir ohne ­ ie vielen Eindrücke, die wir an Orten wie der Dominikanischen d Republik, der Südsee oder in den Arabischen Emiraten sammeln? Wir lassen Sie teilhaben an den Mythen Tahitis, den Traum­stränden der Karibik und dem Zauber aus tausendund­ einer Nacht. Doch nicht nur Reisen erwärmt unsere Sinne, auch ein gut gemachter Drink kann dies bewirken. Erfahren Sie von den besten Barkeepern der Schweiz, was einen guten Cocktail ausmacht und welche Getränke diesen Herbst im Trend liegen. Für alle, die ein bisschen Spannung bevorzugen, tauchen wir ein die Geschichte der Gefangeneninsel Alcatraz. Wir bewegen uns auf den Spuren des «Birdmans» und Al Capones. Nicht weniger spannende Personen, jedoch mit reinerem Gewissen und besseren Absichten, sind die Mäzeninnen der Kunst. Wir stellen ­Ihnen drei exentrische und aussergewöhnliche Frauen vor, ohne die die Kunstgeschichte heute bedeutend ärmer wäre. Auf welchen Beauty-Trend sie auf keinen Fall verzichten können und welcher Schmuck Sie beim nächsten Event schmücken sollte, all dies und noch viel mehr erfahren Sie in unserer Herbstausgabe.

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TRAVEL


MIT

JAMES

COOK

FING ALLES AN FRANZOSISCH-POLYNESIEN

Der englische Schriftsteller D. H. Lawrence schrieb: «Sie gelten als Paradies auf Erden, diese Südsee-Inseln». Lawrence, bekannt als ein eifriger Reisegeselle, war nur einer von vielen, die den Traum von der Südsee in sich hegten. Lone K. Halvorsen


TRAVEL

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TRAVEL

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er Duft von Vanille, die weissen Tiaré, bezaubernde Menschen und der türkisfarbene Ozean … Der Mythos Südsee wurde vor allem durch Künstler und Filmstars vermittelt, ob vom Maler Paul Gauguin, der hier sein Paradies vergeblich suchte, oder von Brando, dem grossen Meuterer. Zu Recht kann behauptet werden, der ­Mythos bleibt uns aus einem trivialen Grund erhalten: Französisch-Polynesien liegt 30 Flugstunden von ­Europa entfernt - und damit fast ausserhalb unserer Vorstellungskraft.

Das Supermodell Fakt ist: Kein anderer Ort der Welt dient unserer Fantasie so sehr als Projektionsflläche wie jene Tropeninseln, die etwa bei 15° Süd und 140° West im grössten Ozean der Erde liegen. Auch wenn der erste Europäer, der die Südsee erreichte, ein Spanier war, beflügelte James Cook den Mythos Südsee. Seine Expeditionskollegen, der Franzose Louis Antoine de Bougainville und die Deutschen Johann Reinhold und Georg Forster entfachten mit ihren ­Reiseberichten ein wahres Südseefieber in Europa. Kapitän Cook entdeckte bei seiner fünften Reise in den Südpazifik weitere Inseln in der Nähe von ­Tahiti und nannte sie schliesslich die «Gesellschaftsinseln», weil sie so nah beieinander lagen. Bora Bora war für ihn jedoch die «Perle der Südsee» – und die Anziehungskraft dieser Insel wirkt immer noch. Bora Bora gilt heute als das «Supermodel» unter den Inseln in Französisch-Polynesien. Und auch wenn es bereits tausendmal geschrieben wurde, das Atoll von Bora Bora ist tatsächlich unverschämt schön. Besonders eindrucksvoll präsentiert sich der «Heilige Berg» Mount Otemanu, der über die Einwohner von Bora Bora wacht. Besteigen lässt er sich nicht, da er aus Vulkangestein besteht, aber der Blick aus der Ferne auf diesen majestätischen Berg, ist einfach einzig­ artig. Auch wenn die «Reichen und Schönen» überwiegend Bora Bora ansteuern, befinden sich in Französisch-Polynesien noch viele weitere Inseln. Diese sind zwar nicht so bekannt wie das «Supermodel», müssen sich aber auch nicht in ihrem Schatten verstecken.

Vanille Auf Tahiti wächst eine erstaunlich geschmackvolle und aromatische Vanille. Die auf der Inseln vorkommende Orchideenart «Vanilla Tahitensis» findet dort, bedingt durch das subtropische Klima und den nährstoffreichen Boden, die optimalen Anbaubedingungen. Anders als die gewöhnliche «Bourbon-Vanille» besitzt die Tahiti-Vanille einen zusätzlichen Stoff namens «Heliotropin», welcher ihr einen einzigartigen milden und süsslichen Duft verleiht. Zu Recht wird deshalb auch diese Vanille als «Königin der Gewürze» bezeichnet.

Paul Gauguin Leicht bekleidete Frauen mit goldener Haut vor bunter Kulisse – der Maler Paul Gauguin malte Ende des 19. Jahrhunderts in der Südsee ein erotisches Paradies unter Palmen. 1891 kam Gauguin in die Südsee, fand aber nicht die Welt, die er gesucht hatte. Missionare hatten bereits dafür gesorgt, dass die Bewohner Tahitis französisch und katholisch geworden waren. So malte Gauguin nicht das, was er tatsächlich vorfand, sondern seine Idee vom Paradies. Seine Bilder wurden später millionenfach auf Postkarten verbreitet und prägen nach wie vor die europäische Vorstellung über die Südsee – ein Paradies auf Erden.


TRAVEL

Die Wilde

Festivals in Französisch-Polynesien Blumenketten, der Klang der Ukulele und anmutige Tänzerinnen in Bast­ röcken sind typische Merkmale der tahitianischen Kultur. Es ist nicht verwunderlich, dass Tahiti und seine ganzjährig einen vollen Festivalkalender haben, denn Gesang und Tanz sind in Französisch-Polynesien tief in den Traditionen verwurzelt und gehören zum Alltagsleben. Neben dem Tanz ist auch der sportliche Wettkampf ein fester Bestandteil der alten polynesi­ schen Kultur. Besonders den Regatten der Auslegerkanus kommt eine grosse Bedeutung zu. Dabei stellt jede Insel ein Boot mit einem Team, das über sechzig bis achtzig Kilometer um die Wette paddeln muss. Den Höhepunkt des jährlichen Festivalkalenders bildet das im Juli stattfindende «Heiva i Tahiti», was soviel heisst wie «Festival auf Tahiti». Das Kulturfest findet in Tahitis Hauptstadt Papeete statt. Hier messen sich die Insulaner in Gesang und Tanz, aber auch im Pirogenrudern, im Speerwerfen nach Kokosnüssen und im Flechten traditioneller Handwerkskunst. Besonders sportlich geht es auch beim «Hawaiki Nui Va’a» zu, einem Auslegerkanurennen mit mehr als 100 Booten zwischen den Inseln Huahine, Raiatea, Tahaa und Bora Bora.

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Moorea und Raiatea sind zwei Inseln, die etwas weniger verbaut, wilder und weniger touristisch überladen sind. Moorea ist die kleine «Schwesterninsel» Tahitis und liegt eine halbe Stunde mit dem Katamaran von Papeete entfernt. Auch wenn die Inselbewohner hier zum grossen Teil vom Tourismus leben, ist die Existenzgrundlage vieler Einheimischer noch sehr traditionell mit Vanille­anbau, Fisch und Perlen verbunden. Die Insel besitzt viele Legenden. Unter anderem wird berichtet, dass der Gott Hiro sich den Berg Rotui, den schönsten Ort der Insel, zu eigen machen wollte. Dort, so besagt es die ­Legende, rasten die Geister der Toten, bevor sie zu ihrem Endziel aufbrechen (fragwürdig, warum sie nicht lieber auf Tahiti bleiben wollten). Hiro wollte ihn eines Nachts heimlich stehlen, um ihn zu sich nach Raiatea mitzunehmen. Doch schlug ihn der Krieger Pai in die Flucht, indem er seine Lanze nach ihm schleuderte. Diese bohrte sich durch den anderen berühmten Berg der ­Insel, der seitdem Moua Puta, «durchlöcherter Berg», heisst. Das Loch kann man heute noch sehen. Die zackigen Spitzen der vulkanischen Berge sind von überall aus sichtbar. Es fällt einem schwer, diese Insel nicht ins Herz zu schliessen. Zu Weltruhm gelangte Moorea spätestens durch den Film «Die Meuterei auf Bounty», der in der Oponohu-Bucht gedreht wurde. Gleich Gleich neben dem 900 Meter hohen Mount Rotui, auf dem die Maori einst ihre Toten im Freien aufbewahrten, liegt Cook’s Bay. Es lohnt sich, eine Fahrt zu dem ­Aussichtspunkt Belvedere zu machen. Und auch wenn die Wolken einem einen Strich durch die Rechnung machen und die Bergspitze des Mount Tohiea umhüllen, ist der Ausblick auf die Cook’s Bay, den Mount Rotoui und die Oponohu-Bucht umwerfend. Moorea ist auch für seine leckeren, süssen Ananas und seine einzigartige Vanille, die regelmässig internationale Auszeichnungen erhält, berühmt. Der Vanilleduft aus dieser Gegend bekam einst den Namen «Vanilla Tahitensis» und ist über die Inselgrenze von M ­ oorea hinweg bekannt. Auf den Plantagen kann man die Anbauanlagen besichtigen und erleben, wie die Frucht nach alter Tradition sonnengetrocknet und ­verarbeitet wird.


TRAVEL

Die Heilige Die Insel Raiatea gilt als die eigentliche Wiege Polynesiens. Die Bewohner Tahitis betrachten die Insel als ihre «Heilige Insel». Der Inselgruppe wird nachgesagt, dass sie von den alten Hawaiianern besiedelt wurde. Zahlreiche Kultstätten, wie die von Taputapuatea, bezeugen dies. Zur Zeit der Ankunft der Europäer war dieses Heiligtum der Sitz der religiösen und politischen Macht über ganz Polynesien. ­Natürlich findet man zudem eine spektakuläre Landschaft mit zahlreichen Buchten, Vanilleplantagen und der einmaligen Blume Tiare Apetahi. Die Insel ist bei Segelurlaubern sehr bekannt, und auch mit dem Boot kann man die archäologischen Seiten von Raiatea erleben. An Land sollte man von Anfang an seine Uhr ablegen, denn hier scheint jeder Aspekt des Lebens ein wenig langsamer abzulaufen. Man könnte sich sogar daran gewöhnen.

Tattoos Was bei uns überwiegend als eine Modewelle zu betrachten ist, stellt in Französisch-Polynesien eine alte Tradition dar. Es gibt kaum einen Einwohner – ob es nun die alte Fischverkäuferin, der Banker im Anzug oder der Arbeiter auf der Vanilleplantage ist –, der hier keine Tätowierung hat. Eine Tätowierung gehört als Körperschmuck genauso zum alltäglichen Leben wie die TiareBlume hinter dem Ohr. Tattoos sind hier jedoch nicht einfach nur Verzierungen des Körpers. Vielmehr erzählen die Motive ganze Geschichten. Manche haben eine spirituelle Bedeutung und übernehmen zudem die Funktion eines Talismans. Lebens­erfahrungen können in den Wünschen einer spezifischen Tätowierung erkannt werden. Die Tätowierer geniessen ein sehr grosses Ansehen und gelten hier als richtige Künstler. Europäer betreten hier die «Tattoo-Studios» oftmals mit einem skeptischen Blick. Viel mehr als eine kleine Holzhütte mit einem Dach aus Kokosblättern und ohne umfangreiche hygienische Vorkehrungen ist hier nicht zu erkennen. Nach der ursprünglichen Methode, bei der man das Tattoo mit einem Knochen sticht, wird jedoch kaum noch gearbeitet. Heutzutage gehören auch hier sterile Nadeln und elektrische Maschinen zur Grundausstattung. Wer heute durch das Land reist, kann sich kaum vorstellen, dass es Zeiten gab, in denen Tätowierungen fast vollständig verschwunden waren: Die Missionare aus Europa hatten den Polynesiern das Tragen von Tattoos verboten, da sie die europäischen Sitten als oberstes Gebot durchsetzen wollten. Doch vor einigen Jahrzehnten kam es durch das Festival «Heiva» zu einem Comeback des Tattoos und damit auch zur Rückbesinnung auf die eigene Kultur.

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KYLIE MINOGUE DIE CHEFIN DER DISCO


CULTURE

Kylie Minogue (46) ist mit dem knackigsten Po im Popbusiness ausgestattet, doch die zierliche Australierin hat auch was im Köpfchen. Denn sie wirbt erfolgreich für Unterwäsche, Parfüm, Schmuck, Autos, Bücher und Fernsehsender. Wir trafen die Discoqueen zum Mittagessen. Dominique Zahnd

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rgendwo in London. Kylie Minogue sitzt in einer Hotelsuite und stochert auf ihrem Teller herum. Das Zimmer riecht nach Braten, Kylie selber duftet wie ein Pfirsich. Sie hat ein züchtiges, schwarzes Kleid an. Privat also ganz die Prüde? Sie lacht: «Wenn das eine Anspielung auf meine Fotos im ‹GQ-Magazin› sein soll – ich bereue nichts.» In besagtem Heft liess sich die Hübsche im kurzen Röckchen ablichten – mit nichts drunter. «Skandal!», schrie die Presse, vor allem die in England, wo die Australierin wie eine Königin verehrt wird. Kylie: «Wenn ich vorher gewusst hätte, welche Wellen das Ganze schlägt, hätte ich es mir vielleicht zweimal überlegt ...»

Ballade zum Rumknutschen

© EMI Music

Kylie hüpft ab und zu mal als Nackedei durch den Blätterwald, denn sexy Fotos verkaufen sich immer gut. Musik auch – 14 Millionen konnte sie allein von ihrem Debütalbum absetzen. Das war 1987. Die Teenager liebten Kylies Sound damals heiss und innig. Wer zu den eher coolen Leuten zählen wollte, tat das auch – und hörte sich den Gute-Laune-Pop heimlich unter der Bettdecke an. Heute haben ihre fröhlichen Hymnen Klassikerstatus. «I Should Be So Lucky», «Got to Be Certain» oder «Je ne sais pas pourquoi» zaubern Besuchern von Achtziger-Jahre-Partys regelmässig ein Lächeln ins Gesicht. Und nicht zu vergessen «Especially for You», ihr Duett mit dem blondierten Poster-Boy Jason Donovan. Wer zu dieser herzerwärmenden Ballade nicht einmal im Leben rumgeknutscht hat – tja, der hat was verpasst.

The Luxury Way of Life | 61


CULTURE

«Von Kochtöpfen halte ich mich fern.» Als etablierter Popstar sah sie viele Trends kommen und gehen. Und ähnlich wir ihr grosses Vorbild Madonna erfand sie sich immer wieder neu, sei das nun musikalisch oder mit ihren ständig wechselnden Looks. Deshalb ist ihre Karriere auch so beständig: Denn egal, was sie macht, es ist nie langweilig. Heute stehen die Verkaufszahlen bei 70 Millionen Tonträgern. Und der Name Kylie Minogue ist längst zu einer Marke geworden. Als Sängerin bringt sie in schöner Regelmässigkeit sinnlichen Disco-Pop an den Man(n) – auch zu ­hören auf ihrem zwölften Studioalbum «Kiss Me Once» (2014). Aber mit ­ihrem hübschen Konterfei lassen sich längst nicht nur CDs verkaufen. Die Australierin macht sich auch gut als Werbeikone. Sie promotet unter anderem die Handtaschen des spanische Labels Tous, Unterwäsche von Agent Provocateur, Bikinimode von H & M und schnittige Autos von BMW. Zudem produziert Geschäftsfrau Kylie auch selber fleissig – so gibt es von ihr ­Dessous («Love Kylie»), Duschgels, Körperlotions, Parfüms für sie und ihn («Pink Sparkle» und «Inverse»), Vorhänge und Kissen («Kylie at home») sowie eine Bettwäschekollektion.

Ihr Gatte entwirft ihre Kleider Als Trendsetterin lebt sie ihren Fans vor, was hipp ist. Kylie in Jeans auf dem roten Teppich? Niemals! Ein Designerfummel muss es mindestens sein. Welcher, entscheidet jeweils ihr «schwuler Ehemann William Baker» (sie ­ nennt ihn so). Der Brite entwirft viele ihrer Outfits, darunter auch den kultigen Kapuzen-Overall aus dem «Can’t Get You Out Of My Head»-Video. Baker entscheidet ebenso, welche Designer seine Chefin einkleiden dürfen, – und die Liste der Bewerber ist lang: Karl Lagerfeld, der La Minogue als seine Muse bezeichnet; Helmut Lang, Dolce & Gabbana, die vor einigen Jahren die Ausstattung für die Kylie-Fever-Tour schneiderten; und John Galliano, der 2004 Kylie Minogues unaufdringliche Sinnlichkeit in der Showgirls-Tour mit raffinierten Strapskorsagen aus weisser Spitze in Szene setzte. Kylie Minogue kennt sich bestens mit Mode aus – keine Laufstegshow kommt ohne sie als Zaungast aus. Denn sie ist eine echte Fashionista. Deshalb wurde sie auch kürzlich von der Zeitschrift «Glamour» zur «am besten ge­ kleideten Frau der Welt» gewählt. Und das renommierte Londoner Victoria & Albert-Museum widmete der zierlichen Australierin (sie ist 1,53 Meter gross) gar eine ganze Ausstellung – mit fast 50 Kostümen, 60 Fotos und vielem mehr. «Ich habe in meiner Karriere schon mit vielen Styles experimentiert. Mittlerweile weiss ich genau, was zu mir passt», sagt sie. Doch Kylie Minogue stellt auch klar, dass alle ihre Projekte immer ein Teameffort sind – und nicht das Werk einer Einzelperson. Ob es um das Entwerfen von Kleidern, die Aufnahmen im Studio oder das Entwickeln einer Bühnenshow geht, die ­Sängerin umgibt sich immer mit den richtigen Leuten, die ihre Ideen optimal umsetzen können. «Es geht darum, eine kreative Insel zu erschaffen, auf der komplette Harmonie herrscht», erklärt der Star. «Jeder gibt, was er kann – und am Ende darf ich mich dank meines Teams von der besten Seite zeigen.»

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«Ich habe mit Botox aufgehört.» Relaxen im Hotelzimmer Ohne Teamwork würde vor allem bei ihren Tourneen nichts gehen. Aktuell steckt sie in den Startlöchern für die neuen «The Kiss Me Once»-Shows. «Das frisst viel Energie», sagt die Sängerin. «Aber das Adrenalin und die Befriedigung, die diese Projekte auslösen, sind den Stress wert.» Quasi als Dankeschön an die Treue ihrer Fans hat sie ihre dreizehnte Livetour Ende des Jahres randvoll mit Überraschungen gepackt. Welche das sind, verrät die Pop-Prinzessin gleich selber. «Ich werde einige Lieder spielen, die mir persönlich viel bedeuten und die bisher so noch nie jemand gehört hat», sagt sie. Aber keine Sorge, die grossen Hits sind auch alle dabei. Angst, dass der Tourstress sie überfordern könnte, hat Kylie Minogue nicht. «Wir sind eine grosse Familie und geben aufeinander acht», sagt die Sängerin. Ausserdem geht sie heutzutage nach den Konzerten nicht mehr aus. «Ich bleibe einfach im Hotelzimmer. Das ist ziemlich langweilig, aber so tanke ich am besten neue Energie.»

© EMI Music

© Warner Music

Unkompliziert, bescheiden, lustig – das ist Kylie privat. Bei Besuchen bei ihr gibt’s immer viel zu lachen. Hat sie mal angefangen zu plaudern, ist sie kaum mehr zu stoppen. In der einen Minute schwärmt sie spontan von Robbie Williams («Ich bete ihn an, bisher ist nichts zwischen uns passiert!»), dann analysiert sie als Nächstes ihre Musik («Ein paar Schwulenhymnen sind ­immer dabei!»). Kylie Minogues grenzenloser Optimismus ist ansteckend.

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«Ich scheine eine Vorliebe für Latinotypen zu haben.» ­ abei musste die süsse Discomaus öfters auch schon hart einstecken. Zum D Beispiel als 2005 bei der damals 37-Jährigen Brustkrebs diagnostiziert wurde. Der ist mittlerweile besiegt. Und ihre Brustoperation liegt ebenfalls schon eine Weile zurück. Doch die körperlichen Folgen der Chemotherapie machten der australischen Sängerin lange Zeit schwer zu schaffen. «Ich bin erst zu einem Nichts zusammengesunken und dann aufgegangen wie ein Ballon», reflektiert sie die damalige Zeit. «Mein Körper funktionierte nicht mehr wie er sollte, aber ich habe halt nur den einen.» Die Krankheit war ein Schock – für sie, ihr Umfeld und auch für die Fans des niedlichen Pop-Flohs. Trotz allem habe diese schlimme Erfahrung auch etwas Positives mit sich gebracht. «Wenn man alles verliert, wenn man seine Augenbrauen und seine Haare wieder wachsen lassen muss, dann ist dass schon merkwürdig», sagt Kylie Minogue. «Es war eine harte Zeit, aber ich habe daraus gelernt. Ich bin jetzt viel ruhiger.»

Sie weint ihren Partnern nach

© Polydor

Pech gehabt hat sie auch mit ihren Männern. Ihr Landsmann und Langzeitfreund Michael Hutchence, Sänger der Band Inxs, erhängte sich 1997 in einem Hotelzimmer in Sydney. Kylie gibt zu, dass sie ihn heute noch vermisst und sagt wehmütig: «Wir haben so viele Dinge gemeinsam zum ersten Mal ­gemacht.» Einer, der ihr ebenfalls das Herz brach, war Schauspieler Olivier Martinez. Der starb ihr zwar nicht weg, aber er betrog sie mehrfach – unter

© Warner Music

Es gibt ein geheimes Disco-Album, das noch nicht veröffentlicht wurde. Das hat Jake Shears von den Scissor Sisters verraten. Er und Kylie schrieben über die Jahre etliche Songs zusammen – darunter den Hit «I Believe In You» (2004) sowie Tracks für das Album «Aphrodite» (2007). «Aber wir haben noch viel mehr Material aufgenommen», sagt Shears, «daraus könnte man eine hübsche CD machen.»


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Den Traum von einer Hochzeit hat sie aber noch nicht aufgegeben. Dazu ist sie zu sehr Romantikerin. Welche Qualitäten müsste ihr Idealmann denn ­haben? «Wir sollten über dieselben Dinge lachen können», sagt die Musikerin. «Und wenn ich an meine bisherigen Freunde denke, dann scheine ich eine Vorliebe für Latinotypen in kreativen Berufen zu haben.» 46 Jahre ist sie nun alt. Abgesehen von den Lachfalten um Mund und Augen sieht man ihr das nicht an. Auf ihre Gesichtspflege angesprochen, gibt sie unvermittelt zu, dass sie auch schon Botox ausprobiert hat. «Aber ich habe damit aufgehört. Ich will nicht zu weit gehen. Ich habe Falten und die kann man auch sehen.» Sie achtet grundsätzlich gut auf sich – als Australierin sowieso ein Muss. «In meiner Heimat brennt die Sonne gnadenlos. Deshalb habe ich schon früh gelernt, mich vor ihr zu verstecken», sagt der Superstar. Kylies wirkliches Beauty-Geheimnis hingegen ist simpel und preiswert. An ihre Haut lässt sie lediglich Pond’s Cold Cream. Rund fünf Franken muss man für ein Töpfchen der angeblich so wirkungsvollen Wundercreme berappen. «Die hat schon meine Mutter benutzt. Meine Haut hat sich dadurch komplett verändert», schwärmt Kylie. Ihren Körper stählt sie zudem mit Fitness und gesunder ­Ernährung. Selber Kochen kann sie allerdings nicht. «Meine Familie lacht mich deswegen aus. Treffen wir uns, dann darf ich nur den Tisch decken und anschliessend das Geschirr spülen. Von den Kochtöpfen halten sie mich bewusst fern.»

© EMI Music

anderem mit Schauspielerin Michelle Rodriguez und Model Sarai Givati. Vier Jahre war die Australierin mit dem Franzosen verlobt. Kontakt haben die Beiden noch immer – was in erster Linie an ihrem gemeinsamen Hund liegt. Die Sängerin fliegt regelmässig nach Paris, um Sheeba zu treffen und mit ihr Gassi zu gehen. «Der Hund tut mir gut», sagt sie. Um Martinez trauert sie ebenfalls mehr, als sie zugeben will. Deswegen hatte ihre letzte Romanze mit dem spanischen Model Andres Velencoso keine Zukunftsperspektive.

Schluss als «The Voice»-Juror Aber hey, welchen Kerl würde schon interessieren, was gerade auf dem Herd brutzelt, wenn er eine wie Kylie bei sich zu Hause hätte? Eben! Ihre Qualitäten liegen halt woanders – und dazu gehört, dass sie das Musikbusiness in- und auswendig kennt. Das war sicher mit ein Grund, wieso das Pop-Idol von den Produzenten der Show «The Voice» kontaktiert wurde. Nachdem die Gagenverhandlungen geklärt waren, sass die 46-Jährige bei der britischen und der australischen Ausgabe in der Jury neben Kollegen wie will.i.am, Tom Jones und Ricky Martin. Kürzlich verabschiedete sie sich aber wieder vom Bildschirm. Grund: ihre Tour-Vorbereitungen. Zu ihrer bisherigen Erfahrung auf einem der roten Drehsessel sagte die Australierin: «Bei der Show dabei zu sein, ist eine grosse Verpflichtung. Ich habe es geliebt, auch wenn Teile der Sendung zu schwierig, zu anstrengend und zu emotional waren.»

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«Mein Körper funktionierte nicht mehr.» Im Fernsehen – dort hat alles begonnen. Am 17. April 1986 war sie das erste Mal in der australischen Seifenoper «Neighbours» zu sehen. Sie spielte den Wildfang Charlene Robinson, zwei Jahre lang. Bei ihrer langersehnten Heirat schalteten 1988 rund 20 Millionen britische Zuschauer den Fernseher ein. Und dann verabschiedete sich die Kunstfigur Charlene, weil Kylie von einer Gesangskarriere träumte. Ein guter Entscheid, doch das Multitalent kehrte immer wieder zu seinen Wurzeln zurück. Aber vom Actionklamauk «Streetfighter» bis zum Pseudo-Krimi «Sample People» sind praktisch alle ihre Kinoauftritte peinlich. Das liegt weniger an Kylies Talent als den schrecklichen Drehbüchern. Einzige Ausnahme: «Moulin Rouge» (2001) von Baz Luhrmann. Der Film ist ein cineastisches Meisterwerk – doch Kylies Auftritt als grüne Fee dauert gerade mal 43 Sekunden. © Warner Music

Lieblingsopfer der Klatschpresse Die Presse war denn auch nie besonders nett, wenn es um ihre Filme ging. Doch nicht nur das: Gerade weil ihr hübsches Gesicht im Wochentakt die Hochglanzmagazine ziert, werden laufend die Klatschspalten mit abstrusen Newsmeldungen gefüllt. Das nervt die Sängerin. Verheiratet, schwanger, lesbisch – was für einen Unsinn sie schon über sich lesen musste. Was waren die zwei kuriosesten Dinge? «Einmal hiess es, ich hätte einen Folterkeller. Eine andere Schlagzeile lautete: ‹Ist Kylie Minogue eine Ausserirdische?›» Eine interessante Theorie. Wenn man sie sich genauer ansieht … Die ­Sängerin fängt an zu lachen. Kommt sie denn von einem andern Stern? Kylie piepst wie ein Roboter, setzt einen Killerblick auf und sagt mit tiefer Stimme: «Vielleicht …»

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© EMI Music

Queen haben ihr Musical. Ebenso Abba und Michael Jackson. Und Kylie? Die wurde auch schon mal in Musicalform geehrt. Ihres heisst «I Should Be So Lucky» und ist inspiriert von 25 ihrer Hits. Die Welturaufführung fand 2002 in Kylie Minogues Heimatstadt Melbourne statt. Die Sängerin gab zwar ihren Segen dazu, war aber nicht gross in das Projekt involviert. Kürzlich hat sie allerdings mit dem Schreiben eines eigenen Kylie-Musicals angefangen.



UHRENKLASSIKER TICKENDE FREUNDE FUR EIN LANGES LEBEN «Mustergültige Produkte ersten Ranges, Resultate herausragender literarischer, künstlerischer oder wissenschaftlicher Leistungen schöpferischer Menschen, welche die Merkmale einer ausgereiften Meisterschaft in sich tragen», dürfen sich per Definition Klassiker nennen. Naturgemäss ist die Bandbreite von dem, was sich unter diesem bedeutungsvollen Begriff subsumieren lässt, relativ gross. Überdies ist die Zuerkennung des oft missbrauchten Attributs nur in Massen objektivierbar. Stets greift nämlich auch der persönliche Geschmack, über den man selbst im dritten Jahrtausend weiterhin nicht streiten kann. Gisbert L. Brunner

A

uf Armbanduhren treffen diese Erkenntnisse in besonderer Weise zu, denn Mode und Zeitgeist spielen hier traditionsgemäss eine besondere Rolle. Heute en vogue, morgen noch akzeptabel und übermorgen schon unmodern. In diesem Sinn besitzen viele der aktuellen Produkte mit exaltierter Optik und einfachen Quarzwerken schon bei ihrer Kreation das Zeug zum Vergänglichen. Im Einstiegspreissegment gibt es dagegen grundsätzlich nichts zu sagen. Ganz anders gestalten sich die Dinge bei Luxuszeitmessern, welche ein beträchtliches Investment verlangen. Wer in die Zukunft denkt, achtet hier auf klassisches und damit voraussichtlich langlebiges ­Design. Regelmässig gewartete Mechanik bietet darüber hinaus Gewähr, die kostbare Zeit auch Generationen von Erben noch präzise anzuzeigen. Nicht minder wichtig ist drittens die Marke. Diesbezüglich gilt Ähnliches wie beim Immobilienkauf, bei dem die Lage, die Lage und nochmals die Lage zählt. Wer unter diesen Aspekten nach chronometrischen Klassikern sucht, sollte einen Blick aufs Geburtsdatum werfen. Nicht ohne Grund behaupten sich manche Uhrenmodelle oder -linien seit Jahren, wenn nicht gar Jahrzehnten erfolgreich am Markt. Dass die Zeit niemals stehen bleibt, zeigt allenfalls eine gleichermassen gekonnte wie behutsame Evolution. Revolutionäre Veränderungen würden diesen Produkten hingegen ihre Identität und den am Handgelenk immens wichtigen Wiedererkennungswert rauben.

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WATCHES JWELLERY

CLASSIQUE *1980 HUBLOT

Aus dem Französischen übersetzt heisst «Hublot» nichts anderes als «kleine Luke» oder «Bullauge». Aus diesem Grund mussten die Zeitmesser dieses Namens, welche die neu gegründete Uhrenmarke MDM (Montre des ­montres) 1980 am Markt lancierte, fast zwangsläufig ein Bullaugen-Design besitzen. Und das taten sie auch. Vor der Konzeption seiner Erstlingslinie «Classique» hatte der Mailänder Ingenieur Carlo Crocco die Kollektionen des Wettbewerbs ausgiebig studiert. Danach entschied er sich für ein markantes, aber unaufdringliches ­Design mit zwölf Schrauben rund um die Lünette. Sie ersetzten die üblichen Stundenindexe auf dem sonst nur durch Datumsfester und ­Signatur strukturierten Hublot-Zifferblatt. Unter Jean-Claude Biver als CEO ­erlebte Hublot ab 2004 einen b ­ eispiellosen Höhenflug bis hin zur eigenen ­Werkemanufaktur. Auch sein Nachfolger Riccardo Guadalupe hält die ­Tra­dition in allen Ehren. Beispielsweise in Form der neuen, extraflach ausge­führten «Classic Fusion Classico» in Titan. Ihr nur 2,9 Millimeter hohes Automatik­ kaliber HUB 1 301 mit kleiner Sekunde bei der Sieben läuft ohne Energienachschub 90 Stunden am Stück. Die Wasserdichte der unaufdringlich ­wirkenden 45-Millimeter-Schale reicht bis fünf bar Druck.

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Ab 1954 fertigte Breguet bis in die 1970er-Jahre u. a. für das französische «Centre d’Essai en Vol» (CEV) in Bretigny den höchst funktionalen Armbandchronografen «Typ XX». Besondere Kenn­zeichen waren eine Drehlünette und ein «retour-­en-vol»-Mechanismus, besser bekannt als Flyback-Funktion. Mit seiner Hilfe konnten gestresste Piloten die Chronografenzeiger während des Laufs auf null stellen und ohne weiteren Knopfdruck neu starten. Die ­zivile, unübersehbar anders gestaltete Version des bei Sammlern hoch begehrten Stoppers lancierte Breguet im Jahr 1995. Seitdem gibt es die «Type XX Aéronavale» mit dem Rotorkaliber 582. Das im 39 Millimeter grossen und bis zehn bar wasserdichten Stahl­gehäuse verbaute Automatikwerk besitzt selbstverständlich einen Chronografen mit Tempo­schaltung.

TYPE XX AÉRONAVALE *1995 BREGUET

NAVITIMER *1952 BREITLING Die Anmeldung des Namens «Navitimer» beim eidgenössischen Amt für geistiges Eigentum trägt das Datum 22. Januar 1955. Die Produktion des Fliegerchronografen mit multifunktionaler Rechenscheibe hatte Breitling schon 1952 aufgenommen. Das Instrument half Piloten u. a. bei der Ermittlung von Reichweiten oder bei der Umrechnung von Meilen in Kilometer und umgekehrt. Die neueste Version mit dem hauseigenen Automatikchronografen B 01 firmiert bei der Familienmanufaktur als «Navitimer 46 mm».

SANTOS *1904 CARTIER Man schrieb das Jahr 1904, als Louis Cartier für seinen Freund Alberto Santos-Dumont einen Zeitmesser kreierte, den der Flugpionier während des Gleitens durch die Lüfte problemlos ablesen konnte. Kein Wunder, dass die weltweit erste ­Fliegerarmbanduhr mit vom Taschenuhrlook eman­ zipierten Gehäusedesign als «Santos» Geschichte schrieb. Seit 110 Jahren ist sie nun ununterbrochen auf dem Markt. Zeitgemässe Dimensionen besitzt die 2004 lancierte «Santos 100» mit Stahl-/Goldgehäuse und Automatikwerk.

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DIASTAR *1962 RADO

Weil die Golduhren, welche Rado gegen 1960 nach Fernost exportierte, ­wegen deutlicher Kratzspuren häufig aufpoliert werden mussten, erteilte ­Paul Lüthi seinen Mitarbeitern den Auftrag, mit Hartmetallen zu experimentieren. Der damalige Chef wusste, dass die gängigen Gehäusedesigns nicht zu den gewünschten Resultaten führen würden. Nach ausgiebigen Versuchen ­ ­zelebrierte Rado 1962 eine bemerkenswerte Weltpremiere: Die Geburt der ersten wirklich kratzfesten Armbanduhr namens «DiaStar», eine Zusammensetzung aus «Diamant» und «Star». Wegen des gewöhnungsbedürftigen ovalen Designs stiess das innovative Modell anfänglich auf eher zurückhaltende ­Resonanz. Aber im Laufe der Jahre nahm die Begehrlichkeit kontinuierlich zu. 1987 konnte Rado stolz den Verkauf der 1,5-millionsten «DiaStar» registrieren. Weitere 20 Jahre später standen die Zähler für den ovalen Bestseller bei mehr als drei Millionen Stück. Zu diesem Zeitpunkt hiess er schlicht «Original». Das aktuelle «Original» mit goldfarbenem Hartmetallgehäuse und vorderem Saphirglas besitzt einen Durchmesser von 35 Millimetern. Es ­ schützt das Automatikwerk mit Datums- und Wochentagsindikation bis zu drei bar Wasserdruck. Das ebenfalls goldfarbene Gliederband besteht aus Edelstahl.

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RÉGULATEUR *1988 CHRONOSWISS Die Idee basierte auf den präzisen Regulatoren, welche in Observatorien und Uhrenfabriken für die Bewahrung der genauen Zeit sorgten. Weil es hier ­primär auf die Sekunde ankam, verfügten sie über ein sogenanntes Drei­ ­ xzentrisch positionierte Stundenindikation konnte den kreiszifferblatt. Ihre e ­Sekundenzeiger nicht überdecken.1988 wandte Gerd-Rüdiger Lang, damaliger Inhaber der Münchner Uhrenfabrikation Chronoswiss, ­dieses System bei einer Armbanduhr an. Als der limitierte Handaufzugsregulator mit altem Unitaskaliber ausverkauft war, folgte der «Régulateur ­Automatique» mit exklusivem Automatikwerk. Mittlerweile befindet sich Chronoswiss in Schweizer Händen. Der einstige Geistesblitz lebt fort in Gestalt des 40 Millimeter g ­ rossen «Sirius Régulateur» mit dem exklusiven Automatikkaliber C 122, zu ­haben in Stahl oder Rotgold.

REVERSO *1931 JAEGER-LECOULTRE Dieser Uhrenklassiker hat seinen Ursprung im fernen Indien. Dort beklagten sich die polospielenden englischen Kolonialisten über ihre Armbanduhren, weil die empfindlichen Kristallgläser allzu leicht zerbrachen. Der französische Ingenieur René Alfred Chauvet vernahm dies und handelte. 1931 war sie da, die Wendearmbanduhr, welche zerbrochene Gläser der Vergangenheit angehören liess. Die Entwicklung zum Welterfolg ist dem Haus Jaeger-LeCoultre und seiner konsequenten Produktpflege zu verdanken. Dort gilt die ­«Reverso» seit 1983 als unangefochtenes Leader Modell. Mit der ultraflachen «Grande Reverso Ultra Thin 1931» in Rotgold erinnert die Schweizer Traditionsmanufaktur ans Geburtsjahr dieses sehr beliebten Wendeklassikers. Sein exklusives Handaufzugskaliber JLC 822/2 misst nur 2,95 Millimeter in der Höhe. Nach Vollaufzug läuft es 45 Stunden am Stück.

BULGARI-BULGARI *1977 BULGARI Möglichkeiten, die Herstellersignatur auf einer Uhr zu verewigen, gibt es viele. Der Schriftzug auf dem Zifferblatt ist die mit Abstand häufigste. 1977 beschritt Bulgari einen völlig anderen, bis dahin noch nicht praktizierten Weg. Absolut unübersehbar gravierte der römische Nobeljuwelier seinen Namen in den breiten Glasrand. Und das gleich zwei Mal, weshalb die Uhr «Bulgari-Bulgari» heisst. A ktuell ist sie u. a. in Roségold oder Stahl mit ­ ­einem Durchmesser von 39 Millimetern und dem Automatikkaliber BVL 191 erhältlich.

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SENATOR-LINIE

*1997

GLASHÜTTE ORIGINAL Ganz business-like präsentiert sich bei Glashütte Original seit 1997 die Senator-Linie, deren Protagonisten klassisch rund gehalten sind. Das komplexe und mit ewigem Kalendarium, Grossdatum und Mondphasenanzeige ausgestatte Modell aus dem Jahre 1999 wurde kurze Zeit später von den Lesern einer deutschen Fachzeitschrift zur «Uhr des Jahres» gekürt. Begeistert waren sie vor allem von der exzellenten A ­ blesbarkeit und der ausgefeilten Anzeige des Grossdatums. Das Jahr 2005 brachte ein runderneuertes Design ohne Verfälschung der ursprünglichen Attribute. Will heissen: Auch die vorherige Senator Classic blieb auf Anhieb identifizierbar. Beim mechanischen Innen­ leben aus eigener Manufaktur tat Glashütte Original einen grossen Schritt nach vorne. Das neu konstruierte Automatikkaliber 100 verfügt über einen intelligenten Nullstellungsmechanismus zum unkomplizierten Synchronisieren des Sekunden­ zeigers mit einem Zeitnormal. Geblieben ist das ausgeklügelte ewige Kalendarium mit Mondphasenanzeige, welches bis zum Jahr 2100 keiner manuellen Korrektur bedarf.

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PORTUGIESER *1941 IWC Um die konkrete Geschichte der klassisch runden «Portugieser» von IWC ranken sich viele Gerüchte. Sicher scheint, dass die Schaffhauser Manu­ faktur ab etwa 1941 die intern als «Spiegelei» bezeich­neten Modelle mit dem grossen Savonnette-Kaliber 98 nach Portugal lieferte. Weil der deutsche Markt in den 1970er-Jahren nach einer Armbanduhr dieses Typs verlangte, kam es zum Comeback der «Portugieser»-Linie. Die 43 Millimeter grosse Stahlreferenz IW 510203 besitzt ein Manufakturhandaufzugswerk mit acht ­Tagen Gangautonomie.

EL PRIMERO ZENITH *1969 ZENITH Nachdem die traditionsreiche Uhrenmanufaktur Zenith ihren «El Primero» im Frühjahr 1969 mit unübersehbarem Ausdruck des Stolzes präsentiert hatte, reagierte die Fachpresse geradezu euphorisch: Der weltweit erste Automatikchronograf mit Zentralrotor und Schaltrad war erstaunlich klein und flach. Seine hohe Unruhfrequenz von fünf Hertz gestattete exakte Zehntel­ sekunden-Stoppungen. Mitte der 1970er-Jahre, als «El Primero» richtig Fuss gefasst hatte, kam schon wieder das Aus. Mann wollte Quarz und keine ­Mechanik mehr. Dank Charly Vermot, einem unbeugsamen Uhrmacher, der die verbliebenen Komponenten und Werkzeuge auf dem weitläufigen Dachboden der Manufaktur versteckte, konnte «der Erste» ab 1986 wieder durchstarten. Der aktuelle «El Primero 36’000 VpH» mit dem Automatikkaliber ­400 B ist eine gelungene Synthese aus Vergangenheit und Gegenwart.

Die schlichte «Tangente» von Nomos Glashütte geht auf einen Entwurf von Susanne Günther ­zurück. Die Designerin hatte sich an einem Zeit­ messer aus den 1930er-Jahren orientiert. Zahl­ reiche Auszeichnungen und beachtliche Umsatzzahlen belegen, dass die Sachsen mit der gestalterischen Rückbesinnung absolut richtig ­lagen. Heute gibt es den Klassiker in ganz unterschiedlichen Ausführungen. Puristisch präsentiert sich die stählerne «Tangente 38» mit Manufak­ turhandaufzugswerk und 38 Millimetern Durch­ messer.

TANGENTE *1992 NOMOS

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SPEEDMASTER PROFESSIONAL-CHRONOGRAF *1957 OMEGA Die Produktion des neuen Chronografen, entwickelt für Wissenschaft, Indu­strie und Sport, mit dem 1943 vorgestellten Chronografenkaliber ­27 CHRO C12 der Tochter Lémania startete bei Omega im Jahr 1957. Die Bewährung während der Mondlandung am 21. Juli 1969 bescherte dieser Armbanduhr bereits einen fast schon mythischen Ruf. Diesen festigte die Tatsache, dass der Handaufzugschronograf dem Astronautenteam der Apollo-13-Mission im April 1970 das Leben rettete. Bereits 1965 hatte stürmische Nachfrage nach einer Vereinfachung des relativ kostspieligen Schaltradkalibers ver­ langt. Nach drei Jahren Entwicklungsarbeit fand 1968 das neue Kaliber 861 (Lémania 1873) in das Stahlgehäuse. Der 1980 unterbreitete Vorschlag, die Schale mit einem Sichtboden auszustatten, stiess bei den Verantwortlichen im Hause Omega unverzüglich auf positive Resonanz. Somit kann die «Speedmaster Professional» auf diesem Gebiet als Pionier gelten. Seitdem steht die Armbanduhr im Zeichen kontinuierlicher Modellpflege. Puristen sind mit der aktuellen Referenz 3 570.50.00, in der das Handaufzugskaliber 1861 tickt, bestens gekleidet. Das Uhrwerk besitzt eine Kulissenschaltung und stoppt bis zu zwölf Stunden. 42 Millimeter misst das bis fünf bar wasserdichte Stahlgehäuse.

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NAUTILUS *1976 PATEK PHILIPPE

Mitte der 1970er-Jahre bat Philippe Stern, seines Zeichens Präsident der Genfer Nobelmanufaktur Patek Philippe, den Designer Gérald Genta um die Gestaltung einer sportlichen und natürlich wasserdichten Armbanduhr. Damit begann ein langwieriger Entwicklungsprozess. Von den ersten Gedanken bis hin zur fertigen «Nautilus» vergingen mehr als zwei Jahre. Zwischendurch tauchten immer wieder Zweifel auf, ob ein derartiger Zeitmesser in die Produktphilosophie von Patek Philippe passen würde. Aber trotz aller Skepsis stand das Projekt jedoch nie wirklich auf der Kippe. 1976 debütierte die «Nautilus». Von einem spontanen Erfolg konnte nicht die Rede sein. Infolge der aufwendigen Stahlschale mit Gliederband kostete der Newcomer mehr als eine klassische Golduhr. Erst ab 1998 überstieg die Nachfrage bei den grossen Stahlmodellen quasi über Nacht das Angebot. Das Premierenmodell mit zweiteiliger, bis 120 Meter wasserdichter Edelstahlschale Typ «Monocoque», 42 Millimetern Durchmesser und 3,05 Millimeter hohem LeCoultreAutomatikwerk trug die einprägsame Referenznummer 3 700. 2006 erhielt die «Nautilus» zum 30. Geburtstag einen Sichtboden. Durch den blickt man bei der stählernen Referenz 5 711/1A, Durchmesser 40 Millimeter, auf den Goldrotor des Automatikkalibers 324 SC.

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DIE GEFLUGELTE, ALTE DAME

EINE KUHLERFIGUR

NAMENS

EMILY

Die berühmteste Kühlerfigur der Welt ist im Volksmund als «Emily» bekannt. Inzwischen ist die Dame über hundert Jahre alt, hat jedoch jedoch nichts von ihrem einstigen Glanz verloren. Yvonne Beck

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DRIVE STYLE


DRIVE STYLE

K

ühlerfiguren waren um das Jahr 1900 in Mode gekommen. Ganze ­Firmenzweige in Europa widmeten sich der Herstellung von Skulpturen für das Automobil. Schätzungen zufolge hat es in der Automobil­ geschichte rund 6 000 verschiedene Kühlerfiguren gegeben. In den Anfängen waren diese Figuren jedoch kein Markenembleme, sondern einfacher Tand. Es gab Edelvarianten, von Künstlern geschaffene Einzelstücke, aber auch ­Geschmacksverwirrungen wie Karikaturen von Tieren und Menschen. So ­waren zu Beginn des 20. Jahrhunderts allerhand lustige, frivole und auch geschmacklose Artefakte vorne auf den Kühlerdeckeln zu entdecken.

Ein englischer-adeliger Autonarr und seine Muse Über ein Jahrhundert alt, doch immer noch heiss begehrt – die Kühlerfigur von Rolls-Royce. «Spirit of Ecstasy» ist der offizielle Name der geflügelten Dame, die seit 1911 den Grill der Luxuslimousinen ziert. Modell stand ­Eleanor Thornton, die Geliebte und Sekretärin des britischen Adeligen ­John Walter Edward Douglas-Scott Montagu, 2nd Baron Montagu of Beaulieu.

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DRIVE STYLE

Lord Montagus Passion galt, neben seiner Geliebten, dem Automobil. Er besass eines der ersten motorisierten Fahrzeuge Englands und betätigte sich als Herausgeber einer der ersten Autozei­ tungen – «The Car». Auch in seiner Eigenschaft als Politiker bemühte er sich redlich, dem Automobil zum Durch­bruch zu verhelfen. Dem adelige Rolls-Royce-­ Fahrer blieb die Modeerscheinung der Kühlerfigur nicht unentdeckt. Doch stellte er sich für sein Fahrzeug etwas eher künstlerisches vor und beauftragte daher den Künstler Charles Robert Sykes, seine Geliebte zu modellieren. Das fertige Kunstwerk trug den Namen «The Whisper». In ­fliegender Pose und mit wallendem Gewand flog Eleanor Thornton fortan vorne auf dem Rolls ihres Geliebten mit.

Nachhinein eines Rolls-Royce würdig befand, fuhr er Zeit seines Lebens einen Rolls ohne jegliche Kühlerfigur. Sie störe die glatte Linie des Wagenbugs. Jede einzelne «Spirit of Ecstasy» entstand von Hand. Der Guss erfolgte nach dem jahrtausendealten Prinzip der verlorenen Form. Bei dieser korrekt als Wachsausschmelzver­fahren bezeichneten Methode muss die Gussform zerstört werden, um das Gussstück zu erlangen. Hier liegt die Erklärung, warum niemals eine Figur der anderen exakt gleicht. Jedes der Unikate trug bis 1951 im Sockelbereich die Signatur Charles Sykes. Noch heute sind vor allem die ersten Figuren, die Sykes persönlich signierte, begehrte Sammlerstücke. «The Spirit of Ecstasy» und die «Emily» sind noch heute allgemein verständliche Symbole, die für den Traum vom absoluten Luxus­wagen stehen. So erhielt Eleanor Thornton wenigsten nach ihrem Tod den Status, der ihr zu Lebzeiten konventionshalber verweigert blieb. Eleanor Thornton hat den Erfolg der Statuette jedoch nicht mehr erlebt. Sie starb am 30. Dezember 1915, nachdem der Dampfer SS Persia von einem deutschen U-Boot im Mittelmeer auf der Höhe von Kreta torpediert worden war.

The Spirit of Ecstasy Der kreative und künstlerische Ansatz seiner ­Kühlerfigur begeisterte die reiche Avantgarde der Briten und so entstand die Idee einer einheitlichen Kühlerfigur als eine Art Markenzeichen. Der Autonarr Montagu vermittelte deshalb den Künstler ­Sykes an Rolls-Royce und so stand seine Geliebte zum zweiten Mal Modell für die nächste Kühler­ figur stehen musste. Diese erhielt nun den Namen «Spirit of Ecstasy» erhielt und wurde weltberühmt. Ab 1911 wurde «Spirit of Ecstasy» zunächst als Zubehör, in spä­teren Jahren serienmässig für alle Rolls-Royce angeboten. Und das, obwohl Henry Royce eigentlich eine Abneigung gegen diese Art von «Schnickschnack» hatte. Ihm waren Kühlerfiguren ein Dorn im Auge. Der künstlerische Deal mit Sykes und Montagu kam nur zustande, weil Royce zur Zeit des Vertragsabschlusses krank war. Und obwohl Royce «The Spirit of Ecstasy» im

Im Zeichen des Sterns Das bekannteste deutsche Markensignet in der Automobilbranche ist der Mercedes-Stern. Seit den Anfängen der gemeinsamen Arbeit von Daimler und Benz über prangte der umrundete Dreistern auf den imposanten Kühlern aus Stuttgarter bzw. Sindelfinger Produktion. Der Stern ver­zierte stolz und majestätisch jegliche Kühlerdeckel. Aufgrund der Unfallgefahr wurden 1959 feststehende Kühlerfiguren im deutschen Strassenverkehr jedoch verboten. Mercedes reagierte mit einer Kugel­ gelenktechnik, die bei einem Aufprall den Stern nach hinten klappte. Einziges Problem, der Stern liess sich dadurch leichter stehlen. Es gibt kaum einen Mercedes-Kunden, der nicht das ein oder andere Mal den entwendeten Stern durch einen neuen ersetzen musste.

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EINE EWIGE ROMANZE ZWISCHEN STIL UND QUALITÄT

SANTONI

Schlägt die Liebe auf den ersten Blick wie der Blitz ein und laufen sämtliche Sinne wie wirbelnde Goldfunken Amok, sind wir in erster Linie dem äusseren Wert, dem Aussehen unseres Objektes der Begierde verfallen. Die Erforschung der inneren Werte und die Frage, ob weiterhin magisch oder doch irgendwann tragisch, erfolgt zu einem späteren Zeitpunkt. Am sichersten ist es daher, sich von Anfang nur auf Liebesgeschichten mit Santoni-Schuhen einzulassen. Enttäuschungen sind hier nämlich ausgeschlossen. Helena Ugrenovic

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Giuseppe Santoni


FASHION

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ls sein Vater Andrea die Marke Santoni 1975 ins Leben ruft, ist Giuseppe gerade mal sieben Jahre alt. Andrea Santoni hat eine ­ ­Vision. Er will seine Handwerkskunst perfektionieren und nur noch Schuhe produzieren, die äusserste italienische Excellence verkörpern. Die Werkstatt befindet sich unterhalb des familiären Z ­ uhauses und so verbringt Giuseppe seine Freizeit nach den Schulstunden im Atelier seines Vaters, das er zu seinem eigenen Spielplatz auserkoren hat. Er lernt, wie man mit Leder arbeitet und den perfekten Schuh herstellt. Jahre später wird er Santoni der Welt präsentieren, mit 490 Angestellten und einem Umsatz von mehr als ­55 Millionen Euro. Stars wie Jean Alesi, Jean Paul Gaultier, Juliette Binoche, Lu Siqing, Michael Bolton, Na Ying, Valeria Golino, Vinicio Marchioni und ­Syl­vester Stallone zählen zum Kundenkreis des Edelschuhherstellers.

Das Erbe und die Zukunft Die Vermählung zwischen moderner Einstellung und klassischem Know-how sind die charakteristischen Eigenschaften und Merkmale für «Made in Italy», die Jahrzehnte hindurch unverändert geblieben sind. Qualität, Hingabe und Leidenschaft für Details sowie für die manuelle Verarbeitung sind die Herzstücke im exklusiven Club der berühmtesten und bekanntesten Luxusmarken. ­Tradition und Innovation sind parallel dazu die Säulen, auf denen Santoni seinen Erfolg aufbaut, gestützt auf die perfekte Kombination ursprünglicher Herstellung und der Entwicklungen von Forschung und Design. Das sind die Besonderheiten, von denen anspruchsvolle Kunden, immer auf der ­Suche nach dem Besten und stets informiert über Stil, magisch angezogen werden.

Alligatorleder

Sie sind keine echten Krokodile, teilen sich aber die Tierfamilie mit ihnen. Der Stoffwechsel von Alligatoren ist deutlich langsamer als der von Krokodilen, was ihnen eine etwa doppelt so lange Lebensdauer gewährt, werden sie nicht zu hochwertigen Lederprodukten wie Taschen, Schuhe, Gürtel, Geldbörsen, Jacken und Mäntel verarbeitet.

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FASHION

Der Kapitän und seine Arche der Schönheit

Giuseppe Santoni

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Giuseppe Santoni ist ein junger Mann, als er mit 22 Jahren ins Geschäft ­seines Vaters einsteigt und seine Verantwortung als Chief Executive Officer übernimmt. Andrea Santoni ist seit jeher mehr in die Produktion eingebunden und vertraut darauf, dass sein Sohn die Entwicklung der Marke forcieren wird. «Ich hatte die Chance, sehr viele Dinge zu tun. – Ich machte viele Fehler, aber ich machte auch viele gute Produkte. Irgendwie wusste ich immer, dass ich eine Rolle in unserem Unternehmen einnehmen würde, das war normal für mich», erzählt Giuseppe Santoni in einem Interview. «Ich liebe Produkte mit einem Innenleben, mit etwas, für das es eines technischen Prozesses bedarf. Ich habe zwei Leidenschaften, Autos und Uhren. Schuhe herzu­ stellen ist aber weitaus komplizierter, da es keine Produktionslinie wie zum Beispiel bei einem Mercedes gibt. Vom Beginn der Produktion bis zum Ende wird jedes Auto genau gleich verarbeitet. Bei Schuhen ist das nicht so, denn Leder ist ein natürliches, lebendiges Produkt und reagiert von Schuh zu Schuh anders. »Das Unternehmen will expandieren und sich international positionieren. Giuseppe Santonis Reise beginnt. Der Jungunternehmer erschliesst sich erfolgreich neue Märkte in Japan, China, Nordeuropa und Russland. Er erfüllt damit die Vorsehung, sich als Top-Name für italienische Luxusprodukte zu etablieren. Tradition und Innovation stellen für ihn keine Gegensätze dar, sondern eine erfolgreiche Vereinigung. Giuseppe Santoni ist die Seele und das Herz des Unternehmens. Er überwacht jede Herstellungsphase einer Kollektion persönlich und er ist es auch, der den Hauptsitz des Unternehmens im italienischen Corridonia zu einem Brutkasten für hoch­ stehende Technologie umgewandelt hat, jedoch mit dem Fokus auf Ökologie und Nachhaltigkeit.


FASHION

Santoni & Mercedes-AMG Die Unternehmen gründen auf gleichen Werten und Ideologien. Sie ver­ folgen, trotz unterschiedlicher Geschäftsbereiche, dieselben Ziele und so entsteht eine exklusive Linie für Sport und Freizeit. Die Kollektion bleibt den Prinzipien des Hauses Santoni treu, auch wenn sie auf die Bedürfnisse des Autofahrers ausgerichtet wurde. Jeder Schuh ist so gefertigt, dass er sich sowohl perfekt an den Stil des Fahrers anpasst als auch dessen Leistung sowie den Komfort erhöht. Inspiriert vom neuen Mercedes-AMG A45, der 2013 auf dem Genfer Autosalon vorgestellt wurde, erweiterte Santoni seine Sneaker-Kollektion mit einer neuen Linie, die auch der neuen Zielgruppe des A45 gerecht werden dürfte: Dynamische – dyna­mische Dreissigjährige bis Mittvierziger in erfolgreichen Karrieren und mit ­einem unabhängigen Geist. Diese Kundschaft hält Ausschau nach einem dynamischen, individuellen und agilen Hochleistungsfahrzeug, das eine ­Auswahl an zusätzlichen Ausstattungsmöglichkeiten, Einstellungen, Farben und Materialen bietet. Der neue Santoni-Sneaker sollte diesen Werten e ­ ntsprechen: Jung und stilvoll lässt diese Kollektion die Träger ihren eigenen Stil und ihre trendorientierte Lebensweise zum Ausdruck bringen, kombiniert mit Komfort und heraus­ ragenden Details wie dem gestanzten Logo und dem Vintage-Effekt der ­Sohlen.

© Wiki-Commons

Dorothy’s rote Schuhe Das berühmteste Paar rubinroter, magischer Filmschuhe trug Judy Garland 1939 als Dorothy im Film «Der Zauberer von OZ». Im Buch von Frank L. Baum sind die Zauberschuhe silberfarben, wurden jedoch in der MBM-Produktion in Rot umgewandelt, da es einer der ersten Farbfilme war.

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Foto: Paul Mitchell

Neueste Haartrend-Kollektion von Paul Mitchell ÂŤOrigamiÂť.


BEAUTY

HAARTRENDS & TRENDMACHER Sein Vater gilt bis heute als der Visionär für Fashion-Frisuren. Bei ihm gab sich in den 1960er-Jahren das Who is Who der New Yorker Oberschicht die Klinke in die Hand. Valeska Jansen

Paul Mitchell & L’Oréal Professionnel


BEAUTY

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aquel Welch, Pat Nixon, Barbara Walters und Geraldo Rivera pilgerten zum «Haar-Guro» Paul Mitchell. Er war der Erfinder des «Wash-and-­ Wear»-Styles, der Befreier für alle Frauen, die ständig zum Friseur gehen mussten, weil es ihnen unmöglich war, die Coiffeur gestylte Frisur zu Hause selber nachzustylen. Heute ist Angus Mitchell, sein Sohn, Co-Owner eines der grössten Haar-Unternehmen, John Paul Mitchell Systems. Zu ­Beginn ein schwieriger Schritt, in die Fussstapfen des «Friseurs der Friseure» zu treten. Aufgewachsen auf Hawaii, unter der spirituellen Führung seines Vaters, ­erlebte Angus die Entwicklung der ersten Produkte von John Paul Mitchell Systems hautnah mit.

Foto: L’Oréal Professionnel

«Mein Vater war ein tief spiritueller Mensch, der mich gelehrt hat, dass alles von Gott geschaffen wurde und alles in irgendeiner Art und Weise untereinander verbunden ist», erinnert sich Angus. Genau wie sein übermächtiger Vater gilt er in der Zwischenzeit als Trendsetter für Frisuren und macht sein Talent dem Unternehmen zunutze.

Gemeinschaftsgefühl als Erfolgsrezept Seit acht Jahren trifft sich die John-Paul-Mitchell-Gemeinschaft zu ihrem ­«Signature Gathering» (der Unternehmensversammlung) in Las Vegas. Ein Happening auf amerikanische Art: Etwa 3 000 Coiffeure aus aller Welt finden sich hier zusammen, um gemeinsam verschiedenste Hair-Workshops und Partys zu erleben. Eine Zusammenkunft des Austauschs, der Kontaktver­ tiefung und der Netzwerkvergrösserung.

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Foto: L’Oréal Professionnel

Dieses Jahr durften wir exklusiv an diesem Grossevent teilnehmen. Im Red Rock Hotel Las Vegas waren beinahe alle der über 400 Zimmer und alle ­Kongresssäle, insgesamt 100’000 Quadratmeter, vom amerikanischen Haar­ imperium besetzt. Dort trafen wir die drei Kreativköpfe des Unternehmens, allen voran Angus Mitchell (Co-Owner and Artistic Director of Education), gefolgt von Robert Cromeans (Global Artistic Director) und Stefanie Kocielsky (Artistic Director) zum exklusiven Interview.


Foto: L’Oréal Professionnel

Foto: L’Oréal Professionnel

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Foto: L’Oréal Professionnel

Foto: L’Oréal Professionnel

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BEAUTY

PRESTIGE: Wie viele Trends kreieren Sie pro Jahr und wer ist dafür verantwortlich? ANGUS: Es gibt bei uns zwei Frisurenkollektionen pro Jahr. Parallel dazu präsentieren wir aber auch regelmässig neue Pflegetrends. So wie unsere «Awapuhi»-Linie, die für uns eine bahnbrechende rituelle Pflegelinie ist. Auch unsere «Tea Tree»-Linie hat die Paul-Mitchell-Welt stark beeinflusst. Es ist nicht so, dass wir einfach nur zweimal im Jahr neue Trends kreieren, unsere jeweilige Pflegelinie ist immer involviert. Verantwortlich dafür sind wir alle drei. Und viel wichtiger: Wir bestimmen keinen festgelegten neuen Trend. Es ist immer eine reine Interpretationssache. Im Computerzeitalter haben wir die Möglichkeit, jede neue Kreation, manchmal auch monatlich, auf Video aufzuzeich­ nen und als Clip auf der ganzen Welt an unsere Partner zu verschicken. Neue Trends sind oft nur Eyecatcher, um auf sich aufmerksam zu machen. Oft sind sie gar nicht kom­ merziell und das müssen sie natürlich auch sein. Unsere beiden Kollektionen im Jahr sind zweigeteilt: Es gibt eine Endverbraucher-Kollektion und ein Friseur-«Inspirations»Kollektion.

Was ist Ihre neueste Trendkollektion? Angus: Das ist die Origami-Kollektion. Daran arbeite ich nun schon seit drei Jahren, denn die Origami-Falttechnik hat mich schon immer fasziniert. Nun haben wir sie umge­ setzt, um eine neue Färbe- und Schnitttechnik zu kreieren. Jede Haarpartie wird mit speziellem Papier quasi umfaltet und die aufgetragenen Haarfarben verleihen später einen ganz speziellen Effekt. Dazu kommt der Origami-Haar­ schnitt. Beides zusammen, Farbe und Schnitt, ergeben etwas noch nie Dagewesenes. Ihre Coiffeur-Partner sind auf der ganzen Welt ver­ streut, wie erreichen sie solche von Ihnen neu ­kreierte Trends? STEFANIE: Wir haben einen eigenen Paul-Mitchell-Blog und dort posten wir täglich alle News rund um Paul Mit­ chell. Dort posten wir auch Frisuren, die wir irgendwo auf der Welt, auf der Strasse, gesehen haben. Es ist ein Mix aus Anregungen für all unsere Friseure. Wir sind wirklich ein sehr globales Unternehmen und beziehen alle Möglichkeiten mit ein: Wir posten unsere Bühnenshows von der ganzen Welt, wir berichten über die Bedürfnisse von Kunden und wir gucken uns ständig in New York, London und Paris um, auf der Suche nach neuen Inspirationen. ROBERT: Wir versuchen, immer die ganze Welt mit all i­hren unterschiedlichen Facetten mit einzubeziehen und ihre Vielfältigkeit zu berücksichtigen. Bei uns soll nicht die ganze Welt als Barbie rumlaufen. Jeder Mensch, jede Kul­ tur, soll die Möglichkeit haben, das ihm Entsprechende bei uns zu finden. Wir wollen keine Uniformierer sein.

Foto: Paul Mitchell

Was macht einen Friseur wirklich erfolgreich? ROBERT: Gott … (Lacht.) Es hängt, egal in welchem Job, immer davon ab, mit welchen Leuten man sich umgibt. Hängt man nur mit Luschen herum, wird man auch nie­ mals wirklich erfolgreich sein. Das Friseurhandwerk, für sich alleine gesehen, ist ein sehr einsames Business.

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Sie sind alle drei in die Entwicklung von neuen Pro­ dukten involviert. Gibt es ein neues Projekt, das bahn­ brechend sein wird? ANGUS: Wir haben ja unser eigenes Labor in dem ge­ forscht und entwickelt wird. Und wir beschäftigen ein ­grosses Team, das sich permanent weltweit nach Neuig­ keiten umguckt. Wenn wir ein neues Produkt lancieren, sind wir in unseren Forschungsarbeiten bereits drei Jahre voraus. Jedes von uns entwickelte Produkt hat so viele Stationen zu durchlaufen, bis wir es auf den Markt bringen. Dieser Prozess dauert immer drei Jahre, mit allen Tests usw.

Gut und schön, aber Sie haben es ja mit so vielen un­ terschiedlichen Kulturen und Mentalitäten zu tun. Wie lassen sich alle über einen Kamm scheren? ANGUS: Das ist eben genau das, was uns von anderen Haar-Unternehmen unterscheidet, wir haben ein grosses Geheimnis. Eine Geheimwaffe. Robert Cromeans! Bitte nicht weitersagen. (Lacht.) Im Ernst, er ist unser Business-­ Anführer. Er besitzt das grosse Talent, Worte in die Tat ­umzusetzen. Dazu kommt auch immer der Kopf eines Unternehmens. Funktioniert der, dann funktioniert auch immer der Rest.

In der Pipeline befindet sich tatsächlich gerade ein revolu­ tionäres Produkt. Es ist eine Art Talkumpuder, der feine Haare wirklich sichtbar verdickt.

Foto: Paul Mitchell

Unsere Partner-Friseure sind so erfolgreich, weil wir eine grosse Gemeinschaft sind. Wir veranstalten auf der ganzen Welt Shows, wir informieren täglich, wir beziehen einfach jeden mit ein. Das ist es, was die Leute anspornt und ins­ piriert. Diese Leidenschaft in einem Raum, die Sie spüren, wenn Ihnen 3 000 Friseure auf der Bühne zugucken. Der Friseurberuf ist kein einfacher: Jeden Tag Haare waschen, schneiden und föhnen, das ist anstrengend. Da sind Spass und Leidenschaft immens wichtig und das sehen wir als unsere Aufgabe. Wenn nach fünf Tagen Arbeit die Batterie leer ist, ist es unsere Aufgabe, sie wieder mit Leidenschaft zu füllen.

STEFANIE: Dazu kommt unsere grosse Leidenschaft, auf jede Kultur einzugehen. Wir wollen uns darauf einlassen. Und es ist auch eine Sache der Empathie. Wir wollen uns immer in andere Menschen hineinversetzen. Wir sehen uns auch nicht als Künstler. Jeder berühmte Künstler wurde erst nach seinem Tod richtig bekannt. (Lacht.) Wir bleiben immer auf dem Boden der Tatsachen und leben immer im Hier und Jetzt. Viel Geld zu verdienen ist eine tolle Sache, aber viel Geld zu verwalten und richtig zu investieren ist noch besser. ROBERT: Klar gibt es unterschiedliche Kulturen. Aber mei­ ner Meinung nach ist der einzige Unterschied die Sprache. Leidenschaft ist auf der ganzen Welt gleich. Man muss sich einfach öffnen. Das ist es, was die Menschen spüren und was sie begeistert. Dafür muss man noch nicht einmal dieselbe Sprache sprechen. All unsere Shows sind auf der ganzen Welt gleich. Einziger Unterschied zu den USA ist, dass wir in anders sprachigen Ländern Übersetzer haben. Auf der ganzen Welt haben wir nur ein Ziel: Wir wollen die Menschen unterhalten und erfreuen.

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Angus Mitchell, Sohn von Paul Mitchell, ist heute der Kreativkopf des Unternehmens.


PERFEKTES STYLING L'ORÉAL PROFESSIONNEL

AVEDA

NUXE

KÉRASTASE L'ORÉAL PROFESSIONNEL L'ORÉAL PROFESSIONNEL BJÖRN AXÉN

PAUL MITCHELL

KÉRASTASE

PAUL MITCHELL

PAUL MITCHELL

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DIE KUNST, EINEN HOCKER ZU GESTALTEN

MAX BILL Seine Werke ver채ndern die Formensprache und wirken ungebrochen in der Gegenwart. Lone K. Halvorsen

Wohnbedarf

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LIVING

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b als Maler, Architekt, Gestalter, Designer oder Publizist – Max Bill ­gehört zu den erfolgreichsten konkreten Künstlern des 20. Jahrhunderts. Er hat in vielen Disziplinen eine einzigartige Karriere absolviert und er war ein genialer Künstler, der in jeder Disziplin eine Erfüllung fand. Jedoch eine besondere Verbindung hatte er zur Architektur. Wie in seiner Kunst verzichtete Max Bill auch in der Architektur auf das Expressive. Seine Bauten sind gekennzeichnet durch eine zeitlose Form klarer Strukturen, die für die Ansprüche der Nutzer bestimmt sind. Nicht nur das Möbeldesign, sondern auch die Gestaltung von scheinbar unbedeutendem Alltagsdesign befand Max Bill als wesentlich. Das Spektrum reichte von der Patria Schreib­maschine bis hin zu Geschirr und, nicht zu vergessen, den Ulmer Hocker.

Ein Hocker mit Kultstatus Ob als schlichter Hocker, als aparter Beistelltisch, Nachttisch oder mobile Traghilfe für Bücher und Zeitschriften, der Ulmer Hocker ist ein gern gesehener Klassiker. Er wurde 1954 von Max Bill in Zusammenarbeit mit Hans Gugelot für die Studenten der HfG entworfen. Weil Geld knapp war, schuf man sich Sitzgelegenheiten für die Studierenden selbst. Der Hocker hatte den Vorteil, dass er bei grosser Stabilität leicht zu transportieren war und den Schülern so auch als Tragegestell für ihre Unterlagen diente. Das Design wurde ausschliesslich an der Funktionalität ausgerichtet: Der Rundstab (ursprünglich aus einem Besenstiel) verleiht dem Hocker Stabilität und dient ausserdem als Tragegriff. So kann er vielfältig als Sitzmöbel, Beistelltisch oder Regal­ element genutzt werden, aber auch als Transportbehälter, Serviertablett oder Tischaufsatz dienen. Der Ulmer Hocker ist ein gutes Beispiel dafür, dass Not manchmal im besten Sinn erfinderisch macht. In Zusammenarbeit mit Jakob Bill, dem einzigen Sohn von Max Bill, wurde für die bunte Variante eine Farbpalette zusammengestellt, die den Grafiken/konstruktiven Gemälden von Max Bill entnommen wurde. «Prestige» unterhielt sich mit Jakob Bill über das Schaffen seines Vaters sowie über die Inspiration für den Hocker mit Kultstatus.

Die gute Form Die Sonderausstellung «Die gute Form» des Schweizerischen Werkbundes SWB an der Basler Mustermesse 1949 war ein Ereignis, das weit über die Schweiz hinaus für Furore sorgte. Von dem renommierten Architekten, Gestalter und bildenden Künstler Max Bill stammten Idee und Auswahl der Exponate, er gestaltete und realisierte die Ausstellung. 80 Tafeln zeigten beispielhaft designte Konsumgegenstände, von der Teetasse bis zum Düsenflugzeug. Bill sah in der Schweiz und im Nachkriegs­ europa die aufkommende, amerikanisch geprägte Warenästhetik und stellte ihr eine spezifisch «schweizerische» gegenüber, geprägt durch den Willen zu einer nachhaltigen Formgebung.

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LIVING

Max Bills «Pavillon-Skulptur» an der Bahnhofstrasse, Zürich.

PRESTIGE: Max Bill war für viele schwer zu fassen, denn er galt als ein Universalkünstler. Wie haben Sie Ihren Vater wahrgenommen – als Architekt, Künstler oder Gestalter? JAKOB BILL: Da mein Vater in meiner frühen Kindheit zu Hause arbeitete, fand ich seine verschiedenen Tätigkeiten ganz normal.

Mein Vater war seit der Gründung des Wohnbedarfs dabei. Die Wohnbedarf-Schrift geht auf seinen Entwurf zurück. Ebenso schuf er in der Anfangsphase Inserate und Plakate­ für das Möbelhaus. Seine Möbel sind immer zuerst im Wohnbedarf dem Publikum zum Verkauf angeboten wor­ den, die Verbundenheit bleibt bis über seinen Tod hinaus bestehen.

Wie hat er sich selbst betrachtet? Wenn man ihn nach seinem Beruf fragte, so gab er immer Architekt an.

Was war die Intention hinter der Neuauflage von Drei­ rundtisch, Quadratrundtisch, Clubtisch, Dreibeinund Kreuzzargen-Stuhl sowie Barhocker? Die von Max Bill geschaffenen Möbel sind in Funktion und Form durchgestaltet und damit auch zeitlos. Einer Wieder­ aufnahme der Produktion stand nichts im Wege, insbe­ sondere da immer wieder danach gefragt wurde.

Das Schaffen Ihres Vaters wirkt ungebrochen in die Gegenwart. Hat er stets das Ziel vor Augen gehabt, der Welt etwas Bedeutendes zu hinterlassen? Er war sicher davon überzeugt, etwas Bleibendes zu schaffen. Er hat aber auch andere Personen gefördert, damit diese in gleicher Richtung etwas Neues kreieren. In welcher Beziehung stand Max Bill zum Züricher Mö­ belhaus Wohnbedarf?

Bei der Re-Edition werden andere Materialien ver­ wendet als beim Originalklassiker. Wäre Ihr Vater ­damit einverstanden? Mein Vater war immer interessiert an Verbesserungen der Fertigungstechnik, die er dann nach Möglichkeit auch

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LIVING

angewendet hat. Er war aber auch ein ausgesprochener Vertreter des Gedankens an ein gutes Verhältnis von Funk­ tion, Form und Preis / Leistung.

einem Tisch) oder zum Herumtragen von Utensilien wie Bücher oder Ordner. Dies hat auch weitgehend die Dimen­ sionen bestimmt.

Heutzutage wird das Wort «Design» relativ infla­tionär verwendet. Wie betrachten Sie die Ent­wicklung in den letzten Jahren? Der Begriff «Design» hat ja auch einen Wandel erfahren – ­er wird oft als Werbemittel eingesetzt und wirbt ent­ sprechend für Modeerscheinungen und nicht für die gute Gestaltung von Produkten.

Welchen Zusammenhang gibt es zwischen den ­Farben der neuen Re-Edition des Ulmer Hockers und der Farbpalette Ihres Vaters? Die neuen, farbigen Hocker beziehen sich auf die Farben eines Siebdruckes, den mein Vater für das Wohnbedarf-­ Jubiläum 1992 geschaffen hat. Um möglichst klare Farben zu erhalten, war es nötig, auch die darunter liegende ­Holzart zu ändern. Ursprünglich waren ja alle Hocker natur­ belassen, aber mehrere Studenten färbten ihre Hocker ­individuell ein. Diese tauchen nun manchmal auch bei ­Design-Verkäufen auf.

Vermuten Sie, dass die alten Klassiker immer einen besonderen Stellenwert behalten oder mit der Zeit durch «neue Klassiker» ersetzt werden? Es gibt sicher auch in Zukunft Produkte, die zu «neuen Klassikern» werden. Das ist eine historische Tatsache, die sich immer wiederholt.

Was hat Ihr Vater Ihnen mit auf den Weg gegeben? Ich bin von beiden Elternteilen mit Ideen versehen­ worden.

Was ist das Besondere am Designklassiker Ulmer ­Hocker? Da ist die Entstehungsgeschichte wichtig. Die Hochschule für Gestaltung musste mit einem Minimum an Mitteln errichtet und möbliert werden. Das meiste wurde in Natu­ ralien gestiftet: Für die Schreinerwerkstatt gab es eine Holzbearbeitungsmaschine mit einer gegebenen Zinken­ breite, die Bretter waren damals nicht astfrei – in den schlimmsten Fällen wurden Holzzapfen eingesetzt. Nun galt es, mit diesem Minimum an Material ein maximales Sitz- und Arbeitsgerät herzustellen. Entstanden ist der Ulmer Hocker aus drei Brettern und einem Besenstiel als Traverse / Fussauflage / Tragestange. Der Hocker diente in der Folge zum Sitzen in zwei Sitzhöhen, als Lesepult (auf

Wohnbedarf «Lebensform und Wohnkultur miteinander verschmelzen lassen» war das Credo der Wohnbedarf-Gründer Werner Max Moser, Sigfried Giedion und Rudolf Graber. Bereits 1933 zog Wohnbedarf in die von Marcel Breuer gestalteten Räume an die Talstrasse 11 in Zürich, welche seither als Ausstellungs- und Planungsräume genutzt werden. In enger Zusammenarbeit mit international be­kannten Architekten und Künstlern wie Alvar Aalto, Le Corbusier, Max Bill, Marcel Breuer, Ludwig Mies van der Rohe und Alfred Roth entstanden Möbel, die heute als Klassiker gelten. In den 1960er-Jahren dehnte Wohnbedarf seine Tätigkeit auf den Bürobereich aus. Damals wie heute: Wohnbedarf ist eine Institution in Sachen Wohnkultur.

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KOLUMNE

DJ ANTOINE

ALBUM-RELEASE – DER GANZ NORMALE WAHNSINN Montag Morgen, 08.30 Uhr, der Wecker reist mich gnadenlos aus dem Tiefschlaf. Müde wälze ich mich nach einer anstrengenden vergangenen Woche mit sechs Shows quer durch Europa aus dem Bett. Obschon ich gerne noch weiter schlafen würde und eigentlich heute mein freier Tag wäre, weiss ich, dass es nun auf jeden einzelnen Tag ankommt. Tausende Gedanken schiessen mir durch den Kopf. Der Grund: die bevorstehende Veröffentlichung meines neuen Musik-Albums «DJ Antoine – 2014 We Are The Party». Wie es manchmal im Leben kommt und Sie es sicherlich auch schon oft erlebt haben, lässt sich leider nicht immer alles nach einem fixen Fahrplan organisieren, sondern alles fällt auf denselben Zeitpunkt. Dabei nicht die Kreativität und den Fokus zu verlieren, die es braucht, um Musik zu produzieren, ist wirklich eine Herausforderung. Und obschon ich ein starkes Team zur Seite habe, das sich um alles kümmert und mir dadurch das Leben sicherlich einfacher machen könnte, muss ich gestehen: Ich bin und bleibe ein Kontrollfreak, der über alles Bescheid wissen will. Daher wundert es auch kaum, dass ich nonstop mit Anrufen, WhatsApp-Nachrichten und E-Mails bombardiert werde. Und so stehen dann nebst der intensiven Arbeit im Studio mit meinem langjährigen Studiopartner Mad Mark auch verschiedenste, dringende Entscheidungen an wie die Wahl der Sänger fürs Album und die zugehörigen Verträge, deren Verhandlungen sich dann immer wieder in die Länge ziehen können oder wo es zu keiner Einigung kommt, das Corporate Design zum neuen Album sowie diverse Layouts fürs Album und weitere Marketingaktivitäten, neue Presse­ fotos, die kommunikative Aufbereitung zur Albumbewerbung, die Produktion der Ultra Limited Box mit LED-Screen, neue Give-aways, die Planung der Promotions-Tage für Schweiz,

Deutschland, Österreich und Italien, die Erstellung von Storyboards für Musikvideos, die Planung der Reiseroute, Offerten von Jetfirmen usw. Und nebst diesen vielen Angelegenheiten kommen zusätzlich vier bis sechs Sommertour-Bookings wöchentlich und Umbauarbeiten in meinem Haus hinzu. Mein zusätzlicher Hang zum Perfektionismus vereinfacht die ganze Situation auch nicht wirklich. In den Entscheidungsprozessen und in der Umsetzung kommt es daher immer wieder zu Verzögerungen durch Optimierungsbedarf. Und wenn Sie nun denken, ich sei selber schuld, dann liegen Sie ja auch absolut richtig. Es ist einfach der ganz normale Wahnsinn, der sich in meinem Leben abspielt. Doch gerade weil die Produktion von Musik ein sehr emo­ tionaler Prozess ist, wirken sich natürlich Ablenkung und Ärger nicht immer positiv auf die Kreativität aus. Aber solange ich selbst nicht loslassen kann, wird es wohl immer wieder solche Stressphasen und «InspirationsNotstände» geben.

«Wie es manchmal im Leben kommt und Sie es sicherlich auch schon oft erlebt haben, lässt sich leider nicht immer alles nach einem fixen Fahrplan organisieren, sondern alles fällt auf denselben Zeitpunkt.» Ich bin jedoch überzeugt, dass der Hang zum Kontrollfreak und der Perfektionismus mich im Leben zu dem gemacht haben, was ich heute sein darf. Und wie das Sprichwort besagt: «ohne Fleiss kein Preis». In diesem Sinne geht es wieder weiter im Takt.

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CULINARIUM


BARTENDER MIT LEIB & SEELE

DIRK HANY Mit nur 25 Jahren wurde er zum «Barkeeper of the Year» ernannt. Danach wurde er Brand Ambassador für Pernod Ricard und vertrat Marken wie Absolut Vodka und Havana Club. Nun ist Dirk Hany der neue Barchef der Widder Bar in Zürich. Yvonne Beck

M

it der Widder Bar verantwortet Dirk Hany seit Dezember 2013 als Chef de Bar die Hotelbar mit einer spektakulären «Library of Spirits». Tausend verschiedene geistreiche Tropfen haben die Widder Bar zu einer der beliebtesten Locations Zürichs gemacht.

Den Grundstein für seinen Werdegang legte Dirk Hany mit einer Ausbildung zum Dipl. Hotelier an der Hotelfachschule Luzern sowie mit seiner Lehre zum Koch im Michelin-Stern-gekrönten «Restaurant zur Pinte» in Baden-Dättwil. Noch heute kommt sein kulinarisches Know-how auch bei der Entwicklung neuer Cocktails zum Einsatz. Wie bei einem Kochrezept wägt Hany Geschmack, Konsistenz und Intensität der verschiedenen Ingredienzien ab, ­bevor er die Zutaten mit Ideenreichtum und technischer Finesse zusammenmischt. Auch vor scheinbar ungewöhnlichen Kombinationen macht seine Kreativität keinen Halt: Derzeit experimentiert Dirk Hany mit Drinks, die die Aromen von Gin und Wodka genussvoll mit verschiedenen Teesorten vereinen. Was genau die Gäste der Widder Bar erwartet, verrät uns Dirk Hany in einem Interview.

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CULINARIUM

Viele Gäste greifen immer wieder auf die typischen Cocktail-Klassiker zurück. Werden diese weiterhin auf der Barkarte zu finden sein? Auf jeden Fall, auch wenn sie nicht draufstehen, können wir diese natürlich jederzeit mixen. Man bekommt also weiterhin einen Old Fashion, Cosmopolitan oder Singapur Sling serviert. Was ist Ihr Lieblingsgetränk? Ich bin ein Old-Fashion-Trinker. Wenn es heiss ist, trinke ich jedoch auch sehr gerne mal einen Mojito. Ich trinke sehr gerne Klassiker, wenn sie richtig gemacht sind. Also kein Mann für Experimente? Doch, ich experimentiere sehr gerne. Aus einem meiner Experimente ist zum Beispiel der sogenannte ­Yuzujito ent­ standen. Dieser ist eine Abwandlung des klassischen ­Mojitos. Yuzu ist eine Zitrusfrucht aus Japan, die leicht bitter ist. Dazu Gingerbier – und fertig ist der Cocktail. Er ist sehr erfrischend, hat in der Widder Bar schon grossen Anklang gefunden und ist eine tolle Alternative zum alt­ bekannten Hugo und Aperol Spritz. Herr Hany, Sie sind seit Dezember neuer Barchef der Widder Bar in Zürich. Welche Änderungen werden Sie vornehmen? Wie wird zum Beispiel die neue Barkarte der Widder Bar aussehen? Die Barkarte wird kleiner, dafür aber häufiger gewechselt. Wir werden vermehrt saisonal arbeiten und die Cocktails der jeweiligen Jahreszeit anpassen. Wir verkleinern das Cocktailangebot, damit der Gast besser auf unsere Emp­ fehlungen eingehen kann. Ich und mein Barteam möchten den Gästen Cocktails empfehlen, die auf sie zugeschnitten sind. Momentan sind 120 Cocktails auf der Karte, die neue Barkarte wird nur noch zirka 30 aufweisen. Zusätzlich zu den saisonalen Cocktails wird es sehr spezielle Cocktails geben. Sehr viele Eigenkreationen, die ich gemeinsam mit meinem Team entwickle. Was bedeutet, Sie arbeiten saisonal? Es gibt Drinks, die besser zu der einen oder anderen Jahreszeit passen. Um den Winterblues zu vertreiben, ­ empfehle ich den süss-herben Whiskey-Klassiker Old ­Fashioned. Im Sommer werden wir hingegen sehr viel auf frische Früchte setzen.

Old Fashion Der Old Fashion ist vielleicht der älteste Cocktail der Welt. Er besteht nur aus Whiskey, Zucker und Bitter. Ist aber nicht so leicht zuzubereiten, wie es den Anschein erweckt. Er ist ein Muss für Fans dunkler Spirituosen und Liebhaber unverfälschter Aromen.

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Cocktailkarten können einen leicht überfordern. Wie können Sie Ihren Gästen die richtige Empfehlung ge­ ben? Wie wissen Sie, was wem schmeckt? Zuerst kommt es auf die Tageszeit an. Zum Apéro sollten Drinks eher leicht sein, etwas Erfrischendes. Eine Regel lautet: Frauen geniessen ihre Cocktails eher lieblich und fruchtig, Männer eher herb und bitter – aber es gibt auch hier immer Ausnahmen. Bei gewissen Drinks ist man fast immer auf der sicheren Seite. Zum Beispiel ein Bellini zum Apéro. Nach dem Essen oder später am Abend kann man besser mit Dessert-Cocktails auftrumpfen. Also eher süss­ liche Sachen wie ein Clover Club. Ein Cocktail, der bei uns sehr gut läuft, ist die Banana-Baileys-Collada. Für roman­ tische Stunden rate ich zu einem fein prickelnden Rosé Champagner. Den richtigen Cocktail für einen Gast findet man schnell durch ein kurzes Gespräch. Ich frag meistens: «Was für Cocktails geniessen sie sonst?» So findet sich schnell ein Cocktail, der ähnlich ist und doch anders. Wir versuchen, unseren Gästen immer etwas Neues anzu­ bieten. Sie haben eine Kochausbildung absolviert. Hilft Ihnen das bei der Kreation neuer Cocktails? Mir persönlich hat es sehr geholfen, vor allem in Bezug auf Geschmackskombinationen. Es fördert die Kreativität beim Verschmelzen verschiedener Geschmäcker. In meiner Koch­ lehre habe ich Schokolade mit Fleisch kombiniert oder Rosmarin ins Dessert eingebaut. Und so etwas versuchen wir nun mit Cocktails, um ein ganz neues «Wow»-Erlebnis zu erschaffen.


CULINARIUM

Können Sie mir hierfür ein konkretes Beispiel geben? Ich kombiniere zum Beispiel gerne Gin mit Tee. Eine mei­ ner Kreationen enthält einen Kamille-Gin, Lillet und Bitter. Diese Zutaten ergeben zusammen einen ganz speziellen Geschmack mit ganz verschiedenen Nuancen. Wir haben­ zudem eigens für unsere Margaritas Chilli-Tequila ­gemacht – für den scharfen Kick auf der Zunge. Und ein ganz anderes Experiment, an dem ich schon längere Zeit arbeite, ist, Cocktails im Fass oder in der Flasche altern zu lassen. Ähnlich wie beim Wein? Ja, so ähnlich. Während der Lagerung verändert sich der Geschmack des Cocktails. Vor Kurzem haben wir zum Bei­ spiel einen vierjährigen El Presidente geöffnet. Aus einem sehr kraftvollen Cocktail ist etwas ganz anderes entstan­ den, ein Cocktail, der wie Honig runtergeht. Das ist zum einen sehr spannend, zum anderen können wir so etwas wie Jahrgangs-Cocktails anbieten. Was macht einen guten Bartender aus? Freundlichkeit. Eine Bar ist wie ein Theater und wir Barkee­ per sind die Schauspieler, die Gäste sind die Zuschauer. So­ bald wir zur Arbeit kommen, übernehmen wir die Rolle des Barkeepers und das bedeutet: immer höflich sein, immer gut gelaunt sein, voller positiver Energie stecken und jeden Gast mit einem Lächeln begrüssen. Ein weiterer wichtiger Punkt ist Aufmerksamkeit. Ein guter Barkeeper sollte seine Gäste immer im Blick haben, um deren Wünsche schon vorauszu­ ahnen. Und, last but not least, natürlich das Fachwissen. Ein guter Bartender muss über die Spirituosen und über das Angebot Bescheid wissen. Das bedeutet, auch ein Bartender hat nie ausgelernt. Monatlich kommen neue Spiritu­osen auf den Markt, man sollte also immer auf dem Laufenden sein. Und das nicht nur, was Spirituosen anbelangt, sondern auch das aktuelle Zeitgeschehen, um mit den Gästen spannende Gespräche führen zu k­ önnen.

Woher bekommen Sie Inspirationen für neue Cocktail­ kreationen? Ich lasse mich gerne von anderen Barkeepern inspirieren. Viele Menschen haben ein fotografisches Gedächtnis, ich habe ein geschmackliches. Ich kann mir einzelne Ge­ schmäcker vorstellen und diese im Kopf kombinieren, er­ ahnen, ob sie zusammenpassen. Wenn ich ein Kraut sehe wie Holunder oder Wacholder, dann geht automatisch durch meinen Kopf, was ich damit kombinieren könnte. Das können ganz einfache Bausteine sein, die man uner­ wartet zusammensetzt. Die Widder Bar hat eine lange Tradition. Sind Sie ­dieser Tradition als neuer Barchef verpflichtet? Die Widder Bar ist eine klassische Bar und daher werden wir auch weiterhin im klassischen Stil klassische Cocktails servieren und nicht anfangen, effekthaschende Spielereien einzubauen. Alles, was wir servieren, soll das Geschmacks­ erlebnis verstärken und überraschen. Unser «Smoky Whisky Sour» spricht beispielsweise alle Sinne an. Den altbewährten Mix aus Zitronensaft, Zuckersirup und Whisky servieren wir unter einer Glocke und angereichert mit ­Buchenholz-Rauch, der dem Drink eine würzige Note ver­ leiht. Gehen Sie in Ihrer Freizeit auch in Bars? Ja, das ist ein Hobby von mir. Ich liebe Bars. Am liebsten sitze ich am Tresen. Welches ist Ihre Lieblingsbar (die Widder Bar ausge­ nommen)? Die Kronenhalle. Dort ist es schön ruhig, die Bartender leben ihren Beruf, es erwartet einen ein sehr professioneller Service. Auch die Bar El Floridita im Zentrum von Havanna kann ich nur empfehlen. Ich liebe geschichts­ trächtige Bars. Hier hockte bereits Ernest Hemingway am Tresen.

Jazz & Drinks Gäste der Widder Bar kommen neben einem extra­ vaganten Sortiment an Edeldrinks – die Whisky-Kollektion der Bar umfasst ausgesuchte Raritäten wie einen ­ 40 Jahre alten Macallan von Gordon & MacPhail oder einen 30 Jahre alten Black Bowmore von 1964 – in den Genuss von Live-Auftritten angesagter Jazzgrössen. Alljährlich im Frühling und Herbst begeistern renommierte Stars und angesagte Newcomer zwischen modernen Widderskulpturen und mittelalterlichen Holzbalken das Publikum bei mitreissenden Konzerten.

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FINANCE

VISIONEN UMSETZEN ❧

BIODIVERSITÄT IM WEINBERG Fliegende Schmetterlinge und Bienenhotels zwischen Weinreben sind Bilder, an die wir uns erst wieder gewöhnen müssen. Oft dominieren immer noch die Giftspritze und der karge Boden den Weinberg. Es geht aber auch anders. Unter dem Dach von Delinat haben sich Winzer aus ganz Europa zusammengefunden, um Genuss, Ökologie und erfolgreiches Wirtschaften zusammen zu bringen. Georg Lutz

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ür Karl Schefer, Gründer von Delinat, entsteht der beste Wein im ­Zusammenspiel mit der Natur. Den üblichen Monokulturen im Weinberg setzt er seine Visionen entgegen und ist damit auch ökonomisch erfolgreich. Wir loten im folgenden Interview die Gründe aus.

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Karl Schefer braucht keine Trends, sondern geht seinen Weg.


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PRESTIGE: Aller Anfang ist schwer. Dieses Sprichwort gilt sicher auch beim Wein, wie auch fast jeder Jung­ winzer bestätigen kann. Wie sind Sie zum Wein ge­ kommen? Karl Schefer: Ich bin ein Wirtssohn und daher habe ich schon seit meinen Jugendtagen eine Beziehung zum Wein. Das war aber nicht der zentrale Grund. Es war eher ein Zufall. Wie Sie zum Thema Ökologie und Bio gekommen sind? Ich habe eine Grundausbildung als Chemielaborant. Mitte der 1970er-Jahre war ich beruflich in Südafrika unterwegs und habe viele Schattenseiten der Chemie kennengelernt, unter anderem der massive Pestizideinsatz, mit Mitteln, die in Teilen in Europa schon verboten waren. Da ging mir ein Licht auf: Es muss Wege geben, um ökologische Gleichgewichte wieder herzustellen. Als ich in die Schweiz zurückkam, wusste ich, jetzt will ich nur noch Dinge tun, zu denen ich stehen kann. Und wie haben sie den Bio-Wein entdeckt? Ich hatte 1979 oft in Paris zu tun und habe in einem Re­ formhaus einen Öko-Wein entdeckt. Das kannte man da­ mals in der Schweiz und Deutschland noch nicht. In den ersten Naturläden gab es keinen Wein. Ich habe ein paar Flaschen in Paris gekauft und mit Freunden, meiner Frau und meinem Bruder probiert. Das Ergebnis war nicht wirk­ lich überzeugend. Ja, damals musste man schon schwer ökologisch überzeugt und ideologisch gefestigt sein, um einige saure Tropfen zu Trinken. Aber die Idee stimmte. Wir haben dann als nächsten Schritt die Winzer besucht, die auf dem Etikett standen. So haben wir Bio-Winzer kennengelernt, obwohl das Wort «Bio» da­ mals noch weitgehend unbekannt war und es keine Labels gab. Aber ich wollte das Thema Bio und Wein voranbringen.

«Wir schreiben Biodiversität vor.»

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Delinat braucht auch heute die passenden Winzer. Nehmen wir als Beispiel den Katalanen Josep Maria Albet i Noya, die Familie Michlits von Meinklang in ­Österreich oder Karin und Roland Lenz, die in Iselis­ berg bei Frauenfeld das grösste biologische Weingut der Deutschschweiz führen.w Wie finden Sie solche Menschen, die sich ja nicht nur mit Wein auskennen, sondern auch Visionen haben? Inzwischen ist es umgekehrt: Innovative Bio-Winzer finden Delinat. Es vergeht keine Woche, bei der wir nicht unge­ fragt Muster zur Beurteilung bekommen. Es kommen aber nur die wenigsten als Delinat-Partner in Frage, da unsere Richtlinien sehr anspruchsvoll sind. Aber Sie liegen richtig. Jeder Winzer, der neu beginnt, hat viele Hürden zu überwinden. Das gilt besonders für BioWinzer. Sie sind immer noch Pioniere und brauchen Visio­ nen. Sie gehen grosse Risiken ein und müssen gleichzeitig ökonomisch erfolgreich sein. Bio für sich genommen reicht schon lange nicht mehr aus. Die von Ihnen genannten Win­ zer sind alle ein Risiko eingegangen und haben Visionen verwirklicht. Inzwischen sind sie auch alle ökonomisch erfolgreich. Was ist beim Winzer der Auslöser für das Um­denken und Umstellen in Richtung Bio? Am Anfang steht meist die genaue Beobachtung. Je stärker die sensible Rebe vor Krankheiten oder Schädlingen ge­ schützt wird, desto abhängiger wird sie. Immer mehr Gift im Weinberg führt in Sackgassen. Wir kennen das von un­ serer eigenen Gesundheit. Je mehr Antibiotika wir zu uns nehmen, desto mehr schädigen wir auch die natürlichen Abwehrstoffe unseres Körpers. Heute hat sich die Situation komplett gedreht. Bio ist schon längst keine Nische mehr. Jeder Discounter hat Bio-Linien im Regal stehen. Bio ist ein Massenmarkt. Das ist auf den ersten Blick ein Erfolg. Unter dem Druck eines Massenmarktes können aber Ziele und Ideale völlig begraben werden. Müssen sich Pioniere von Bio, wie Sie ja auch einer sind, nicht neu erfinden? Wir haben eigentlich nie auf Trends geachtet, sondern stets einfach unsere Ziele verfolgt, was die Qualität betrifft. Die strengen Delinat-Richtlinien, nach denen unsere Winzer produzieren, übertreffen die üblichen Bio-Label. Der Un­ terschied zwischen Bio-Wein und Weinen aus unserem Hause ist wesentlich grösser als zwischen herkömmlichen Weinen und Bio-Wein. Mit der Zunahme der Akzeptanz von Bio wurde der Druck auf den Gesetzgeber immer grösser, Standards zu schaffen, die möglichst alle Produzenten


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einhalten können, auch wenn Klima und Böden sehr un­ terschiedlich sind. Das Ergebnis sind verwässerte Normen und zahnlose Kompromisse. Wie das EU-Bio-Sigel? Genau. Solche Grundlinien sind ein erster Schritt, reichen aber bei Weitem nicht aus. Können Sie uns hier ein Beispiel verraten? Man kann mit dem EU-Label im Rahmen einer lupenreinen Monokultur Bio-Produkte produzieren und vermarkten. Das ist ein Skandal. Sie stellen den einen Giftsack in die Ecke und nehmen einfach den anderen in die Hand. Das ist dann beim Wein Kupfer? Ja. Bei Kupfer oder Schwefel geht man hier mit den ­Mengen sehr tolerant um, setzt weiter auf Masse. An­stelle Nützlinge zu fördern, werden weiterhin und genau wie beim konventionellen Weinbau Schädlinge bekämpft, nur sind die Gifte andere. Davon sind wir zum Glück weit entfernt. Wir haben unsere Richtlinien und Ziele, die wir konsequent verfolgen. Aber auch Ihre Winzer müssen noch Kupfer verwen­ den? Ja, aber in wesentlich geringeren Mengen. Hier haben wir es mit einem Schwermetall zutun, das man sehr ernst nehmen muss. Unser Ziel ist es, unter zwei Kilogramm pro Hektar und Jahr zu kommen. Früher lag der Durchschnitt im Weinberg bei 20 Kilogramm pro Hektar und Jahr. Ihre Weinberge sollen keine Monokulturen darstellen, sondern von «biologischen Hotspots» durchzogen sein. Können Sie uns das erklären? Das ist die Grundlage unserer Richtlinien. Wir schreiben Biodiversität vor. Das ist ein Alleinstellungsmerkmal von uns. Es geht sowohl um die horizontale gezielte Be­ grünung zwischen und unter den Reben, als auch um die vertikale Auflockerung mit Bäumen und Sträuchern. Wir sprechen auch von Inseln im Weinberg. Da wird ge­ zielt die Vielfalt gefördert. Die «ökologischen Hotspots» gilt es natürlich zu pflegen, um Überwucherungen zu ver­ meiden. Z­ udem gibt es noch Ausgleichsflächen am Rande. In ­unseren Weinbergen finden Sie ganzjährige Blühstreifen und Bienenhotels. Viele werden einwenden: Das kostet alles viel Geld und ist nur für einen exklusiven Kundenkreis er­ schwinglich. Sie haben aber auch Weine im mitt­leren

Karl Schefer und Roland Lenz suchen nach Möglichkeiten, Schadstoffe im Weinberg radikal zu reduzieren.

Preissegment im Angebot. Wie funktioniert das? Wenn Sie Qualitätsweine erzeugen, ist der Ertrag relativ gering, gleich ob aus konventionell oder biologisch betrie­ benen Weinbergen. Man hat zudem Einsparungen. Teure chemische Produkte fallen weg. Dafür muss man mehr Zeit und Geld für Handarbeit im Weinberg aufbringen. In vie­ len Regionen sind die Kosten daher absolut vergleichbar. Ausserdem setzen wir auf Winzer mittlerer Grösse, da die Wirtschaftlichkeit bei Kleinbetrieben schwierig ist. Sie haben aber auch noch Versuchsweinberge? Ja, für solche Kosten haben wir ein Umsatzprozent zur Verfügung. In unserem Versuchsweinberg in der Provence (Château Duvivier) überprüfen wir die Auswirkungen un­ serer Richtlinien, zum Beispiel der Dauerbegrünung. Das Ziel ist, immer besser zu werden. So ein Versuch mit­ wissenschaftlicher Begleitung, kann mehrere Jahre

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dauern. Wir wollen nachweisen, dass die Qualität von Wein aus biodiversen Weinbergen besser wird. Ein dreijähriger Versuch hat diese These bereits belegt, die wissenschaftli­ che ­Veröffentlichung folgt nächstes Jahr. Wie erreichen Sie Ihre Kunden? Ich habe ja heute im Netz sehr viele Plattformen und gerade in der Schweiz gibt es viele Weinshops. Online wird wichtiger, auch bei uns ist das ein wachsender Kanal. Zentraler Baustein unseres Vertriebs ist aber der Degustierservice, den es seit 1987 gibt. Wir wollten da­ mals den Kunden die Gelegenheit geben, neue Weine und neue Jahrgänge kennenzulernen. Damals gab es ja noch viel weniger Bio-Weine und die Qualitätsspannen waren noch sehr gross. Der Degustierservice hat sich aber völlig anders entwickelt, als wir das zunächst angenommen haben. Heute ist er eine Art Grundversorgung für unsere Kunden. Man bekommt neben den Flaschen noch viele fundierte Informationen zu Traubensorte, Ausbau, pas­sende Speisen und Winzer. Und man profitiert von portofreier Sendungen mit Sonderpreisen. Für uns ist der Service von Vorteil, da es ein sehr planbares Geschäft ist. Gleich­zeitig ist es ein ständiger Test. So entwickeln wir auch unser Portfolio und gehen den Bedürfnissen der Kunden nach. Wir sind dem Degustierservice treu geblieben, im Unter­ schied zu manchen Mitbewerbern, die sich oft hinreissen lassen, mit jedem neuen Kundenwunsch einen neuen ­Service aus dem Boden zu stampfen. Das Ergebnis ist eine interne Kannibalisierung.

Was wollen sie in den nächsten Jahren noch er­ reichen? Wir wollen in der Schweiz wieder wachsen. Wir basierten auf klassischem Direktmarketing und dem dazu passen­ den Versandhandel. Die Marketingwerkzeuge dazu stos­ sen in der Schweiz aber immer mehr an ihre Grenzen. Die Schweizer Printmedien, mit denen wir früher die meisten Neukunden gewinnen konnten, funktionieren infolge Auf­ lagenschwundes immer weniger. Daher haben wir un­ ser Marketingbudget in den letzten Jahren, vor allem in Deutschland, investiert. Auch die Onlinekanäle funktionieren in der Schweiz noch nicht richtig. Wir wollen daher mit Partnern über den Detailhandel und die Gastronomie neue Kundenwege erschliessen. Gibt es einen Lieblingswein von Ihnen, den sie uns noch empfehlen können? Ja, es gibt Lieblingsweine von mir. Der Reserva Martí von Albet i Noya aus Katalonien bietet, glaube ich, nicht nur mir geschmackliche Höhepunkte. Er ist ein sehr erfolg­reicher Wein bei uns. Als Gegenpol würde ich den El Molino, auch ein Spanier, aus La Mancha vom Weingut Jesus del Perdon nennen. Er bietet für seinen Preis unglaublichen Trink­ spass. Beide Weine repräsentieren auch die unterschiedli­ chen Preisklassen in unserm Sortiment. Ja, dann zum Wohle der guten und ökologischen Weine.

Öfters planen Sie auch Ausflüge, zum Beispiel in Rich­ tung Rum oder Olivenöl. Was steckt dort für eine Idee dahinter? Es geht um die Abrundung des Sortiments. Bei Spirituosen verdienen wir kaum etwas. Es gibt auch Weine, die sich nicht lohnen. So rechnen sich die Halbliter- oder Magnum­ flaschen nicht. Es gibt aber eine Nachfrage. Bei Olivenöl geht es um etwas anderes. Gerade im Mittelmeerraum gehören Olivenöl und Wein zusammen. Das Wissen auch unsere Kunden und bestellen beides. Wie positionieren Sie sich in der Branche? Wir wollen eine maximale Dienstleistung zu einem fairen Preis anbieten. Dabei ist für uns die klassische Öko-Nische schon seit Jahren zu klein. Wir unterwerfen uns aber auch nicht jeder Bedingung eines Massenmarktes. Wir sind schlicht ein wirtschaftliches Unternehmen, welches Geld verdient. Die Kombination mit Ökologie und Biodiversität ist da kein Widerspruch. Im Gegenteil, es wird von den ­Kunden honoriert und rechnet sich. Der Weinberg ist vielfältig geworden. Das nützt auch der Traube.

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