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[ lat.: das Fahren]
#13 | Winter 2014/15
Der Dritte und Beste
AUDI TT
GEBURTSTAGSFEST // ALPINA WIRD 50 3D-TECHNOLOGIE // GEDRUCKTE AUTOS KURVEN-CARVER // LEXUS NX 300H MOTORMENSCHEN // HAMILTON / WALLISER
ALLRAD-EDITION www.prestigemedia.ch | CHF 10.–
04
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Big Bang Ferrari White Ceramic Carbon. UNICO-Chronographenwerk mit Säulenrad. Eigenes Manufakturwerk. 72 Stunden Gangreserve. Gehäuse aus weißer Keramik und Lünette aus Karbonfasern. Einfach austauschbares Armband. Auf 500 Exemplare limitierte Serie.
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EDITORIAL
Matthias Pfannmüller, Chefredaktor
VECTURA #13
ALLRAD
EDITION
W
enn wir innerhalb von drei Jahren schon die zweite Ausgabe zum Thema 4x4 herausbringen, hat das einen einfachen Grund: Allrad ist neben Diesel der wichtigste automobile Trend der letzten Jahrzehnte. Das lässt sich nüchtern mit Zahlen belegen, macht sich aber längst auch optisch im Strassenbild bemerkbar. Damit sind natürlich in erster Linie die allgegenwärtigen SUV gemeint. Doch auch bei normalen Pw, denen man es nicht unbedingt ansieht, steigt der 4x4-Anteil (Stand Ende 2013: 24 %): Nach Vorreitern wie Subaru oder Audi gibt es praktisch keinen Hersteller mehr, der sich ein fehlendes Allrad-Angebot leisten kann. Selbst beim aktuellen Mercedes S Coupé – einer Baureihe also, die man gefühlt immer noch zu den letzten Bastionen des Heckschleudertums zählen möchte – ist eine 4matic genannte Kraftverteilung zwischen Vorder- und Hinterachse verfügbar. Auch einige andere Autos dieser Edition vermutet man kaum in der AWD-Fraktion. Dabei ist es schon wieder amüsant zu beobachten, dass nicht jedes Modell in OffroadOptik zwangsläufig über einen Vierradantrieb verfügt. An anderen bewegten Stoffen mangelt es uns freilich nicht. So hätte man hier ohne Weiteres von Interview-Edition sprechen können, denn in den letzten Monaten trafen wir besonders viele interessante Gesprächspartner. Das Motiv «Kunst und Auto» wäre diesen Winter eine zusätzliche Möglichkeit. Von zuletzt inflationär dargebotenen Art Cars wollen wir dabei bewusst absehen; auch die schönsten Karosserien aller Zeiten möchten wir Ihnen in diesem Kontext ersparen. Die Kunst des Einparkens ist ebenfalls tabu – es gibt so viele spannendere Aspekte. Das Handwerk im Automobilbau könnte einer sein; seine moderne Fortsetzung ist digital und findet im Detail statt. Es sind hochspezielle Produktionsprozesse einer immer komplexeren Maschinerie, bei denen die Bits und Bytes umfangreicher Infotainmentsysteme noch zu den einfacheren Übungen gezählt werden müssen. Und doch sind auch bei Letzteren inzwischen Funktionen möglich, die man vor wenigen Jahren noch als Fantasterei abgetan hätte. Es sind solche sowie andere Entwicklungen, die wir gerne zeigen möchten. Und ist die Fortbewegung ohne Pferde allein kein Wunderwerk der Technik, ist das Möglichmachen immer höherer Geschwindigkeiten bei reduzierten Verbräuchen nicht auch Ingenieurs-Kunst? Ohne pathetisch werden zu wollen: Es ist zweifellos eine kreative Leistung, individuelle Mobilität entsprechend aktuellen Gegebenheiten und Bedürfnissen immer wieder neu zu erfinden. Der betriebene Aufwand zeigt eines ganz deutlich: Das Automobil ist stark genug, auch künftige Herausforderungen zu meistern. WINTER 2014 / 15 003
INHALT #13
EDITORIAL
003
AUS DEM SANDKASTEN Wenn Fiat dem 500 ein X hinzufügt, ist uns das natürlich einen Erfahrungsbericht wert
008
ERWEITERTE WAHRNEHMUNG Cyberspace an Bord: Ab 2015 verblüffen Jaguar und Land Rover mit virtuellen Welten
016
INSIDER-TIPP Mit einem Opel Insignia Country Tourer ist man nicht nur schnell und komfortabel unterwegs
018
WACHSENDES ANGEBOT Die aktuellen Offroad-Kombis in der Schweiz
026
JUNGFRÄULICH Verschneite Pässe sieht man selten so wie hier
028
KANTEN-CARVER Der Lexus NX soll im wachsenden Segment der luxuriösen Kompakt-SUV wildern
TITELSTORY Dass er neu ist, ist dem jüngsten Audi TT nicht gerade anzusehen. Bis man ihn fährt
076
FAMILIENPLANUNG Kommt der Porsche 911 demnächst auch als Plug-in-Hybrid? Diese und weitere Fragen beantwortet uns Frank-Steffen Walliser
084
AUSLÖSENDES MOMENT Warum sich ein Hamburger Autofotograf verstärkt der bildenden Kunst zuwendet
092
DER BESSERE BMW Bei Alpina in der allgäuischen Provinz entstehen Autos wie ein B4 Biturbo, von denen selbst Vollgas-Gourmets nur träumen können
098
116
032
LAST ACTION HEROES Was Sir Stirling beim Credit Suisse Historic Racing Forum sagte, sollte man gehört haben
118
SEGEL-SAGA Man nennt es «die Formel 1 der Meere»: Historie und Gegenwart des Volvo Ocean Race
038
DREIVIERTEL VIERMALVIER Das aktuelle Nissan-SUV-Programm zielt mehr auf Asphalt, kann aber auch Gelände
130
OHRENSCHMAUS Das automobile Erlebnis ist auch ein akustisches: unsere Einladung zum Porsche-Soundcheck
058
IM ZWEIFEL RÜCKWÄRTS Unvergessliche Teilnahme an einem Chauffeur-Wintertraining der ewas anderen Art
134
GANZ VORNE DABEI Warum klassische Kühlerfiguren Kult sind, lässt sich auf den ersten Blick erkennen
060
WENN JEDE SEKUNDE ZÄHLT Neue Uhren unterstreichen die Partnerschaft zwischen IWC und Mercedes AMG Petronas
146
ÜBERRAGENDE WUCHT Begegnung mit dem neuen Mercedes S Coupé und seinen berühmten Vorfahren
066
AUGENSCHMERZEN Die Dekoration der meisten Verkehrskreisel lässt leider sehr zu wünschen übrig
152
EINE FRAGE DER EPOCHE Mark Stehrenberger philosophiert diesmal über Geschmackswechsel automobiler Ästhetik
074
DRITTE INDUSTRIELLE REVOLUTION 3D-Drucker können scheinbar alles. Wann und wie verändern sie die Autoproduktion? IMPRESSUM
160
A L L R A D EDITION
004 VECTURA #13
032
038
058
066
092
098
WINTER 2014 / 15 005
INFOTAINMENT
Wo DIESES ICON steht, gibt es NOCH MEHR VECTURA. Möglich macht es die sogenannte «AUGMENTED REALITY» (erweiterte Realität, kurz AR): Diese computergestützte «Wahrnehmungserweiterung» erlaubt ZUSÄTZLICHE EBENEN, die interaktiv funktionieren und nicht nur die Augen anregen sollen. Zu weiteren Informationen in Text und Bild, wie sie bisher bereits mit unseren QR-Codes geboten wurden, kommen ab sofort ANIMIERTE INHALTE wie 360°- und 3D-Ansichten, Motorsounds oder Filme. Das alles ver mittelt MEHR GEFÜHL direkt aus dem Magazin heraus.
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006 VECTURA #13
Die AR-Extras sind im Inhaltsverzeichnis markiert und wir beabsichtigen, das Angebot in den kommenden Ausgaben weiter auszubauen. An der inhaltlichen wie haptischen Qualität der Printausgabe ändert sich natürlich nichts.
PIRELLI.CH
SWISS-SKI WÄHLT PIRELLI WINTERREIFEN
Gino Caviezel, Patrick Küng und Dominique Gisin im Windkanal
FAHRTERMIN
008 VECTURA #13
ERWEITERTES TERRITORIUM DEN NEUEN FIAT 500X GIBT ES AB FRÜHJAHR IN ZWEI AUSFÜHRUNGEN FÜR STADT UND LAND. WIR HABEN BEREITS BEIDE VERSIONEN GETESTET – UND GLAUBEN DEN KOMMENDEN BESTSELLER ZU KENNEN Text Peter Schwerdtmann, sb Fotos Werk
WINTER 2014 / 15 009
RUBRIKEN
D
ie Marke Fiat hat momentan viel vor – es ist nicht weniger als ein Neuanfang. Im Zentrum der Veränderung steht ausgerechnet jene Baureihe, die aus der 2004 gezeigten Retro-Studie Trepiùno hervor- und 2007 endlich, nach einigem Zögern, in Serie ging: der 500, auch Cinquecento genannt. Seither ist das knapp 3,55 Meter kurze Wägelchen ein Bestseller und der beste Beweis dafür, dass sich Kult und Konsum nicht ausschliessen müssen. Neue Modellvarianten – die Abarth-Version kam 2008, das Halb-Cabrio 500C mit Rolldach 2009 und der Microvan 500L drei Jahre später – hielten und halten die Nachfrage hoch. Was in diesen Zeiten noch fehlte, war ein Crossover mit Allradantrieb. Der kommt im März in die Schweiz, heisst 500X und basiert wie der 500L auf dem Fiat Punto, der 2015 wiederum von einem weiteren, fünftürigen 500er-Derivat abgelöst werden wird. Im 500X ist allerdings eine andere Hinterachse verbaut, die eine höhere Verschränkung erlaubt – ganz so wie im neuen Jeep Renegade, mit dem das jüngste Fiat-Modell technisch eng verwandt ist. Die Italiener sprechen deshalb von einer komplett neuen Plattform – compresa? So viel zum Hintergrund der Modellstrategie im noch jungen FCA-Konzern (Fiat Chrysler Automobiles), doch den meisten X-Käufern dürfte das herzlich egal sein. Schliesslich ist der Cinque cento mittlerweile so etwas wie die südländische Ausgabe des englischen Mini – hip, erschwinglich, vielseitig. Eine trendigkompakte 4x4-Ausführung war geradezu überfällig und wird gegen Mini Countryman, Opel Mokka, Nissan Juke (siehe S. 118 ff.), Peugeot 2008 oder Skoda Yeti antreten. Der 500X ist der kernigste aller 500er und ein Eroberer, der Marktanteile zurückholen soll. Fiat will zur alten Grösse zurück und beginnt dort, wo die Marke traditionell stark ist – bei kleinen Autos wie 010 VECTURA #13
500 oder Panda und deren Derivaten. Mit dem kraftvoller gezeichneten 500X ist das Management sicher, den richtigen Schritt getan zu haben, und gibt sich entwaffnend selbstkritisch: «Wir haben jetzt das Auto, von dem wir träumten. Nun gibt es also keine Entschuldigung mehr.» So viel Zuversicht verdient Respekt – und ist gleichzeitig ein Hinweis darauf, wie wichtig Crossover-Modelle inzwischen geworden sind. Im mindestens 4,25 Meter langen 500-Softroader (die 4x4-Versionen sind 2,5 cm länger) sieht Fiat sogar einen Ver such, das B- und C-Segment anzugreifen. Dabei will man sich nicht über den Preis profilieren, sondern über das schicke Design, die Ausstattung (wahlweise mit zweifarbigem Leder, elektrischen Lordosestützen, Glasschiebedach, Mattlackierung oder 18-ZollFelgen) und nicht zuletzt die Variabilität – auch bei der Technik. Letztere kam erstmals beim bereits erwähnten Jeep Renegade zum Einsatz, der ebenfalls in Italien produziert wird – und mit veritablen Offroad-Eigenschaften erstaunen kann. Folglich darf auch beim etwas günstiger eingepreisten Fiat-Pendant mit anständigen Geländefähigkeiten gerechnet werden, obgleich die Einstiegsversionen allesamt über Frontantrieb und das auf diesen Seiten gezeigte Strassen-Design verfügen: Aussen und innen wartet das für den urbanen Einsatz konzipierte Modell mit sportivelegantem Styling auf. Die Ausstattungslinien nennen sich Pop, Pop Star und Lounge, optional sind rennsportartige Streifen-Aufkleber erhältlich. Antriebstechnisch sind zunächst vier Motoren mit Sechsgang-Schalt- und Doppelkupplungsgetriebe oder Neunstufenautomat verfügbar. Wir waren mit dem 140 PS starken Zweiliter-Diesel unterwegs, der aktuell stärksten und teuersten 500X-Version mit Allradantrieb. Fahrdynamisch gibt es wenig auszusetzen: Die Federung ist auf der straffen Seite, aber nicht zu hart und noch komfortabel. Die leichtgängige Lenkung und das Kurvenverhalten gefallen trotz leichter Untersteuerneigung und geringen Vibrationen des
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Dieselmotors im Volant. Auch die Achsen können in Schlag löchern etwas tönen, doch das ist in dieser Fahrzeugklasse normal. Um den 500X individuell bewegen zu können, stehen drei Voreinstellungen zur Verfügung: Auto, Sport und Allwetter. Die verändern jeweils den Charakter bei Motor, Getriebe und Lenkung. Unser Zweiliter-Diesel war in allen drei Modi deutlich zu vernehmen – im Sport-Modus natürlich am meisten, weil hier höhere Drehzahlen anfallen. Der gleich starke 1,4-L-Turbobenziner geht da wesentlich leiser zu Werke und wäre ohnehin unsere favorisierte Antriebsquelle in diesem Auto. Die insgesamt glattflächige Karosserie sorgt mit ihrem guten cw-Wert von 0,34 auch auf Autobahnen für niedrige Windgeräusche, die je nach AsphaltBelag vom Abrollen der Reifen klar übertönt werden – doch das sind spitzfindige Wahrnehmungen in einem Vorserien-Fahrzeug. Insgesamt ist der 500X im Strassentrimm ein sehr angenehmer Begleiter, der schnell viele Freunde finden dürfte. 012 VECTURA #13
Der Innenraum bietet vier Personen ausreichend Platz, wobei die Kopffreiheit vorne mehr imponiert als die Innenraumbreite: Die Kabine verfügt zwar über breite Schultern, ist im oberen Bereich aber stark eingezogen und hinten begrenzt. Der Kofferraum ist ausreichend gross geraten und kann erweitert werden, indem man den doppelten Boden herausnimmt, unter dem sich ein Zusatzfach befindet. Natürlich lassen sich auch die Rücksitz lehnen getrennt umlegen, bilden dann allerdings eine Kante auf der entstandenen Ladefläche. Es gibt viele Ablagen für Flaschen und Utensilien sowie gleich zwei Handschuhfächer. Die Armaturentafel bemüht sich mit ihrer Staffelung der Bedien elemente und vielen Rundungen um einen besonders jugend lichen Auftritt, der noch unterstrichen wird, wenn man eine quer verlaufende Zierblende farbig wählt. Die drei runden Hauptin strumente stecken in weitgehend blendfreien Tuben; andere
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Anzeigen folgen dem Kreisthema. Die Anzahl von Knöpfen und Reglern ist gering; alle sind intuitiv bedien- und gut erreich- bar. Der obligatorische Bildschirm ist angenehm hoch und damit fast auf Blickhöhe angeordnet; Tom-Tom-Navigation und ein Internet-Zugang via neuem, Fiat-eigenem und nutzfreund lichem «Uconnect»-System sind gegen Aufpreis an Bord. An Assistenten, die teilweise in der Zubehörliste stehen, mangelt es ebenfalls nicht, seien es der schlüssellose Türöffner, Lichtund Regensensoren, die Auffahr-, Spurhalte- oder Toter-Winkel- Warner oder eine Einparkhilfe mit Rückfahrkamera. Die Kopfstützen hat man erwartungsgemäss rund ausgeführt, das Gestühl selbst ist relativ klein und fest gepolstert, bietet jedoch ausreichenden Seitenhalt. Für einen Crossover ungewöhnlich ist die niedrige Sitzposition, welche der einer Limousine entspricht. Allein die Bodenfreiheit von 180 Millimeter schafft beim 4x4-Modell den Ausgleich, sobald man die vergleichsweise hohen Schweller überwunden hat. Der Allradler ist natürlich teurer als die City-Version – und neben einer Dachreling ganz klar an rustikal-robusteren Stossfängern mit Unterfahrschutz oder eben der etwas angehobenen Karosserie zu erkennen. Solche Zutaten machen im Unterholz eine gute Figur.
Kurze Überhänge mit passenden Böschungswinkeln sowie der erweiterte Allradantrieb «Cross Plus» und die Automatik tun ein Übriges, davon konnten wir uns bereits überzeugen: Einfach einen Drehregler auf «Traction» schalten, Gas geben, drauf aufs Hindernis und drüber, fertig – das können die Panda-Modelle 4x4 und Cross kaum besser! Alle 500X-Allradversionen verfügen über eine automatische Entkopplung der Hinterachse, die das Auto drehmomentabhängig aktiviert, sobald kein 4x4 gebraucht wird. Das funktioniert ganz entspannt und spart Kraftstoff. Eine exklusiv im Internet angebotene, in der Schweiz auf 200 Exemplare limitierte «Opening Edition» mit aufgewerteter Ausstattung zum günstigeren Kurs dürfte bis zum Frühjahr ausverkauft sein. Doch auch ohne Spezialangebot ist das Preis-Leistungs-Verhältnis des 500X attraktiv kalkuliert, um den kompakten Crossover zahlreich unter die Leute zu bringen – mit Allrad ganz besonders hier in der Schweiz. Der erweitert einfach die Bewegungsfreiheit und dürfte deshalb auch beim Verkauf die Nase vorne haben; der Importeur rechnet gar mit einem 4x4-Anteil von rund zwei Drittel. Für den Frontantrieb sprechen dafür die geringeren Anschaffungs-, Unterhalts- und Spritkosten. Doch egal, für welche Version man sich entscheidet – ein cooleres Fiat-Modell als den 500X gibt es derzeit nicht.
TECHNISCHE DATEN FIAT 500X Konzept Kompakt-SUV in zwei Versionen – Strasse oder Offroad. Selbsttragende Karosserie, 5 Türen / Sitzplätze. «Dual-Drive»-Zahnstangenlenkung mit el. Servo, elektromechanische Parkbremse. Vorne / hinten Einzelradaufhängung McPherson (automatische Entkoppelung der Hinterachse beim 4x4-Modell), Scheibenbremsen rundum. «Drive Mode Selector» mit drei unterschiedlichen Programmen; wahlweise Front- oder Allradantrieb Motor Wassergek. Vierzyl. (Benzin oder Diesel) mit Stopp-Start-System. Basismotor 1.6 E-Torq mit 110 PS; drei weitere Triebwerke folgen im Frühling 2015
1.4 Multiair
1.6 Multijet
2.0 Multijet
Hubraum in cm3
1368
1598
1956
Bohrung x Hub in mm
72 x 84
79,5 x 80,5
83 x 90,4
Verdichtung
10 :1
16,5 :1
16,5:1
Leistung in PS (kW) @ U/min
140 (103) @ 5000
120 (88) @ 3750
140 (103) @ 4000
Max. Drehmoment in Nm @ U/min
230 @ 1750
320 @ 1750
350 @ 1750
Kraftübertragung
M6
M6
A9
Abmessungen (L/B/H) in cm
427,5/202,5/162
Radstand in cm
257
Spur vorne/hinten in cm
je 154,5
Reifen und Räder
215/55 R17 auf 8J
Tankinhalt in L
48 245 –1000
Kofferraumvolumen in L Leergewicht (ohne Fahrer) in kg
1320
1320
1495
Zulässiges Gesamtgewicht in kg
1800
1800
2025
Leistungsgewicht in kg/PS
9,4
11,0
10,7
0 – 100 km/h in Sek.
9,8
10,5
9,8
Höchstgeschwindigkeit in km/h
190
186
190
Durchschnittsverbrauch*in L/100 km
6,0
4,1
5,5
CO2-Emission in g/km
139
109
144
Energieeffizienzkategorie
D
A
C
Preis ab CHF
25 850.–
27 050.–
37 250.–
* gemessen nach NEFZ: Neuer Europäischer Fahrzyklus
014 VECTURA #13
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HIGH TECH
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016 VECTURA #13
Jaguar Land Rover, kurz JLR, der britische Automobilhersteller in indischer Hand, gibt derzeit richtig Gas. Die Geländewagen fahren von einem Absatzrekord zum nächsten, während Jaguar zum Vollsortiment-Anbieter ausgebaut wird. Neben den klassischen Katzen XK und XJ hat man ja bereits die XF-Mittelklasse etabliert, 2013 den reizvollen F-Type hinzugefügt und wird ab 2015 die Einstiegs-Limousine XE anbieten (VECTURA #12). Damit nicht genug; wenig später soll auch ein SUV namens Q-Type folgen. In Vorbereitung dieses Wachstums hat JLR kürzlich ein neues Motorenwerk eingeweiht – und arbeitet parallel an mehreren Infotainment-Systemen, die heutige Anwendungen nach kaltem Tee schmecken lassen. Eine kommende Option, die transparente Motorhaube, erlaubt im Gelände, aber auch anderswo einen spektakulären Blick auf den Untergrund und mögliche Hindernisse direkt vor den Vorderrädern: Kameras im Bug des Fahrzeugs speisen einen Projektor, der das Bild in Echtzeit auf die Motorhaube projiziert. Vorteile: mehr Übersicht, wenn es eng wird, und weniger Manövrierprobleme. Ein weiteres Extra nennt sich «virtuelle Windschutzscheibe» und stellt per Head-up-Display beispielsweise die Ideallinie auf einer Rennstrecke dar, optional mit einem anderen, animierten Fahrzeug, das die Bestzeit gefahren ist – das Auto wird zur Playsta tion für Fortgeschrittene. Natürlich lassen sich so auch Navigationshinweise darstellen, die dann perspektivisch genau auf der jeweiligen Strasse eingeblendet werden. Darüber hinaus wird bei Jaguar Land Rover an 3D-Instrumenten und einer erweiterten Gestensteuerung gearbeitet.
Die dritte Innovation heisst «InControl», geht bereits 2015 in Serie und hebt die Vernetzung von Smartphone und Auto oder zwischen mehreren Fahrzeugen auf eine neue Ebene: Dank eingebautem WLAN-Hotspot und speziell entwickelten Apps wird der Wagen zum persönlich konfigurierbaren Infocenter – er «kennt» nicht nur die nächsten freien Parkplätze oder favorisierten Restaurants, sondern auch deren Öffnungszeiten und kann beispielsweise einen Tisch buchen. Umgekehrt lässt sich das Fahrzeug per Handy auch aus der Ferne orten oder bedienen, ja sogar fernsteuern – und in sommerlicher Hitze etwa bis zu sieben Tage vor dem Losfahren abkühlen. Neue Sicherheitsanwendungen und erweiterte Sprachsteuerungsmöglichkeiten («JustDrive») runden das Paket ab. Die vierte und wichtigste Neuheit ist allerdings «das lernende Auto»: Über programmierte Algorithmen merkt es sich die Gewohnheiten seiner Benutzer – und empfängt sie mit deren zuletzt gewählten Sitzposition, Lieblings-Radiosendern oder Klimajustierung. Die Entwickler haben aber noch weiter gedacht und haben eine Verknüpfung mit Cloud-Diensten und dem elektronischen Terminkalender des Fahrers im Sinn, um zum Beispiel automatisch auf Flugverspätungen reagieren zu können oder Verabredungen an die Verkehrslage anzupassen. Selbst an das Mitnehmen von Gepäck wird erinnert, wenn die Navigation auf «Ziel Flughafen» steht und der Kofferraum vor dem Motorstart nicht geöffnet wurde. Ob man das braucht, ist eine andere Frage – demnächst soll es jedenfalls möglich sein. Einen kon kreten Einführungstermin nennt JLR zwar noch nicht. Doch man entwickelt intensiv und ist entschlossen, die künstliche AutoIntelligenz nicht dem Wettbewerb zu überlassen.
WINTER 2014 / 15 017
FAHRTERMIN
DER WEISSE RIESE WIE ZAHLREICH DER OPEL INSIGNIA AUCH HIER ZULANDE UNTERWEGS IST, MERKT MAN ERST WIRKLICH, WENN MAN SELBER MAL IN EINEM SASS. DAS FÜHLT SICH NÄMLICH RICHTIG GUT AN – GANZ BESONDERS, WENN ES WIE IN UNSEREM FALL DER NEUE COUNTRY TOURER IST Text Hubertus Hoslin · Fotos Ian G.C. White
018 VECTURA #13
WINTER 2014 / 15 019
FAHRTERMIN
U
m es gleich eingangs zu sagen: Der 4,92 Meter lange Insignia ist ein Männerauto, erst recht in der jüngsten, optisch differenzierten Allradversion. Denn obwohl die Bodenfreiheit nicht erhöht worden ist, wirkt der grösste Opel-Pw noch kerniger und maskuliner, trägt er seinen Chromkühler noch selbstbewusster zur Schau. Wenige kosmetische Massnahmen wie der angedeutete Unterfahrschutz oder die zusätzlichen Kunststoffkanten rundum – im Falle unseres hellen Testwagens bildete das dunkle Plastik einen attraktiven Kontrast – haben aus der vertrauten Erscheinung subjektiv ein fast neues Auto gemacht. Und das wirkt aus allen Perspektiven stimmig und modern. Seit Ende 2008 läuft der Omega-Nachfolger schon; im Sommer 2013 erhielt er aussen wie innen ein Facelift und wurde technisch aufgerüstet, zum Beispiel mit einem Touchpad für das neue Infotainmentsystem. Mit der anschliessend nachgereichten Modellversion im Offroad-Look soll das Kaufinteresse wach gehalten werden. Wir dürfen hier schon bemerken, dass diese Strategie von Erfolg gekrönt sein dürfte und Balsam ist für die Seelen der Opel-Verantwortlichen. Denn der Rüsselsheimer Traditionshersteller hat stra tegisch düstere Jahre hinter und noch ein paar schwierige vor sich. Opel-Mutter General Motors gewährt der Tochter jetzt endlich wieder mehr Eigenständigkeit. Ein Absatz-Boost mit dem technisch ausgereiften Country Tourer, dazu frische Produkte wie der stark nachgefragte Mokka oder ein brandneuer Corsa, führen den Blitz wieder aus dem Tal. Wir tun das ganz konkret und scheuchen den Zweiliter-Benziner dem ersten Schnee und vom Splügen kommend die kurvig-enge Nordseite des San Bernardino hoch. Das Auto nimmt es gelassen, 020 VECTURA #13
wirkt nie angestrengt oder gar erschöpft. Kein Wunder; seine 250 PS haben selbst mit 1800 Kilo Lebendgewicht leichtes Spiel. Dazu kommt eine wohldosierte, sanft agierende Automatik, die höchstens bei Lastwechseln in langsamer Geschwindigkeit oder fast leerem Fahrzeug gespürt werden kann und somit wesentlich zum Gesamtkomfort des Softroad-Insignia beiträgt. Derart viele Pferde aus zwei Liter Hubraum waren vor zehn Jahren noch eine kleine Sensation und sind nur kraft eines Turboladers möglich, der hier von einem Intercooler bei Laune gehalten wird. Die Leistungsbereitschaft eines solchen Aggregats ist mit der eines klassischen Dreiliter-Sechszylinder-Saugers vergleichbar, entfaltet sich aber ungleich linearer und ist damit besser abrufbar. Das schont auch den Verbrauch; unten in der Ebene rollte das Auto vorher bei Tempo 120 im sechsten Gang mit entspannten 2300 Touren dahin. Der Verbrauch betrug dort noch adäquate acht Liter, am Berg sind es freilich mehr; eine Gangempfehlung im Info-Display und das serienmässige Stopp-Start-System helfen sparen. Alter nativ bietet der Hersteller einen Biturbo-Diesel mit 195 PS und 400 Nm an. Auffällig ist, wie ruhig, ja leise die Landschaft am Country Tourer vorbeizieht, was nicht zuletzt mit einer guten Aerodynamik und der bestens isolierten Kabine zu tun hat. Auf oberem Klassenniveau ist auch eine Verarbeitung, die kein Knacken oder Knistern vorsieht. Die Aussenspiegel scheinen für einen Wagen dieser Grösse etwas klein geraten, doch man sieht bestens mit ihnen. Nettes Detail: In der Fahrertür gibt es einen Knopf, mit dem sich der Öffnungswinkel der elektrischen Heckklappe programmieren lässt. Übertrieben scheint uns dagegen ein zweiter Satz Rückleuchten unter
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den eigentlichen, mit der Kofferraumtür nach oben schwingenden Einheiten: Das ist eine Unart, die auch bei anderen Herstellern wie Audi zu finden ist, und wir fragen uns, ohne eine Antwort zu erwarten: Hätten es einfache Katzenaugen oder reflektierende Folien nicht auch getan? Immerhin, Ladevolumen und Rundumsicht sind hervorragend, trotz nach hinten leicht abfallendem Dach. Für Park lücken gibt es optional die Rückfahrkamera, vorne piept es. Sicherheitstechnisch sind die Zutaten bekannt: aktive Kopfstützen vorne, auskuppelnde Pedalerie, ESP, ABS mit Kurvenbremskontrolle, Kollisionswarner, Tote-Winkel-, Berganfahr- und Spurhalte
assistent, dazu Abstandstempomat, Verkehrsschilderkennung, Reifendruckkontrolle oder Kurvenlicht – ist alles verfügbar und teilweise schon an Bord. Nicht so toll finden wir, dass die hinteren Seitenairbags extra kosten, zumal an der Ausstattung nicht gespart wird: Beim Country Tourer sind Nebel- und Bi-XenonScheinwerfer, das per Knopfdruck regulierbare Flexride-Fahrwerk (Sport, Tour, Normal), die elektronische Parkbremse, Tempomat, Mittelarmlehne vorne, Multimedia-Anschlüsse, Bluetooth und Sprachsteuerung, Zweizonen-Klimaautomatik, abgedunkelte hin tere Seitenscheiben schon dabei – auch ein griffiges MultifunktionsLederlenkrad, dessen zehn Tasten sich gut bedienen lassen.
WINTER 2014 / 15 021
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022 VECTURA #13
WINTER 2014 / 15 023
FAHRTERMIN
Selbst Bildschirmnavigation ist in diesem Modell schon inklusive, stellt allerdings auch die einzige dunkle Seite des Insignia dar, weil das Systemmenu offenbar von jemandem programmiert wurde, der noch nie etwas Ähnliches benutzt hat. Zu allem Überfluss stürzte unsere Routenführung noch ab und liess sich erst nach einem Reset wieder zur Routenführung überreden. Ansonsten gibt es nichts zu beanstanden, schon gar nicht an den Platzverhältnissen: Die sind in beiden Reihen mehr als üppig – ja fürstlich. Der Kofferraum ist bereits bei stehenden Rücksitzlehnen enorm, und wenn die umklappen, eröffnen sich völlig neue Möglichkeiten. Da folgt der Insignia der hauseigenen Caravan-Tradition, und die war immer schon legendär. Zur Verfügung stehen zudem diverse Ablagen für Utensilien. Bestens auch die Ergonomie mit zweiachsig verstellbarer Lenksäule und durchdachtem BedienArrangement. Die Instrumente sind teils analog, teils digital aus geführt – eine originelle Kombination, die sicher auch den Herstellungskosten geschuldet ist, ohne dabei billig zu wirken. Ein grosses Plus des Autos sind – seine Sitze. Die bieten nicht nur eine Neigungsverstellung der Kopfstützen oder justierbare Knieauflagen, sondern fühlen sich auch perfekt orthopädisch an und sind wahlweise elektrisch. Längere Strecken sind so überhaupt kein Problem für Rücken und Wohlbefinden, auch nicht im Kurvengeschlängel des Berges. Die Passhöhe ist bald erreicht und bietet traumhafte Ausblicke. Auf dem Weg dorthin ist uns nicht zuletzt die passend untersetzte Lenkung positiv aufgefallen. Sehr angenehm ist die anscheinend nie abreissende Traktion des Country Tourer. Opel spricht von «intelligentem 4x4-Allradantrieb», und das ist nicht übertrieben: Das adaptive Haldex-System arbeitet voll automatisch; dank elektronischem Sperrdifferential muss sich der Fahrer um nichts kümmern. Auch auf der anschliessenden Talfahrt kann der Fünftürer mit Spurstabilität und Fading-freien Bremsen überzeugen. Fazit: Der Country Tourer ist ein solide gemachtes Auto für alle Gelegenheiten, dabei angenehm normal und doch raffiniert. In einigen Details wie dem angesprochenen Infotainmentsystem kann die Baureihe ihre Jahre zwar nicht ganz verleugnen, doch der Hersteller hat zeitnah ein Update in Aussicht gestellt, was wir erfreut zur Kenntnis nehmen. Unabhängig davon beweist der grosse Fünftürer, wie angenehm sich die Marke Opel immer noch anfühlen kann. Das geht bis zum Trennungsschmerz und dem leichten Stich der Erinnerung daran, wenn wir da draussen wieder einem dieser gepfeilten Raumkreuzer begegnen. Also praktisch täglich. 024 VECTURA #13
TECHNISCHE DATEN OPEL INSIGNIA COUNTRY TOURER 2.0T Konzept Allrad-Kombi im Offroad-Look. 5 Türen/Sitze, selbsttragende Karosserie, Zahnstangenlenkung mit Servo, Fahrwerk vorne Dreieckquerlenker, hinten Mehrlenkerachse. Scheibenbremsen rundum (belüftet), permanenter Allradantrieb, Anhängelast 1800 kg Motor Alu-Zylinderkopf und -Block, 4 Ventile/Zyl., 2 oben liegende Nockenwellen (Kette/VVT), 5fach gelagerte Kurbelwelle, Benzindirekteinspritzung, 1 Turbo, Ladeluftkühler, Stopp-Start-System Hubraum in cm3
1998
Bohrung x Hub in mm
86 x 86
Verdichtung
9,5:1
Leistung in PS (kW) @ U/min
250 (184) @ 5300
Max. Drehmoment in Nm @ U/min
400 @ 2500–4000
Kraftübertragung
A6
Abmessungen (L/B/H) in cm
491,5/186/152
Radstand in cm
273,5
Spur vorne/hinten in cm
158,5/159
Reifen und Räder
235 /50 R18 auf 8J
Tankinhalt in L
70
Kofferraumvolumen in L
500 – 1530
Leergewicht (ohne Fahrer) in kg
1800
Zulässiges Gesamtgewicht in kg
2250
Leistungsgewicht in kg/PS
7,2
0 – 100 km/h in Sek.
8,9
Höchstgeschwindigkeit in km/h
230
Durchschnittsverbrauch* in L/100 km
8,5
CO2-Emission in g/km
199
Energieeffizienzkategorie
F
Preis ab CHF
56 950.–
* gemessen nach NEFZ: Neuer Europäischer Fahrzyklus
spürbar direkter Wie bei jedem unserer Fahrzeuge stehen auch beim Volvo XC60 der Mensch und seine Bedürfnisse im Mittelpunkt. Sein Four-C Fahrwerk und die Corner Traction Control (eine elektronische Differenzialsperre) geben Ihnen maximale Kontrolle über das Fahrzeug und dynamische Beschleunigung. Und ganz egal, welche Strecke sich Ihnen in den Weg stellt, mit dem Allradantrieb kommen Sie an jedes Ziel. CORNER TRACTION CONTROL FOUR-C FAHRWERK ALLRADANTRIEB LEASING SCHON AB
CHF 299.–/MONAT W W W.VOLVOCARS.CH
SWISS PREMIUM 10 JAHRE/150 000 KM GRATIS-SERVICE 5 JAHRE VOLL-GARANTIE
Leasing Volvo Car Financial Services (BANK-now AG): Volvo XC60 D3 Start/Stopp Kinetic 136 PS/100 kW. Katalogpreis CHF 47‘650.– abzüglich Sonderbonus CHF 1‘900.– ergibt einen Verkaufs preis von CHF 45‘750.–. Monatsrate CHF 299.–, 1. grosse Leasingrate CHF 15‘098.–, Laufzeit 48 Monate, 10 000 km/Jahr. Zins nominal 3,9 %, Zins effektiv 3,98 %. Restwert gemäss Richtlinien von Volvo Car Financial Services (BANK-now AG). Obligatorische Vollkaskoversicherung nicht inbegriffen. Die Kreditvergabe ist verboten, falls sie zur Überschuldung des Konsumenten führt (Art. 3 UWG). Angebot gültig bis auf Widerruf. Treibstoff-Normverbrauch gesamt (nach Richtlinie 1999/100/EU): 5,3 l/100 km. CO 2 -Emissionen: 139 g/km (148 g/km: Durchschnitt aller verkauften Neuwagen-Modelle). Energieeffizienz-Kategorie: C. Volvo Swiss Premium ® Gratis-Service bis 10 Jahre/150 000 Kilometer, Werksgarantie bis 5 Jahre/150 000 Kilometer und Verschleissreparaturen bis 3 Jahre/150 000 Kilometer (es gilt das zuerst Erreichte). Nur bei teilnehmenden Vertretern. Abgebildetes Modell enthält ggf. Optionen gegen Aufpreis.
SHOWROOM
WENN DER KOMBI KREUZT KLASSISCHE FÜNFTÜRER MIT ALLRADANTRIEB UND OFFROADOPTIK – DAS IST EINE INTERESSANTE CROSSOVER-MISCHUNG, DIE IMMER MEHR ABNEHMER FINDET. WIR ZEIGEN DIE SIEBEN AKTUELL ATTRAKTIVSTEN MODELLE Text Stefan Lüscher· Fotos Werk
Establishment: Audi A6 Allroad Bei den Crossover-Kombis gehörte er ab 1999 zu den Pionieren. 2012 kam dann die dritte Allroad-Generation mit 4,94 m Länge sowie 565 bis 1680 L Ladevolumen. Ende 2014 wurde die Baureihe überarbeitet: Man hat Grill und Scheinwerfer behutsam nachgeschärft, optional sind LED mit oder ohne Matrixtechnik lieferbar. Kräftiger und gleichzeitig sparsamer wurden die im Allroad Quattro verbauten 3-L-V6-Motoren. Der TFSI-Direkteinspritzer-Benziner leistet 333 PS/440 Nm. Bei den Turbodiesel-Aggregaten stehen Leistungsstufen mit 272 PS/580 Nm (ab CHF 79 950.–) und das Schweizer Lieblingsmodell mit 320 PS/650 Nm zur Wahl. Weitere Allroad-Modelle basieren auf dem A4 Avant; sie gibt es mit 150 bis 245 PS und ab CHF 52 550.–. www.audi.ch
Quereinsteiger: Peugeot 508 RXH Der 2012 eingeführte und 2014 retouchierte, 4,82 m lange RXH ist mehr als ein höher gelegter Familienkombi: Die Franzosen haben ihm gleichzeitig ein sehr spezielles Vollhybrid-System spendiert. Der Antrieb besteht aus einem 2-L-Turbo diesel mit 163 PS/300 Nm, der die Vorderräder antreibt. Ergänzt wird er durch einen 27 kW starken E-Motor an der Hinterachse. Ergebnis: eine Systemleistung von 200 PS, viel Traktion und ein Normverbrauch von vier Liter – realistisch sind also knapp 6 L, und das ist sehr gut. Bei Bedarf kann der 508 RXH ein paar Kilometer rein elektrisch fahren; die Kofferraumeinschränkung (400 –1360 L; Standard sind 560 bis 1600 L) hält sich in Grenzen. Ab CHF 57 900.–. www.peugeot.ch
Preisbrecher: Seat Leon ST X-Perience Der formschöne und mit seinen 4,55 Meter Länge immer noch kompakt geratene Spanier ist ganz neu und trotz Konzernbaukasten sehr eigenständig geraten: Über 25 Millimeter mehr Bodenfreiheit, die Rundum-Kunststoffbeplankung, der angedeutete Unterbodenschutz oder grössere Lufteinlässe sorgen für ein er frischendes Äusseres. Innen machen braune Alcantara-Sitzbezüge, orange Ziernähte oder das Offroad-Menü mit Kompass und Lenkwinkelangabe den feinen Unterschied. In den Laderaum passen 585 bis 1470 L. Den serienmässigen Allradantrieb gibt es mit 1.8-TSI-Benziner (180 PS /280 Nm) und Doppelkupplungsgetriebe oder mit einem von drei drehmomentstärkeren Turbodieseln, die 110 bis 184 PS leisten. Die Preise starten bei starken CHF 35 750.–. www.seat.ch
026 VECTURA #13
Bestseller: Skoda Octavia Scout Er ist der beliebteste Kombi der Schweiz – und auch mit Allrad längst ein Klassiker. Die dritte, 4,68 m lange Scout-Generation basiert auf der Technik des VW Golf VII und kommt branchenüblich mit Kotflügelverbreiterungen, Front- und Heckschürze, abgesetztem Unterfahrschutz und einer um drei auf 17 Zentimeter erhöhten Bodenfreiheit daher. Der Scout wird ausschliesslich mit 4x4-Antrieb geliefert; mit dabei ist ein Outdoor-Paket mit speziellen Plastikabdeckungen, um Motorunterseite sowie Brems- und Kraftstoffleitungen zu schützen. Der Laderaum schluckt 610 bis 1740 Liter. Die Motoren entsprechen weitgehend dem Seat X-Perience, welcher ja auf dem Skoda basiert: TDI-Aggregate mit 150 oder 184 PS/320 bzw. 380 Nm sowie ein TSI mit 180 PS/250 Nm. Ab CHF 39 450 geht es los. www.skoda.ch
Neuvorstellung: Subaru Outback Die auch bei uns populäre japanische Allradmarke setzte bereits früh auf OffroadKombis; der erste Outback auf Legacy-Basis erschien 1996 und war Vorreiter. Eine fünfte, komplett neue, 4,82 Meter lange, 1,84 m breite und 1,68 m hohe Generation kommt Ende März mit mehr Platz sowie weiterentwickeltem Allradantrieb; es bleibt bei Vierzylinderboxern mit nun ca. 160 und 175 PS. Dazu gibt es serienmässig (!) das Duplexkamera-System «Eye Sight»: Es vereint adaptiven Tempomaten, Notbremsfunktion sowie Spurhalteassistenten und hilft dem Fahrer, ohne ihn zu entmündigen. Weitere Features: Querverkehr-Warner oder Nebel-Sensoren. In den USA hat der neue Outback bereits den wichtigen «Top Safety Pick» des IIHS (Insurance Institute for Highway Safety) gewonnen. Ab ca. 38 500 Franken. www.subaru.ch
Schwedenstahl: Volvo XC70 Seit den späten 1990ern setzen auch die Göteborger auf Allradantrieb – mit Erfolg. Neben SUV-Modellen erfreut sich vor allem der solide, 4,82 m lange XC70 grosser Popularität. Vorteil Box-Design: Der Kofferraum (575–1600 L) ist optimal nutzbar. Der gegenüber dem Standard-Fünftürer um sechs Zentimeter höher gelegte XC (Bodenfreiheit: satte 21 cm) lädt in Verbindung mit permanentem Allradantrieb und entsprechender Bereifung zu unbeschwerten Geländeausflügen ein. Zur Wahl stehen aktuell zwei Turbodiesel (181/215 PS) sowie ein 3-L-V6-Turbobenziner mit 304 PS; die Preise starten bei CHF 59 600.–. Wer nur die hohe Sitzposition und den rustikalen Auftritt sucht, kann den XC70 auch als FWD (163–245 PS) ab CHF 54 600.– haben. www.volvocars.ch
Upgrade: VW Golf Alltrack Erinnern Sie sich an den Golf Country von 1990? Er war weit gedacht, kam damals aber einfach zu früh. Heute ist Golfen und 4x4 total normal; im zweiten Quartal 2015 wird nun die Neuauflage des Golf Alltrack erwartet. Wie der nächste Passat Alltrack (ab Herbst) verfügt das 4,56 Meter lange Auto über mehr Bodenfreiheit (plus 2 auf 15 cm), einen elektronisch gesteuerten Allradantrieb (inkl. Berganfahrhilfe) und eine leicht differenzierte Optik. Synchron zum Golf Variant fasst der Laderaum 605 bis 1620 Liter. Bei den Antrieben sieht VW vier Triebwerke vor – den 1.8 TSI mit 180 PS und drei Turbodiesel (1,6 bzw. 2 Liter Hubraum) mit 110, 150 oder 184 PS. Je nach Motorisierung kommen DSG-Getriebe zum Einsatz und natürlich lässt sich auch dieser Volkswagen mit allerhand Extras aufrüsten. Ab CHF 38 910.–. www.volkswagen.ch
WINTER 2014 / 15 027
WINTERSCHLAF
RUBRIKEN
GESCHLOSSENE GESELLSCHAFT DER FOTOGRAF UND «CURVES»-ERFINDER STEFAN BOGNER (WWW.CURVES-MAGAZIN.COM) IST VECTURA-LESERN EIN BEGRIFF. WAS MAN NOCH NICHT KENNT, SIND DIE AUFNAHMEN VERSCHNEITER PÄSSE, DIE BISHER UNVERÖFFENTLICHT BLIEBEN. DIESE «SLEEPING BEAUTIES», WIE BOGNER SIE NENNT, SIND JETZT BEI UNS ERSTMALS ZU SEHEN
Friedliche Ruh: obere Südseite des Stilfser Joch von Bormio kommend
WINTER 2014 / 15 029
Nochmal Stilfser Joch: Blick von der Passhรถhe Richtung Trafoi
030 VECTURA #13
WINTERSCHLAF
SEIT 1990 VERSUCHT SICH LEXUS IN EUROPA ZU ETABLIEREN. BISHER LAG DER ERFOLG UNTER DEN ERWARTUNGEN, DOCH DAS KÖNNTE SICH NUN ÄNDERN. MIT DEM FUTURISTISCHEN, DANK VOLL-HYBRIDANTRIEB TRENDIGEN SUV NX HAT DIE EDELMARKE VON TOYOTA BESONDERS GUTE CHANCEN, ENDLICH DEN DURCHBRUCH ZU SCHAFFEN Text Stefan Lüscher Fotos Werk
032 VECTURA #13
JETZT ODER NIE
FAHRTERMIN
N
ormalerweise blicken einem Passanten ja nur dann neidvoll hinterher, wenn man in exotischen Sportwagen oder Luxuslimousinen unterwegs ist. Jetzt kann einem das auch in einem Midsize-SUV passieren, wie wir kürzlich im komplett neuen Lexus NX 300h «erfahren» haben. Am Anfang dieser komplett neuen Baureihe standen kantigkühne Designentwürfe; im Herbst 2013 wurde dann ein CrossoverEntwurf namens LF-NX Concept präsentiert, dessen überzeichnetes Klingonen-Design, nun ja, stark polarisierte. Inzwischen ist das Produktionsmodell auch in der Schweiz angekommen, und während Serienautos oft fader wirken als jene Appetizer, die ihnen vorausgehen, ist es diesmal genau umgekehrt: Die Handelsausgabe sieht wesentlich besser, sogar richtig attraktiv aus – und wirkt in natura auch harmonischer als auf gedruckten Fotos. Bei diesem SUV stimmt jedes optische Detail, wenn man das Gegenteil von langweilig gesucht hat. Laut Lexus soll die Karosserie urbanen Lifestyle verkörpern; das Futuristische, Science-Fiction-Artige der Studie ist ihr aber auch geblieben: Sie könnte ohne Änderungen in einem futuristischen EndzeitBlockbuster mitspielen – als passendes Vehikel eines Actionhelden, der die Welt retten muss. Uns normalen Fahrern verleiht das Auto mindestens ein cooles Gefühl.
Toyota-Tochter Lexus sieht sich in Europa nach wie vor in der Rolle des Herausforderers, da will man entschlossener ans Werk, offensiver, so wie die Opposition in der Politik. Das erklärt den aggressiven Look wohl am besten. Tatsächlich soll der markante NX – der Schweizer Sänger Seven zählt zu den Markenbot schaftern – nicht weniger als 70 Prozent Neukunden erobern und in ganz Europa das neue Zugpferd der Luxusmarke werden. Nach vielversprechenden Publikums-Tests gibt man sich beim Importeur auch optimistisch, die Vorgaben erreichen zu können und der Marke einen deutlichen Zuwachs zu bescheren, wie Lexus-Schweiz-Direktor Christian Wellauer bestätigt. Mit dem 4,63 Meter langen Edel-SUV begeben sich die Japaner in ein wachsendes, mit Audi Q5, BMW X3, Mercedes GLK oder Volvo XC60 aber auch hochkarätig besetztes Segment. Um vor solchen Rivalen zu bestehen, hat Lexus dem NX einige Spezialitäten mit auf den Weg gegeben. Zur stimmigen Erscheinung mit ihrem auf den ersten Blick überdimensionierten Kühlergrill gesellen sich rundum LED-Leuchten, die vor allem nachts unverwechselbar sind. Aber auch technisch hebt sich der NX deutlich ab: Aktuell ist nur die ökologisch korrekte wie mondäne Vollhybrid-2,5-LiterVariante 300h zu haben, während solche Antriebe bei anderen Herstellern mehr oder weniger Feigenblatt-Charakter haben.
WINTER 2014 / 15 033
FAHRTERMIN
Wem das nicht genügt, dem steht optional eine stilistisch noch prägnantere, mindestens 72 000 Franken teure Modellversion namens F-Sport zur Wahl (Waben-Kühlergrill, Karbonlook-Anbauteile, strafferes Fahrwerk, kontrastiertes Interieur).
bedarfsweisen Lenkkorrekturen und piepst dabei) und die Vogelperspektive einer 360°-Kamera hilfreiche Dienste. Nicht ganz mithalten kann die etwas antiquierte Navigationsgrafik, da gibt es inzwischen wesentlich raffiniertere Systeme.
Steigen wir mal ein: Neue Sitze mit dreistufiger Belüftungsfunktion sorgen für besten Komfort und schmiegen sich wie ein Massanzug um die Passagiere. Eine positive Überraschung sind auch die üppigen Platzverhältnisse, insbesondere im Fond, wo man überdurchschnittliche Bein- und ebenso gut bemessene Kopffreiheit geniesst. Die Rückenlehnen dort lassen sich für entspanntes Reisen weit nach hinten legen, sofern man den Kofferraum nicht randvoll gepackt hat. Da dieser aber über einen doppelten Boden verfügt und mit 555 Liter grosszügig dimensioniert ist, dürfte das nur selten der Fall sein. Falls es mal nicht reichen und die Lade zone erweitert werden sollte, lassen sich die Rücksitzlehnen von drei Orten fernentriegeln, optional sogar elektrisch.
Auch der Antrieb reicht nicht ganz an die äusserliche Dynamik des NX 300h heran. Zwar wird die Vollhybrid-Antriebseinheit durch zwei vorne und hinten positionierte Elektromotoren (143 und 68 PS) unterstützt, welche den NX 300h auch ohne Zwischengetriebe und Kardanwelle zum vollwertigen Allradler machen (in der Basis gibt es den NX auch mit reinem Frontantrieb, was in der Schweiz aber fast niemand will). Und mit den platzsparend verstauten Batterien kann das Auto auch rund drei Kilometer rein elektrisch fahren. Wer jedoch ein bisschen flotter beschleunigen will, aktiviert sofort den Benziner, dem dann unter Volllast via stufenlosen ECVT-Wandler zumindest im Automatikmodus monoton hohe Drehzahlen entlockt werden. 0 auf 100 Stundenkilometer dauern trotzdem 9,3 Sekunden, die Top Speed liegt bei 180 km/h. Das ist zwar in den allermeisten Fällen völlig ausreichend, entspricht aber nicht gerade der verheissungsvollen Erscheinung dieses Wagens.
Das ist natürlich nicht alles; gegen Aufpreis wird auch ein adap tives Fahrwerk mit verschiedenen Fahrmodi oder eine Vielzahl moderner Assistenzsysteme angeboten. Und dank integriertem WLAN-Hotspot kann der NX 300h auch Internet. Ein besonderer Clou ist die rutschfeste Induktionsplatte in der Mittelablage, auf der ein Smartphone ohne Kabelverbindung aufgeladen werden kann. Zu den weiteren Highlights zählen ein raffiniertes Schliessund Innenbeleuchtungssystem mit Berührungssensoren, ein neuartiges Touch-Pad für die Bedienung aller Multimediasysteme oder ein Head-up-Display. Nicht zu übersehen sind auch die präzise Verarbeitung sowie die Wertigkeit der verwendeten Materialien. Die Cockpit-Architektur selbst strahlt viel Selbstbewusstsein aus; tatsächlich lassen sich die vielen Features intuitiv bedienen. Beim Rangieren leisten Spurhalteassistent (er unterstützt den Fahrer mit 034 VECTURA #13
Andere Premium-Anbieter kontern da mit einem deutlich breiter gefächerten und potenteren Leistungsangebot. Lexus legt deshalb im Februar nach – mit einem komplett neuen ZweiliterBenzindirekteinspritzer, der rund 240 PS und 350 Nm leisten und das erste Turboaggregat von Lexus sein wird. Das Triebwerk arbeitet teilweise im Atkinson-Zyklus und verfügt als Weltneuheit über einen wassergekühlten Zylinderkopf für ein besseres Abgasverhalten. Kombiniert wird der Motor mit einem ebenfalls neuen Sechsstufenautomaten und Allradantrieb, doch gemäss SchweizChef Wellauer dürfte diese Konfiguration hierzulande nur eine Nebenrolle spielen.
WINTER 2014 / 15 035
FAHRTERMIN
TECHNISCHE DATEN LEXUS NX 300H AWD Konzept Luxus-SUV mit 5 Türen/Sitzplätzen und Stahlkarosse, Zahnstangenlenkung mit el. Servo, Fahrwerk vorne McPherson, hinten Längsund Querlenker, Scheibenbremsen rundum (belüftet). Stufenloses ECVTGetriebe mit zwei Planetenradsätzen. Seriell-paralleler Vollhybrid mit elektronischem Allradantrieb ohne mechanische Verbindung (Benzinmotor vorne, E-Motor hinten) Motor Code 2AR-FXE. Vorne quer eingebauter Vierzylinder-Benziner nach dem Atkinson-Prinzip, Alu-Zylinderkopf und -Block, 2 oben liegende Nockenwellen (Kette), 4 Ventile/Zyl. (Dual-VVT-i), 5fach gelagerte Kurbelwelle, Direkteinspritzung, Stopp-Start
Als schlagendes Vollhybrid-Argument führt man natürlich den Verbrauch an – es soll der niedrigste in diesem Segment sein. Bei uns zeigte der Bordcomputer 7,4 L auf 100 Kilometer an, was bei einem Fahrzeuggewicht von knapp 1,9 Tonnen ein guter Wert ist. Beste Noten verdient sich der NX 300h beim Abroll- und Federkomfort, der auch lange Strecke zum Klacks werden lässt, wie auch der angenehm leichtgängigen, trotzdem gefühlvollen Servolenkung und dem optimal gedämpften Innengeräusch. Abgesehen davon knarzt es auch nirgendwo: Zu den Entwicklungszielen gehörte eine besonders steife Struktur, was teilweise mit speziellen Klebetechniken erreicht wurde. Entsprechend top sind Crash-Rating, Geradeauslauf und Kurvenverhalten; auch die Bremsen verzögern sehr verlässlich. Ist der neue NX also wirklich der grosse Hoffnungsträger? Wir trauen ihm diese Rolle zu, obwohl er bezüglich Preisgestaltung ziemlich elitär positioniert ist. Vier Ausstattungsniveaus und die beiden Spezialversionen F-Sport und Excellence buhlen um Zuneigung. Der neue Lexus ist in jedem Fall ein Gesicht in der SUV-Suppe, die ja heute überall gekocht wird. Eine gewisse Würze kann da nicht schaden – unser Daumen zeigt also klar nach oben.
Hubraum in cm3
2494
Bohrung x Hub in mm
90,0 x 98,0
Verdichtung
12,5:1
Leistung in PS (kW) @ U/min
155 (114) @ 5700
Max. Drehmoment in Nm @ U/min
210 Nm @ 4200–4400
Leistung E-Motor vorne in kW
105
Leistung E-Motor hinten in kW
50
Systemleistung in kW (PS)
145 (197)
Kraftübertragung
ECVT
Abmessungen (L/B/H) in cm
463/185/165
Radstand in cm
266
Spur vorne/hinten in cm
157/158
Reifen und Räder
225/65 R17 auf 7J
Tankinhalt in L
56
Kofferraumvolumen in L
555–1600
Leergewicht (ohne Fahrer) in kg
ab 1860 kg
Zulässiges Gesamtgewicht in kg
2395
Leistungsgewicht in kg/PS
12,2
0 – 100 km/h in Sek.
9,2
Höchstgeschwindigkeit in km/h
180
Durchschnittsverbrauch* in L/100 km
5,2
CO2-Emission in g/km
117
Energieeffizienzkategorie
A
Preis ab CHF
56 900.– (**52 800.–)
* gemessen nach NEFZ: Neuer Europäischer Fahrzyklus ** mit Frontantrieb
036 VECTURA #13
DER NEUE JAGUAR XE. DIE INNOVATIVE ZUKUNFT DER PREMIUM-MITTELKLASSE. Aufregendes Design. Begeisternde Dynamik. Richtungsweisende Technologien. Der Jaguar XE wird Sportlichkeit im Segment der Mittelklasse neu definieren. Gehören Sie zu den Ersten, die regelmässig News über die revolutionäre PremiumSportlimousine der Zukunft erhalten.
XE-CIRCLE.CH
Knallroter Zweimaster: «Steinlager 2» von Peter Blake gewinnt 1989/90 sämtliche Etappen – das hat vor- und nachher niemand mehr geschafft
LEGENDEN SEGELN LÄNGER DIE OFFSHORE-VETERANEN DES EHEMALIGEN WHITBREAD-RENNENS VERKÖRPERN JEWEILS DIE SPITZE DAMALIGER YACHTINGTECHNOLOGIE – MIT DEN HEUTIGEN LEICHTBAU-RENNMASCHINEN SIND SIE KAUM ZU VERGLEICHEN. ANDERES HAT SICH DAGEGEN NIE GEÄNDERT – DER SPIRIT UND TEAMGEIST JENER MENSCHEN ETWA, DIE DEN KAMPF MIT NATURGEWALTEN AUF SICH NEHMEN. EIN BLICK ZURÜCK AUF DIE BEWEGTE GESCHICHTE DER BERÜHMTESTEN CREW-REGATTA DER WELT Text Stefan Detjen, www.wave-mag.ch · Fotos Daniel Forster, Jonathan Eastland/Ajax News Photos/DPPI/Seasee.com
038 VECTURA #13
HISTORIE
P
ortsmouth, 8. September 1973. Im Hafen liegen 17 Yachten mit 167 Teilnehmern aus sieben Nationen – und bilden das Feld des ersten «Whitbread Around the World Race». Francis Chicester und Robin Knox Johnston haben ein paar Jahre zuvor gezeigt, wie man Einhand um die Welt kommt. Guy Pearce und Anthony Churchill, zwei britische Yachties, kam dann die Idee einer Crew-Regatta um die Welt auf der Clipperroute. 1971 kontaktierten sie die Royal Naval Sailing Association bezüglich der Organisation und so traf man sich in einem verrauchten Pub in Portsmouth mit Colonel Bill Whitbread, Spross einer Brauereifirma, und Admiral Otto Steiner von der RNSA. Ein paar Bierchen später war das Konzept verabschiedet und der Sponsor stand auch gleich fest. Nach zwei Jahren Vorbereitung ist es dann so weit, ist das Rennen tatsächlich startklar: Die Regatta geht über 30 000 Meilen in vier Etappen von Europa rund um Afrika über den Südpazifik nach Südamerika und wieder zurück nach England. Jedes Teilstück wird nach Punkten einzeln gewertet, wobei die gesegelte Zeit in eine berechnete Zeit umgewandelt wird, um die unterschiedlichsten Yachttypen und -grössen miteinander vergleichen zu können. Die Boote zwischen 32 und 80 Fuss Länge haben 150 Pfund Start geld bezahlt und es präsentiert sich eine sehr unterschiedliche Flotte, die eher einer bunten Mittelmeer-Cruiserschar als einer wettkampfmässigen Regattatruppe gleicht. So gegensätzlich wie die Yachten sind auch die Skipper und die Crews. Der schneidige Marineoffizier Éric Tabarly ist nicht nur in seiner Heimat Frankreich eine bekannte Segelgrösse und geht mit seiner «Pen Duick VI» an den Start. Militärisch streng geht es auf der «Great Britain II» zu – kein Wunder, ihr Skipper Chay Blyth ist Sergeant der British Army! Er hat bereits den Atlantik im Ruderboot überquert und die Welt von Ost nach West ohne Zwischenstopp als Einhandsegler umrundet. Seine Crew besteht aus der «Red Berets»-Fallschirmeinheit, und die ist zwar topfit, kann aber nur geringe Seglererfahrung vorweisen. Neben den eigens gebauten 70-Fuss-Ketchen von Tabarly und Blyth liegt auch ein Oldtimer vor Anker: Die «Peter von Danzig» hat bereits knapp vier Jahrzehnte auf dem Buckel. Gesegelt wird sie von Mitgliedern des Akademischen Segler-Vereins Kiel, die das Abenteuer mit einem Budget von umgerechnet 25 000 Euro in Angriff nehmen und über eine Tonne Proviant gebunkert haben, davon 200 Kilo eingemachte Kartoffeln und 75 Kilo Zucker. Beim Einkaufen werden sie von der 65-Fuss-Swan «Sayula II» des mexikanischen WaschmaschinenMillionärs Ramón Carlin locker übertroffen. Auf seiner NautorYacht befindet sich sogar ein Tiefkühlschrank; dazu kommt ein Chefkoch, der für die kulinarische Abwechslung von Familie und Crew sorgt. Auch der Weinkeller ist gut bestückt; Carlin wird nach der Ankunft Inventar machen: Der Verbrauch beläuft sich auf durchschnittlich sechs Flaschen pro Tag und das Schiff war insgesamt 152 Tage unterwegs … Da geht es bei einem weiteren englischen Team ganz anders zu: Skipper Roddy Ainslie, Vater von Olympiasieger Ben Ainslie, lehnt die 1500 Guinness-Dosenbier seines Sponsors dankend ab, da zu viel Ballast. Das Murren seiner zwölf Gastsegler, die pro Kopf 4000 Pfund für das Abenteuer auf der «Second Life» bezahlt haben, stimmt ihn nur wenig um. Nur eine kleine Ration kommt mit an Bord, der Rest soll nach Cape Town verschifft werden. Roddy will sich wohl zuerst ein genaues Bild über die Trinkfestigkeit seiner Crew machen. Noch gewichtssensibler und alkoholfeindlicher
gibt sich sein Landsmann Blyth: Er will ein «dry boat» kommandie ren – kein Alkohol und nur Trockennahrung zum Aufgiessen. Anscheinend bewährt sich dieses Konzept jedoch nicht, denn bereits auf der zweiten Etappe führt Blyth die Happy Hour ein, wo man wahlweise zwei Bier oder zwei hochprozentige Shots ordern kann. Moral und Gruppenkommunikation stiegen daraufhin nach seinen eigenen Aussagen beachtlich an. Weitaus andere «Ballastprobleme» plagen Tabarly: Der UraniumKiel (!) seines Bootes ist der Rennleitung sehr suspekt, erst kurz vor dem Starttag erhält der Franzose grünes Licht. Leider wird es dann weiter oben Probleme geben: Die «Pen Duick VI» ist das erste Whitbread-Schiff mit Mastbruch. Die bis dahin klar in Führung liegende Yacht nimmt daraufhin unter Notrigg Kurs auf Rio de Janeiro. In der Zwischenzeit wird in der Schweiz bereits ein neuer Titanium-Mast gefertigt, der mit einem französischen KC-135Armeetransportflugzeug nach Brasilien geschafft werden soll. Leider ist der 82-Fuss-Mast länger als der Laderaum und deshalb wird so lange gekürzt, bis sich die Luke schliessen lässt. Trotz diesem Reparaturstopp kommt die «Pen Duick VI» dann zwei Tage vor dem Start zur zweiten Etappe in Cape Town an – mit einer neuen Rekordzeit für diese Strecke. Doch die nächste Etappe hat es in sich. Im Indischen Ozean beuteln Stürme die Flotte und fordern ihren grausamen Tribut: Paul Waterhouse von der «Tauranga» und Dominique Guilet von der «Export 33» gehen über Bord und können nicht mehr gerettet werden. Die 65 Fuss grosse «Sayula II» wird flach aufs Wasser gelegt; fast die gesamte Crew verletzt sich dabei. Éric Tabarly spielt auf dieser harten Strecke sein Können voll aus und setzt ein markantes Etmal von 305 Meilen. Er kommt zuerst in Sydney an, aber es ist «Sayula II», die sich nach berechneter Zeit den Etappensieg holt. Mit jeder einlaufenden Yacht wird die Schadensliste länger: «Great Britain II» hat den Besanmast verloren, der polnischen «Otago» mit ihrer Crew von Werftarbeitern aus Gdansk fehlt die Topsektion des Besanmastes, die englische «Adventure» schafft es trotz Ruderproblemen ins Ziel. Mit frischem Mut gehen die verbliebenen 15 Yachten dann an die Startlinie zur dritten Teilstrecke Cape Town–Sydney. Bei der britischen «Adventure» haben Skipper und Crew gewechselt, denn das von der Navy gesponserte Abenteuer läuft unter dem Motto «Überlebenstraining». Ergo sollen möglichst viele Leute die Möglichkeit bekommen, Kopf und Kragen zu riskieren… Tabarly wird weiterhin vom Pech verfolgt: Am 30. Dezember, nur zwei Tage nach dem Start, verliert er zum zweiten Mal den Hauptmast und gibt auf. Vom Schicksal verfolgt ist auch «Great Britain II»: Besatzungsmitglied Bernie Hocking war bereits Anfang der ersten Etappe bei einem nächtlichen Squall über Bord gegangen, konnte damals aber rechtzeitig gerettet werden. Im Südozean bläst es jedoch mit Windstärke 5, als es wieder Mann-über-Bord-Alarm gibt. Doch trotz zweistündiger Suche im aufgewühlten Meer bleibt Hocking diesmal verschwunden. Die kampfmässig trainierte Militärcrew um Blyth trägt den Schock gefasst – und segelt noch härter. Dann liegt der «Everest» der Segelprüfung vor der Regattatruppe: Bis 1974 lässt sich die Zahl der Fahrtensegler, die Cape Horn umrundet haben, an zwei Händen abzählen. Doch mit dieser ersten «Whitbread» verdoppelt sich ihre Anzahl schlagartig. Beim Kap wartet das Antarktispatrouillenschiff «HMS Endurance», um die Sicherheit der Teilnehmer zu gewährleisten. Manche Crews freut das, andere sehen darin eine Warmduscher-Massnahme. WINTER 2014 / 15 039
in Southampton. Dominiert wird das Rennen von «Flyer», entworfen von Sparkman & Stephens und zum Sieg geführt von Skipper Cornelius van Rietschoten aus den Niederlanden. Prompt bekommt er seinen Spitznamen verpasst: the Flying Dutchman – der Fliegende Holländer. Der Schweizer Pierre Fehlmann bringt mit der «Disque d’Or» zum ersten Mal eine eidgenössische Yacht an den Start und begründet damit die Tradition des helvetischen Hochseesegelns. Vier Jahre später, am 8. August 1981, legen bereits fast doppelt so viele Boote in Southampton zur Whitbread 1981/82 ab. Auf allen vier Etappen siegt die «Flyer II», eine von German Frers entworfene MaxiYacht, nach gesegelter Zeit. Beeindruckend ist der neuerliche Erfolg von Cornelius van Rietschoten am Ende der Regatta, denn er holt alle Preise, sowohl nach gesegelter als auch nach gewerteter Zeit.
Fashion 1977: Peter Blake und sein Team auf «Heath’s Condor»
Auch die «Adventure» hätte auf den Auftritt der «Endurance» lieber verzichtet: Das bewaffnete Kriegsschiff feuert eine Salutsalve zu Ehren der tapferen Kollegen – und perforiert damit ausgerechnet deren Grosssegel … Rio, wir kommen! Das berüchtigte Kap zeigt sich für einmal nicht von seiner stürmischen Seite, trotzdem sind wohl alle Teilnehmer heilfroh, endlich Kurs Nord mit Ziel Rio de Janeiro nehmen zu können. Das Ölzeug damals, gummierter Regenschutz aus Baumwolle, ist von der heutigen High-Tech-Bekleidung so weit entfernt wie eine Buschtrommel vom Smartphone. Mit jedem Tag steigen die Temperaturen, trocknet die Sonne Haut und Socken. Pünktlich zum legendären Karneval trifft die Flotte am Zuckerhut ein, allen voran die roten Barette der «Great Britain II». Gefeierte Helden, Landgang, Samba in den Strassen, viel nackte weibliche Haut – genau so haben sich die Weltumsegler das erträumt. Nach fünf Monaten auf See heisst es jetzt nur noch: Partytime! Beim Start zur letzten Etappe wird schliesslich eine Neuheit eingeführt. Um in Portsmouth eine medienwirksame Gruppenankunft zu erzielen, sollten die Teilnehmer gestaffelt ins Rennen gehen, die kleinen zuerst, dann die grösseren Yachten. Chay Blyth und seine Mannen holen sich nach insgesamt 144 Tagen (die neue Rekordmarke für Weltumsegler) die Ehre des «First Ship Home». «Great Britain II» hat als schnellste Yacht damit drei von vier Etappen gewonnen, trotzdem reicht es nur für Platz 6 im Gesamtklassement. Überraschungssieger nach gewerteter Zeit wird «Sayula II», und Ramón Carlin tut, was Mexikaner in solchen Momenten eben tun: Er setzt sich seinen besten Sombrero auf und feiert mit seiner Crew tage- und nächtelang durch. Anstatt grosser Preisgelder gibt es nur einen bescheidenen Silberpokal und ein paar Medaillen, gestiftet von der Brauerei Whitbread & Company Limited, deren Name mit dieser Regatta weltweit bekannt geworden ist. Das schreit nach einer Wiederholung, zumal an neuen, siegeshungrigen Seglern kein Mangel besteht. Die Whitbread 1977/78 startet für 15 Racer an einem verregneten und stürmischen 27. August 1977 040 VECTURA #13
Zur Whitbread 1985/86 finden sich am 29. September 1985 erneut 15 Boote in Southampton ein. Und die «L’Esprit d’Equipe» mit Skipper Lionel Péan wird die Regatta in einer korrigierten Zeit von 111 Tagen und 23 Stunden gewinnen. Pierre Fehlmann ist zum dritten Mal dabei und bringt mit «UBS Switzerland» als Siegerin in echter Zeit die schnellste Yacht ins Ziel. Fehlmanns Boot hält damals einen besonderen Rekord – sie ist das grösste KohlefaserBauteil der Welt! Viele Crewmitglieder werden später selbst zu erfolgreichen Hochseeseglern, darunter Dominique Wavre, Gérard Rogivue und Georges Wagner. Mit der «Shadow of Switzerland» von Otto und Nora Zehender-Müller ist die Schweiz sogar mit zwei Yachten vertreten. Auf der «Lion New Zealand» amtet Peter Blake als Skipper – und ein gewisser Grant Dalton gehört als Watch Captain ebenfalls zur Crew. Unter den vielen Star-Skippern ist seinerzeit auch ein echter Popstar: Simon Le Bon, Sänger der Pop-Band Duran Duran, segelt an Bord seiner Yacht «Drum» mit. Skipper ist Skip Novak, der damit seinen dritten von vier Whitbread-Einsätzen absolviert. Erstmals kommt auch ein Satelliten-Trackingsystem zum Einsatz, mit dem sich die Positionen aller Yachten verfolgen lassen. Die Whitbread 1989/90 stellt einen Meilenstein in der Regatta geschichte dar. Erstmals werden verschiedene Klassen gewertet (Whitbread Trophy Class A, Non-Maxis, Cruiser Class A und D). Ausserdem sorgt eine reine Damencrew um Tracy Edwards für die zweite Novität, die zur Tradition werden soll: Edwards war bei der 1985er-Ausgabe noch Smutje auf der «Atlantic Privateer», für diese Edition hat sie Pierre Fehlmanns 18-Meter-Yacht «Disque d’Or» gekauft und in «Maiden» umbenannt. Dr. Jochen Orgelmann aus Deutschland geht mit der «Schlüssel von Bremen» an den Start und Skipper Harm Lüller-Röhlck gewinnt sogar eine Etappe in seiner Klasse. Peter Blake aus Neuseeland ist bereits zum fünften Mal am Start, zum dritten Mal als Skipper, und das erst noch mit seiner Traumyacht «Steinlager II». Die Chancen stehen gut: viel Erfahrung aus allen bisherigen Rennen, eine hoch motivierte und erfahrene Crew (der spätere «Alinghi»-Skipper Brad Butterworth ist als Watch Captain mit von der Partie) und ein grosszügiger Sponsor. Rund eine Million Neuseeland-Dollar werden bereits am Anfang abgeschrieben, als sich der Bootsrumpf ein paar Tage nach seiner Herstellung zu delaminieren beginnt. Da «Steinlager II» die erste Yacht in Composite-Bauweise ist, will diese Erfahrung teuer bezahlt werden. Dafür geht man beim zweiten Versuch kein Risiko mehr ein; die neue Form wird «solid as a rock». Visionär Blake kauft von der damals noch unbekannten Computermarke Apple zwei Macintosh-Rechner, die er mit den gesammelten
HISTORIE
weltweiten Wetterdaten füttert. So kann er, zusammen mit den Polardaten der Yacht, verschiedene Routenoptionen durchrechnen und leichter taktische Entscheidungen fällen. Heute eine Selbstverständlichkeit, damals revolutionär. Und wenn alles nichts mehr hilft, zieht Blake einfach seine «Lucky Red Socks» an und siehe da: Die Gegner bleiben in Flautenlöchern hängen, während «Big Red» die richtige Brise findet und einfach davonsegelt. Auf allen sechs Etappen kommt die feuerrote Ketch als Erste ins Ziel und gewinnt selbst nach berechneter Zeit. Ziemlich frustrierend für seinen Landsmann Grant Dalton, der mit der «Fisher & Paykel» ebenfalls auf das Ketchkonzept gesetzt hat. Pikanterweise kommen gleich drei Yachten aus dem Designbüro von Bruce Farr, ebenfalls ein Neuseeländer. Auch Roger Nielsen steuert eine neue Farr-Ketch namens «The Card». Skipper Laurie Smith will auf «Rothman’s» die Dominanz von «Steinlager II» nicht einfach so hinnehmen und wittert einen Regelverstoss. Er protestiert mehrmals und lässt sogar nachmessen, jedoch ohne Erfolg. In Auckland verlangt er, den Kiel zu sehen, als «Steinlager II» beim Stop-over einen neuen Antifouling-Anstrich erhält. Keine Zeit für solche Spielchen hat die finnische Crew von «Martela»: Nach der Umrundung von Kap Hoorn verliert sie den Kiel, die Yacht dreht sich auf den Rücken. Die teilnehmenden Boote «Merit» und «Charles Jourdan» nehmen die Crew auf und bringen sie sicher nach Punta del Este. Drama auch auf der russischen Yacht «Fazisi», deren junger Skipper Alexei Grishenko in Uruguay Selbstmord begeht. Skip Novak springt ein und bringt die russische Yacht mit ihrer chaotischen Crew trotz aller Unbill dann wohlbehalten zum nächsten Etappenziel.
Das Whitbread 1993/94 wird wie schon in den vorhergehenden Regatten auf verschiedenen Bootstypen gesegelt, neu kommt zusätzlich die speziell konzipierte Baureihe W60 dazu. Behelfsregeln sollen wie gehabt die Unterschiede ausgleichen – beim Sieg von Peter Blake kam die letzte Yacht 53 Tage später als «Steinlager II» ins Ziel. Die Maxi-Yachten und die W60er stehen durchaus in direkter Konkurrenz, was die Rennen intensiver und enger werden lässt. Es gewinnt die «NZ Endeavour», eine Maxi unter Skipper Grant Dalton. Sie läuft neun Stunden vor Konkurrent Ross Field und seiner «Yamaha», einer W60-Yacht, ins Ziel ein. Mit dieser Regatta endet auch die Blütezeit der grossen Ozean-Ketchen: Die Yachtbautechnik hat extreme Fortschritte gemacht und kleinere Sloops sind jetzt fast so schnell wie grosse Zweimaster, die neben dem modernen Design plötzlich etwas altbacken wirken. Ein wichtiger Faktor sind auch die Kosten. Kein Sponsor kann und will sich den kostspieligen Einsatz einer Maxi-Ketch mehr aufhalsen. Die kleineren W60 brauchen weniger Crew, weniger Segelgarderobe und garantieren ähnliche Leistungen für spannende Rennen und Resultate. An der «Whitbread Round the World Race for the Volvo Trophy» nehmen 1997/98 nur noch Yachten der «Einheitsklasse» Typ W60 teil; die Namenser weiterung bezieht sich auf den erstmaligen Auftritt von TrophäenSponsor Volvo. Die Punktevergabe bleibt bestehen, diesmal jedoch nicht wegen unterschiedlicher Yachtgrössen, sondern um kurze und lange Etappen nach Wichtigkeit bewerten zu können. Insgesamt sollen neun Etappen die Entscheidung bringen; es gewinnt Paul Cayard auf seiner «EF Language» die letzte «Whitbread» – mit 138 Punkten Vorsprung vor seinen Verfolgern. Drei Jahre später wird der Regatta-Klassiker unter der Bezeichnung «Volvo Ocean Race» dann erneut Segelsportgeschichte schreiben.
Skipper Chay Blyth und seine Fallschirmspringer feiern 1974 auf «Great Britain II» in Portsmouth den Sieg
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WEITER SCHNELLER HÄRTER
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DIE GESAMTSTRECKE IST LÄNGER, DIE YACHTEN DAFÜR KÜRZER. TITELVERTEIDIGER GROUPAMA BRINGT KEIN BOOT AN DEN START, DIE NEUSEELÄNDER HABEN BUDGETMÄSSIG DIE PRIORITÄT AUF DEN AMERICA’S CUP 2016 GELEGT. TROTZDEM IST DAS TEILNEHMERFELD BEIM NUNMEHR FÜNFTEN VOLVO OCEAN RACE (KURZ: VOR) HOCHKARÄTIG UND BUNT GEMISCHT. INSGESAMT ÜBER ACHT MONATE SIND DIE BOOTE ZWISCHEN ELF LÄNDERN UND VIER KONTINENTEN AUF FÜNF WELTMEEREN UNTERWEGS Text Stefan Detjen/wave-mag.ch, map · Fotos Werk (Marc Bow, Brian Carlin, Stefan Coppers, Corinna Halloran, Matt Knighton, Yann Riou, Ian Roman, Amory Ross, Ainhoa Sanchez, Francisco Vignale), map · Grafiken Werk
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enn es bei der Neuauflage dieses Hochsee-Klassikers einen Standard gibt, dann sind es die Yachten: Zum ersten Mal kommen beim legendären Um-dieWelt-Rennen speziell entwickelte Einheitsboote zum Einsatz. Trotzdem haben die fünf Fuss kürzeren Rennsegler (sie sind damit knapp 20 Meter lang) nichts von ihrem Speedpotential verloren, wie ein Testeinsatz beim «Round Ireland and Britain Race» im Vorfeld deutlich zeigte. Team Abu Dhabi Ocean Racing pulverisierte den Streckenrekord für Monohulls. Man darf also gespannt sein, ob neue Rekorde bei den Tagesetmals (die von einem Schiff jeweils von Mittag zu Mittag zurückgelegte Weg strecke) aufgestellt werden. Für das aktuelle Jubiläumsrennen hatten sich sieben Teams gemeldet – kein Vergleich zu den Teilnehmerzahlen früherer Jahre, wo doppelt so viele Yachten über die Startlinie segelten; im Rekordjahr 1981/82 nahmen sogar 29 Boote teil. «Kostenredu zierung» heisst das neue Zauberwort der VOR-Organisatoren. Die Entwicklungsbudgets wurden minimiert und eingefroren, um die Anzahl teilnehmender Teams von zuletzt sechs wieder zu erhöhen. Weitere Ersparnisse brachte die Reduzierung der Crewstärke von zuletzt zehn auf acht sowie der Anzahl zugelassener Segel von zehn auf sieben. Eine erfolgversprechende Kampagne ist laut Veranstalter mit einem Budget von 10 bis 14 Millionen Euro möglich – rund 30 bis 40 Prozent weniger als bisher. Zwischen der munteren (und manchmal wilden) Truppe von Segelbegeisterten aus den Anfangsjahren der «Whitbread Around
the World» (siehe S. 038) und den hochprofessionellen Seglern der Neuzeit liegen Welten. Nicht umsonst sind die Plätze auf einer VOR-Yacht heiss begehrt. Gute Chancen haben jüngere Segler, die bereits über viel Erfahrung verfügen: Gemäss VOR-Reglement müssen auf jeder Yacht zwei Unter-30-Positionen besetzt werden, um das Rennen auch bei Jüngeren attraktiv zu machen. Hochsee-Thriller Mit der Einführung der neuen Einheitsboots klasse hat das legendäre Rennen nochmals an Dramatik gewonnen: Niemand hätte gedacht, dass die Boote so lange so eng beieinander bleiben, auch wenn unterschiedliche Kursoptionen gesegelt werden. Nach dem wie immer umtriebigen Eröffnungsspektakel im Race Village zu Alicante, wo auch dieses Mal die Race Control stationiert ist, starteten am 11. Oktober die sieben Konkurrenten zur insgesamt zwölften Edition des traditionsreichen Wettrennens um die Welt. Zwei Tage lang segelte das Feld geschlossen an der spanischen Küste entlang, dann pokerte Team SCA und zog mit einem nördlichen Kurs als erste Yacht durch die Meerenge von Gibraltar. Die Euphorie dauerte jedoch nur kurz, der Wind machte bei diesem Spiel nicht mit und die «Pink Ladies» mussten sich nach der Kursänderung nach Süden hinten anstellen. Wie ausgeglichen die Yachten laufen und wie fähig die Crews sind, zeigt die Tatsache, dass alle Teams ausser Brunel bis zu diesem Zeitpunkt schon einmal an der Spitze lagen. Von anderen lernen Wichtigste Aufgabe in den ersten Tagen war das Beobachten der Gegner: Welche Segelgarderobe fährt er? Was wird am Trimm geändert? Wie viele Segelsäcke liegen auf der Kante? Das Fernglas war permanent im Einsatz und wurde zum
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EINE FÜR ALLE Die Konstruktionszeichnungen für den neuen Bootstyp namens Volvo Ocean 65 (VO65) kommen von Farr Yacht Design aus den USA. Die strikten Einheits-Yachten sind eine Gemeinschaftspro duktion eines Konsortiums aus vier Werften: Multiplast (Frankreich), Décision (Schweiz), Green Marine (UK) und Persico (Italien). 60 Zulieferer stellen bei 12,5 Tonnen Gesamtgewicht dank ISO 8666 eine minimale Abweichung im Promillebereich sicher. Obwohl mit einer Deckslänge von 65 Fuss (19,80 Meter) 1,70 Meter kürzer als die Yachten der alten Volvo-Open-70-Klasse, sollen die VO65 ein noch etwas höheres Geschwindigkeitspotential haben. Dazu wird der Tiefgang um 28 Zentimeter auf 4,78 Meter verlängert, während das Gesamtgewicht um 3,25 auf 10,75 Tonnen sinkt. Ein Hightech-Racer kostet 4,5 Millionen Euro plus höchstens 18 Segel für weitere 650 000 Euro. Mit geringerer Segelfläche am und vor dem Wind sollen Hand habung und physische Belastung leichter werden, damit auch eine Frauencrew mit drei zusätzlichen Seglerinnen eine realistische Siegchance hat. Die Boote bewegen sich ausschliesslich mit Windkraft; der verbaute, laufruhige und verbrauchsarme VierzylinderDiesel von Volvo Penta ist nur für Notfälle vorgesehen – schon wegen des begrenzten Kraftstoffvorrats. Den braucht es vornehmlich für das bordeigene Stromnetz (Frischwasseraufbereitung, Beleuchtungsanlage, Heizung, Funksystem) oder die Hydraulikpumpe zum Ausschwenken des über fünf Tonnen schweren Kiels.
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TECHNISCHE DATEN VOLVO OCEAN 65 Konzept Hightech-Monohull-Segelrennyacht aus Karbon. Ausgelegt für höchste Belastungen und 8 bis 11 Crewmitglieder. 1 Schwenkkiel, 2 Daggerboards. 1 Hilfsaggregat Volvo Penta D2-75 mit 2,2 L Hubraum und 75 PS (55 kW) @ 3000/min
Rumpflänge (ISO 8666) in m (ft)
20,37 (66,0)
Länge Wasserlinie (Design) in m (ft)
20,0 (65,0)
Länge ü.a. (inkl. Bowsprit) in m (ft)
22,14 (72,0)
Breite (ISO 8666) in m (ft)
5,6 (18,4)
Max. Tiefgang (Keel on CL) in m (ft)
4,78 (15,8)
Gewicht (leer) in kg
11 639
Kiel
Schwenkkonstruktion (40° Neigewinkel)
Wasserballast achtern in L
Doppeltanks à 800
Wasserballast vor dem Mast in L
1100
Masthöhe in m (ft)
30,30 (99,4)
Länge Takelage in m
3000
Grosssegel in m2
163
Vorsegel in m2
133
Segelfläche am Wind in m2
468 (Gross und Code 0)
Segelfläche vor dem Wind in m2
1578 (Gross und A3)
Vmax in Knoten (km/h)
42 (77)
Preis in Mio. CHF
5,3*
* plus Segel: CHF 780 0 00.–
LEINEN LOS
meistbenutzten Bordinstrument. Dieses «Training on the Job»Segeln zeigte den Teams mit weniger Vorbereitungszeit, denen die Erfahrung langer Testschläge fehlt, welche Segelkombinationen zum entsprechenden Kurswinkel und zur Windstärke den besten Speed bringen. Was man nicht sah (oder erst nachher feststellen konnte): Auch unter Deck wird je nach Kurs der Gewichtstrimm optimiert. Neben dem Wasserballast werden auch Essens- und Ausrüstungstaschen sowie das Ölzeug hin und her bugsiert; selbst der Navigationsstand kann von einer Schiffsseite auf die andere geschwenkt werden. Auch die tägliche Wassermenge aus der Aufbereitungsanlage wird dosiert und exakt nach Bedarf produziert – niemand will zu viel Gewicht an Bord haben. Eigentlich sind die Seglerfrauen vom Team SCA benachteiligt: Elf Crewmitglieder bedeuten drei Personen mehr an Bord. Zwar haben auch die Männerboote gleich viele Kojen wie das Damenteam, aber eben: Das Gesamtgewicht macht den Unterschied. Speed ist nicht alles Auch wenn alle Teams die gleiche Hardund Software verwenden – die Auswertung der Wetterdaten lässt sich verschieden interpretieren und das ergibt meistens mehrere Routenoptionen. Wer mit einem tollen Speed in die falsche Richtung fährt (weil er dort mehr Wind erwartet), wird ziemlich frustriert seine Entscheidung verfluchen – oder dem Routingprogramm die Schuld geben. Viele der VOR-Navigatoren werten europäische und amerikanische Wettermodelle gleichzeitig aus – aber auch das macht die Entscheidung nicht immer einfach, eher im Gegenteil.
So gelang Team Alvimedica während der ersten Etappe das schnellste 24-Stunden-Etmal, trotzdem spielten die VOR-Rookies keine entscheidende Rolle an der Spitze. Warm anziehen Einen weiteren Pluspunkt können die VORMacher mit der Berichterstattung verbuchen. Die Boote sind segelnde Media-Studios mit fest installierten Kameras, Satellitenempfang, einem eigenen Multimedia-Arbeitsplatz und Onboard reporter, der nicht aktiv mitsegeln darf, aber neben dem Zubereiten teils gefriergetrockneter Lebensmittel oder dem Umpacken der Segeltaschen auf die Luvseite unter Deck auch das Renngeschehen dokumentieren sowie täglich Bilder und Stories liefern muss – bei einem Sport ohne direkte Zuschauermöglichkeit wird Social Media zur adäquaten Alternative. Die Ausbeute ist bis jetzt beachtlich, die Qualität der hautnahen Reportagen ebenfalls und die kostenlose VOR-App der Hammer: Besser kann man nicht dabei sein, ohne die Strapazen ertragen zu müssen! Ohnehin ist das Rennen ein Kampf gegen den inneren Schweinehund. Das Leben an Bord kann zur Qual werden, wenn man permanent mit der Schräglage kämpft, wenn das Boot dröhnt, weil es auf harte Wellen schlägt, als seien die aus Beton, wenn Essen, Anziehen und auf Toilette gehen zu Akrobatikübungen werden. Durch die permanenten Manöver, wenn alle Hände an Deck gebraucht werden, verringern sich die Ruhezeiten auf ein Minimum. weiter auf Seite 057
Die neue Strecke vom spanischen Alicante einmal rund um den Globus bis nach Göteborg in Schweden misst offiziell knapp 40 000 Seemeilen (über 78 000 km)
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Trotz allem High Tech inklusive Dieselmotor an Bord: Gef端hrt wird das Boot per Hand; auch die Segel wollen manuell gesetzt werden
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SPONSORING
«DEFINITIV BREIT GENUG» HÅKAN SAMUELSSON (63) IST SEIT HERBST 2012 CHEF VON VOLVO CARS – UND ERSTMALS EINER DER SCHIRMH ERREN DES AKTUELLEN VOLVO OCEAN RACE. WIE BEURTEILT ER ENGAGEMENT UND RETURN? Herr Samuelsson, bitte umreissen Sie kurz die Gemeinsamkeiten von Volvo Cars und dem Volvo Ocean Race. Volvo hat zunächst ein skandinavisches Image und das passt gut zur Regatta – Wind, frische Luft, Natur, auch Windkraft. Eine andere Gemeinsamkeit ist, dass wir ja Fahrzeuge für Menschen und ihre Bedürfnisse bauen – mit viel Technologie natürlich, aber einfachen, benutzerfreundlichen Oberflächen. Die Boote bieten ebenfalls viel High Tech, aber auch hier ist alles so ausgelegt, die Crew an Bord zu unterstützen und ihr das Rennen so einfach und effizient zu machen wie möglich. Die Entwicklung dahin war sicher der genau gleiche Prozess wie bei uns in der Automobilproduktion. Deshalb passt das hier. Wir könnten Golf machen, Fussball – es gibt so viel. Aber dieses Event ist viel spektakulärer und wir stehen als Eigentümer der Veranstaltung im Zentrum – es ist das Volvo Ocean Race! Nicht Fifa oder World Cup oder so. Besser wir konzentrieren uns hier, als überall zu sein mit einem kleinen Logo.
Dafür wird ein enormer Aufwand betrieben; allein die Boote kosten jeweils 4,5 Millionen Euro. Aber ist Segelsport nicht zu speziell? Anders gefragt: Ist das breit genug als Werbeplattform für eine Automobilmarke? Es ist nicht breit genug, wenn es darum geht mitzumachen. Aber es ist definitiv breit genug, um Interesse zu generieren: Wir haben drei Millionen Besucher in den Häfen und 1,6 Milliarden TV-Zuschauer. Das ist es ja am Ende, deswegen sind wir hier. Nachhaltigkeit ist auch dabei: Die Boote sollen ja beim nächsten Rennen wieder verwendet werden … … ja, und man könnte sicher über ein Upgrade nachdenken. Ein sehr grosser Vorteil ist ja, dass alle Boote identisch sind. Neue Teams können relativ schnell einsteigen und mit uns sogar ein Leasing verhandeln. Das ist viel einfacher, als Millionen zu investieren und selbst ein Schiff bauen zu müssen. Dann hätten wir einen Wettbewerb des Geldes und der Ressourcen, aber so ist es für alle gleich, stehen die Menschen im Zentrum. «Designed around you» – das ist auch wieder Volvo. Gibt es Zahlen zum Investment, werden die kommuniziert? Nein, darüber sprechen wir nicht, aber das Volvo Ocean Race ist unsere absolute Nummer 1 im Sponsoring und Event-Marketing; wir investieren hier mehr als die Hälfte des gesamten Budgets. Wir wollen uns bewusst konzentrieren und lieber weniger, aber das sehr gut machen. Ich war erstaunt, dass die Boote einen Verbrennungsmotor an Bord haben … Aha? Das wusste ich gar nicht! … einen Volvo-Penta, natürlich. Schön zu sehen, dass beim Ocean Race die verschiedenen Volvo-Unternehmungen wieder zusammenfinden. Absolut! Wir freuen uns darüber und teilen neben dem gleichen Markennamen ja auch das Logo. Alle haben das gleiche Interesse und profitieren davon, was ein weiterer Vorteil ist. map WINTER 2014 / 15 051
NACHGEHAKT
«SPORTLICH HÖCHST ANSPRUCHSVOLL» PASSEN EIN SEGELRENNEN UND SCHWEDISCHE SICHERHEIT ZUSAMMEN? WIR FRAGTEN DAVID THOMAS (52), DEN CHEF VON VOLVO SCHWEIZ Herr Thomas, welche Verbindungen zwischen Segelsport und der Schweiz gibt es? Nun, Segeln ist in der Schweiz sehr populär. Wir mögen keine Meeranbindung haben, aber dafür gibt es viele Seen. Dazu kommt, dass Segeln gut zu unserer Zielgruppe und dem kommenden XC90 passt, weil der auch ein ideales Zugfahrzeug ist. Nicht zuletzt gehört die Marke Volvo Penta zu den bekanntesten Bootsmotorenherstellern, also stimmt auch das maritime Engagement von Volvo. Das Rennen dauert neun lange Monate. Wie schafft man es, das Interesse des Publikums so lange hochzuhalten? Einerseits lancieren wir spezielle Ocean-Race-Edition-Modelle vom V40, V40 XC und V60 und XC60. Das sind sehr attraktive Autos zu sehr interessanten Preisen, deren Vorgänger sich bereits bei früheren Regatten sehr hoher Nachfrage erfreuten. Und natürlich werden unsere Händler das Ocean Race klar promoten – mit aktuellen Positionen der Boote oder Meldungen vom Geschehen. Haben Sie schon unsere App heruntergeladen, mit der man das Rennen live verfolgen kann? Dazu kommen Satelliten-TV und andere Kanäle, denn das Volvo Ocean Race ist ja nicht nur unsere Formel 1 der Meere: Es ist vor allem ein sportlich höchst anspruchsvolles, spannendes Event! … ein Event von Weltgeltung. Das merkt man allein an den professionellen Akteuren und natürlich auch, wenn man an Bord einer solchen Rennmaschine geht. Es gibt weder Heizung noch Komfort, die Mannschaften sind monatelang auf engstem Raum unterwegs und ein F1-Rennen mutet dagegen wie ein Spaziergang an. Wünscht man sich da als Ausrichter mehr öffentliche Aufmerksamkeit? Wie gesagt: Wir tun alles, um die Veranstaltung noch bekannter zu machen, als sie bereits ist – in Seglerkreisen sowieso. Die neuen Sondermodelle transportieren diese Informationen zusätzlich. Natürlich ist es ein Unterschied, etwas zu lesen oder einen Film zu sehen, als tatsächlich vor Ort zu sein – was bei einer Regatta ja meist unmöglich ist. Darum haben wir diese attraktive Internetseite, und für jüngere Fans gibt es auch ein Spiel, das sie in die Action eintauchen lässt. Klar, das Rennen ist nicht ganz ungefährlich, während wir bei Volvo Cars sehr auf die Sicherheit unserer Kunden und anderer Verkehrsteilnehmer fokussiert sind. Beim Ocean Race geht es dagegen um intelligente Risikobereitschaft. map 052 VECTURA #13
David Thomas, seit 2014 in Zürich auf der Brücke
«DAS MEER KANN BRUTAL SEIN» CHRISTIAN SCHERRER, JAHRGANG 1970, GEHÖRTE 2003 BEIM AMERICA’S CUP DEM SIEGREICHEN ALINGHI-TEAM AN. ER WURDE 2006 UNTER ANDEREM MATCH-RACE-WELTMEISTER – UND 2009 VOLVO-MARKENBOTSCHAFTER. WIR SPRECHEN MIT DER SCHWEIZER SEGEL-LEGENDE ÜBER DEN INNEREN SCHWEINEHUND UND WEITERE HERAUSFORDERUNGEN AUF HOHER SEE Christian, wie ist es, aufs offene Meer hinauszusegeln und zu wissen, dass man die kommenden Wochen nur Wellen sehen wird? Muss man sich da aufs Ankommen konzentrieren? (lacht). Naja, um es philosophisch auszudrücken: Der Weg kann ja auch das Ziel sein. Aber das Rennen ist natürlich ein Wettkampf – jetzt erstmals mit sieben identischen Booten. Früher segelten 20 ganz unterschiedliche Typen; so oder so bist du dann wirklich im Rennen drin. Auf Deck geht es voll ab, und wenn du dann mal runterkommst, so kurz vor dem Einschlafen, dann fluchst du vielleicht mal und denkst: Wie lange geht das noch so? Das meine ich: Gibt es während den neun Monaten irgendwann einen toten Punkt, an dem man nur noch nach Hause will? Ist ja schon eine tour de force … Sicher, kann passieren, nach Enttäuschungen oder wenn es mal richtig schwierig wird. Aber die Motivation ist doch, die anderen zu schlagen und als Erster anzukommen – ein sportlich gutes Resultat zu erzielen steht im Vordergrund. Die härteste Etappe ist wohl die von Neuseeland nach Brasilien: drei Wochen durch den Kühlschrank Southern Ocean. Da fröstelt es einem schon lange vorher, oder? Ja, das stimmt. Wobei, auch die erste Etappe nach Kapstadt ist ja nicht ohne. Durch die Rossbreiten, wo es keinen Wind hat, das Warten und so weiter. Aber grundsätzlich, vor dem Start, wenn
Also gilt die Regel: so viel auf Vorrat schlafen wie möglich. Ja, auch bei anderen Offshore-Regatten: Wenn ich schlafen kann, schlafe ich. Und wenn ich in 24 Stunden neun reinkriege, dann nehme ich sie – man weiss ja nicht, was übermorgen ist. Dann hast du das im Tank und kannst es auch abbrennen.
Christian Scherrer, Schweizer Profi-Segler
du unterschreibst, dann weisst du ja schon, was du dir antust. Wer etwas Grosses erreichen will, muss Entbehrungen in Kauf nehmen können. Die Skipper drückten sich vor dem Rennen ja unisono sehr demütig aus: Man trete an, um noch etwas zu lernen – dabei sind das doch die besten Segler der Welt … Man hat schon Unterschiede rausgehört; ein Bouwe Bekking hat klar gesagt: Wir sind hier, um zu gewinnen! Andere wie Iker Martinez hat es zwar nicht ausgesprochen, aber er denkt das Gleiche. Und mit dem One-Design ist es tatsächlich möglich, dass Teams wie Vestas oder Mapfre eine Siegeschance haben. Gleichzeitig hat man Naturgewalten gegen sich, alles kann passieren. Diese Skipper haben das schon erlebt und wissen genau, wie unberechenbar es da draussen sein kann. Man fährt nicht los und sagt, kein Problem, wird schon werden. Das Wetter ist ein wichtiger Faktor und was du gehört hast, das war der Respekt davor. Es gibt Fotos – hart am Wind, Berg- und Talfahrt, Brecher über Deck, da wird mir nur vom Betrachten schwarz vor Augen … Ja, ganz klar: Du bist alleine und segelst durch Gegenden, wo auch niemand anderes durchkommt. Wo die Flotte sich selber helfen muss, wenn überhaupt. Gut, mit den modernen Kommunikationsmitteln heute hat man immer Kontakt, aber mehr auch nicht. Und das Boot ist nicht riesig, das Meer kann brutal sein. Trotz allem High Tech und der bestmöglichen Sicherheit ist man an Orten, wo es echt gefährlich ist. Auf dem körperlichen Level der Teams ist das Risiko kalkulierbar; alle sind topfit und bestens vorbereitet worden. An Bord gilt die sogenannte «watch time» – alle vier Stunden wechselt die Schicht. Nur der Navigator hat fliessende Arbeitszeiten … Die meisten Teams werden auch den Skipper ausserhalb der Wachen haben. Was mich beeindruckt hat: Auf diesen Booten kannst du zu viert keinen Segelwechsel machen; dazu braucht es alle acht Leute. Das heisst, die vier Stunden Pause werden ganz sicher unterbrochen, wenn die Bedingungen instabil sind. Wie ist das dann mit dem Biorhythmus? Daran gewöhnst du dich relativ schnell. Wenn du reguläre Wind bedingungen hast und alles gut läuft, kommst du an einem Tag vielleicht auf neun Stunden Schlaf. Es kann aber auch passieren, dass du gar nicht schläfst oder nur eine halbe Stunde – oder zweimal eine Viertelstunde, weil es so böllert.
Wenn jetzt jemand zu dir käme und fragen würde, was man als Neuling bei einer Hochsee-Regatta beachten muss – was würdest du ihm sagen? (lacht). Zuerst würde ich fragen, ob er sich das gut überlegt hat. Und ob er nicht seekrank wird. Weil, wenn es einem dann schlecht geht, ist es wirklich nicht lustig. Ganz wichtig: viel trinken, weil man sonst schnell dehydriert. Und dann die goldene Regel der Segler: eine Hand für das Boot, eine Hand für dich – schauen, dass du an Bord bleibst! Immer Einklipsen und nirgends die Finger reinhalten, wo irgendwelche Sachen drehen und Schoten oder Seile gespannt werden. Quetschungen und Stösse – vor allem auf doch sehr leichten Yachten, gerade unter Deck – sind die häufigsten Verletzungen. Platzwunden, Beinbrüche, das kommt vor. Das ganze Gewicht ist ja im Kiel, und wenn der drei Meter neben das Boot geschwenkt ist, geht die Post ab, vor allem in der Mitte. Ich würde niemandem empfehlen, das längere Zeit ohne Übung mitzumachen. Besser erst ein paar Tagesausflüge absolvieren und dann entscheiden. Wer ist 2015 dein Favorit, wer hat geringere Chancen? Es ist dieses Mal besonders spannend, weil gewisse Teams wie die Spanier von Mapfre oder Vestas mit dem australischen Skipper erst relativ spät angetreten sind. Von den Zutaten her sind Abu Dhabi und Brunel vorne – nicht nur, weil sie schon beim letzten Volvo Ocean Race dabei waren. Sondern auch, weil sie sich optimal vorbereitet haben, eine Top-Mannschaft aufweisen und keine Kompromisse eingegangen sind. Dongfeng ist aus meiner Sicht eher mit der Perspektive 2017 dabei, bei Alvimedica ist das ähnlich: Beide haben sehr gute Segler an Bord, sind aber insgesamt junge Teams – zwei Mitglieder müssen ja bei allen unter 30 sein – und aus meiner Sicht noch keine Spitzenreiter. Immerhin: Dongfeng hat das erste InportRace gewonnen, da ist mehr vorhanden als nur der Wille. Mapfre dagegen hat glaube ich trotzdem grösseres Potential; da sind Leute mit unheimlich viel Erfahrung dabei. Die Frauen würde ich jetzt nicht top einstufen: Die haben ja elf statt acht Leute, um die erforderliche Kraft zu kompensieren, aber das Mannschafts-Management dürfte schwieriger sein. Sie sind allerdings auch sehr ehrgeizig und könnten überraschen. Aber das Rennen ist lang, alles ist offen. Und dunkel unter Deck – schwarzes Karbon ohne markierte Kanten an den Schotten. Gewöhnt man sich so sehr daran, dass es sowas nicht braucht? Ja, das wird «second nature», dann kannst du blind von hinten nach vorne laufen. Das mit der nachts schwachen Rotlicht-Beleuchtung und den dunklen Wänden hat mehrere Gründe. Einmal natürlich, damit die Segelcrew auf Deck nicht geblendet wird, das ist ganz wichtig. Und zum anderen, weil eine Beklebung oder Lackierung wieder mehr Gewicht bedeuten würde. Warum sind dann die meisten Decks hell gestrichen – hat das mit der Sicherheit zu tun, damit man sieht, wo man hintritt? Ja auch, aber es ist in erster Linie eine Temperatursache. An einem sonnigen Tag verbrennst du dir auf Schwarz die Füsse. Wir sind damals auf gelbem Boden gesegelt und schon der ist richtig heiss geworden. Nun ist man selten ohne Segelstiefel unterwegs, aber es macht einen Unterschied. map WINTER 2014 / 15 053
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Viele strapaziöse Monate auf See, ohne Dusche oder Privatsphäre – das muss man auch mental ertragen können
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LEINEN LOS
Wer dann noch wie in Nullkommanichts den Weg vom Bett bis zum Bugspriet mit einem Lächeln absolviert, der hat Anerkennung verdient. Eindrücklich auch die Aufnahmen der Seglerhände: aufgeweicht und mit Blasen – und die nächste Apotheke Tausende Meilen entfernt. Dabei würde schon die Aussicht auf ein trockenes Plätzchen genügen – doch wenn immerwährend grosse Brecher über das Deck donnern, bleibt diese Vorstellung ein Wunschtraum: einmal nass, immer nass. Kopf-an-Kopf-Rennen Zweimal ging es über den Atlantik, denn vor der brasilianischen Küste musste mit der Insel Fernando de Noronha ein Kontrollgate passiert werden. Die schwach windigen Gebiete um den Äquator, kurz Doldrums genannt, erwiesen sich einmal mehr als Knacknuss für die Navigatoren. Immerhin blieb die Flotte von grösseren Schäden verschont; die Mehrzahl der Pannen konnte mit Bordmitteln behoben werden. Das meiste Pech hatte bisher das Dongfeng Race Team. Zuerst ein Ruderbruch nach Kollision mit einem UFO (Unknown Floating Object), dann brach ein Padeye (Leinen-Umlenkpunkt) und die unter Spannung stehende Gennakerschot rasierte eines der Steuerräder und Teile der Reling sowie des Gerätemasts ab. Trotzdem blieb die China-Crew dem führenden Abu Dhabi Team ständig im Nacken. Meist weniger als fünf Meilen getrennt, rauschten die beiden Spitzenreiter in Sichtweite und mit bis zu 25 Knoten auf Cape Town zu. «Azzam» behielt aber die Nerven und deckte den Verfolger in Match-RaceManier immer ab; ein ziemlich müder Chris Nicholson sicherte sich und seinen Mannen den Sieg. Das Timing der Ankunft, pünktlich zur Happy Hour, war perfekt: «Zuerst ein Bier, dann ein Hamburger und schliesslich eine heisse Dusche», lautete der heisse Wunsch der Segler der ersten beiden VO65-Yachten, die nach rund 6500 Seemeilen (12 000 Kilometer) und 25 Tagen das Ziel mit nur zwölf Minuten Differenz erreichten. Wieder spannend wurde es ganz am Ende, als dem Schlusslicht-Team SCA ein besserer Kurs nach Kapstadt gelang. Das vor ihnen liegende Mapfre-Boot verlor im Windschatten des Tafelbergs an Fahrt; die spanischen und französischen Segelstars dockten mit langen Gesichtern als Letzte an. Logistische Meisterleistung Souvenirs, Gastronomie, Infostände, dazwischen immer wieder Segelstars: Für die zahlreich erschienenen Zuschauer hatte das Race Village in Kapstadt wieder viel zu
bieten. Doch nur wenige erahnen den betriebenen Aufwand hinter den Kulissen. Denn um jeweils vor den sich viel schneller bewegenden Rennteams an Ort und Stelle sein zu können, muss alles zweimal vorhanden sein. Das gilt nicht nur für die motorsportartigen Paddock-Bereiche der Teams, sondern auch für deren gemein same Werft, die vom Veranstalter gestellt wird und zu der ein Dutzend Techniker gehört. Riff-Kontakt In Kapstadt gewann Abu Dhabi das In-Port-Race, bevor am 19. November die zweite Etappe Richtung Arabische Emirate in Angriff genommen wurde. In den nun kommenden zwei Wochen schenkte man sich nichts – mal lag Dongfeng vorne, dann wieder Brunel oder Abu Dhabi. Die Hochsee-Etappen spielen bei der Platzierung der Teams eine entscheidende Rolle, denn erstmals wird beim Volvo Ocean Race das Low-Point-System angewendet: Der Sieger erhält einen Punkt, der Zweitplatzierte zwei usw. Gleiches gilt für die In-Port-Wertung, allerdings werden die Ergebnisse gesondert gerechnet und nur bei Punktgleichstand für die Platzierung herangezogen. Somit wird das Team am Ende Sieger, welches die wenigsten Punkte erzielt hat. Das blaue VestasBoot hatte Ende November grosses Pech: 200 Seemeilen nordöstlich von Maurtitius lief es nachts auf ein Korallenriff und brach sich dabei beide Ruder ab. Bei der Havarie erlitten auch Kiel und Rumpf schwere Schäden. Glücklicherweise wurde niemand verletzt, doch obwohl das in der Nähe segelnde Team Alvimedica zur Hilfe geeilt war, musste die Vestas-Mannschaft ihr Boot aufgeben und mit den Rettungsinseln verlassen – safety first. Durch Piraten-Gewässer Der ursprüngliche Plan, die verbliebenen sechs Boote an einem geheim gehaltenen Ort auf einen Frachter zu hieven und so sicher durch das Piratengebiet am Horn von Afrika zu bringen, wurde jedoch fallengelassen, weil man nicht mehr von einer unmittelbaren Bedrohung ausging. Vom zweiten Zwischenstopp in den Vereinigten Arabischen Emiraten geht es auf sieben weiteren meist strapaziösen Etappen und über 25 000 Seemeilen (ca. 46 500 Kilometer) bis zum Zieleinlauf in Göteborg – der Heimat des schwedischen Automobilherstellers. Voraussichtlicher Termin: Ende Juno. Aktuelle Race-Infos mit Ranglisten, Animationen, LiveCam und Blogs sowie die erwähnte, ebenso informative wie unterhaltsame App gibt es unter www.volvooceanrace.com
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POWERPLAY
AKUSTIK-FIEBER OHREN FAHREN BEKANNTLICH MIT: IM PORSCHE-MUSEUM KÖNNEN SICH BESUCHER UNTER SOGENANNTE «SOUNDDUSCHEN» STELLEN UND DORT DEM KLANG VERSCHIEDENER MOTOREN LAUSCHEN. WIR HOLEN SIEBEN HÖRENSWERTE SPORTWAGEN INS MAGAZIN UND DAS GEHT SO: EINFACH SEITE MIT DER VECTURA-APP SCANNEN, MODELL AUSSUCHEN UND GENIESSEN. NICHT NUR AUDIOPHILEN MARKENFANS, SONDERN AUCH ALLEN ANDEREN SPEED-FREAKS SEI DIE ÜBUNG LAUTSTARK EMPFOHLEN Illustration/Audio Werk
Heiser, aber kerngesund: Der luftgekühlte Sechszylinder-Boxer des Ur-Elfer in der Schnittzeichnung. Nur wenige Motoren klingen so markant
058 VECTURA #13
ABGEFAHREN
NASEN IM WIND KÜHLERFIGUREN STAMMEN AUS DER AUTOMOBILEN FRÜHZEIT. HEUTE NOCH AUGENWEIDEN MIT EINEM GELEGENTLICHEN HANG ZUR IRONIE, KÜNDEN DIE KLEINEN SKULPTUREN UND ORNAMENTE VON DER VEREHRUNG, DIE DEM AUTO DAMALS ZUTEILWURDE – UND MACHEN GANZ EINFACH SPASS Text hh· Fotos Bruce Benedict, Gudrun Muschalla
060 VECTURA #13
G
rimmig schaut der Wikinger, das Nilpferd gähnt, der Hase springt – und dazwischen gibt es immer wieder Flügel: Klassische Kühlerfiguren zählen unter Amateurfotografen zu den beliebtesten Objekten. Meist sind es Schnappschüsse, die irgendwo während einem Oldtimeranlass gemacht werden. Doch nur wenige geben sich so viel Mühe wie die Berufsfotografen Gudrun Muschalla und Bruce Benedict: Beide haben sich dem Thema Kühlerschmuck auf spezielle Art genähert – die Münchnerin (www.muschalla.com) tut das vom künstlerischen Standpunkt aus, indem sie eine Serie von 100 ausgesuchten Arbeiten konsequent entsättigt, auf Alu-Dibond matt druckt und in quadratischen Leichtmetallrahmen mit Schattenfuge Ikonen-artig präsentiert. «Jedes dieser handwerklichen Meisterwerke symbolisiert den frühen Traum vom mobilen Leben – die Sehnsucht nach Schnelligkeit,
Unabhängigkeit, Stärke, Überlegenheit», beschreibt es Muschalla, die ihre liebevoll Arbeiten ausstellt und selbstverständlich auch verkauft. Unser Mann in Südkalifornien dagegen findet die kleinen Schmuckstücke ganz einfach sympathisch: «Die wurden ja meistens zur Zierde drangeschraubt, ohne jede technische Funktion. Das ist ‹eyecandy›, der dich lächeln lässt – und wenn ich sowas sehe, drücke ich ab.» Mittlerweile hat Bruce eine ganze Sammlung zusammen fotografiert, die auf www.brucebenedictphoto.com betrachtet und natürlich auch einzeln erworben werden können. Weil die Ergebnisse ebenso unterschiedlich wie nostalgisch und artistisch sind, zeigen wir einige von ihnen mit Verzicht auf detailierte Marken- oder Modell beschreibungen – viel Vergnügen! WINTER 2014 / 15 061
062 VECTURA #13
ABGEFAHREN
Tierreich und Technik sind offensichtlich die grössten Inspirationsquellen der Skulpteure gewesen – gleich nach leicht bekleideten Damen
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Automobiler Streichelzoo: Nur wenige Vierbeiner wie der Dodge, ein Cavallino Rampante, Lamborghinis Stier oder Peugeots Löwe haben sich als Logo in die Jetztzeit herübergerettet. Jaguar wagte gar die Rückkehr des «Leaper» auf die Motorhaube
064 VECTURA #13
ABGEFAHREN
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MODELLWECHSEL
066 VECTURA #13
DAS DREISTERNEMENU
DAS MINDESTENS ZEHNTE GROSSE MERCEDES-COUPÉ (JE NACH ZÄHLWEISE) IST ANDERS ALS SEINE VORGÄNGER, ABER WIEDER EIN ERLEBNIS MOBILER SOUVERÄNITÄT UND EXTRAKLASSE. FOLGLICH GEHT ES BEI EINER ZIELEINGABE IN DIESEM AUTO WENIGER UM DAS WANN, SONDERN MEHR DAS WIE. WIR NÄHERN UNS DESHALB NICHT MIT DEM PEISELERRAD, SONDERN VERTRAUEN UNSEREN UREIGENEN TUGENDEN – UNBESTECHLICHEM QUALITÄTSBEWUSSTSEIN UND HEMMUNGSLOSER GENUSSFÄHIGKEIT Text Wolfgang Peters · Illustrationen Rodja Galli · Fotos Werk
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MODELLWECHSEL
E
s beginnt wie im Film. Oder in einem Traum, der nicht im Tiefschlaf, sondern in jenem diffusen Zustand abläuft, der zwischen Licht und Schatten die flüchtige Existenz eines seit langem existierenden Gedankens annimmt. Das Auto nähert sich wie von selbst, etwas zögernd, mit einer selbstbewussten Beweglichkeit, die aber einem häufig gedachten, nur niemals zuvor realisierten Bild gleicht, ein Abbild des Gedankens, der die Realität flieht und ihm dennoch den Vorhang für eine Bühne öffnet, die das Leben für die «happy few» ist.
Also doch lieber fahren damit, am besten weit in den Süden. Dann liegt am Ende eines heissen Tages der Staub der grossen Ebene auf dem Autokörper. Über der noch heissen Haube tanzen die Mücken. Es riecht nach Gummi und verbranntem Benzin und am Leder des Beifahrersitzes hält sich der Duft eines Parfums, das nur auf ihrer Haut wirklich wirkt. Der Fahrer blickt auf dem Weg ins Haus kurz zurück. Über das S Coupé kriecht das letzte Licht des Tages. Besser wird es ihm nie mehr gehen. Im Tal des Gartens bellt der Hund.
Das neue S-Klasse-Coupé von Mercedes-Benz ist das Resultat einer Vorgehensweise, wie sie im modernen Fahrzeugbau sehr selten geworden ist. Die Perfektion eines mobilen Kunstwerks. Eine Skulptur für den dynamischen Grenzbereich. Im Scheitelpunkt des Möglichen. Natürlich behaftet mit allen Widrigkeiten, die durch die Neigung des Menschen entstehen, mit diesem Fahrzeug häufig rasch vollzogene Ortswechsel vorzunehmen. Auch mit diesem vornehmen Alphatier gibt es Verkehrsregeln zu beachten, selbst dieses Coupé hat nicht immer Vorfahrt, es fehlt die Motorradeskorte, im Stau sind alle gleich, Mobilität ist die Verwirklichung der demokratischen Idee, das maximale Tempo ist fast überall begrenzt, was bleibt, ist die Beschleunigung: In der fetteren AMG-Version wuchten 585 PS den Zweitonner in etwa vier Sekunden aus dem Stand auf hundert. Bei freier Fahrt werden 250 km/h zum (beinahe) lautlosen Erlebnis. Dann aber runter vom Gas. Der Motor hat sowieso nur kurz geseufzt. Wie ein alter Hund, der lieber auf der Decke liegt.
Das S Coupé ist wie erwartet sehr gross und sehr nobel, und es wirkt wie aus der Zeit gefallen. Aus einer Epoche, in der verarmte russische Fürsten europäische Spielbanken sprengten und zier liche Frauen mit Schleiertänzen oder Spionage ihren Lebensunterhalt verdienen mussten. Aus einer Zeit, in der sich vor Kreativität wahnsinnige Künstler das Ohr abgeschnitten oder ihr ganzes Leben nur den Mont Ventoux gemalt hatten. Das S Coupé fährt aus einer Ära der Entrücktheit beim Anblick eines Fahrzeugs, das den Teufel unter seiner endlos langen Haube gezähmt und dressiert hatte, um mit ihm zu einer Hölle aus Geschwindigkeit und Eleganz aufzubrechen. Es fährt in eine Zeit, die nach Öl und Halbleitern riecht und dem Takt der Fürsten des Internets unterliegt, die ihren Wohlstand einem System verdanken, das Google heisst. Aber dieses S Coupé selbst, es ist nicht für Fürsten und nicht für Kapita listen verantwortlich. Es ist eine Maschine des Begehrens und mal ein sanftes, mal ein wildes Stück Technik und dabei immer galant, wie es der Master von seinem wohlerzogenen Servant erwarten darf. Dennoch werden alle Schaltkreise der gebotenen HighTech-Innereien, von der neuartigen Kurvenneigungstechnik zur Reduzierung der Belastung durch die Querbeschleunigung über das frühlingshaftweiche Leder im Innenraum bis zur Luftfederung eines fliegenden Teppichs, den alltäglichen Umgang mit der neuen S-Klasse in Assoziationen des Unterbewusstseins verwandeln. Der schlafende Hund zuckt mit den Pfoten und hebt den alten Kopf. Dann schläft er wieder tiefer. Das Kaninchen ist doch entwischt.
Deshalb keimen widerspenstige Gedanken, die nicht im Sinne der Fortbewegung sind. Aber nicht ohne Reiz existieren. Die Über legung, das S Coupé, so unerhört stark, wie es ist, muskulös bis ins Mark, und mit gezähmter Wildheit einherrollt und wie es rein optisch jeden in der Umgebung anspringt, für immer auf dem Kies der Einfahrt zwischen alten Zypressen (cupressus sempervirens) nach einem letzten Gasstoss einfach abzustellen, für immer in die Immobilität zu verweisen, die Alterung von Lack und Leder zu verfolgen, zu dokumentieren, und es dadurch in eine tatsächliche Skulptur zu verwandeln, erscheint kühn, nach reiflichem Reflektieren, doch aberwitzig und wirr. Was für eine Verschwendung.
068 VECTURA #13
Der Coupé-Gedanke der Sternmarke lässt sich mindestens bis zum Benz Mylord Coupé Jahrgang 1901 oder gar noch weiter zurückverfolgen, falls Sonderaufbauten gezählt werden.
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MODELLWECHSEL
In den 1930er-Jahren waren es dann die feudalen Zweitürer auf Basis der Baureihen 500 K und 540 K – handwerklich anspruchsvolle, formvollendete Luxusautos für Kunden, die sich nur mit dem Besten zufriedengaben. Auch der zuletzt viel diskutierte, weil frisch restaurierte 1938er Stromlinienwagen W29 zählt dazu. Nach dem Krieg ging es dann in etwas bescheidenerer Weise mit dem 220 Coupé (W187) von 1953 weiter – einer barocken Vorkriegskonstruktion, die aber in der Lage war, vier Passagiere zwischen Chrom und Leder zu transportieren. Mit dem ab 1952 angebotenen 300 S Coupé (Typ W188; ab 1955 hiess es 300 Sc) wurde dann deutlich, dass es Mercedes wieder verstärkt auf die mondäneren Strassen dieser Welt abgesehen hatte. Merke: Ein S-Coupé kommt nie allein; seit jeher gehört auch eine Limousine dazu. Das 1956 eingeführte 220 S Coupé des Baumusters W180/ W128 muss gar als automobiler Ausdruck eines im Aufwind befindlichen deutschen Selbstwertgefühls verstanden werden (ganz nebenbei markiert dieser Wagen auch die Geburtsstunde einer zweitürigen Mercedes-Mittelklasse, die sich bis heute grosser Beliebtheit erfreut). Das Jahr 1961 gebar dann den W111 und späteren W112 – einen zeitlosen Klassiker, der immer noch so aussieht, als verkörpere er die edelsten Tugenden der Menschheit: Aufrichtigkeit, Bildung, Kraft und Anmut. In den 1970erJahren verzichtete Mercedes zugunsten des SLC (C107) auf eine 070 VECTURA #13
zweitürige Version des W116, nicht zuletzt aus proportionalen Gründen. Erst 1981 gab es mit dem C126 wieder eine ausge wogen eigenständige, zweitürige S-Variante, die inzwischen zu den gesuchten Klassikern gezählt werden muss. Vor drei Coupé-Generationen schälte sich dann 1992 der C140 aus der kolossalsten S-Klasse aller Zeiten, erstmals standen zwölf Zylinder zur Wahl. Das Design jenes Coupés rief erstmals Widerworte hervor, weil es nicht so einfach zu verstehen war wie in Stuttgart erwartet. Mit der CL-Bezeichnung wurde eine eigene Mercedes-Klasse daraus, es begann die Zeit der «Lines» und der angeblich selbstständigen Baureihen, die bis heute immer neue Blüten treibt. Dann, ab 1999, rauschte das Coupé mit der Ordnungsziffer C215 heran, vielleicht etwas zu devot mit sanfter Sportlichkeit, Doppelscheinwerfern und einem Schnäuzchen-Kühlergrill aus zierlichen Stäben. Mit gespannten Linien und vorgescho benem Kinn-Bug kam 2006 das nächste Coupé, der C216, als Design-Statement – und jetzt fährt sein Nachfolger C217 eben nicht mehr als CL, sondern hochoffiziell als S-Klasse-Coupé vor. Noch nie war es so dynamisch und so ausgetüftelt und überlegt, so raffiniert eingekleidet in Schwünge und Schmisse und verziert mit Zitaten aus der Stern-Historie und in der Summe von allem doch einfach nur: grossartig. Das Heck nimmt empfindsamen Menschen kurz den Atem. Der Innenraum mag überladen wirken.
RUBRIKEN
FÜR SIE SCHAUEN WIR GENAU HIN Puristen möchten weniger Wülste, zierlichere Lüftungsdüsen und eine weniger voluminöse Konsolentrennung in der Mitte zwischen den Vordersitzen. Wahrscheinlich will es die Kundschaft so haben. Es ist die Farbe des Geldes, die im aktuellen Interieur-Design ihre Wirkung entfaltet. Ein Coupé ist immer generöser Verzicht. Und gleichzeitig ein vielfältiger Gewinn. Denn auch das neue S-Klasse-Coupé ist traditionell entstanden aus Überlegungen, die ihren Boden bei der S-Limousine von Mercedes hatten. Und diese gilt nicht zu Unrecht als das derzeit ultimative standesgemässe automobile Transportmittel, wenn es um mehr geht als den blossen Transport. Dabei dürfen selbst beim neuen S-Klasse-Coupé diese Fragen nach seiner Lebensidee und seinem Platz in der automobilen Szene nicht übergangen werden, auch wenn sie allesamt der falschen Fährte folgen. Weshalb nehmen Coupé-Fahrer diesen Abschied von der prestigeträchtigen Limousine nicht nur in Kauf, sondern verzehren sich fast danach? Keine vier Türen, ein niedrigeres Dach, unbequemerer Einstieg für alle, höherer Preis (sollte in diesem Kontext aber vernachlässigbar sein), grössere Angriffsfläche für Neid und unschöne Vermutungen über das Alter und die medizinische Bedürftigkeit des Fahrers. Dieser kämpft in den engen Gassen europäischer Städte mit einer Coupé-Länge von 503 Zentimeter – und erlebt in der Park garage eines Hotels kleine Schübe von Transpiration, die er vor der Zeit dafür nicht erwartet hatte. Aber es gibt auch die angenehmeren Seiten des Coupés und sie erklären vielleicht die Hinwendung. Denn der Verzicht auf die viertürige Bequemlichkeit der Limousine ist nur ein kleiner Verlust. Er wird aufgewogen durch die Vielfalt der Verführung: Das Coupé ist exklusiver, weil seltener, und es wird aus der freien Entscheidung seines Fahrers gewählt und nicht aufgrund hierarchischer oder politischer Bestimmungen und Rücksichtnahmen des Unternehmens. Das Coupé ist im Idealfall der Schönheit verpflichtet, mitunter erfüllt es diesen Anspruch nicht auf den ersten Blick, es darf sich die Extra vaganz eines Designs erlauben, das dem vordergründigen Spektakel entsagt und sich der Extravaganz der überlegten und überlegenen Wirkung hingibt. Ein Coupé ist nicht auf das Wohlwollen einer Mehrheit angewiesen. Bei der Übernahme des S Coupés hat der alte Hund zumindest nicht geknurrt. Schliesslich ist das neue, mindestens zwei Tonnen schwere und 167 500 Franken teure Super-Coupé auch eine Botschaft der Erkenntnisfähigkeit seines Fahrers. Dieser hat irgendwann darüber nachgedacht, was für ihn wirklich wichtig ist: Er wird nie hinten einsteigen, und wenn er Gäste hat, dann ordert er einfach eine Fuhrpark-Limousine oder lässt sich eine Droschke kommen. Der im Vergleich zum Viertürer höhere Preis interessiert diesen Fahrer nicht, in Kategorien pekuniären Erschwinglichkeit denkt er nie. Er hat die Endlichkeit seiner Fähigkeit zum Spüren und zum Aufspüren des nackten fahrerischen Vergnügens begriffen und definiert dynamische Auseinandersetzungen in der hektischen Abfolge von Kurven und unnötigem Beschleunigen und Bremsen als Unterhaltsamkeiten törichter Zeitgenossen. Das neue S Coupé bietet das höhere Fahrerlebnis wie ein Zeugnis der Reife, das die kluge Abkehr von einer zwar möglichen und im Hintergrund verlockenden Sportlichkeit bescheinigt. Angeboten werden ausschliesslich Ottomotoren mit 4,7 (V8 Biturbo) bis sechs Liter Hubraum (V12-Sauger); 455 bis 630 PS (335– 463 kW) garantieren standesgemässe Fahrleistungen bis zu einer Höchstgeschwindigkeit von 300 Stundenkilometer. Die Kraftübertragung erfolgt via Sieben- oder Neun stufenautomat wahlweise auf alle vier Räder. Am Morgen des nächsten Tages haben gute Hände den Staub entfernt und den Tank gefüllt. Achtzig Liter sind ein angenehmer Vorrat. Der alte Hund liegt im Fussraum auf seiner Cashmere-Decke zu Füssen seiner Herrin. Eines seiner Ohren zuckt. Wer weiss schon, welchen Film er jetzt erlebt.
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GEHOBENE FORTBEWEGUNG DAS NEUE MERCEDES S COUPÉ HAT ILLUSTRE VORFAHREN. ANFANG DES 20. JAHRHUNDERTS GING ES LOS; SEITHER VERKÖRPERTE JEDE SERIE DEN STILISTISCHEN UND TECHNISCHEN STATUS QUO IHRER EPOCHE Fotos Werk
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1 Kutschenartig: Benz Dos-à-Dos Mylord Coupé, 1901 2 Stromlinie: 540 K Typ W29, 1937 3 Wiederaufbau: 220 Coupé (W187), 1953–55 4 Neuer Wohlstand: 300 S/Sc Coupé (W188), 1951–58 5 Erste Pontonform: 220 S Coupé (W180/128), 1956–60 6 Zeitlos schön: SE Coupé (W111/112), 1961–71 7 Rallye-erprobt: SLC Coupé (C107), 1972–80 8 Moderne Ikone: SEC Typ C126, 1981–91 9 Panzerschrank: SEC/CL Typ C140, 1992–98 10 Leichter: CL-Klasse Typ C215, 1999–2006 11 Noch luxuriöser: C216, 2006–13 3 4
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STILBLÜTEN
DIE SCHNELLSTE KUNST DER WELT AUTODESIGN HAT NICHT NUR MIT BEWEGUNG, SONDERN NOCH MEHR MIT KREATIVITÄT ZU TUN, GENAUSO WIE MUSIK, MALER- ODER BILDHAUEREI. UND NATÜRLICH HAT JEDE EPOCHE IHREN GANZ EIGENEN STIL Text und Illustration Mark Stehrenberger
«Die Welt wurde durch eine neue Schönheit bereichert: die Schönheit der Geschwindigkeit. Durch ein Automobil, dessen Motorhaube mit grossen Schlangen geschmückt ist, die einen explosiven Atem haben (…) Ein brüllendes Fahrzeug, das wie ein Maschinengewehr zu feuern scheint.» So erklärten italienische Futuristen 1909 in einem Manifest das Erscheinen der neuen Wunderwerke im Strassenbild. In seinen Anfängen Ende des 19. Jahrhunderts war das Automobil noch eine wilde Melange mechanischer Teile – eine archaische Maschine, deren Form dem Zweck untergeordnet war. Als Inkarnation dieser Philosophie wurden in Amerika Millionen vom ebenso preiswerten wie banalen Ford Model T gebaut und an den Mann gebracht. Jeder Bauer mit Pferdesachverstand und Handwerkzeug konnte das Ding am Laufen halten, jede Hausfrau damit zum Einkaufen fahren. Um die sprunghafte Verkehrszunahme zu unterstützen, wurden tau sende Kilometer gepflasterter Strassen und Brücken gebaut. Wie elektrifizierte Häuser, Radio oder Telefon sind Autos Mitte bis Ende der 1920er-Jahre dann in fast allen gesellschaftlichen 074 VECTURA #13
Schichten zu einem normalen Teil des täglichen Lebens geworden. Und natürlich waren wohlhabende Menschen bereit, mehr Geld für ein schöneres Auto auszugeben, das nicht zuletzt ihren sozialen Status symbolisieren sollte. Plötzlich ging es also auch um Stil – nur wenige Jahrzehnte nach seiner Erfindung hatte das Automobil seinen Weg vom reinen Nutzgegenstand in die Kunstszene gefunden. Während Autohersteller heute wieder mehr von Wirtschaftlichkeit und Effizienz getrieben sind, regierte damals reine Eleganz. Die Art-déco-Bewegung war eine Reaktion auf die blumigen Ausschweifungen des Jugendstils – plötzlich dominierten vertikale Zickzacke, Kanten, Sonnenstrahlen, kräftig-satte Farben sowie eine vom Flugzeugbau inspirierte Industrie-Ästhetik. Kontrastierende Materialien wie Metall, Emaille, Elfenbein, Glas und Edel hölzer taten ein Übriges. Das vielleicht berühmteste Werk dieser Epoche ist das 1930 fertiggestellte, imposante Chrysler Building in New York. Neben der Architektur boten sich Autos mit ihren schlanken Formen als ideale Projektionsfläche des neuen Schönheitsideals an: Seinerzeit entstandene Modelle zählen zu den am aufwendigsten gemachten Autos aller Zeiten und sind entsprechend unvergesslich geblieben.
Nach der Weltwirtschaftskrise begann dann eine abgespeckte Moderne, rückblickend kann von Streamline-Ära gesprochen werden. Grossserienambitionen und praktische Karosserie formen prägten diese Phase; Geschwindigkeit stand nun im Vordergrund, und die war auch stilistisch nicht ohne Reiz. Gestraffte, windschlüpfrige Objekte in Wassertropfenform waren nun der letzte Schrei und Aerodynamik ein Schlüsselbegriff. Es ging um eine bessere Leistungsausbeute und erstmals auch um den Benzinverbrauch; die besten Beispiele der 1930er heissen Tatra T77 und Chrysler Airflow.
Chrysler Airflow, 1935 Als das radikale Fahrzeug 1934 vorgestellt wurde, war die Chrysler Corporation in Detroit erst zehn Jahre alt. Man neigte eher dazu, konventionell zu sein, und wirkte dabei oft so alt und knarzend wie eine arthritische Hüfte. Der Airflow vollbrachte da wahre Wunder: Spätere Windkanaltests zeigten, dass typische 1930er-Automobile rückwärts aerodynamisch effizienter waren als vorwärts! Eine Offenbarung, die dann direkt in die Streamline führte. Dennoch – das Avantgarde-Modell mit seinem fliessenden Wasserfall-Kühlergrill stiess auf wenig öffentliche Akzeptanz: Es war einfach zu modern für seine Zeit.
Immer mehr ging es um Design. Chromstahl-Zierleisten, Kühlerfiguren, Armaturenbretter und ihre Instrumentierung, Innenverkleidungen oder Sitzpolster sprachen neben der Preisklasse und Art des Aufbaus bald Bände über den Geschmack ihrer Besitzer. Noch stellten viele Hersteller nur Motoren und Fahrwerke; selbst US-Giganten setzten in den 1930er-Jahren noch auf externe «Bodybuilder»: Bei Ford waren es Briggs und Murray, General Motors liess bei Fisher Body fertigen. Später wurden viele dieser Firmen kurzerhand geschluckt, doch elitäre Aufbauten für IsottaFraschini, Packard oder Rolls-Royce wurden länger «ausser Haus» hergestellt.
Bugatti T57 SC Atlantic, 1937 Die Baureihe war damals sowohl mechanisch als auch stilistisch ein Hammer. Und Jean, der Sohn Ettores, landete dann den Volltreffer. Das Atlantic Coupé, bis 1938 gerade vier Mal gebaut, gilt bis heute als der schönste und exotischste (und teuerste) aller Bugatti. Für mich ist der Wagen gar ein automobiler Superlativ – unschlagbar, und das in GROSSBUCHSTABEN. Dieser Hufeisen-Grill, die geschwungenen Kotflügel, die Kabine und, Jesus, dieses Heck: Wie haben sie das nur hingekriegt? Vollendete Kunst in Bewegung! Schwer zu glauben, dass dieses Auto sieben Jahre älter ist als ich, hmm … Wie auch immer: Ebola, Terrorismus, die Kardashians – unsere Welt ist voller schrecklicher Dinge, aber ein schwarzer T57 SC Atlantic in meiner Garage würde alles wieder gut machen.
Als die Automobilproduktion nach dem Zweiten Weltkrieg wieder anlief, hatte sich alles geändert. Auch das Automobildesign schlug bald einen komplett neuen Weg ein; Modelle ein und derselben Fahrzeugklasse sahen plötzlich höchst unterschiedlich aus. Es gab charismatische Autos, die auch technisch revolu tionär ausfielen. In die Nachkriegszeit fällt auch der rasante Aufstieg der italienischen Carrozzerie: Ateliers wie Bertone, Ghia, Pinin Farina, Vignale und später Italdesign von Giorgetto Giugiaro wurden zu Schlagwörtern der anspruchsvollen Fort bewegung – nicht nur in Europa und Amerika, sondern auch in Asien. Die meisten von ihnen hatten als Familienbetriebe und einfache Werkstätten für die grossen Autohersteller begonnen. Im neuen Italien geriet eine stark linksgerichtete Regierung, die mehr an Arbeitsplätzen interessiert war als daran, reiche Autokäufer zu bestrafen, zum Vorteil für Unternehmen wie Alfa Romeo, Ferrari oder Maserati: Die verkauften ihre extravaganten Autos an solvente Kunden in der ganzen Welt – das ästhetische Interesse an Design und Kunst blühte wieder auf. Die 1960erund 1970er-Jahre sahen dann einige der schönsten Autos überhaupt: Ferrari 250 GTO, Lamborghini Miura, Lancia Flaminia – es war veritable Kunst auf Rädern. Alles lief wie geölt bis ins neue Jahrtausend, doch dann zogen Gewitterwolken am Horizont auf: In der Pw-Absatzkrise Mitte der 2000er-Jahre gerieten Bertone und andere selbstständige europäische Karosseriebauer wie Karmann in Zahlungsschwierig keiten, gingen in Konkurs oder wurden zerschlagen. Ähnliches bahnte sich bei Italdesign an, doch der VW-Konzern griff dem langjährigen Geschäftspartner gerade noch rechtzeitig unter die Arme. Neue Kunden wollten gefunden werden, und die sucht man jetzt in China. Damit ist auch gesagt, welche Geschmacksnerven erfolgreiches Automobilstyling künftig treffen muss. Aber welche Baureihen sind nun unsterbliche Kunstwerke? Da gibt es objektive und subjektive Perspektiven. Merke: Das Einzi ge, was konstant bleibt, ist die Veränderung. Hier sind jedenfalls meine Top Five, ausgesucht natürlich nach rein visuellen Gesichtspunkten. May I have the envelope, please?
Lancia Flaminia Florida ll Coupé, 1957 Der ultimative Lancia seiner Epoche, perfekt ergänzt durch Farinas modernen Look. Der Schlüssel war die schlanke, sehnige Dachlinie, die hinten elegant in dezenten Flossen auslief. Das Dachvolumen selbst – fehlende B-Säulen garantierten den sauberen Look – stand in optimalem Verhältnis zum Rest der Karosserie und definierte die Silhouette des gesamten Autos. Dessen Grundform war schlicht spektakulär und markierte eine neue Ära in Sachen Styling. Noch heute ist dieser Wagen ein wunderschönes Beispiel italienischer Handwerkskunst. VW Beetle Concept, 1994 Kindchen-Schema? Vielleicht. Auf jeden Fall gehörte Volkswagen zu den ersten Herstellern, die ein Fahrzeug im sogenannten Retrodesign auf den Markt brachten. Die Amerikaner Thomas und Mays entwarfen die Studie als Reinkarnation des heiligen Käfer – Standing Ovations waren die Folge und aus dem Konzept wurde das Serienmodell New Beetle auf Golf-Basis. Unpraktisch zwar, mit den Kulleraugen aber total «cute», entwickelte er sich in Nordamerika schnell zum femininen Kultmobil. Coole Kerle wollten aber unter keinen Umständen darin gesehen werden! In den USA wurde der New Beetle trotzdem ein Erfolg, in Europa liess das Interesse schnell nach – schade. Cadillac Sixteen Concept, 2003 Wow, wie geil! Erst elf Jahre alt, ein Frischling sozusagen, aber nach wie vor umwerfend schön. Dieser Caddy sollte in jedem Design-Museum stehen und weckt Begierde in mir. Souverän und elegant, dabei gross genug, um die Sonne auszublenden, und schwer genug, um den Strassenbelag zu zerquetschen. Back to the Future. Das technische Konzept ging auf jene legendären V16-Modelle der 1930er-Jahre zurück. In Erinnerung daran hatte Caddy einen neuen V16 mit 1000 PS aus 13,6 Liter Hubraum und Zylinderabschaltung konstruiert – und für dieses Triebwerk den passenden Prototyp geschaffen. M.A.M.A.! Verantwortlich für dieses Kraftmonster, das optische Anleihen vom 1967er Eldorado enthielt, war der Schweizer Bob Lutz, seinerzeit GM-Vizepräsident. Leider ging das Auto nie in Produktion – nicht mal als Kleinserie. Und das habe ich bis heute nicht verwunden. WINTER 2014 / 15 075
FAHRTERMIN
T-TIME
BEI AUDI WEISS MAN: NICHTS IST SCHWERER, ALS EINE IKONE NEU DEFINIEREN ZU MÜSSEN. WIR FLOGEN NACH BERLIN, UM HERAUSZUFINDEN, OB DAS AUCH MIT DER DRITTEN TT-GENERATION GEKLAPPT HAT Text map · Fotos map, Werk
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trassenlampen tauchen die ehemalige Start-Ziel-Gerade der Avus-Rennstrecke in gelbliches Licht, als wir im Dunkeln über der Stadt Richtung Flughafen Tegel einschweben. Auf dem Rundkurs hatten die Silberpfeile der Auto Union einst ihren ersten Auftritt, bevor sie Rennsportgeschichte schrieben (siehe VECTURA #9) – um dann Jahrzehnte später von einem kleinen Sportwagen stilistisch zitiert zu werden. Vor bald 20 Jahren, im Herbst 1995, steht die besagte CoupéStudie (oben) auf der IAA in Frankfurt. Sie erobert die Herzen des Messepublikums im Sturm. Ihr Name geht auf die 1969 mit Audi fusionierte Marke NSU zurück – ob die Motorräder für die Tourist Trophy oder der gleichnamige Heckmotor-Sportler (1965 –72; ganz oben) gemeint waren, wird heute noch heiss diskutiert.
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1998 geht die Studie auf der VW-Golf-IV-Plattform und optisch kaum verändert in Serie. Um die gewünschte Sportlichkeit zu erreichen, hat man das 2+2-Modell besonders dynamisch abgestimmt, was zu einem heiklen Grenzbereich führt. Ein fester Heckspoiler und ESP lösen das Problem; der TT-Hype wird nahezu nahtlos fort gesetzt, bis 2006 werden knapp 270 000 Einheiten von Coupé und Roadster verkauft. Die zweite Generation basiert entfernt auf dem Audi A3 und weist erstmals einen Aluminium-Spaceframe auf. Sie ist insgesamt weniger verspielt, sondern reifer und fahrdynamisch weiter vorne, was auch die Frage klärt, ob die Baureihe überhaupt ein richtiger Sportwagen sei. Es gibt ein adaptives Dämpfersystem, die Doppel kupplung S-Tronic und Turbomotoren mit bis zu 340 PS (ab 2009); ein 170-PS-Diesel ergänzt erstmals 2008 das Angebot. Bis Oktober 2014 baut Audi über 241 000 Einheiten. Die dritte Generation (interner Code: 8S) ist wieder komplett neu entwickelt, kommt einmal mehr mit Front- oder Allradantrieb und weist weitgehend die Proportionen ihres Vorgängers auf. Letzteres mag ein entscheidender Faktor für die Verwechslungsgefahr sein; speziell bei Dunkelheit sieht der auch äusserlich ähnlich gestaltete TT 3 aus wie ein TT 2. Das ändert sich jedoch schlagartig, wenn man einsteigt und die Beleuchtung einschaltet: Der Fahrer blickt auf das modernste Cockpit, das es aktuell in einem Serienauto gibt und auf das wir noch eingehen werden. Aussen signalisiert die LED-Mimik an Front und Heck, dass es sich hier um ein neues 078 VECTURA #13
Modell handelt. Besonders jüngere Semester des autofahrenden Berliner Publikums sind gut informiert: Auf dem Stadtring flankieren Sportcoupés ähnlicher Bauart unseren Zweiliter-Fronttriebler, um einen zweiten Blick auf das bewegte Objekt zu ergattern. Wir winken freundlich verlassen die Tangente und fahren knapp 200 Kilometer nach Süden: Unser Ziel ist Dresden, wo die Automobilhistorischen Gesellschaft ihre Jahrestagung ausgerichtet hat (www.autogeschichte.com). Dass wir den TT dabei auch in Richtung Auto-Union-Historie bewegen, ist reiner Zufall, doch bildet die gut ausgebaute Strecke einen perfekten Parcours für das knackige Audi-Coupé: Die noch frischen Autobahnen der neuen Bundesländer gehören zu den besten der Republik, ausserdem weisen sie weitgehend kein Tempolimit auf. Auf freier Strecke schalten wir den Fahrmodus-Schalter auf «Sport» und per Lenkrad-Paddel zwei Gänge zurück, geben Gas – und schon zischt der TT wie am Gummiband gezogen davon. Seine Spurtreue ist sagenhaft und das Vertrauen in die Fahrdynamik dieses Wagens schnell vorhanden: Er beherrscht hohe Tempi mit einer Lässigkeit, die erstaunt, und mit einer Souveränität, die begeistert. Antriebseinflüsse im Lenkrad sind dank elektronischer Differentialsperre und radselektiver Momentensteuerung nie zu spüren. Natürlich bieten Quattro-Modelle noch mehr Traktion, doch bei unserer Tour de Force auf trockener Piste fehlen sie nicht. Der Trip nach Dresden wird so zum kurzweiligen Katzensprung, auf dem uns niemand überholt. Allein der Motor könnte noch etwas kerniger tönen, dafür verwöhnt das Soundsystem.
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