VECTURA #18

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WWW.VECTURAMAG.CH

[ lat.: das Fahren]

#18 | Frühling 2016

Ansprechend anders INFINITI Q30

NACHTFAHRT // IM CABRIO ÜBER DIE ALPEN SCHNELLE SCHWEDEN // VOLVO IM RENNSPORT PARTYLAUNE // LANDY-TREFFEN SPEZIAL // ITALIENISCHE TRAUMWAGEN

VOLLGAS-EDITION www.prestigemedia.ch | CHF 10.–

FRÜHLING 2016

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DAS MOTION-MAGAZIN AUS DER SCHWEIZ


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EDITORIAL

Matthias Pfannmüller, Chefredaktor

VECTURA #18

VOLLGAS

EDITION

Full throttle, in CO2- und Stickoxid-geschwängerten Zeiten? Wo doch die autofahrende Menschheit (zumindest in Westeuropa) einen Gang herunterschaltet? Sind die jetzt vollkommen durchgedreht bei Vectura? Sachte. Zunächst einmal ist die aktuell geführte Emissions-Debatte eine sinnvolle, weil sie das teils wahnwitzige Verhältnis zwischen Gesetzgebern und Autoherstellern hinterfragt. Denn immer weniger Verbraucher sind bereit, sich für dumm verkaufen zu lassen. Aber das soll gar nicht unser Thema sein, ebenso wenig die Tatsache, dass ein Grossteil der weltweiten Luftverschmutzung gar nicht vom Automobil verursacht wird. Es geht vielmehr darum, dass das Fahrvergnügen bei aller Feinstaubpartikelklauberei nicht unter die Räder kommt. Leistung – Autokenner wissen das – äussert sich eben nicht allein in blinden PS-Zahlen, sonst könnte man ja auch jeden x-beliebigen Turbo-bedampften, frontgetriebenen Kleinwagen nehmen. Nein, wirklich leistungsfähige Fahrzeuge sind fein ausbalancierte Maschinen, deren Konstrukteure ausnahmslos auf kompetente Komponenten zurückgreifen durften. Deren technische Überlegenheit nicht erst bei Tempo 200 plus erlebbar wird, sondern schon auf welligen Strassen oder in langsamen Kurven. Deren atemberaubendes Styling schon im Stand betört. Und – last but not least – deren Seltenheit einen Teil ihrer Begehrlichkeit ausmacht. Vollgas-Spass hat selten weniger als vier Zylinder, aber oft einige mehr; ja, er kann sogar umweltfreundlich sein. Das liegt zum einen daran, dass Exoten weniger bewegt werden und länger leben, während die massenhafte Produktion heutiger Wegwerfware enorm viel Energie verzehrt. Zum anderen wird in Verbrauchsdiskussionen gerne verdrängt, dass Neuwagenkäufer, deren jüngste Anschaffung einen halben Liter weniger konsumiert, ihren alten Pw höchstens in Ausnahmefällen verschrotten, sondern weiterverkaufen – er emittiert also weiter, wenn auch an anderer Stelle. Nicht zuletzt bewirkt das populäre Märchen von der «optimal niedrigen» Drehzahl genau das Gegenteil dessen, was eigentlich beabsichtigt ist, nämlich Sprit zu sparen. Wer wirklich weniger verbrauchen will, beschleunigt zügig und schaltet möglichst oft hoch – das dient den mechanischen und inneren Wirkungsgraden eines Verbrennungsmotors. Wir merken: Es bringt gar nichts, Eigner gepflegter V8-Oldies zu beschimpfen und einen bis zu 515 kW (700 PS) starken Tesla S, dessen Nachhaltigkeitsbeweis erst noch erbracht werden will, unreflektiert über den grünen Klee zu loben. Denn Umweltschutz fängt nicht erst beim Auto an. Vor allem aber hört er dort nicht auf. FRÜHLING 2016 003


INHALT #18

EDITORIAL

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E-MOTOREN AUF ABWEGEN Toyota erweitert seine alternativ angetriebene Modellpalette mit dem RAV4 Hybrid

084

008

FEINSTE HANDARBEIT Zum 90sten präsentiert Touring Superleggera einen modernen Disco Volante Spyder

090

SPORTLICHE GENE Die richtige GT-Coupé-Rezeptur ist zeitlos und international. Zwei Beispiele

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ZWEITE CHANCE Wenn Ford aus dem Mondeo einen Vignale macht, geht es um Lifestyle

092

OVALE WELTEN Für nicht wenige Menschen zählen die 24 Stunden von Daytona zu den schönsten des ganzen Jahres

020

GRANDE CASINO Wer die vollständige Modellbezeichnung des Mostro liest, darf sich wundern, dass es dieses Auto überhaupt gibt

098

STRAMME WADEN Diese Fahrrad-Bücher machen glücklich

034

HOL MICH DER TEUFEL Mit einem Lamborghini Aventador SV ist auf dem Highway immer die Hölle los

044

SPORT HILFT Der Technik-Transfer zwischen F1 und Strassenautos findet nach wie vor statt – wenn auch unter anderen Vorzeichen

108

TITELSTORY Der Infiniti Q30 soll nicht weniger sein als ein «Game Changer» – schafft er das? ACHTERBAHNFAHRT Die Geschichte von Michel Cerini und seinem Renntourenwagen ist voller Höhen und Tiefen

054

FLUCH DER LEGENDE Lassen sich Ikonen reproduzieren? Wir suchen schlüssige Antworten

114

THANK GOD IT’S FRIDAY Der neue Jaguar XF kann zwar Office, macht in der Freizeit aber fast noch mehr Spass

056

120

ENDE DES ELENDS Dank bester Rahmenbedingungen brummt die britische Automobilindustrie wie nie zuvor

062

TOW AWAY ZONE Alljährlich treffen sich in England zehntausende Fans, um ihrem geliebten Land Rover Defender zu huldigen. Manche fahren sogar Rallyes mit ihm

136

DER SONNE ENTGEGEN Fünf Kantone und sechs Pässe in einer Nacht: Alpentour im Alfa Romeo Giulia Spider Veloce

064

SONNTAGSFAHRER Um im Audi TT Cup starten zu können, braucht es eine Lizenz. Also los …

142

GESTREICHELT, NICHT VERWEHT Wer den neuen Ferrari 488 Spider ausführt, muss anschliessend nicht gleich zum Friseur

078

DYNAMISCH NORDISCH Auf der Rundstrecke hat Polestar seit 20 Jahren das Ziel vor Augen – und die Lieblingsmarke rennt schon viel länger LUXUS VON MORGEN Wir wissen, warum die kommenden 90erModelle von Volvo bemerkenswert sind

152

IMPRESSUM

160

VOLLGAS EDITION

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INFOTAINMENT

Wo DIESES ICON steht, gibt es NOCH MEHR VECTURA. Möglich macht es die sogenannte «AUGMENTED REALITY» (erweiterte Realität, kurz AR): Diese computergestützte «Wahrnehmungserweiterung» erlaubt ZUSÄTZLICHE EBENEN, die interaktiv funktionieren und nicht nur die Augen anregen sollen. Zu weiteren Informationen in Text und Bild, wie sie bisher bereits mit unseren QR-Codes geboten wurden, kommen ab sofort ANIMIERTE INHALTE wie 360°- und 3D-Ansichten, Motorsounds oder Filme. Das alles ver­m ittelt MEHR GEFÜHL direkt aus dem Magazin heraus.

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006 VECTURA #18

Die AR-Extras sind im Inhaltsverzeichnis markiert und wir beabsichtigen, das Angebot in den kommenden Ausgaben weiter auszu­bauen. An der inhaltlichen wie haptischen Qualität der Printausgabe ändert sich natürlich nichts.


Stil ist keine Frage des Terrains. Bentayga.

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Der Name „Bentley“und das geflügelte „B“ sind eingetragene Markenzeichen. © 2016 Bentley Motors Limited. Gezeigtes Modell: Bentayga.


ICH REKUPERIERE, ALSO BIN ICH TOYOTA HAT ETWAS SCHLAUES GETAN – UND ZWEI ERFOLGSREZEPTE MITEINANDER KOMBINIERT. AB SOFORT GIBT ES DEN SOFTROADER RAV4 AUCH MIT HYBRIDANTRIEB. WIR GREIFEN NATÜRLICH ZUR ALLRADVERSION Text Hubertus Hoslin · Fotos map, Werk

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b Nissan Qashqai, Mitsubishi ASX und sein französisches Pendant C4 Aircross oder der in der Schweiz populäre Suzuki S-Cross: Aus Japan stammende Normgaragen-SUV der Crossover-Klasse haben Hochkonjunktur. Lexus hat den NX, Honda lancierte eine Neu­auflage des HR-V und Mazda stellte dem CX-5 einen CX-3 zur Seite. Interessant ist auch der kommende Infiniti QX30 auf Basis des Mercedes GLA. Sie alle sind 4,20 bis 4,70 Meter lang und können Gelände, wenn auch eher weniger als mehr. Für den kleinen Hausgebrauch, die stereotype Skihütte oder überraschend verschneite Autobahnen reicht es aber allemal, solange wirklich ein Allradantrieb verbaut ist. Denn Letzterer ist in dieser Fahrzeugkategorie immer öfter Option, auch bei der koreanischen oder europäischen Konkurrenz. Die SUV-Welle erstmals im grossen Stil abgesurft hat aber Toyota – wenn man von den früheren Suzuki-Fun-Allradlern Eljot und SJ einmal absieht. 1994 erschien der erste, noch recht knuddelige RAV4, dessen Modellbezeichnung seither für «Recreational Active Vehicle 4-Wheel Drive» steht. Längst gehört die Baureihe zum Standard-Inventar; seit 2013 fährt sie in ihrer vierten Generation, die ab diesem Jahr auch im russischen Sankt Petersburg gebaut werden soll. Unabhängig davon war es für den Hersteller wohl Zeit für ein Facelift: Seit Januar weist das

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Modell eine überarbeitete Frontpartie auf, die mit ihrer markanteren Scheinwerfer-Kühler-Mimik erwachsener aussieht als bisher. In der Länge legt der RAV4 damit um 3,5 Zentimeter zu; an den Flanken und dem charakterstarken Heck gibt es nur geringfügige kosmetische Retuschen; die Rückleuchten verfügen jetzt auch über LED-Technik. Operation gelungen: Das Auto wirkt nicht nur frisch – es ist auch schärfer, präziser geworden. Im Innenraum hat man das Cockpit aufgewertet: Die Instrumente beinhalten nun ein grosses farbiges Info-Display. Unverändert gibt es einen zentral angeordneten Touchscreen, über den sich das gesamte Infotainment steuern lässt. Das funktioniert bestens; die Bluetooth-Anbindung des Mobiltelefons ist kinderleicht. Neu ist ein 360°-Panoramablick, der aus den Bildern von vier Kameras generiert wird, über eine Zoom-Funktion verfügt und das Rangieren wesentlich erleichtert – vor allem in kniffligen Ecken. Obwohl Kunststoff überwiegt, fühlt sich das Interieur wertig an. Nach wie vor sind Teile des Gestühls, das Armaturenbrett und Multifunktionslenkrad wahlweise beledert. Letzteres könnte etwas steiler und weiter justierbar sein, doch dieser Mangel wird vom vielfältig verstellbaren elektrischen Fahrersitz kompensiert. 010 VECTURA #18

Die vorderen Platzverhältnisse sind gut, Rundumsicht und Ergonomie nach wie vor tadellos. Hinten ist die Rückbank zwar nicht verschiebbar; dafür lassen sich die Sitzlehnen justieren und es gibt Isofix-Schlösser für die Kindersitze. Zur Sicherheitsausstattung, die aus Spurhalteassistent mit aktivem Lenkeingriff, vollautomatischem Fernlicht oder Verkehrsschilderkennung besteht, kommen im jüngsten RAV4-Jahrgang der adaptive Tempomat sowie ein Kollisionssystem, das nicht nur andere Fahrzeuge, sondern bis 80 km/h auch Fussgänger erkennt und bei einem drohenden Aufprall jeweils das Tempo reduziert. So weit, so gut. Die wohl grösste Neuerung besteht jedoch aus blauen Markenlogos und Schriftzügen: Sie weisen auf ein verfügbares Vollhybrid-System hin, das entweder mit Frontantrieb (ein E-Motor vorne) oder Allradantrieb (ein weiteres E-Aggregat an der Hinterachse) kombiniert werden kann. In beiden Fällen lässt sich der RAV4 erstmals auch rein elektrisch bewegen – wenn man den zwischen 1997 und 2003 gebauten RAV4 EV ausklammert, der ja keine 1600 Mal für den kalifornischen Markt entstand und dort lediglich verleast worden ist.


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TECHNISCHE DATEN TOYOTA RAV4 2.5 HYBRID AWD Ein E-SUV kurz vor der Lancierung des vierten Prius ist doppelt schlau, denn erstens kombiniert Toyota hier zwei Eigenschaften, die aktuell sehr gefragt sind. Zweitens – und das ist fast wichtiger – wird so wenigstens teilweise der Widerspruch aufgelöst, dass zwar alle Welt mit Allradlern unterwegs sein, mit denen aber auch weniger verbrauchen möchte. Physikalisch geht das natürlich nicht, doch gewährt der Hybridantrieb im Pendlerverkehr jenen Verbrauchsvorteil, der sich dann an der Zapfsäule positiv bemerkbar macht. Toyota profitiert ebenso, wenn sich der Flottenverbrauch etwas weiter eindämmen lässt – in SUVfixierten und gleichzeitig emissionsregulierten Zeiten drohen erhöhte Abgaswerte für Automobilhersteller zu einem Bumerang zu werden. Die Japaner rechnen beim RAV4 in der Schweiz gar mit einem Hybrid-Anteil von über 80 Prozent. Der neue ZweiliterTurbodiesel mit 143 PS wird bei uns deshalb auch gar nicht angeboten und bleibt anderen Märkten vorbehalten. Wenn wir mal einen SUV fahren, muss der ohnehin Allrad haben, wird Traktion erwartet. Ganz besonders im Grossen Weiss, denn genau dorthin lenken wir den neuen RAV4 – und erleben unser blaues Wunder. Frisch verschneite Hänge nimmt der Japaner, ohne mit der Wimper zu zucken. Das ist wirklich eindrücklich und besser, als wir erwartet hatten. Die E-Achse hinten gehört also zu keinem Pseudo-4x4, sondern macht ihre Sache sehr gut. Vollautomatisch und elektronisch, versteht sich, denn mechanische Sperren hat der RAV4 Hybrid nicht an Bord. Schalten ist auch kein Thema, weil die Kraft des Benziners automatisch und variabel übertragen wird. Man muss sich also um nichts kümmern ausser lenken, Gas geben oder bremsen. Leider sorgt der stufenlose Wandler auch im RAV4 für eine nervige Geräuschkulisse – vor allem wenn 012 VECTURA #18

Konzept Kompakt-SUV in vierter Generation. Selbsttrag. Stahlkarosse mit Hilfsrahmen v., 5 Türen/Sitze. Zahnstangenlenk. mit el. Servo, Dreieckquerlenker v., Mehrlenkerachse h., Scheibenbr. rundum (v. innenbel.), stufenloses Wandlergetriebe, Basismodell mit Frontantrieb Motor Vorn quer verbauter, wassergekühlter Vierzylinder-Benziner mit Stopp-Start-System plus zusätzlichen E-Motoren mit insgesamt 105 kW Hubraum in cm3

2494

Bohrung x Hub in mm

90 x 98

Verdichtung

12,5:1

Leistung in PS (kW) @ U/min

155 (114) @ 5700

Systemleistung in kW

145

Max. Drehmoment in Nm @ U/min

210 @ 4200

Kraftübertragung

CVT

Abmessungen (L/B/H) in cm

460,5 / 184,5 / 167,5

Radstand in cm

266

Spur vorne/hinten in cm

157/157

Reifen und Räder

225/65 R17 auf 7J

Tankinhalt in L

60

Kofferraumvolumen in L

575 –  1775

Leergewicht (ohne Fahrer) in kg

1795

Zulässiges Gesamtgewicht in kg

2270

Leistungsgewicht in kg/PS

9,1

0 – 100 km/h in Sek.

8,3

Höchstgeschwindigkeit in km/h

180

Durchschnittsverbrauch* in L/100 km

5,1

CO2-Emission in g/km

117

Energieeffizienzkategorie

B

Preis ab CHF

40 200.–

* gemessen nach NEFZ: Neuer Europäischer Fahrzyklus


HYBRID ALS PRINZIP Als Ende 1997 der erste Prius erschien (Foto), war er ein Exot. Inzwischen lacht niemand mehr: Toyota hat über acht Millionen Vollhybriden produziert und bietet die Technologie längst auch in anderen Baureihen an. Der RAV4 ist also das jüngste, aber sicher nicht letzte Angebot, wahlweise elektrisch zu fahren

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beschleunigt wird oder es bergauf geht. Das geht schon bei 40 Stundenkilometer los, weshalb wohl auf einen Drehzahlmesser verzichtet wurde. Vollelektrisch fahren funktioniert ohnehin nur in der Ebene und mit sehr überschaubarer Reichweite – wir schafften immer nur ein paar hundert Meter, dann sprang wieder der Verbrenner an. Macht aber nichts: Der Antriebs- und Verbrauchsvorteil ergibt sich aus der Kombination mit dem Benziner; wir haben es ohne allzu grosse Zurückhaltung auf einen Durchschnitt von unter sechs Liter geschafft. Antritt und Durchzug sind für ein Auto dieser Klasse ebenfalls beachtlich; untermotorisiert ist man im RAV4 Hybrid wahrlich nicht. Dazu kommen Tasten für die drei unterschiedlichen Fahrmodi EV, Eco oder Sport; Letzterer bietet zwar mehr Boost, doch die Unterschiede halten sich in Grenzen. Zart besaitete Naturen hören hie und da einen schwer lokalisierbaren, hochfrequenten Ton, der anfänglich als unangenehm empfunden werden kann. Nach einer Weile vernimmt man ihn aber kaum noch.

Der RAV4 ist das aktuell jüngste Toyota-Hybrid-Angebot und der Verbrauchsvorteil deutlich spürbar Positiver Nebeneffekt der Allrad-Option: Die Zuglast erhöht sich auf brauchbare 1650 Kilogramm, während der Fronttriebler nur mickrige 800 kg ziehen darf. Kleiner Nachteil: Die Hybrid-Batterie sorgt im Kofferraum für eine Stufe, an die man sich aber ebenso gewöhnt wie an das praktische, quer gespannte Gepäcknetz, das viel verträgt und in dem sich auch Zerbrechliches unbeschadet transportieren lässt. Abgesehen vom erwähnten gelegentlichen CVT-Gejaule fährt es sich bemerkenswert leise, was auch mit der zusätzlich versteiften Karosserie, einer anderen Fahrwerksabstimmung oder der optimierten Dämmung zu tun haben dürfte – Massnahmen, die man dem kompletten Modelljahrgang zugutekommen liess. Von allen mögen wir den RAV4 Hybrid jetzt am liebsten: Er ist ein patentes Auto, das den Alltag erleichtert und die fossilen Ressourcen schont. Dazu kommt ein attraktives Preis-Leistungs-Verhältnis mit sechs Jahren Gratisservice und mindestens drei Jahren Garantie – merke: Vernunft kann durchaus attraktiv sein.

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Bei allem Streben nach «Zero Emission» hat Toyota auch sehr sportliche Gene. Als man im Jahr 1965 den 220 km/h schnellen Sportwagen 2000 GT mit 150-PS-Reihensechszylinder präsentierte, war der die japanische Antwort auf

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den vier Jahre früher gezeigten Jaguar E-Type. Zwischen 1967 und 70 entstanden lediglich 351 Exemplare, die heute deutlich teurer gehandelt werden als das britische Vorbild: Erste 2000 GT knackten bereits die 1-Million-Dollar-Grenze


PERSPEKTIVE

Im Herbst 2015 präsentierte der grösste Automobilhersteller der Welt die Westentaschen-Coupé-Studie S-FR: Der 3,99 Meter kurze Urenkel des 2000 GT hat Frontmotor, Sechsganggetriebe und Heckantrieb, wiegt rund eine Tonne und soll nicht viel kosten, wenn er 2017 auf den Markt kommt. Jetzt hoffen wir, dass er auch nach Europa exportiert wird

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PORTRAITS DER RUNDSTRECKE Text map 路 Fotos www.wernerbartsch.de

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RENNSPORT

DER NAME AN SICH IST LEGENDÄR; SOGAR EINE SCHWEIZER ARMBANDUHR IST NACH DIESEM ORT BENANNT. SEIT NUNMEHR 50 JAHREN TRETEN DIE JEWEILS SCHNELLSTEN PILOTEN DER WELT HIER AN, UM SICH AUF DEM INTERNATIONAL SPEEDWAY MIT DEN BESTEN ZU MESSEN, UND DAS ÜBER 24 LANGE STUNDEN. WIR SIND IN FLORIDA, ES IST ENDE JANUAR UND WARM, ABER NICHT HEISS, DAZU TROCKEN. IDEALE BEDINGUNGEN ALSO FÜR DEN US-LANGSTRECKENKLASSIKER, DER NEBEN EINEM VIER KILOMETER LANGEN OVAL AUCH EIN INTERESSANTES INFIELD ZU BIETEN HAT – WANN WIRST DU DABEI SEIN?

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RENNSPORT

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as in Daytona heute ausgetragene «IMSA Weather Tech Sports Car Championship» ist die höchste Sportwagenserie der Vereinigten Staaten und Kanada. Die Meisterschaft entstand Ende 2012 aus den damals zusammengelegten American Le Mans Series und der Rolex Sports Car Series und ist Partner der 24 Stunden von Le Mans.

Startberechtigt sind Prototypen und GT-Fahrzeuge verschiedener Klassen; 2017 soll es erneut Änderungen im komplexen Reglement geben. Action und Spannung bleiben davon unangetastet: Wer hier siegt, wird unsterblich. Und wer es einmal live miterlebt hat, kann es nie wieder vergessen.

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RENNSPORT

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RENNSPORT

FRÜHLING 2016 025


RUBRIKEN

026 VECTURA #18


RENNSPORT

Erschรถpft, aber zufrieden: Rennfahrer Dirk Werner nach zwei Stunden Steilkurve

FRร HLING 2016 027


RENNSPORT

028 VECTURA #18


RUBRIKEN

FRÜHLING 2016 029


RENNSPORT

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LEKTÜRE

032 VECTURA #18


IN VELO VERITAS ZEIGE MIR DEIN FAHRRAD, UND ICH SAGE DIR, AUS WELCHEM HOLZ DU GESCHNITZT BIST. ABER VORHER SCHAU DIR MAL DIESE HARTEN KERLE HIER AN! Text hh · Fotos Bengt Stiller

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as früher ein betagtes Stahlrennrad war – erst technisch veraltet und zu schwer, dann achtlos entsorgt –, ist heute Vintage und liegt wieder im Trend. Sicher, die Szene ist überschaubar, aber umso fanatischer. Ein in Wien lebender Hamburger Fotograf hat ein paar namhafte VelozipedAkteure besucht und ihre bunte Welt aus handgemachten Rahmen, Ritzeln, Ledersätteln oder Speichenrädern liebevoll eingefangen. So entstand ein Bildband, der die Atmosphäre alter Rennsportherrlichkeit neu aufleben lässt – durch den nostalgischen Filter, versteht sich. Wir sehen alte Männer, die mit Eddy-Merckx-artigem Käppi, sehnigen Waden und leuchtenden Augen auf ihre Drahtesel steigen. Oder einen angefressenen Sammler, dessen Kennerblick ein Kleinteil streichelt, das es heute nur noch ganz selten gibt. Die Unterzeile des Buches – Passion Vintage: Rennen, Räder und Rouleure – fängt treffend ein, was den Leser (und Betrachter) erwartet: Leidenschaft, Präzision, Siegeswille. Und das alles auf Mass gefertigt, analog, vollmechanisch sowie ein wenig vergilbt. Als quasi dritten Aspekt seines Werkes begleitet Stiller den vielleicht erstaunlichsten Teil klassischer Rennräder-Renaissance – die immer populärer werdenden Vintage-Rennen wie die L’Eroica durch die herbstliche Toskana und den knallharten Kopfstein-Marathon Paris–Roubaix. Was gleichzeitig beweist: Zeitreisen sind möglich!

Bengt Stiller: Legends of Steel. 176 Seiten, 91 Fotos. Delius Klasing Verlag, Bielefeld/D, ISBN 978-3-667-10302-4, CHF 52.–.

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DIE GESCHICHTE DES MUSKELBETRIEBENEN ZWEIRADS IST RUND 200 JAHRE ALT. DOCH SELTEN WURDE SIE SO GUT DARGESTELLT WIE IN DIESEM NEU VORLIEGENDEN TITEL Text sb Fotos Riccardo Bucchino, Werk

MIT ZWEI PEDALSTÄRKEN

Hochrad-Klassiker: Peugeot Grand Bi von 1882

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LEKTÜRE

Handgefertigt und limitiert: das «Veloboo» des Ungarn Antal Szalay ist aufwendig vergoldet – und kostet rund 45 000 Franken

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LEKTÜRE

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umber, Opel, dazu Rover, Steyr und natürlich Peugeot – die Gründerzeit des Fahrrads ist mit vielen Namen verknüpft, die später auch Automobilgeschichte geschrieben haben (und es gibt inzwischen Autoproduzenten wie BMW, Ferrari oder Lotus, die rückwirkend Fahrräder produzierten). Der hier vorgestellte, rund 2,5 Kilo schwere Bildband geht darauf ebenso ein 036 VECTURA #18

wie auf die ersten hölzernen Laufräder Anfang des 19. Jahrhunderts – erwähnt aber auch die angebliche Skizze von Leonardo da Vinci. Trethebel-Konstruktionen, die dem Ketten- und Pedalantrieb vorausgingen, werden ebenso behandelt wie Hochräder oder die Jahrzehnte später aufkommenden Renn-, Klapp- oder Geländemodelle, erlesene Manufakturen und E-Bikes.


LEKTÜRE

Konzept-Bike: Das speichenlose Klapprad des Italieners Gianluca Sada geht eventuell sogar in Serie

Beeindruckend ist auch die optische Umsetzung des Buchs: Der Autor, selbst ein begeisterter Rennradfahrer, stellt die jeweiligen Typen in schönen Fotos jeweils auf einer oder mehreren Doppelseiten vor. Berühmte Räder und ihre TourGrössen oder Rad-Heroen finden ihre Würdigung in zusätzlichen kleinen Portraits. Obwohl die Auswahl recht subjektiv ist (das Tandem findet gar nicht statt), entsteht ein umfassendes Bild zur Herkunft und Geschichte, während dem Leser auch

eine konkrete Idee von der Zukunft des Velos vermittelt wird. Denn daran, dass sich seine Räder weiter drehen werden, besteht überhaupt kein Zweifel.

Roberto Gurian: Fahrräder: Klassiker – Trends – Visionen. 272 Seiten, 193 Fotos und Abbildungen. Delius Klasing Verlag, Bielefeld/D, ISBN 978-3-66710298-0, CHF 42.90.


LEKTÜRE

FAHRRÄDER LEKTÜRE: «LEGENDS OF STEEL» VON BENGT STILLER

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RUBRIKEN

DER BERG RUFT WENN MOUNTAINBIKER VOM «FLOW» SPRECHEN, MEINEN SIE EIN BESONDERES GLÜCKSGEFÜHL. DAS LÄSST SICH AUCH IN DER SCHWEIZ ERLEBEN – HIER SIND DIE GEBRAUCHSANWEISUNGEN Text sb · Foto Manfred Stromberg

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enn der Alltag mit allen seinen Sorgen, Ängsten und Nöten von ihnen abfällt, benutzen Extremsportler das Wort «Flow». Und sie tun viel dafür, um diesen Zustand möglichst bald wieder zu erreichen. Mountainbiking scheint prädestiniert dafür zu sein, Schweres mit Leichtigkeit zu bewältigen – es ist die Verschmelzung von Sein und Tun. Allerdings ist es gar nicht so einfach, auf dem schmalen Grat zwischen Langeweile und Überforderung die richtige Intensität für den Flow zu finden.

kann, thematisiert «Riskieren», «Fliehen», «Spielen». «Leisten» oder «Teilen». Bildgewaltig, persönlich und wissenschaftlich fundiert findet der Leser frische Inspiration, um den Spass am Mountainbiken immer wieder neu zu entdecken und in dieses ganz spezielle Flow-Feeling eintauchen zu können: Denn Flow bedeutet auch, Ängste vor anspruchsvollen Trails zu bewältigen und zu mehr Ausgeglichenheit zu gelangen. Neben dem an­g estrebten Glücksgefühl werden auch Konzentration und Motorik verbessert – eine spannende Erfahrung, von der nicht nur Mountainbiker profitieren. Alpines Radfahren lockt jährlich Aktivtouristen in die Schweiz – und es könnten noch mehr sein, wenn viele nicht die hohen Preise fürchten würden. Dass es auch anders geht, zeigt ein neuer Reiseführer mit ausgewählten Routen für Sparfüchse.

Harald Philipp / Simon Sirch: Flow – Warum Mountainbiken glücklich macht. 144 S., 120 Fotos. Delius Klasing Verlag, Bielefeld/D, ISBN 978-3-667-10301-7, CHF 35.90.

FAHRRÄDER LEKTÜRE: «LEGENDS OF STEEL» VON BENGT STILLER

Auf der Suche nach dieser Balance will das Autoren-Duo Philipp/ Sirch zeigen, warum und wie Mountainbiken glücklich machen

Jürg Buschor: Die schönsten Trails der Schweiz – 40 Touren zum Budgetpreis. 144 Seiten, 200 Fotos, Delius Klasing, ISBN 978-3-667-10459-5, CHF 35.90.

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042 VECTURA #18


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Text Stefan Fritschi · Fotos Julian Mackie, sfr, Werk

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nfiniti ist als Gegenentwurf zu Lexus (Toyota) oder Acura (Honda) zu verstehen – und zählt damit zur feinen Gesellschaft der japanischen Automobilindustrie. Seit 2008 ist die 1989 gegründete Nissan-Tochter auch in Europa zuhause (siehe VECTURA #16), tut sich hier aber noch recht schwer. Rückenwind gibt es von Entwicklungspartner Mercedes, dessen Technik in neuen Infiniti-Modellen verwendet wird. Damit positioniert man sich oberhalb vom Konzernbaukasten NissanRenault-Dacia, was den Premium-Anspruch unterstreicht – und Kritik erzeugt. Denn was gut ist für die Japaner, könnte schlecht sein für die Deutschen, welche auf heimischem Terrain einen Konkurrenten mehr haben, der ihnen ein Stück vom OberklasseKuchen wegschnappen will. Auf unsere Anfrage hin gibt man sich in Stuttgart jedoch gelassen: Der neue Q30 setze zwar auf der von Mercedes-Benz

FRÜHLING 2016 043


Mit beinahe ungest체mer Jugendhaftigkeit dr채ngt die C-S채ule nach vorne: Demonstrative Dynamik ist Programm beim Q30

044 VECTURA #18


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FRÜHLING 2016 045


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046 VECTURA #18


entwickelten Kompaktwagenfamilie auf und habe einige Bauteile übernommen (andere wurden modifiziert, wieder andere in Eigenregie entwickelt). Die Gefahr einer Verwässerung der Markenidentität bestehe allerdings nicht, da sich die Fahrzeuge beider Marken hinsichtlich Produktdesign, Fahreigenschaften und Spezifikationen eindeutig voneinander unterscheiden würden. Tatsächlich polarisiert die Karosserie des im britischen NissanWerk Sunderland produzierten ersten Kompakt-Infiniti stärker als die des schwäbischen Halbbruders. Von der stoischen

Präsenz des Meisterstücks FX45 (seit Sommer 2013 heisst er QX70) ist beim Q30 ebenfalls nichts mehr zu spüren: Seine Flächen und Linien laufen schon sehr gewagt durcheinander. Ja, der Entwurf mit der kecken, nach vorne drängenden C-Säule ist jugendlich und modern. Es muss sich aber auch zeigen, ob er dauerhaft sein kann oder ob man sich vorher daran sattgesehen hat. Die Q30-Flanke ist formal sehr Mercedes-like, und dennoch stellt sich die Frage, welcher Fahrzeugkategorie man den Edel-Asiaten

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048 VECTURA #18


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TECHNISCHE DATEN INFINITI Q30 Konzept Kompakt-Crossover als neues Einstiegsmodell auf Basis des Mercedes GLA. Selbsttragende Stahlkarosserie, 5 Türen/Sitze. Vorne MacPherson, hinten Mehrlenkerachse. Zahnstangenlenkung mit elektr. Servo, Vierrad-Scheibenbremsen. Bei zwei Motorisierungen wahlweise mit Front- oder Allradantrieb Motor Vorn quer verbaute, wassergekühlte Vierzylinder-Direkteinspritzer. Je 1 Turbolader, Intercooler, 4 Ventile/Zyl., 5fach gelagerte Kurbelwelle (Kette), Aluzylinderkopf und -block, Stopp-Start-System. Diesel mit Common-Rail-Einspritzung. Basismodelle 1.5d und 1.6t mit Sechsgang-Schaltgetriebe

2.2d Hubraum in cm

3

Bohrung x Hub in mm

2.0t Sport AWD

2143

1991

83 x 99

83 x 92

Verdichtung

16,2:1

9,8:1

Leistung in PS (kW) @ U/min

170 (125) @ 3400–4000

211 (155) @ 5500

Max. Drehmoment in Nm @ U/min

350 @ 1400–3400

350 @ 1200–4000

Kraftübertragung

DKG7

Abmessungen (L/B/H) in cm

442,5 /180,5 /149,5

Radstand in cm

270 157/157

Spur vorne/hinten in cm Reifen und Räder

235/50 R18 auf 7J

Tankinhalt in L

50

235/45 R19 auf 8J 55 430 –  1225

Kofferraumvolumen in L Leergewicht (ohne Fahrer) in kg

1445

1470

Zulässiges Gesamtgewicht in kg

2020

1990

Leistungsgewicht in kg/PS

8,5

7,0

0 – 100 km/h in Sek.

8,5

7,3

Höchstgeschwindigkeit in km/h

215

230 6,7

Durchschnittsverbrauch* in L/100 km

4,2

CO2-Emission in g/km

109

156

Energieeffizienzkategorie

A

E

Preis ab CHF

39 850.– (4WD: ab 44 930.–)

50 530.–

* gemessen nach NEFZ: Neuer Europäischer Fahrzyklus

FRÜHLING 2016 049


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zuordnen soll. Infiniti selbst spricht von einem Premium Active Compact – früher hätte man «Kompaktmodell» gesagt, doch das wäre hier tiefgestapelt. Denn der Q30 basiert nicht auf der kompakten A-Klasse, sondern eben auf dem GLA, hat ähnliche Abmessungen und übernimmt auch dessen Radstand. Die kommende Feld-und-Wiesen-Variante QX30 macht es mit leicht höher gelegter Karosse und Anbauteilen besonders deutlich – wir haben es hier mit einem Crossover-Modell zu tun, das mehrere Rollen zu spielen hat. Ergo fährt bereits der Q30 auf vergleichsweise grossen Rädern, sind seine Kotflügel mit Verbreiterungen ausgestattet. Aber ein SUV-Look ist heute bekanntlich Mainstream und hat sogar Vorteile! Der Hüftpunkt baut etwas höher als in normalen Kompaktwagen und verbessert so die Übersicht. Allerdings wird es für Grossgewachsene durch diese Anordnung bei gleichzeitig niedriger Dachlinie etwas eng um den Scheitel – insbesondere weil es links auch einen Dachhaltegriff gibt, den es eigentlich gar nicht braucht. Im Gegenzug bieten die Q30-Vordersitze einen hervorragenden Mix aus sportlich straffer Auflage und Komfort. Die spezielle Keilform der Rückenlehne soll ausserdem Übermüdung vermeiden helfen. Hervorragend ist auch die Übersichtlichkeit nach vorne und auf das Instrumentarium: Anders als beim Mercedes ist der hoch liegende Sieben-Zoll-Touchscreen sauber ins Cockpit integriert. Die konventionellen und daher leicht zu verstehenden Tasten machen den Umgang mit dem Q30 einfach, weil weniger Funktionen aus Untermenüs zusammengesucht werden müssen. Andere Bauteile wie Kombiinstrument, Lenkradtasten, Klima­ bedienung oder Türöffner samt Sitzverstellung, um nur ein paar zu nennen, hat man direkt von Mercedes übernommen. Dito der Multifunktionshebel links von der Lenksäule – nicht der Weisheit letzter Schluss, weil die rechte Hand ständig ins Leere greift, während die andere überfordert ist. Bei Mercedes macht das möglicherweise Sinn, weil der Automatikstockschalter rechts sitzt – aber auch nicht wirklich. Kurz: Die Infiniti-Ingenieure hätten hier ruhig etwas mehr Selbstbewusstsein und Kreativität an den Tag legen können; wahrscheinlich wurden sie von der Finanzabteilung ausgebremst. Keinerlei Abstriche gibt es dagegen bei den Spaltmassen oder der Passgenauigkeit – dieses Interieur ist qualitativ gut geraten. Nach hinten ist eher Tunnelblick angesagt – auch das gehört zur aktuellen Automobilmode. Zum rückwärts Parkieren reichen deshalb Innen- und Aussenspiegel sowie zwei Augen nicht mehr aus. Und weil das so ist, gibt es vier Aussenkameras mit BirdView, welche ihren Job prima erledigen und je nach Ausstattung extra kosten. Auch im Fond ist das Platzangebot üppig genug: Zwei Passagiere dürften sich weder über mangelnde Kopf- noch Kniefreiheit beschweren, während für drei die Schulterbreite etwas knapp wird. 430 Liter Kofferraumvolumen entsprechen dem Kompaktwagen-Durchschnitt, aber durch die asymme­ trisch abklappbare, zweiteilige Rücksitzbank entsteht ein kombihafter Grossraum mit fast ebenem Ladeboden, der nach vorne hin nur minimal ansteigt. Der Lukenquerschnitt ist nach oben etwas begrenzt, die Ladekante dafür mit Aluleisten geschützt.

050 VECTURA #18

Zum Kennenlernen bewegen wir den um 15 Millimeter tiefer gelegten Q30 Sport mit 211 PS starkem Benziner, Allradantrieb und Siebenstufen-Doppelkupplungsgetriebe, das per Schaltpaddel bedient werden kann. Diese feudale Kombination dürfte sich unter Eidgenossen bester Beliebtheit erfreuen, da sie einen kräftigen Antritt mit niedrigem Geräuschniveau vereint. Der Vierzylinder klingt allerdings weniger emotional denn synthetisch, auch beim Beschleunigen – aber eben: leise! Der Normverbrauch ist angesichts unserer Schweizer Topographie natürlich nur ein Vergleichswert, aber noch okay; die Fahrmodi Eco und Sport passen die Kennlinien von Motor und Getriebe entweder der Fahrsituation oder Laune an. Wie auch beim Mercedes GLA packen die Bremsen des Infiniti Q30 souverän zu und sind auch fein dosierbar. Das Lenkgefühl ist auf der sportlichen Seite, ja fast schon zu direkt – uns jedenfalls hat es gut gefallen. Besonderen Applaus verdient das Fahrwerk, welches auf kurvigen Strassen einerseits eine sehr sportliche Fortbewegung bei minimaler Seitenneigung erlaubt und andererseits einen oberklassigen Abrollkomfort gewährleistet. Chapeau an die Ingenieure, die hier beste Abstimmungsarbeit geleistet haben! Modellvarianten ohne Sport-Ausstattung sind laut Hersteller sieben Prozent weicher ausgelegt. Wer nun den auffälligen Q30 in Betracht zieht, dabei aber aufs Geld achten möchte, dürfte sich für den 170-PS-Turbodiesel interessieren, welchen es wahlweise und gegen 2400 Franken Aufpreis auch mit 4x4-Antrieb gibt. Allerdings ist das Fahrgefühl nicht mehr das gleiche wie im Benziner: Der Selbstzünder agiert rauer und outet sich beim Vorbeifahren von aussen schnell als solcher, verbraucht aber auch unter fünf Liter. An der Kraftentfaltung und Elastizität gibt es gar nichts zu rütteln, auch das Dieselnageln ist innen nur im Stand und bei starker Beschleunigung zu vernehmen; normalerweise hält es sich wohltuend im Hintergrund. Zusätzlich sind zwei weitere, leider nur mit Vorderradantrieb lieferbare Motoren im Programm: Der 1,5-L-Diesel (109 PS; ab CHF 33 000.–) sowie der 1,6-Benziner (122 PS; ab CHF 31 900.–) stammen ebenfalls aus Stuttgarter Küche – und dürften in der anspruchsvollen Schweiz eher die zweite Geige spielen. Preislich startet der Einstiegs-Infiniti angesichts seiner guten Grundausstattung noch recht günstig. 50 000 Franken lassen sich bei den höherwertigen und stärker motorisierten Versionen allerdings locker knacken – dann ist aber auch (im Gegensatz zum Mercedes GLA) wirklich alles drin und dran, was anspruchsvolle Käuferherzen begehren. So gesehen ist die Optionspolitik von Infiniti eine überschaubarere als die von Mercedes, womit wir beim Schluss angekommen wären: Trotz subjektiven Kritikpunkten wie dem verspielten Exterieur oder einem vielleicht etwas zu Mercedes-ähnlichen Cockpit macht der jüngste Infiniti auch den bisher gelungensten, ausgereiftesten Eindruck. Dazu kommt, dass Coupé-artige Crossover im City-Format gerade kräftig Aufwind haben. Wenn es jetzt noch mehr als die derzeit neun Infiniti-Verkaufs- und Servicestellen in der Schweiz gäbe, stünden die Chancen noch besser, dass der Q30 die ambitionierte Marke endlich aus ihrem Exotendasein hievt.


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AUTO-BIOGRAFIE

N

eben der tiefergelegten Brit-Limo stehend, muss ihr Besitzer lachen: «Der Dolomite ist kaum konkurrenzfähig, aber er macht viel Spass!» Michel Cerini hat Humor – und eine Schwäche für schnelle Autos. Das Fieber begann, «als uns der Vater Mitte der 60er zum Bergrennen Mitholz–Kandersteg mitnahm; damals war ich sieben Jahre alt. Es war die Zeit der Fiat Abarth, welche mit hochgestellten Motorhauben direkt an uns vorbei­flogen.» Ebenso prägend sollte ein zweites Erlebnis sein: Beim Besuch einer Tante durfte sich der Bub am Kiosk etwas zu lesen aussuchen – und griff nach einem Motorsport-Magazin … «Seither bin ich infiziert und verfolge das aktuelle Renngeschehen bis heute mit grossem Interesse.» In den 1970er-Jahren – Cerini liess sich beim Traditionshersteller Gangloff zum Karosseriezeichner ausbilden – vertieften unzählige Besuche diverser Rundstrecken die private Leidenschaft. Selbst aktiv wurde er allerdings erst 2007: «Vorher lag es beruflich und finanziell nicht drin.» Die SportVersion des zwischen 1972 und 80 gebauten Viertürers hatte ihn schon lange fasziniert; Werkfahrer Jean-Claude Béring aus La Chaux-de-Fonds trieb seinen Sprint Mitte der 1970er von Sieg zu Sieg: «Überlegener Schweizermeister 1977» steht auf alten Aufklebern, die Cerini besitzt und den erfolgreichen Triumph mit Kriegsbemalung zeigen. Mit ihm trat British Leyland seinerzeit gegen Tourenwagen wie Audi 80, Alfa Romeo GT, BMW CSL, Ford Capri oder Opel Commodore B GS/E an – und Cerini ist als bekennender Triumph-Fan heute noch begeistert: «Da bist du aufgestanden, wenn die vorbei kamen. Damals wurde noch richtig gekämpft, herrlich war das!»

verbauen. Dann stellte er sich beim Slalom Interlaken erstmals in eine Startaufstellung – «mit Slicks, ohne zu wissen, wie viel Haftung die aufbauen würden. Ich probierte also, was ging, rutschte schliesslich raus und wurde disqualifiziert; es war sehr lustig!» Inzwischen haben Cerini und sein Sprint den nötigen Grip gefunden; zusammen treten sie in der LOC3-Klasse und dort vornehmlich bei Slalom- und Bergrennen an. Zuverlässig wie in der Saison 2015 war der Triumph allerdings lange nicht. Vorher häuften sich Reparaturen und Ölverluste, der Overdrive gab auf, 2012 zerfetzte bei der Rückführung vom Trainingslauf zum Gurnigel-Rennen die nagelneue Kupplung, dazu kamen mehrere Motorschäden: «Ist ja auch ein unmögliches Triebwerk – ein halbierter V8, der deshalb schräg liegend verbaut ist und entsprechend häufig die Pleuel- und Hauptlager ruiniert», weiss Cerini, der immer wieder gefragt wird, warum er ausgerechnet mit so einer Karre unterwegs ist. «Ich habe halt Freude dran – das gibt es ja auch kein zweites Mal!» Ehrensache, dass der Sprint in 2016 wieder am Start sein wird. map

Fahrer

Michel Cerini, Jahrgang 1959, Inhaber einer Handelsunternehmung aus Steffisburg

Ex-Autos Toyota Carina und Celica, VW Golf GTI 1, 2 und 3, VW Passat VR6, Volvo V70

2004 bot ihm ein Bekannter just ein solches Auto an – reiner Zufall, nur 1200 Franken teuer, und Michel, der bereits einen TR6 und TR5 restauriert hatte, griff zu. In den folgenden drei Jahren rüstete er den Dolomite peu à peu zum Racer um: ein bisschen nachlackieren, Untersetzung ändern oder Gruppe1-Teile wie Käfig, grössere Bremsen und Vergaser

052 VECTURA #18

Aktuell Triumph TR5/TR6, Lotus Elite, Volvo V60 Triumph Dolomite Sprint, Baujahr 1976, 1998 cm3, ca. 160 PS/200 Nm, Leergewicht 970 kg, Vmax 180 km/h (kurze Achse), Neupreis 1976: CHF 18 500.–


X-BIONIC® ist Gewinner des „Most Innovative Brand“ 2009, 2010, 2011, 2012, 2013, 2014 und 2015.

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Vertrieb: Fuchs Movesa AG 5242 Lupfig (Switzerland) www.fuchs-movesa.ch

WENDY HOLDENER Dritter Platz Slalom Kühtai, FIS Weltcup 2014

Besuchen Sie uns auf Facebook facebook.com/xbionic.ch © 2015, X-Technology Swiss R&D AG


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OPEN RANGE KNAPP FÜNF METER LÄNGE WAR VOR 15 JAHREN NOCH OBERKLASSE-FORMAT. DER NEUE JAGUAR XF IST IHR DICHT AUF DEN FERSEN – MIT BREITER MOTORENPALETTE UND FEINSTER UNTERHALTUNG Text Hubertus Hoslin (map) · Fotos Werk

054 VECTURA #18


FRÜHLING 2016 055


Klassik und Moderne gekonnt miteinander zu verbinden, ist nicht leicht. Dem neuen XF gelingt es souverän

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ch weiss, was du gleich sagen wirst. Und mich dabei mit schrägem Blick taxierst, wenn ich von diesem MenschMaschine-Ding erzähle: «Liebe deine Frau und deine Kinder, aber niemals ein Auto!» Da bin ich ganz bei dir, will aber auf etwas ganz anderes heraus. Denn die Mimik des neuen Jaguar XF erstaunt mich selbst! 14 Tage lang waren wir mit dem knapp fünf Meter langen Briten unterwegs, oft tagsüber und gelegentlich auch nachts. Und ich bleibe dabei: Dieses Auto redet mit dir, mit seinen Augen! Mehr als jedes andere seiner Klasse. Wenn du auf den Büro-Stellplatz kommst, scheint es zu sagen: «Hey, da bist du ja! Wie geht’s?» Wenn du das Sportstudio bei Dunkelheit verlässt und es dich vor der Tür mit Blinker begrüsst und dabei scheinbar die Nüstern bläht: «Alles klar hier so weit, steig ein!» Weiblicher Begleitung zwinkert der maskuline Jag sogar zu und die Damen schwärmen unisono: «Wie chic!» Dass selbst meine sechsjährige Tochter sagt, «Papi, des isch a kuhls Auto!», kann kein Zufall sein. Schliesslich ist sie bei der Weiterentwicklung ihres Auto-Geschmacks zunehmend wählerisch und letztlich ein auf Körpersprache reagierender Mensch. Ganz offenbar fällt sie dabei auf die gleiche Masche rein wie alle anderen auch. 056 VECTURA #18

Das haben sie wirklich sauber hingekriegt im Jaguar-Entwicklungszentrum Whitley, wo sich die Form des zweiten XF unter der Leitung von Stil-Guru Ian Callum vor rund drei Jahren herauskristallisierte. Und der ging keine Risiken ein: Der XF ist schliesslich das Volumenmodell des Hauses, und auf markenfremde Verkehrsteilnehmer wirkt die zweite Auflage (interner Code: X260) vielleicht auch deshalb wie die 2008 eingeführte erste (X250). Wer Jaguar dagegen näher kennt und schätzt, sieht den Unterschied sofort: Der XF Jahrgang 2016 duckt sich flacher auf den Asphalt, schiebt sich breiter in den Rückspiegel, hat den eleganteren, weil länger gezogenen Rücken – aber leider kein Happy End: Wie schon beim XE (siehe VECTURA #14) ist die Heckpartie zu beliebig geraten, haben wir hier mehr Excitement erwartet. Ein Leaper allein, die in Chrom getauchte springende Raubkatze, reicht da nicht aus. Doch sonst ist alles schmuck; schliesslich kann eine Limousine der gehobenen Mittelklasse nicht allein mit ihrer Optik bestehen. Da braucht es schon noch andere Eigenschaften – und es darf festgestellt werden: Der zweite XF hat reichlich davon, was ihn


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zur echten Alternative macht. An dieser Stelle sei noch gesagt, dass man nicht auf einen fünftürigen Sportbrake warten sollte, denn der bleibt aus. Wer künftig mehr Stauraum wünscht, möge bitte zum F-Pace greifen, heisst es aus England. Uns ist der XF-Kofferraum erst einmal gross genug. Auch innen kommt keine Platzangst auf; der Fond bietet mehr Platz als bisher, alles ist behaglich-sportlich eingerichtet und passt dank vielfältiger Justiermöglichkeiten wie angegossen. Eine ovale, spangenartige Sicke oberhalb des Armaturenbretts setzt sich in die Türen fort und unterstreicht den Anspruch, etwas anders zu sein als die anderen. Wir kennen das aus dem XJ. Überhaupt fällt auf, dass das XF-Cockpit insgesamt tiefer angeordnet worden ist als in dieser Klasse üblich: Das ist sehr angenehm, weil es einen Sportwagen-ähnlich tiefen Blick nach vorne erlaubt. Auch die Ergonomie stimmt, lediglich die Bedienungsanordnung gibt anfänglich ein paar Rätsel auf: Nach welchen Kriterien wurde der Zugriff auf verschiedene Funktionen zwischen Zentral- und Instrumenten-Bildschirm verteilt? Wie zum Beispiel kommt man

an den Tageskilometerzähler? Übungssache, dann weiss man es und vergisst es auch nicht mehr. Und die Sitzheizung? Wir finden sie schliesslich im Menu der Fahrzeugeinstellungen, also erst einmal den Knopf dafür drücken, dann die Funktion an­wählen und schliesslich aktivieren – bedeutet dreimal drücken statt einmal, hm. Für Jaguar hat die Verschiebung von Hard- in Software den Vorteil, ein paar Knöpfe und damit Kosten zu sparen, doch das ist kein markenspezifisches Verhalten, sondern heute leider überall so. Davon abgesehen ist das Infotainment-System wirklich top, Hut ab – nicht zuletzt wegen dem Head-up-Display, welches relevante Informationen in die Windschutzscheibe einspiegelt – und dabei allerdings auch die komplette DisplayFläche miterhellt, was nicht sein müsste. Auch beim neuen XF sind die Hauptinstrumente jetzt digitalisiert; trotzdem werden Drehzahlmesser und Tacho analog dargestellt – alles andere wäre shocking. Das Soundsystem kommt optional vom britischen Audiospezialisten Meridian, dann sitzt man in der Royal Albert Hall. Den XF gibt es in den Ausstattungslinien Pure, Prestige und Portfolio für unterschiedliche Ansprüche; darüber FRÜHLING 2016 057


TECHNISCHE DATEN JAGUAR XF Konzept Stufenheck-Limousine der gehobenen Mittelklasse. Selbsttragende Aluminium-Karosserie, vier Türen, fünf Sitzplätze. Fahrwerk mit Einzelrad­ aufhängung v./h., elektromech. Zahnstangenlenkung, Scheibenbremsen rundum. Je nach Modell wahlweise Heck- oder Allradantrieb Motor Vorne längs verbaute, wassergekühlte Vier- und Sechszylinder mit Turbo- oder Kompressoraufladung. 4 Ventile/Zyl., 2x2 oben lieg. Nockenwellen (Kette/VVT), 5fach gelagerte Kurbelwelle. Stopp-Start-System. Basismodelle E-Performance und 20d auch mit Sechsgang-Schaltgetriebe

20d

S

1999

2995

Bohrung x Hub in mm

83 x 92,4

84,5 x 89

Verdichtung

15,5:1

10,5:1

Leistung in PS (kW) @ U/min

180 (132) @ 4000

380 (280) @ 6500

Max. Drehmoment in Nm @ U/min

430 @ 1750 – 2500

450 @ 4500

Kraftübertragung

M6/A8

A8

Hubraum in cm

3

Abmessungen (L/B/H) in cm

495,5 / 188 / 145,5

Radstand in cm

296 160,5 / 159,5

Spur vorne/hinten in cm Reifen und Räder

245 / 45 R18 auf 8J

Tankinhalt in L

66

255 / 35 R20 auf 8,5J 74 540

Kofferraumvolumen in L Leergewicht (ohne Fahrer) in kg

1520

1635

Zulässiges Gesamtgewicht in kg

2250

2330

Leistungsgewicht in kg/PS

8,4

4,3

0 – 100 km/h in Sek.

8,0 / 8,1

5,3

Höchstgeschwindigkeit in km/h

230 /229

250

Durchschnittsverbrauch* in L/100 km

4,3

8,3

CO2-Emission in g/km

114

198

Energieeffizienzkategorie

A

G

Preis ab CHF

50 400.–

77 400.–

* gemessen nach NEFZ: Neuer Europäischer Fahrzyklus

058 VECTURA #18


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rangieren die R Sport- und S-Modelle. Natürlich lässt sich der XF-Preis in sechsstellige Höhen treiben; zu den High-End-Extras zählen ein adaptives Fahrwerk, der aktive Spurhalteassistent, eine elektrisch versenkbare Anhängerkupplung, das riesige Panoramaschiebedach oder das beheizbare Lenkrad. Nicht nur einen V6-XF kann man mit permanentem Allradantrieb ordern: Seit diesem Frühjahr ist auch der Vierzylinder-Diesel mit 4x4 zu bekommen. Überhaupt der Antrieb. Ingenium. So heisst die neue, selbst entwickelte Motorenfamilie von Jaguar Land Rover. Bisher hatten die Briten ja antriebstechnisch vom BMWund Ford-Erbe zehren dürfen – können die das überhaupt? Und wie! Die Zeiten haben sich geändert; Jaguar Land Rover hat hier Milliarden investiert, und das hat sich offenbar gelohnt. Zum Einstieg bewegen wir den heckgetriebenen ZweiliterSelbstzünder, welcher heute eine der letzten Möglichkeiten bietet, nochmal zum Schalthebel zu greifen. In unserem Testwagen ist allerdings ein Achtstufen-Automat mit Drehknopfsteuerung und Lenkrad-Paddeln verbaut, der 2500 Franken Aufpreis kostet und sehr seidig, ja fast unmerklich die Gänge sortiert. Der XF bewegt sich erwartungsgemäss dynamisch, und wenn man ganz genau hinhört, kann man beim Beschleunigen den Turbo­lader vernehmen. Ganz weit weg nur, denn die Kabine ist bestens isoliert. Den auch akustisch hoch drehenden Vierzylinder kann das trotzdem nicht abhalten – zwei Liter bleiben nun mal zwei Liter, die hier mindestens 1,6 Tonnen bewegen müssen. Alles andere fühlt sich grossartig an; die Servolenkung ist präzise, die Haftung exzellent und die Federung diplomatisch, weil sie die sportliche Note spielt, ohne dabei hart zu sein. TankstellenCheck: knapp sieben Liter auf flott gefahrenen 100 Kilometer, nicht schlecht! Umstieg in den V6, hier gibt es noch Leistung im Überfluss. Das maximale Drehmoment ähnelt dem 20d nur auf dem Papier und zeigt hier eine ganz andere Leistungscharakteristik – kraftvoll, siegessicher, old school. Aus dem feingliedrigen XF ist plötzlich ein Muscle Car geworden, dessen Technik nun dazu dient, solch unbändige Kräfte sicher im Zaum zu halten. Wir suchen den Grenzbereich und stellen fest, dass er sehr hoch angesiedelt ist. Die Quittung erfolgt an der Zapfsäule; trotz gelegentlicher Fahrt im Eco-Mode fällt unser Verbrauch zweistellig aus.

Das Infotainment ist state-of-the-art, will aber vom Fahrer erobert werden

Dann wird es Zeit, Bilanz zu ziehen. Zugegeben, der Zweiliter strengt sich hörbar an, aber – so what? Da vorne wird schliesslich gearbeitet, und wer je einen Jaguar Mk. II Series I fuhr, ja wer in den 1990er-Jahren eine 2,8-Liter-Mercedes-S-Klasse bewegte, dürfte sich noch gut an hohe Drehzahlen erinnern. Doch die bis heute erreichten Verbrauchs- und Abgas-Reduktionen sprechen eine deutliche Sprache, mit anderen Worten: Der Ingenium gefällt uns insgesamt besser. Schon klar, er hat deutlich weniger Hubraum, dreht folglich höher und klingt auch nicht so satt. Aber das ist alles eine Frage langjähriger Verwöhnung, von der es langsam gilt, Abschied zu nehmen. Zudem locken die Ingenium-Versionen mit Einstiegspreisen von deutlich unter 50 000 Franken. So ist der zweite XF erste Wahl, weil er drei Dinge kann – den Stil des Empire zu bewahren, ohne altbacken zu sein. High Tech stilvoller zu verpacken als jede andere aktuelle Limousine. Und last but not least wäre da noch dieser Augenaufschlag. FRÜHLING 2016 059



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BRIEF AUS COVENTRY RUBRIKEN

Mit Alu und Magnesium: Fertigung der Jaguar-XJ-Karosserie in Castle Bromwich

BOOM – NACH 40 JAHREN NIEDERGANG ENGLANDS AUTOINDUSTRIE STREBT DEN PRODUKTIONSREKORD AN Text Guido Reinking · Foto Werk

E

s ist erstaunlich leise im «Bodyshop 1» des Land-RoverWerks in Solihull. Auch die Lichteffekte herumfliegender Funken, die andernorts den Karosserierohbau illuminieren, sucht man hier vergebens. Denn an den Enden der Roboter, die um die Range-Rover-Karosserien ihr Fertigungsballett aufführen, sind keine Schweiss-, sondern Nietzangen befestigt. «Die AluminiumBodys der Range Rover und Range Rover Sport sind genietet und geklebt, nicht geschweisst», erklärt Werkleiter Alan Volkaerts. Der «Bodyshop 1» arbeitet sieben Tage die Woche, 24 Stunden am Tag, um die hohe Nachfrage zu befriedigen. Dreischicht-Betrieb. Im benachbarten «Bodyshop 2» ist es nicht anders. Dort wird das Jaguar-Mittelklassemodell XE gebaut – ebenfalls in Aluminium. Und obwohl die Roboter hier deutlich in der Mehrheit sind – 2,5 der einarmigen Helfer kommen auf einen Menschen –, hat das Werk Solihull in nur vier Jahren die Beschäftigtenzahl von 4341 062 VECTURA #18

auf 9259 mehr als verdoppelt. 43 Fahrzeuge verlassen die Produktion pro Stunde. Dennoch müssen Kunden monatelang auf ihren Range Rover Sport warten: Der Erfolg von Jaguar Land Rover, dem zum indischen Tata-Konzern gehörenden englischen Traditionshersteller, steht im Mittelpunkt einer Renaissance der britischen Automobilindustrie, die man noch vor wenigen Jahren für unmöglich gehalten hätte. Nach der Rover-Pleite 2005 war Britanniens einst stolze Autoindustrie schon abgeschrieben. Es war der Tiefpunkt eines langen Niedergangs: «1972 wurden im Vereinigten Königreich 1,9 Millionen Autos gebaut. Das ist bis heute Rekord», sagt Lawrence Davies, Vizechef der britischen Investitionsförderung UKTI. Danach musste British Leyland verstaatlicht werden, um den ehemals drittgrössten Autohersteller der Welt zu retten. Bis 2009 war die Fertigung im Land auf unter eine Million gesunken.


Doch jetzt knüpft die Automobilindustrie des Landes an die alte Grösse an: «Für die Automobilproduktion in Grossbritannien deuten Prognosen auf ein Allzeithoch bis 2017 hin», sagt Ralf Speth, Vorstandschef von Jaguar Land Rover. «Grossbritannien bietet eine starke Basis für unser weiteres globales Wachstum», bestätigt Davies. Denn neben dem Wiederaufstieg von Jaguar Land Rover sind es auch die grossen Werke von Nissan, Toyota und Honda, die für Produktionsvolumen sorgen: Allein im NissanWerk Sunderland, einem der produktivsten in Europa, laufen pro Jahr rund 500 000 Autos vom Band. Die britische Regierung hat erkannt, dass sie die produzierende Industrie fördern muss. «Seither bekommen wir die Unterstützung der regionalen und nationalen Regierung», sagt Michael Collins, Vertriebschef des Entwicklungs- und Fertigungsdienstleisters Penso in Coventry. Kredite, Grundstücke, Investitions­ hilfen fliessen in die Industrie, um auch kleinere Unternehmen zu unterstützen. «Mittelstand» ist wie «Kindergarden» und «Welt­ anschauung» eines der deutschen Worte geworden, die man in England nicht mehr übersetzen muss. Denn das Geheimnis hinter dem Erfolg der deutschen Automobilindustrie sind die ungezählten kleinen und mittelständischen Zulieferer – eine Unternehmensgrösse, die auch in Grossbritannien immer bedeutender wird. Denn die britische Automobilindustrie muss die Lieferkette verlängern – allein schon, um die hohen LogistikKosten zu senken. Zum Vergleich: 60 Prozent der Teile eines deutschen Autos werden in Deutschland gefertigt, aber nur 30 Prozent eines britischen Autos in Grossbritannien, hat UKTI errechnet.

Die Geschäftsaussichten der britischen Automarken waren lange nicht so glänzend. In vielen Märkten, so auch in Deutschland, ist es plötzlich wieder cool, Autos aus dem Vereinigten Königreich zu fahren: Je nach Geldbeutel sind Mini, Land Rover, Jaguar, Bentley, Aston Martin oder Rolls-Royce plötzlich wieder «in». Nicht zuletzt mit deutscher Hilfe haben die Hersteller auch technologisch aufgeholt: «Hier laufen viele Wolfgangs herum», sagt ein Land-RoverMitarbeiter in Solihull schmunzelnd. Nicht nur JLR-Chef Speth kommt aus Deutschland, wo er lange für BMW gearbeitet hat. Bentley, Mini und Rolls-Royce sind sogar in deutscher Hand. «Ist es wichtig, ob der Aktionär Engländer oder Inder ist?», fragt Professor David Greenwood von der Universität Warwick. Wichtiger sei doch, wo die Innovationen und die industrielle Umsetzung stattfinden. Und das geschehe zunehmend in Grossbritannien. So ist Mittelengland zum Zentrum des Alu-Leichtbaus in der Automobilindustrie geworden. Damit das so bleibt, hat Jaguar Land Rover jüngst ein neues, 600 Millionen Pfund umfassendes Investitionsprogramm angekündigt, davon 400 Millionen in das Werk Castle Bromwich, wo das neue Mittelklassemodell XF mit leichter Aluminium-Karosserie gebaut wird. Es soll dazu beitragen, dass Grossbritannien in den nächsten Jahren den Produktionsrekord von 1972 einstellt und an die alte Grösse anknüpft. 2014 wurden auf der Insel 1,6 Millionen Autos gebaut, 2015 kamen 2,7 Prozent dazu, Ende des Jahrzehnts sollen es zwei Millionen sein. Es wären mehr als jemals zuvor – vorausgesetzt, es geschieht nichts Unerwartetes. Jaguar Land Rover geht darum auf Nummer sicher: Neben dem bestehenden chinesischen Werk baut man bis 2018 ein weiteres in der Slowakei.

Alle 42 Sekunden ein Motor: neues Jaguar-Land-Rover-Werk in Wolverhampton

FRÜHLING 2016 063


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SECHS AUF EINEN STREICH

MIT DEM EIGENEN OLDTIMER ÜBER DIE ALPEN, DAS IST IMMER ETWAS BESONDERES. WIR SIND DIESMAL ERST LOSGEFAHREN, ALS DIE DÄMMERUNG HEREINBRACH – ZU EINER PASS­ KONTROLLE DER ETWAS ANDEREN ART Text Peer Günther, map · Fotos Ian G.C. White

064 VECTURA #18


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E

s gibt zwei klassische Tabuthemen in der Oldtimerszene. Da wäre zum einen die Autobahn – eine mit blechernen Belanglosigkeiten überfüllte Piste der Moderne, die höchstens als Transferstrecke zu anderen, verlockenden Destinationen taugt. Dabei wird auch negiert, dass die erste Schweizer Autobahn auch schon über 60 Jahre alt ist und im benachbarten Deutschland in den 1930ern Rekordversuche auf Fernstrassen unternommen wurden. Das grössere «No-Go» aber ist – die Nachtfahrt. Zwar gibt es ein paar Ausnahmen wie den italienischen Winter-Marathon, die britische Le Jog, eine historische Rallye Monte Carlo, die in der Schweiz erstmals 1998 ausgetragene Moonwalk Trophy (www.fridayclassic.com) oder das jährlich stattfindende Alpenbrevet (www.alpenbrevet.com). Doch davon abgesehen kennen wir keine offiziellen OldieVeranstaltungen, die bei Dunkelheit stattfinden. Anders als früher, als heutige Veteranen nagelneu waren, haben sie nach 22 Uhr in der Garage zu warten. Auf ihren nächsten Auftritt bei Tageslicht, sonst sieht sie ja niemand … Nun sind wir mit altem Gerät bereits mehrfach nächtens unterwegs gewesen, sei es bei der Heimfahrt von einer Veranstaltung oder nach einem sommerlichen Abendessen, das dann doch etwas länger dauerte. Und wir haben es durchaus genossen, weil es ganz anders war – intensiver, dazu sensitiver. Man achtet mehr auf mechanische Geräusche, kontrolliert die Instrumente etwas öfter als sonst, atmet die Aromen der Heizung ein. Und man geniesst – viel weniger Verkehr. Nun ist eine Nachtfahrt im Neuwagen heute nichts Besonderes: alles wie immer, einfach nur – dunkler. Umso intensiver leuchten die Displays diverser Assistenzsysteme – sind uns zwischen Smartphone mit Echtzeit-Wetterbericht und SatellitenNavigations­system mit Sprachsteuerung vielleicht die Sinne und Instinkte abhanden gekommen? Wir machen die Probe aufs Exempel und bereiten uns auf eine nostalgische Tour vor – mit zeitgenössischem Proviant wie Scho-Ka-Kola, dicken Leder­ jacken und faltbaren Strassenkarten der späten 1950er-Jahre, die uns zeigen, welche Routen es damals schon gab. Im Gegenzug wird auf Fleece-Unterwäsche, Sitzheizung, LED-Kurvenlicht, Spurassistent, Handy oder Bildschirm-Routenführung verzichtet. Aber wohin soll die abenteuerliche Reise gehen? In die Berge natürlich! Sechs Pässe müssten zu schaffen sein; schliesslich wollen Fotopausen eingeplant werden und einen Kaffee wollen wir auch irgendwann trinken. Ein gemütlicher Zeitplan hat ausserdem den Vorteil, dass er einen nicht unter Druck setzt: Wenn wir zügig fahren wollen, dann aus freien Stücken und bei entsprechender Sicht und Witterung, also situativ, ganz ohne Agenden abzugleichen, E-Mails zu beantworten oder «Schaut mal, das ist der Gipfel!»-Selfies abzusondern. Herrlich! Frei sein mit nur einem einzigen Ziel – analoge Fortbewegung, ganz jenseits von Multitasking. Passt ja auch viel besser in eine ursprüngliche Gneis-und-Granit-Landschaft, der die Zeit anscheinend nichts anhaben konnte. Klingt nach einem guten Plan, aber ist er auch durchführbar? Wir werden es erleben … Die Wahl des Transportmittels ist schnell entschieden: meine Alfa Romeo Giulia Spider Veloce Baujahr 1964 – ganz einfach weil sie für genau solche Gelegenheiten gebaut wurde und immer wieder gerne Richtung Italien unterwegs ist. Die Geschichte unserer Beziehungskiste ist eine klassische: Das Auto ist seit FRÜHLING 2016 065


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TECHNISCHE DATEN ALFA ROMEO GIULIA SPIDER VELOCE Konzept Offener Sportwagen mit faltbarem Stoffverdeck. Selbst­ tragende Stahlkarosserie (Design Pininfarina), 2 Türen/Sitze. Vorne Dreieckquerlenker, hinten Starrachse. Mech. Lenkung (Schnecke-Rolle), v. Scheiben-, hinten Trommelbremsen, Heckantrieb Motor Vorne längs verbauter, wassergekühlter Alu-Reihenvierzylinder mit zwei oben liegenden Nockenwellen (Kette), 5fach gelagerte Kurbelwelle, Horizontal-Doppelvergaser

Hubraum in cm3

1570

Bohrung x Hub in mm

78 x 82

Verdichtung

9,7:1

Leistung in PS (kW) @ U/min

112 PS @ 6500

Max. Drehmoment in Nm @ U/min

132 Nm @ 4200

Kraftübertragung

M5

Abmessungen (L/B/H) in cm

398 /158/133,5

Radstand in cm

225

Spur vorne/hinten in cm

129 /127

Reifen und Räder

155 SR 15 auf 4.5J

Tankinhalt in L

58

Kofferraumvolumen in L

160

Leergewicht (ohne Fahrer) in kg

885

Zulässiges Gesamtgewicht in kg

1150

Leistungsgewicht in kg/PS

7,9

0 – 100 km/h in Sek.

10,5

Höchstgeschwindigkeit in km/h

180

Durchschnittsverbrauch in L/100 km

11,5

Preis (1966) ab CHF

15 200.–

066 VECTURA #18


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20 Jahren bei mir und soll es bleiben; zuvor parkte die Giulia 25 Jahre lang bei einem in Deutschland lebenden italienischen Pizza-Bäcker. Fünf noch frühere Jahre diente der Alfa einem US-Soldaten als ebenso günstiges wie aufregendes Transportmittel und wurde mit allerhand Zubehör veredelt – eine VDO-Uhr stammt aus dieser Zeit, ebenso die Blaupunkt-Lautsprecher in Keksdosen-Grösse. Die ersten beiden Jahre sind dagegen unbekannt. Ein Wagen mit sichtbarer Geschichte und der einen oder anderen Narbe, aber er trägt sie mit Stolz. Restauriert? Nein, warum? Stattdessen wurde in den Erhalt der Originalsub­ stanz investiert, die Aussenhaut zeigt derweil Patina. Nicht zuletzt schreien stilechte Extras wie die kürzlich montierten, sündhaft teuren 60er-Jahre-Marshall-605-Fernscheinwerfer förmlich danach, einmal eingesetzt zu werden. Alles an dieser Tour ist ungewöhnlich, gleich von Anfang an. Denn unser Startpunkt ist das Grimsel Hospiz, jene steinerne Manifestation der klassischen Berg-Herberge, deren Gäste­ zimmer nach einer Restaurierung und ab dem Jahr 2010 wieder im klaren Bauhaus-Stil alter Tage erstrahlen. Wer das Hospiz noch nie besucht hat, sollte das nachholen, denn dort finden müde Wanderer, Biker und andere Pass-Besucher eine der stilvollsten, aber auch gediegensten Unterkünfte der gesamten Alpen vor. Die Sonnenauf- und -untergänge hier suchen ihresgleichen, und weil das so ist, wird die Reservierung dringend empfohlen (www.grimselwelt.ch) – auch an einem Dienstag wie diesem.

lagern 300 verschiedene Weine und einige von ihnen werden ein andermal probiert, versprochen. Stattdessen trinken wir Tee, der Kellner weiss um unseren Plan und lächelt verständnisvoll. Nein, auch kein Drei-Gänge-Menü – bestellt werden ein leichter Salat und Äpfel als Proviant. Dann brechen wir auf: Nochmal den Ölstand kontrollieren und einen letzten gemeinsamen Blick auf die historische Hallwag-Karte im Massstab 1:200 000 werfen – ganz so wie früher, als dies die einzig verlässliche Orientierungshilfe in der Fremde gewesen ist. Das ist aufregend; ein wenig erschrecken wir sogar vor unserem kühnen Plan – und bestätigen die Route: Über den Grimsel-Pass wird es ganz klassisch zum Furka gehen, bevor wir Andermatt passieren und den knapp 2100 Meter hohen Gotthard und seine legendäre Südrampe Richtung Airolo in Angriff nehmen wollen. Von dort aus soll der Abstieg Richtung Bellinzona erfolgen, wo es dann nach einer scharfen Halse wieder aufwärts gehen wird Richtung Nordosten: Es gibt keine bessere Verbindungsetappe zum San Bernardino. Anschliessend wollen wir den Splügen rechts liegen lassen und bei Tiefencastel erneut nach Süden abdrehen, um über den knapp 2300 Meter hohen Julier das Engadin und via Sankt Moritz unseren sechsten und letzten Pass zu erreichen – den nahe der italienischen Grenze gelegenen Bernina. Insgesamt warten rund 300 Kilometer auf uns, die wir mit einem kräftigen Brunch in Pontresina abschliessen möchten – die Zimmer zum Ausschlafen im Hotel Saratz sind schon gebucht. So weit der Plan …

In unserem Fall dient das Nachmittags-Nickerchen zum «Batterienaufladen», wird das Abendbrot zum Frühstück, denn bei Sonnenuntergang wollen wir aufbrechen – leider ohne einen Dezi aus dem benachbarten Wallis gekostet zu haben: Im Felsenkeller

Um 19 Uhr ist es in der warmen Jahreszeit noch hell hier auf der Grimsel – nur wirklich warm ist es nicht. Zunächst geniessen wir acht Grad Celsius, doch die Temperatur fällt im Viertelstundentakt, während die untergehende Sonne das einzigartige FRÜHLING 2016 067


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FRÜHLING 2016 069


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Bergpanorama illuminiert. Parallel konzentriert sich unsere Alpentour auf runterschalten, bremsen, lenken, Gas geben und herausbeschleunigen – ist es eigentlich legitim, diese beeindruckende Umgebung auszublenden? Ein bejahendes Argument liefert Autor Otto Julius Bierbaum mit seinem Buch «Eine empfindsame Reise im Automobil», in dem steht, dass Schweizer Alpenpässe nur nachts von Automobilen befahren werden dürfen, um den Tagesverkehr nicht zu irritieren – niedergeschrieben anno 1908! Die asphaltierte Grimsel-Spitze mit ihren 2164 Meter ist schnell genommen, die europäische Wasserscheide zwischen Nordsee und Mittelmeer damit überquert. Jetzt sind wir im Wallis und die Giulia singt – das animierende Geräusch der zwei WeberVergaser und andere mechanische Klänge des handzahmen Veloce-Rennmotors heben sich klar von den wenigen Wind­ geräuschen ab, werfen ihr Echo in den Fels. Der Furkapass liegt schon im Dunkeln, als wir seine in östlicher Richtung liegende Bergauf-Passage angehen. Wir sind ganz allein; seit Abfahrt sind uns vielleicht zwei Autos entgegengekommen. Wäre es jetzt früher Nachmittag, wie viele Motorräder und Oldtimer würden wohl unterwegs sein – ganz zu schweigen von Velo-Athleten, Campern und Reisebussen? Auf jeden Fall wäre es eine BlechKarawane im Schneckentempo. Artgerechtes Ausfahren historischer Fahrzeuge sieht anders aus. Wir lachen uns eines, genies­ sen das exklusive Fahrerlebnis und müssen gar nicht schneller sein als erlaubt – Tempo 80 erscheint uns auf vielen Abschnitten mehr als genug. Der Himmel ist sternenklar, die Aussichten oben auf dem Furka sind einzigartig. Inzwischen sind wir im Kanton Uri und auch hier – kein anderes Auto weit und breit. Mehr als sechs Liter Öl haben inzwischen Betriebstemperatur aufgenommen, jede Kurve wird zum Ziel und 070 VECTURA #18


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der Spider Veloce zieht uns gierig durch die Serpentinen. Seine serienmässig schärferen Nockenwellen bieten ein erstaunlich grosses Leistungsfenster, das von 3000 bis 6000 Umdrehungen reicht. Darunter murrt die alte Dame zwar nicht, ist aber weniger willig. Also wird geschaltet, was das voll synchronisierte Fünfganggetriebe hergibt – dieser Sportwagen fühlt sich immer noch sehr sportlich an und war der automobilen Welt einst weit voraus, während Opel-Rekord-Fahrer ihre 1,7-Liter-Motoren mit drei Gängen und via Lenkradschaltung die Berge hinauf quälten – von Käfer-Besatzungen wollen wir hier gar nicht reden. Inzwischen ist es zugig geworden, doch wohlige Wärme strömt aus den Heizungsdüsen. Dennoch halten wir in Realp kurz an, um das Verdeck hoch- und unsere Jackenkrägen wieder herunterzuklappen. Ein kurzer Blick auf die Karte bestätigt den Tageskilometerzähler – der ja auf unserer Tour gar nicht so heissen dürfte: Wegen diverser Fotopausen haben wir seit dem Start bereits zwei Stunden gebraucht und keine 60 Kilometer hinter uns gebracht. Ich rechne mir aus, wie lange wir wohl für die restliche Strecke benötigen werden, wenn wir in diesem Tempo weitermachen – und wo uns dann wohl der erste Sonnen­strahl trifft  … Die Abzweigung zur alten Original-Gotthard-Strasse, der Vecchia, liegt südlich von Hospental und ist im Dunkeln leicht zu übersehen. Wenn einen dann aber Kopfsteinpflaster aufrüttelt, hat man sie gefunden und kommt ins Tessin. Der folgende Weg zur Passhöhe hoch ist einmal ganz anders; automatisch taucht oben der Lago della Piazza vor dem Museo Nationale del San Gottardo zur Rechten auf – alles ergibt sich in einer angestammten historischen Logik. Man muss dabei nicht abzweigen wie bei der modernen Passstrasse. Leider befindet sich das alte Schild mit der Höhenangabe heute am hinteren Rand des Parkplatzes. Der jedoch FRÜHLING 2016 071


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ZIELEINGABE ist nachts komplett leer und so biedert sich das Schild förmlich an, von historischen Scheinwerfern bestrahlt zu werden wie einst in beiderseitigen Jugendjahren. Nach kurzer Rast, die unser kerngesunder Alfa knisternd verbringt, geht es die kleine Tremola-Route hinunter. Dieses imposante, von Kilometersteinen gesäumte Granit-Bauwerk, zwischen 1827 und 32 errichtet, liegt heute – in südlicher Richtung gesehen – linkerhand der neuen Passstrasse, gehörte einst zu den wichtigsten Nord-Süd-Verbindungen und wurde mehrfach erneuert. Heute präsentiert sich die 300 Höhenmeter überwindende, vier Kilometer lange Strecke mit ihren 24 Kehren weit­ gehend im 1951 rekonstruierten Zustand, wenngleich es die Strassenwärter-Häuschen inzwischen nicht mehr gibt. Trotzdem ist es eine Zeitreise, hier wird die Fahrt zur Droge und natürlich wollen wir diesen besonderen Moment unserer Nachtfahrt verewigen, was bei solchen Lichtverhältnissen besondere Massnahmen erfordert: Ian steht mit Kamera und Stativ einen halben Kilometer weit weg nahe der Galleria di Fieud und hält die Blende über Minuten offen. Während das perfekte Foto entsteht, hasten tief unter uns die Autofahrer durch den Tunnel, den Lichtern einer Herde folgend, zu vermeintlich neuen Ufern. Die Landstrasse Richtung Bellinzona lässt die Scheibenbremsen der Giulia abkühlen: Als die Veloce-Version 1964 vorgestellt wurde, verzögerte sie vorne erstmals nicht mehr mit Trommeln. Die Präsentation erfolgte im königlichen Park zu Monza – wo sonst? Porsche-356-Fahrer horchten auf: 112 PS aus 1,6 Liter Hubraum waren eine starke Ansage, doch für die Rundstrecke gab es bei Alfa inzwischen die Tubolare Zagato, während Porsche einen 904 GTS Carrera ins Rennen schickte: Giulia und 356 hatten sich inzwischen ins Reisefach verabschiedet. Wie besprochen zweigen wir bei Castione von der Kantons­ strasse 2 auf die 12 ab, die steil nach Norden führt – und sind Minuten später in Graubünden. Dennoch offenbart die Anfahrt zum San Bernardino eine Schweiz im Italo-Flair; manche Dorf-Durchfahrten erinnern an verblichene Mille-Miglia-Fotos. Die folgenden grossen Waldpassagen zeigen, dass wir gerade mal wieder 1800 Höhenmeter absolviert haben; die Strecke bietet eine tagsüber nie erlebte fahrerische Vielfalt. Liegt es daran, dass auf einmal ganz andere Geschwindigkeiten machbar sind? Die alte Landstrasse hat später teilweise Waldweg-Niveau und schlängelt sich vor Nufenen abschnittsweise gefährlich dicht an der Autobahn vorbei: Unsere Scheinwerfer könnten vom Fernverkehr als Geisterfahrer wahrgenommen werden; tatsächlich sind wir manchmal nur durch einen Maschendrahtzaun getrennt. Es folgen ein paar unvermeidbare, neu erbaute Tunnel – auch sie ein Tribut an die Autobahn A13/E43, die sich hier gradlinig ihr Recht nimmt. Wir gönnen uns derweil ein kurzes Nickerchen, da bisher alles wie am Schnürchen lief, wir schon mehr als 200 Kilometer absolviert haben und es erst zwei Uhr ist. Um drei sind wir wieder auf der Piste – und müssen ab Tiefencastel nur noch den Schildern Richtung Sankt Moritz folgen. Der mondäne Kurort hat schon frühzeitig für eine devisenbringende, weitgehend lineare und im Winter leicht räumbare Strassenführung über den Julier gesorgt. Die Marshall-Fernscheinwerfer illuminieren solche Geraden fast bis zum Horizont, die Gedanken fangen an zu wandern, während die Nacht um halb fünf Uhr früh präsenter ist denn je. Unsere Ohren lauschen intensiver in den Motor hinein, immerhin liegen bereits 250 Kilo- und FRÜHLING 2016 075


ZIELEINGABE

Perfektes Wetter auf dem perfekten Pass: Als wir den Bodennebel durchbrechen, leuchten die Bernina-Gipfel in der Morgensonne

zahllose Höhenmeter hinter uns. Ungewöhnliche Geräusche sind aber nicht zu vernehmen, der Bremspedalweg ist unverändert, ebenso die Verzögerung. All systems go. Das erinnert daran, dass wir ja ein Becker-Radio an Bord haben! Der Sendesuchlauf, vor über 50 Jahren echtes High-Tech, rast dreimal die gesamte Skala ab, um dann bei Pop-Gedudel zu verweilen: Das Gerät ist genauso rasch wieder stumm wie eingeschaltet – und dann ist es getan: Mit der Morgendämmerung erreichen wir unsere Herberge in Pontresina, die ganz nebenbei zu den besten Familienhotels der Schweiz gerechnet wird (www.saratz.ch). Wir checken kurz ein und machen uns frisch, um dann noch einmal auszuschwärmen und in der blauen Stunde vor dem später exzellenten Frühstück unseren letzten Gipfel zu vernaschen: ein Katzensprung, denn es sind nur noch 16 Kilometer. Längst ist das Verdeck wieder unten, als goldenes Morgenlicht durch die Wolken bricht und den Bernina freilegt, den wir, dichten Bodennebel durchquerend, erreicht haben. Frische Luft im Gesicht vertreibt die Restmüdigkeit sofort und wir geniessen das erfolgreiche Ende einer sehr lebendigen Vollgas-Nacht, die zeitlich noch ein, zwei Bergspitzen mehr erlaubt hätte. Merke: Es ist noch Luft nach oben für die nächsten Abenteuer.

076 VECTURA #18

Wer in der Schweiz so schön analog unterwegs sein möchte wie wir, ist mit Strassen­k arten von Hallwag Kümmerly + Frey bestens ausgerüstet: Das 1912 gegründete Unternehmen bietet ein breit gefächertes Programm für verschiedene Verkehrsmittel an (Auto, Töff oder Fahrrad). Allen gemein sind detaillierte Angaben für besseres Reisen; Schweizer Qualitäts-Kartografie garantiert hohe Informationssicherheit. Besonders empfehlenswert ist die Karte «Grand Tour of Switzerland» mit 25 verschiedenen Traumrouten auf insgesamt 1600 Kilometer. www.swisstravelcenter.ch


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EINE HOMMAGE AN DEN 308

078 VECTURA #18


FAHRTERMIN

MAMMA MIA: DER 488 SPIDER GEHÖRT ZU DEN SCHNELLSTEN CABRIOLETS, DIE FERRARI JE GEBAUT HAT! Text Susan Roccetti · Fotos Roberto Carrer

FRÜHLING 2016 079


FAHRTERMIN

D

er verzückte Ruf übertönt alles. Sogar das atemberaubende Getöse eines startenden Ferrari 488 Spider, das zwischen den Häuserwänden widerhallt. «Ferraaaariiiiiii!» Zu sehen ist der Schreihals nicht. Aber kaum zu überhören. Als kämen Papst und Nationalelf gleichzeitig um die Ecke gebogen, so gross ist in Italien die Verzückung über jedes Auto mit dem Cavallino rampante, dem springenden Hengst auf gelbem Grund. An jeder Strassenecke wird man aufgefordert, den Pferdchen doch noch mal die Sporen zu geben, man wird gefilmt und fotografiert. Selbst Rennvelofahrer, denen im Grunde ja die Strasse gehört, machen ehrfürchtig Platz. Ein emotionales Volk, ein sehr emotionales Auto. In vielerlei Hinsicht. Der 488 Spider ist nach dem California T (siehe VECTURA #11) ein weiterer Ferrari mit acht Zylindern und Aufladung per doppeltem Turbolader. Und der Möglichkeit, oben ohne zu fahren.

080 VECTURA #18

100 im zweiten Die Sache mit dem Motor dürfte so manchem Ferrarista die Tränen in die Augen schiessen lassen. Sauger ade, selbst Ferrari musste sich den immer strenger werdenden Abgasvorschriften beugen. Der 488 Spider leistet 670 PS, das sind 100 mehr als beim Vorgänger 458 Italia. Der hatte 4,5 Liter Hubraum, jetzt sind es derer nur noch 3,9, aber dank doppelter Aufladung erlauben sie satte 760 Newtonmeter Drehmoment. Den Spritverbrauch beziffert Ferrari mit 11,4 Liter, doch es ist eine Pflichtangabe und für einmal vollkommen nebensächlich. Der Turbolader mag ein Kniefall vor den Abgasvorschriften sein, aber das Aggregat ist eine Wucht. Turboloch? Höchstens einmal in einer engen Kehre ist es spürbar, wenn das Drehmoment ganz kurz in den Keller fällt. Danach ist der Mittelmotor wieder voll da. Ein leichtes Antippen des Gaspedals, und schon schiesst das Cabrio bis zu einer Maximaldrehzahl von 8000 Umdrehungen nach vorn. Die Tempo-100-Marke ist locker im


zweiten Gang zu schaffen, und das in nur drei Sekunden. Braucht niemand, aber jeder, der das Privileg hat, einen 488 zu bewegen, will das wenigstens einmal gespürt haben. Mit einer Höchstgeschwindigkeit von 325 Stundenkilometer ist der 488 Spider genau neun Stundenkilometer schneller als der California T, aber auch genauso flott wie sein Vorgänger 458 Speciale. Begleitet wird die Vollgasorgie von einem Sound, der keinen Vergleich zulässt. Saugmotoren klingen zwar ähnlich, kreischen aber mindestens eine Quarte höher. Mit dem herrlichen Achtender im Nacken schwingt sich der Spider perfekt austariert auch um anspruchsvollste Kurven. Das Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe wechselt die Gänge dabei mit Feingefühl und auch immer im richtigen Moment. Wer nichts dem Zufall überlassen will, zupft an den langen, feststehenden Paddels.

Was die Bedienung angeht, ist inzwischen auch Ferrari in der Neuzeit angekommen – und hat dem Thema «Multifunktionslenkrad» auch im 488 seine ganz eigene Interpretation hinzugefügt. Neben Startknopf, Fahrmodi und Schaltpunktanzeige sind nämlich auch die Bedienungen für Blinker und Scheibenwischer im Volant integriert. Das ist zwar gewöhnungsbedürftig, aber auch sehr praktisch. Ansonsten verwöhnt das Cockpit mit hochwertigen wie schön verarbeiteten Materialien, allein die Bedientasten von Klima, Navigation oder den Display-Anzeigen sind noch etwas konzeptlos und wild verteilt. Feingliedrige Fahrmaschine Keine Abstriche gibt es bei Lenkung und Fahrwerk. Ferrari ist die Abstimmung derart gut gelungen, dass sich Konkurrenten wie Lamborghini und Porsche weit strecken müssen. Die Lenkung ist ausgesprochen präzise und

FRÜHLING 2016 081


FAHRTERMIN

TECHNISCHE DATEN FERRARI 488 SPIDER Konzept Offenversion des 488 GTB mit elektr. Falt-Hardtop. Alu-Spaceframe, 2 Türen/Sitze. Zahnstangenlenkung mit Servo, Doppelquerlenker v., Mehrlenkerachse h., bel. Keramik-Scheibenbr. rundum, Heckantrieb Motor Längs vor der Hinterachse verbauter, wassergekühlter Alu-V8Biturbo mit Direkteinspritzung und Intercooler. 4 Ventile/Zyl., 2 oben lieg. Nockenwellen (Kette/VVT), 5fach gel. Kurbelw., Trockensumpfschmierung Hubraum in cm3

3902

Bohrung x Hub in mm

86,5 x 83

Verdichtung

9,4:1

Leistung in PS (kW) @ U/min

670 (492) @ 8000 U /min

Max. Drehmoment in Nm @ U/min

760 @ 3000 U/min

Kraftübertragung

DKG7

Abmessungen (L/B/H) in cm

457/195 /121

Radstand in cm

265 168/165

Spur vorne/hinten in cm Reifen und Räder

vorne

245/35 ZR20 auf 9J

hinten

305/30 ZR20 auf 11J

Tankinhalt in L

78

Kofferraumvolumen in L

230

Leergewicht (ohne Fahrer) in kg

1525

Zulässiges Gesamtgewicht in kg

k. A.

Leistungsgewicht in kg/PS

2,3

0 – 100 km/h in Sek.

3,0

0 – 200 km/h in Sek.

8,3

Höchstgeschwindigkeit in km/h

325

Durchschnittsverbrauch* in L/100 km

11,4

CO2-Emission in g/km

260

Energieeffizienzkategorie

G

Preis ab CHF

227 600.–

* gemessen nach NEFZ: Neuer Europäischer Fahrzyklus

sowohl feinfühlig als auch mit bester Rückmeldung gesegnet; das Fahrwerk selbst ist erwartungsgemäss auf der straffen Seite, aber niemals unkomfortabel. Nicht einmal das fehlende Festdach stört die Karosseriestatik, was bei nachträglich aufgeschnittenen Sportwagen eine Kunst für sich darstellt. Dass hier auch nichts zerrt oder knirscht, belegt die Güte dieser direkt oberhalb der B-Säule positionierten Konstruktion: Das weitgehend aus Aluminium gefertigte, faltbare Hardtop kommt von Zulieferer Webasto; es lässt sich innert 14 Sekunden öffnen oder schliessen – das erstmalig auch während der Fahrt bis 45 km/h. Und erlaubt damit eine passende Show im Stop-and-go – Ferrari fahren ist schliesslich nichts für schüchterne Naturen. Da ist es gut zu wissen, dass sich der 488 Spider in beiden Konfigurationen mehr als sehen lassen kann. Flavio Manzoni, Chef des Ferrari Design Center, orientierte sich beim Designkonzept des 488 Spider am 308 GTB von 1975. Besonders die seitlichen, zweigeteilten Lufteinlässe vor der Hinterachse sind eine Hommage an Magnums Dienstwagen. Der seinerzeit von Pininfarina designte 308 hatte ein abnehmbares Targadach, welches hinter den Sitzen verstaut werden konnte. Beim 488 082 VECTURA #18

wird das Top voll versenkt; besonders die Heckpartie mit ihren runden Heckleuchten mag gefallen – sie passen zu den beiden grosszügig dimensionierten Auspuffendrohren, welche oberhalb des Diffusors ins Freie münden. Als Neuerung gegenüber dem Vorgänger erhält der Heckdiffusor ein zentralgesteuertes Klappensystem, welches je nach Fahrsituation den Abtrieb erhöht oder den Luftwiderstand reduziert. Ausserdem wurden die zwei Auspuffendrohre etwas höher und getrennt voneinander angebracht. Dies schafft Platz für den aerodynamisch verbesserten Diffusor. Mit seiner flach abfallenden Bugpartie, deren schlanken Scheinwerfern mit LED-Tagfahrlicht und um die Fahrerbeine herummodellierten Fronthaube scheint der Spider den Asphalt geradezu aufsaugen zu wollen. Es muss übrigens nicht immer eine rote Lackierung sein – auch in der neuen Lackfarbe «Blu Corsa» sieht der 488 ganz hinreissend aus. Dieser Spassmacher der Extraklasse dürfte also nicht nur Italiener begeistern – die Faszination ist länderübergreifend. Wenn auf der Strasse also demnächst jemand herumschreit, kennen wir jetzt schon mal den Grund …


Auch geschlossen macht der 488 Spider eine gute Figur – und tönt dabei fast genauso lüstern

FRÜHLING 2016 083


HAUTE VOITURE

«EINMALIGE ANGEBOTE» ALUMINIUM MIT SUPERLEGGERA-TECHNIK IN STETS ATEMBERAUBENDE FORMEN ZU ZWINGEN, WAR EINST DIE PROFESSION DER CARROZZERIA TOURING. INZWISCHEN HAT DAS HAUS EIN PAAR NEUE STRATEGIEN ENTWICKELT; GESCHÄFTSFÜHRER PIERO MANCARDI ERKLÄRT SIE UNS Fragen map · Fotos Werk

Herr Mancardi, Ihre Firma hat in den letzten neun Jahrzehnten, abgesehen von einer über vier Dekaden langen Unterbrechung, den automobilen Wandel begleitet. Neben der SuperleggeraFertigungstechnik: Was sind die Touring-Errungenschaften der Vergangenheit und welche von ihnen konnten in die Neuzeit herübergerettet werden? Nun, zunächst einmal haben wir tief in unserer Vergangenheit gegraben: Die muss man kennen, wenn man die Zukunft gestalten will – und Touring hat eine enorme Vergangenheit! Einige Dinge sind uns dabei besonders wichtig: zum einen die stilistischen Werte, welche sich wie ein roter Faden durch die Zeit ziehen und beibehalten werden. Touring hat seit jeher grossen Wert auf Proportionen gelegt und das wird auch so bleiben. Parallel geht es um das Essentielle – denn wenn die Proportionen stimmen, ist die Arbeit fast getan, muss man keine unnötigen Verzierungen mehr 084 VECTURA #18


Klassische Ferrari, das weiss inzwischen jedes Kind, sind bessere Geldanlagen, als sie ein Schweizer Bankkonto je bieten könnte. Die heute begehrenswertesten (und teuersten, falls überhaupt verfügbaren) Exemplare sind freilich oft jene Sonderanfertigungen ge­wesen, die es nur wenige Male oder gar als Unikat gab – wie den Ingrid-Bergman375MM. Auch Eric Clapton dürfte mit der 2010 von ihm in Auftrag gegebenen Interpretation eines 458 mit V12-Motor kaum Geld verloren haben, sollte er den Wagen überhaupt je verkaufen. Wer sich mit dem Gedanken trägt, ein ähnliches Fahrzeug besitzen zu wollen, sollte bei sich bietender Gelegenheit schnell handeln, sonst ist es zu spät. Das ist leider auch bei jenem Berlinetta Lusso der Fall, den die Carrozzeria Touring Superleggera aus Mailand letztes Jahr vorstellte, nur fünfmal auf Bestellung fertigen wird – und bereits alle verkauft hat. Das Auto ist eine kleine Sensation, denn der 2008 revitalisierte Blechschneider hatte zuletzt 1956 einen Ferrari eingekleidet – den Rennsportwagen 500TR. Lusso – das ist eine seit 1962 von Ferrari verwendete Zusatzbezeichnung, die bei besonders mondän ausgestatteten Strassenmodellen verwendet wurde. Touring spricht

sinngemäss vom «ultimativen Ausdruck des Luxus». Das neue, trotz Retro-Elementen von Touring-Chefdesigner Louis de Fabribeckers ebenso formvollendete wie schnörkellos gezeichnete Coupé basiert auf dem Chassis des wuchtiger wirkenden, 740 PS starken Ferrari F12 Berlinetta, dessen 6,3-L-V12 wir bereits lustvoll durch die Alpen scheuchten (VECTURA #9). Im Gegensatz zum Werkmodell, das ein Fliessheck mit grosser Klappe trägt, die sich samt Scheibe öffnen lässt, fliesst die grazilere, dezentere sowie auffallend präzise verarbeitete Lusso-Karosserie zwar ebenfalls, wenn auch weniger, weist aber einen separaten Kofferraumdeckel auf. Der 4,69 Meter lange, 2,08 m breite und 1,29 m hohe Aufbau besteht aus Aluminium und Karbon, was den Wagen leichter macht. Touring gibt ausserdem und nicht ohne Stolz an, die F12-Interpretation ganze 20 Prozent steifer gemacht zu haben als ihre ansonsten technisch identische Basis. Die Mailänder haben das hier gezeigte, «azzurro Niourlargue» lackierte Exemplar inzwischen ausgeliefert; bis 2017 werden auch die anderen vier Lusso fertig sein. Ihre Besitzer dürfen sie in dem guten Wissen geniessen, ein Auto zu fahren, das mit hoher Wahrscheinlichkeit einmal teurer sein wird, als es neu gekostet hat. map

FRÜHLING 2016 085


HAUTE VOITURE

Touring-Meisterstücke: BMW 328 MM Berlinetta, Baujahr 1938 …

… 1948er Ferrari 166 MM Barchetta …

… Alfa Romeo 6C 2500 Villa d´Este Jahrgang 1950 …

… der Alfa Disco Volante Spider anno 1952 …

… oder jener Aston Martin DB2/4 Mark II Spider von 1956

086 VECTURA #18

hinzufügen. Daran haben wir uns immer gehalten und gleichzeitig Dinge getan, die dem Wettbewerb zehn und mehr Jahre voraus waren. Eine weitere wichtige Eigenschaft ist das Motto des Firmengründers – die perfekte Ausführung aller Metallarbeiten! Das ist heute schwierig geworden, weil man dafür speziell ausgebildete Fachkräfte benötigt, die es heute kaum noch gibt. Diese Denkweisen reflektieren gleichzeitig die Geisteshaltung unserer Kunden. Als der Conte Gianni Marzotto 1955 die Mille Miglia gewann, entstieg er seinem Ferrari 195 Sport Touring Berlinetta nicht in einem Rennoverall, sondern trug Anzug mit Weste und Krawatte. Er war dabei frisch und nicht erschöpft, was auch für den Wagen spricht, der schnell, aber auch komfortabel gewesen ist. Abschliessend noch dies: Eine Legende ist auch eine permanente Quelle der Inspiration. Ohne Legende keine Marke, und ohne Marke gibt es keinen Mehrwert für den Kunden. Was sagt das über Ihre Klientel aus? Sie hat nicht nur Stil und eine gute Erziehung, sondern auch automobile Kultur. Die braucht es, um wertschätzen zu können, was wir hier auf hohem Niveau tun. Natürlich wäre das mit antiquierten Verfahren allein gar nicht möglich, nutzen auch wir CAD-Computerprogramme. Immer noch können vier- bis fünftausend Mannstunden zusammenkommen, doch zuvor wird mindestens ebenso lange konstruiert und berechnet, um später auch alle Sicherheits- und Qualitätsstandards erfüllen zu können. Da gehen wir keine Kompromisse ein. Superleggera steht ja ursprünglich für eine Leichtmetallkarosserie auf einem Gitterrohrrahmen. Wie konnte die Bezeichnung glaubhaft in neuzeitliche Fertigungsverfahren transformiert werden? Der Wunsch nach Leichtigkeit ist immer vorhanden. Wir inte­ grieren unsere Tradition in neuen Materialien. Wenn es sinnvoll erscheint, kommen Kohlefaser oder andere Komposite zum Einsatz, aber auch Titan und weitere Werkstoffe. Der 2011 vorgestellte Gumpert Tornante ist ein gutes Beispiel für das heutige Superleggera-Konzept: Gitterrohrrahmen aus Chrom-Molybdän, innere Karbon-Strukturen und darüber Karosserie-Paneele aus Aluminium und Kohlefaser. Je nach Auftrag nutzen wir vorhandene Plattformen und nehmen dort eher etwas weg als Neues hinzuzufügen, also stimmt es auch hier wieder mit der Leichtigkeit. Wo aber liegt die nächste Herausforderung? Vielleicht im 3D-Druck, wir werden sehen. Ihre Branche geht durch harte Zeiten: Bertone ist Geschichte, Ghia auch, Vignale ist eine Ford-Ausstattungsvariante, Italdesign gehört VW, Pininfarina wurde kürzlich nach Indien verkauft. Als freie italienische Karosseriebetriebe existieren derzeit nur Touring und Zagato. Worin liegt der Unterschied und was gibt Ihnen die Zuversicht zu überleben – ist es die Konzentration auf hochpreisige Kleinstserien? Na ja, dieser Markt für individuelle Fahrzeuge ist derzeit gar nicht so schlecht. Viele potentielle Käufer haben uns und die Möglichkeit, zu diesen massgeschneiderten Autos zurückzukehren, in den letzten Jahren erst entdeckt – oder wieder entdeckt, wenn Sie so wollen. Denn Sonderanfertigungen hat es immer gegeben; das Wissen darum und die Nachfrage haben einfach zugenommen. Es gibt Anfragen aus Märkten, in denen wir bisher noch nie waren, und ich knüpfe hohe Erwartungen an dieses Wachstum. Es wäre aber unklug, sich darauf zu verlassen. Wir sind zwar bis Ende 2017 ausgebucht, wollen aber die Hersteller nicht vergessen, denen


wir einmalige Angebote machen – gerade in Bezug auf Design. Manchmal ist ein unvoreingenommener Blick von aussen sehr willkommen. Dazu kommt, dass sich grosse Marken mit ganz kleinen Serien manchmal schwertun, während wir genau darauf spezialisiert sind und ihnen Arbeit abnehmen können, die sonst wertvolle interne Ressourcen binden und auch deutlich teurer kommen würde. Unsere Qualitätsstandards sind wie gesagt sehr hoch, man kann sich auf sie verlassen und die Autos sind voll zulassungsfähig. Der Mini Superleggera Vision von 2014 ist ein gutes Beispiel: Man wollte eine italienische Speedster-Version, etwas Ungewöhnliches mit sichtbaren Aluminiumblechen. Und Mini wollte ein in Serie realisierbares Auto, das ausserdem bei der Villa d’Este gezeigt werden konnte, und war sehr glücklich mit dem Ergebnis. Wir waren für das komplette Projekt verantwortlich und haben geliefert; nicht viele wären dazu in der Lage gewesen. Touring war bisher vornehmlich für italienische Marken tätig; Mini – also BMW –, aber auch Aston Martin, Bentley, Gumpert, Jensen oder Pegaso waren eher Ausnahmen. Gibt es einen Hersteller, für den Sie nicht arbeiten würden? (denkt nach) Nicht wirklich. Jede Marke hat Potential – solange sie weiss, was sie will. Es ist auch nichts Minderwertiges dabei, wenn jemand kleine, schlaue, ökonomische Autos baut. Es gibt dann allerdings auch keinen Grund, warum ein solches Fahrzeug nicht elegant sein sollte. Das ist doch eine grossartige Herausforderung in Bezug auf Design! Man kann etwas Hässliches gestalten oder etwas Schönes, doch am Ende kostet es doch das Gleiche!

Mit dem ersten Lamborghini 350 GT von 1964 beendete Touring …

… ein Kapitel, um 2008 mit dem Maserati A8GCS Berlinetta …

Sie sprechen da von der Demokratisierung der Eleganz … Ja! Ganz genau! Und ein sehr italienischer Ansatz, in der Mode zum Beispiel: Man muss schliesslich keine Unsummen ausgeben, um elegant gekleidet zu sein! Der 2015 gezeigte Berlinetta Lusso basiert auf dem Ferrari F12 und ist der erste Touring-Ferrari seit 60 Jahren, dem 500TR von 1956. Sie haben verkündet, dass bereits alle fünf Lusso verkauft worden sind – wann wird es den nächsten Cavallino Rampante von Touring geben? Wir haben viele Projekte in der Schublade; es sind die bestbehüteten Geheimnisse unseres Unternehmens. Wenn wir so im Geschäft bleiben wollen wie aktuell und die kommenden 24 Monate berücksichtigen, müssen es immer mindestens zehn machbare Autos sein, die alle Marken abdecken können. Natürlich wird nicht jede mögliche Idee dann auch verwirklicht – das hängt von unseren Kunden ab, sei es privat oder von HerstellerSeite. Deshalb kann und werde ich künftige Ferrari nicht kommentieren, aber Sie können sich gut vorstellen, dass wir in viele Richtungen denken.

… zu auferstehen. 2010 folgte der Bentley Continental Flying Star …

… 2012 der gekonnt inszenierte Alfa Romeo Disco Volante und …

Ihr jüngstes Auto ist … … etwas anderes. Touring Superleggera wird ja 90 Jahre alt, doch statt Geld in irgendwelche Feierlichkeiten zu investieren, haben wir lieber etwas gemacht, von dem alle profitieren. Das neue Auto ist sehr typisch für uns – und der logische nächste Schritt. Denn wenn man sich anschaut, was wir bisher gemacht haben, gab es eine Lücke im Portfolio. Mit dem Disco Volante Spyder wird die nun geschlossen … … obwohl es ein offenes Auto ist … (lacht) Wir wollten diesmal ein offenes Auto haben! Wieder eine Kleinstserie, diesmal mit sieben Einheiten – ein extremer,

… 2014 die serientaugliche Mini-Studie Superleggera Vision

FRÜHLING 2016 087


HAUTE VOITURE

Pünktlich zum Jubiläum knüpft der Disco Volante Spyder an die glorreichen Zeiten klassischer Karosseriebaukunst an

kompromissloser Speedster. Aber was? Nachdem wir vor vier Jahren den 60. Geburtstag des Alfa Romeo Disco Volante begingen, der ja ursprünglich auch offen war, lag es auf der Hand. Jedes dieser Autos basiert auf dem Alfa Romeo 8C Spider … Ja. Doch der 8C, den ich ausgesprochen mag, ist sehr muskulös. Hier ist etwas ganz Anderes, Eigenständiges entstanden; es ist auch mehr geworden als nur ein offener Disco Volante. Bezüglich der Reaktionen sind wir sehr zuversichtlich. Der Unterschied zu anderen Fahrzeugen dieser Gattung besteht zunächst einmal in dem runden Glasbogen, der von B-Säule zu B-Säule reicht und die Windschutzscheibe integriert. Es wurde dann entschieden, diese oben messerscharf abzuschneiden: Es gibt also kein Rahmenoberteil und die A-Säulen sind unsichtbar. Dieser Bereich musste komplett neu entwickelt werden, bildet aber auch die konsequenteste Lösung für einen Speedster – gar kein

Dach! Und doch gibt es eines: Wie der kaschierte Scheibenrahmen besteht es aus Karbon, um oben möglichst wenig Gewicht hinzuzufügen, und lässt sich im Kofferraum verstauen, da es aus zwei in der Fahrzeuglänge verlaufenden Teilen gemacht ist. So wird der Spyder in Sekunden zum Coupé! Kann man die Seitenfenster runterkurbeln? Ja, das geht, nur das Heckfenster fungiert als Windstopper und ist fest eingebaut. In Bezug auf einen möglichst guten Komfort haben wir lange an der Aerodynamik gefeilt – offen und mit 200 Stundenkilometer bewegt beträgt der Innengeräuschpegel lediglich 73 Dezibel! Der Spyder ist vielleicht nicht die modernste Interpretation eines Supersportwagens, aber die ehrlichste, weil er hält, was er verspricht. Wie teuer wird der Wagen denn werden? Das haben wir noch nicht ganz genau definiert. Zudem erwarten unsere Kunden einen gewissen Grad der Vertraulichkeit, den wir respektieren sollten. Touring gehört zur Zeta Europe Group, die auch den traditionsreichen Felgenhersteller Ruote Borrani besitzt. Gibt es Pläne einer engeren Zusammenarbeit? Die Tatsache, dass beide Firmen dem gleichen Anteilseigner gehören, ist zwar kein Zufall, sondern das Ergebnis einer Strategie. Dennoch arbeiten wir komplett unabhängig und nur sehr sporadisch mit Borrani zusammen, wenn es sich aus einer gewissen Logik oder Ästhetik ergibt. Ich möchte auch feststellen, dass sich der Name des Unternehmens geändert hat und nicht mehr Zeta Europe Group lautet. Die Besitzverhältnisse haben sich aber nicht geändert. Wer sind denn die Besitzer? Es handelt sich um eine Gruppe privater Investoren, zwei europäische Familien, das ist alles. Namen werden nicht genannt.

088 VECTURA #18


ADVERTORIAL

DIMENSIONEN DER ZEIT – DIE UHREN VON URBAN JÜRGENSEN AUF DEN ERSTEN BLICK IST ZEIT EIN RASTLOSER FREUND, DER SCHNELL WEITER WILL: ES IST SCHON SPÄTER ALS GEDACHT UND BIS ZU DIESER UHRZEIT WILL NOCH DIES UND JENES ERLEDIGT WERDEN. DER FAKTOR ZEIT HAT ABER MEHRERE DIMENSIONEN, DIE SICH AUCH IN HOCHWERTIGEN UHREN WIDERSPIEGELN

E

s ist der stetig fortschreitende Zeiger, der uns sagt, dass Zeit ein knappes Gut ist – und irgendwann auch unsere Zeit gekommen ist. Dieses Wissen treibt uns voran, doch das war nicht immer so. Im Mittelalter orientierten sich die Menschen noch an Jahres- und Erntezeiten – oder an den kirchlichen Feiertagen im Kalender. Zeit als solche war eher unwichtig. Erst die Moderne brachte den tickenden Takt an das Handgelenk. Bei aller Terminfülle – Zeit kann auch mal völlig in den Hintergrund treten. Wer an einem verregneten Sonntagnachmittag mit einem Glas Rotwein vor dem Kamin sitzt und ein spannendes Buch liest, vergisst die Zeit. Doch die kann plötzlich zurückkommen – wenn beispielsweise das Telefon klingelt … Zeit ist daher kein eigenständig handelndes Subjekt. Sie ist nur das Medium, in dem sich alles ereignet. Sie ruht in sich selbst. Auf jeden Fall hat sich die Zeit tief in unser bewusstes und unbewusstes Leben eingraben. Sie prägt unsere

Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Aus diesem Grund brauchen wir Uhren, die diese unterschiedlichen Dimensionen widerspiegeln. Die Uhren von Urban Jürgensen sind Zeitmesser, die Geschichte atmen, unseren Alltag prägen und gleichzeitig einen Blick in die Zukunft erlauben. Die Moderne findet allerdings nicht in nüchternen Fabrikhallen statt, sondern in Ateliers, die eher klassischen Manufakturen gleichen: Hier wird handwerkliche Kunst mit individueller Perfektion gepflegt. Und ob­wohl die Produktivität viele Fortschritte gemacht hat, prägen seit 240 Jahren die gleichen hohen handwerklichen Standards das Geschehen bei Urban Jürgensen. Es ging und geht immer um das beständige Streben, die Grenzen der Perfektion in der Uhrmacherkunst weiter zu optimieren. So entstehen aus handwerklichem Schaffen sehr individuelle Produkte, die ihrem Träger viel Freude bereiten. Der Begriff «Echtheit» ist in diesem Rahmen das Qualitätsversprechen, an dem sich die Verantwortlichen messen lassen wollen.


SHOWROOM

EIN FORD MIT ITALIENISCHEM AKZENT MIT DEM MONDEO VIGNALE SETZT DIE EUROPÄISCHE TOCHTER DES US-KONZERNS AUF GRANDEZZA

Seit dem Ende der Premier Automotive Group (PAG) im Jahre 2008, in der die Ford Motor Company unter ihrem damaligen Vorsitzenden Jacques Nasser einst die Marken Aston Martin Lagonda, Jaguar, Daimler, Rover, Land Rover, Lincoln sowie Volvo vereint hatte und sich zu Höherem berufen fühlte, konzentrierte man sich bei der blauen Pflaume wieder aufs Kerngeschäft. Und lieferte solide Hausmannskost wie den dritten Focus oder fünften Mondeo ab. Zu den Highlights des Hauses zählten zuletzt ein paar RS-Derivate oder der nicht unattraktive Familien-Sportvan S-Max. Um dem dennoch drohenden Brot-und-Butter-Image vorzubeugen, wurden zudem alle Baureihen mit einem nach vorne drängenden Kühlergrill im Aston-Martin-Stil veredelt. Dieser zunächst clevere Kniff nutzte sich freilich rasch ab, und weil man mit dem handverlesenen Supersportwagen GT allein kaum das gesamte Portfolio aufwerten kann (siehe VECTURA #14), setzt man bei Ford wieder auf mehr Eleganz, die nicht abgekupfert wird, diesmal von innen kommen soll. Es gibt sogar Vorbilder aus den eigenen Reihen: jene Ghia-Sondermodelle nämlich, die zwischen 1973 und 2008 mit mehr Ausstattung und Leistung eine anspruchsvollere Klientel ansprechen sollten – und das innerhalb der Baureihen Granada, Capri, Cortina, Escort, Fiesta, Sierra, Orion, Scorpio, Mondeo sowie Focus auch taten, bevor es dann die «Titanium»-Modelle gab. Auf den wohlfeilen Namen jener anno 1970 übernommenen Traditionsfirma aus Turin will man sich heute nicht mehr verlassen: zu viel Déjà-vu und zu wenig Neuigkeiten, nach denen ja alle Welt lechzt. So ganz ohne Geschichtsbewusstsein möchte man es aber offensichtlich auch nicht angehen – und besinnt sich deshalb auf ein anderes, vor 42 Jahren verstorbenes italienisches Unternehmen, das Qualität und gleichzeitig Zukunft versprechen soll. Die Carrozzeria Alfredo Vignale aus Turin existierte nur knapp 30 Jahre. 1946 gegründet, konzentrierte sich der Familienbetrieb ausschliesslich auf das neue Karossieren existenter Serienfahrzeuge. Der grösste Trumpf des Firmengründers war dabei seine enge Freundschaft zum Design-Genie Giovanni Michelotti, der dann auch für die Mehrheit aller mit Vignale-Logo versehenen Kreationen verantwortlich zeichnete. Die meisten Karossen bestanden aus Stahlblech, was eine gewisse Bodenständigkeit signalisierte. Neben italienischen Autos – meist waren es Fiat-Derivate, es gab aber auch Alfa Romeo, De Tomaso, Lancia, Maserati und sogar Ferrari mit Vignale-Aufbau – verliessen eigenständige BMW oder Tatra das kleine Werk. Letzterer markiert auch den grössten Firmenerfolg, denn der von Vignale gezeichnete Entwurf ging als Tatra 613 und 700 in der Tschechoslowakei in Serie und wurde bis 1998 nahezu unverändert gebaut. 090 VECTURA #18

Das Unternehmen Vignale selbst war da längst Geschichte. Wie viele andere Häuser der Karosseriebauzunft hatte man Ende der 1960er-Jahre mit finanziellen Problemen zu kämpfen: Ende 1969 verkaufte Alfredo Vignale an den Konkurrenten Ghia; wenige Tage später kam er bei einem Autounfall ums Leben. Ghia gehörte damals zum Auto-Imperium des Alejandro de Tomaso, der das Label (inklusive Vignale) kurz darauf an Ford veräusserte. Ford hat «Vignale» bisher in Form von Salonstudien wieder aufleben lassen – 1993 als Lagonda und 2004 unter eigenem Logo. 2013 äusserte man dann erstmals die Absicht, eine gehobene Mondeo-Variante mit Vignale-Schriftzug anbieten zu wollen. Seit wenigen Monaten ist dieses Auto käuflich zu erwerben; im Gegensatz zum Standard-Mondeo steht die in Valencia produzierte Luxusvariante in der «Vignale Lounge» der Niederlassung, wo es Gratis-Kaffee, Touchscreens zum Konfigurieren oder eine Accessoire-Kollektion (Lederwaren, Krawatten) gibt. Die kostenlose Wagenwäsche gehört ebenso zum Programm wie ein spezieller 24-Stunden-Service. Rein äusserlich unterscheidet sich der wahlweise vier- oder fünf­ türige Vignale von seiner Basis durch dezent-eigene Lackfarben und Felgen sowie mehr Chrom innerhalb des neu gestalteten Grill­einsatzes, an den Aussenspiegeln oder Flanken plus den serien­mässigen, adaptiv gesteuerten LED-Scheinwerfern. Zu den inneren Werten zählen eine besonders gehobene Ausstattung (Smartphone-Integration, Sprachsteuerung, Sony-Surround) sowie auffallend sauber verarbeitete, hexagonal gesteppte Lederoberflächen. Natürlich wird ein Vignale von modernsten Motoren angetrieben: Zur Wahl stehen Zweiliter-Ecoboost-Benziner mit 203/240 PS (149/176 kW), Zweiliter-Turbo- oder -Biturbodiesel mit 180/210 PS (132/154 kW) als auch eine Hybrid-Variante mit 140 kW Systemleistung. Abgesehen von den Benzinern verfügen die Fahrzeuge über eine aktive Lärmunterdrückung; Allrad (verfügbar nur bei den Dieseln) kostet 4500 Franken extra. Die Preisliste startet bei 47 200 Franken und ob die Ford-Strategie aufgeht, wird sich schon bald zeigen: Entweder gibt es demnächst weitere Vignale-Angebote – oder der ehrwürdige Name stirbt einen zweiten, dann wohl endgültigen Tod. sb


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092 VECTURA #18


DAS ALTER EGO VON BYRON STAVER WENN ZAGATO EINEN SPORTWAGEN NEU EINKLEIDET, IST DAS ERGEBNIS NICHT UNBEDINGT MASSENTAUGLICH, ABER IMMER SPEKTAKULÄR. DAS JÜNGSTE WERK NENNT SICH (IN RÜCKSICHT­NAHME AUF VERSCHIEDENE UNTERNEHME­ RISCHE BEFINDLICHKEITEN) «MOSTRO ZAGATO POWERED BY MASERATI» – UND GEHT IN MEHRFACHER HINSICHT GEHÖRIG ZUR SACHE

Text und Fotos Alvise-Marco Seno · Übersetzung map

I

m Jahr 1957 liess Maserati auf besonderen Wunsch von Werkpilot Stirling Moss bei Zagato einen Sportwagen mit geschlossenem Aufbau herstellen. Dieses 450 S Coupé trat dann bei den 24 Stunden von Le Mans gegen die unschlagbaren Sport-Barchetta an. Nach dem Rennen wurde das 400 PS

starke «Monster» für seinen neuen Besitzer, den US-amerikanischen Enthusiasten Byron Staver, in ein Strassenauto verwandelt. Knapp 60 Jahre später präsentiert das Zagato-Atelier die NeuInterpretation des Konzepts: Der Mostro ist als reines Renna­uto konzipiert, kann aber, je nach Toleranz der Behörden, auch

FRÜHLING 2016 093


eine Strassenzulassung erhalten. Nur fünf Exemplare werden entstehen – sie wurden bereits alle im Handumdrehen verkauft. Stückpreis: 975 000 Euro netto. Einen Gran Turismo im Sinne der magischen 1950er-Jahre zu bauen – das ist heute praktisch unmöglich. Damals war alles noch ganz einfach: Das Auto musste nur Mille-Miglia- oder Nürburgring-tauglich sein und ausserdem über Ledersitze, Chromschmuck und Radio verfügen, um downtown zu glänzen. Zudem sollte es sowohl in Gstaad, in Cortina d’Ampezzo als auch auf der Via Veneto eine gute Figur machen können. Es war ein kreatives Abenteuer und nicht die komplexe, norm-konforme Maschine von heute: Kaufe es, benutze, es, wirf es weg – Superwagen eingeschlossen! Es ist bemerkenswert, dass vor über 60 Jahren viele namhafte GT ein «Z» auf den Flanken führten. Denn die Marke Zagato, 1919 gegründet und sofort auf Rennsportfahrzeuge fokussiert, arbeitete in den 1950er-Jahren offiziell mit allen führenden europäischen Häusern zusammen, die an entsprechenden Rennen teilnahmen: AC, Alfa Romeo, Aston Martin, Ferrari, Fiat-Abarth, Jaguar, Lancia, Maserati, Osca und Porsche. 1957 legte sich Zagato für Maserati ganz besonders ins Zeug: In einer Zeit, die von offenen Sportmodellen wie Jaguar D, Aston Martin DBR1, Ferrari 290 MM / 315 / 335S / 250 Testa Rossa oder Porsche 718 RSK geprägt wurde, realisierte der Karosserie­ bauer – mit Unterstützung des britischen Aerodynamikspezia­ listen Frank Costin – eben jenen besagten 450 Sport. Und obwohl sich Moss in Le Mans bis zum Sonnenuntergang wie ein Löwe auf Position 2 gekämpft hatte, musste er das Auto schliesslich mit mechanischen Problemen abstellen. Der Wagen selbst 094 VECTURA #18


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wurde in einer dunklen Werkecke geparkt und geriet innerhalb weniger Monate in Vergessenheit – bis ihn besagter Mister Saver bei einem Maserati-Besuch entdeckte und von den Proportionen auf Anhieb begeistert war. Der Rest ist Geschichte: Der Amerikaner kaufte den Wagen und gab Änderungen in Auftrag: mehr Radstand, mehr Leder, dazu Chromfelgen und reichlich Power – für den in jenen Tagen ultimativen GT. In der Gegenwart kann auch der Mostro entweder Renn- oder Strassenauto sein. Letzteres ist den ersten beiden Käufern gelungen; ein schwarzes Exemplar wird aktuell und offiziell in der Schweiz bewegt. Das rote auf diesen Seiten befindet sich inzwischen (neben einem dritten Mostro) in Japan. Natürlich war es nicht das Ziel von Zagato, einfach nur ein zweites Monster zu schaffen. Vielmehr ging es darum, wie damals die gleiche Philosophie von Klarheit und Spontanität anzuwenden. Deshalb ist der neue Mostro auch nicht nostalgisch ausgefallen, sondern eine eigenständige Designikone geworden. Das hatte mit aerodynamischen Anforderungen zu tun. Dennoch gibt es proportionale Parallelen zum 450 S Coupé – den enormen Vorderbau etwa, welcher den Front-Mittelmotor beherbergt. Daraus resultiert ein weit zurückversetztes Cockpit, das scheinbar eins ist mit der kleinen runden Heckpartie. Seitlich betrachtet scheinen die vorderen Kotflügel direkt in die hinteren überzugehen, was ebenfalls zur signifikanten stilistischen Reinheit des Entwurfs beiträgt.

Keine Schönheit, aber eindrücklich: Aus acht Zylindern und mehr als 4,2 L Hubraum schöpfte der 1957 entstandene Maserati 450 S Zagato satte 400 PS. Das 1,2 Tonnen leichte Coupé fuhr über 320 km/h schnell

Der Mostro 2016 ist anders als andere Autos dieses Genres. Wenn man beispielsweise einen McLaren P1 GTR oder den Ferrari FXX K anschaut, beziehen beide ihre optische Sensation aus einer Vielzahl kleiner aerodynamischer Details, die von der eindrucksvollen Technik unterhalb dieser Karossen ablenken und nur noch einen Eindruck vermitteln: Das Ding geht sicher wie eine Rakete … Beim Mostro dagegen weckt die äusserliche Reduktion eher den Wunsch, mehr über seine spezielle Technik zu erfahren und sie zu verstehen. Das ist schwer zu beschreiben und klingt vielleicht etwas geschwollen, doch Supercar-Kenner werden es verstehen. Konstruktiv ist der Mostro ein typisches Front-Mittelmotor-Coupé mit Kohlefaser-Karosserie und Transaxle-Layout – das Getriebe sitzt aus Gründen der optimalen Gewichtsbalance an der Hinterachse. Auch das Monocell-Chassis besteht weitgehend aus Karbon und ist mit einem stählernen Überrollkäfig kombiniert; im Heckbereich gibt es einen Hilfsrahmen, der Antriebswelle, Hinterachse und Tank aufnimmt. Das Fahrwerk besteht vorne wie hinten aus Doppelquerlenkern und sowohl verstellbaren als auch hydraulischen Push-Rod-Dämpfern. Als Antriebsquelle fungiert, wie sollte es anders sein, ein 4,2-L-Maserati-V8 mit 420 PS sowie Trockensumpfschmierung. Die Kraft wird mittels sequentieller Sechsstufen-Box übertragen; es gibt also ein Kupplungspedal. Bremsseitig wurden unter den 19-Zoll-Alufelgen riesige Scheiben montiert; irgendwelche elektronische Hilfssysteme wie Traktionskontrolle, ABS oder ESP gibt es allerdings nicht: Der Mostro wiegt deshalb auch nur 1000 Kilogramm und bietet ein sehr puristisches Fahrerlebnis. Mit einem Porsche 991 GT3 RS, dem Ferrari 458 Speciale oder Lamborghini Aventador SV kann man heute recht problemlos einkaufen oder ins Büro fahren, ein Kind zur Schule bringen (wenn man sich das traut) oder sogar verreisen: Elektrische FRÜHLING 2016 095


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Dieses sehr exklusive Auto weckt echte Leidenschaft – beste Voraussetzungen für ein Sammlerstück

Sitze, Servolenkung, Navigationssystem, Klimaautomatik, High-End-Soundsysteme oder Tempomaten machen diese Autos zu «daily drivers», mit denen man entspannt und sogar frisch ankommen kann. Nicht so der Mostro: Wer die Türen öffnet und die hohen Schweller überwindet, findet sich in einem funktional-aufgeräumten Rennwagen-Cockpit wieder, das recht bequem, aber auch sehr eng geschnitten ist. Fahrer und Copilot verwachsen sofort mit der Maschine; Trimm und Farben wurden übrigens gemeinsam mit dem italienischen Modelabel Costume National ausgewählt. Die Schalensitze sind zwar lederbezogen, aber nur in Längsrichtung verstellbar. Das Alu-Armaturenbrett informiert über die wesentlichsten Parameter und ist auffallend hoch, ebenso der Schalthebel. Statt Seitenscheiben gibt es lediglich zwei kleine Lüftungsklappen aus Plexiglas. Immerhin lässt sich das Lenkrad verstellen und abnehmen, auch eine Klimaanlage ist an Bord. Der VECTURA-Autor gehört zu den wenigen, die einen Mostro fahren durften. Daher weiss er, dass es zum Starten keinen Schlüssel gibt – sondern nur einen Knopf. Und wenn der nach mehrmaligem Drücken grün aufleuchtet, wird zunächst die Benzinpumpe aktiviert. Das macht einen furchtbaren Krach und erst anschliessend kann – nach einem weiteren Druck – der Achtzylinder gezündet werden, was er donnernd tut, bevor sich die Drehzahl knapp unter 1000 Touren einpendelt. Also los: Kupplung treten, Ganghebel einmal nach hinten ziehen, der ganze Wagen schüttelt sich und der erste ist drin. 096 VECTURA #18

Anfahren ist recht einfach, aber das Setup ist knallhart. Der V8 gibt sich flüssig, ist elastisch, die Lenkung ist sehr direkt und nach wenigen Minuten dringt Hitze ein. Rückblickend sind es eventuell auch die Gefühle, die dieser Wagen überträgt – heisse Leidenschaft, tiefes Empfinden. Und die sind unbezahlbar: Der Mostro ist ein waschechtes Renngerät, fein ausbalanciert, seine Leichtigkeit jederzeit spürbar, die Bewegung sehr intensiv, der Klang auch. Fahrbefehle werden augenblicklich umgesetzt. Das Auto geht Kurven neutral an und verhält sich auch im Scheitelpunkt und Ausgang gutmütig. Erst wenn man es mit dem Gasfuss übertreibt, beginnt das Heck zu tanzen, doch das lässt sich mit gezielt kleinen Lenkkorrekturen parieren. Für die Beschleunigung von null auf Tempo 100 werden keine vier Sekunden benötigt und die Höchstgeschwindigkeit beträgt mehr als 300 Stundenkilometer. Wirklich unglaublich ist die Verzögerung – brutal, dabei fein dosierbar und richtungsstabil. Was also bleibt abschliessend zu sagen? Zagato ist das Kunststück gelungen, ein Vollblut alter Schule zu bauen, das sich genauso sensationell fährt, wie es aussieht. Und das in Zukunft ebenso zu einem Klassiker reifen wird wie der 450 S.


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J

aja, der Hardcore-Aventador. Mit mehr Karbon und noch weniger Gewicht. Ich könnte etwas über die Faszination schreiben. Oder dass es nur 600 Coupés und 500 Roadster gibt, die alle schon weg sind. Aber es regnet in Strömen und wir haben es eilig. Sieht fast so aus, als wäre der RAV4 von Seite 008 jetzt die bessere Wahl. Doch auch der Superveloce hat Allradantrieb, also Türen hoch und mit einem Schwall Wasser reingezwängt in das Teil, wo man auf ungepolsterte Sitzschalen plumpst. Vergiss den Blick zurück: Wenn du da nichts übersehen willst, muss die Rückfahr­kamera bemüht werden.

Lambo-Fahrer stört das null, denn für sie gibt es nur eine Richtung. Und genau da fahren wir jetzt hin. Vor uns lauert Kopfstein und eine enge Parkhauseinfahrt. Der SV murrt, hebt sich dank Frontlift aber über solche Schikanen hinweg. Auch den nächsten Kreisel nimmt er locker und wir merken: Einmal in Bewegung fühlt sich der Keil fast wie ein Kleinwagen an, lässt sich gut überblicken und «à point» dirigieren. Dabei geht es innen verblüffend leise zu; leider verweigert sich die Bluetooth-Verbindung und Ablagen gibt es auch keine. Das Automatik-Programm schaltet gelegentlich, wenn es nicht gewünscht ist, also bleibe ich im Manuell-Modus. FRÜHLING 2016 101


102 VECTURA #18


FAHRTERMIN

Wo der Superveloce auftaucht, bleiben alle anderen stehen: Viel extremer kann man heute kaum unterwegs sein

FRĂœHLING 2016 103


TECHNISCHE DATEN LAMBORGHINI AVENTADOR SV Konzept Leichtbau-Variante des italienischen Supersportwagens. Selbsttragendes Karbon-Monocoque mit Alu-Hilfsrahmen v./h., 2 Scherentüren/Sitze. Pushrod-Fahrwerk, Karbon-Keramik-Bremsen rundum, 3fach verstellbarer Heckflügel, Allradantrieb, messerscharfes Handling Motor Längs vor der Hinterachse platzierter, wassergekühlter, frei atmender V12-Benziner. 4 Vent./Zyl., 4 oben lieg. Nockenwellen (Kette/VVT), Alu-Köpfe und -block, 7fach gel. Kurbelwelle, Trockensumpfschmierung Hubraum in cm3

6498

Bohrung x Hub in mm

95 x 76,4

Verdichtung

11,8:1

Leistung in PS (kW) @ U/min

552 (750) @ 8400

Max. Drehmoment in Nm @ U/min

690 @ 5500

Kraftübertragung

A7

Abmessungen (L/B/H) in cm

483,5 / 203 / 113,5

Radstand in cm

270 172 / 168

Spur vorne/hinten in cm Reifen und Räder

vorne

255 / 30 ZR20 auf 9J

hinten

355 / 25 ZR21 auf 13J

Tankinhalt in L

90

Kofferraumvolumen in L

60

Leergewicht (ohne Fahrer) in kg

1525

Zulässiges Gesamtgewicht in kg

2050

Leistungsgewicht in kg/PS

2,0

0 – 100 km/h in Sek.

2,8

0 – 200 km/h in Sek.

8,6

0–300 km/h in Sek.

24,0

Höchstgeschwindigkeit in km/h

350+

Durchschnittsverbrauch* in L/100 km

16,0

CO2-Emission in g/km

370

Energieeffizienzkategorie

G

Preis ab CHF

483 270.–

* gemessen nach NEFZ: Neuer Europäischer Fahrzyklus

104 VECTURA #18


FAHRTERMIN

FRÜHLING 2016 105


FAHRTERMIN

Was der grosse Lambo bei Regen gar nicht mag, sind unsensible Manöver und zu starkes Bremsen. Das ist eigentlich klar bei solchen Schlappen und der brettharten Federung, doch dann hört es auf zu regnen, wird die Strasse endlich breiter und ist auch weniger nass. Vor uns tauchen erste trockene Passagen auf, also schalte ich auf «Corsa» und trete voll rein. Was nun passiert, ist SV: S für «Saumässig brutal» und V für «Verflucht-noch-eins»! Strassen, Schilder, Brücken, Bäume – alles wird spontan und mit voller Wucht nach hinten gerissen. Eigentlich kann man jetzt auch den Rückspiegel über Bord werfen – niemand wird überholen. Dazu setzt das Auto ein akustisches Fanal, das keinen Widerspruch erlaubt. Direkt vorne auf

106 VECTURA #18

das Triebwerk geschnallt, sind wird da schon längst im grossen Kanton und haben weit über 300 Sachen drauf. Der Lamborghini Aventador LP750-4 Superveloce saugt sich sogar an Kurven fest; er ist die ultimative Beschleunigungsmaschine, das derzeit schnellste Ausrufezeichen aus der Po-Ebene und jeden Rappen seines unverschämten Preisschilds wert. Besonders schön sind die Nachzündungen beim Runterschalten und da spüre ich sie wieder, meine Schwäche für leicht überzüchtete Autos. Leider ist der Spuk ganz schnell vorbei, das Tempo-120-Schild zurück und der Lambo geht, wie er kam: versteckt in einem anonymen 3,5-Tonnen-Alukoffer. Eine ranke Service-Chauffeuse im Catsuit hätte diesen Abgang deutlich stilvoller gestaltet.


DER NEUE

SUBARU XV 4x4.

AB FR. 22’900.–.

– Noch mehr 4x4-Vergnügen fürs Geld. – Sportlicher Crossover. – Vollausgerüsteter Kompakt-SUV mit 22 cm Bodenfreiheit. – Top-Audio-Anlage. – 1,6 Liter mit 114 PS bis 2,0 Liter mit 150 PS. – Auch mit Lineartronic-Automat mit 6-Gang-ManualModus (Schaltwippen). – Auch mit SUBARU BOXER DIESEL (2,0 Liter, 147 PS). – Auch mit exklusivem Tabacco-Leder.

Abgebildetes Modell: Subaru XV 2.0i AWD Swiss two, man., 5-türig, 150 PS, Energieeffizienzkategorie F, CO 2 160 g/km, Verbrauch gesamt 7,0 l/100 km, Fr. 28’700.– (inkl. Metallic-Farbe). Subaru XV 1.6i AWD Swiss one, man., 5-türig, 114 PS, Energieeffizienzkategorie F, CO 2 151 g/km, Verbrauch gesamt 6,5 l/100 km, Fr. 22’900.– (mit Farbe Desert Khaki oder Hyper Blue). Durchschnitt aller in der Schweiz verkauften Neuwagenmodelle (markenübergreifend): CO 2 139 g/km.

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SIEGE IN SERIE IM MOTORSPORT IST MERCEDES-BENZ DIE GRÖSSE, WELCHE ES ZU SCHLAGEN GILT: DER STUTTGARTER HERSTELLER BLICKT AUF EINE ÜBER 120-JÄHRIGE RENNGESCHICHTE ZURÜCK UND IST DAMIT EINER DER LANGJÄHRIGSTEN NOCH EXISTENTEN TEILNEHMER IM INTERNATIONALEN VOLLGAS-ZIRKUS. JÜNGERE EREIGNISSE INNERHALB DER FORMEL 1 HABEN INDES EINMAL MEHR DIE FRAGE AUFGEWORFEN, INWIEWEIT DIE KÖNIGSKLASSE NUR SICH SELBST DIENT – ODER TATSÄCHLICH NOCH EINE ENTWICKLUNGSTECHNISCHE RELEVANZ BESITZT. DER FOLGENDE BEITRAG ERHELLT DAS THEMA MIT INTERESSANTEN TATSACHEN UND BEWEIST: DAS AKTUELLE F1-TEAM MERCEDES AMG PETRONAS TUT MEHR, ALS NUR SCHNELL IM KREIS ZU FAHREN … Text Florian Carl Eisenblätter · Fotos Werk

108 VECTURA #18


ENTWICKLUNG

A

uch in der Formel-1-Saison 2016 braucht man Mut oder eine gut gefüllte Portokasse, um sein Geld auf einen anderen Fahrer als Lewis Hamilton oder Nico Rosberg zu setzen. Zu gross war die Dominanz der beiden Silberpfeil-­ Piloten in den vergangenen zwei Jahren. Mercedes reitet im Motorsport aktuell auf einer riesigen Erfolgswelle, die Werk­ piloten wurden 2015 Welt- und Vizeweltmeister, das Team errang überlegen die Konstrukteurs-WM. Der 2015er Mercedes AMG W06 errang 16 Siege in 19 Rennen – eine sagenhafte Quote von mehr als 84 Prozent! Hinzu kamen Fahrer- und Team-Titel in der DTM, ein mit Mercedes-Power befeuerter Meister der europäischen Formel 3 und der Gewinn der ADAC GT Masters mit dem Mercedes-Benz SLS AMG GT3. Reims 1954: Fangio (18) und Kling (20) in ihren Stromlinien-W196R

Keine Frage: Die Stuttgarter verstehen es, ihre motorsportlichen Erfolge breitenwirksam zu vermarkten. Nachdem die Weltmeistertitel von Sebastian Vettel auf Red Bull kaum mit dem Motorenhersteller Renault in Verbindung gebracht wurden, nutzt die Marke Mercedes-Benz ihre Triumphe in vollen Zügen. Eine breit angelegte Werbekampagne hält jedem, der es noch nicht mitbekommen hat, unübersehbar vor die Nase: Seht her, wir dominieren den internationalen Rennsport wie kein anderer Hersteller! Während der Ende 2015 abgehaltenen Grossveranstaltung Stars & Cars feierte man in der Mercedes-Benz Arena in Stuttgart gemeinsam mit über 35 000 Zuschauern. Diese Vermarktung ist Teil der Darbietung, denn schliesslich verspricht sich jeder Hersteller, der sich im immens teuren Rennsport engagiert, einen Effekt gemäss dem altbekannten Leitspruch: Win on Sunday, sell on Monday. Anders wären die Ausgaben für die Formel-1-­ Teilnahme auch kaum zu rechtfertigen. Motorsport als Testinstrument Dabei war die offizielle Argumentation in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts noch eine ganz andere: Rennsport fördere die technische Entwicklung des Serienautomobilbaus in grossem Masse und stelle somit ein unverzichtbares Experimentierfeld dar. Paul Daimler, der älteste Sohn Gottlieb Daimlers, betonte: «So wichtig es auch ist, dass der Fahrer im normalen Verkehr vorsichtig und materialschonend fährt, so bedeutungsvoll und entscheidend ist es, dass in den Rennen das Material bis an und über die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit beansprucht wird; denn nur dadurch erkennt man die Grenzen, nur nach solcher Erkenntnis kann man die schwachen Punkte der Konstruktion verstärken.»

Bern 1954: Fangio im W196R-Monoposto vor González auf Ferrari 625

Kurz vor der Katastrophe: Pierre Levegh auf 300 SLR in Le Mans 1955

Diese Aussage scheint im Grunde genommen noch heute zu gelten, wenn auch unter anderen Vorzeichen. Mit dem Hybrid-­ Reglement von 2014, mit aufgeladenen 1,6-L-Motoren sowie der Verwendung elektrischer Energie und Rekuperationssystemen wurden in der Formel 1 wichtige Themen des aktuellen Serienautomobilbaus aufgegriffen: Steigerung der Effizienz und Reduzierung des Treibstoffverbrauchs unter Zuhilfenahme von Elektromotoren. Birgt das herstellerseitige Motorsportengagement also Chancen bezüglich einer beschleunigten Weiterentwicklung von Strassenautos? Findet tatsächlich ein Technologietransfer zwischen Rennsport und Serienfertigung statt? Oder handelt es sich nur um gut zu vermarktende Floskeln der Werbeabteilungen motorsportbegeisterter Akteure? Um diese Fragen zu beantworten, hilft ein Blick in die Vergangen­ heit. Der Einfluss des Rennwagenbaus auf die Serienmodellpalette wird nämlich erst mit einigen Jahren Abstand erkennbar.

Seinerzeit High Tech: der 300 SLR (W196S) ohne Karosserie

FRÜHLING 2016 109


ENTWICKLUNG

Helden unter sich (v.l.n.r.): Piero Taruffi, Juan Manuel Fangio, Karl Kling, Rennleiter Alfred Neubauer, Stirling Moss und André Simon

Schliesslich können technische Errungenschaften nicht vom einen auf den anderen Tag in die Grossserie übernommen werden. So bietet es sich an, die Archive der Automobilhersteller zu bemühen und zu prüfen, inwiefern Rennsport die Serientechnologie in der Vergangenheit beeinflussen konnte. Die Ära 1954 und 55 Als bester Vergleich zu den aktuellen Er­folgen des F1-Teams Mercedes AMG Petronas eignet sich ein Blick auf das historische Rennsportengagement der Untertürkheimer – zum Beispiel die Motorsportaktivitäten der damaligen Daimler-Benz AG in den Jahren 1954 und 55. Die Rennsportkompetenzen der Stuttgarter waren in den beginnenden 1950er-Jahren durch die heute umstrittenen Erfolge der Silber­ pfeile in der Vorkriegszeit international bekannt – und daran wollte man natürlich anknüpfen. Im September 1950, dem Debütjahr der bis heute ausgetragenen F1-Weltmeisterschaft, richtete man in Stuttgart eine Abteilung für Sonderaufgaben ein, welche die neue Rennabteilung des Unternehmens darstellen sollte. Da für die Formel-1-Jahre 1952 und 54 jeweils Reglementänderungen angekündigt waren, wurde auf einer Vorstandssitzung der Daimler-Benz AG im Oktober 110 VECTURA #18

1951 beschlossen, sich ab 1954 in der Formel 1 zu engagieren. Zur rennsportlichen Überbrückung bis zum Einstieg in die Königsklasse entwickelten die Ingenieure unter Rennwagenkonstrukteur Rudolf Uhlenhaut auf Basis der wuchtigen Repräsentationslimousine 300 «Adenauer» den bis heute faszinierenden Flügeltürer 300 SL (Werkcode W194). Mit diesem Sportwagen nahm das Team 1952 erfolgreich an Sportwagenrennen teil und errang bereits zwei Doppelsiege bei den 24 Stunden von Le Mans und der mexikanischen Carrera Panamericana. Nur leicht verändert wurde der 300 SL (nun als W198) ab 1954 dann offiziell im Modellprogramm der Daimler-Benz AG angeboten; bis 1963 entstanden insgesamt 3258 Coupés und Roadster. Nachdem man die Rennsaison 1953 mit dem 300 SL bewusst ausgelassen hatte, um die Entwicklung des Formel-Rennwagens W196 R zu forcieren, folgte in den Jahren 1954 und 55 eine bis heute legendäre Siegesserie. Für den W196 R hatte man damals gleich zwei Karosserieversionen in petto – eine Stromlinienkarosserie mit verkleideten Rädern für Hochgeschwindigkeitsstrecken mit langen Geraden sowie eine Karosserie mit freistehenden Rädern für kurvige Strecken. Bereits bei ihrem ersten Einsatz, dem Grossen Preis von Frankreich in Reims am 4. Juli 1954, wirkten


die drei mit Stromlinienkarosserie startenden Mercedes wie von einem anderen Stern – und fuhren zum überlegenen Doppelsieg. Wie heute war man nur mit den besten Fahrern unterwegs: Juan Manuel Fangio holte 1954 und 55 zwei seiner insgesamt fünf Formel-1-Titel auf dem Mercedes-Benz W196; Stirling Moss wurde 1955 Vizeweltmeister. Neben dem F1-Boliden W196R wurde der in vielen Teilen baugleiche Rennsportwagen 300 SLR (W196S) entwickelt. Mit diesem Auto nahm Mercedes ebenfalls 1955 an der Sportwagen-Markenweltmeisterschaft teil – und konnte auch diese in einem furiosen Finale mit einem Doppelsieg bei der Targa Florio vor Ferrari gewinnen. Anders als im Nachhinein vielfach behauptet, führte 1955 nicht die Le-Mans-Tragödie zum Ausstieg der Daimler-Benz AG aus dem internationalen Motorsportgeschehen. Verantwortlich waren vielmehr personelle Engpässe, die dazu führten, dass heraus­ ragende Ingenieure wie Uhlenhaut dringend für die Serienentwicklung benötigt wurden. Ausserdem konnte die Unternehmensführung in Stuttgart nicht erkennen, inwiefern man dank der Rennsiege tatsächlich mehr Autos verkaufte. Da die bisherigen Rennaktivitäten ausserdem Kosten von jährlich knapp 13 Millionen Mark verursacht hatten, strich man kurzerhand die Segel. Vom Silberpfeil zum Serienmodell Es muss in diesem Zusammenhang gesagt werden, dass sich die Motorsportausgaben seinerzeit auf ungefähr ein Prozent des Unternehmensumsatzes beliefen, was auch verglichen mit den heutigen F1-Investitionen verhältnismässig höher war. Die Erfolge des W196 als einer der innovativsten und erfolgreichsten Rennwagen der damaligen Zeit kamen also nicht von ungefähr. Unter anderem war er der erste seiner Art, der über eine Benzindirekteinspritzung verfügte. Innenliegende Trommelbremsen mit Turbokühlung oder die Eingelenk-Pendelhinterachse mit tiefgelegtem Drehpunkt, welche für das überlegene Fahrverhalten sorgte, waren weitere technische Spezialitäten. Aus heutiger Sicht ist das Ausmass der Abhängigkeiten zwischen Renn- und Serienwagenbau jener Jahre klar erkennbar. Bereits der 1954 präsentierte Seriensportwagen 300SL verfügte ebenfalls über einen Einspritzmotor – und auch im 300S von 1955 wurde diese Technologie angeboten. Ab 1957 gab es dann

Prägende Figur: Rudolf Uhlenhaut (1906–89) in «seinem» Auto

beim Mercedes-Benz 300 eine indirekte Benzineinspritzung (intermittierende Saugrohr-Einspritzung), die 1958 dann erstmals auch in einem Grossserienmodell zum Einsatz kam: Vom 220SE entstanden immerhin rund 2000 Exemplare. Die erwähnte Eingelenk-Pendelachse des W196 fand schon 1954 im Serien-220 Verwendung; ein Jahr später folgte der Einbau in die Modelle 180, 190, 190SL und 300. Auch der 300SL Roadster wurde 1957 mit dieser Hinterachse ausgerüstet. Bis 1968 fand die Rennsport-inspirierte Hinterachs-Konstruktion dann in allen Mercedes-Benz-Modellen Verwendung und wurde kontinuierlich weiterentwickelt. Erst der Strich-Acht (W114) erhielt anstelle der Eingelenk-Pendelachse eine Schräglenkerachse, die bei Daimler-Benz auf den Namen «Diagonal-Pendelachse» hörte. Natürlich beeinflussten auch die im W196 verwendeten Trommelbremsen, deren spezielle Kühlrippen für niedrige Temperaturen

Blutsverwandte (v.r.n.l.): Panamericana-SL W194, Prototyp W194-11, Serien-SL Baumuster W198 und das 300 SLR «Uhlenhaut-Coupé» W196 S

FRÜHLING 2016 111


ENTWICKLUNG

sorgten und somit für eine bessere Verzögerung und längere Lebensdauer, die Technologie der Mercedes-Benz-Serienwagen. Bereits der 300SL griff die im Rennsport gewonnenen Ideen auf; ein Jahr später wurde dann die 220er-Limousine mit ähnlichen Trommeln ausgestattet. Die Umstellung auf Scheibenbremsen erfolgte bei Daimler 1961 zunächst beim 300SL Roadster, im April 1962 kam dann auch der 220 dran. Zusätzlich dürften personelle Verflechtungen zwischen den Rennsport- und Serienabteilungen zum Technologietransfer geführt haben. Allen voran wäre Rudolf Uhlenhaut zu nennen, der ja sowohl an der Entwicklung des W196 als auch W198 massgeblich beteiligt war. Nicht zuletzt taten auch die Renn­ fahrer ihre Meinung zu bestimmten Serienmodell-Details kund und waren auf diese Weise an deren Weiterentwicklung beteiligt, wenn auch indirekt. Pilot Hans Herrmann, der 1954 zum Team gestossen war, beim Grossen Preis der Schweiz des gleichen Jahres in Bern einen hervorragenden dritten Platz herausfuhr und 1970 gemeinsam mit Richard Attwood im Porsche 917 die 24 Stunden von Le Mans gewinnen sollte, bestätigte das dem Autor im persönlichen Gespräch. Gedankliche Parallelen An dieser Stelle zurück zum Hier und Jetzt – denn genau diese möglichen Verflechtungen zwischen Rennsport und Serienentwicklung sowie deren oftmals erst im Nachhinein erkennbaren Auswirkungen sprach der Technikchef beim F1-Team Mercedes AMG Petronas, Paddy Lowe, 2014 an: «Wir werden oft gefragt, ob es überhaupt einen Technologietransfer zwischen der Entwicklung von Renn- und Serien­ fahrzeugen gibt. Die Antwort ist ein eindeutiges Ja. Aber wir

Effizienz gleich Leistung: der F1-Rennwagen W05 Hybrid Jahrgang 2014 vor dem S500 Plug-in Hybrid; ein TechnologieTransfer findet nach wie vor statt

112 VECTURA #18

schrauben nicht einfach Bauteile von einem Auto an das andere, der Prozess ist viel subtiler.» So seien es oftmals grundsätzliche Herangehensweisen und Denkansätze, die – aus dem Rennsport entnommen – der Serienentwicklung zugutekämen. Äusserungen der Mercedes-Benz-Offiziellen zu diesem Thema bleiben zwar meist sehr vage. Dennoch zeigen sich auch heute «Beispiele für direkten Transfer – etwa die Nanoslide-Technologie für die Beschichtung von Zylinderlaufflächen», sagt Lowe. «Und dann gibt es indirekten Transfer, bei dem die Formel 1 als Entwicklungslabor fungiert, neue Lösungen entwickelt und der Welt zeigt, was möglich ist.» Paul Daimler hätte es nicht schöner sagen können … Nun sind aktuelle Serienautos komplexe Maschinen und fahrdynamisch weit entwickelt. Sicher ist, dass die konstruktive Verbindung zwischen Renn- und Serienentwicklung in den 1950er-Jahren in vielen Bereichen erheblich grösser war, als sie es heute noch sein kann. Und dennoch – insbesondere in werkstoff- oder elektrotechnischen Bereichen zeigt Rennsport sein über reine TV-Unterhaltung hinausgehendes Potential. Kohlefaserverbundwerkstoffe beispielsweise finden ihren Weg via Luftfahrt und Rennsport in den Serienautomobilbau. Dies geschieht wegen der nach wie vor hohen Materialkosten zwar nur ganz langsam, zeugt aber von den Möglichkeiten, die in den finanziellen Rennsport-Ressourcen stecken. Wenn der Anteil von Hybrid- und Elektrofahrzeugen im Strassenbild grösser ist, wird sich zeigen, ob das aktuelle Formel-1-Reglement die Serienentwicklung tatsächlich beflügeln konnte. Der gezielte Blick zurück in die über 120-jährige Motorsportgeschichte der heutigen Daimler AG stimmt jedenfalls recht optimistisch.



AHNENFORSCHUNG

INGREDIENZIEN DES ERFOLGES

GIBT ES NACHWEISBARE GESETZMÄSSIG­KEITEN BEI DER ENTSTEHUNG EINER IKONE? WIR DISKUTIEREN DAS UND LERNEN: ES GEHT AUCH UM EIN WECHSELSPIEL VON PERFEKTION UND PROVOKATION

Text map Fotos Daniele Di Miero, Werk

114 VECTURA #18


S

ilberpfeile, Flügeltüren, Fangio, Pagode, Janis Joplin, Pullman, SLK – bei solchen Stichwörtern weiss jeder sofort, von welcher Automobilmarke die Rede ist. Und es gäbe noch viel mehr Assoziationen. Mercedes-Benz hat zweifellos eine glorreiche Geschichte, und die ist Segen und Fluch zugleich. Denn auf so hohem Niveau geht es um eine Erwartungshaltung geneigter Konsumenten – es geht um den Druck, neue Ikonen zu schaffen. Und genau das ist so wahnsinnig schwer. Kann man vielleicht essentielle Zutaten der Legendenbildung definieren, um dann, quasi nach Rezept, neue Stars und Sterne auf den Weg zu bringen? Dieser Frage gehen wir in Sindelfingen nach – mit ebenso kompetenten wie hochkarätigen Gesprächspartnern. Zu ihnen gehört Prof. Dr. Harald Jossé, Jahrgang 1956, lange Jahre geschäftsführender Inhaber von Brand Control, einem Institut für Markencontrolling. Heute ist Jossé als Dozent für Marktkommunikation an der Goethe-Universität in Frankfurt tätig. Und geht zuerst der Frage nach, was eine Marke im Rückblick konkret zur Ikone gemacht hat. Sein Vortrag dreht sich um Emotionen, Vorstellungsbilder und Vertrauen – denn Letzteres sei «ein wichtiger Wert». Was er in diesem Zusammenhang nicht sagt, ist der Umstand, dass Mercedes nach der DaimlerChrysler-Fusion die Sympathien vieler Aktionäre verspielte und seither bemüht ist, diese zurückzugewinnen. Enttäuschung ist im Umkehrschluss eine schlechte Währung, und die Automobilmarke wieder zur Ikone zu machen, ist für das Unternehmen in dieser Hinsicht doppelt wichtig. Der Markenwert, fährt Jossé fort, lässt sich nicht zuletzt an jenen Summen ermitteln, die Oldtimer-Käufer zu zahlen bereit sind. Dazu erwähnt er jenen Harley-Chopper, den Peter Fonda in «Easy Rider» fuhr – und der 2014 für knapp 1,4 Millionen Dollar verkauft wurde. Überhaupt sei Kult die Voraussetzung dafür, jemals eine Ikone werden zu können. Und dass auch das Film-Requisit auf die ganze Marke Harley-Davidson abstrahle, sei sehr wahrscheinlich. Prominente Käufer verstärkten diesen Effekt, siehe Mercedes 300 SL: Clark Gable, Romy Schneider oder Herbert von Karajan hatten Vorbildfunktion, definierten Trends, symbolisierten den Status quo. Andere Zeiten, andere Produkte: Heute sei das Smartphone mit dem Apfel nicht zuletzt ein Erfolgsausweis seines Trägers, weil es deutlich teurer sei als vergleichbare Mobiltelefone.

Würdiger werben: André Kemper kennt sich da aus

den Vorstellungen von einem Autos vereinbar ist.» Das ist in der Tat bemerkenswert, doch die Frage, ob Ikonen planbar sind, beantwortet Jossé mit einem augenzwinkernden «Noch nicht – aber wir sind der Planbarkeit immaterieller Werte auf der Spur.» Dann übergibt er das Wort an den aktuellen Sternen-Werber: André Kemper, 1963 geboren, seit jeher ein Kämpfer für intellektuell bessere Reklame und vor Mercedes für Opel oder

Den Ikonen auf der Spur: Harald Jossé im Gespräch mit dem Autor

Jossé zitiert aus dem Buch «Gut Liking for the Ordinary» der Autoren Jan R. Landwehr, Aparna A. Labroo und Andreas Herrmann – allesamt Marketing-Professoren, Letzterer an der Universität St Gallen –, denen zufolge die Ästhetik eines Autos den Verkauf messbar beeinflusst. Mehr noch: Bei ihrer Suche nach berechenbaren Faktoren zur Prognose kommender Ikonen wird dem Design die höchste Bedeutung beigemessen. Jossé bezieht sich ausserdem auf Sir Ernst Hans Gombrich, einen britischen Kunsthistoriker österreichischer Herkunft, der einst feststellte, dass sich Entzücken (delight) besonders gerne dann einstelle, wenn der Betrachter weder gelangweilt noch irritiert sei. Bezogen auf Ikonen zieht Jossé daraus folgenden Schluss: «Der Königsweg scheint in einem zwar vom Üblichen abweichenden Design zu liegen, das jedoch noch immer – in unserem Fall – durch klassischen Formen und Rundungen mit FRÜHLING 2016 115


Audi tätig, erklärt den Superlativ: «Star, Superstar, Megastar, Legende, Ikone». Diese Karriereleiter sei allerdings eine lange, die den Test der Zeit zu bestehen habe: Nur was aus der Mode herausrage, habe auch das Zeug zu überleben.

Wirtschaftswunder: der «Adenauer», hier als Cabriolet (1951–57)

Nicht zuletzt, so betont Kemper, habe Mercedes immer wieder Technologien entwickelt, die den Stern noch heller strahlen liessen. Und er gibt zu, sich vor der Inszenierung neuer Baureihen bevorzugt mit Ingenieuren und Designern zu unterhalten, die ihm jenen Stoff liefern, aus dem sich dann verkaufsfördernde Botschaften machen lassen: «Von ihnen erfahre ich oft mehr als vom Marketing.» Es geht Kemper darum, verborgene Details herauszuarbeiten, welche die Funktion erklären, vor allem aber Faszination befördern sollen. Gerne werden profane Gross­ serienmodelle dann wie Ikonen dargestellt: Das Auto wird zum Helden, ist Story sowie Dreh- und Angelpunkt zugleich. Für Kemper muss nicht unbedingt ein neues Auto gezeigt werden, wenn es um neue Autos geht. Zu den wesentlichen Ingredienzien des Mythos Mercedes gehöre schliesslich die klassische Formgebung – und eine Motorsportgeschichte, die es so kein zweites Mal gab oder je geben wird: «Mercedes hat alles gewonnen, was es zu gewinnen gab», sagt der Werber, und so, wie er es sagt, klingt es absolut authentisch. «Natürlich waren auch ein paar Dramen dabei», bemerkt Kemper, während auf dem Chart hinter ihm die erste A-Klasse im ElchTest zu sehen ist …

Flossen im Euro-Format: So gab sich Mercedes in den frühen 1960ern

Establishment: Die Oberklasse-Limousine W108 lief von 1965 bis 72

Erhaben: Der Mercedes 600/W100 (1964–81) fuhr der Zeit davon

116 VECTURA #18

Was eine Ikone in jedem Fall brauche, beschreibt Kemper als «Wow»-Faktor – grosse Kunden beziehungsweise Marken suchten genau das. Gleichzeitig bemängelt der Werbefachmann die mangelnde Bereitschaft von Unternehmen, zu polarisieren: «Favorisiert wird die Wellness-Oase, in der sich jeder wohlfühlt. Nur wenige Entscheider sind bereit zu polarisieren. Aber oft liegt genau da das Neue – oder besser: das Wow.» Um einen Eindruck zu hinterlassen, brauche es zuerst das Schockmoment, aus dem dann Akzeptanz werden könne – schliesslich würde sich niemand an etwas Normales erinnern. Es gehe um eine Art David-Bowie-Prinzip, denn Ikonen, schliesst Kemper ab, sind eben nicht normal – sondern immer ein Ereignis. Er nennt die Beispiele Coca-Cola-Flasche oder eben jenen 300 SL – beide entstanden in einem genialen Augenblick, der dann ewige Gültigkeit erlangte. Diesen Augenblick frühzeitig zu erkennen und entsprechend medial zu nutzen, sei Aufgabe des Marketing, erklärt denn auch Dr. Jens Thiemer, 44, der bei Mercedes-Benz seit 2013 für genau das zuständig ist. «Marketing ist ein wesentlicher Teil des Erfolgs», sagt er fast beschwörend und merkt an, dass sich Konsumenten besonders gut mit Markenwerten identifizieren könnten, die klar und einfach seien. Thiemer spricht von einer emotionalen Intelligenz als Ideal, dem man bei seinem Arbeitgeber bereits sehr nahe sei. Und er gibt die aktuelle Parole aus: «Premium war früher, Luxus ist heute.» Es geht ihm darum, scheinbare Gegensätze aufzulösen – Nahbarkeit müsse Exklusivität nicht ausschliessen. Gleichzeitig könne eine grosse Vergangenheit zur Last werden, wenn man das nicht immer wieder aktualisiere und Bedürfnisse bediene. Thiemer hat dabei erkannt, «dass man Ikonen nicht planen, aber eine Mystifizierung schaffen kann».


AHNENFORSCHUNG

Gorden Wagener, seit 1997 bei Mercedes tätig und seit 2008 Styling-Chef der Stuttgarter, pflichtet Thiemer bei, glaubt aber an «eine Rezeptur, die das Potential zur Ikone hat». Dann nennt der 48-Jährige ein paar jener Zutaten, auf die es ankommt: Wiedererkennungswert etwa, eine signifikante Formgebung, gleichzeitig Reduktion auf das Wesentliche in einer komplexen Welt – und vor allem anderen vielleicht das Pioniermoment, etwas zuerst getan zu haben. Trendsetter zu sein ist für Wagener schon Pflicht: «Wir sind verdammt, immer etwas Neues zu erfinden.» Ob das funktioniere, sehe man dann am Wettbewerb: Wenn der einen nachahme, sei es vollbracht. Im Bemühen um die Legendenbildung von Mercedes ist Wagener die Schlüsselfigur, weil er für das Äusserliche zuständig ist – zu einer Zeit, in der die Verpackung mindestens so wichtig ist wie ihr Inhalt. Parallel, meint der Chefdesigner, erzeuge die Digitalisierung auch eine wachsende Begehrlichkeit nach substantiellen Werten und Produkten. Als Beispiel nennt er das Comeback mechanischer Chronometer – und versucht, den Begriff «Ikone» rational zu deklinieren: Auf der sensitiven Seite stehe die Emotion mit Bauch und Herz, der Sex-Appeal. Auf der anderen gäbe es Reinheit, Kühle, Intelligenz, kurz: Vernunft, aber auch das Überraschungsmoment. Beide Seiten stünden im Wechselspiel zueinander, dazu käme der menschliche Schönheitssinn und mit ihm der Wunsch, Dinge anfassen zu wollen. Das Fühlen sei Teil der Darbietung; es gehe darum, Formen zu entwickeln, die beruhigend wirkten. Das Streben nach Zeitlosigkeit sei zwar irrational, begünstige aber die Findung überzeugender Lösungen. Und schliesslich brauche es den Faktor Zeit, um Dinge in der öffentlichen Meinung zu etablieren.

Feste Grösse der 1980er-Jahre: S-Klasse W126 (1979–91)

Einstieg in die Kompaktklasse: «Baby-Benz» 190/W201 (1982–93)

Das bisher Gesagte klingt sehr nach Konstanz, Konsequenz, Tradition. Tatsächlich haben grosse Automobilhersteller auch Brüche erlebt, sei es in der Unternehmenskultur (eben Mercedes) oder dem Design. Als BMW um die Jahrtausendwende auf eine radikale Formsprache setzte, stürzte das den Hersteller in eine echte Sinnkrise. Aktuell versucht Audi, sich aus einer offensichtlich erschöpften Formsprache zu befreien, während Jaguar genau das Gegenteil getan hat, zu altbewährter Eleganz zurückfand und dafür gefeiert wird. Alle genannten Marken haben den Anspruch, Ikonen zu sein, was unterstreicht: Die Geschmäcker sind verschieden und viele Wege führen nach Rom. Und natürlich spielen auch Zufälle eine Rolle. Wagener nickt. Es sei härter heute, die Welt eine kompliziertere. Er zitiert Goethe: «Ich hatte keine Zeit, Dir einen kurzen Brief zu schreiben. Also ist es ein langer geworden.» Und Wagener vergleicht: In den 1980er-Jahren habe Mercedes vier Baureihen produziert, heute seien es 40. Das bedeute auch, dass pro Modell weniger Zeit zur Verfügung stehe, zumal man weit in die Zukunft plane: «Aktuell arbeiten wir an den Autos für 2035. Die nächsten fünf Jahre sind längst verabschiedet.» Inzwischen geht es bei der Ausgestaltung neuer Autos nicht mehr allein um ästhetische oder technische Kriterien: «Neue Technologien wie LED-Licht beeinflussen uns natürlich», sagt Wagener, «was es viel schwieriger macht, zukunftsträchtige Formen zu entwickeln.» Die Krux liege grossteils im Entscheidungsprozess selbst: «Car Clinics helfen uns nicht, trotzdem orientieren sich viele Hersteller daran. Das Problem ist, dass dann heutige Kunden beurteilen, was sie heute mögen. Sie

Stilbildend: das viertürige «Coupé» CLS/C219 (2004–10)

Jetzt auch mit Softtop: das nagelneue S-Klasse Cabriolet Typ A217

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AHNENFORSCHUNG

wissen aber nicht, was sie in zehn Jahren gut finden werden – das müssen wir Designer für sie tun.» Natürlich könne er nicht immer so, wie er gerne wolle: Oft sei es ein echter Kampf, seine Ideen bei den entscheidenden Vorständen durchzuboxen – denken und machen seien zwei Paar Schuhe. Wie kann man sich als Kreativer zwischen so vielen Sachzwängen motivieren, Herr Wagener? «Spass haben ist sehr wichtig», stellt er mit ernster Miene fest, denkt kurz nach und fügt hinzu: «Etwas Grösseres zu erreichen, auch wenn ich nicht garantieren kann, das jedes Mal zu schaffen.» Jetzt lacht er. «Es ist mein Bestreben, den nächsten Rahmen zu füllen.» Dabei sei er nie zufrieden, fast besessen und eben auch sehr viel unterwegs. Er habe eben einen 24-7-Job; Duschen sei ihm eine Inspiration. Nun hat sich der Geschmack im globalen Dorf nachweislich geändert, müssen Ikonen zunehmend international funktionieren. Wir wollen daher wissen, ob Mercedes heute mehr Rücksichten auf das Schönheitsideal anderer Kulturen nimmt, zum Beispiel auf chinesische Befindlichkeiten… «Nein, absolut nicht! Die wollen ja ein deutsches Auto kaufen, also geben wir es ihnen.» Und welcher Wagen ist eigentlich sein Lieblings-Mercedes? «Immer der, an dem ich gerade arbeite!» Womit eine weitere wichtige Zutat genannt worden wäre, ohne die es keine Ikonen gibt: das Selbstvertrauen ihrer Schöpfer. Jens Thiemer sorgt dafür, dass der Stern in der öffentlichen Wahrnehmung noch stärker funkelt

«Das Problem ist, dass heutige Kunden nicht wissen, was sie in zehn Jahren gut finden werden»

War gerade frisch gejetlagt: Gorden Wagener bringt Mercedes seit acht Jahren in Topform

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UNTER GLEICHGESINNTEN DAS BILLING LAND ROVER FEST, DIE WELTWEIT WOHL BEKANNTESTE PUBLIKUMSVERANSTALTUNG DER ENGLISCHEN KULTMARKE, FINDET JEDEN SOMMER STATT. 2015 WAR ES DAS 25. UND GLEICHZEITIG LETZTE TREFFEN ZU PRODUKTIONSZEITEN DES URIGEN DEFENDER – ODER VIELLEICHT DOCH NICHT? BEOBACHTUNGEN AUS DEM DUNSTKREIS EINES AUTOS, DAS NIE AUSSTERBEN WIRD – PLUS BESUCH BEIM GRÖSSTEN BRITISCHEN MARKEN-ANLASS, DER STETS AUF SPÄTSOMMER TERMINIERTEN LRO SHOW IN PETERBOROUGH. LANDYFANS WERDEN DIE KOMMENDEN TERMINE WÄRMSTENS EMPFOHLEN! Text Matthias Pfannmüller · Fotos Jérome Andre, Land Rover Owner International, map

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ein Volk zelebriert die Liebe zum Auto so exzessiv wie die Briten. Italiener mögen vielleicht emotionaler und Deutsche perfekter sein, doch in England wird die Liaison Mensch-Maschine konsequenter ausgelebt. Und auch ordentlich organisiert. Ganz besonders, wenn es sich beim Objekt der Begierde um einheimische Marken handelt. 120 VECTURA #18

Um Land Rover, zum Beispiel: Abgesehen davon, dass hier ein Publikum angesprochen wird, das weniger mit Rundstrecken, sondern mehr mit Landwirtschaft, Viehzucht und Forstarbeit zu tun hat, ist der klassische Landy, welcher seit 1989 Defender genannt wird, längst Legende. Neben dem Country Life hat er auch in der Zivilisation steil Karriere gemacht, ist seit Jahren ein


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sehr hippes Fortbewegungsmittel im «Urban Jungle» und nährt eine umfangreiche Industrie, die von Ersatzteilen bis Tuning alles zu bieten hat. Es ist nicht übertrieben zu sagen, dass es nur wenige Landy oder Defender geben dürfte, die absolut identisch sind. Individualität ist Trumpf, die Um- und Ausbaumöglichkeiten des Geländewagens sind nahezu grenzenlos. Nirgendwo ist die Vielfalt besser zu beobachten, kann besser verglichen und eingekauft werden als bei einem Landy-Meeting, von denen es in Grossbritannien gleich mehrere gibt. Neben dem traditionellen Gathering auf den ausgedehnten Latifundien von Eastnor Castle/Herefordshire, bei dem es vornehmlich um kurzweiliges Schlammwühlen einer eingeschworenen Clique geht, haben sich Billing in Northampton und Peterborough im östlichen Cambridgeshire zu den grössten Anlässen ihrer Art entwickelt. Mittlerweile stehen diese Treffen in freundschaftlicher Konkurrenz: Auf rund einem Quadratkilometer (!) findet Billing unter der Schirmherrschaft einer Veranstaltungsagentur statt. Peterborough ist von ähnlicher Grösse, wird seit dem Jahr 2001 von Land Rover Owner International ausgerichtet und deshalb auch «LRO Show» genannt. Das zwölfmal jährlich erscheinende Fachblatt hat konstant 220 Seiten, «aber wir könnten locker doppelt so dick sein», bemerkt der stellvertretende Chefredaktor Neill Watterson trocken. Die Begeisterung der Landy-Leserschaft ist offenbar ungebrochen; rund ein Drittel sind Anzeigen rund um das Lieblingsthema – und «LRO» ist nur einer von drei monatlich erhältlichen britischen Land-Rover-Titeln – bis vor wenigen Jahren waren es sogar vier! Echte Fans haben natürlich gleich mehrere Fachzeitschriften abonniert, sie besuchen auch beide Events – und noch mehr, denn fast jedes Wochenende findet irgendwo auf der Insel eine Landy-Party statt. Mit ähnlich zahlreichem Publikum – in Peterborough waren es zuletzt über 18 000 Besucher – sind Billing und Peterborough aber die mit Abstand grössten Zusammenkünfte ihrer Art. Beide sind auf Camping ausgerichtet – ganz

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so, wie es die meisten Teilnehmer tun. Fans aus aller Herren Länder finden sich dann zu einem dreitägigen Landy-Rausch ein, tauschen Teile und Geschichten, grillieren, trinken – oder sie bestaunen Live-Restaurierungen, die wildesten Umbauten und vielfältige Allrad-Action inklusive Nachtfahrten unter Feuerwerk in einer offenen Arena. Wer sich Letzteres in Peterborough länger als eine Stunde antat, musste eine bemühte, wenn auch etwas monoton lachende Moderatorin ertragen, deren reduzierter Sprachschatz zu gefühlten 50 Prozent aus den Worten «unbelievable», «phantastic», «epic» und «this man has no fear» bestand. Doch waschechte Landy-Owner sind ziemlich schmerzfrei; sie bewundern die vielen Autos und klatschen brav. Es sind Kameraden, die ihre Liebe zu einem Auto teilen, und einer bringt es treffend auf den Punkt: «Auch wenn wir uns noch nie begegnet sind, kennen wir uns doch alle!»

Spass an der Freude: Die Vielfalt ist beachtlich – und nicht jeder Umbau auch wirklich ernst gemeint Natürlich gibt es diverse Preise zu gewinnen, etwa den «Best of Show Award», dazu Auszeichnungen des originellsten ClubStands, der weitesten Anfahrt oder des ältesten Fahrzeugs. Für Überraschungen und Abwechslung ist also gesorgt. Parallel können Besucher gegen zusätzliche Bezahlung in jährlich neu präparierten, anspruchsvollen Offroad-Geländen mit steilen Hängen oder Wasserdurchfahrten selbst zeigen, was sie und ihre Landy so draufhaben – es soll Leute geben, die nur deshalb anreisen. Schweizer Kennzeichen sind trotz einem geschätzt gut vierstelligen Fahrzeugaufgebot relativ selten, aber ebenfalls zu sehen. In Billing trafen wir zum Beispiel die Eidgenossen Pädi Fässler aus Flawil und Andi Tanner aus Engelburg: Letzterer ist mehrfacher Wiederholungstäter, dessen One Ten Tdi200 beim 2400-Kilometer-Wochenendtrip als standesgemässes Shuttle

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fungierte. Für Td5-Eigner Patrick dagegen war es das erste, aber sicher nicht letzte Mal: «Eindrücklich, was hier alles zu sehen ist! Da bekommt man viele Ideen für eigene Umbauten.» Die 2015er-Meetings waren, wenn man so will, die letzten ihrer Art, weil der Defender im Sommer 2016, wenn die nächsten Events stattfinden, nicht mehr produziert werden wird – zumindest nicht in England. Dass der Landy-Hype hysterischer ist denn je, lässt sich an den Kursen ablesen. Selbst für Edelschrott werden inzwischen stolze Summen verlangt, doch die Besucher greifen zu nach dem Motto: Was du heute teuer kaufst, wird morgen noch teurer sein. Es herrscht Goldgräberstimmung und so vielfältig wie das Angebot sind auch die Hundertschaften der Anbieter selbst: Manche offerieren Gammelteile im verschwitzt-öligen Feinripp, andere stellen ihr Zubehör auf hochglanzpolierten Tischen aus und tragen dabei perfekt gebügelte Hemden – mit eigenen Land-Rover-Logos, versteht sich. Der Fahrzeug- und Teilemarkt ist jeweils auch Herzstück der beiden Veranstaltungen. In Billing sind über 100 Gebrauchtund Neuwarenhändler fein säuberlich getrennt, während Peterborough mehr als 180 von ihnen zu bieten hat, dafür aber weniger sortiert. In beiden Fällen braucht man das ganze Wochenende, um alles zu scannen. Wer auf der Suche nach besonders seltenen Komponenten ist, sichtet deshalb schon freitags vor dem offiziellen Verkauf das Angebot – ein Umstand, der für Unmut sorgt, aber schwer verhindert werden kann. 124 VECTURA #18


Kaufrausch: Ob gebraucht oder neu – hier ist für jeden etwas dabei. Tanner und Fässler (oben) sind mittendrin

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Zu den weiteren Highlights zählen zahlreiche Club-Stände (über 60 in Peterborough), die ihre Favoriten liebevoll in Szene setzen – ob Forward Control, 101 oder Lightweight, alles da! Inzwischen gibt es auch Range-Rover- oder Discovery-Areale, Hauptdarsteller ist aber nach wie vor der urige Landy/Defender. Allein die Fahrzeuge der Besucher sind beachtenswert, und auch der Hersteller selbst lässt es sich nicht nehmen, neben kompetenten Ansprechpartnern ein paar besondere Modelle aus dem Werkfundus mitzubringen, Vorträge abzuhalten und geduldig allfällige Fragen zu beantworten. Das gesamte Areal ist sehr ordentlich, es gibt ein Kinderprogramm, ausreichende sanitäre Anlagen und auch für die Sicherheit und eventuell benötigte medizinische Hilfe wird gesorgt. Was die Veranstalter nicht sonderlich stört, ist die Vor-Ort-Verpflegung: Sie befindet

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sich leider auf einem unterirdischen Niveau; wir haben in Peterborough die grauenhafteste Pizza unseres Lebens gegessen. Eingeweihte wissen das – und decken sich vorab mit geniessbarem Futter ein. Denn es lohnt sich, in diese eingeschworenen Land-RoverWelten einzutauchen, die sich durchaus voneinander unterscheiden: Billing hat mehr Atmosphäre, ist gemütlicher und damit ideal für Traditionalisten auf Schnäppchensuche, die das Baumgesäumte Areal sowie etwas günstigere (wenn auch dort steigende) Preise zu schätzen wissen. Peterborough kommt grösser,

kommerzieller, ergiebiger daher, bietet bei Sonne aber wenig Schatten und ist fast schon zu viel für ein Wochenende. Marve­ lous sind beide Anlässe – einfach weil man unter seinesgleichen ist und die Landy-Begeisterung von jedem Anwesenden geteilt wird. Doch es gibt immer Leute, die noch Offroad-verrückter sind, als man selbst zu sein glaubte. Sicher, man muss 4x4angefressen sein, um das zu verstehen. Dann jedoch gibt es nichts im Auto-Kosmos, was dem auch nur annähernd gleichkäme. Darum abschliessend noch dieser Tipp: Fähr- und Tunnelpreise sind immer dann besonders günstig, wenn man Monate im Voraus bucht – so bleibt mehr Geld für Teile übrig …

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ROCK ’N’ ROLL IN LANDY-LAND ES GIBT RALLYES UND ES GIBT DIE DEFENDER CHALLENGE – WIR TREFFEN Text map · Fotos bvd, Werk EINEN AKTEUR DIESER VERRÜCKTEN RENNSERIE

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r lehnt lässig an seinem Renn-Defender auf dem BowlerStand in Billing und beantwortet geduldig die Fragen vieler Interessenten: Bas van Driel, 34, aus America – nicht die USA sind gemeint, sondern ein kleiner Ort nahe Venlo in Holland. Auf dem Landy-Treffen wird der Niederländer von staunenden Fans zu seinem ausgefallenen Hobby befragt – und scheint nebenbei klassisch-mechanische sowie digitale Leistungssteigerungen anzubieten: «BAS REMAPS» steht auf dem Zelt hinter seinem Auto, wo neben Silikonschläuchen, grösseren Intercoolern und Sportauspuffanlagen auch Leistungs-Software verkauft wird. Es ist jedoch purer Zufall, denn das Kürzel meint nicht ihn, sondern die britische Firma Bell Auto Services. Bas lacht. «Wir tun das zuhause aber auch und ohne Chip-Tuning, bei dem irgendwelche elektronischen Fremdteile eingebaut werden», stellt er klar. «Stattdessen wird von uns die Original-Software reprogrammiert, das ist viel besser und hält zuverlässig. Reklamationen gab es bisher keine – und wir machen das täglich.» Statt den serienmässigen 122 PS eines Td4 gibt es dann deren 150 oder 210; das Drehmoment steigt von 400 auf bis zu 600 Nm.

Die Marke Land Rover begeisterte Bas schon als Junge; bereits im Alter von 13 Jahren schraubte er an ihnen herum und wurde schliesslich ein geschickter Mechaniker. Wie viele Landys er schon selbst besessen hat – van Driel, den sie in seiner Heimat inzwischen «Captain America» nennen, weiss es nicht mehr. Klar ist nur, dass er einen Defender im Dunkeln zerlegen und wieder zusammenbauen kann – und dass er nie etwas anderes fahren würde. Bas hat einige Neuteile selbst entwickelt, zu denen das Werk selbst nicht willens oder in der Lage war – speziell angefertige, wirklich dichthaltende Türgummiprofile zum Beispiel. Neben seiner 2003 eröffneten Land-Rover-Garage (bas4cars.nl) gehört er seit letztem Jahr zu einem Dutzend Piloten der 2014 erstmals ausgetragenen Defender Challenge, die von Bowler Motorsport ausgetragen, von der englischen Motor Sports Association (MSA) reguliert und von Land Rover entwicklungstechnisch unterstützt 130 VECTURA #18

wird. «Ich kannte Drew Bowler und habe ihn besucht, um mehr über das Auto und die Rallye zu erfahren», erzählt Bas. «Dabei ergab sich die Gelegenheit, in meiner Garage, aber in seinem Auftrag, einen Bowler-Defender aufzubauen, weil seine Firma damals hoffnungslos mit Aufträgen überlastet war.» Van Driel und seine Jungs müssen eine sehr guten Job gemacht haben, denn seither ist Bas4Cars die einzige offizielle BowlerGarage ausserhalb Englands – und baute in dieser Funktion einen Red-Bull-Media-Defender für die Dakar 2016 auf. 360 Stunden hat das gedauert, inklusive einiger Nachtschichten: «Der 110er kam sehr spät rein und dann musste alles schnell gehen», grinst Bas, der die stark modifizierten Bowler-Defender inzwischen auch sehr gut kennt. «Das war wichtig für meine Entscheidung, selbst aktiv an der Challenge teilzunehmen», sagt der Captain: «Ich vertraue dem Auto, es ist sehr stabil und stark. 2015 habe ich insgesamt sechs Rennen bestritten und musste nur kleinere Schäden reparieren – ein Radlager und zwei Anschlaggummis.» Offroad-Motorsport gehört für van Driel zur Normalität; in der niederländischen Meisterschaft holte er 2015 einen Klassensieg und fuhr mehrfach aufs Treppchen. Die Bowler Challenge, eine Mischung aus Bergrennen und Sektionsrallyes, ist da ein anderes Kaliber: «Dort wird extrem hart und schnell gefahren, was auch den Kick ausmacht: Wir driften mit Tempo 120 durch die Wälder, das ist total irre!» Während die anderen auf Bilstein-Fahrwerke setzen, fährt Bas als Einziger mit Dämpfern des niederländischen Spezialisten Intrax Racing und sitzt in einem Linkslenker. 2015 waren er und sein Co – entweder Frank Keijsers oder Prosper Voncken – neben einem belgischen das zweite kontinentale Team. Alle anderen sind britisch, schottisch oder nordirisch; zuletzt waren zwölf Autos dabei. Dass er die Saisontabelle von hinten anführte, stört den Holländer nicht: «Schliesslich habe ich auch nur an drei der insgesamt sieben Läufe teilgenommen.» 2016 will er öfter antreten, wenn es seine Zeit und das Budget erlauben: Allein die Anreise, Verpflegung und


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Unterkunft für ihn und seine Landy-begeisterten Mechaniker Pepijn und Gido kosten ihn jedes Mal ein paar Tausender. Ausgetragen wird die nach FIA T2 homologierte Rennserie im Rahmen einer grösseren Veranstaltung wie der British Hillrally Championship – und ausschliesslich in Grossbritannien, wo auch ihr Erfinder zuhause ist (www.bowlermotorsport.com). Die Challenge entstand aus dem Gedanken, einen Markenpokal als kostengünstige Einstiegsklasse für verschiedene Renndisziplinen zu schaffen, ohne dabei auf professionelle Raid-Vorbereitung zu verzichten. Begonnen hat alles in den frühen 1980er-Jahren mit einer 86er-Serie II, die bei den Bowlers in der Scheune stand. Drew und sein Bruder Mark schweissten einen Käfig hinein, um an einem Neujahrs-Trial teilzunehmen, wo ihnen der Tank abfiel … Ein Jahr später kamen sie besser vorbereitet wieder, und aus Spass entwickelte sich eine Profession: 1983 erhielt die Serie einen stärkeren Motor, später kamen Range-Rover-Achsen samt Fahrwerk, und so entstand das erste ernsthafte Wettbewerbsfahrzeug. Was dann folgte, hinterliess in der Allrad-Branche einen tiefen Eindruck: Die Land-Rover-basierten, aber inzwischen sehr eigenständigen Bowler-Baureihen Tomcat, Wildcat und EXR waren erste Wahl für anspruchsvolle Rallye-Events und dort schwer zu schlagen. Die eigene Rennserie ist da nur der nächste konsequente Schritt. Und wenn sich die auf dem Defender 90 Td4 Hard Top basierenden, bis zu 190 PS und 515 Nm starken, bunt beklebten Rallyeautos versammeln, ist Action garantiert. Allein die Technik mit Überrollkäfig, Feuerlöschsystem, Bordfunk, den ganzen Anbauteilen oder

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18-Zoll-Alufelgen weckt das Kind im Manne. Und der Anblick eines mit hohem Tempo durch Schlamm, Schotter oder Wasser fliegenden Landy fasziniert immer wieder. Das Reglement ist ebenso klar wie einfach: Pro Lauf werden mehrere Abschnitte auf Zeit gefahren und dafür gibt es Punkte. Wer am Schluss die meisten hat, bekommt den grössten Pokal, den Ruhm, ein Foto und darf heftig feiern. Wie eng die teils sehr erfahrenen Teams beieinander liegen, offenbaren Ergebnisse, die manchmal nur Sekunden trennen. Sieger der Saison 2015 wurde der Brite Edd Cobley, der damit seinen Vorjahrestitel verteidigte. Seinem Vater Vince gehört das Land Rover Experience Center in Ost-England und der ist in der Szene bestens bekannt. Der Sohnemann hat die Marke also schon mit der Muttermilch aufgesogen und geht demonstrativ locker mit der Challenge um, obwohl sie es gehörig in sich hat. Natürlich sind Cobley und sein Beifahrer John Tomley physisch topfit und müssen das sein. Doch auch für die Mechaniker, welche ihre gelegentlich stärker ramponierten Autos auf improvisierten, zugigen Fahrerlagern und teils unter Kunstlicht wieder in Stand setzen müssen, ist es ein Knochenjob. Anfang März startet die nunmehr dritte Challenge – Jahresgebühr: 90 000 Pfund – mit einem Auto, das gar nicht mehr gebaut wird: Die Defender-Produktion in Solihull endete nach 68 Jahren am 29. Januar. Bas van Driel stört das kaum; die Kundenaufträge für Bowler-Umbauten in America mehren sich. Davon abgesehen wollen viele Landys individualisiert und gewartet werden: Manchmal stehen zwei Dutzend von ihnen auf dem Hof.


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Cheeeese please: Beim DTM-Lauf auf dem Norisring kam es zum ersten Kontakt mit dem Audi TT Cup

BIS DIE SCHLÄFEN POCHEN

NICHT NUR ZUSCHAUEN, SONDERN ENDLICH SELBST EINMAL IN DER STARTAUFSTELLUNG STEHEN: VON EINEM, DER AUSZIEHT UND ES WIRKLICH WISSEN WILL Text Alexander Piutti · Fotos Sebastian Konrad, ap

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ow. Ich habe Puls. Wirklich. Morgen geht’s nach Ingolstadt zur Quattro GmbH: Mein weisser RS3 ist nach Bestellung im Spätsommer letzten Jahres abholbereit. Nun doch einige Wochen früher als erwartet. Um fünf Uhr früh wird der Wecker schellen, dann Abfahrt in Berlin und rund vier Stunden auf die Bahn Richtung Süden mit meinem Audi-Betreuer, der inzwischen ein guter Freund geworden ist. Um 9 Uhr 30 wartet ein Frühstück mit den Audianern auf dem Quattro-Gelände, es folgen eine Werkbesichtigung – und die Übergabe! Ernsthaft, ich fühle mich ein wenig wie vor dem Weihnachts-Countdown damals als kleiner Bub. Der RS3 ist nicht mein einziger Grund zur Freude. Ich habe ausserdem die Ehre, 2016 ein Rennen als Gastfahrer im Audi TT Cup mitzufahren – und habe das selber noch nicht ganz realisiert. Denn damit geht mehr als ein Jugendtraum in Erfüllung – es ist fast unglaublich!

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Rückblende vor dem geistigen Auge – die ersten Fahrversuche Mitte der 1980er auf dem weissen Polo I meiner Schwester. Der Typ 86 war baugleich mit dem etwas sperrigen Audi 50. Zwar von Gandini entworfen, der auch den Lamborghini Miura zeichnete, aber schwerlich eine automobile Schönheit in meinen Augen. Dafür respekteinflössende 40 PS stark, charmant und zweckmässig. Die Feldwege meiner Heimat lernten uns kennen und mit angezogener Handbremse ging es durch die Kurven – was für ein Spass! Heute kaum mehr vorstellbar dank der ausgefeilten Assistenzsysteme. Dann wurde ich stolzer Besitzer eines lhasagrünen Golf GTI Pirelli mit 1800 Kubik und letztlich 270 000 Kilometer auf der Uhr – der mit voller Kompression und etwas Herzschmerz verkauft wurde, als ich in die USA ging. Automobiltechnisch hatten es mir künftig die vier Ringe angetan. Als ersten sportlich anmutenden Audi war mir der 80 GTE in Erinnerung geblieben – und den fand ich klasse. In den


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darauffolgenden Jahrzehnten begleitete ich die enorme Entwicklung der Marke und bin als bekennender Audi-Fan ein wenig Teil davon geworden. Mit Unterbrechungen zwar, bedingt durch einige Auslandsaufenthalte. Doch nach der Rückkehr leistete ich mir 1996 vom Bonus meines neuen Arbeitgebers einen gebrauchten S2 – auf Basis des Audi 90 mit 220-PSFünfzylinder! Nachts ging es dann durch die Berge, Pässe putzen. Zigmal. Und nicht zu vergessen: Wir sind damals mit den Quattro im Fernsehen aufgewachsen, für viele von uns waren es Hero Cars. Es folgte ein S3, natürlich wieder mit permanentem Allradantrieb, was uns bis heute wunderbare Erinnerung beschert: Heckklappe auf, ein, zwei Schlitten im Schlepptau und dann die verschneiten Waldwege hoch zur Sylvester-Hütte. Eine Riesengaudi, ach hätte es damals bloss schon eine Handycam gegeben ;-)

Die Ansage ist deutlich: «Leute, übertreibt’s nicht – und daran denken: 610 PS hinterm Fahrersitz!»

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Dann kamen London und Linksverkehr, der S3 musste gehen, was in der Retrospektive unnötig war. Viele automobile Exoten waren dort damals linksgelenkt unterwegs, ich hätte den Quattro ruhig behalten können. Zu spät. Das machte Platz für einen weiteren Jugendtraum – Carrera 4S, der letzte luftgekühlte und bis heute heiss geliebt. Ingolstadt verzeih’s mir … Inzwischen wohne ich wieder in einer Grossstadt, habe eine Frau, eine Tochter und einen S3 Sportback als Familienkombi. Er


muss jetzt dem RS3 weichen – mit sensationellem Fünfzylinder, unverwechselbarem Klang, doch diesmal satten 367 PS bei nur 1,5 Tonnen … Meine Audi-Liebe hatte im Sommer 2015 neue Nahrung erhalten. Man lud mich zum DTM-Rennen auf dem Norisring, wo erstmals auch der blutjunge TT Cup an den Start ging. Schnell erfuhr ich, dass da jedes Mal auch ein paar Gastfahrer dabei sind … Der Gedanke war geboren, der Floh im Ohr. Glaubt man an Zufälle? Kurz darauf meldete sich jedenfalls mein langjähriger Freund Matti per Telefon und erzählte mir von selbigem TT Cup und dem Angebot seiner alten Rennsport-Kontakte, dort ins VIP-Auto zu steigen – ob ich nicht vielleicht Lust hätte … Wie bitte? Rhetorische Frage – Zusage! Spontan meldete ich mich zur nächstgelegenen Audi Driving Experience und einem ganzen Tag R8-Training an. Herbst­ nebel lag über dem alten Flugplatz, wo die Schulung stattfinden würde. Dort begrüssten uns der technische Projektleiter des TT Cup sowie zwei hartgesottene Werkfahrer. Nach einem kurzen Briefing inspizierten wir gemeinsam das Rudel nagelneuer R8 V10 Plus – Puls, da war er wieder. Es hatte morgens geregnet, auf den Betonplatten stand das Wasser und nach dem gut gemeinten Kommando «Leute, übertreibt’s nicht – und daran denken: 610 PS hinterm Fahrersitz» enterten wir mit leicht feuchten Handflächen die Cockpits. Unterm T-Shirt trug ich einen Brustgurt – und war gespannt darauf, wie sich mein Herzschlag bei den Fahrübungen auf der Rennstrecke verhalten würde. FRÜHLING 2016 139


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Dann ging es los: untersteuern, übersteuern, Spur halten in der Schikane, dann Renntraining, Vorfahren und Wertungsläufe. Nicht zu vergessen die Theorie als Voraussetzung für die Nationale Rennlizenz, welche – neben der Internationalen Rennlizenz – wiederum Bedingung für die Teilnahme am TT Cup ist. Nun, die Fahrwertungen waren in Ordnung, doch der schriftliche Test weniger intuitiv als gedacht – da muss ich wohl nochmal etwas genauer in die Bücher schauen … Gegen Mittag trocknete dann die Strecke ab und wir bewegten uns langsam Richtung Limit. Suchten die Ideallinie, bauten Tempo auf, bremsten Kurven frühzeitig mit wenig Druck an, schalteten über die Lenkradwippen runter – klack-klack, den

R8 immer schön auf Zug halten, den Scheitelpunkt anpeilen, im leichten Drift durch die Kurve, Curbs sanft berühren, beständig wieder aufs Gas. Es klappt Runde für Runde besser, jeder von uns wurde sicherer, mein Puls lag mitunter dennoch bei 170 bis 180. Hätte ich nicht gedacht. Adrenalin pur. Der Zehnzylinder war bald kein Fremdkörper mehr, sondern fühlte sich fast vertraut an. Was für ein Tag: super intensiv, unglaublich viel gelernt. Abends eine Mischung aus Glück und totaler körperlicher Erschöpfung. Anschliessend Tiefschlaf. Im Rahmen meiner unternehmerischen Aktivitäten im Start-upBereich lud mich Audi zu einem self-driving-event auf den Circuit Castelloli nahe Barcelona ein – um dort gegen Robby anzutreten, den im Renntempo autonom fahrenden RS7. Die Herausforderung war klar: Es galt, Robbys Zeit in einem exakt gleich schweren Standard-RS7 zu schlagen. Wir waren eine ehrgeizige Gruppe – und alle (nur) eine bis anderthalb Sekunden schneller als der Audi-Automat – auf einer Strecke mit respektablen 4,5 Kilometer Länge. Das war eng. Mittlerweile habe ich angefangen, mich auch körperlich auf den TT Cup vorzubereiten. Hochschalten im Bereich Konditionstraining und Kraftsport. Ziel sollte sein, ein, zwei Rennen mit Begeisterung zu absolvieren und ins Ziel zu kommen, ohne den Anspruch zu haben, in irgendeiner Form aktiv in der Meisterschaft mitzumischen. Ich denke, bezüglich Erwartungs-Management sollte man nicht die Bodenhaftung verlieren. Schliesslich starten dort Nachwuchspiloten, die hauptberuflich im Rennsport unterwegs sind. Da mache ich mir nichts vor. Es folgen sicher noch viele spannende, unvergessliche Momente bis zum grossen Ereignis, vielleicht sogar mit dem Audi Cup Team zu Wintertests nach Spanien. Dann die beiden Lizenzen. Und schliesslich die eigentlichen Rennläufe als «once-in-a-lifetime»-Erfahrung. Kommende Begegnungen mit vielen interessanten Menschen. Danke Audi! Ich habe Puls.

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POWERPLAY

Göteborg–Stockholm war 1928 der erste sportliche Wettbewerb für Volvo. Am Start standen drei ÖV4

HEISSE AUTOS AUS DEM KÜHLEN NORDEN BESONDERS SPORTLICHE VOLVO NENNEN SICH POLESTAR – UND KNÜPFEN AN EINE EBENSO LANGE WIE BEMERKENSWERTE RENNGESCHICHTE AN Text Peter Haventon · Übersetzung Carolina Bokesten · Fotos Werk

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ür Volvo-Gründer Assar Gabrielsson war die Sache klar: Autorennen schienen für die Entwicklung seiner Fahrzeuge genauso uninteressant wie Hunderennen. Daher waren weder er noch Mitgründer Gustaf Larson anwesend, als an einem Samstag im Februar 1928 in Göteborg der Startschuss zum Winterrennen des königlichen Automobilclubs fiel. Dennoch trugen drei der 24 startenden Wagen das VolvoLogo. Wie alle frühen Modelle des Hauses waren sie offen, aber zusätzlich mit Schneeketten, Schneeschaufeln und warmen Fellen für die Besatzung ausgestattet. Das Wetter war bereits beim Auftakt schlecht und die Strapazen liessen nicht lange 142 VECTURA #18

auf sich warten. Auch erreichten nicht alle Wagen das Ziel in Stockholm: Ein Volvo landete bereits nach kurzer Zeit im Graben und musste das Rennen abbrechen, doch die beiden anderen legten die gut 600 Kilometer lange Strecke problemlos zurück und erreichten sogar eine gute Platzierung. Damit sollte Rennsport längere Zeit kein Thema mehr sein; die Volvo der 1930er-Jahre hatten alle sechs Zylinder, waren relativ schwer, und deshalb meldete niemand Interesse an, mit ihnen um die Wette zu fahren. Allerdings kündigten sich neue Aktivitäten an, nachdem Pelle Petterson, der Mann hinter dem Volvo P1800 und den berühmten Maxi-Segelbooten, 1932 geboren


worden war und bereits im Alter von zehn Jahren mit dem Rennsport begonnen hatte. Das war 1942, und auch wenn Schweden nicht am Kriegsgeschehen teilnahm, stand doch in dieser Zeit das meiste still, ganz besonders der Strassenverkehr. Die wenigen Pw, welche noch herumfuhren, wurden von grossen Gasgeneratoren angetrieben, die entweder am Heck oder an der Front montiert waren. Und tatsächlich fanden einige wenige Generatorgasrennen statt. Deutlich beliebter waren jedoch die Seifenkistenrennen, ein Jugendsport aus den USA, und der kleine Pelle befand sich in einer absoluten Traumsituation. Sein Vater Helmer war Konstrukteur bei Volvo, und während der an seiner Idee eines kleineren Modells arbeitete, das direkt nach Kriegsende als PV444 auf den Markt kommen sollte, entwarf er eine Seifenkiste für seinen Sohn. Diese Pläne wurden dann veröffentlicht und viele Eltern und Kinder bauten ihre Kisten danach – natürlich auch Pelle. Er tat dies samstags auf dem Volvo-Werkgelände – so entstand der erste in der Fabrik gebaute Rennwagen der Marke! Mehr noch: Der kleine Pelle gewann unter 100 Teilnehmern auf der 400 Meter langen Strecke und vor 30 000 Zuschauern. Petterson würde dem Rennsport treu bleiben, allerdings nicht in einem Volvo, sondern im Segelboot – so kann es gehen. Der von Helmer Petterson ersonnene «Buckel-Volvo» führte in der kommenden Friedenszeit dazu, dass Volvo gewaltig expandierte und es Privatfahrern praktisch möglich wurde, mit diesen Autos an Rennen teilzunehmen. Zugegebenermassen waren die 444er mit ihren 44 PS nicht gerade rasant, dafür aber robust und zuverlässig. Nach den ersten Auslieferungen im Februar 1947 dauerte es dann auch nicht lange, bis erste Exemplare mit Startnummern auf Türen und Motorhaube auftauchten. 1949 nahm dann ein PV444 erstmals an der Rallye Monte Carlo teil – die Besatzung bestand aus drei schwedischen Enthusiasten, die ihre Skier auf dem Dach festgeschnallt hatten… Die erste Mitternachtssonne-Rallye fand dann 1950 statt. Zwar dominierte Volvo die Klasse, doch noch waren es Sportwagen, die gewannen. In den kommenden Jahren stiegen die Motorleistungen und Volvo etablierte sich im heimischen Rallyesport. In jener Zeit fanden im ganzen Land viele kleinere Veranstaltungen statt, bei denen die Autos aus Torslanda zu den beliebtesten gehörten. Andere Marken mochten auf manchen Strecken zwar schneller sein, doch die Volvo hielten durch – sowohl motortechnisch als auch, wenn sie mal vom Weg abgekommen waren. Die komplett verschweisste, selbsttragende Karosserie des PV444 war für raue Einsätze wie geschaffen.

Pelle Petterson startete seine Karriere – im Volvo-Tretauto!

Die zu dem Zeitpunkt immer noch relativ exotische Automarke Volvo erhielt viel Aufmerksamkeit, und in den kommenden Jahren nahmen zahllose PV und Amazon an der berühmten Langstrecken-Rallye teil. Zu den bekannten Volvo-Piloten dieser Zeit gehörte Joakim Bonnier, der unter anderem Streckenrennen mit einem PV444 fuhr und mehrere Klassensiege errang, beispielsweise in Silverstone. Ein weiterer Fahrer war Ewy Rosquist – Schwedens schnellste Tierarzthelferin, deren Beruf perfekte Trainingsmöglichkeiten auf ländlichen Schotterwegen bot. Lohn der Mühen: In den Jahren 1959, 60 und 61 wurde sie am Steuer ihres PV544 Rallye-Europameisterin. Ab Ende der 1950er-Jahre entstanden an unterschiedlichen Orten der Welt interessante Spezialfahrzeuge mit Volvo-Technik.

Diese Herren fuhren 1949 über die Seealpen zum Skilaufen …

Das erkannte man auch ausserhalb von Schweden, und so wurde das Auto beispielsweise bei sogenannten Flugplatzrennen in Deutschland, weiterhin auf der Rallye Monte Carlo und ab 1956 auch in US-amerikanischen Sportwagenläufen eingesetzt. Die Amerikaner hatten ihre eigenen Vorstellungen davon, was als Sportwagen klassifiziert werden konnte. Daher galt der PV444 in den Vereinigten Staaten als typisch europäisches Sportscar … 1958 war für Volvo ein rennsportlich wichtiges Jahr. Gleich fünf PV444 starteten bei der Monte und einer der Wagen, eingesetzt von einem deutschen Team, kam unter 303 Startenden in der Gesamtwertung auf den 4. Platz. Ausserdem erreichten – unter besonders schwierigen Wetterverhältnissen – zwei weitere Volvo das Ziel; insgesamt kamen nur 59 Wagen in Monte Carlo an … FRÜHLING 2016 143


Wo Volvo fuhr, war vorne: 1958 flog Gunnar Andersson zum Sieg

Wenig sp채ter machten sich auch Amazonen auf den Weg nach Monte Carlo

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Scharf: Volvo-Technik im Barchetta-Kostüm

Der Belgier Lambert Dock fuhr eine an Ferrari erinnernde Sonder­ anfertigung mit getuntem B16-Motor unter der Aluminiumhaube. In den USA wurden Dune-Buggys mit B18-Heckmotoren gebaut und bei der Baja 1000 eingesetzt.

Für Andersson geriet die erste internationale Volvo-Saison mit Volvo zum Triumph: Er wurde Europameister – und im Jahr darauf schwedischer Meister der Standardwagen bis zwei Liter Hubraum, natürlich auch in einem PV544.

Die Mitternachtssonne-Rallye hatte sich inzwischen zu einer internationalen Veranstaltung entwickelt. Zu den dominierenden Marken gehörte natürlich Volvo, deren Wagen zwischen 1957 und 63 Klassensieger wurden; ausserdem feierte man 1957 und 58 den Gesamtsieg.

Und die Siegesserie hielt weiter an. Gunnar Andersson wurde 1960 gar zum argentinischen National-Idol, nachdem er am Steuer eines PV544 den Gran Premio de Argentina gewonnen hatte. Vier weitere Volvo PV kamen unter die ersten acht, ein Erfolg auf jeder Ebene. Solange er lebte (bis 2009), hielt Andersson diesen Sieg für seinen grössten. Nach dem Triumph in Argentinien zog er sich langsam aus dem aktiven Renngeschäft zurück und betätigte sich fortan als Rennleiter. Ganz mit dem Fahren aufhören mochte er freilich auch nicht; 1963 gewann er beispielsweise nochmal EM-Gold für Volvo und für sich selbst …

Im September 1959 gewann Volvo dann das erste schwedische 12-Stunden-Rennen. Es fand auf einem Flugfeld ausserhalb Stockholms statt, und ein gewisser Gunnar Andersson, der zusammen mit Bengt Mårtensson in einem PV544 antrat, landete ganz oben auf der Siegertreppe. Rennfahrer Andersson war zwei Jahre zuvor komplett auf Volvo umgestiegen, «weil die nie kaputt gehen», wie man damals zu sagen pflegte. Sein erster PV hatte einen in den USA getunten 85-PS-Motor, mit dem er unmittelbar Siege einfuhr. Zu jener Zeit begann Andersson als Instruktor für Volvo-Mechaniker; Anfang 1958 wurde er zum Leiter der Einrichtung ernannt. Aber war es nicht so, dass Volvo offiziell nie an Rennen hätte teilnehmen sollen? Richtig, doch nachdem der phasenweise leicht cholerische Gunnar Engellau im selben Jahr leitender Geschäftsführer geworden war, wurde das Renngeschäft zu einer Unterabteilung des Marketing erklärt.

Bei Volvo hatte es zwar schon 1959 eine einfachere Rennabteilung gegeben, die von einem früheren Porsche-Fahrer geleitet wurde. 1962 wurde diese – unter der Führung von Gunnar Andersson – zu einem professionellen Betrieb umgebaut. Parallel etablierte man den Volvo Competition Service, der jene Wagen wartete, mit denen schwedische Fahrer wie Tom Trana oder Sylvia Österberg zahlreiche Siege einfuhren. 1965 war es ein rundum für Rallye aufgerüsteter PV544, der die East African Safari Rallye in Kenia gewann: Gesteuert wurde der Wagen von den Brüdern Joginder und Jaswant Singh, die ihn gebraucht FRÜHLING 2016 145


1965 raste dieser «Buckel» durch Ostafrika – und gewann die Rallye

von der Volvo-Rennabteilung gekauft hatten. Mit einer Motorhaube in trendigem Mattschwarz, zahllosen Sponsorenauf­klebern, zusätzlichen Scheinwerfer sowie einigen Starktonhupen fuhren die Inder der internationalen Rallye-Elite einfach auf und davon … Parallel änderten sich die Vorgaben für die «Mitternachtssonne»; seit 1965 werden sämtliche Rennen wie die Rallye Schweden im Winter ausgetragen. Saab und Volvo dominierten ihre Klassen viele Jahre lang; auch das erste Winterrennen gewann Tom Trana in einem PV544. Pat Moss-Carlsson siegte mit einem Saab in der Damenklasse und so kam es zum schwedischen Doppelsieg.

welcher 1972 nach Schweden gekommen war. Mit Andersson als Chef kam Ende der 1970er-Jahre neues Leben in die Rennabteilung, die jetzt die Bezeichnung Volvo R-Sport trug. Dort arbeitete man vor allem mit Rallyecross; fünf harte Saisons machten sich in Form von schwedischen und europäischen Meisterschaftssiegen bezahlt. Auch die Volvo-140er-Serie war als Rennwagen beliebt, die es in unterschiedlichen Leistungsstufen gab. Genau wie bei PV und Amazon wurden die 140er sowohl bei Strassen- als auch Rundstreckenrennen eingesetzt, wobei der erwähnte VOC die grösste Beachtung fand.

Unterdessen bewies der elegante P1800, dass auch mit ihm durchaus Rennen gefahren werden konnten. Einige Exemplare tauchten bei der Monte und anderen Rallyes auf, aber am be­ kanntesten wurde der P1800 des Amerikaners Art Riley: Er war in den 1960ern und 70ern zweifelsohne der schnellste Fahrer dieses Modells, aber nicht im Rallye-Sport, sondern auf der Rundstrecke. Noch heute, über 50 Jahre später, sind zahlreiche P1800 bei historischen Events auf amerikanischen Rennstrecken erfolgreich.

Beim schweizerischen Rennstall Scuderia Filipinetti war einige Zeit ein junger Schwede namens Bengt Lidmalm beschäftigt, der einen 142 für Bergrennen umgebaut hatte. Viele Jahre später entwickelte er seine eigene Automarke Indigo, deren Technik – wenig überraschend – ebenfalls von Volvo stammte. Der alte Bergrennwagen tauchte später wieder aus der Versenkung auf und wurde von Grund auf überholt.

Einige tragische Unfälle führten 1966 dazu, dass Volvo den eigenen Rennbetrieb einstellte. Die Abteilung blieb jedoch bestehen und beschäftigte sich fortan mit der Entwicklung und Vermarktung von Tuning-Paketen, Zubehör oder kompletten Rennwagen. In Schweden wurde dann der sogenannte Volvo Original Cup zu einer wichtigen und sehr beliebten Serie für die 140er-Baureihe; Andersson hatte diesen Markenpokal initiiert. Einige Jahre später wurde eine ähnliche Serie für den Rallyecross-Sport gestartet,

Anfang der 1970er-Jahre kaufte sich Volvo bekanntermassen beim holländischen Autohersteller DAF ein. Die Wagen trugen schon bald das Volvo-Emblem, wichtiger war jedoch, dass sich das spezielle Variomatic-Getriebe bestens für Renneinsätze eignete und dann auch über mehrere Jahre eingesetzt worden ist. Gute Ergebnisse privater Fahrer führten dazu, dass Volvo als Werkteam fungierte. Diesmal wurde vor allem auf das 340erModell und die Rallyecross-Serie gesetzt – eine Entscheidung,

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welche die Arbeit von R-Sport Ende der 1970er bis Anfang der 80er dominieren sollte. Mit dem Fahrer Per-Inge Walfridson gewann Volvo 1977 und 79 die schwedische Meisterschaft, 1979 zusätzlich die nordische und 1980 den EM-Titel. Anschliessend stieg man als Hersteller wieder aus, und fortan war Siegen erneut Sache der Privatfahrer, die gerne davon Gebrauch machten. So holte sich Anders Hultquist mit einem Volvo 343 in den Jahren 1981 und 82 schwedisches Meisterschaftsgold.

Nach einigen Umwegen über verschiedene deutsche Marken kehrte er 1982 zu Volvo zurück, nachdem die FIA zahlreiche Regeländerungen verabschiedet hatte. Er kaufte in Göteborg eine 240er-Rohkarosserie, fuhr nach Hause und baute zusammen mit seinem Vater einen Turborennwagen auf, der im Frühjahr 1983 fertig wurde. Schwarz lackiert stellte ihn Lindström «einer Reihe ausländischer Vertriebsleiter» vor, wie er Jahre später bei einer Veranstaltung in Göteborg zum Besten gab.

Mitte der 1980er setzte Volvo auf Tourenwagen. Ausschlag­ gebend hierfür war der Turbo Cup, eine Art Baumschule für junge Talente. Mit den Ergebnissen vom Rallyecross vor Augen begann die Rennabteilung nun, über die Gruppe A international nachzudenken, und 1984 wurde ein entsprechender Volvo 240 Turbo homologiert.

Für die Qualität aller Volvo spricht, dass sie in vielen Serien erfolgreich waren und es noch sind

Die 140er und 240er überzeugten mit ihren inneren Werten, machten aber nicht gerade durch ihr attraktives Äusseres von sich reden. Es ist kein Zufall, dass Thomas Lindströms Wagen den Spitznamen «Flying Brick» erhielt. Der 1952 geborene Schwede hatte schon als 15-Jähriger im Kart gesessen, doch grosse Erfolge liessen anfangs eher auf sich warten. Wenn es regnete, war Lindström allerdings mit Abstand der Schnellste, und diese Fähigkeit behielt er während seiner gesamten Karriere bei. Anfang der 1970er-Jahre kaufte er jenen Volvo 140, den Bengt Söderström 1971 bei der Safari Rallye gefahren hatte. Mit dem neuen Auto gewann Lindström 1974 den Schweden Cup und wurde Zweiter bei den skandinavischen Meisterschaften.

Hintergrund war folgender: 1980 bis 82 hatte BMW unter der Leitung des Deutsch-Schweizers Rudi Eggenberger die ETCC-Titel geholt, anschliessend dominierte Tom Walkinshaw mit seinen grossen und erschreckend schnellen Jaguar XJ-S, welche 1984 die Tourenwagen-Europameisterschaft gewannen. Gleichzeitig tauchten Volvo 240 in der seriennahen Gruppe A auf, die enorm viel Publikum anzog. Für Volvo bot sich hier eine ideale Möglichkeit, neue Komponenten wie ABS, Wassereinspritzung oder eine elektronisch gesteuerte Traktionskontrolle unter Belastung zu erproben. Das eigentliche Renngeschäft sollte dagegen von unter Vertrag stehenden Teams betrieben werden.

Müder Sieger: Per-Inge Walfridson nach einem Rallyecross-Einsatz

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Dynamic Duo: Lindström (rechts) und Brancatelli neben ihrem 240 Turbo

Lindström fuhr bereits 1984 einige hervorragende Rennen, aber es war dann das Folgejahr, welches für Überraschungen sorgte. Volvo einigte sich mit Eggenberger darauf, dass er ein Team mit zwei Autos leiten sollte. Lindström würde sich einen mit Gianfranco Brancatelli teilen, während man Pierre Dieudonné und Sigi Müller für den anderen Wagen verpflichtet hatte. Ausserdem gab es ein sogenanntes Test-Team mit den beiden sehr schnellen schwedischen Fahrern Ulf Grandberg und Anders Olofsson. In dieser Aufstellung, so die Hoffnung, würde die Eggenberger-Organisation Grosses vollbringen können. Und das tat sie auch! Zwar rümpften Anfang 1985 viele die Nase ob der kantigen Kisten, aber bereits im zweiten Rennen belegten Lindström/Brancatelli den zweiten Platz und die Spötter verstummten. Passenderweise gewann dann Lindström seinen ersten ETC-Lauf auf der schwedischen Anderstorp-Strecke; eine Woche später belegte er in Brno den 2. Platz, um anschliessend drei weitere Rennen in Folge für sich zu entscheiden: Zeltweg, Salzburg und auf dem Nürburgring. Der Höhenflug des fliegenden Ziegelsteins war nicht mehr aufzuhalten – Volvo gewann sechs der 14 Rennen und wurde Europameister. In derselben Saison sicherte man sich die finnische Standardwagenmeisterschaft und die deutsche, neuseeländische, portugiesische gleich dazu. Zu den zahlreichen Triumphen, die Volvo verbuchen konnte, gehörte auch die schottische Rallye-Meisterschaft. Kurzum: Es war ein fantastisches Jahr. 148 VECTURA #18

1986 blieb wichtig, obwohl diesmal kein EM-Titel gewonnen wurde. Stattdessen dominierte ein Volvo 240 Turbo lokaler Händler die Klasse B der australischen Endurance-Meisterschaft und zeigte den heimischen Holden mit ihren grossen V8-Motoren die Auspuffrohre. Dann geschah, was in der Welt des Motorsports oft passiert: Nach seiner Erfolgsserie stellte Volvo die Teilnahme an internationalen Wettbewerben ein; die Unterstützung der Privatfahrer ging allerdings mit ungebrochener Kraft weiter. Die Abstinenz hielt nicht lange vor: Im Herbst 1993 teilte Volvo mit, sich wieder bei Rundstreckenrennen engagieren zu wollen; der Focus lag diesmal auf dem neuen frontgetriebenen 850er. Das Programm wurde auf drei Jahre angelegt und als Team­ leiter verpflichtete man Tom Walkinshaw, dessen TWR-Logo die Autos zieren würde. Beim ersten Rennen der BTCC-Serie auf der britischen Thruxton-Strecke rollten dann zwei blau-weisse Volvo-Kombis an den Start – das war eine echte Sensation, zumal die Fünftürer mit Katalysatoren ausgerüstet waren, was bislang noch kein Rennstall getan hatte. Die BTCC wurde für Publikum und Akteure zur Königsklasse der 1990er-Jahre; es war die härteste Standardwagenserie der Welt, und natürlich gab es ein umfassendes Regelwerk. Zu den grundlegenden Bestimmungen gehörte, dass von den Einsatzfahrzeugen mindestens 2500 Exemplare gebaut werden mussten, dass die Innenausstattung nicht geändert werden durfte


und dass auch der Rumpfmotor mit maximal zwei Liter Hubraum aus einem Grossserienmodell zu stammen hatte. Da die Drehzahl auf 8500 Touren begrenzt war, ergab sich eine Leistung zwischen 275 und 300 PS; Turbolader oder Kompressoren waren verboten. Dass Volvo sich für die Kombi-Karosserie entschied, hatte zwei Gründe: Aerodynamische Tests hatten ergeben, dass Fünf- und Viertürer ebenbürtig waren. Und weil man sich vor allem als Kombi-Hersteller profilieren wollte, lag die Wahl auf der Hand. Als Piloten verpflichtete man Jan Lammers aus Holland und Rickard Rydell aus Schweden, beide ebenso erfahren wie erfolgreich. Allerdings hatte Rydell bisher noch nie in einem Volvo gesessen, sondern in erster Linie Formel-Wagen bewegt …

Publikumsliebling: 850 in der BTCC

Trotz grosser Erwartungen an den Kombi blieben die erhofften Erfolge aus. 1995 schloss man sich deshalb mit einer Limousine dem Mainstream an. Rydell kam sowohl in dieser Saison als auch 1996 bei der Gesamtwertung auf den 3. Platz. Im Jahr darauf kam dann der neue S40 zum Einsatz, den Rydell in der Meisterschaft immerhin noch auf Platz 4 brachte. 1996 war auch das erste Jahr der neuen Swedish Touring Car Championship, kurz STCC. Der ebenso neue Rennstall Polestar brachte mit seinem Fahrer Jan «Flash» Nilsson einen Werk-Volvo an den Start, welcher sich souverän den Titel sicherte. Zurück zur BTCC: Vor der Saison 1998 wurden die Bestimmungen geändert, um das Renngeschehen noch spannender zu gestalten. Unter anderem mussten Reifenwechsel in der Box jetzt in F1-Geschwindigkeit erledigt werden; drei verlorene Sekunden konnten da schnell drei verlorene Platzierungen bedeuten. Aber Rickard Rydell hatte die Zeit während der gesamten Saison auf seiner Seite und gewann die Meisterschaft überragend! Die Statistik: 47-mal Pole Position und 21 Siege – übrigens auch beim berüchtigten Bathurst 1000 in Australien. 2001 trat dann der neue S60 an, vorbereitet vom englischen Prodrive-Rennstall. Rydell war diesmal Testfahrer; erst 2002 trat er in der neuen ETCC-Serie an, jedoch ohne nennenswerte Erfolge; immerhin stand er acht Mal auf dem Treppchen. Danach beendete Volvo sein ETCC-Engagement; 2003 kümmerte man sich um die Wagen des italienischen Teams ART Engineering, zu dessen Fahrern erneut Rydell gehörte.

Konkurrenzfähig: S60 in der STCC

STCC-Champion: C30 «Green Racing»

Auch Down Under an der Spitze: S60 in Bathurst

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betreute. Mit ihren beiden C30 erreichten sie einen fünften bzw. neunten Rang. Ein Jahr zuvor hatte Derek Crabb, der damalige Volvo-Motorenchef und Rennsportverantwortliche, mehrere S60 mit dem neuen E85-Kraftstoff aufgeboten, um das Umwelt­ bewusstsein des Unternehmens auch im Rennsport zu betonen. Der Gedanke war doppelt richtig, denn Volvo gewann das erste STCC-Rennen des Jahres, und Robert Dahlgren kam in dieser Saison auf einen sehr respektablen 2. Platz.

Heimspiele: STCC-Champ Björk in Shanghai …

Überhaupt nahmen Anfang des neuen Jahrtausends so gut wie alle denkbaren Volvo-Typen an historischen und aktuellen Rennveranstaltungen auf der ganzen Welt teil. In den USA startete Ron Polimenis mit einem 142 Baujahr 1972 bei ClubraceAnlässen; 2013 kam er mit einem wettbewerbsstarken PV – und fährt vielleicht noch immer. Duane Matejka aus Pipersville, Pennsylvania, dagegen ist P1800-Pilot; um die Jahrtausendwende gewann er mit seiner Firma R-Sport Engineering fünf Meisterschaften. Noch ein Beispiel? Ab der Saison 2009 nahm K-Pax Racing aus Denver, Colorado, zuerst mit S60 T5 AWD an der World Challenge Series teil, um 2011 mit einem C30 in der World Championship Touring Car class anzutreten. Die deutsche Firma Heico Sportiv aus Wiesbaden ist eines der Unternehmen, die die Volvo-Fahne in Zentraleuropa besonders hochhalten. Unter anderem hat man mit Bioethanol angetriebene C30-Rennwagen oder einen 740er für den Volvo Original Cup aufgebaut. Für eine Youngtimer-Veranstaltung renovierte man einen ehemaligen Werk-240er. 2008 traten der Schwede Robert Dahlgren und der Norweger Tommy Rustad im STCC-Rennzirkus für Polestar Racing an – jenem Unternehmen also, das ab 1996 den Volvo-Rennstall

… und ein Polestar-S60 im schwedischen Knutstorp

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2008 trat Polestar in der STCC mit dem C30 und unter dem Motto «Green Racing» an. In der darauffolgenden Saison wurde die neue DRIVe-Technologie lanciert, welche natürlich auch auf die Rennwagen übertragen wurde. Erneut hatte man richtig kombiniert, und nach einer ungewöhnlich spannenden Saison wurde die Meisterschaft im allerletzten Rennen entschieden: Tommy Rustad holte sich mit seinem kleinen, grün-weissen C30 den STCC-Titel! Polestar Racing involvierte sich für Volvo weiterhin aktiv im Renngeschäft, holte einen Sieg nach dem anderen. 2012 errang Fredrik Ekblom den Fahrertitel mit einem S60 und in den drei Folgejahren tat es ihm Thed Björk gleich. Das Polestar-Team, dessen Besitzverhältnisse und Ausrichtung sich im Laufe der Jahre etwas verändert haben, war mit den S60-Boliden bisher am erfolgreichsten. In der Saison 2014 kam es zu einer interessanten Weiterentwicklung, denn Volvo trat bei der australischen V8-Supercars-Serie erstmals offiziell mit zwei S60 an. Der Motor basierte auf jenen Aggregaten, die früher im S80 und XC90 verbaut waren. Für die Quadratur des Kreises, also die technische Zusammenarbeit und die Teilnahme am Renngeschäft, zeichnete Gary Rogers Motorsport verantwortlich. Und in der Saison 2016? Es bleibt spannend! Nachdem Volvo Cars 2015 die Polestar-Performance-Abteilung übernahm, um unter diesem Zusatznamen künftig Hochleistungs-Strassen­modelle zu verkaufen, heisst das Rennteam Polestar Cyan Racing – und wird mit einem durch und durch schwedischen Team an der FIA World Touring Car Championship teilnehmen. Thed Björk und Fredrik Ekblom haben Mehrjahresverträge unterzeichnet; die Erwartungen in Göteborg sind sehr hoch. In der schwedischen Serie STCC ist Robert Dahlgren parallel mit einem Polestar unterwegs. 2016 ist seine 13. Saison als Volvo-Werkpilot – das ist Weltrekord.


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al ehrlich, wer denkt beim perfekten Sommer nicht an Wasser, eine warme Brise und kalten Weisswein in entspannender Umgebung? Die traditionsreiche italie­ nische Sportbootmarke Comitti mischt sich zwar nicht in die Belange von Petrus ein, bietet jedoch die beste Perspektive, um einen idealen Ferientag genauso zu geniessen. Die neue Produktlinie «Venezia» setzt auf Kunststoffrümpfe mit eleganten Teak- oder Mahagoni-Aufbauten. Das Konzept scheint voll aufzugehen: «Auch wenn es weiterhin noch die Varianten der Vollholzboote gibt, gleiten gut 90 Prozent der Neuboote mit einem GFK-Rumpf durch die Wogen», so der neue Werftbesitzer Raimondo Reiner. Die Venezia-Linie gibt es von 22 bis 34 Fuss Länge und wird entweder von Mercruiser- oder Volvo-Motoren befeuert. Zum Jubiläumsjahr startet der Schweizer Generalimporteur, die ASG Trading & Service AG aus dem Kanton St. Gallen, ein ganz neues Projekt – den «Comitti Owners Club». Denn, so weiss ASG-Partner Michael Gerdsmeier: «Der Faktor Zeit und ein kurzfristig verfügbarer Hafenplatz sind für unsere Kunden meist die grössten Probleme. Die Anschaffungskosten von 90 000 bis 350 000 Franken oder der Unterhalt sind da schon fast sekundär.» Der Jahresbeitrag entspricht den jährlichen Unterhaltskosten (inklusive Liegeplatz, Winterlager und Service), die bei Eigen­ besitz solch eines Bootes entstehen würden. Der «Owners Club» stellt seinen Mitgliedern mehrere Boote zur Verfügung – und das wahlweise am Zürichsee, Bodensee und

Vierwaldstättersee. Jeder Kunde bekommt eine bestimmte Anzahl an Punkten, die innerhalb eines Jahres «abgefahren» werden können. Über ein einfaches Buchungssystem auf der Club-Homepage kann am gewünschten Ort reserviert werden; die Boote stehen zwischen 8 und 20 Uhr zur Verfügung. Durch Personal an den Liegeplätzen garantiert die ASG jedem Nutzer ein sauberes, aufgetanktes und hundertprozentig vorbereitetes Boot; auf Wunsch wird auch der Bordkühlschrank gefüllt. Servicethemen wie Pflege oder Winterlagerung sind für Clubmitglieder nicht relevant, weil das von der ASG Trading & Service AG erledigt wird und im Jahresbeitrag enthalten ist. Sollte die Freizeit mal knapper ausfallen als geplant, können Club-Punkte im internen Marktplatz zur Verfügung gestellt werden – eine zusätzliche Chance für Vielfahrer und eine Art «cash-back» für den Zeitgeplagten. Potentielle Clubmitglieder, bei denen die Sorge entsteht, selten ein Boot zur Verfügung zu haben, kann Gerdsmeier beruhigen: «Für uns gilt der Faktor 3, das heisst, dass sich maximal drei Mitglieder ein Boot teilen. Damit bleibt die Treffsicherheit für den Wunschtermin hoch. Sollte es dennoch einmal eng werden, so haben wir immer ein, zwei Ersatzboote auf der Werft, die im Notfall spontan eingesetzt werden können.» Fazit: einfach geniessen – ohne Sorge um den Hafenplatz, ohne Stress beim Unterhalt oder Ärger beim Wiederverkauf! Haben Sie Interesse? Dann senden Sie einfach eine Mail mit dem Stichwort «Comitti Owners Club» an info@comitti.ch


SCHWEDISCHE DEFINITION VON LUXUS DIE WAHRNEHMUNG GEHOBENER PRODUKTE VERÄNDERT SICH – UND MIT IHR DIE ERWARTUNGSHALTUNG POTENTIELLER KUNDEN. FÜR SIE ZÄHLT DAS ERLEBNIS HEUTE MEHR ALS EIN MARKEN­LOGO. DIE KOMMENDEN VOLVO-MODELLE S90 UND V90 TRAGEN DIESEM UMSTAND AUF BEMERKENSWERTE WEISE RECHNUNG – MIT VIEL UNDERSTATEMENT UND NOCH MEHR TECHNISCHEM VORSPRUNG Text Simon Baumann · Fotos Werk

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aut der Trendagentur Kjaer Global stehen die Luxusmarken dieser Welt vor der vielleicht grössten Herausforderung ihrer Geschichte. Begründet wird dies mit dem sich rasant verändernden Erfassen des Konsumenten – und einem daraus resultierenden anderen Kaufverhalten.

Individueller Luxus besteht heute nicht mehr vorrangig aus materiellem Vermögen, sprich dem Anhäufen oder ständigen Aktualisieren von Besitztümern. In einer Zeit zunehmender gesellschaftlicher und politischer Unsicherheiten wächst die Erkenntnis, dass Luxus vor allem in privater Zeit und persönlich bereichernden Ereignissen zu suchen ist. Es geht also vermehrt um Lebensqualität, die der Report auch als den «Faktor Frau» oder «Das gute Leben» umschreibt.

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EVOLUTION

Die Studie der in London ansässigen Agentur dient Volvo nach eigenen Angaben «als Ideengeber für den weiteren Transformationsprozess der Marke». Denn etablierte Luxuslabel stehen laut Kjaer Global vor der Aufgabe, sich selbst neu zu erfinden – und den zunehmenden Trend hin zu einem Logo-freien Luxus auf moderne Weise zu interpretieren. Denn das öffentliche Zurschaustellen von Marken, angefangen beim übergrossen Label eines Piquet-Hemdes, komme zunehmend aus der Mode. Gleichzeitig steige die Nachfrage nach diskret etikettierten Produkten, die ihre Identität nur Eingeweihten gegenüber offenbaren. «Viele bestens etablierte Marken müssen sich schleunigst dem Kundenwunsch nach einem persönlicheren exklusiven Erlebnis anpassen», glaubt auch Björn Annwall, Senior Vice President Sales, Marketing & Customer Service bei der Volvo Car Group. «Andernfalls laufen sie Gefahr, den Anschluss zu verlieren.» Der Kjaer-Global-Report nennt mehrere zentrale Trends: Innova­ tionen, ständige Erreichbarkeit und Konnektivität, dazu eine wachsende Wertschätzung für Fachkompetenz und Handwerkskunst, Authentizität und Entdeckungen. Die im Bericht erarbeiteten Erkenntnisse hat Volvo bei der Entwicklung der neuen grossen S90-Limousine vollumfänglich berücksichtigt, wie Annwall weiter ausführt: «Ich denke, wir haben verstanden, was Luxus heute ist und sein sollte, aber das müssen natürlich unsere Kunden beurteilen. Volvo war schon immer anders. Wir nähern uns dem Thema Design und dem gesamten ‹Erlebnis Auto› aus einer menschlichen Perspektive.» Das scheint bereits gut zu funktionieren: 2015 ver­kaufte der schwedische Automobilhersteller erstmals mehr als 500 000 Autos – das entspricht einem Zuwachs von acht Prozent und ist neuer Absatzrekord auf dem Weg zum erklärten Ziel, 2020 die Produktionszahl 800 000 erreichen zu wollen. FRÜHLING 2016 153


NACHGEHAKT

Bengt Dennis Nobelius (42) ist schwedischer Staatsbürger. Er studierte Technology Management an der Chalmers University of Technology in Göteborg und begann 2002 bei Volvo Cars als Projektleiter für den neuen C30. Seither nahm er verschiedene Führungspositionen wahr, unter anderem als Qualitätsdirektor oder Leiter der Endmontage im Werk Torslanda. Ab 2012 war er als Vizepräsident im Fahrzeugmanagement (Large Cars) für die Entwicklung und Lancierung des neuen XC90 verantwortlich; auch den kommenden S90/V90 kennt er genau. Nobelius kam im August 2015 in die Schweiz; er ist verheiratet und hat zwei Kinder.

«BESSERER SERVICE – FÜR KÄUFER UND HÄNDLER» IM GESPRÄCH MIT DENNIS NOBELIUS, MANAGING DIRECTOR VON VOLVO CAR SWITZERLAND Fragen Stefan Fritschi · Foto Stevan Bukvic

Herr Nobelius, neue Plattformen und Motoren, Elektrifizierung, Connectivity, autonomes Fahren, null Unfalltote – Ihr Haus geht spannenden Zeiten entgegen. Welche Bereiche, glauben Sie, werden zuerst umgesetzt werden können? Was Sie hier aufgezählt haben, ist exakt die DNA aller neuen Volvo seit dem XC90. Aktuell wird das alles parallel umgesetzt. Unsere neue Plattform und moderne Motoren sind bereits da. Ausserdem arbeiten wir in Göteborg gemeinsam mit Geely sehr intensiv an der CMA-Plattform – das steht für Compact Modular Architecture und eine kleinere Fahrzeuggeneration. Wenn CMA steht, haben wir alles, was wir brauchen; Hybridisierung und Elektrifizierung komplettieren dann das Angebot. Antriebsseitig haben wir dann Drei- und Vierzylindermotoren sowie die passenden Batterien – es sind die Hauptkomponenten aller kommenden Volvo. Was wir priorisieren, ist sicher die Vernetzung: Die Technik ist bereits vorhanden und unsere Kunden erwarten, dass der tägliche Austausch über Social Media im Auto nahtlos fortgesetzt werden kann. Fahrzeugfunktionen wie Standheizung, Navigation und dergleichen sollten auch ausserhalb des Wagens maximal eine Armlänge entfernt sein: Über Smartwatch oder -phone wird man schon bald jederzeit auf seinen Volvo kommunizieren können. Klingt spannend! Parallel zeigen dynamische PolestarModelle, dass sich Vernunft und Fahrspass nicht ausschlies­ sen müssen. Aber wie kann der «Sicherheitsfanatiker» Volvo das seinen Kunden glaubhaft erklären? 154 VECTURA #18

Volvo steht auch für Fahrspass, bei dem Pferdestärken und Sparsamkeit problemlos unter einen Hut zu bringen sind. Die Volvo-Familie bietet eine breite Auswahl von verschiedenen Fahrzeugtypen und Leistungsstufen; die Polestar-Modelle würzen quasi unser Angebot – ohne Abstriche bei der Sicherheit. Wird Volvo der Front- und Allradantriebskonfiguration treu bleiben? Ja, das haben wir so entschieden. Es sei denn, die Kundenwünsche würden sich eines Tages drastisch ändern – dann müssten wir wieder reinen Hinterradantrieb anbieten. Die 90er-Baureihe kommt im September als viertüriger S und fünftüriger V zu den Händlern – was versprechen Sie sich von diesen Modellen? Der XC90 war unser Startschuss für den Neuanfang, doch wir bleiben nicht stehen, sondern bauen darauf auf. Das ist eine wichtige Botschaft. S90 und V90 bedienen in der Schweiz zwar kein riesiges Segment, aber wir wollen eine skandinavische Alternative zu deutschen Premium-Produkten bieten. Wir diffe­ renzieren – nebst dem Design – mit einer intuitiven MenschMaschine-Beziehung, welche den Umgang mit dem Fahrzeug wesentlich vereinfacht. Und natürlich sind wir sehr stark im Bereich der halbautonomen Fortbewegung, die in allen S90 und V90 serienmässig verfügbar sein wird. Auf Strecken wie Zürich– Bern wird das Auto selbstständig Spur und Geschwindigkeit halten. Der V90 wird sicher wichtiger als der S90 sein, denn er


EVOLUTION

ist der lang erwartete Ersatz und gleichzeitig eine Aufstiegs­ möglichkeit für V70-Kunden. Wir wollen hierzulande zurück in die Top 3 der Premium-Kombis. Sie arbeiten jetzt seit einem halben Jahr in der Schweiz: Was ist Ihrer Meinung nach anders an diesem Markt? Zunächst einmal ist es ein fantastischer Markt! Man hört zwar viel darüber, aber verstehen kann man das erst, wenn man auch hier lebt. Die Zahl der luxuriösen und gut ausgestatteten Autos ist so hoch wie nirgendwo sonst – mit wenigen Ausnahmen. Dazu kommt der starke Schwerpunkt auf Allradantrieb. Schweizer sind sehr anspruchsvolle Kunden, die «trouble-free ownership» verlangen. Deshalb bieten wir fünf Jahre Garantie und zehn Jahre Gratisservice. Und dann kommen noch die unterschiedlichen Sprachen und Kulturen hinzu, die das Erreichen aller Kunden zur Herausforderung macht. Für Volvo ist die Schweiz ein neutrales Prüffeld, weil es hier keine nationalen Autohersteller gibt. Wenn wir es hier schaffen – was in der Vergangenheit auch gelang –, dann überall auf der Welt. Und die Chancen stehen sehr gut. Welche Änderungen kommen auf Volvo Schweiz zu? In erster Linie wird es einen noch besseren Service geben – für Käufer und Händler. Letztere sind unsere Verbindung zum Kunden und müssen sicherstellen, dass er zufrieden ist. Darum brauchen wir eine professionellere Zusammenarbeit mit unseren Stützpunkten, was letztendlich den Verbrauchern zugutekommt. Des Weiteren sollten die Standorte und Verkaufsräume stärker unserem Premium-Anspruch entsprechen, die Infrastruktur muss auf dem neuesten Stand sein. Und wir wollen potentielle Neukunden besser erreichen können. Das wird notwendigerweise auch an Events verschiedenster Art geschehen. Allein das Volvo-Fahrtrainingsprogramm bringt Menschen in Sommer und Winter raus aus dem Alltag und sorgt für ein emotionales Erlebnis in unseren Autos. Volvo Schweiz hat ein neues Management, das aus unterschiedlichen Altersgruppen besteht und viele Erfahrungsschwerpunkte mitbringt, um diese Verbesserungen zügig umzusetzen. Im Kundenbereich setzt Volvo in Europa auf ein neues Werkstattkonzept – ist es noch zu früh, darüber zu sprechen? Nein, ganz und gar nicht. Da sind wir mittendrin und gehen im Servicebereich gerade neue Wege. Wenn es bisher ein Problem gab, wurde der Händler kontaktiert, man machte einen Termin, gab den Wagen ab und hoffte, dass der Service oder die Reparatur im vereinbarten Zeitraum erledigt wird. Wir wollen das künftig individualisieren. Unsere Kunden sollen direkt mit den Spezialisten sprechen können, die dann auch an ihrem Auto arbeiten werden. Die kennen das Fahrzeug, seinen Besitzer und dessen Bedürfnisse genau und können entsprechende Vorschläge machen. Das ergibt ganz andere Dialoge als bisher. Spielt da auch die Vernetzung eine Rolle? Kann der Spezialist mein Auto per App beurteilen? Ja, wenn der Kunde das zulässt, kann der Servicestützpunkt eine Ferndiagnose des Fahrzeugs erstellen und beispielsweise ein Software-Upgrade anhand der Kundenwünsche installieren. Gewisse Arbeiten können wir auch aus der Ferne machen, dazu brauchen wir das Auto gar nicht mal zu sehen. Das wird für unsere Kunden ein echter Komfortgewinn sein.

Der S90, welcher ab 2017 auch in China gebaut werden wird, spielt bei diesen Plänen eine wichtige Rolle. Die ab Spät­ sommer in der Schweiz verfügbare Limousine ist komplett neu, doch ihre Modellbezeichnung ist es nicht. Sie kam erstmals 1996 für die 960er-Nachfolger zum Einsatz – wenn auch übergangsweise, noch mit Heckantrieb und nur bis 1998. Im neuen Jahrtausend lautete die Volvo-Nomenklatura dann immer konsequenter auf 30–40–50–60–70–80–90, womit auch klar ist, wo der kommende S90 angesiedelt ist: Mit ihm löst der schwedische Automobilhersteller den zehn Jahre alten S80 ab – und die Eintrittskarte für den Club der gehobenen Business-Klasse. Die Rivalen heissen Audi A6, BMW 5er, Jaguar XF (siehe S. 054) und Mercedes E-Klasse. Es ist darüber hinaus auch eine symbolische Zahl, denn 2017 wird die Marke Volvo 90 Jahre alt. Der über 4,96 Meter lange S90 verfügt über eine Vielzahl neuer Technologien, angefangen beim erweiterten «Intellisafe»Sicherheitssystem bis hin zu cloud-basierten Apps und Services. So verfügt das Auto beispielsweise über den ebenso fortschrittlichen wie halb-autonomen Fahrassistenten Pilot Assist: Der hält das Fahrzeug bei Geschwindigkeiten von bis zu rund 130 km/h mit dezenten Lenkeingriffen in der Spur, auch ohne sich dabei an einem vorausfahrenden Fahrzeug orientieren zu müssen. Damit ist der Pilot Assist ein weiterer Schritt in Richtung vollautomatisiertes Fahren, ein Kernbereich der Volvo-Forschung. Parallel wird das autonome Notbremssystem Volvo City Safety um eine neue Erkennungstechnik erweitert, die neben Fussgängern und Radfahrern auch grosse Tiere erkennen kann – bei Tag und in der Nacht. Diese Weltpremiere reduziert mittels Warnanzeigen und Bremseingriff das Risiko von Zusammenstössen mit Elchen, Pferden oder Kühen, falls es den Aufprall nicht gar ganz verhindern kann. Ein weiteres Novum ist die sogenannte «Run-off Road Miti­ gation»: Das System basiert auf der 2014 im XC90 vorgestellten «Run-off Road Protection», doch bevor versucht wird, Passagiere bei einem ungewollten Fahrbahn-verlassen optimal zu schützen, wird jetzt auch mittels Lenkeingriff und Bremsen dafür gesorgt, dass es gar nicht erst dazu kommt und der Wagen auf der Strasse bleibt. Auch von den Investitionen in einen fortschrittlichen FahrwerkSimulator profitiert die Limousine; in den vergangenen fünf Jahren hat Volvo elf Milliarden US-Dollar in Forschung und Entwicklung investiert. «Mit dem S90 machen wir bei der Fahrdynamik, der Performance und der Fahrkultur einen grossen Schritt vorwärts», erläutert Peter Mertens, Senior Vice President, Research und Development bei der Volvo Car Group: «Wir haben das Volvo-Fahrerlebnis von Grund auf neu gestaltet. Es liefert jetzt ein einzigartiges Gefühl von Präzision, Kontrolle und Komfort.» Angetrieben wird der Volvo S90 von effizienten Vierzylinder-Aggregaten; Top-Motorisierung ist der kraftvolle T8 Twin Engine Plug-in-Hybrid mit einer Systemleistung von 300 kW. Ihren Ausdruck findet die neue Markenepoche in einem ebenso kraft- wie stilvollen Auftritt, der die bisherige Formsprache weiterentwickelt hat und auf ein höheres Niveau hebt: «Wir wollten etwas grundlegend Neues in dieses eher konservative Segment bringen», umschreibt es Volvo-CarsChefdesigner Thomas Ingenlath. Mit dem S90 sei dabei ein FRÜHLING 2016 155


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TECHNISCHE DATEN VOLVO S90 Konzept Limousine/Kombi der oberen Mittelklasse. Selbsttr. Stahlkarosserie auf skalierbarer Plattform, 4 bzw. 5 Türen, 5 Sitzplätze. Zahnstangenlenkung mit Servo, doppelte Dreieckslenker vorne, Mehrlenkerhinterachse, Scheibenbremsen rundum. Manuelles Sechsganggetriebe oder Achtstufen-Automat Motor Vierzylinder-Benziner und -Diesel in verschiedenen Leistungsstufen mit Turbo und/oder Kompressor. 4 Vent./Zyl., 2 oben liegende Nockenwellen, Alu-Zylinderkopf und -Block, 5fach gel. Kurbelwelle. D4 mit Front-, D5 mit Allradantrieb; T6 mit AWD, T8 mit FWD und elektrisch angetriebener Hinterachse

D4 / D5

T6 AWD / T8 AWD 1969

Hubraum in cm3

82 x 93,2

Bohrung x Hub in mm Verdichtung

15,8:1

10,3:1

Leistung in PS (kW) @ U/min

190 (140) @ 4350 / 235 (173) @ 4000

320 (235) @ 5700

Max. Drehmoment in Nm @ U/min

400 / 480 @ 1750–2500

400 @ 2200 – 5400

Kraftübertragung

M6 / A8

A8

T8: plus E-Motor mit 65 kW

Systemleistung

Abmessungen (L/B/H) in cm

496,5 / 188 / 144,5

Radstand in cm

294

Spur vorne/hinten in cm

164 / 164

161,5 / 162

Reifen und Räder

k.A

k.A.

Tankinhalt in L

55 / 60

50

Kofferraumvolumen in L

500

Leergewicht (ohne Fahrer) in kg

1725–2075

Zulässiges Gesamtgewicht in kg

k.A.

Leistungsgewicht in kg/PS

k.A.

0 – 100 km/h in Sek.

8,2 / 7,3

k.A.

Höchstgeschwindigkeit in km/h

230

k.A. 7,3 / 1,9

Durchschnittsverbrauch* in L/100 km

4,1 / 5,1

CO2-Emission in g/km

109 / 133

169 / 44

Energieeffizienzkategorie

A/B

F/D

Preis ab CHF

ca. 60 000.–

ca. 70 000.–

* gemessen nach NEFZ: Neuer Europäischer Fahrzyklus

FRÜHLING 2016 157


EVOLUTION

Fahrzeug entstanden, dem man seine Führungsrolle und Vertrauenswürdigkeit sofort ansehe. Ingenlath kann kaum etwas anderes sagen – doch auch von aussen betrachtet bringt er es treffend auf den Punkt: Der S90 hat eine starke Präsenz und wirkt sogar selbstbewusster als der technisch eng verwandte XC90, welcher nicht zuletzt kraft seiner schieren Grösse zu beeindrucken weiss. Das technisch hochgerüstete und dabei sehr behagliche Interieur-Konzept muss zu den derzeit anspruchsvollsten im Limousinen-Segment gezählt werden; allein das konnektive Infotainment-System setzt neue Massstäbe in dieser Klasse. Alle diese Eigenschaften gelten auch für den Edel-Kombi V90, der den V70 ersetzen und zeitgleich mit dem S90 auf den Markt kommen wird. Fünftürer haben in Torslanda eine über 60-jährige Geschichte, die von Nutzwert und Langlebigkeit geprägt wurde.

158 VECTURA #18

Der V90 soll diesem Erbe mit viel Stauraum gerecht werden, welcher allerdings erstmals mit einer schräg abfallenden Heckpartie abgeschlossen wird. Die senkrechte Hecktür ist damit passé und manche Markenfans jaulen auf. Doch äusserlicher Stil – subtiler Stil im Sinne besagter Luxus-Wahrnehmung – geniesst bei Volvo heute einen höheren Stellenwert, und wer im V90 ein wenig Avant erkennt, liegt nicht verkehrt. Damit enden die Ähnlichkeiten zu Audi aber auch schon, denn die VolvoAntriebsphilosophie ist eine ganz andere, zeitgemässere. In seiner Topmotorisierung T8 wird der V90 dennoch über 400 PS aufweisen und bis zu 50 Kilometer rein elektrisch fahren können. Auch die Diesel-Aggregate sollen einen Leistungsschub erfahren; das Zauberwort heisst «Powerpulse». Fahrberichte folgen und zum guten Schluss noch das; Die V90-Allradversion wird wieder «Cross Country» heissen und ab Mitte 2017 zu haben sein.



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Herausgeberin Prestige Media International AG Verleger Francesco J. Ciringione cf@ prestigemedia.ch Verlagsleitung Boris Jaeggi b.jaeggi@ prestigemedia.ch Chefredaktor Matthias Pfannmüller (map) m.pfannmueller@ prestigemedia.ch Marketing- und Anzeigenleitung sales@ prestigemedia.ch Gestaltung Corinna Kost Autoren dieser Ausgabe Simon Baumann, Florian Carl Eisenblätter, Stefan Fritschi, Peer Günther, Peter Haventon, Hubertus Hoslin, Alexander Piutti, Guido Reinking, Susan Roccetti, Alvise-Marco Seno Fotografen dieser Ausgabe Jérome Andre, Werner Bartsch, Riccardo Bucchino, Stevan Bukvic, Roberto Carrer, Daniele Di Miero, Sebastian Konrad, Alvise-Marco Seno, Bengt Stiller, Manfred Stromberg, Julian Mackie, Ian G.C. White, map Lektorat Andreas Probst Produktionsleitung Corinna Kost c.kost@ prestigemedia.ch Verlag / Produktion Prestige Media International AG, St. Jakob-Strasse 110, CH-4132 Muttenz / Basel Telefon +41 (0) 61 335 60 80 Telefax +41 (0) 61 335 60 88 info@prestigemedia.ch www.prestigemedia.ch www.prestigenews.ch Web & IT Dejan Djokic Koordination Laura Giarratana Abo-Service Serpil Dursun Telefon +41 (0) 61 335 60 80 info@prestigemedia.ch Einzelnummer CHF 10.– Jahresabo CHF 39.– Erscheinungsweise vierteljährlich Auflage 22 500 Exemplare WEMF / REMP-beglaubigt (2015) 16 827 Ex.

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Titelfoto und -film Werk

#18 160 VECTURA #16

VECTURA #19

erscheint im Juni 2016


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