VECTURA #5 Auszug

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WWW.VECTURAMAG.CH

[ lat.: das Fahren]

#5 | Winter 2012/13

In Ewigkeit

BUGATTI TYP 35

NEW YORK // TAXI 2013 RENNSPORT // JAGUAR DAMALS UND HEUTE AUTONOM // FAHRER WERDEN PASSAGIERE MOTORMENSCHEN // ENZMANN / ICKX / LUTHE

HELDEN-EDITION www.prestigemedia.ch | CHF 10.–

04

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RUBRIKEN

Das motion-magazin aus der schweiz

Winter 2012/13 001


Ein Allroundtalent auf jedem Terrain. Der neue GLK mit 4MATIC. Dem permanenten Allradantrieb mit elektronischem Traktionssystem.

Eine Marke der Daimler AG

Der neue GLK hält, was sein markantes Äusseres verspricht. Und mit 4MATIC, dem permanenten Allradantrieb von Mercedes-Benz, ermöglicht er selbst bei widrigen Fahrbahnzuständen eine dynamische, komfortable und sichere Fahrt. Erleben Sie die Vorteile der 4MATIC-Modelle bei Ihrem Mercedes-Benz Partner oder unter www.mercedes-benz.ch/4matic

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editorial

Matthias Pfannmüller, Chefredaktor

Vectura #5

helden

edition

W

interzeit. Dunkelheit. Kaminfeuer. Das Aroma eines Scotch (oder Irish Whiskey) mag den Duft von Benzin, Leder und Kautschuk kompensieren, bis es wieder wärmer wird. Ein gutes Buch ersetzt vorübergehend das Lenkrad, dazu darf von Autos geträumt werden – von denen, die man einst hatte, und jenen, die immer auf der Wunschliste standen. Wer ein wenig Benzin im Blut hat, der kennt seine ganz persönlichen vierrädrigen Helden und die sind unersetzlich. Heroische Automobile und Menschen hinter und in den Maschinen sind denn auch das Thema dieser Ausgabe. Der Unterschied zu «klassisch» liegt im Gefühl und Kultfaktor – jedes Auto wird mal alt, aber nicht unbedingt begehrenswerter. Natürlich geht es auch um Rennsport und jene Protagonisten, die eine Epoche markiert haben. Unsere Auswahl ist eine subjektive, so ist das mit Lieblingen. Doch sie steht stellvertretend für alle anderen, die diesmal nicht an Bord sind. Alte noch fahrbare Autos haben im Laufe ihres Lebens einige Modifikationen erfahren und das ist okay, solange diese dokumentiert worden sind. Doch wie steht es um einen Voisin C6 «recreation»? Der Zusatz bedeutet in einschlägigen Kreisen nichts anderes als Nachbau. In diesem Fall ist er eindeutig als Neuanfertigung ausgewiesen und dient einem guten Zweck – hier wurde ein verloren gegangenes Stück Technik rekonstruiert, um es einem breiteren Publikum zugänglich zu machen. Es ist praktizierte Nächstenliebe nach unserem Geschmack. Ganz anders sieht es mit historischen Modellen aus, die bewusst gefälscht werden, um Käufer zu betrügen. Das ist in etwa so, als würde man ein Stück Balsaholz aus dem Baumarkt auf alt beizen und als Stradivari verkaufen – ein zunehmendes Problem, das die Gemüter in der Oldtimerszene bewegt und immer schwerer kontrolliert werden kann. «Wie viele Ford GT40 sind gebaut worden?», fragte neulich ein Kollege. «Um die 100», antwortete ich (und habe es hinterher nachgeschlagen: Zwischen 1964 und ’68 waren es exakt 134). «Aber wie viele fahren heute herum?», lautete die zweite Frage. Wir einigten uns, dass es weit über tausend sein müssen – die 2004 lancierte Neuauflage GT nicht mitgerechnet. Einige dieser Repliken sind inzwischen selbst jahrzehntealt. Was also ist noch echt und was erhaltenswert? Wie erkennt man das um alte Fahrgestellnummer-Fragmente herum komplett neue «Original», das selbst Experten täuscht? Die Suche nach der Authentizität ist eine Wissenschaft geworden, denn es geht neben Gefühlen längst und leider auch um sehr viel Geld. Wer dagegen das Wahre schätzt, greift nicht zum überrestaurierten Jaguar E-Type. Sondern zu einem ehrlichen, patinierten Exemplar, das mechanisch gepflegt wurde und in Würde altern durfte. Denn so sehen heute die echten Helden aus.

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inhalt #5

EDITORIAL

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IM RAUSCH DER SINNE Mark Stehrenberger erzählt, warum er einst die Schweiz Richtung Amerika verliess

LUCKY SEVEN Der nächste Mini heisst Paceman. Er ist im Wesentlichen ein zweitüriger Countryman – und das ist durchaus konsequent

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GELBSUCHT In New York verlieren US-Marken das TaxiMonopol. Der neue Hero heisst Nissan NV200

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STOLZ DER EIDGENOSSEN Was sich Emil Enzmann in den 50er-Jahren ausdachte, wurde zu einem der erfolgreichsten Sportwagen des Landes

092

KEINE EXPERIMENTE Können über fünf Millionen Käufer irren? Der vierte Honda CR-V geht lieber auf Nummer sicher

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FAMILIENBANDE Das Emil Frey Racing Team fügt der reichhaltigen Jaguar-Rennsportgeschichte ein viel versprechendes Kapitel hinzu

SPARRINGSPARTNER Subaru-Sportcoupés könnten unterschiedlicher kaum gewesen sein. Was sie eint, ist ihr Boxermotor

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GREED FOR SPEED Das neue Topmodell des Bentley Continental GT leistet 625 PS. Muss man die wirklich haben?

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WIE EINE GUTE FLASCHE WEIN Terence Morely liebt das geflügelte «B» – und erklärt, warum die alten immer teurer werden

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TITELSTORY Einem Bugatti Typ 35 auf öffentlichen Strassen zu begegnen ist fast so selten wie die Blaue Mauritius. Wir haben es erlebt – und sammeln seither Briefmarken

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DIE KINDER VON MOLSHEIM Ob Veyron oder Typ 49 – jeder Bugatti ist etwas ganz Besonderes. Und einzigartig

FLOSSEN HOCH 048104 Mit seiner Überlegenheit erschreckte der Jaguar D-Type einst die Konkurrenz. Wir treffen den Veteranen in Mitholz-Kandersteg KLEINE DRACHENKUNDE Nach verschlungenen Wegen schwenkt Ssangyong auf die Erfolgsspur ein. Rückblick und Rendez-Vous mit dem besten Pferd im Stall

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SHOWDOWN IN MONZA Zweifel am Lotus 1100 Junior oder: Wie Wetten in die Hose gehen können

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DAS SPORTLICHE HERZ Edi Franz und sein Alfa Romeo Giulia Sprint GT

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VISION VOISIN Die beste Auto-Idee 1923 hiess C6 Laboratoire. Dessen Dasein war kurz, aber bemerkenswert

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WENN DER HAMMER FÄLLT Reinhard Schmidlin über die Chancen, Kapriolen und Perspektiven von Oldtimer-Auktionen

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VERGANGENE PRACHT Im Mullin Automotive Museum stehen die schönsten Vertreter der Art-déco-Epoche OKTANHALTIGES PAPIER Buchtipps für die kalte Jahreszeit

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STILBILDEND Kaum ein Grossserienauto-Designer war in den 60er-Jahren so radikal wie Claus Luthe. Einsichten in das Werk des Topstylisten

076 LAUFEN LASSEN Platooning, Laserscanner und 6D-Berechnung: Autonome Autos erobern die Strasse

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IMPRESSUM

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Helden

E di t ion

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Die siebte

Dimension Text Jo Clahsen · Fotos Werk, Richard Newton, Bernhard Limberger

1958 eroberte der Mini die Welt – pointiert wie Miss Marple, spartanischschmackhaft wie Shortbread. 2001 kam es zum Revival und seither ist Mini bei Mini keine Eigenschaft mehr, sondern nur noch Markenname. Geblieben sind Erfolg und Vielfalt. Jetzt gibt es Nachwuchs: Der Paceman ist eine weitere Karosserie-Variante im Mini-Kosmos und hat das Zeug zum Kultauto – auch wenn er stellenweise zu dick aufträgt

S

traddle? Fosbury Flop? Keines von beiden. Es ging eher um Tief- als um Hochsprung, wenn ich mit meinen 191 Zentimeter den nur 1,30 Meter tiefen Mini Cooper entern wollte. Was half, war tantrische Klapptechnik wie bei einem Schweizer Messer. Dann noch Kopf knicken und seitlich rein in die kleine Kiste. Freunde amüsierte das, für mich war es 1979 Alltag wie das Einschäumen vor der Rasur.

Vater des Gedankens: Für seinen Mini wurde Alec Issigonis zum Sir geadelt

008 VECTURA #5

Johnny. So hiess mein Mini Cooper. Wegen der scherzhaft «Whiskyfederung» genannten Hydrolastic. Statt Stahlfedern und Stossdämpfer sorgten eine Mischung aus Alkohol und Wasser in Verdrängungsgehäusen plus Gummifedern und -ventile für Dämpfung. Und da Vorder- und Hinterachse pro Seite mit einer kommunizierenden Leitung verbunden gewesen sind, lag der UrMini wie das gern zitierte Brett auf der Strasse.


Stolz wie Oscar war ich auf den roten Racer mit den 10-Zoll-Rädchen. Die Cibiés vom Vorbesitzer bleiben dran, nur den RallyeStreifen hatte ich akribisch abgepult. Sehr uncool, das. Lederlenkrad war dagegen Pflicht. Und mein Cousin half mir bei der Implantation von Weber-Vergasern, weil das fast so viel Power gab wie im Cooper S. Drin bleibt auch der zweite Tank, der ab Werk eigentlich auch nur bei S vorkam – und an der Tankstelle immer für eine Überraschung gut war. Noch heute erstaunt, dass Mini und Cooper oft wie eine Markenbezeichnung in einem Atemzug genannt werden. Was völliger Unsinn ist. Denn als die ersten Mini im August 1959 auf die Strasse rollten, nannten sie sich Austin Seven oder Morris Mini Minor. Zur Erinnerung: Die Austin Motor Company und Morris Motor Company waren bis 1952 erbitterte Rivalen, bevor sie zur British Motor Company (BMC) fusioniert wurden. Sir Alec Issigonis entwarf dann für BMC den ungewöhnlichsten Kleinwagen seiner Zeit: kaum länger als drei Meter, mit einem quer im Bug eingebauten Vierzylinder-Reihenmotor samt unten angeflanschtem Getriebe, das sich seinen Ölvorrat mit dem Triebsatz teilte. Grund für den Bau des kleinen Spartaners war die Suezkrise, die den weltweiten Öl- und Benzin-Nachschub erstmals derart verknappte, dass dieser verbrauchsarme Kleinwagen wie ein Patentrezept erschien. «Badge Engineering» hin oder her – der Mini verkaufte sich wie geschnitten Brot und war bald nicht mehr allein: 1960 kam eine Van-Variante als Kleinstlieferwagen ohne hintere Fenster dazu, parallel der Morris Mini Traveller und Austin Mini Countryman, beide mit leicht verlängertem Chassis und zwei vertikal geteilten Heckklappen. Auch ein «Woody» mit Holzbeplankung wurde angeboten; finally folgt noch ein Pick-up. Drei Jahre später gesellte sich der Mini Moke dazu, eine Art Naked-Mini für den Strand. Mit von der Partie waren ab 1961 aber auch die beiden Derivate Wolseley Hornet und Riley Elf gewesen, die ersten Mini in XL-Format mit nachträglich angebautem Kofferraum. Last but not least erschien die Mini-Legende Cooper, benannt nach Haus-Tuner John Cooper. Stärker als normale Mini und mithin der Grund, warum es für mich auch heute nur ein Cooper sein darf. Schliesslich haben die kleinen Beisser zwischen 1964 und ’67 viermal in Folge die Rallye Monte Carlo gewonnen (die 1966er-Disqualifikation wegen falscher Glühbirnen habe ich nie akzeptiert).

Fast seriös: Der Riley Elf machte auf Limousine

Auch für Damen von Welt: Morris Mini Traveller «Woody»

Summiert man nun alle Modelle, Varianten und lizensierten Kopien wie Innocenti in Italien und Leyland Authi in Spanien, kommen schnell über ein Dutzend Mini-Derivate zusammen. Plus die sogenannten Kit Cars wie der Mini Marcos, der sich lediglich die Plattform mit dem Standard-Mini teilte. Oder die Moke-Alternative namens Yak. Auch ein Cabriolet hat es gegeben – habe ich etwas vergessen? Im Oktober 2000 lief der letzte klassische Mini als Rover vom Band und hatte damit sogar seinen designierten Nachfolger Metro (1980–’90) überlebt. Mit 5,4 Millionen Exemplaren ist die Baureihe ein Meilenstein des Automobilbaus. Kein Jahr danach kam der New Mini, und der war in jeder Hinsicht ein «Straddle» – grösser, schwerer, aber auch schneller und viel sicherer. Geblieben ist die Begeisterung; die bisher über 2,1 Millionen Käufer in aller Welt können schliesslich nicht irren.

Patenter Beach Boy: Mini Moke

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Working Class Hero: Es gab nat端rlich auch einen Pick-up

Sonnenschein: Austin Mini 850 Super-de-Luxe Cabriolet von Crayford

Wendig, indeed: Drei gewertete Siege bei der Rallye Monte Carlo machten den Kleinwagen endg端ltig zum Kultmobil

010 VECTURA #5


Rasante Zeiten: der 1275 GT mit neuer Schnauze…

…und ohne Heckscheibe

Summiert man alle Modelle, Varianten und lizensierten Kopien wie Innocenti in Italien und Leyland Authi in Spanien, kommen schnell über ein Dutzend Mini-Derivate zusammen

Zeitgeist der 90er-Jahre: Cabriolet-Version von Lamm

Unsterblich: Die letzte Ur-Mini-Serie kam von der Rover Group

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Ja, liebe Nörgler, der Basis-Mini ist inzwischen 1,40 Meter hoch und über eine Elle länger als das Original. Aber er ist auch 25 Zentimeter kürzer als ein aktueller VW Polo. Wer heute unbedingt etwas Kleineres als Mini fahren will, soll sich doch in Gottes Namen einen Renault Twingo oder gleich den Smart kaufen. Die anderen zweitürigen Mini-Ausführungen Coupé, Cabrio und Roadster weisen das gleiche Dachmass wie der Hatch auf, aber es ist Luft nach oben. Bei Clubman und Clubvan – beide gelten als eine Mini-Variante – sind 143 cm aufgelegt, beim viertürigen XXL-Mini Countryman sogar satte 156 Zentimeter. Mini-Label plus Allrad und vier Türen gleich Crossover, warum auch nicht? Die Aufweichung althergebrachter Fahrzeugkategorien ist weit vorangeschritten und lässt neue entstehen. Wer der BMW-Tochter dabei eine künstliche Modelldiversifizierung vorwirft, kennt die Mini-Geschichte offensichtlich nicht. Es war also fast natürlich, dass die Marke einen sportiveren Landlord auf den Weg bringen würde, und der wurde Anfang 2011 in Detroit als Concept vorgestellt. Jetzt ist der siebte Spross der Mini-Family serienreif: 152 cm hoch, 179 cm breit und 411 cm lang, steht er ab Ende März 2013 auch bei den Schweizer Händlern. Die Modellbezeichnung Paceman ist ein lustiges Wortspiel; schliesslich gibt das Pace-Car bei Autorennen die Richtung vor. Dennoch konnten es sich die Marketingstrategen nicht verkneifen, dem Wagen 012 VECTURA #5

den sperrigen Überbegriff «Sports Activity Coupé» anzudichten. Die Vorlage stammt aus dem Haus BMW, wo die X-Modelle nicht als SUV, sondern SAV geführt werden. Ich mag die X-BMW trotzdem. Und auch der Paceman ist mir nach einer ersten Ausfahrt sehr sympathisch, doch gemach. Wer den neuesten Mini geschmeidig entert und auf seinen gut ausgeformten Sitzen Platz nimmt, der fühlt sich zu Hause. In einem Countryman. Scheint alles bekannt – das verspielte LifestyleDesign, ein grosses Zentralinstrument, das gleichzeitig Navigationsbildschirm sein kann, und die beiden Leisten mit den «Toggles» genannten Kippschaltern. Falsch! Die unteren Toggles sind jetzt für das Stabilitätssystem (DSC), für das Stopp-Start-System sowie die Sport-Taste zuständig. Mini-Aficionados wissen: Hier sind doch bisher auch die elektrischen Fensterheber versteckt. Nicht mehr. Sie liegen jetzt griffgünstig und bedienfreundlich in der Armlehne der Innentür. Gut so. Beim Blick in den Rückspiegel wird endgültig klar, dass man in keinem Countryman sitzt: Die Sicht nach hinten und über die Schultern wird durch kleine Fenster und viel Blech eingeschränkt. Was von aussen für einen bulligen Auftritt sorgt, schafft auf den beiden Einzelsitzen im Fond eine Lounge-Atmosphäre. Zwischen ihnen findet sich das sogenannte Centre-Rail – eine Schiene,


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Winter 2012/13 013


fahrtermin

auf der Cupholder oder Brillenetuis befestigt sind. Es gestaltet sich jedoch recht umständlich, die Rücksitze zu erreichen. Bis zu gefühlten 1,75 Meter Körpergrösse und entsprechend agiler Beweglichkeit ist es jedoch der Mühe wert. Das Gestühl ist ausgezeichnet und es wird auch genug Schulterraum geboten. Kurz: Come in and chill out. Nehmen wir also das Runde und schieben es ins Eckige. Dort eingerastet, löst die Start-Taste ein erstes Lebenszeichen des 184 PS starken Paceman Cooper S aus. Klingt vertraut. Nicht zu giftig, aber doch so markant, dass das Muscle-Shirt aus den beiden Endrohren durchdringt. Schon nach wenigen Kilometern ist klar: alles so schön Mini hier. Der Haben-muss-Faktor gewinnt sofort die Oberhand über Literzählen oder Rappenfuchserei. Der Motor dreht wie in anderen Cooper-S-Modellen freudig hoch, zieht enorm durch und das knackige Sechsgang-Getriebe (den Sechsstufen-Automat gibt’s nur als Option) bietet dazu die essentielle Kulisse für Fahrspass. Die Lenkung ist exakt und gewährt bestes Feedback. Der im Vergleich zum Countryman merklich niedrigere Schwerpunkt verbindet das geschätzte Go-Kart-Feeling der Cooper-Equipe mit Freudentränen, die waagerecht zum

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Ohr abfliessen. Merke: Sportfahrwerk ist Serie und Standardfahrwerk Gratisoption. Was mir auch gut gefällt: Im Sport-Modus sucht der Paceman talentiert und gierig nach Kurven, ohne dabei den Komfort für die Passagiere zu vernachlässigen. Auf der Autobahn und bei deaktiviertem Sport-Modus gibt der Paceman dann den Crossover, der auch sehr kommod unterwegs sein kann. Dann agiert er spurtreu, leise und total lässig. Zeit für einen Check der elektronischen Delikatessen, die im New Mini für den Anschluss an das 21. Jahrhundert sorgen. Serienmässig ist ein CD-Radio verbaut, das in einem MP3-fähigen CDLaufwerk Musik in die Hütte bringt. Am oberen Ende der (Aufpreis-)Skala steht «Visual Boost» mit Navigation, Bluetooth und Sprachsteuerung. Das lässt sich noch durch «Mini Connected» aufrüsten – eine Software-Lösung, die iPhone-Usern die Welt von Webradio, Facebook, Twitter und Co auf Knopfdruck zur Verfügung stellt. Mini ist eben personifizierter Lifestyle und der Paceman soll als aktueller Höhepunkt gut situierte Singles oder Paare mit hoher Digital-Affinität locken. Schon seine Silhouette signalisiert: Hey, ich bin anders und trage die Base-Cap mit dem Schirm nach hinten.


Technische Daten mini paceman Konzept Siebte Karosserievariante des Mini-Themas auf Countryman-Basis. Selbsttragende Karosserie, drei Türen, vier Sitzplätze. Aufgeladene Vierzylinder-Benzin- und Dieselmotoren (111 bis 184 PS), wahlweise Front- oder Allradantrieb. Elektrische Servolenkung, Fahrwerk vorne McPherson, hinten Mehrlenkerachse, Scheibenbremsen rundum (vorne belüftet)

Hubraum in cm3 Bohrung x Hub in mm Verdichtung Leistung in PS (kW) @ U/min Max. Drehmoment in Nm @ U/min Kraftübertragung Abmessungen (L/B/H) in cm Radstand in cm Spur vorne/hinten in cm Reifen und Räder Tankinhalt in L Kofferraumvolumen in L Leergewicht (ohne Fahrer) in kg Zulässiges Gesamtgewicht in kg Leistungsgewicht in kg/PS

Cooper SD

cooper s

1995 84 x 90 16,5:1 143 (105) @ 4000 305 @ 1750–2700 M6 (A6)

1598 77 x 85,8 10,5:1 184 (135) @ 5500 260 @ 1600–5000 M6 (A6)

411,5/178,5/152 259,5 152,5/155 205/55 R17 auf 7 J

1315 (1390) 1785 (1805) 9,2 (9,7)

47 330 – 1080

1305 (1380) 1775 (1800) 7,1 (7,5)

0 – 100 km/h in Sek. Höchstgeschwindigkeit in km/h

9,2 (9,4) 200 (197)

7,5 (7,8) 217 (212)

Durchschnittsverbrauch* in L/100 km CO2-Emission in g/km Energieeffizienzkategorie Preis ab CHF

4,6 (5,7) 122 (150) k.A. ca. 39 500.–

6,1 (7,1) 143 (166) k.A. ca. 38 000.–

* gemessen nach NEFZ: Neuer Europäischer Fahrzyklus

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Die Mischung jedenfalls passt in unsere Zeit: etwas mehr Gepäckraum als im Basis-Mini, weniger Masse als beim Countryman, dazu ein formales Konzept, das beim Range Rover Evoque gerade alle Rekorde bricht. Trotzdem ist der Paceman kein Range für Arme; im direkten Vergleich bietet er sogar manchen Vorteil: luftiger im Gewicht, wendiger in der Stadt (wo man ihm zumeist begegnen wird), kurviger in Kurven (obwohl der MiniRange hier schon sehr gut ist), schonender im Verbrauch. Etwas affig finde ich den überproportionalen und verchromten «P A C E M A N» auf dem Heckdeckel. Diese Unsitte hat Porsche beim aktuellen Elfer für opportun erklärt, damit jeder Banause künftig weiss, was Sache ist. Und jetzt hechelt Mini artig hinterher. Glücklicherweise gibt es die kostenlose Option «Modellschriftzug Entfall», die sich schon deshalb empfiehlt, weil die Heckpartie ohne das Geschreibsel knackiger wirkt. Nicht nur in den Mini-Hochburgen USA und Westeuropa, sondern auch in den Emerging Markets wie Indien, China und Russland soll der Paceman punkten. Der optionale Allradantrieb All4 ist hüben wie drüben interessant: Das System befreit den Dreitürer nicht nur von Antriebseinflüssen in der Lenkung, sondern sorgt auch dafür, dass er bei Eis, Schnee und Nässe gut vorankommt – das können die kleineren Mini nicht so gut. Auch in etwas gröberem Geläuf zieht der Patzemann sauber seine Spur. Nota bene: Das SUV-, Entschuldigung, SAV-Coupé im Golf-Format lässt Langeweile mit zwei Diesel (ab 112 PS im Paceman D) und zwei Benzinern bis hinauf zum 184 PS starken Cooper S gar nicht erst aufkommen. Das hat seinen Preis, denn auch wer auf jegliche Möglichkeit der Individualisierung verzichtet, sollte im Vergleich zum Countryman knappe 1500 Franken zusätzlich einplanen. Damit ist der Paceman in Basis die aktuell teuerste Baureihe des Hauses. Und ein Mini für Auf- und Einsteiger, die sich nicht mehr verrenken wollen. Deshalb wird auch er in die Erfolgsspur seiner Geschwister einschwenken, wetten?

Mehr zum Thema

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nahverkehr

Letzte Ausfahrt mit der Kรถnigin

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RUBRIKEN

Als «Yellow Cab» wurde der Ford Crown Victoria weltbekannt. Wer nochmal einsteigen will, sollte sich beeilen: Der Nachfolger ist völlig anders konzipiert und wird Ende 2013 in Dienst gestellt Winter 2012/13 019


RUBRIKEN

D

ie Zeiten vierrädriger Stilikonen im Personentransport scheinen vorbei zu sein. Betriebskosten geht längst vor Schönheit, Luftwiderstand vor Charakter, Sauberkeit vor Sound. Beispiele gefällig? London hat den klassischroten Doppeldeckerbus «Route-master» 2005 endgültig in Rente geschickt und auch das schwarze FX4-Fairway-Taxi abgeschafft, aber immerhin für beide optisch ähnliche Nachfolger bereitgestellt. Doch auch die Tage der neueren Droschke scheinen gezählt: Black-Cab-Hersteller LTI (London Taxis International) aus Coventry musste kürzlich Konkurs anmelden. In Deutschland hat der Status der MercedesTaxe in den letzten zehn Jahren tiefe Kratzer bekommen: Zu teuer und dabei unzuverlässig, klagten viele Betreiber und stiegen auf andere Fabrikate um. Mexico City schickt den originalen VW Käfer, lokal auch «Vocho» genannt, gerade in die ewigen Jagdgründe: Bereits 2003, als in Puebla der Letzte seiner Art vom Band krabbelte, hatten die Behörden beschlossen, dass Taxen aus Sicherheitsgründen künftig vier Türen haben müssen. Mit Ende 2012 ist diese zehnjährige Gnadenfrist nun beendet, verschwinden die letzten 3500 Chauffeur-Käfer aus der Hauptstadt. Umdenken längst auch in Moskau, wo inzwischen mehr Westund Fernost-Autos als Moskwitsch oder Lada unterwegs sind – wenn auch aus Status-, Komfort- oder Sicherheitsgründen. Noch gibt es Inseln der Taxi-Nostalgie. In den Grossstädten Indiens, wo Umweltschutz noch kein Thema ist, wuseln sich hunderttausende der knatternden Zweitakt-Rikscha «Tuk-Tuk» virtuos durch das Chaos. In Tokio versieht der Nissan Cedric seit 1987 unverändert und unverdrossen seinen Dienst – mit behandschuhten Chauffeuren, wie es dort zum guten Ton gehört. 020 VECTURA #5

In New York scheint Taxi-technisch alles beim Alten zu bleiben – zumindest noch für ein paar Monate. Vom urigen CheckerCab hat man sich längst verabschiedet; 1999 wurde das letzte Exemplar ausser Dienst gestellt. Danach erledigten leidlich umgerüstete Serien-Pw den Transport, doch bald steht ein wichtiger Fahrzeugwechsel an. Denn Big Apple rüstet sich für eine anspruchsvollere Mobilität, um in den gelben Autos auch künftig 600 000 Menschen bewegen zu können – pro Tag. Um das zu schaffen, legen heute über 13 000 Yellow Cabs – das ist die grösste Flotte in den Vereinigten Staaten – jährlich jeweils über 100 000 Kilometer zurück. Den Spritverbrauch wollen wir hier aus Rücksicht auf einen der letzten US-Strassenkreuzer nicht vorrechnen: Der Wagen heisst Ford Crown Victoria, ist eine viertürige Stufenheck-Limousine mit gestrecktem Radstand und so etwas wie der veraltete Masterplan der US-Autoindustrie – lässig zusammengeschraubt, technisch von vorgestern, aber selbstbewusste 5,4 Meter lang. Die letzte Taxi-Version kam 2001 auf den Markt und ist dank 4,6-L-V8 rund 230 PS stark. Es braucht eine gefühlte Minute, um den «Crown Vic» zu Fuss zu umrunden. Innen merkt der Fahrgast das allerdings nicht: Eingepfercht zwischen einer meist milchig-stumpfen Plexiglasscheibe und der steil stehenden Rückenlehne, bleiben im Fond gefühlte 200 Kubikmillimeter Bewegungsfreiheit übrig. Man hockt tief auf der ebenso rutschigen wie ausgelutschten Kunstlederbank und kann kaum vernünftig nach aussen schauen, während achtern die Hinterachse scheppert, als wollte sie sich beim nächsten Schlagloch vom Rest des Autos verabschieden. Mit der Geräuschkulisse dieser mechanisch meist völlig verbrauchten Klapperkiste holpert es sich wenig entspannt durch NYC – ganz zu


Nahverkehr

schweigen von den oft nur rudimentär vorhandenen Lenkkünsten der Fahrer – über 45 000 sollen es sein und sie kommen aus der ganzen Welt. Lebensgefährlich ist es unter Umständen auch, einen Crown Vic in der Rush Hour unbekümmert hinten links verlassen zu wollen: Im dichten Verkehr kommen abgerissene Fondtüren oder havarierte Fahrradkuriere schon mal vor. Die Hassliebe der New Yorker zu ihrem «Standard Yellow Cab» reicht bis in den Senat. Und dort wurde 2007 beschlossen, einer besseren Zukunft auf die Sprünge zu helfen. Zwar sind seit einigen Jahren auch der Minivan Toyota Sienna, der Ford Escape Hybrid und wenige andere Modelle als Taxen im Einsatz, doch ihre Anzahl ist vergleichsweise gering: Das Gros der Yellow Cabs stellt mit rund 8000 Exemplaren die gekrönte Victoria, und sie nervt. Im Dezember 2009 wurde vom Taxi-Lizenzgeber TLC (New York City Taxi and Limousine Commission) deshalb ein Wettbewerb gestartet (www.taxioftomorrow.com), um für zehn Jahre einen geeigneten Nachfolger zu finden, der den Millionen Nutzern einen bequemen wie auch effizienten Transport bieten könne. Bürgermeister Michael Bloomberg versprach damals gar eine «sicherere, bessere Taxi-Erfahrung». Anfang 2010 lagen die Vorschläge der Autoindustrie auf dem Tisch, doch nur drei Kandidaten schafften es im November in die Endauswahl: der Ford Transit Connect, der Nissan NV200 und

ein Minivan namens Karsan V1. Letzterer stammte aus der Türkei, sollte aber in Brooklyn produziert werden. Das überzeugte die Stadtväter und New Yorker jedoch nicht; man wollte offensichtlich einen erfahrenen Automobilproduzenten haben. Dass die Wahl nicht auf Ford fiel, mag mit der guten alten Königinnen-Krone zu tun haben – die Zeichen standen auf «time for a change». Ausserdem war der Transit Connect im Vorfeld der Abstimmung als liebloser Kompromiss gegeisselt worden. Und so ging im Mai 2011 schliesslich ein asiatischer Lieferwagen als lachender Dritter aus dem Taxi-Rennen hervor – Nachteile hätten schliesslich alle Kandidaten gehabt, erklärte Bloomberg trocken. Um die New Yorker an ihr neues Stundenauto zu gewöhnen, wurde der Nissan schon mehrmals öffentlich vorgeführt. Ausserdem rief man Taxibetreiber, Fahrer und Bürger dazu auf, ihre Gestaltungswünsche einzureichen. Tausende machten mit, unter ihnen auch der «Design Trust for Public Space» und das «Smithsonian's Cooper-Hewitt National Design Museum». Einige der vorgebrachten Ideen werden tatsächlich in die Fertigung einfliessen. Die Einführung ist für Ende 2013 vorgesehen – und dann gehört die Zukunft in New Yorks Strassenschluchten einem Japaner. Einem in Nordamerika gebauten, wie die Beteiligten betonen: Der NV200 wird im mexikanischen Nissan-Werk Cuernavaca produziert – der 2011 eingestellte Crown Vic kam aus Kanada. Das neue


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nahverkehr

Der Nissan NV200 steht auch fĂźr die Ăœberlegenheit der japanischen Automobilhersteller in den USA. Das ist traurig und spannend zugleich

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nahverkehr

Taxi soll zudem alles bieten, was man bisher so schmerzlich vermisste beziehungsweise gar nicht zu träumen wagte: 12V- oder USB-Ladestecker im Fond, eine von dort aus regelbare Heiz- und Klimaanlage mit Filterung, ein riesiges Panorama-Glasdach zum Wolkenkratzer-Gucken – und nicht zuletzt viel mehr Beinfreiheit auf dem endlich völlig flachen Fussboden. Der ist indirekt beleuchtet, damit man heruntergefallene Gegenstände schneller findet. Leselampen sind ebenfalls vorgesehen – vor allen Dingen eine Rückbank, die diesen Namen auch verdient und drei Personen Platz bietet. Robuste als auch pflegeleichte InnenraumMaterialien wie lederartige Polster verstehen sich von selbst. Klar, dass der NV200 über Schiebetüren (mit externer ÖffnungsAnzeige für die Fahrradkuriere), günstig platzierte Haltegriffe sowie eine ausfahrbare Stufe zum leichteren Ein- und Aussteigen verfügen wird. Hinter den Fahrgästen hat es einen brauchbaren, aufgeräumten Kofferraum mit zwei vertikal öffnenden Portalen – und keine versiffte Müllhalde, wie sie im Crown Vic allzu oft anzutreffen ist. Der Minivan ist Crash-getestet, bietet elektronische Traktions- und Stabilitätskontrollen sowie Airbags auch für die Passagiere. Eine weniger aufdringliche Hupe, die von einem optischen Signallicht auf dem Dach begleitet wird, soll den Geräuschpegel in den Häuserschluchten reduzieren helfen. Die meisten Cab-Driver selbst dürften sich schnell an den Nissan gewöhnen. Schliesslich sitzen sie höher und sechsfach verstellbar inklusive Lendenwirbelstütze. Bildschirmnavigation und Funk sind ebenfalls schon eingebaut. Der Zweiliter-Vierzylinder-Benziner des NV200 ist natürlich ein Kulturschock für alle, die gerne mit dem V8-Small Block unterwegs waren. Doch auch der NV200 kommt serienmässig mit Automatik und soll dennoch wenig verbrauchen – das Auto will nicht nur gelb, sondern auch grün sein. Für 2017 bereitet der Hersteller zudem eine rein elektrisch angetriebene Version vor – der Kurzstreckenbetrieb in Big Apple ist ein geeignetes Versuchsterrain dafür. Um Taxibetreibern die Technologie schmackhaft zu machen, hat Nissan bereits einige Exemplare des E-Autos Leaf samt Ladestation unter ihnen verteilt. Den Einstand gibt aber der Benziner. Geplant sind über 20 000 Einheiten; der Vertrag zwischen Nissan und der TLC hat ein Volumen von einer Milliarde Dollar. Der NV200 soll je unter 30 000 $ kosten, ist einen Meter kürzer als der Crown Vic und bietet trotzdem mehr Nutzfläche auf weniger Quadratmeter, die in New York so wertvoll sind – gerade im dichten Verkehrsgetümmel. «Bumper to bumper» quälen sich die Blechlawinen durch Manhattan, und wenn irgendwo Effizienz angesagt ist, dann hier. Beim Ford wollen Motor und Getriebe beinahe jährlich ausgetauscht werden. Bezüglich Haltbarkeit macht der NV200 Hoffnung, aber wie er im Dauerbetrieb mit den Schlaglochpisten klarkommt, wird sich zeigen. Bei Nissan weiss man um den Aufmerksamkeitsfaktor und baut in New York derzeit ein engmaschiges Servicenetz auf. Der Wechsel wird sanft erfolgen. Das Nissan-Cab soll jede Winter 2012/13 025


ausgemusterte Crown Victoria ersetzen; es gibt keinen abrupten Tausch für alle. So bleibt die «Königin» den New Yorkern und Touristen noch eine Weile erhalten. Wer also wissen möchte, wie sich ein schlechtes Taxi anfühlt, sollte noch einmal einsteigen. Nissan will es derweil nicht bei der US-Metropole belassen und hat längst auch andere Städte im Visier: Eine London-Variante des NV200 (sie ist traditionell schwarz lackiert, weist zwei klappbare Zusatzsitze entgegen der Fahrtrichtung, keinen Beifahrersitz zwecks zusätzlichem Gepäckraum sowie eine verbreiterte Spur auf) wurde im Sommer 2012 präsentiert und soll schon im Frühjahr 2013 erhältlich sein. Das geht deshalb schneller, weil die UK-Version vom seriellen 1,5-L-Turbodiesel mit 89 PS und Sechsgang-Handschaltung angetrieben wird. Der Boden ist ohnehin bereitet, weil Nissan nicht nur in England produziert, sondern schon die LTI-Modelle FX4 und TX4 mit Dieselmotoren ausgestattet hat. Die Nissan-Argumentationen für den NV200 sind – neben günstigeren Einstiegspreisen und Betriebskosten – einmal mehr der geringere Verbrauch und reduzierte Emissionen, was die Stadtväter gerne hören. Gilt doch in Downtown London die «congestion charge» auch dazu, Abgase und Feinstaub zu begrenzen. Die Gebühr gilt zwar nicht für Taxen, doch Nissan plant auch hier, eine rein elektrisch betriebene Ausführung anzubieten. Das NV200-Cab ist damit noch vor seiner Lancierung ein Erfolgsmodell und problemlos auf andere Grossstädte übertragbar. Ein Tokio-Modell mit weissen Sitzbezügen ist bereits in Vorbereitung.

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fahrtermin

big apple IST ÜBERALL

TECHNISCHE DATEN Nissan NV200 Evalia Konzept Kompaktlieferwagen mit cleveren Abmessungen und üppigem Stauraum; wahlweise auch als Pw-Version mit variablem Interieur und bis zu sieben Sitzplätzen (Evalia). Frontantrieb. Servolenkung, Vorderachse McPherson, hinten Starrachse mit Blattfedern. Scheibenbremsen vorn. Kraftübertragung per manuellem Fünf- oder Sechsganggetriebe (Diesel-Version) Motor

Vorne quer verbauter Reihenvierzylinder, 2 oben liegende Nockenwellen (Kettenantrieb), vier Ventile pro Zylinder

Hubraum in cm3 Bohrung x Hub in mm Verdichtung Leistung in PS (kW) @ U/min Max. Drehmoment in Nm @ U/min Kraftübertragung

1598 78,0 x 83,6 10,5:1 110 (81) @ 6000 153 Nm @ 4400 M5

Abmessungen (L/B/H) in cm Radstand in cm Spur vorne/hinten in cm Reifen und Räder Tankinhalt in L Kofferraumvolumen in L Leergewicht in kg Zulässiges Gesamtgewicht in kg Leistungsgewicht in kg/PS

440 /169,5 /186 272,5 149/151 175/75 R 14 auf 5,5 J

0 – 100 km/h in Sek. Höchstgeschwindigkeit in km/h Durchschnittsverbrauch* in L/100 km CO2-Emission in g/km Energieeffizienzkategorie Preis ab CHF

k.A. 165 7,3 169 E 28 290.–

55 900 – 3100 ab 1400 1980 12,7

L

ust bekommen auf den NV200 – aber keine Lust, dafür eigens nach New York zu jetten? No problem, den «Van of the Year 2010» gibt es längst in der Schweiz – er erfreut sich bei uns reger Nachfrage. Die Blumenfrau in der Nachbarschaft hat einen Kastenwagen und ist sehr zufrieden damit. «Gäbig», sagt sie, denn der Nissan-Kleintransporter hat ein äusserst praktisches Format – länger und höher als ein Fiat Fiorino, schmaler als der VW-Bus. Die besser ausgestattete Pw-Variante heisst Evalia und kommt serienmässig mit fünf Sitzen; die dritte Reihe kostet extra. Cool: Ab Werk gibt es eine Rückfahrkamera mit Bildschirm im Kombiinstrument, dazu eine BluetoothFreisprecheinrichtung oder das schlüssellose Zugangssystem. Günstig im Preis, dazu genügsam, geräumig und variabel – das sind die Charakteristika eines vielseitigen Familienautos für alle Gelegenheiten. Antriebsseitig werden zwei 1,5-L-Diesel mit 90 oder 110 PS und der von uns bewegte 1,6-L-Benziner angeboten. Das manuelle Fünfganggetriebe ist eher für Land- und Bundesstrassen ausgelegt. Auf der Autobahn wird es schnell laut; einen Drehzahlmesser gibt es nicht – wozu auch? Mit seiner starren Hinterachse animiert der Evalia nicht zum Rasen, verhält sich aber stets gutmütig. Zudem glänzt er mit einer hervorragenden Rundumsicht, geringen Abrollgeräuschen und eben – den beiden Schiebetüren. Kurz: Mehr Van für so wenig Geld ist schwer zu finden. sb

* gemessen nach NEFZ: Neuer Europäischer Fahrzyklus

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Verfeinerung

des Guten Text Stefan Lüscher · Fotos map

Honda hat die komplett neue, vierte Generation des Erfolgsmodells CR-V dem aktuellen Trend angepasst: weg vom Geländewagen, hin zum Pw-artigen Crossover. Die Mutation vollzieht sich derweil überwiegend von innen nach aussen

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W

ie heissen die Pioniere des SUV-Segments? Der Toyota RAV4 gehört sicherlich dazu, aber auch der 1997 erstmals angebotene Honda CR-V. Heute sind die praktischen Alleskönner nicht mehr wegzudenken: Ihr Marktanteil wächst und wächst; in der Schweiz beträgt er bereits über 18 Prozent – Tendenz steigend. Fast jeder Hersteller hat heute ein oder gleich mehrere SUVModelle im Angebot. Bei Honda ist der CR-V – das Kürzel steht für «Comfortable Runabout Vehicle» – ein wichtiges Volumenmodell, von dem bereits über fünf Millionen Einheiten produziert wurden. Und weil die Konkurrenz deutlich zugelegt hat, mussten sich die Honda-Ingenieure einiges einfallen lassen, um sich mit der im englischen Swindon produzierten vierten Modellgeneration gegen die attraktiven Schweizer Marktführer VW Tiguan, Ford Kuga, BMW X3 und Audi Q3 behaupten zu können. «Der neue CR-V wurde dem Zeitgeist angepasst», sagt HondaSchweiz-Vizepräsident François Launaz: «Er fährt sich jetzt noch mehr wie ein Personenwagen. Zudem ist er gegenüber dem Vorgänger niedriger, dennoch geräumiger, komfortabler, hochwertiger und auch sparsamer geworden. Er verfügt auch über diverse raffinierte Assistenzsysteme und ist nach wie vor zu einem sehr attraktiven Preis erhältlich.» Winter 2012/13 029


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Geräumiger, luxuriöser, sparsamer: Der neue Softroader kann alles besser als sein Vorgänger. Das muss er auch, denn die Konkurrenz ist grösser geworden

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Für Honda ist der CR-V ein wichtiges Volumenmodell, von dem bereits über fünf Millionen Einheiten produziert worden sind. Die vierte Generation soll die Erfolgsgeschichte fortschreiben

Riesiger Laderaum Das Honda-Rezept ist damit umrissen: weg vom Geländewagen, hin zum trendigen Crossover mit Pwartigem Fahrkomfort. Besonders stolz ist Honda auf die hörbar verbesserte Geräuschdämpfung um minus drei Dezibel, was faktisch einer Halbierung des Innenlärms gleichkommt. Auch vom gebotenen Ambiente her fühlt man sich im CR-V schnell wohl. Durch die grosszügige Verglasung und die hohe Sitzposition geniesst die Besatzung gemäss Honda die beste Übersicht der Klasse. Im Cockpit gibt es nach wie vor sehr viel Kunststoff, und obwohl das ein bisschen amerikanisch aussieht, wirkt alles aufgeräumt und übersichtlich. Das Multifunktionslenkrad liegt gut in der Hand, der in die Mittelkonsole integrierte Schaltstock lässt sich kurz und knackig führen. Optimal im Sichtfeld ist ein 5-ZollMultifunktionsdisplay, die Navigation ist allerdings eine Option. Die Sitze sind üppig dimensioniert und auch für Langstrecken geeignet. Im luxuriös ausgestatteten Testwagen waren sie aus atmungsaktivem, gelochtem Leder; die Basismodelle verfügen dagegen über Stoffbezüge. Der Softroader soll alle gewünschten Eigenschaften eines Erstund Familienautos erfüllen können und trotzdem Spass machen. Optisch kommt der Neue zwar recht beliebig und auf Fotos beinahe wuchtig daher, doch wir sind ihn ja gefahren und meinen: Der auch aerodynamisch verbesserte CR-V sieht in natura besser aus, ist vom Design her charaktervoller geraten als bisher und dabei 30 Millimeter flacher. Dies bei gleicher Bodenfreiheit und unveränderter Länge von 4,57 Meter (zum Vergleich: VW Tiguan 4,43 m). Stilistische Ähnlichkeiten zum Vorgänger – beispielsweise das aufsteigende hintere Seitenfenster – wurden übernommen, um den Wiedererkennungswert beizubehalten. Die Frontscheibe rückte 6 cm nach vorne, der Hüftpunkt der hinteren Sitzposition wurde um knapp vier Zentimeter abgesenkt und der Laderaum dank schlankerer Sitzlehnen um 14 cm auf 1,57 Meter

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fahrtermin

verlängert. Das Resultat sind eine minimal verbesserte Kopffreiheit hinten und mehr Gepäckvolumen. Die Sitze lassen sich kinderleicht nach vorne klappen; ein patenter Faltmechanismus namens «Easy fold down» hilft dabei: Man muss nur von der Heckklappe aus an einem Griff im Kofferraum ziehen und schon legen sich die Rücksitze um, klappen die Kopfstützen ein, entsteht eine fast ebene und nach vorne nur leicht ansteigende Ladefläche. Das Gepäckabteil selbst ist mit 589 bis 1669 Liter gar das grösste dieser Fahrzeugklasse (Tiguan: 470 – 1510 L). Auch die Ladekante wurde im Sinne eines leichteren Zugangs abgesenkt. Honda ist stolz darauf, dass sich im CR-V drei neue 29-Zoll-Mountainbikes sowie drei Personen plus Gepäck verstauen lassen. Die grosse Heckklappe schliesst auf Wunsch elektrisch; weit öffnende Fondtüren erlauben einen bequemen Zustieg. Durchzugsstarker Diesel Als Antriebe stehen ein überarbeiteter Zweiliter-Vierzylinder-Benziner mit 155 PS/192 Nm und ein ebenfalls modifizierter, ruhiger 2,2-L-Diesel mit Ausgleichswelle und 150 PS/350 Nm zur Verfügung. Die eindeutig bessere Wahl ist der sehr leise agierende und sparsame Selbstzünder, ganz besonders in Verbindung mit dem präzise schaltbaren Sechsgang-Getriebe sowie einer Stopp-Start-Funktion, die beim manuellen Getriebe serienmässig verbaut ist. Eine ganze Reihe cleverer Massnahmen helfen, den Durchschnittsverbrauch zum Vorgängermodell um satte zwölf Prozent auf 5,6 L zu senken. Dazu gehören der reduzierte Rollwiderstand, 032 VECTURA #5

die elektrische Servolenkung, die speziell im Bereich Unterboden optimierte Aerodynamik und ein Econ-Modus, der Gasannahme, Klimaanlage, Lüftung und Tempomat optimiert. Ein nicht zu unterschätzendes Element beim Spritsparen ist der optische Mahnfinger für den Fahrer: Wenn der sich mit dem Gasfuss und der Drehzahl im sparsamen Bereich befindet, wird das mit zwei grün leuchtenden Streifen links und rechts vom Tacho quittiert. Tritt man dagegen forsch aufs Pedal, erlöscht die Signalisierung wieder. Mit Econ sollen bis zu 15% Treibstoffreduktion möglich sein, doch mit der aus unserer Sicht nicht empfehlenswerten, weil etwas behäbig wirkenden Fünfstufen-Automatik ist der Verbrauch gleich einen ganzen Liter höher.

Clevere Assistenzsysteme Das Fahrwerk des CR-V Nummer 4 wurde zum Teil auf der Nordschleife des Nürburgrings abgestimmt. Es bietet guten Abrollkomfort und wirkt für einen SUV in Verbindung mit dem um einen Zentimeter längeren Federweg und der erwähnten Servolenkung angenehm straff. Erst in schnell gefahrenen Kurven beginnt der CR-V über die Vorderräder zu schieben, bleibt aber stets gutmütig und leicht kontrollierbar. Zudem ist der aktuelle CR-V ein besserer Allradler als sein Vorgänger. Er bietet ein leichteres, dabei reibungsärmeres und wesentlich schneller reagierendes elektrohydraulisches 4x4-System mit Lamellenkupplung, die beim Losfahren immer aktiviert ist. Das verbessert die Traktion auf glattem Untergrund oder ganz speziell beim Starten und Einbiegen in Kurven; die Kraftverteilung beträgt maximal 50:50 vorne/hinten. Einmal in Fahrt, reduziert


TECHNISCHE DATEN Honda CR-V 2.2 i-DTEC 4WD sich der Allradanteil bedarfsgerecht bis null. Auf Wunsch gibt es den CR-V in der Benzin-Version erstmals auch nur mit Frontantrieb – zum Sparpreis von unter 30 000 Franken. Ebenfalls neu sind diverse Assistenzsysteme. Je nach Modellversion verfügt der CR-V über eine Bergabfahrhilfe, die mittels Bremseingriff von 8 bis 35 km/h aktiv ist. Dazu kommen eine Berganfahrhilfe, das ABS mit Kollisionswarner und Radar-gestützter Notbremsfunktion bis zum Stillstand, der aktive Spurhalteassistent mit Lenkunterstützung, der adaptive Tempomat und ein Anhängerstabilisierungsprogramm, das schlingernde Anhänger mit gezieltem Bremseingriff wieder in den Griff bekommt. In der Summe seiner Eigenschaften kann der jüngste CR-V also durchaus überzeugen, zumal auch die Verarbeitungsqualität gefällt. Aus dem SUV-Vorreiter ist also ein Evergreen geworden, mit dem Käufer nicht viel falsch machen.

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Konzept Komfortbetonter SUV mit fünf Türen und Sitzplätzen sowie grossem, variablem Innenraum und Pw-artigen Fahreigenschaften. Zahnstangenlenkung mit el. Servo, Doppelquerlenker vorn und Mehrlenkerachse hinten, Scheibenbremsen rundum. Wahlweise mit Allradantrieb oder erstmals nur Vorderradantrieb (Benziner), Kraftübertragung per Sechsgang-Schaltgetriebe bzw. Fünfstufen-Automat Motor

Quer eingebauter Reihenvierzylinder aus Aluminium, zwei oben liegende Nockenwellen (Kettenantrieb), vier Ventile pro Zylinder, Turbolader mit Ladeluftkühler, Common-Rail-Direkteinspritzung, Stopp-Start-System

Hubraum in cm3 Bohrung x Hub in mm Verdichtung Leistung in PS (kW) @ U/min Max. Drehmoment in Nm @ U/min Kraftübertragung

4038 85,0 x 96,9 16,3:1 150 (110) @ 4000 350 Nm @ 2000 M6 (A5)

Abmessungen (L/B/H) in cm Radstand in cm Spur vorne/hinten in cm Reifen und Räder Tankinhalt in L Kofferraumvolumen in L Leergewicht in kg Zulässiges Gesamtgewicht in kg Leistungsgewicht in kg/PS

457 /182 /168,5 263 156,5/156,5 225/65 R 17 auf 6,5 J

0 – 100 km/h in Sek. Höchstgeschwindigkeit in km/h Durchschnittsverbrauch* in L/100 km CO2-Emission in g/km Energieeffizienzkategorie Preis ab CHF

9,7 (10,6) 190 5,6 (6,6) 149 (174) B 36 400.–

58 590 – 1670 ab 1655 2200 11,0

* gemessen nach NEFZ: Neuer Europäischer Fahrzyklus

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Kauftipp oder Heckmeck? Text Stefan Lüscher · Fotos map, Georg Bärtschi/skyfocus.ch

Wer Subaru fährt, outet sich bisher nicht gerade als sportlicher Fahrer. Das mag auch an den zweifelhaften Sportwagen-Experimenten des Hauses gelegen haben, doch mit dem BRZ wollen es die Japaner jetzt noch einmal wissen – und verzichten dabei sogar auf Allradantrieb

034 VECTURA #5


FAHRTERMIN

A

ls in den frühen 80er-Jahren die ersten Subaru-Modelle nach Europa exportiert wurden, fanden sie fast nur in ländlichen Gegenden Freunde. Das Referenzgepäckstück waren damals nicht Golfbags, sondern Milchkannen. Dann kamen die Blauen mit ihren goldenen Rädern und den grossen Flügeln und dominierten jahrelang die internationale Rallyeszene. Ein neues Kultauto war geboren, das noch heute eine starke Gemeinde besitzt. Aber veritable Sportwagen? Es gab interessante, aber eher konzeptlose Versuche. Den XT etwa mit seinem Legostein-Design (siehe S. 038) oder dessen spacigen Nachfolger SVX, der für die bodenständige Marke viel zu futuristisch war. Ganz zu schweigen von einem Abstecher in die Formel 1, an den man sich bei Subaru gar nicht gerne erinnert: 1990 trat das italienische Formel-1-Team Coloni unter Subaru-Flagge mit einem von Motori Moderni gebauten 3,5-L-Zwölfzylinder-Boxer an. Das Triebwerk war nicht nur extrem defektanfällig, sondern auch das schwachbrüstigste im ganzen Formel-1-Feld. Nach einem Jahr wurde das Debakel beendet.

BRZ steht für «Boxer Rear Zenith». Das letzte Wort darf so verstanden werden, dass man sich auf der Höhe der Zeit befindet

Jetzt unternimmt Subaru gemeinsam mit Anteilseigner Toyota einen neuen Versuch, und der wirkt diesmal glaubwürdig und ehrlich. Der neue Zweitürer heisst BRZ, was für «Boxer Rear Zenith»

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steht. Damit ist das Motorkonzept schon verraten; es treibt diesmal – Novum! – die Hinterräder an. Der «Höhepunkt» wurde unter Subaru-Regie entwickelt, ist wie die Marke bodenständig und doch erfrischend puristisch geraten. Toyota verantwortete lediglich Konzept und Retrodesign; das baugleiche Schwestermodell nennt sich GT86. Es wird ebenfalls bei Subaru gebaut, darf als CelicaErbe gelten und unterscheidet sich von unserem Testwagen im Frontspoiler-Bereich, den Lackfarben und Markenlogos, wenigen Ausstattungsdetails sowie der finalen Fahrwerkabstimmung. Die Karosserien bestehen aus Stahl, die Motorhauben aus Alu. Auch die innovative, weil kombinierte Benzindirekt- und Saugrohreinspritzung kommt von Toyota, und das ist gut so. Denn sie macht den BRZ-Boxer zum bisher mit Abstand sparsamsten Subaru-Sporttriebwerk. Und das sorgt für ein überzeugendes Fahrerlebnis. Einstieg. Die Sitzposition ist sehr stimmig, dabei tief, aber nicht zu tief. Man fühlt sich auf Anhieb wohl und fest mit Fahrzeug und Strasse verbunden. Die Sportsitze selbst bieten viel Komfort und Seitenhalt und sehen obendrein gut aus. Ihre Flanken sind aus Leder, Sitzflächen und Rücken aus rutschfestem Alcantara. Einzig die Belüftung ist dürftig, was sich bei sportlicher Gangart schnell in einem nassen Rücken äussern kann. Das senkrechte, griffige Lenkrad liegt ebenso gut zur Hand wie der Schalthebel. Ein Druck auf den grossen Startknopf und es kann losgehen. In den Schweizer Modellen ist eine Dual-Klimaanlage serienmässig, doch die Bildschirmnavigation kostet Aufpreis. Auch sonst konzentriert man sich eher auf sportwagenspezifische Elemente. Eine 036 VECTURA #5

Sitzheizung fehlt ebenso wie Komfortblinker oder Stopp-StartAutomatik. Die Bordcomputer-Darstellung und -Bedienung wünscht man sich etwas liebevoller. Serienmässig sind Lichtautomatik und sogar Tempomat. Bei der insgesamt sehr anständigen Rundumsicht zweifellos störend ist jene auf der Hutablage aufgesetzte dritte Bremsleuchte. Auf der anderen Seite gibt es ein sehr gut abgestimmtes Stabilitätsprogramm mit neuem Sportmodus, das sich komplett ausschalten lässt, zum Beispiel auf Rennstrecken. Selbst ohne elektronische Helfer verliert der BRZ seine Gutmütigkeit nie, zumal der 2+2-Sitzer in der Schweiz schon ab Werk mit einem Torsen-Sperrdifferential ausgerüstet ist. Die Japaner kennen anscheinend die Tücken unserer Spitzkehren. Bezüglich Fahrdynamik haben die Ingenieure hervorragende Arbeit geleistet. Der BRZ fühlt sich leichtfüssig an, lässt sich spielerisch leicht und ganz ohne unliebsame Überraschungen schnell über kurvenreiche Strassen hetzen. Die Balance ist sehr gut getroffen, die Abstimmung dabei ein guter Kompromiss für einen Alltagssportwagen. Der BRZ ist keine Sänfte, aber auch nicht knallhart. Nebst seinem tiefen Schwerpunkt von gerade mal 46 Zentimeter ab Boden verfügt er zudem über eine fast perfekte Gewichtsverteilung von 53:47 Prozent vorne/hinten. Genauso positiv ist die dank Heckantrieb leichtgängige, frei von Antriebseinflüssen agierende, recht direkte Lenkung. Einzig die bewusst gewählten Michelin-Premacy-Reifen bieten bezüglich Grip kein Optimum. Mit einem sportlicheren Pneu liesse sich dies noch deutlich steigern. Die Bremsen hinterlassen hingegen einen soliden Eindruck: standfest, gut dosierbar.


fahrtermin

TECHNISCHE DATEN Subaru BRZ Konzept Zweitüriges Sportcoupé mit 2+2 Sitzplätzen und klassischem Antriebslayout – Motor vorne plus Hinterradantrieb. Zahnstangenlenkung mit el. Servo, Dreieckquerlenker rundum, Scheibenbremsen rundum (v. belüftet). Kraftübertragung wahlweise per manuellem Sechsganggetriebe oder Sechsstufen-Automat Motor

Vorne längs verbauter Vierzylinder in Boxeranordnung, 2x2 oben liegende Nockenwellen (Kettenantrieb), vier Ventile pro Zylinder, kombinierte Benzindirekt- und Saugrohreinspritzung

Hubraum in cm3 Bohrung x Hub in mm Verdichtung Leistung in PS (kW) @ U/min Max. Drehmoment in Nm @ U/min Kraftübertragung

1998 86,0 x 86,0 12,5:1 200 (147) @ 7000 205 Nm @ 6400–6600 M6 (A6)

Abmessungen (L/B/H) in cm Radstand in cm Spur vorne/hinten in cm Reifen und Räder Tankinhalt in L Kofferraumvolumen in L Leergewicht in kg Zulässiges Gesamtgewicht in kg Leistungsgewicht in kg/PS

424 /178 /129 257 152/154 215/45 R 17 auf 7,0 J

0 – 100 km/h in Sek. Höchstgeschwindigkeit in km/h Durchschnittsverbrauch* in L/100 km CO2-Emission in g/km Energieeffizienzkategorie Preis ab CHF

7,6 (8,2) 226 (210) 7,8 (7,1) 181 (164) F 39 800.–

Eingebauter Fahrspass kennzeichnet den frischen Boxer mit neuem Einspritzsystem. Und relativ sparsam ist er auch

50 245 – 1455 1305 (1330) 1670 (1700) 6,5

* gemessen nach NEFZ: Neuer Europäischer Fahrzyklus

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RUBRIKEN

Kein Schnickschnack, sondern gradlinige Technik. Das Subaru-Coupé ist ein lupenreiner Frontmotor-GT mit Heckantrieb – also richtig schön «old school»

Auch die Leistung ist okay. Mit 200 PS lässt sich heute zwar am Stammtisch nicht mehr viel erreichen, doch hallo: Das sind stramme 100 Pferde pro Liter Hubraum! Gemessen am Leergewicht und der Zielsetzung kommt die Kraftdosis exakt richtig, auch preislich. Man ist sportlich schnell unterwegs, ohne übermotorisiert zu sein, und erlebt dabei richtig intensiven Fahrspass, ohne sich ständig in illegalen Temposphären bewegen zu müssen. Von 0 auf 100 km/h beschleunigt der BRZ in achtbaren 7,6 Sekunden, die Spitze beträgt 226 km/h. Dies, obwohl er kein Turbo, sondern ein klassischer Sauger ist mit 205 Nm Drehmoment, das definitiv nach hohen Drehzahlen schreit und erst bei 6400 bis 6600 Touren zur Verfügung steht. Mehr, als es der Wert vermuten lässt, ist dabei subjektiv richtig der Bär los, zumal der Subaru über ein wirklich knackiges Sechsganggetriebe verfügt, im wahrsten Sinne des Wortes. Es hat die typische, also etwas knochige Schaltkulisse, die man von Subaru kennt, lässt sich aber sauber und präzise führen und gefällt mit seinen gut abgestuften Gängen. Das optional-automatische Wandlergetriebe mit Wippenschaltung lässt ebenfalls recht schnelle Gangwechsel zu. Der BRZ kann aber auch gemütlich. Während er bei sportlicher Gangart sportlich und angenehm sonor knurrt, ist es beim Cruisen sehr leise im Innenraum. Auch das Drehmoment aus tiefen Drehzahlen ist dank dem moderaten Fahrzeuggewicht ab 1240 kg wesentlich besser, als es sich liest. Beim Verbrauch gibt es ebenfalls nichts zu meckern: Die Normangabe von 7,8 L/100 km für die manuell geschaltete und 7,1 L für die etwas länger übersetzte Automatikversion ist heutzutage zwar nicht mehr umwerfend. Dafür weicht der Praxisverbrauch erstaunlich wenig von ihr ab. Bei engagierter Fahrweise brauchten wir bloss einen Liter mehr, und das kann ein etwa gleich starker Golf GTI nicht besser. 038 VECTURA #5

Zum Thema Platz: Der BRZ ist kein Kombi. Er ist ein Sportwagen. Die hinteren Sitze eignen sich ebenso wenig zum Sitzen wie bei einem Porsche. Allenfalls sind sie für Kurzstrecken für eine Person zu gebrauchen. Zwei Personen bietet der kompakte Japaner jedoch grosszügig Platz und im recht tiefen Kofferraum lässt sich kleines Reisegepäck problemlos verstauen. Zum fast volkstümlichen Preis von 39 800 Franken ist der Subaru BRZ zu haben – und damit billiger als sein Zwilling GT86, der ohne Ledersitze 41 900 Franken kostet. Zudem ist der Subaru exklusiver, weil er in kleineren Stückzahlen gebaut wird. Ist der Preis wirklich günstig oder doch eher teuer? Kommt drauf an, wo man den BRZ einordnet. 200-PS-Autos gibt es viele. Auch für weniger Geld. Ein so fahraktiver und gut aussehender Kompakt-Sportler mit klassischem Hinterradantrieb ist allerdings Mangelware und deshalb eine äusserst erfreuliche Erscheinung in unserem Strassenbild. Mit ihm fügt Subaru der Modellgeschichte ein spannendes Kapitel hinzu, dem man auch in 20 Jahren sicher noch Respekt entgegenbringen wird.

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Winter 2012/13 039


Ein ganz schräger

Typ Text Matthias Pfannmüller · Fotos Werk/map

Der Subaru XT war auffällig, aber kein Bestseller. Heute ist er seltener als mancher Ferrari seiner epoche

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M

verglasten Kabine, einer tiefen Front, den Klappscheinwerfern, glattflächig verkleideten Türgriffen und einem voll versenkten Einarm-Scheibenwischer oder dem hohen Heck samt integriertem Spoiler war ein echter Hingucker.

Ein Exot war der Nippon-Keil bereits, als er im Frühjahr 1985 auf den Markt kam und alle Welt noch Farbdias oder Papierfotos anschaute. In manchen Ländern hiess der 4,45 Meter lange, 1,69 m schlanke und 1,34 m hohe Fünfplätzer nicht XT, sondern Alcyone oder Vortex. Das Design mit der bündig verklebten, rundum

Das markante Styling war kein Gimmick, sondern erstens aerodynamisch – der cW-Wert betrug anständige 0,29 – und zweitens als elegante Verpackung einer Reihe neuer technischer Lösungen gedacht, auf die man beim Subaru-Mutterkonzern Fuji Heavy Industries sehr stolz war. So verfügte der technisch auf dem Leone 4WD basierende XT nicht nur über Turbo-Power oder Vierrad-Scheibenbremsen inklusive ABS, sondern bot auch eine elektro-pneumatische Luftfederung inklusive – sehr praktisch – einer Niveauregulierung für Wege dritter Ordnung: Knopfdruck genügte und schon hob sich der XT ganze 3,5 Zentimeter weiter

an kann die Sportwagen von Subaru auf viele mögliche Weisen betrachten, doch eines waren sie mit Sicherheit nie: homogen. Rechnet man den LeoneDreitürer als Sportcoupé dazu, war von Front- über Allrad- bis Heckantrieb bis heute alles dabei. Auch die Philosophien bei der Karosserie- und Kabinengestaltung könnten unterschiedlicher kaum gewesen sein. Gerade das macht diese Autos wieder interessant, zumal sie extrem selten geworden sind: Wann haben Sie zuletzt einen XT gesehen?

Winter 2012/13 041


aus den Federn, was eine Bodenfreiheit von 20,5 cm ergab. Der Hinterradantrieb war zuschaltbar wie bei Subaru seit 1972 üblich und wurde von einer automatischen Differentialsperre ergänzt; für manche Märkte wurde allerdings komplett auf 4x4 verzichtet. Mit der zweiten XT-Serie kamen 1987 das erste permanente Allradsystem des Hauses sowie ein neuer 2,7-L-SechszylinderBoxermotor hinzu; Letzteren gab es als 150 PS starken XT-6 jedoch nur in den USA. Auf europäischen Autobahnen war der leer rund 1,2 Tonnen schwere, 136 PS (mit Kat: 120 PS) und 196 Nm starke XT 4WD Turbo als seinerzeit schnellster Subaru für immerhin 200 Sachen gut und empfahl sich damit als Audi-Quattro-Jäger. Alternativ zum Fünfgang-Schaltgetriebe, das über einen Hillholder verfügte, wurde anfänglich noch eine schluckfreudige Dreistufen-Automatik angeboten. Jaja, die guten alten 80er. Dafür war der XT ein entschlossen schnörkelloses Auto, das formal die Zukunft versprach und mit seinen Extravaganzen – die umfangreiche Serienausstattung beinhaltete auch ein herausnehmbares Ausstelldach 042 VECTURA #5

– vor allem Individualisten lockte. Das Zeug zum Verkaufsschlager hatte er dagegen nie: Um die 70 000 Exemplare wurden bis 1991 hergestellt, was weltweit gesehen nicht allzu viel war für ein bereits international operierendes Unternehmen. Ob es an der Zielgruppe gelegen hat? Wohl eher am Styling, das man lieben oder hassen musste. Seiner Epoche entsprechend ist der XT sehr kantig und wie mit einem Hocho-Messer geschnitten, doch darf gesagt werden: Kein anderer Hersteller kam damals so scharf daher wie er, nicht mal Cadillac. Es braucht Mut, so etwas zu bauen. Der XT ist zudem auch ein Gegenentwurf zu Honda Prelude oder Porsche 924 – zwei Rivalen, die er optisch in Details zitiert, was freilich nur Freaks auffällt. Gewisse Arrangements in der Bugpartie entsprechen gar dem Ferrari Mondial. Und dann dieser Innenraum: strenge Winkel, plüschige Sitzstoffe, das asymmetrische Lenkrad, ein Joystick-artiger Ganghebel oder ab 1988 Digitalinstrumente… Der XT war ein sehr vorausschauendes Auto, denn er hat inzwischen alles, was die Herzen der heutigen Playstation-Generation höher schlagen lässt. Dazu


neo geo

Space Invaders: Das XT-Cockpit passte perfekt zu den damals aufkommenden Spielkonsolen. Der meistverkaufte Heimcomputer jener Tage hiess Commodore 64

Winter 2012/13 043


neo geo

Bedingt offroad-tauglich: Die serienmässig verbaute elektro-pneumatische Luftfederung inklusive Niveauregulierung half auf Wegen dritter Ordnung

kommen Kultfaktor und längst auch Youngtimer-Status. Keine Frage: Dieser sportive Subaru birgt Potential als Sammlerstück, denn selten ist er auch: In der Schweiz wurden seinerzeit nur 1186 Einheiten zu stolzen Preisen ab 32 400 Franken verkauft; die meisten dieser XT sind längst verschwunden. Weniger zu empfehlen sind Modelle vor 1988, weil die noch keinen geregelten Katalysator aufweisen. Rost ist kein Thema, solange es sich um ein gepflegtes Fahrzeug handelt. Auch die Vierzylindermotoren halten locker 200 000 Kilometer und mehr. Nein, wir wollen Ihnen hier keinen alten Subaru verkaufen. Dazu müssten wir ja erst einmal ein gutes Exemplar finden – und würden das dann möglicherweise für uns behalten wollen. Aber es lohnt die Sinne zu schärfen für Autos, die aus dem zähflüssigen Mobilitätsbrei unserer Wegwerfgesellschaft herausragen und es deshalb wert sind, unter Artenschutz gestellt zu werden. 044 VECTURA #5

Wir huldigen ausserdem dem Zeitgeist, der immer erst top ist, dann hopp und später wieder hip. Wenn ein Auto so ehrlich eigenständig ist wie der Subaru XT und bald 30 Jahre nach seinem Erscheinen noch so frisch aussieht, kann man es eigentlich nur gern haben. Falls also jemand weiss, wo noch ein unverbrauchter XT steht, möge er uns bitte kontaktieren.

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RANGE ROVER EVOQUE

A STAR IS BORN Dem Range Rover Evoque liegt der Erfolg im Blut. Mit seiner unwiderstehlichen Präsenz und seinem kompromisslosen Design hat er bereits zahlreiche Schweizer Herzen im Sturm erobert. Ein Blick auf die Strasse genügt. Wann lassen Sie sich vom verkaufsstärksten Range Rover aller Zeiten überzeugen? Jetzt bei Ihrem Land Rover-Fachmann. www.landrover.ch

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* Range Rover Evoque 2.2 eD4 Pure, 5-Türer, man., 2WD, 150 PS/110 kW, Gesamtverbrauch 5.0 l/100 km, Ø CO2-Emission 133 g/km, EnergieeffizienzKategorie A. Ø CO2-Emission aller in der Schweiz angebotenen Fahrzeuge 153 g/km. Fahrzeugpreis CHF 44’700.–. Abgebildetes Modell: Range Rover Evoque 2.2 eD4 Dynamic, 5-Türer, man., 2WD, 150 PS/110 kW, Gesamtverbrauch 5.0 l/100 km, Ø CO2-Emission 133 g/km, Energieeffizienz2012/13mit 045 Kategorie A. Ø CO2-Emission aller in der Schweiz angebotenen Fahrzeuge 153 g/km. Katalogpreis CHF 56’900.– (Basispreis: Winter CHF 54’500.–, Zusatzausstattung CHF 2400.–).


Neue Wucht des Empire


FAHRTERMIN

Text Stefan Lüscher · Fotos Nick Dimbleby, James Lipman, Tom Salt

Der Bentley-bestseller heisst Continental. Jetzt greift er nach einem weiteren Superlativ: Mit 330 km/h Spitze ist die neue Topversion GT Speed das bisher schnellste Strassenmodell der Markengeschichte. Feinschliff auf höchstem Niveau, ein Achtstufen-Automatikgetriebe und 625 PS machen es möglich

Der GT Speed treibt es ganz schön bunt. Und nur wenige Autos wirken in verschiedenen Lackfarben so unterschiedlich


FAHRTERMIN RUBRIKEN

Die Übernahme durch die Volkswagen-Gruppe hat Bentley gut getan. Nie zuvor konnte der Hersteller mehr Modelle und Verkäufe aufweisen. Das mit Abstand populärste Modell ist der GT Continental: Seit das opulente, allradgetriebene Sportcoupé 2002 vorgestellt wurde, fand es weltweit über 26 000 Käufer. 2010 wurde der Viersitzer erstmals umfassend renoviert und inzwischen auch um ein 507 PS starkes V8-Aggregat ergänzt. Die kalorienreichste Götterspeise aus der britischen Manufaktur zu Crewe wird allerdings von zwölf Zylindern beflügelt – wir sprechen über die Neuauflage des Continental GT Speed. Dazu Bentley-Entwicklungsvorstand Rolf Frech: «Nicht zuletzt weil wir mit Abstand grösster Zwölfzylinder-Produzent der Welt sind, wollen wir diese einzigartige Kultur pflegen. Das haben wir bei der Einführung des Achtzylinders versprochen. Mit dem GT Speed halten wir Wort. Unser Ziel war maximale Souveränität und ab-

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solute Topspeed auf der Autobahn. Bentley-Fahrer mögen es nicht, wenn sie überholt werden. Trotzdem musste der GT Speed gewohnten Luxus und untadelige Alltagstauglichkeit bieten. Das ist uns gelungen. Mit einem technischen Trick kann er sogar den Charakter wechseln. So gesehen erhält der Kunde zwei Fahrzeuge in einem.» Zart oder hart: Mit dem kultivierten Speed kann man die Kids entspannt zur Schule fahren und danach ein wenig die Sonne putzen. Wenn es die Situation erlaubt, lässt sich das Auto mit 330 km/h über deutsche Freeways jagen. Wir haben es versucht: 250, 280, fast 300, dann wieder runterbremsen. Nächster Versuch. 330 km/h uns nicht gelungen – nicht weil der Bentley das nicht könnte, sondern weil es die Strassenverhältnisse tagsüber kaum je zulassen. Immerhin bleibt eine beruhigende Erkenntnis: Bei den erreichten knapp 300 Sachen, die gegenüber


250 wesentlich schneller sind, als es sich von den Zahlen her anhört, fühlt sich das 2,3 Tonnen schwere Coupé stabil, souverän und stets gut beherrschbar an. Das nächste Mal nehmen wir die Kinder mit.

330 km/h sind uns nicht gelungen – ganz einfach weil es die Strassenverhältnisse tagsüber kaum zulassen

Um die erwähnten Tempi erreichen zu können, wurde die kontinental-kolossale Aerodynamik durch kaum sichtbaren Feinschliff im Bereich des jetzt komplett flachen Unterbodens optimiert. Auch das Fahrwerk mit der optimierten Luftfederung und neuerdings adaptiven Stossdämpfern wurde insgesamt versteift, straffer abgestimmt und vorne um 10 Millimeter abgesenkt. Für Stabilität und optimale Traktion sorgen der permanente Allradantrieb mit einer heckbetonten Kraftverteilung von 40:60 und das anders kalibrierte elektronische Stabilitätsprogramm. Für die Reifen eines derart schweren Autos sind 330 Stundenkilometer eine extreme Belastung. Die neuen P-Zero-21-Zöller wurden deshalb

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TECHNISCHE DATEN Bentley Continental GT Speed Konzept Zweitüriges Luxuscoupé mit vier Sitzplätzen und herausragenden Fahrleistungen. Zahnstangenlenkung mit hydr. Servo, Doppelquerlenker vorne, Mehrlenkerachse hinten, Scheibenbremsen rundum (a.W. Keramik). Kraf tüber tragung mittels Achtstufen-Automat auf alle vier Räder Motor

Vorne längs angeordneter W12-Zylinder aus Aluminium, 2x2 oben liegende Nockenwellen (Kettenantrieb), zwei Turbolader, zwei Ladeluftkühler, Saugrohreinspritzung

Hubraum in cm3 Bohrung x Hub in mm Verdichtung Leistung in PS (kW) @ U/min Max. Drehmoment in Nm @ U/min Kraftübertragung

5998 84,0 x 90,2 9,0:1 625 (460) @ 6000 800 Nm @ 2000 A6 mit Schaltwippen

Abmessungen (L/B/H) in cm Radstand in cm Spur vorne/hinten in cm Reifen und Räder Tankinhalt in L Kofferraumvolumen in L Leergewicht in kg Zulässiges Gesamtgewicht in kg Leistungsgewicht in kg/PS

481 /194 /139 275 166,5/165,5 275/35 ZR 21 auf 9,5 J

0 – 100 km/h in Sek. Höchstgeschwindigkeit in km/h Durchschnittsverbrauch* in L/100 km CO2-Emission in g/km Energieeffizienzkategorie Preis ab CHF

4,2 330 14,5 338 G 289 620.–

* gemessen nach NEFZ: Neuer Europäischer Fahrzyklus

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90 360 2320 2750 3,7

speziell von Pirelli für den GT Speed entwickelt und garantieren eine Höchstgeschwindigkeit von 350 km/h. Zu guter Letzt hat Bentley die Geräuschdämpfung der höheren Spitzengeschwindigkeit angepasst, auch wenn diese Massnahme für viele Kunden nur ein Stammtischwert bleiben mag. Der GT Speed kommt mit verstärkter Doppelverglasung, modifizierten Türdichtungen und wirksameren Türinnenverkleidungen. Ebenso beeindruckend wie die Fahrleistungen sind die riesigen Achtkolbenbremsen. Deren Scheiben bestehen wahlweise aus Stahl oder Karbon und weisen satte 420 mm Durchmesser auf. Der Bremsweg wird dadurch zwar nicht kürzer, aber die Lebensdauer der Karbonscheiben ist höher. Bei Vollbremsungen aus Höchstgeschwindigkeit, was bei Entwicklungstests zehnmal in kurzer Folge praktiziert wurde, werden gigantische Energien vernichtet respektive in Wärme umgewandelt. Allein eine Vollbremsung aus 330 km/h erzeugt so viel Hitze, dass man damit ein mittleres Einfamilienhaus während sechs Stunden heizen könnte! Schnell geradeaus fahren ist das eine. Der GT Speed kann aber mehr. Auch in kurvenreichem Geläuf ist der Allradler ein wahrer Sportler und offenbart dort sein zweites Gesicht. In engen Kehren und erst recht bei Nässe lässt sich das enorme Gewicht des Continental GT Speed allerdings nicht wegzaubern; andere sind hier wesentlich wendiger. Das sportive Feeling ist dennoch einzigartig, ebenso der Klang: Eine neue Auspuffanlage mit integrierter Klappe macht es möglich; besonders im Getriebeprogramm S – das ist neu und der von Frech angesprochene Trick – kommt die akustische Darbietung bestens zur Geltung. Dann nämlich ist der Bypass schon ab Leerlaufdrehzahl geöffnet; er intoniert zum kraftvollen Grundsound und dem satten, keinen


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fahrtermin

Widerspruch duldenden Klang beim Hochbeschleunigen die elektronisch erzeugten Zwischengasstösse beim Runterschalten zum musikalischen Happening. Der ZF-Achtstufenwandler lässt sich gerne auch über Schaltwippen verwalten, ist optimal abgestuft und ermöglicht schnelle Gangwechsel. 0 bis 100 km/h sind für den GT Speed nach 4,2 Sekunden abgehakt. Nach neun Sek. ist er bereits 160 Sachen schnell und auch danach geht es fulminant vorwärts. Stets wird man entschlossen in feinstes Leder gepresst. Nur die klobigen und zu weit vom Lenkrad platzierten Paddel sind eines Bentley nicht würdig. Da gibt es für weniger Geld deutlich Besseres.

Interieur weist die besonders hochwertige Mulliner-Ausstattung mit geschmeidigem, rautenförmig gestepptem und perforiertem Leder auf; helles Aluminium oder klassischer Zapfenschliff runden die opulente Darbietung ab. Exklusiv für die GT-Speed-Modelle gibt es optional dunkel getöntes Aluminium und Karbon-Applikationen. Dazu kommen gelochte Sportpedale aus Leichtmetall und ein modernes Infotainment-System inklusive Navigation und 30-GB-Festplatte. Das Bentley-üblich riesige Auswahlmenu an Farben und Individualisierungsmöglichkeiten rundet die Darbietung ab. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich irgendwo mal zwei identische GT Speed begegnen, tendiert damit gegen null. Alles andere wäre schliesslich shocking.

Die Kraftquelle selbst ist ohne Tadel. Die Leistung des einst von VW stammenden W12-Zylinders mit Doppelturboaufladung wurde von 575 PS auf 625 PS gesteigert, das Drehmoment gar von 700 auf 800 Nm zwischen 2000 und 5000 Touren angehoben. Auch an die Effizienz wurde gedacht: Ein neues Motormanagement und der bedarfsgerecht gesteuerte Alternator reduzieren den Benzinverbrauch um zwölf Prozent auf 14,5 L/100 km, was angesichts von Masse und Power als sehr respektabler Wert gelten darf. Zu den optischen Unterschieden gegenüber einem «Standard»GT gehören exklusive 21-Zoll-Räder mit zehn Speichen, das dunkel getönte Matrix-Kühlergitter, ein Frontsplitter sowie Heckdiffusor und speziell geriffelte Auspuffendrohre. Das handgearbeitete 052 VECTURA #5

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Brief aus Dover

Lieber Freund,

D

Dezember 2012

u hast mich neulich nach klassischen Bentleys und deren aktueller Marktsituation gefragt. Ich möchte Dir heute antworten – und vorausschicken, dass allein der Markenname mein Herz höher schlagen lässt. Der Gedanke daran, in einem 4½ Litre W.O. zu sitzen, mit weissen Knöcheln das Lenkrad zu packen, den Fahrtwind um die Ohren zu spüren und das dumpfe Dröhnen aus diesem riesigen Auspuff zu vernehmen. Man braucht seine ganze Kraft, um die Bestie zu bändigen, aber wenn es gelingt, ist es eine der befriedigendsten Erfahrungen, die das Leben zu bieten hat.

seinerzeit das weltweit schnellste Serienautomobil gewesen ist. Längst ein begehrtes Sammlerstück, werden Preise um die 750 000 Franken aufgerufen und auch bezahlt. Glücklicherweise gibt es erschwinglichere Bentley-Modelle; mein persönlicher Favorit ist hier der Mark VI. In den letzten Jahrzehnten habe ich mindestens 50 Exemplare besessen. Sie alle haben für exzellente Fahrerlebnisse gesorgt und zeichneten sich durch eine fast schon unglaubliche Zuverlässigkeit aus. Für die Standardversion aus Stahl müssen 30 000 Franken kalkuliert werden, während ein schönes Exemplar um die 50 000 Franken kosten darf.

Natürlich erinnern wir uns gerne an die glorreichen Tage der Bentley Boys, die damals über die Mulsanne-Gerade donnerten, einen Kompressor-Mercedes verfolgten und Le Mans schliesslich auch gewinnen sollten. Solche Geschichten haben die Legende und Reputation von Bentley Motor Cars bis heute geprägt. Seitdem hat es einige bemerkenswerte Autos gegeben. Die wertvollsten sind natürlich die W.O.s selbst. Ein vergammelter 1920er 3 Litre bringt immer noch seine 150 000 Franken, während der Birkin Single Seater kürzlich für knapp 7,5 Millionen Franken verkauft worden ist.

In den 60er- und 70er-Jahren fiel Bentley bei der Klientel in Ungnade, weil man zu dieser Zeit nur noch Bentley-Kühlergrills auf RR-Modelle geschraubt hatte. Infolgedessen wurden (im Vergleich zu Rolls-Royce) wesentlich weniger Autos hergestellt. Erst in den späten 80er-Jahren fand man mit Modellen wie dem Mulsanne Turbo oder Eight zu alter Grösse zurück. Das Kaufinteresse war auf einmal wieder so stark, dass Mitte der 90er wieder eigenständigere Modelle wie der Continental R auf den Markt kamen, die mit ihren Rolls-Royce-Schwestern gar nichts mehr zu tun hatten. 2002 kam die auch räumliche Trennung beider Häuser und 2003 der Continental GT, mit dem Bentley vollends auf die Überholspur fuhr. Weil diese Baureihe in verhältnismässig grossen Stückzahlen produziert wird, hat die Marke an Wahrnehmung gewonnen, was sich auch in den Klassikerpreisen niederschlägt: Wenn wir von den älteren Rolls-Royce-Bentley-Geschwistern sprechen, ist der Bentley 20 Prozent teurer.

Wall-Street-Crash und Depression hatten Bentley damals hart getroffen und 1931 wurde das Haus an Konkurrent RollsRoyce verkauft. Damit begann für Bentley eine neue Ära und die brutalen Monster der 20er-Jahre waren Geschichte. Die neuen Modelle aus Derby machten sich als «die stillen Sportwagen» einen Namen. Sie kamen schlanker sowie viel kultivierter daher und wurden von seidenweich laufenden Motoren angetrieben. Was den heutigen Marktwert angeht, werden 1930er 3½-Litre-Saloon-Modelle in durchschnittlich gutem Zustand für rund 80 000 Franken gehandelt; ein sehr guter 4½ Litre Vanden Plas Tourer liegt bei rund 270 000 Franken. W.O. Bentley hat einst gesagt, dass die 30er-Jahre zu den glücklichsten seines Lebens gehört haben – als Testfahrer in RollsRoyce-Diensten. Mit den 3½- und 4½-Modellen unternahm er damals mehrere grosse Fahrten quer durch Europa.

Der günstigste Einstieg in die Bentley-Welt ist derzeit ein Mulsanne aus den 80ern. Dieser Typ kostet aktuell zwischen 7500 und 22 000 Franken, doch Obacht: Es sollten wirklich nur gute Exemplare erworben werden, sonst droht die Gefahr horrender Reparaturkosten. Ich beobachte den Markt jetzt schon seit Jahrzehnten und kann grundsätzlich sagen, dass klassische Bentleys konstant an Wert gewonnen haben. Manche Fahrzeugtypen haben sich sogar überdurchschnittlich gut entwickelt. Einen alten Bentley zu besitzen, ist also

Bei den Bentley-Herrlichkeiten der Nachkriegszeit will zuerst das 1954er R Type Continental Fastback erwähnt werden, welches

nicht nur etwas Wunderbares, sondern auch eine hervorragende Investition.

Mit besten Grüssen, Terence

Terence Morely (53) ist seit fast 30 Jahren Oldtimerhändler aus Passion. Er unterhält zuhause in Wingham bei Dover eine kleine, erlesene Sammlung ausgefallener Automobile, die käuflich sind und sich überwiegend bester Gesundheit erfreuen – rollende Baustellen sind Terences Sache in der Regel nicht. Gäste heisst er nach Absprache herzlich willkommen und dann wird Tee gereicht. Besonderen Spass macht es Morely, im Kundenauftrag nach ganz bestimmten Modellen zu suchen – und diese dann auch zu finden. www.tm-classiccars.co.uk

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Swis s Highland Single Malt Whisky

«Century»

Der Jahrhundert-Whisky aus dem Berner Oberland

ADOLF GUYER-ZELLER 1839–1899

Die Jungfraubahn feiert in diesem Jahr ihr «Centenary». Passend zu diesem denkwürdigen Ereignis kreierten wir den «Century». Ein Whisky voller Pioniergeist, Geschichte, Handwerk, Dramatik und Genuss. Die VERSIEGELTE HOLZVERPACKUNG aus ehemaligen Whiskyfässern, edle Lederapplikation und noble Nägel sowie der von Hand gefertigte RETRO-LEDERBEUTEL aus hochwertigem, rustikalem Büffelleder mit einem Originalstein aus der EIGERNORDWAND bilden das exklusive Umfeld zu diesem einmaligen Whisky.

DER CENTURY DARF IN KEINER WHISKYSAMMLUNG FEHLEN. Slàinte mhath!

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Die Kraft und die Herrlichkeit Text Matthias Pfannmüller/hm/Herbert Völker · Fotos Ian G.C. White/map

ÜBER 2000 GP-SIEGE MACHEN DEN 1924 VORGESTELLTEN BUGATTI 35 ZUM ERFOLGREICHSTEN RENNSPORTWAGEN ALLER ZEITEN. BETRACHTUNGEN ZUR ENTSTEHUNG DIESES EPOCHALEN AUTOS – WÄHREND WIR MIT EINEM EXEMPLAR VERABREDET SIND, DAS SEIT 1927 IN DER SCHWEIZ IST

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vintage

R

ückblickend bietet das Jahr 1922 nur wenig Erwähnenswertes. Erstmals wird ein Diabetes-Patient mit Insulin behandelt, ein Brite entdeckt das Grab von Tutanchamun. Chicago-Jazz bestimmt den Musikgeschmack jener Tage, der Foxtrott erobert die Welt. Auch politisch ist es ein bewegtes Jahr: In Russland regiert Lenin und macht Josef Stalin zum Generalsekretär der KPdSU, in Italien marschiert Benito Mussolini mit seinen Schwarzhemden nach Rom, in Irland beginnt der Bürgerkrieg. In Molsheim dagegen ist es ruhig, wenn man von gelegentlich aufheulenden Motoren absieht: Die Sportwagenmanufaktur Bugatti hatte sich 1909 hier angesiedelt; seit 1918 gehört das Elsass einmal mehr zu Frankreich. Die mit Abstand meistverkauften Bugatti-Modelle sind der 1910 vorgestellte Typ 13 und dessen Evolutionsstufen «Brescia», die Anfang der 20er-Jahre bei Rennveranstaltungen immer noch sehr erfolgreich sind. Firmenchef Ettore Bugatti hat seit jeher den Motorsport im Sinn, um den Verkauf der Strassenmodelle zu promoten, und ist folglich entschlossen, einen Brescia-Nachfolger zu lancieren. Über einen Achtzylinder hat Ettore beinahe zehn Jahre lang gegrübelt und experimentiert; 1920 kam das Triebwerk als Dreiliter im nur einmal gebauten Typ 28. Weil das Grand-Prix-Reglement 1922 eine Hubraumbeschränkung auf zwei Liter vorsieht, existiert inzwischen eine neue Version mit genau dieser Kapazität, die zur Erprobung in ein verlängertes Chassis eingebaut wird. Letzteres stammt wie die Radaufhängungen und der Kühler vom Brescia. Ettore kombiniert seinen Baukasten stets aufs Neue; dazu ist er Perfektionist und verwendet nur die besten Teile, die es gibt. Wichtige Komponenten wie Triebwerk, Getriebe, Bremsen oder Achsen werden ohnehin im Werk gefertigt; nur bei den schon erwähnten Vergasern, der Zündung oder den ebenfalls bei Bugatti entworfenen Fahrgestellen greift der Patron auf Lieferanten zurück. 058 VECTURA #5

Das neue Triebwerk liefert 70 PS und verspricht Überlegenheit, zumal Bugatti immer an das Leistungsgewicht denkt und seine Rennwagen traditionell für die «Voiturette»-Formel konzipiert. Die Konkurrenz fährt dagegen mit vergleichsweise schwerem Gerät herum. Die Technik jener Tage entwickelt sich rasant; parallel entstehen neue Rundstrecken mit Steilkurven. Dieses Layout ist zu jener Zeit en vogue, weil man vor den geneigten Kehren weder bremsen noch einlenken muss, womit sich die Rundenzeiten verringern und technische Defizite der damals noch recht primitiven Fahrwerke ausgeglichen werden. Für Rennsport-orientierte Nationen sind diese auch architektonisch anspruchsvollen Arenen ein Prestigeobjekt: 1923 wird vor den Toren von Paris das Autodrome de Linas-Montlhéry entstehen; Vorbilder sind der bereits 1907 in Betrieb genommene britische Rundkurs Brooklands, das 1911 renovierte «Brickyard»-Oval nahe der US-amerikanischen Stadt Indianapolis, die Avus in Berlin oder die just eröffnete Strecke von Monza nahe Mailand. Ein neues Achtzylinder-Auto, der Zigarren-förmige Typ 29, kommt 1922 in Strasbourg und wenig später auch in Indianapolis zum Einsatz, offenbart bei höheren Drehzahlen aber Probleme mit der Schmierung. Aus diesem Grund entwickelt Bugatti einen Motor mit rollengelagerter Kurbelwelle und es entsteht parallel zum unkonventionellen Typ 32 «Tank» Jahrgang 1923 ein nochmals filigranerer, lediglich 700 Kilo schwerer Rennwagen – der 90 PS starke Typ 35. Gleich fünf Exemplare kommen in Lyon anlässlich des Grossen Preises von Frankreich im August 1924 zum Ersteinsatz. Diesmal halten die Motoren, doch Probleme mit den Reifen vereiteln den Sieg. Es ist aber klar: Die Baureihe ist der ganz grosse Wurf – leichter, stärker und schneller als alles andere jener Tage. Mit den verschiedenen Varianten dieses Autos wird Bugatti den Motorsport der kommenden Jahre dominieren und über 2000 Siege herausfahren: Es ist die «blaue Phase» vor der Silberpfeil-Ära.


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Erste Erfolge feiert der T35 ab 1925, beispielsweise bei der Targa Florio, wo er fünfmal in Folge gewinnen wird. Für den Grand Prix de l’Ouverture in Montlhéry im Mai 1925 hat sich Ettore, der seine Modelle auch zu inszenieren versteht, etwas ganz Spezielles einfallen lassen – einen Monoposto mit 1,5 L Hubraum für das neue Grand-Prix-Reglement 1926/27. Dieser Typ 36 basiert auf dem 35er und weist neben dem schmaleren Rahmen und Aufbau eine kerzengerade vordere Starrachse sowie ein Getriebe auf, das sich an der ungefederten Hinterachse befindet. Diese Anordnung soll der Balance dienen, erweist sich aber als nicht praktikabel: Bei Probefahrten im Oval von Montlhéry springt der Wagen über jede Bodenplattenfuge und ist nicht zu halten. Aus diesem Grund zieht Bugatti ein Paar eingesetzte 36er noch vor dem Rennen zurück und bestreitet den GP mit zwei Typ 22 «Brescia». In der folgenden Winterpause 1925/26 werden die T36 überarbeitet. Das Transaxle-Getriebe weicht einer normalen Typ-35Schaltbox, die Hinterachse erhält kleine Blattfedern. Dazu spendiert Ettore den beiden Monoposto einen Kompressor, was sie zu den ersten zwangsbeatmeten Bugatti-Rennwagen macht. Ende Mai gehen sie beim Grossen Preis vom Elsass in der CyclecarKlasse bis 1100 Kubikzentimeter neben einem Bugatti 35 an den Start, der eine «Offset»-Karosserie mit verkleidetem Beifahrersitz aufweist. Gesteuert wird dieses Auto von André Dubonnet und er gewinnt vor Aymo Maggi und Pietro de Vizcaya, welche die beiden 36er pilotierten und mit ihnen die Plätze 2 und 3 herausfahren. Es darf fairerweise gesagt werden, dass die Konkurrenz lediglich aus zwei schwächer motorisierten Sima-Violet besteht, die zudem ausfallen… Abgeleitet vom Dubonnet-Auto entsteht in der Folge der etwas schwächere GP-Typ 39/39A mit 1500er-Motor, welcher 1926 und ’27 sehr erfolgreich sein und als erster Bugatti die Marken-Weltmeisterschaft gewinnen wird. Entsprechend der kommenden GP-Formel ab 1928 entstehen die Typen 35 C (128-PS-ZweiliterKompressor), 35B (2,3-L-Kompressor mit 138 PS) oder der Typ 51/51A (2,3-L-Kompressor mit zwei oben liegenden Nockenwellen und 160/130 PS). Zwischen 1924 und ’34 werden insgesamt rund 600 dieser bis zu 230 km/h schnellen GP-Boliden gebaut; etwa ein Drittel hat überlebt – das parallel entstandene VoituretteModell 37/37A (Vierzylinder mit 60/90 PS) ist hier mitgerechnet. Die 36er-Monoposto dagegen haben sich nicht bewährt und werden verkauft: Ein Exemplar geht an den britischen Rekordfahrer Malcolm Campbell, der es in Brooklands einsetzt. Danach verliert sich die Spur dieses Wagens; er gilt heute als verschollen. Der zweite Monoposto ist das Auto auf diesen Seiten, doch es sieht inzwischen ganz anders aus – hier ist seine Geschichte. 1927 gelangt der T36 in die Schweiz und wird sie nicht mehr verlassen. Zunächst gehört er dem damaligen Bugatti-Vertreter und Rennfahrer Josef Karrer, welcher ihn auf Rundstrecken oder Kilometerrennen einsetzt und auch anderen Piloten zur Verfügung stellt. 1936 geht der T36 – er hat inzwischen einen neuen Besitzer und eine andere Motorhaube – nach 1935 ein zweites Mal in Bremgarten an den Start und gewinnt die 1500er-Klasse. 1938 wechselt das Auto erneut den Eigner und wird umgebaut: Der 36er-Rahmen und die gesamte Mechanik bleiben erhalten, doch sie stecken nun unter einer zweisitzen Karosserie Marke Ei-

genbau, wie es damals gang und gäbe ist. 1939 tritt der nunmehr vierte Besitzer Otto Diebold von Nussbaumen erneut in Bern an und kommt auf Rang 2. Während des Krieges ruht der Bugatti und Diebold stellt ihn bei seinem Schwiegervater unter. 1945/46 braucht dieser aber den Platz und nachdem Diebold weder einen Käufer finden noch Räder und Achsen einem Bauern verkaufen kann, um daraus einen Heuwagen zu machen, bringt er den Wagen schweren Herzens zum Abbruch. Der Autoverwerter ist klug genug, den Renn-Bugatti nicht zu zerstören. Stattdessen kontaktiert er den Garagisten Alfred Schneider, welcher früher selbst Rennen fuhr und anschliessend BugattiMechaniker gewesen ist. Schneider kauft den T36 und baut ihn um – wohl wissend, dass das T35-Chassis dem des Monoposto weit überlegen war. Weil er noch über einen 35A mit defektem Motor verfügt, implantiert er Motor, Getriebe und Kühler des 36ers kurzerhand in dessen Leiterrahmen und setzt eine neue Monoposto-Karosse darüber. Das schmale 36er-Chassis wirft er weg… So entsteht ein Hybride, den man fortan korrekterweise als Typ 36/35A bezeichnen muss. Der wechselt im Anschluss mehrmals den Halter und wird 1947 und ’48 bei Schweizer Rundund Bergrennen eingesetzt. Im Juni 1947 kommt das inzwischen über 22 Jahre alte Fahrzeug in der Rennwagen-Klasse beim Grossen Preis von Bremgarten noch als Zweiter ins Ziel. Gut zwei Jahre später folgt Besitzer Nummer 9 – es ist Heini Walter, der spätere Europa-Bergmeister auf Porsche. Walter ist Bugatti-erfahren; er entfernt den Monoposto-Aufbau und ersetzt ihn mit der zweisitzigen Verkleidung eines 35A, um in der Sportwagen-Klasse starten zu können, doch dazu kommt es nicht mehr – Walter steigt vorher auf BMW um. Der Bugatti wird also wieder veräussert und startet 1955 in Mitholz-Kandersteg – es ist sein letzter Einsatz bei einer «modernen» Veranstaltung. Drei Besitzer später – wir schreiben inzwischen das Jahr 1960 – steht der 36/35 erneut zum Verkauf und gelangt schliesslich in die Hände des Mannes, der ihn heute noch besitzt und ungenannt bleiben möchte. 6000 Franken hat er für das Auto bezahlt, was damals eine Menge Geld ist. Er nannte bereits einen Typ 44 sein Eigen, «doch nachdem ich das Bugatti-Buch von Barry Eaglesfield und C.W.P. Hampton gelesen hatte, wusste ich, dass man einen Bugatti-Rennwagen haben sollte». Damit beweist der damals erst 23-Jährige Weitsicht und hat vor, das Auto alltagstauglich zu machen, was sich schnell als sehr kostspielig herausstellt. Trotzdem behält er den 36/35 und lagert ihn während der kommenden Jahre in diversen Schuppen ein. Als es darum geht, den Renner fahrbereit zu machen, spielt der erklärte Bugattista mit dem Gedanken, ein 36er-Fahrgestell anhand originaler Werkszeichnungen, die sich inzwischen in seinem Besitz befinden, nachzubauen. «Da es aber ein Replika-Chassis geworden wäre, habe ich mich letztendlich entschieden, das Auto so zu belassen, wie es nach dem Umbau durch Alfred Schneider seit 1945 war, da dies zur fortlaufenden Geschichte des Autos gehört.» Zwischen 2005 und ’08 wird die Rarität bei Gentry in England fachgerecht aufbereitet. Ersetzt werden nur die üblichen Verschleissteile, um den 115 PS starken Bugatti weiterhin bewegen Winter 2012/13 061


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zu können. Dazu gibt es eine extravagante wie stilsichere Änderung: Der Beifahrersitz wird mit einem handgedengelten Alublech geschlossen – entsprechend jenem eleganten Dubonnet-Bugatti, welcher 1926 mit beiden 36er-Monoposto beim Grand Prix d’Alsace antrat. Damit schliesst sich ein Kreis in der bewegten Geschichte dieses Typ 36/35A.

Noch mit Transaxle-Getriebe und ohne Hinterradfederung: Der T36 bei Testfahrten in Montlhéry im Mai 1925

Kilometerrennen Altstetten-Schlieren, Juni 1927: Das Auto verfügt nun über Hinterradfederung und normales GP-Getriebe

«Ich fahre ihn am liebsten mit dieser Verkleidung, also allein. Zu zweit ist es ein wenig mühsam», sagt sein Besitzer, nickt uns freundlich zu – und braust von dannen. Was es heisst, in einem Bugatti 35 mitzufahren, hat unser österreichischer Kollege Herbert Völker einmal so trefflich beschrieben, dass wir ihn hier zitieren wollen: Der Oberkörper des Beifahrers (also mein Oberkörper) war leicht nach links versetzt, dem Grundriss des Autos etwas überhängend. Die linke Hand klammerte sich an die Reservereifen, die aussen vorn festgeschnallt waren. Diese Position diente der Rettung meines Arms, denn wenn du ihn unachtsam bewegst, radierst du am Hinterrad und ruinierst dir den Ellbogen. Das rechte Bein hatte ergonomisch die besten Bedingungen: Die Sohle liess sich abstellen, der Schenkel anlehnen. Allerdings war da so viel Hitze, wie ein Bugatti-Achtzylinder einem Getriebe geben kann. Das Anlehnen funktionierte also nur bis zu 20 Sekunden, danach war es angenehmer, an den Krampf zu denken, der bald kommen würde. Angezogenes Bein (also spitzes rechtes Knie) war theoretisch möglich, aber nur sekundenlang bei brettebener Strasse, die Kniescheibe lag genau an jenem kräftigen Gussteil, den wir heute als Lichtschalter bezeichnen würden. Schlechter ging es dem linken Bein. Es stand schief, durfte sich aber nicht an die Wand pressen lassen, denn da hätte es den filigranen Benzinhahn abgedreht, sich ausserdem an den Ölleitungen erhitzt. Das Bein anzuwinkeln und das Knie links hochzustellen, dem stand der Benzinpumpengriff entgegen; Anwinkeln und Geradestellen führte die Kniescheibe an den messerscharfen Unterabschluss des Armaturenbrett-Metalls. Der Fuss, übrigens, war leicht im Knöchel verdreht, steckte aber solide im Kasten, war bald taub und somit okay. Hemingway hat gesagt: Die Dinge gewinnen erst durch Mühsal ihre Wahrheit.

Mehr zum Thema September 1947, Bergrennen Dornach-Gempen: immer noch ein Einsitzer, aber mit neuer Karosserie von Alfred Schneider

Zwischenlagerung in einer Scheune bei Lausanne: Der Bugatti 1961 und kurz nach dem Kauf durch seinen heutigen Besitzer

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Stilistisches Vorbild: André Dubonnet gewinnt mit seinem «Offset»Monoposto im Mai 1926 den Grand Prix d’Alsace in Strasbourg


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Automobilgeschichte in Bewegung: Auch nach bald 90 Jahren hat die Feingliedrigkeit eines Bugatti 35 nichts von ihrer Eleganz verloren

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vintage

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abgefahren

Komm auf die dunkle Seite der Macht

Automobiler Overkill oder Grenzerfahrung der Extraklasse? Im Grunde genommen beides

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or dem «Millennium Falcon» liegt schwarzer Sternenhimmel. Dann schaltet Han Solo auf anderthalbfache Lichtgeschwindigkeit – und aus den hellen Punkten werden Streifen. Etwas ganz Ähnliches geschieht, wenn man im Bugatti Veyron das Gaspedal bis zum Bodenblech tritt. Mit maximal 1200 PS und 1500 Nm aus 16 Zylindern und vier Turboladern im Rücken zoomt die Welt im Zeitraffer vorbei, verschwimmen die Konturen. Kein zulassungsfähiges Strassenauto zuvor hat kraft seiner Technik solche Reserven freigesetzt. Und seinem Fahrer damit Geschwindigkeitsdimensionen ermöglicht, die derart jenseits von Gut und Böse liegen: null auf 100 in 2,6 Sekunden, 200 Sachen in 7,1 und 300 in 16, Topspeed 410. Woosh. Was sich wie automobiler Overkill liest, ist eine allradgetriebene Grenzerfahrung der Extraklasse. Die hat ihren Preis: Der aktuelle Bugatti Veyron 16.4 Grand Sport Vitesse kostet 1,9 Millionen Euro plus Steuern; maximal 150 Exemplare dieser Hyperraumroadster mit Siebenstufen-Doppelkupplungsgetriebe werden gebaut. Ihre Eckdaten und individuellen Werksausstattungen – jeder Vitesse ist ein Unikat, keiner gleicht dem anderen – machen die neueste Veyron-Sonderserie fast zwangsläufig zum Sammlerstück von morgen. Konstruktiv ist sie eine der faszinierendsten VollgasAmazonen der Gegenwart. Die geeigneten 20-Zoll-Reifen für solche Extremtouren werden natürlich speziell angefertigt; ein Satz kostet über 50 000 Franken. Sie dürfen den Unterkiefer jetzt wieder hochklappen. map

068 VECTURA #5


Winter Wellness Escape Entspannt in den Winter – Special für VECTURA-LESER Ab 599 CHF pro Person im Doppelzimmer, buchbar von Sonntag bis Donnerstag Inklusive: - 2 Übernachtungen im Classic Doppelzimmer - Welcome Drink an der Kings & Queens Bar - Freier Eintritt in den Alpine Spa - Gutschein für die Privat Spa Suite inklusive Champagner - eine Tageskarte Berg Bahnen für Grindelwald-Wengen - Regina Geniesser-Package mit Vier-Gang-Menü am Abend und Regina Tea Time am Nachmittag - Auf Wunsch ein Abend mit Käsefondue-Plausch - Reichhaltiges Frühstücksbuffet Damit Sie in den Genuss dieses Angebots kommen, müssen Sie Vectura bei der Buchung erwähnen. Der oben publizierte Preis ist gültig buchbar in der Winter Nebensaison und nach Verfügbarkeit. Aufpreis am Wochenende Hochsaison 20 CHF pro Person und Nacht / ZF. Zusatznacht auf Anfrage und nach Verfügbarkeit 150 CHF pro Person und Nacht. Bei Verzicht auf gewisse Arrangementleistungen erfolgt keine Rückerstattung, und es wird keine Alternativleistung gewährt. Packages sind nicht kumuliert buchbar.

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Glückliche

Heimkehr Text Simon Baumann · Fotos Ian G.C. White/map

Die meisten Bugatti-Strassenmodelle sind Unikate. Der hier gezeigte Typ 49 unterstreicht das – und fand nach 55 Jahren zu seinen Ursprüngen zurück

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schulterblick

A

uf den Flanken der langen Motorhaube steht «Gebr. Beutler & Co Carrosserie Thun». Die kleine Plakette sorgt in Fachkreisen für Entzücken, denn Beutler zählte einst zu den mehrbesseren Blechvirtuosen der Schweiz. 1943 von den Brüdern Ernst und Fritz gegründet, eiferte man dem Vorbild der Carrosserie Graber nach, die schon seit 1927 und auch im Kanton Bern existierte. Die Beutlers kleideten nun ebenfalls einzelne Fahrgestelle oder auch Kleinserien mit zeitlos eleganten Aufbauten ein. Deren handwerkliche Qualität war über jeden Zweifel erhaben, doch mit dem Aufkommen selbsttragender Automobile ging die Ära der Blechkünstler in den 60ern unausweichlich ihrem Ende entgegen: Trotz zunehmender Verlagerung auf Reparaturen und Lackierungen ging es auch bei Beutler bergab – immerhin sollte man bis Herbst 1987 durchhalten. Die Summe aller dieser Tatsachen macht die Autos aus Thun um ein Vielfaches teurer als identische Baureihen mit Serienkarosse. Der hier gezeigte Bugatti 49 Jahrgang 1931 ist da keine Ausnahme. Das stattliche Fahrzeug mit 3,2-L-Achtzylinder-Reihenmotor, Doppelzündung und 24 Ventilen (insgesamt entstanden 470 Exemplare dieses Typs) wurde einst vom Werk an Baron von Bonstetten in Gwatt bei Thun ausgeliefert. Der erfreute sich nur zwei Jahre an dem Wagen, bevor er ihn weiterveräusserte. Auch der zweite Eigner, ein Geschäftsmann und hochrangiger Militär, lebte in Thun, und so blieb der Bugatti die folgenden zwölf Jahre vor Ort. Nach 1945 waren neue Autos knapp, auch in der Schweiz. Vorkriegsmodelle wurden entsprechend länger genutzt und auf Vordermann gebracht. Als beliebte Methode galt seinerzeit das neue «Einkleiden», und weil es sich beim Typ 49 nicht um irgendein Auto handelte, kam es schliesslich zu den Gebrüdern Beutler, die damals frisch im Geschäft und einfach auch in der Nähe waren. Bei «BE 38020», so das Kennzeichen des Fahrzeugs, soll es sich um ihren 14. Auftrag gehandelt haben, und sie taten alles, um den offenbar anspruchsvollen Kunden zufriedenzustellen: Die Original-Karosserie, bei der es sich bereits um ein Cabriolet gehandelt haben soll, wich einem gestreckt-schicken Körper aus Aluminium. Halb integrierte Kotflügel und glatte Flächen an Flanken oder dem Heck bezogen sich auf die damals hochmoderne Pontonform, während Beutler die Scintilla-Hauptscheinwerfer in bester 40er-Jahre-Manier frei stehend gestaltete. Es blieb derweil beim typischen Bugatti-Kühler und die Gesamterscheinung des so entstandenen Zwitterwesens ist nicht ohne Reiz: Von hinten betrachtet übt sich das Auto in vornehmer Zurückhaltung, während seine Frontpartie in den Rückspiegeln anderer Verkehrsteilnehmer noch heute mächtig Eindruck schindet. Mit seinen 85 PS und 1470 Kilo Leergewicht ist der Beutler-49 in Bezug auf Beschleunigung und Top Speed heute höchstens Mittelmass, um es mal höflich auszudrücken. In den späten 40ern dagegen sorgten 120 Sachen Spitze noch für gehörigen Respekt, doch wurde der Wagen kaum je so schnell bewegt. Komfort stand im Vordergrund, was auch durch die damalige Nachrüstung eines Cotal-Vorwahlgetriebes mit vier Gängen unterstrichen wird. Fotos jener Tage zeigen das Cabriolet bei Lustfahrten auf Alpenpässen, doch das muss nach 1951 gewesen sein: In jenem Jahr hatte der Bugatti erneut den Besitzer gewechselt – im Tausch gegen einen neuen Chrysler Imperial.

Von edlem Geschlecht: Die Kombination Beutler-Bugatti ist super-rar

Stilmix: Vorkriegstechnik, 50er-Jahre-Cockpit, Cotal-Getriebe

Hier bläst er: 3,2-L-Reihenachtzylinder mit Doppelzündung

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Viel frische Luft, irgendwo in den Schweizer Alpen – herrlich! Wie es sich für einen Bugatti gehört, ist auch dieser 49 rechtsgesteuert

Die Frontpartie schindet mächtig Eindruck. Hinten übt sich der Wagen in vornehmer Zurückhaltung Der dritte Eigner war also Garagist und lebte ebenfalls in Thun, behielt die bereits 20 Lenze zählende Occasion aber nicht lange. Zwei Halter später entstanden dann die erwähnten Passbilder – der Bugatti hatte nach einer durchzechten Nacht erneut den Besitzer gewechselt. Jetzt gehörte er dem Wirt des Gasthofs Krone in Rubigen. Dessen Neffe war Mech in der benachbarten Kronen-Garage und trug Sorge für das Auto. Drei Jahre nach dem Tod des Wirtes verkaufte dessen Witwe den Wagen 1955 an einen orientalischen Diplomaten, der mit ihm schon auf dem Weg nach Zürich in Hindelbank verunfallte, wie sich tags darauf in der Zeitung lesen liess. Im gleichen Jahr verschlug es den lädierten Beutler-Bugatti in die Vereinigten Staaten – zuerst nach Florida und dann nach Michigan, wo er die kommenden Dekaden in verschiedenen Händen verbringen sollte. Von 2006 bis 2009 erfuhr das Fahrzeug eine gründliche Restaurierung und kehrte 2010 wieder nach Europa zurück. Über die Internetplattform von «The Swiss Auctioneers» wurde der Wagen während einer Versteigerung im Mai des gleichen Jahres für 425 000 Franken plus Aufgeld an einen Thuner Bugatti-Liebhaber verkauft, der anonym bleiben möchte. Damit kehrte der 49er-Beutler zu seinen Ursprüngen zurück und kann wieder das Aaretal oder altbekannte Passrouten unter die Räder nehmen. Das geschieht in Begleitung eines Mitarbeiters der Oldtimer Galerie Toffen, wo der Wagen entsprechend gewartet, gepflegt und teilweise garagiert wird. Wie man uns wissen liess, ist ein gelegentlicher Weiterverkauf nicht ausgeschlossen. 072 VECTURA #5

Sustenpass ahoi: lässige Pose in den 50ern – und klick!


schulterblick

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fahrtenbuch

Wieso Oldtimer-Auktionen nur bedingt funktionieren

D

as Versteigern von klassischen Automobilen klappt in Europa nicht überall gleich gut. In Deutschland beispielsweise hat das bis anhin noch nie durchschlagenden Erfolg genossen, ganz im Gegensatz zu England: Dort hat man sich bereits über Jahrzehnte an Auktionen gewöhnt und so konnten sie sich als erfolgreiche Verkaufsplattform etablieren. Doch genau diese Diskrepanz reizt uns. Denn warum sollte – wenn wir zu meinen wissen, was anders gemacht werden muss – in Deutschland nicht das gelingen, was wir in der Schweiz seit 1991 recht erfolgreich praktizieren? Viele deutsche Besucher in der Oldtimer Galerie Toffen beweisen, das bei unseren nördlichen Nachbarn ein Interesse für diese Form des Autohandels vorhanden ist. Und deshalb werden wir 2013 auch in Deutschland aktiv. Den Beschaffungsmarkt finden wir in erster Linie dort, aber auch in Österreich, Frankreich und Italien. Ob Engländer vermehrt Fahrzeuge auf den Kontinent einliefern werden, wird sich weisen. Immer wieder spannend ist nicht nur die Herkunft, sondern auch die Bandbreite des Angebots: Vom Brezel-Käfer bis zum VorkriegsKompressor-Mercedes war schon alles dabei. Das günstigste Lot ist 2009 bei der Autofriedhofversteigerung in Kaufdorf ein verrotteter Riley aus den frühen 50ern für fünfzig Franken gewesen, das teuerste ein Mercedes 300 SL Coupé Jahrgang 1955 für 500 000 Franken – wenn mich meine Erinnerung nicht trügt: Bei den geschätzt 3500 bis 4000 bisher von uns versteigerten Fahrzeugen weiss ich es nicht mehr so genau. Zu den entscheidenden Vorteilen einer Auktion gegenüber Inseraten zählt, dass Interessenten die Fahrzeuge ihrer Präferenz live vor Ort begutachten und Einsicht in die Wagengeschichte erhalten können. Erfahrene Käufer nutzen zudem die Vorbesichtigungstage, die bei uns schon eine Woche vor der Auktion starten. Und es Bietern erlauben, ihr Gebot schriftlich einzureichen, sollten sie am Auktionstermin unabkömmlich sein. Neben dem «Fast-live-Kick» im Internet bieten wir zudem die Möglichkeit des telefonischen Mitbietens und rufen rechtzeitig an. Anmeldungen können bequem über unsere Website getätigt werden. Die knisternde Atmosphäre vor Ort kann das aber nicht ersetzen. Oldtimer-Auktionen sind auch ein Happening unter Gleichgesinnten, die hier ihrer Leidenschaft frönen und sich untereinander austauschen. Weil es sich um ein fachkundiges Publikum handelt, ist immer was los. Ich könnte hier unzählige Anekdoten erzählen – an dieser Stelle vielleicht die, an welche sich Teilnehmer unserer allerersten Auktion im November 1991 möglicherweise noch schwach erinnern mögen: Der Auktionator war gerade im Begriff die Lot-Nummer 1 auszurufen, als ein junger Mann im Publikum ein A4-Blatt in die Höhe streckte und schrie: «Ich kaufe alles, ihr könnt die Auktion abbrechen, ich habe hier eine Bankvollmacht!» Stille im Saal. Dann Geraune – es war Handlung angesagt. Während ich auf die Person zuging, erfasste ich sofort, dass sie nicht in urteilsfähigem Zustand war. Mit Hilfe des Sicherheitspersonals wurde der Störer nach draussen begleitet.

074 VECTURA #5

Die Auktion konnte erneut starten und innerhalb von zwei, drei Lots waren wir auf Kurs. Circa 40 Lots später wurde ein hellgrüner Monteverdi 375 High Speed einem Herrn zugeschlagen, welcher mit weissem Anzug sowie Stetson elegant bekleidet war. Beim nächsten Lot hielt er schon wieder die Hand hoch und wir mussten feststellen, dass sich die «Bankvollmacht» erneut unter die Bieter gemischt hatte. Der Rauswurf wiederholte sich, jedoch wurde nun sichergestellt, dass der Mensch bis zum Ende der Auktion unter Aufsicht blieb. Der Monteverdi wurde also noch einmal aufgerufen und der Vorbieter konnte ihn alsdann zu einem vorteilhafteren Preis ersteigern. Der junge Mann kam in der Folgewoche zu uns ins Büro, entschuldigte sich und bezahlte die Differenz zwischen dem Vor- und seinem Schlussgebot. Seither ist viel geschehen. Ein Monteverdi ist heute nicht mehr so günstig zu haben, aber auch frühere Alltagsautos wie die (lange unterbewertete) Citroën DS sind teurer geworden, bei dem Beispiel sogar überproportional. Diese Dynamik wird weiterhin stattfinden und lässt keine Langeweile aufkommen. Auch ein 1983er Audi 80 Quattro findet inzwischen seine Liebhaber und das ist gut so. Was die Zukunft betrifft, gehe ich davon aus, dass Auktionen mit klassischen Sammlerfahrzeugen auch weiterhin eine bedeutende Plattform auf dem internationalen Oldie-Markt darstellen werden. Grosse Auktionshäuser der «Champions League» werden Rekordergebnisse in beide Richtungen kommunizieren und ich bin mir zudem sicher, dass wir als «The Swiss Auctioneers» weiterhin mit beiden Füssen auf deutschem oder schweizerischem Boden bleiben werden. Ob mich rückblickend etwas reut? Vielleicht der toprestaurierte 1973er Elfer RS 2.7, welchen wir vor wenigen Jahren noch für 125 000 Franken verkauft haben – rückblickend und monetär denkend, hätte man dieses Modell zu einem späteren Zeitpunkt verkaufen oder behalten sollen. Anderseits: Wenn man als Autofan und Auktionator einmal mit so etwas anfängt, kommt man nirgendwo hin.

Reinhard Schmidlin, 57, hat seit jeher ein Faible für alte Autos. 1983 gründete er die Oldtimer Galerie; im April 1984 eröffnete das Auktionshaus in Toffen und hat sich seither über Schweizer Grenzen hinaus einen erstklassigen Ruf erarbeitet. Im Jahr 1991 fanden die ersten Frühjahrs- und Herbst-Auktionen statt, die seither regelmässig abgehalten werden und ein internationales Publikum anlocken. Vor rund zehn Jahren wurde der Kalender um die No-Limit-Auktion ergänzt; 2012 folgte dann erstmals die Auktion am Dolder in Zürich – ein Termin, der wie die seit 2005 stattfindenden Oldtimer-Fahrkurse in Interlaken künftig zum Jahresprogramm gehört. Und die Oldtimer Galerie expandiert, ab sofort und permanent im neuen Stilhaus in Rothrist präsent (www.stilhaus.ch), und richtet Mitte März 2013 erstmals eine Auktion an der Retro Classics in Stuttgart aus. Ende April 2013 gibt es neue «Young- und OldtimerSchnuppertage» in Toffen, bei denen Interessenten alte Autos selbst «erfahren» können. Das ab März 2013 unter neuer Führung stehende Restaurant eignet sich auch für Grossanlässe; der ab März überarbeitete Internet-Auftritt (www.oldtimergalerie.ch) rundet das Angebot ab.


BENTLEY ZÜRICH


MOTORMENSCHEN

Mit der Keilform

in den Auto-Olymp Text Erik Eckermann · Fotos Archiv Eckermann/Werk

Claus Luthe war ein zurückhaltender, bescheidener Mann. Vielleicht ist das auch der Grund, weshalb sein Einfluss als Automobildesigner bis heute nur Insidern bekannt ist. Portrait eines stillen Stars

Klaus Luthe und sein berühmtestes Auto, der NSU Ro 80. Rechts dahinter steht der ebenfalls von ihm gestaltete NSU Prinz der vierten Modellgeneration

076 VECTURA #5


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ällt beim Thema Automobil der Name Luthe, denkt man unwillkürlich an den zwischen 1967 und ’77 gebauten Ro 80. Dabei hat der Mann auch andere Autos verantwortet, doch der Luxus-NSU mit Wankelmotor war seine Meisterleistung. Die ansteigende Gürtellinie der keilförmigen Stufenhecklimousine löste die in Europa tradierte, bisher an italienischen und amerikanischen Stilmerkmalen ausgerichtete Karosserieformsprache ab. Luthe gehört deshalb zu der ausgesuchten Schar von Motormenschen, «deren Schöpfungen Impulswirkung auf den Automobilbau ausübten», wie das «Wankel-Journal» 2002 treffend bemerkte. Freilich hatte Luthe auch viel Glück, denn bei NSU bekam er laut eigener Aussage «freie Hand, ein Auto zu entwerfen, das an keine Tradition gebunden war oder in eine vorhandene Modellpalette eingefügt werden musste» – eine Chance, die sich einem Designer selten bietet und die Luthe ausgiebig zu nutzen verstand: «Um die aerodynamischen Forderungen zu erfüllen, musste ich mich für eine niedrige Frontpartie und ein hohes Heck ent-

scheiden, so hatte ich es auf der Schule gelernt. (…) Die positive Keilform war geboren.» So bescheiden kann man einen grossen Wurf umschreiben. Geboren 1932 in Wuppertal, absolvierte Luthe zwischen 1948 und ’53 eine praktische Ausbildung als Karosserieschlosser/spengler sowie als Technischer Zeichner beim Karosseriehersteller Voll in Würzburg. Während des anschliessenden Studiums an der Fachschule Kaiserslautern erwarb er 1954 zunächst seinen Meisterbrief und danach seinen Abschluss als Karosserie- und Fahrzeugingenieur. Als Karosserieentwickler und Designer arbeitete er von 1955 bis ’56 bei Fiat in Heilbronn, wo damals eine kleine Entwicklungsabteilung für Turin existierte – unter anderem am Topolino-Nachfolger Fiat 500. Im Juli 1956 erhielt Luthe von NSU in Neckarsulm, noch 1955 grösste Motorradfabrik der Welt, den Auftrag, eine Design- und Styling-Abteilung aufzubauen – für Kleinwagen, mit denen sich NSU wegen des abflauenden Zweiradbooms bereits beschäftigte.

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Ein Opfer der Markenfusion: NSU K70, der als VW K70 nur f端nf Jahre alt wurde

078 VECTURA #5


MOTORMENSCHEN

Statt der ursprünglich vorgesehenen Max-Kabine mit drei Rädern entstanden – mit Luthe als Mitarbeiter – die vierrädrigen, bis auf das hinten eingezogene Dach recht fesch geratenen Prinzen I, II, III und 30 (1958–62) sowie der von Bertone entworfene SportPrinz (1959–67), dessen Ableitung Wankel-Spider (1964–67) aus Luthes Feder stammt. Auch der Prinz 4 (1961–73) und die von 1964–71 gebauten Nachfolger 1000 bis TTS mit ihrer ChevroletCorvair-artigen «Wannenlinie» sind Entwürfe von Luthe, der im Juli 1966 – zehn Jahre nach Eintritt bei NSU – zum Chefdesigner aufrückte. Bereits im Mai 1964 hatte der Aufsichtsrat die Aussenform des Ro 80 abgesegnet und zur Konstruktion freigegeben – ein Riesenerfolg für den damals 32-jährigen Luthe. Mit der erwähnten Keilform, minimalistischem Zierrat und aussergewöhnlich niedrigem Luftwiderstandsbeiwert (cW = 0,355 bis 0,38, je nach Windkanal) katapultierte der Ro 80 die kleine Autofirma NSU schlagartig in den illustren Kreis der damaligen Automobilbau-Avantgarde – ein Umstand, der vom Kreiskolbenmotorantrieb nach Felix Wankel zusätzlich unterstrichen wurde. Die von Luthe angelegte Form mit niedriger Frontpartie, hohem Heck und luftiger Dreifenster-Silhouette wurde von der Konkurrenz anfangs belächelt, später fleissig kopiert, bis heute. Der «Meilenstein Ro 80, der die Formensprache der 90er Jahre antizipierte», wie es Paolo Tumminelli in seinem Buch «Car Design» trefflich umschreibt, verhalf der Aerodynamik im Grossserienbau zu ihrem endgültigen Durchbruch. Extravagantes Design und der rekordverdächtig niedrige Luftwiderstand waren jedoch nicht Voraussetzung für einen den Alltagserfordernissen genügenden Pw mit Hubkolbenmotor, den NSU unterhalb des Ro 80 ansiedeln wollte. Das erklärt, warum die Karosserie des ebenfalls von Luthe gezeichneten K 70 «nicht wie das Produkt einer hochkünstlerisch arbeitenden StylingAbteilung, sondern als Ergebnis vorwiegend ingenieurmässigen Denkens» wirkt, wie es die Zeitschrift «mot» 1970 bemerkte. Tatsächlich entspricht der K 70, der vom Volkswagen-Konzern nach der NSU-Übernahme und zum Missfallen von Luthe stilistisch in Einzelheiten geändert und als VW K 70 von 1970–74 gebaut wurde, einer Übertragung der Ro 80-Karosserie ins Praktische: seitlich durchlaufende Sicke hier wie dort, aber Verzicht auf Keilform, Rundungen und gute Aerodynamik, stattdessen hohe Seitenfenster und gegenüber dem um 36 cm längeren Ro 80 einen geräumigeren Kofferraum bei gleich grossem Innenraum inklusive besseren Zugangs- und Sitzverhältnissen im Fond. 1971, zwei Jahre nach der Fusion der Auto Union und NSU zur neu benannten VW-Tochter Audi, wurde Luthe von Audi-Entwicklungschef Ludwig Kraus nach Ingolstadt geholt, wo man neben der bereits bestehenden eine eigens für ihn bestimmte Styling-Abteilung einrichtete. Damit gab es bei Audi zwei Design-Büros, die sich innerbetrieblich Konkurrenz machten. Aus Luthes Studio gingen der von 1974 bis ’78 gebaute Audi 50 und dessen Volkswagen-Variante Polo (1975–81) hervor, ebenso die vom Polo abgeleitete StufenheckVersion VW Derby (1977–81). Beide Modelle wurden von Bertone überarbeitet, wobei es den Italienern gelang, die Entlüftungsschlitze in der C-Säule durch eine kreisrunde Öffnung mit Deckel zu ersetzen, der so mancher kräftigen Tankwarthand zum Opfer fiel. Luthe arbeitete auch an grösseren Audi-Modellen; das Interieur des Audi 100/II (1976–82) stammt ebenfalls aus seiner Abteilung.

Ja, der Audi 50 hatte auch einen Kofferraum. Was uns der Fotograf mit dieser Aufnahme sonst noch sagen wollte, bleibt schleierhaft

Die «Luthe-Form» mit niedriger Frontpartie, hohem Heck und luftiger Silhouette wurde anfangs belächelt

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MOTORMENSCHEN

Auf dem Weg zum Klassiker: BMW-8er-Reihe

Der E36 war der vielleicht konsequenteste 3er-BMW

«Die nächste und letzte Station in meinem Designer-Leben», wie es Luthe 1994 bei einem Vortrag beschrieb, war München. Dort war er zwischen 1976 und ’90 bei BMW tätig – wiederum als Leiter der Fahrzeuggestaltung. Hier wie auch schon vorher bei Audi musste ein neues Modell für den Kunden als Fortschreibung des Vorgängers erkennbar bleiben, weshalb stilistische Änderungen nur noch fein dosiert in die Serie einflossen. Diese vorrangig von europäischen Autofirmen befolgte Philosophie schliesst extravagante Lösungen innerhalb einer Baureihe aus, würde sie doch einen Bruch der äusserlich gewünschten Kontinuität bedeuten.

Nach einer Familientragödie, von der sich Luthe nicht mehr vollständig erholen sollte, schied er 1990 vorzeitig aus dem aktiven BMW-Dienst aus, blieb dem Unternehmen aber beratend erhalten. Luthes Nachfolger wurde Ende 1992 der Amerikaner Chris Bangle, der einen stilistisch völlig anderen Weg einschlagen sollte. Luthe starb 2008 in München. Mit seinem Stilempfinden trug der laut einer namhaften deutschen Tageszeitung «einer der grössten deutschen Autodesigner» und nach Wikipedia sogar «einer der bedeutendsten Autodesigner des 20. Jahrhunderts» wie kein anderer dazu bei, BMW ebenbürtig auf eine Stufe mit Mercedes-Modellen zu stellen, die damals noch als Massstab im Automobilbau galten.

So beschränkte sich Luthes Einfluss zunächst auf Detailverfeinerungen der in Vorbereitung stehenden 5er-Serie mit ihrer internen Entwicklungsnummer E28 (1981–87), bei der Luthe den Ansatz der C-Säule höher legte, und auf den 3er (E30, 1982–91). Die Karosserieentwürfe beider Modelle stammten noch von seinem Vorgänger Paul Bracq, der zwischen 1970 und ’74 BMW-Chefdesigner gewesen war. Die Karosserien der nächsten 7er- (E32, 1986–94) und 5er-Generationen (E34, 1988–95) entstanden in Teamarbeit mit Ercole Spada, der unter Luthe zum Chefdesigner aufstieg. Auf Luthe selbst geht dagegen das Design des 8er-Coupé (E31, 1989–99), des jeweils dritten 3er (E36, 1990–98) und 7er (E38, 1994–2001), ersten Z3 (E36/7, 1994–2002), der vierten 5er- (E39, 1995–2003) und 3er-Serien (E46, 1998–2005) zurück, wobei sein Einfluss beim Z3 umstritten ist. 080 VECTURA #5

Dieser Text stammt weitgehend aus einem Buch, das von Automobilhistoriker Erik Eckermann herausgegeben, 2013 im Springer Vieweg-Verlag erscheinen und den Titel «Auto und Karosserie: Geschichte – Fertigung – Design» tragen wird.

Mehr zum Thema


Schnee & Eis Winterfahrtrainings 2012/2013

Lernen durch Erleben! Damit Sie auch bei Glatteis nicht ins Schleudern geraten.

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