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KOLUMNE

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JEREMY JONES

JEREMY JONES

Ein Mitbewerberblatt hat vor kurzem ein Bild gepostet auf dem ein Splitscreen zu sehen war. Auf beiden Bildern war ein Alpenpanorma zu sehen, ein Bild unbearbeitet, in das andere waren mit Rotstift „Lines“ eingezeichnet. Kommentiert wurde das Ganze mit „What I see, what she sees“. Was erstmal harmlos klingt, löste feministische Brechreize aus, Sexismus-Peitsche inklusive. Von „mehr habt ihr nicht drauf“ bis hin zu „schlechtestes Snowboard Magazin der Welt“ gab es alles zu lesen. Manche Kommentare waren so schändlich, dass wir sie an dieser Stelle lieber zurückhalten. Das Motto: das Püppchen bleibt zuhause, der Macker geht auf Snowboard-Abenteuer. Einen Tag später kam der Gang nach Kanossa, es folgte ein dienstfertiger Entschuldigungspost, man will sich ja die treuen Leserinnen halten. Eine witzige Randnotiz hatte die Sache aber: der Post wurde von einer Redakteurin! veröffentlicht, die mit einer Freundin über die unterschiedlichen Betrachtungsweisen eines Alpenpanoramas philosophierte und daraufhin diesen „sexistischen “ Post ver fasste. Dass „I“ geschlechtsneutral ist, wurde vom gei fernden Mob ausgeblendet, Shitstorm on! Wir hätten uns natürlich gemütlich ins Fäustchen lachen können, nur ist dieses Thema einfach zu präsent im Funsport geworden. Vorweg: wir sind nicht misogyn und absolute Befürworter von Parität. Wir finden es wichtig, auf gesellschaftliche Änderungen zu pochen und mit gebotener Härte gegen existente Missstände vorzugehen. Dennoch glauben wir, dass der feministische Diskurs einen Crashkurs braucht in punkto gewaltfreier Kommunikation. Die spontan Empörten fühlen sich aufgrund der Diskursexplosion, innerhalb der digitalen Mikroöffentlichkeit ausgelöst, schnell als mächtige Gemeinschaft. Und dort wird dann die „sexistische“ Person mit Worten belegt, nach welchen sich der Absender den Mund mit Kernseife auswaschen sollte. Negative Reaktionen auf den leisesten Anflug von Sexismus sind mittlerweile eine gesellschaftliche Erwartungshaltung. Eine Reaktion ist auch in Ordnung, jedoch steht diese oft in keinem Verhältnis zur Ursache. Nun leben wir in Europa im feministischen Auenland, wir haben Genderbeauftragte, ein Gleichstellungsgesetz, Equal Pay im Surfen und Snowboarden, Nein heißt Nein und Frauen können ihren Mann verlassen, ohne von ihren Brüdern dafür umgebracht zu werden. Es liegen bestimmt einige Dinge im Argen, aber das Snowboarden, das ich kennengelernt habe, kennt kein Geschlecht und keinen Sexismus. Und dennoch kommt es mir manchmal so vor, als wären Frauen die eigentlichen Sexisten im Snowboard-Game. Womenmag hier, Girlsshred dort, auf eine Bewerbung bei einem Surf Online Magazin bekam ich eine Absage mit der Begründung, dass sie nur weibliche Redakteure beschäftigen. Man stelle sich an dieser Stelle vor, es würde Snowboard Magazine geben, die nur Bilder von Männern verwenden, Sessions auf denen keine Frauen zugelassen sind und Snowboard-Zeitschriften, die nur Männer beschäftigen. Ausgang: Man(n) kann es sich vorstellen. Wir betreiben auch ein Surfmagazin und hier ist die Thematik noch viel brisanter. Wir trauen uns kaum noch Frauen abzubilden, die im Bikini surfen, weil die üblichen Verdächtigen dann in Schnappatmung verfallen und uns die Sexismus-Keule über den Kopf prügeln. Hübsche Frauen mit guter Figur, die womöglich auch noch ihr Geld damit verdienen, stehen auf dem Surfindex. Wir finden es wichtig, dass sich Frauen von patriarchal geprägten Schönheitsnormen emanzipieren, aber genauso finden wir es unmöglich, dass Frauen wie die Coffey Sisters als „pfui“ gelten, weil sie ihre Surfkarriere mit ihrem guten Aussehen pushen. Mich ermüdet der Zorn auf Frauen, die ihr Geld mit ihrem Aussehen verdienen und die hysterischen Ausbrüche einer Generation Porno, die in einen Beissreflex verfällt, wenn man einen Frauenhintern in einem Bikini in einem Sportmagazin zu sehen bekommt. Dass hier aber mit zweierlei Maß gemessen wird, zeigt uns ein Post des WMNSurfmags: abgebildet ist eine Frau, die auf dem Surfbrett im Line-up sitzt, um sie herum sitzen ca. 20 Penisse auf Surfbrettern; Punchline: only dicks in the water; die Reaktionen? “Classic, perfect, so true“. Man stelle sich ein Bild mit Vaginas vor, die alle aus dem Wasser huschen, wenn die Wellen größer werden als zwei Meter: die Reaktionen wären wohl weniger positiv. Ich habe höchsten Respekt vor dem weiblichen Geschlecht. Fragt man mich nach meinen Snowboardidolen, nenne ich neben dem Altmeister Terje Haakonsen die viel zu früh verstorbene Allgäuerin Steffi Haamann. Ivica Jürgenson hat sich gerade einen 8-Seiter in unserem Magazin mit starkem Railgame verdient, Anna Gasser fährt besser als 95 % aller Männer, Kukomo Murase hat in ihrem Rookie-Jahr als 13-Jährige ihren männlichen Genossen kurz mal die Grenzen aufgezeigt. Ja, Frauen sind unterrepräsentiert im Funsport und Empowerment ist wichtig, aber wenn man sich das Niveau der Mädels heute anschaut, muss man sagen, dass hier viel richtig gemacht wurde. Ich denke, ich spreche für den Großteil der Männer im Snowboarden, wenn ich sage, dass wir uns über Frauen am Berg freuen und extremen Respekt davor haben, was sie leisten. Wir sollten jedoch aufhören unseren Sport nach Geschlechtern zu trennen, sondern wieder lernen, uns als Szene zu begreifen. Männer müssen den Alphatiermodus in der Gegenwart von Mädels einfach mal abstellen, Frauen sollten anfangen über sich selbst zu lachen. Ich musste über den Surfpost auf WMNSurfmag übrigens schmunzeln. Wenn er nicht gar so sexistisch wäre. TEXT NICO STEIDLE

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