2 minute read
Volksbühne Mühlwald: Schreib mich in den Sand
VOLKSBÜHNE MÜHLWALD BRINGT EIN STÜCK ÜBER KINDESMISSBRAUCH
Schreib mich in den Sand!
Die Volksbühne Mühlwald mag schwere Kost, zeitkritische, berührende Problemstoffe, die wenig bis nichts zu lachen bieten. Und sie kann das auch – kann ernste Bühnenwerke ungekünstelt und einfühlsam spielen wie kaum eine andere Laienspielgruppe im Lande. Das beweist einmal mehr die jüngste Produktion über die bittere Bilanz einer Frau, die als Mädchen von ihrem Vater missbraucht worden ist – in Mühlwald zu sehen noch bis zum 30. Oktober.
Judith, eine 24 Jahre junge Frau, kommt heim, heim zu ihren Eltern und zur Beerdigung ihrer älteren Schwester Anne, welche schon seit Längerem in psychiatrischer Behandlung war und schließlich Selbstmord begangen hat. Im Haus ihrer Kindheit findet Judith die Tagebücher und Briefe ihrer verstobenen Schwester und macht eine schreckliche Entdeckung: Anne ist jahrelang von ihrem Vater missbraucht worden. Und noch immer fühlt sich der Täter schuldlos ...
EIN MITREISSENDES STÜCK
Vertuschung als zerstörerische Strategie im Umgang mit Kindesmissbrauch: Naz Steiner in der Rolle des Vaters, Verena Unterhofer als jüngere Schwester des Missbrauchsopfers und Elisabeth Gasser als Mutter Linda (von links). Volksbühne Mühlwald
Die dunkle Seite einer scheinbar heilen Familie: Als Kind wird Anne (im Szenenbild vorne) von ihrem Vater (Bildmitte) sexuell missbraucht. Ein vertuschtes Familiengeheimnis, das die jüngere Schwester Judith (im Bildhintergrund) erst nach dem Suizid ihrer Schwester aufdeckt. Volksbühne Mühlwald
Wer derart heikle, bedrückende Inhalte auf die Bühne holt, braucht einen ausgesucht guten Regisseur, einen der sein Handwerk versteht. Die Mühlwalder haben diesen – nicht zum ersten Mal – in Hans Strobl gefunden. Der Spielleiter und Theaterpädagoge versteht es mit den sechs Darstellern das brüchige Bild einer Familie zu malen, hinter deren scheinbar heilen Fassade sich übelste Verbrechen ereigneten. So entstehen Spielszenen aus Erinnerungsfetzen, verschütteten, verdrängten und eingebildeten Erlebnissen, welche die Hintergründe der verbrecherischen Tat ständig neu beleuchten. Dazu der Regisseur im Programmblatt: „Unser Ziel ist es, die sensible Geschichte über einfaches, ehrliches und leises Spiel sowie durch die Wirkung einer bildreichen Sprache in Szene zu setzen. Nicht die Verurteilung des Täters steht im Vordergrund. Vielmehr wird die Situation aller Beteiligten aufgezeigt, in die sie geraten, wenn sie nach Kindesmissbrauch die entstehenden Konflikte zu decken suchen.“ Das Stück selber kommt aus Holland, aus der Feder der vor einem Jahr im Alter von 96 Jahren verstobenen Schriftstellerin Inez van Dullemen. Sie hat das Theaterstück unter dem Originaltitel „Schrijf me in het zand“ 1989 veröffentlicht. Bis heute ist es eines von ganz wenigen Bühnenwerken zum Thema Kindesmissbrauch und gilt in Fachkreisen als herausragend und richtungsweisend. Die deutsche Erstaufführung von „Schreib mich in den Sand“ ging 1991 in München über die Bühne. In Mühlwald wird das Stück noch kommendes Wochenende gezeigt – am Freitag, 28. und am Samstag, 29. Oktober um 20 Uhr sowie am Sonntag um 18 Uhr (Kartenreservierungen unter der Rufnummer 371 695 4499). Die Veranstalter weisen ausdrücklich darauf hin, dass die Aufführung nicht für Kinder geeignet ist. // ta