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Zerrissen - Mein teures Dörflein Mühlen: Eine aufschlussreiche Film-Dokumentation

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Veranstaltungen

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ZERRISSEN - MEIN TEURES DÖRFLEIN MÜHLEN Eine aufschlussreiche Film-Dokumentation

über die BAS-Aktivistin Rosa Ebner

Unlängst feierte die Film-Doku „Zerrissen. Mein teures Dörflein Mühlen“ live im Stadttheater Bruneck und gleichzeitig als Ausstrahlung auf RAI Südtirol Premiere. Fußend auf Briefen der aus Mühlen stammenden BAS-Aktivistin Rosa Ebner lässt der Film Zeitzeug*innen zu Wort kommen und erzählt die Südtiroler Bombenjahre mit neuer, weiblicher Aktivistenstimme. Ein informatives und spannendes Doku-Drama von Lisa Hintner, Martha Stocker, Manni Unterpertinger und Manfred Feichter.

Das kleine Dorf Mühlen in Taufers, so friedlich und ruhig es nach außen hin auch den Anschein machte, sollte in die Geschichte eingehen. Es wurde zum Dreh- und Angelpunkt der Widerstandskämpfer im Pustertal gegen die italienische Entnationalisierungspolitik und für eine angemessene Lösung der Südtirolfrage. Männer wie Frauen aus Mühlen engagierten sich als Mitdenker*innen, Hüter*innen politischer Widerstandsaktionen und lehnten sich gegen das Nicht-Umsetzen einer echten Autonomie auf; Andere Bürger*innen wiederum distanzierten sich klar davon, schlugen sich nicht zuletzt auf die Seite der italienischen Ordnungskräfte und sahen sich einhergehend damit mit Ausgrenzungen und Anfeindungen konfrontiert. Insofern spiegelt Mühlen in Taufers das Große im Kleinen wider, konkret, wie die italienische Entnationalisierungspolitik auf der einen Seite bzw. der Aktivismus gegen diese Politik auf der anderen zum Reibebaum wurde und eine ganze Dorfgemeinschaft, ja, ganze Familien und Freundeskreise spaltete. Sichtbar wurde das in Mühlen beispielsweise in der Auflösung bzw. in der Wiedervereinigung der örtlichen Musikkapelle.

EINE SPANNENDE FRAGESTELLUNG

Der Dokumentarfilm widmet sich den Fragen, wie es dazu kommen konnte, dass gerade Mühlen in Taufers zum Zentrum des politischen Aktivismus im Pustertal wurde und, wie verschiedene Bürger*nnen aus Mühlen darin verstrickt waren oder sich eben davon klar abkapselten. Die Geschichte wird rund um die zentrale Figur Rosa Ebner erzählt. Sie, die einfache Verkäuferin vom Land, schrieb in vielen Briefen darüber, wie sie diese politisch aufgeheizte Situation in Mühlen in Taufers miterlebt hat. Entschlossen kämpfte sie im Austausch mit den „Puschtra Buibm“ gegen die Ungerechtigkeiten an, wies Chefredakteure deutschsprachiger Zeitungen in Österreich und Deutschland auf unkorrekte Darstellungen in der Berichterstattung über Südtirol hin und hegte Kontakt mit Südtiroler und österreichischen Politikern, darunter Bruno Kreisky. „Rosa Ebner war zum Symbol der Auflehnung gegen das Unrecht und für viele Menschen in Südtirol zum Gewissen des Landes geworden“, heißt es in einem Nachruf anlässlich ihres Ablebens im Jahr 2009. Noch heute zeugen die vielen Briefe im Nachlass von Rosa Ebner davon, dass sie für die Heimat alles gab, für die Gefolterten und Inhaftierten, und das Wenigste für sich selbst. Da sie eine Zeitlang auch in Nordtirol gelebt hat,

ergeben sich die Kontakte auch dahin. In diesem Dokumentarfilm wird erstmals der Nachlass von Rosa Ebner veröffentlicht, der in Besitz von Martha Stocker ist.

TUN ODER NICHTSTUN?

Anschließend an die Filmpremiere im Stadttheater Bruneck fand im Rahmen der Sendung „Nachgefragt“ eine Live-Diskussionsrunde mit der gebürtigen Brunecker Moderatorin Gabriele Crepaz statt zum Thema: Südtirol damals, Klima heute. Tun oder Nichtstun? Manchmal wird das innere Gesetz stärker als die Gesetze der Welt. Dann schreiten Menschen zur Tat. Selbstbestimmung für Südtirol forderten sie in den 1960er Jahren. Einige mit Gewalt, andere mit der Schreibmaschine, wie die BAS-Aktivistin Rosa Ebner aus Mühlen in Taufers. Warum also werden Menschen zu Aktivisten, und ist Aktivismus heute sogar notwendig um die Welt zu retten. Mit dabei waren der Journalist Christoph Franceschini, der Klimaforscher Georg Kaser, die ehemalige BAS-Aktivistin Herlinde Molling und David Hofmann, Neurowissenschaftler und Klimaaktivist.

Auf Spurensuche in den unterschiedlichen Bereichen. Im Bild u.a. die Historikerin Martha Stocker. sie beantwortet hat, waren indes nicht Teil des Nachlasses. Bei diesen stand lediglich auf dem Umschlag, wann sie diese beantwortet hatte. Aber ich hatte das große Glück, dass Pepi Fontana – vielen Südtiroler*innen sicherlich ein Begriff, einst selbst BAS-Aktivist und später verantwortlich für zahlreiche Publikationen und tätig im Südtiroler Kulturinstitut - viele private Briefe von Rosa Ebner aufbewahrt hat. Diese waren nämlich für die Erarbeitung des Films von großer Bedeutung, um die vielen Facetten der Rosa Ebner besser nachvollziehen zu können.

Nicht nur beleuchtet die Film-Doku einen wichtigen Teil unserer Südtiroler Geschichte, deren Handlungs- und Wirkungsgrad zu einem nicht unwesentlichen Teil im Pustertal stattgefunden hat, auch die Projektidee und Umsetzung des Films liegt zum Großteil in Pustertaler Hand. PZ-Redakteurin Judith Steinmair hat einige der Filmemacher*innen zum Gespräch gebeten:

MARTHA STOCKER, HISTORIKERIN

PZ: Sie sind die Nachlassverwalterin von Rosa

Ebner und damit im Besitz ihrer Briefe, auf welchen der Film basiert –

Wie kommt es dazu?

Kannten Sie sie persönlich? Und wie ist dann schlussendlich die Idee zu diesem Dokumentarfilm entstanden?

Martha Stocker: Tatsächlich habe ich Rosa Ebner ein paar Jahre vor ihrem Tod persönlich kennengelernt, und zwar im Zuge der Nominierung für die Verdienstmedaille des Landes Tirol, für welche ich sie zusammen mit unserem damaligen Landeshauptmann Luis Durnwalder vorgeschlagen hatte. Ich wollte einfach ihre Bereitschaft, die Ehrung anzunehmen, im Vorfeld mit ihr abklären, da sie sich nicht immer positiv zur Entwicklung unseres Landes beziehungsweise auch zur SVP geäußert hatte… Ich war dann bei unserem Treffen sehr angetan von ihrem außerordentlich guten Vermögen, politische Ereignisse einzuordnen, von ihrer Belesenheit und ganz allgemein von ihrem Wissen. Als ich nach ihrem Ableben ihre Briefe erhalten habe, stellte sich natürlich die Frage nach deren Verwendung. Was wäre sinnvoll? Sie einstweilen im Archiv aufzubewahren, ein Buch zu schreiben oder einen Film daraus zu machen, wobei mir letztere Möglichkeit als die spannendste erschien. Also bin mit der Idee zunächst an den gebürtigen Mühlener Produzenten Manfred Feichter herangetreten, dann kamen Manfred Unterpertinger und Lisa Hintner mit ins Boot, und langsam hat das Projekt Gestalt angenommen. Wobei die Recherchen durchaus auch Tücken hatten. Von den zahlreichen Briefen, die Rosa Ebner an Politiker und Journalisten geschrieben hat, hatte sie stets Kopien gemacht, private Briefe, die

Aus dieser Fülle an Briefen ist dann also das Drehbuch entstanden?

Genau. Ich habe die gesamten Briefe gelesen und das ganze Material gesichtet und dann Lisa Hintner alle relevanten historischen Hintergrundinformationen sowie Auszüge aus den Briefen zusammengefasst, und sie hat daraus dann das Drehbuch beziehungsweise den roten Faden für den Film entwickelt.

Zur Figur Rosa Ebner lässt sich was sagen? Eine BAS-Aktivistin, die bis dato nicht wirklich bekannt war? Eine Verkäuferin, die mit ihrer Schreibmaschine Widerstand geleistet hat? >>

2022

HERBST AUTUNNO

12.11.2022

20.00 Uhr / Spiegelsaal Konzert Carovana Mediterranea Eduardo Rolandelli & Stefan Starzer

27.11.2022

18.00 Uhr / Gustav-Mahler-Saal Familienkonzert Groovin’ Tango Quintett „Tritsch-Tratsch-Tango“ 04.12.2022

18.00 Uhr / Gustav-Mahler-Saal Konzert Ensemble Diderot „Die anderen Jahreszeiten“

11.12.2022

18.00 Uhr / Gustav-Mahler-Saal Konzert Sturm & Klang

Einige Ausschnitte aus dem wirklich gelungenen Film. In eindrucksvoller Manier wurden die Sorgen der Menschen thematisiert.

Rosa Ebner war eine höchst interessante und interessierte, wortgewandte Persönlichkeit. Im Grunde war sie eine „nicht schulisch gebildete Intellektuelle“. Dass viele sie bisher nicht auf dem Radar hatten, liegt vermutlich daran, dass sie Zeit ihres Lebens immer sehr zurückgezogen gelebt hat, längere Zeit ja auch fernab ihres Heimatdorfes Mühlen, vor allem in Innsbruck. Sie hat sich lange für die Sache eingesetzt, mit Worten gekämpft, bis für sie irgendwann der Zeitpunkt gekommen war, das Thema für sich abzuschließen. Aber bis zu ihrem Tod frönte sie mit Leidenschaft ihren Lieblingsbeschäftigungen, lesen, sich weiterbilden, sich informieren über die (politischen) Vorgänge in der Welt… Ihr Leitmotiv war stets die Gerechtigkeit, für die es sich einzusetzen gilt. Nicht zuletzt hat sie ja auch ihren Besitz der Karlheinz-Böhm-Stiftung „Menschen für Menschen“ vermacht.

Mühlen spielte als Dreh- und Angelpunkt der Widerstandskämpfer im

Pustertal gegen die italienische Entnationalisierungspolitik und für eine angemessene Lösung der Südtirolfrage eine wesentliche Rolle – Inwieweit hat sich diese Tatsache damals auf das

Dorf und die Dorfgemeinschaft ausgewirkt?

Mühlen hat diesbezüglich eine sehr besondere Stellung eingenommen, das stimmt. Was die Dorfgemeinschaft zum Teil auch zerrissen hat, wie der Filmtitel vermerkt. Eine „Brutstätte“ an Männern, die Attentate verübt haben, wie auch immer wir sie betiteln wollen, darüber herrscht ja bisweilen Uneinigkeit. Aktivisten, Attentäter, Freiheitskämpfer, Terroristen? Der Journalist Christoph Franceschini hat es im Rahmen der Diskussionsrunde nach der Filmpräsentation auf den Punkt gebracht, und ich stimme ihm zu. Am inhaltlich klarsten scheint für die Männer wohl der Begriff „Attentäter“ zu sein. Und derer gab es in diesem kleinen Dorf viele. Zunächst der enge Kreis der „Puschtra Buibm“, und oftmals entwickelt sich aus einem Keim bekanntlich dann eben mehr. Mit der Folge einer gespaltenen Dorfgemeinschaft, aus der Sicht der jeweils anderen sind dann die einen zu Deutsch, die anderen zu Italienisch… Das beste Beispiel: Die Musikkapelle, die damals aufgrund der Kontroversen auseinandergebrochen ist und erst Jahre später wieder zusammengefunden hat. Eine weitere interessante Perspektive, die sich aus unserem Film ergibt, ist aber gerade auch die der Frauen und deren unterschiedliche Situationen. Es gab Frauen, die aktiv gestaltet haben, solche, die einfach familiär verstrickt waren oder aber auch die durchaus verständnisvollen Frauen, zugleich aber auch die leidtragenden. Vielfach war die Positionierung der Frauen ja keine ursprünglich gewollte, sondern eine aus den Umständen gewachsene.

Noch gibt es Zeitzeuginnen und Zeitzeugen aus dieser Zeit, in Ihrem Film kommen auch einige zu Wort - Haben wir, Ihres Erachtens nach, diesen Teil der Südtiroler Geschichte noch nicht ausreichend aufgearbeitet, müssten wir noch mehr Geschichten darüber erzählen?

Es gibt bereits Vieles an entsprechender Dokumentation, aber – und das kommt in Gesprächen mit Zeitzeug*innen durchaus zum Vorschein – es gibt natürlich auch immer noch Verdecktes, was bisher noch nicht zur Sprache gekommen ist. Die Frage ist immer, ob das so viel hergibt, dass daraus ein Film, ein Buch von größerem Interesse geschrieben werden kann. Was für uns Historiker einstweilen wichtig ist, die Stimmen einzufangen, zu sammeln, Aufnahmen zu machen.

Und sind diese Zeitzeugen*innen denn auch immer gesprächsbereit?

Als Voraussetzung gilt es auf alle Fälle, ein Vertrauensverhältnis zwischen den Gesprächpartner*innen aufzubauen, schließlich geht es um einen sensiblen Teil ihrer eigenen Geschichte. Aus diesem Grund war es uns bei diesem Film auch ein Herzensanliegen, dass das Ergebnis für alle Beteiligten annehmbar ist. Dass also die Rückmeldungen, gerade auch in Mühlen und dem dortigen Einzugsgebiet, überaus positiv waren, hat uns dementsprechend sehr gefreut.

LISA HINTNER, REGISSEURIN

PZ: Es gibt ja bereits Einiges an Aufarbeitung rund um die BAS-Aktivitäten – was hat Sie dennoch (oder darüber hinaus) an diesem Projekt gereizt?

Lisa Hintner: Über die männlichen Akteure ist relativ viel bekannt, das stimmt, das Ganze aus einer weiblichen Perspektive heraus zu betrachten, habe ich sehr spannend gefunden. Rosa Ebner stellt unter Beweis, dass die Geschichte damals auch von Frauen mitgeschrieben worden ist. Sie war eine der wenigen BAS-Aktivistinnen, hat mit ihren eigenen Mitteln, sprich Schreibmaschine, Feder, Papier, für die Selbstbestimmung und gegen das Unrecht gekämpft und hat alles gegeben für die Heimat, das Wenigste für sich selbst. Die Briefe in den Händen zu halten, war also sehr beeindruckend, Briefe an bzw. von wichtigen/n Persönlichkeiten wie Bruno Kreisky oder Eduard Wallnöfer, die sie allesamt damals sehr ernst genommen haben.

Sie haben den Film nicht als reine Dokumentation, sondern als Film-Doku angelegt – warum?

Ich hatte diesen reichen Nachlass von Rosa Ebner zur Verfügung, und daraus ergab sich die Frage, wie sich die Inhalte, ihre Gedanken und Argumente am besten vermitteln lassen. Ich wollte Rosa Ebner in ihren verschiedensten Facetten zeigen, sie „zum Leben erwecken“, sie spürbar machen. Und so ist die Idee entstanden, sie von einer Schauspielerin verkörpern zu lassen, und Jasmin Mairhofer hat das wunderbar auf den Punkt gebracht.

Neben professionellen Schauspieler*innen - wie Jasmin Mairhofer und

Julian Rohrmoser- haben Sie bei der

Realisierung auch auf die einheimische

Bevölkerung, etwa auf die Heimatbühne Sand in Taufers, gesetzt und auch in Mühlen gedreht – wie haben Sie die

Stimmung empfunden? Ein Thema, das immer noch schwierig ist, unter den

Nägeln brennt?

Die Schauspieler*innen von der Heimatbühne Taufers waren sehr engagiert und begeistert beim Projekt dabei, und man hat durchaus gespürt, dass ihnen die Geschichte tatsächlich nahe geht. Einige kommen ja direkt aus Mühlen und kannten insofern auch die Geschehnisse in beziehungsweise die damaligen Protagonisten aus ihrem Heimatdorf. Somit ist es ihnen augenscheinlich auch leichtgefallen, authentisch zu sein, und es ist viel an Kreativität auch vor Ort entstanden.

Manni Unterpertinger, Renate Ranzi, Sarah Steinegger, Martha Stocker, Lisa Hintner und Manfred Feichter freuten sich über den großen Erfolg. rewe

Als Regisseurin (bzw. im Zuge der Erarbeitung des Drehbuchs) haben Sie sich ja eingehend mit der Figur Rosa

Ebner und ihrer Rolle im Widerstand auseinandergesetzt – Ihre persönliche

Einschätzung dazu?

So wie ich sie aus den Briefen kennengelernt habe, war Rosa Ebner eine Seele des Widerstands. Sie hat auf friedliche, diplomatische Art und Weise gekämpft, kannte sich gut aus mit der weltpolitischen Situation, besaß ganz allgemein ein großes Wissen und hatte dementsprechend auch immer genügend Argumente und sich nicht gescheut, diese in ihren Briefen auch den hochrangigen Politikern der damaligen Zeit kundzutun. So gesehen sticht Rosa Ebner sicherlich unter des BAS-Aktivistinnen heraus.

MANNI UNTERPERTINGER, VERANTWORTLICH FÜR PRODUKTION, VERTRIEB, KAMERA

PZ: Mit Ihrer Firma Mannicam sind Sie wesentlich und in unterschiedlichsten Funktionen an der Realisierung des Films beteiligt – Wie kam es dazu, und hat Sie die Projektidee eigentlich von Anfang an gepackt?

Manni Unterpertinger: Ich muss zugeben, dass ich ganz allgemein sehr interessiert an zeitgeschichtlichen Themen bin, und gerade auch diesen Teil der Südtiroler Geschichte finde ich äußerst spannend, da ich die Geschehnisse ja nur aus Berichten oder aus der Schule kenne. Als Manfred Feichter mit der Idee an mich herangetreten ist, war ich dementsprechend sofort Feuer und Flamme. Mit der Kompetenz von Lisa Hinter, mit der wir beide bereits redaktionell gearbeitet hatten, und von Martha Stocker haben wir dann als Vierergespann ein tolles Team gebildet. Die Zeit war freilich zunächst nicht ganz ideal, wir haben ja vor zwei Jahren angefangen, inmitten des ganzen PandemieWirrwarrs. Allein die Herausforderung, Zeitzeug*innen möglichst schnell in das Projekt miteinzubinden, also eigentlich schon bevor das Drehbuch als solches feststand, war nicht ganz leicht… Beispielsweise war Heinrich Oberleiter zum damaligen Zeitpunkt ja noch nicht begnadigt, und so sind wir nach Nordtirol gefahren, um die Gespräche mit ihm zu führen. Diesbezüglich hat Martha Stocker einfach eine großartige Vorarbeit geleistet, und ganz allgemein, das möchte ich unterstreichen, war sie über die inhaltliche Arbeit hinaus eine große Stütze und mit vollem Einsatz dabei. Und so hat das Projekt Schritt für Schritt Gestalt angenommen.

Was war Ihre größte Herausforderung bei diesem Projekt?

Die Frage, wie die Finanzierung aussehen könnte, hat uns schon sehr beschäftigt. Zunächst habe ich diesbezüglich ein Ansuchen an das Land Südtirol gestellt. Die IDM-Südtirol (Filmförderung) hatte gerade eine Kurzfilmförderung ins Leben gerufen, die es vorher nicht gegeben hatte, also für Dokumentarfilme bis maximal 50 Minuten. Für mich war diese Möglichkeit auch Neuland und organisatorisch recht aufwändig, aber über die Zusage für den Beitrag von 25.000 Euro haben wir uns dann riesig gefreut und der war als finanzieller Startschuss auch enorm wichtig. Gleichfalls wie die Unterstützung vom Amt für Film und Medien mit 8.000 Euro. Auch die Fraktionsverwaltung von Mühlen in Taufers sowie die Raiffeisenkasse Tauferer-Ahrntal und die Stiftung Südtiroler Sparkasse haben uns unterstützt. Und so haben wir eben langsam unser Budget zusammengetragen. Mit dem Koordinatoren-Wechsel sind wir dann endlich auch bei RAI Südtirol auf offene Ohren für unser Projekt gestoßen. Zeno von Braitenberg hat sich für das Thema begeistern können und das Potential erkannt. Und somit hatten wir dann auch das Fernsehen mit im Boot, was natürlich wichtig ist, um den Film einer breiten Masse zeigen zu können.

Wie wichtig ist also Ihrer Meinung nach die Filmförderung von Seiten des Landes, gerade auch für solche Projekte?

Die ist absolut wichtig, wenn nämlich freie Filmemacher diese Förderungen nicht hätten, würden gewisse Filme nie gedreht werden. Auch bei diesem Film haben wir durchaus ein Plan B Szenario durchdiskutiert, ihn also gegebenenfalls als Low-Budget-Film zu verwirklichen, ohne Schauspieler*innen, ohne Kostüme usw. An dieser Stelle geht ein großer Dank also ans Land Südtirol für die Unterstützung, mit privaten Sponsor*innen wären solche Projekte einfach nicht umsetzbar.

Für alle, die den Film bei der Erstausstrahlung auf RAI Südtirol nicht gesehen haben, welche Möglichkeiten gibt es?

Am 18. Dezember 2022 um 18.25 Uhr wird der Film auf ORF 2 gezeigt, allerdings in einer gekürzten Fassung von 25 Minuten als Österreich-Bild aus dem Landesstudio Tirol mit dem Titel „Briefe für die Heimat“. Die Originalversion finden Interessierte in der RAI Mediathek, ebenso wie die anschließende Diskussionssendung „Nachgeschaut“. Ansonsten kann man den Film gerne auch im Amt für Film und Medien auf DVD ausleihen, sowohl als Privatperson, oftmals greifen aber gerne auch Schulen auf dieses Angebot zurück, historische Filmdokumentationen sind im Rahmen des Geschichtsunter-

richts ja gefragt. // Interviews: Judith Steinmair

EIN SELTENER FUND IN UNTERWIELENBACH Artilleriegranate aus dem Ersten Weltkrieg

Einen wohl seltenen Fund machte Gerold Erlacher bei Grabungsarbeiten beim Gasthaus „Wirt“ in Unterwielenbach. Auf dem vor allem mit landwirtschaftlichen Maschinen befahren Weg nördlich des zum Gasthaus gehörenden Futterhauses führte Gerold Grabungsarbeiten zur Verlegung bzw. Erneuerung von unterirdischen Leitungen durch. Zu seinem Erstaunen aber auch verbunden mit etwas Angst und Schrecken musste er bemerken, dass der Baggerfahrer mit seiner Schaufel in einer Tiefe von lediglich 25 Zentimetern Erdreich auf einen Sprengkörper stieß. In der Abnahme es handle sich dabei um ein Relikt bzw. um eine Fliegerbombe aus dem Zweiten Weltkrieg, in dem ganz Percha heftig bombardiert wurde, verständigte er unverzüglich die Carabinieri. Diese waren sofort zur Stelle, haben den Fundort abgesichert und die Feuerwerker des Heers zur Klärung dieser Sachlage gerufen. Nach eingehender Überprüfung dieses Sprengkörpers wurde aber festgestellt, dass es sich nicht um eine Fliegerbombe aus dem Zweiten Weltkrieg handelt, sondern um eine Artilleriegranate aus dem Ersten Weltkrieg. Sie hat eine Länge von rund 40 Zentimeter und einen Durchmesser von 10 cm und ein Gewicht von ca. 40 kg. Nach eingehender Klärung aller Umstände wurde diese Artilleriegranate, die noch scharf und intakt war, von den Feuerwerkern des Heeres begleitet von dem Rettungsfahrzeug des Roten Kreuzes abtransportiert und in den dafür vorgesehenen Arealen ordnungsgemäß vernichtet.

VIELE VERMUTUNGEN

Diese Artilleriegranate wirft natürlich viele Fragen auf. Vor allem was den Fundort in Unterwielenbach betrifft, können hier nur Vermutungen in Betracht gezogen werden. Vielleicht könnten Einheiten des Heeres hier im Gasthaus Halt gemacht und hier diese Granate hinterlassen, vergessen oder eventuell versteckt haben. Bedenklich ist

dabei die Tiefe im Erdreich von nur 25 Zentimetern. Es dürfte wohl kaum angenommen werden, dass damit eine „Sprengung“ bzw. eine Entschärfung vorgesehen war. In dieser Richtung wird man wohl weiterhin im Dunkeln tappen. Eine weitere Frage, die unbeantwortet bleiben wird, liegt wohl darin, dass dieser Sprengkörper bzw. diese Granate nicht „gezündet“ bzw. sich entschärft hat. Sie lag ja mehr als 100 Jahre gerade in diesem Weg, der mit schweren landwirtschaftlichen Geräten und Maschinen befahren wird. Hätten die WirtsDie Artilleriegranate aus dem Ersten Weltkrieg. Gerold Erlacher leute von diesem Relikt gewusst, würden sie wohl keinen guten Schlaf gehabt haben. In diesem Zusammenhang kann berichtet werden, dass das Dorf Percha mit Unterwielenbach und Nasen gegen Ende des Zweiten Weltkrieges heftig mit Fliegerbomben bombardiert wurde. Lange Zeit waren noch tiefe Trichter im Erdreich ersichtlich. Ältere Leute können sich noch gut an diese „Bombenlöcher“, wie man diese Trichter bezeichnete, erinnern. Inzwischen wurden diese aber wieder auf- bzw. zugeschüttet; über die Narben ist wieder Gras gewachsen und niemand denkt nun dabei, welch großen Schrecken der Krieg und die Bombardierung für die damalige Bevölkerung von Percha brachten. // jopa

BERGMESSE UND WALLFAHRT AM KRONPLATZ Im Gedenken an Kaiser Karl

Heuer organisierte die Schützenkompanie Anton Steger Bruneck mit dem rührigen Hautpmann Johann Winding an der Spitze wieder die traditionelle Bergmesse am Kronplatz. Vor der Sebastianikapelle fanden sich neben den Brunecker Schützen und Marketenderinnen eine Abordnung der Partnerkompanie aus dem Osttiroler Nußdorf und die Mitglieder der befreundeten Kompanie der bayrischen Gebirgsschützen aus Königsdorf ein. Darüber hinaus war eine Abordnung der Schützenkompanie Lienz sowie zahlreiche Kompanieabordnungen aus dem gesamten Pustertal und Ladinien mit dabei. Die Taistner Schützen waren wieder mit ihrer historischen Kanone mit dabei, die sie in gekonnter Manier in mehreren Salven perfekt abzufeuern wussten. Neben der traditionellen Bergmesse lud die Schützenkompanie auch zur vierten Wallfahrt im Gedenken an den 100. Todestag des seligen Kaiser Karl. Der habsburgische Monarch starb am ersten April 1922 im Exil auf Madera. Die zahlreichen Wallfahrer wurden von Hauptmann Winding ganz besonders willkommen geheißen. Die Reliquie des ehemaligen Kaisers wird am Kronplatz verehrt und in einer Fürbitte wurde für das Heimatland Tirol der Schutzschirm des Seligen erbeten. Besonders hervorgehoben wurde am Brunecker Hausberg auch der starke Glaube von

Die Taistner Schützen mit der historischen Kanone. Karl I. Und in diesem Glauben konnte er seinen frühen schmerzhaften Tod, verarmt, im Exil annehmen und Gott als Opfer darbringen - wie er selbst kurz vor seinem Sterben sagte: „Ich muss so viel leiden, damit meine Völker wieder zusammenfinden…“

VIELE KRISEN IN DER HEUTIGEN ZEIT

Eine Parallele zur heutigen Zeit vermochte der Hochwürden Peter Mair zu ziehen, der in seiner Predigt auf die vielen Krisen und Bedrohungen der heutigen Zeit einging. Diesen

Ehrenoffizier Andreas Unterberger (Bildmitte) wurde ausgezeichnet. Hochwürden Peter Mair (links) zelebrierte gekonnt die Feldmesse.

könne man im Glauben an Gott besser entgegentreten. Die kirchliche Feier wurde von einer Bläsergruppe der Musikkapelle Reischach musikalisch umrahmt. Der Brunecker Bürgermeister Roland Griessmair ging in seinen Grußworten ebenfalls auf das Wirken von Kaiser Karl I. ein. An einem Ort wie dem Kronplatz, wo Zeitvertreib und Spaß im Vordergrund stehen, haben die Schützen, die immer schon den Glauben, die Heimat und die Tradition in den Mittelpunkt gestellt haben, einen „Ort der Besinnung und des Gedenkens“ geschaffen, wie er meinte. Auch in Zeiten, wo Krieg und Krankheiten für viele Menschen eine

Hauptmann Johann Winding, Roland Griessmair. Bedrohung darstellen, stelle der Glauben einen wichtigen Halt dar. „Das zu ermöglichen, gebühre den Schützen ein besonderer Dank“, so Griessmair.

Zum Abschluss des würdigen Festaktes überreichte dann Hauptmann Winding dem Ehrenoffizier Andreas Unterberger die Anerkennungsurkunde für seine 40 Jahre dauernde aktive Tätigkeit in den Reihen der Brunecker Schützenkompanie. Traditionsgemäß fand die Feier am Kronplatz im Bergrestaurant beim gemeinsamen Mittagessen aller Teilnehmer einen gemütlichen Abschluss. // hons/rewe

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