PZ22_10.11.2022

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GESCHICHTE & HISTORIE

ZERRISSEN - MEIN TEURES DÖRFLEIN MÜHLEN

Eine aufschlussreiche Film-Dokumentation über die BAS-Aktivistin Rosa Ebner

Unlängst feierte die Film-Doku „Zerrissen. Mein teures Dörflein Mühlen“ live im Stadttheater Bruneck und gleichzeitig als Ausstrahlung auf RAI Südtirol Premiere. Fußend auf Briefen der aus Mühlen stammenden BAS-Aktivistin Rosa Ebner lässt der Film Zeitzeug*innen zu Wort kommen und erzählt die Südtiroler Bombenjahre mit neuer, weiblicher Aktivistenstimme. Ein informatives und spannendes Doku-Drama von Lisa Hintner, Martha Stocker, Manni Unterpertinger und Manfred Feichter.

D

as kleine Dorf Mühlen in Taufers, so friedlich und ruhig es nach außen hin auch den Anschein machte, sollte in die Geschichte eingehen. Es wurde zum Dreh- und Angelpunkt der Widerstandskämpfer im Pustertal gegen die italienische Entnationalisierungspolitik und für eine angemessene Lösung der Südtirolfrage. Männer wie Frauen aus Mühlen engagierten sich als Mitdenker*innen, Hüter*innen politischer Widerstandsaktionen und lehnten sich gegen das Nicht-Umsetzen einer echten Autonomie auf; Andere Bürger*innen wiederum distanzierten sich klar davon, schlugen sich nicht zuletzt auf die Seite der italienischen Ordnungskräfte und sahen sich einhergehend damit mit Ausgrenzungen und Anfeindungen konfrontiert. Insofern spiegelt Mühlen in Taufers das Große im Kleinen wider, konkret, wie die italienische Entnationalisierungspolitik auf der einen Seite bzw. der Aktivismus gegen diese Politik auf der anderen zum Reibebaum wurde und eine ganze Dorfgemeinschaft, ja, ganze Familien und Freundeskreise spaltete. Sichtbar wur-

de das in Mühlen beispielsweise in der Auflösung bzw. in der Wiedervereinigung der örtlichen Musikkapelle.

EINE SPANNENDE FRAGESTELLUNG

Der Dokumentarfilm widmet sich den Fragen, wie es dazu kommen konnte, dass gerade Mühlen in Taufers zum Zentrum des politischen Aktivismus im Pustertal wurde und, wie verschiedene Bürger*nnen aus Mühlen

Große Freude herrschte nach der Premiere im vollbesetzten Stadttheater von Bruneck. 42

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darin verstrickt waren oder sich eben davon klar abkapselten. Die Geschichte wird rund um die zentrale Figur Rosa Ebner erzählt. Sie, die einfache Verkäuferin vom Land, schrieb in vielen Briefen darüber, wie sie diese politisch aufgeheizte Situation in Mühlen in Taufers miterlebt hat. Entschlossen kämpfte sie im Austausch mit den „Puschtra Buibm“ gegen die Ungerechtigkeiten an, wies Chefredakteure deutschsprachiger Zeitungen in Österreich und Deutschland auf unkorrekte Darstellungen in der Berichterstattung über Südtirol hin und hegte Kontakt mit Südtiroler und österreichischen Politikern, darunter Bruno Kreisky. „Rosa Ebner war zum Symbol der Auflehnung gegen das Unrecht und für viele Menschen in Südtirol zum Gewissen des Landes geworden“, heißt es in einem Nachruf anlässlich ihres Ablebens im Jahr 2009. Noch heute zeugen die vielen Briefe im Nachlass von Rosa Ebner davon, dass sie für die Heimat alles gab, für die Gefolterten und Inhaftierten, und das Wenigste für sich selbst. Da sie eine Zeitlang auch in Nordtirol gelebt hat,


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