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Erika Laner: „Information ist die beste Waffe gegen die Angst“

„Information ist die beste Waffe gegen die Angst“

Seit 2007 setzt sich mamazone in Südtirol dafür ein, Frauen zu einem gesunden Umgang mit ihrer Brustgesundheit zu motivieren. „Wir wollen Aufmerksamkeit für das Thema schaffen, aber keine Panik machen”, sagt Erika Laner, Sprecherin von mamazone – Frauen und Forschung gegen Brustkrebs in Südtirol. Im Interview erzählt sie, wie sie ihre eigene Erkrankung erlebt hat, was jede Frau schon jetzt für sich tun kann und was der Verein für bessere Versorgung der Frauen fordert

PZ: Oktober ist Brustkrebsmonat:

Durch mehr Aufmerksamkeit sollen

Prävention, Früherkennung und Erforschung der Krankheit gestärkt werden.

Auch der Verein mamazone blickt auf intensive Wochen zurück. Wie wichtig ist es, die Awareness gezielt zu erhöhen?

Erika Laner: Die Brustgesundheit sollte uns das ganze Jahr über ein Anliegen sein. Nichtsdestotrotz ist es wichtig, die Krankheit im Oktober vermehrt in den Mittelpunkt zu rücken, weil es in der Vielfalt an Veranstaltungen und Interviews zum Thema viel besser möglich ist, mehr Menschen zu erreichen. Dabei geht es uns als mamazone auch um die Form der Kommunikation. Die Brust ist der Inbegriff der Weiblichkeit. Wir versuchen, Aufmerksamkeit für die Brustkrebs-Früherkennung nicht durch „abschreckende“ Bilder, etwa von brustamputierten Frauen, zu vermitteln, sondern die Angst

Engagiert: Erika Laner

vor diesem bei Frauen häufigsten Krebs zu nehmen, indem wir einen behutsamen Zugang zum Thema vermitteln wollen. Denn spürt eine Frau einen Knoten in der Brust, ist die erste Reaktion oft: Angst.

Sie wissen aus eigener Erfahrung, was die Diagnose Brustkrebs bedeutet. War

Brustgesundheit für Sie bis zur Diagnose ein Thema?

Ja – aber ich weiß, dass das die Ausnahme ist. Medizinisches hat mich immer schon interessiert. In der Studienzeit hatte ich einen Freund, der Medizin studiert hat. Dabei bekam ich mit, dass kinderlose Frauen ein erhöhtes Risiko für Brustkrebs haben. Als ich Richtung 40 Jahre ging, kam mir das wieder in den Kopf. Über eine Bekannte erfuhr ich, dass es in Innsbruck ein Zentrum für Brustgesundheit gibt. Also machte ich dort einen Termin und erlebte, wie so ein Zentrum funktionieren sollte. Ich machte eine Mammographie, einen Ultraschall und die Brustkontrolle. Das alles bei einem Arztteam - das begeisterte >>

mich und ich beschloss, das jetzt routinemäßig alle zwei Jahre in einem Brustzentrum zu machen.

Zwei Jahre später lief dann plötzlich alles anders. Was ist passiert?

Ich hatte keine Symptome und keinen Hintergedanken, dass irgendetwas nicht mit mir stimmen könnte. Es war Rosenmontag, das weiß ich noch genau. Die Mammographie war unauffällig, der Ultraschall hingegen nicht. Der Arzt führte gleich eine Biopsie durch und kurze Zeit später später hatte ich die Diagnose. Genau deshalb setze ich mich für zertifizierte Brustzentren ein, wo ein interdisziplinäres Team nach leitliniengerechten Standards agiert und die Grundlage für eine qualitätsgesicherte Früherkennung gegeben ist.

Es ist Krebs: Drei Wörter, die erschüttern.

Das kann man nicht anders sagen. Zunächst meint man ja, wenn der Knoten raus ist, dann war es das. Aber das begleitet einen ein Leben lang, auch wenn man geheilt ist. Die erste Zeit habe ich die Kontrolluntersuchungen immer mit großer Courage hingelegt. Je älter ich werde, umso mehr Angst habe ich davor. Nein, es stimmt nicht, dass man mit der Zeit schneidiger wird. Es hat aber auch Positives bei mir bewirkt. Was ich in dieser Zeit erlebt und gelernt habe, hat mir einen Ruck gegeben: Ich wollte etwas machen, ich habe verstanden, dass ich mich einbringen will. Ich bin dann durch Zufall auf Ursula Goldmann-Posch gestoßen und habe sie einfach kontaktiert.

Die Journalistin mit Südtiroler Wurzeln hat 1999 in Deutschland den Verein mamazone gegründet.

Sie erkrankte 1996 an Brustkrebs und hat viel hinterfragt. Sie wollte alles genau verstehen und dass betroffene Frauen als

Herzenssache: Erika Laner und Martina Ladurner mit der 2016 verstorbenen Gründerin von mamazone Ursula Goldmann-Posch (v.l.). Krebs macht Keinen Unterschied. Kennen sie ihr risiKo?

Informationen unter: www.mamazone.it

Kontrovers: Dieses Plakat lancierte mamazone zur Gründung und sorgte damit für Aufmerksamkeit und Kritik, weil es für manche zu „sexistisch“ war.

MAMAZONE - FRAUEN UND FORSCHUNG GEGEN BRUSTKREBS

Die Initiative mamazone - Frauen und Forschung gegen Brustkrebs e.V. wurde 1999 von der gebürtigen Südtirolerin Ursula Goldmann-Posch gegründet. Als selbst von Brustkrebs Betroffene sah sie den Bedarf, sich für bessere Überlebenschancen von Frauen mit Brustkrebs zu engagieren und den Begriff der sogenannten Diplompatientin zu prägen: einer mündigen, aktiven Patientin, die informiert Verantwortung für ihre Behandlung übernehmen will. 2007 gründete Goldmann-Posch eine Vertretung von mamazone in Südtirol, zusammen mit der damaligen Landtagsabgeordneten Martina Ladurner und der Betroffenen Erika Laner. Seither engagiert sich mamazone für bessere Aufklärung und Behandlungsmöglichkeiten von Südtiroler Patientinnen. Die gebürtige Toblacherin Erika Laner hat ein Dolmetsch- und Übersetzerstudium in Wien absolviert und im Anschluss einen Master in Betriebswirtschaft angehängt. Laner lebt seit 23 Jahren mit ihrem Mann in Verona, bleibt ihrer Heimat Südtirol aber treu. Seit 1985 ist sie im Verein der Gustav Mahler Musikwochen tätig. Mamazone ist ihr seit mittlerweile über 14 Jahren Aufgabe und Genugtuung zugleich, „weil es schön ist, sich gemeinsam unter Frauen für andere einzusetzen”. Infos zu Brustkrebs, Risikofaktoren, Früherkennung und Behandlungsmöglichkeiten unter: www.mamazone.it //

Martina Ladurner und Erika Laner wollen Betroffene bestmöglich unterstützen. Wichtigster Termin im mamazone-Kalender: die Brustkrebs-Akademie „Diplompatientin“.

gleichwertige Partner angesehen werden. Sie sagte einmal, wenn sie nicht als Patientin ständig nachgehakt hätte, hätte sie manche Therapieansätze nicht gehabt. Sie hatte damals schon mit Martina Ladurner zusammengearbeitet und schließlich haben wir 2007 einen mamazone-Ableger in Südtirol gegründet. Für mich war das am Anfang nicht nur eine riesige Begeisterung, sondern auch eine Art Therapie. Was mich am meisten fasziniert hat, war, gemeinsam mit zwei Frauen so viel auf die Beine zu stellen.

Was ist das Hauptanliegen von mamazone in Südtirol?

Wir versuchen die Öffentlichkeit zu sensibilisieren. Brustkrebs ist im Anfangsstadium meistens symptomlos, wenn man selbst etwas spürt, ist der Tumor meistens schon etwas größer. Deshalb ist unser Appell an jede Frau, sich einen gesunden Umgang mit der eigenen Brust aufzubauen. Das kann gar nicht früh genug anfangen. Dazu gehört natürlich das Abtasten der eigenen Brust, der Austausch mit der eigenen Frauenärztin oder dem Frauenarzt, die auf diagnostische Hilfsmittel hinweisen, und natürlich Vorsorgeuntersuchungen wahrzunehmen. In Südtirol ist es so, dass Frauen ab 50 Jahren zum Mammographiescreening eingeladen werden. Es erkranken aber immer mehr jüngere Frauen. Wir sehen gerade, dass Frauen zwischen 45 und 49 Jahren am meisten mit der Diagnose konfrontiert werden. Erst danach kommen die Frauen ab 60 Jahren.

Müsste dann das Mammographiescreening nicht Frauen ab 40 angeboten werden?

Wir von mamazone sagen ganz klar: Das Screening muss bereits Frauen ab 40 Jahren ermöglicht werden. Nicht weniger wichtig: Bisher werden zum Screening nur Frauen bis 69 Jahre eingeladen, auch das kann es nicht sein. Und dann ist es uns ein Anliegen, die Kontrollen in zertifizierten Brustzentren zu machen. Am Ende sollte die Vorsorge der Brustgesundheit so selbstverständlich ablaufen, wie der jährliche Besuch beim Zahn- oder Augenarzt. Da denkt man ja auch nicht drüber nach.

Welche zertifizierten Brustgesundheitszentren gibt es in Südtirol?

Da ist einmal das Brustgesundheitszentrum Brixen-Meran und die Unità Senologica am Landeskrankenhaus Bozen, die eng mit Bruneck zusammenarbeitet. Beide sind mit entsprechenden Zertifizierungen ausgestattet.

Seit Ihrer eigenen Erkrankung hat sich in der Forschung zu Brustkrebs wieder viel getan. Was bedeutet die Diagnose heute?

Brustkrebs ist kein Todesurteil mehr, wenn er früh genug erkannt wird. Die Überlebenschancen sind groß, die qualitative Überlebensdauer hat sich enorm verbessert. Der Ansatz ist heute, die Therapie auf jede Person individuell zuzuschneiden. Gerade deshalb gilt: Frauen, schaut auf eure Brustgesundheit. Und falls jemand bereits erkrankt ist, wollen wir von mamazone die Betroffenen von der erkrankten zur handelnden Patientin machen.

Wie kann das gelingen?

Für einen Patienten ist jede Minute, die er länger beim Arzt bleiben kann, wichtig. Erst, wenn jemand alles verstanden hat, ist es gut. Die Frauen sollen sich informieren und wissen, welche die richtige Therapie ist, die bei ihnen angewandt wird. Information ist die beste Waffe gegen Angst.

Sind Sie heute eine andere als vor Ihrer

Erkrankung?

Der Krebs hat mir zu verstehen gegeben, dass ich langsamer machen muss. Ich war jemand, der immer mehr als 100 Prozent gegeben hat und Dinge lieber gestern als heute erledigt. Ich habe gelernt, einen Gang zurückzuschalten. Und dann umgebe ich mich nur noch mit Menschen, die keine negative Energie auf mich auswirken. Kindererziehung, Haushalt, Beruf: Frauen sind es ja, die für alles verantwortlich sind. Ich kann nur allen Frauen raten, mehr auf sich zu schauen und sich Zeit für sich zu nehmen.

// Interview: Verena Duregger

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