
7 minute read
Der Fall Wachtlerosaurus: Neuer Prozess gegen Dolomythos
Neuer Prozess gegen Dolomythos
Michael Wachtler, seines Zeichens Forscher und Sammler aus Leidenschaft, Betreiber des Museums Dolomythos in Innichen, Autor und Filmemacher, kommt einfach nicht zur Ruhe. In der Vergangenheit schon im Clinch mit Land beziehungsweise Justiz ob seiner archäologischen Funde, muss er sich seit dem 9. März 2022 erneut in einem Strafprozess vor Gericht verantworten. Sein Vergehen: Der deutsch-amerikanische Wissenschaftler Thomas Perner hat einen wichtigen Saurier aufgrund seiner wissenschaftlichen Forschungen zu Ehren Michael Wachtlers „Wachtlerosaurus“ benannt. Und den Stein damit ins Rollen gebracht?
Das bekannte Museum Dolomythos in Innichen läuft einmal mehr Gefahr, geschlossen zu werden. Der Stein des Anstoßes: Der Wachtlerosaurus, mittlerweile aus dem Museum Dolomythos heraus beschlagnahmt und dem Naturmuseum Südtirol in Bozen übergeben. Und Michael Wachtler ist angeklagt, weil er ohne Konzession archäologische Grabungen (oder Arbeiten) durchgeführt hat und – obwohl er dazu verpflichtet ist – die Funde (in diesem Fall ein Saurier-Fossil) nicht in der vorgeschriebenen Frist den zuständigen Behörden gemeldet hat. Er habe sich Kulturgüter angeeignet, welche dem Staat gehören, so der Vorwurf.
Aber von vorne: Anschließend bringen wir eine Chronologie des Wachtlerosaurus-Hickhacks. Anfang August 2018:Der deutsch-amerikanische Forscher Thomas Perner gibt die Publikation „A new interesting archosaur from the Ladinian (Middle Triassic) of the Dolomites (Northern Italy) -Preliminary report“ für die Veröffentlichung frei. Mit dem Namen Wachtlerosaurus ehrt er Michael Wachtler für seine Forschungen in den Dolomiten. Die Publikation wird in der bekanntesten Wissenschaftsplattform „Researchgate“ als honorarfreies Download online gestellt, und schon in der ersten Woche laden über 1.000 Wissenschaftler weltweit die Publikation herunter. Researchgate teilt mit, dass das RI (Research Interest-Wissenschaftsinteresse) für diesen Artikel um 96 % höher ist als alle im Jahr 2018 publizierten Artikel. Ein großer Erfolg. Am 13. August 2018 teilt ein bekannter Saurierspezialist (Betreiber der bekanntesten Onlineplattform für Saurierforschung reptileevolution.com) mit, dass er den Saurier anders als Perner interpretiert und ergänzende Beobachtungen online gestellt hat, gratuliert aber gleichzeitig auch für den sensationellen Fund.
Am 16. August 2018 meldet sich Christian F. Kammerer zu Wort, der Research Curator of Paleontology vom North Carolina Museum of Natural Sciences mit dem Kommentar, “dass es ein einzigartiger Fund und ein großes Fossil sei, von dem man in Zukunft noch hören wird”. Mehrere Wissenschaftler fragen an, ob dieser Saurier öffentlich zugänglich sei und studiert werden könne. >>
In einem Rundmail vom 16. August 2018 bejaht Michael Wachtler diese Anfragen, da der Saurier zu dieser Zeit im Museum Dolomythos ausgestellt ist und signalisiert seine Bereitschaft, interessierten Wissenschaftler*innen Fotos und Details zu schicken, damit diese das eigenartige Reptil weiterführend studieren können.
Am 17. August 2018 fragt auch Richard J. Butler an, ein Professor der Paläobiologie in Birmingham mit engen Kontakten zum berühmten Natural History Museum in London und weltweiten Referenzen, ob er diesen Saurier studieren dürfe und stößt bei dem erfreuten Michael Wachtler auf offene Türen.
Am 11. Oktober 2019 wird der Wachtlerosaurus aus dem Museum Dolomythos heraus beschlagnahmt und entfernt. Zum Weiterstudium des Wachtlerosaurus kommt es in Folge nicht mehr.
Am 29. Juni 2020 antwortet der Direktor des Naturmuseums Südtirol, David Gruber, auf ein Ansuchen von Michael Wachtler bezüglich einer Fotogenehmigung, welche dieser

Wegen der Beschlagnahmung seiner Fundstücke musste er Kopien (samt Erläuterung) anfertigen.
Ein Blick in einen der ausgestellten Bereiche seines schönen Museums „Dolomythos“ in Innichen. laut eigener Angaben für weitere Forschungen benötigen würde, folgendermaßen: „ (…) dass die Sammlungen des Naturmuseums grundsätzlich nicht für das Publikum zugänglich sind und etwaige Anträge auf Zugang zur Sammlung/Sammlungsmaterial für wissenschaftliche Zwecke nach sorgfältiger Prüfung festgelegter Kriterien genehmigt oder abgelehnt werden. Zu diesen Kriterien gehören unter anderem Sicherheitsbedenken hinsichtlich der Erhaltung und des Wohlergehens der Sammlungsobjekte (einschließlich des Potenzials für Verlust, und/oder Beschädigung). Dies vorausgeschickt und bedingt durch Ihre Vorstrafe, teile ich Ihnen daher in meiner Funktion als Verantwortlicher für die Sammlungen des Naturmuseums an dieser Stelle mit, dass Ihrem Ansuchen auf

MICHAEL WACHTLER UND SEIN DOLOMYTHOS
Seit seiner Studienzeit interessiert sich der Hochpustertaler im Besonderen für Kristalle und Versteinerungen und die Südtiroler Bergwelt mit Fokus auf die Dolomiten. Bereits in den frühen neunziger Jahren macht Wachtler erste spannende Entdeckungen im Bereich der Pflanzenwelt und Fossilien. Im Jahr 1999 entdeckt er ein gut erhaltenes Skelett eines kleinen Reptils, den Megachirella wachtleri, der vor rund 240 Millionen Jahren in den norditalienischen Dolomiten lebte. Seine Leidenschaft für die Dolomiten und deren Schätze bringt ihn schließlich dazu, in Innichen ein entsprechendes Museum zu eröffnen, welches die Geschichte der Dolomiten vom Beginn bis in die heutige Zeit zeigt. Mit einer jährlichen Besucherzahl von rund 50.000 Interessierten hat das Konzept Erfolg. Im Dezember 2010 dann der erste Rückschlag: Eine Sondereinheit der Carabinieri beschlagnahmt 3.700 archäologische Funde, die im Museum Dolomythos aufbewahrt werden. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen unrechtmäßigen Besitzes von Kulturgütern und der Einführung von archäologischen Funden aus dem Ausland. Wachtler wird zudem vorgeworfen, die Stücke nicht sachgemäß präpariert zu haben. Zudem erhebt das Land Südtirol eine Schadenersatzklage von 204.599 Euro wegen Schädigung des Ansehens des Landes. In erster Instanz wird Michael Wachtler zu einer Haftstrafe von 10 Monaten verurteilt, ein Urteil welches dieser als „Urteil gegen die Wissenschaft“ auffasst.
Zahlreiche Publikationen, nicht nur rund um die Dolomiten und die Natur im Allgemeinen, sondern auch geschichtlichen Inhalts, gehen auf sein Konto. // jst
Zugang zu den Sammlungen nicht nachgekommen werden kann.“
Im Jänner 2022 ereilt Michael Wachtler die Mitteilung für besagte Verhandlung mit Prozessbeginn am 9. März.
Auf die Causa „Wachtlerosaurus“ angesprochen, gibt sich Michael Wachtler also derzeit alles andere als erfreut und legt im Gespräch mit der PZ ordentlich nach.
PZ: Schon wieder ein Prozess? Fühlen Sie sich in Ihrem Engagement verkannt?
Michael Wachtler: In der Tat, ich möchte nicht unbescheiden wirken, aber nach dem Ötzi sind mir immerhin die bedeutendsten Funde dieses Landes gelungen. Ich führe das Museum Dolomythos ohne einen einzigen Euro aus der öffentlichen Hand, und darauf bin ich in Zeiten der Covid-Krise stolz. Ein Land wie Südtirol sollte darüber froh sein und nicht noch von mir 340.000 Euro Schadenersatz verlangen, weil ich mit dem Fund von Megachirella wachtleri, dem Urahnen aller Schlangen und Eidechsen und mit dem neuen Wachtlerosaurus ladinicus scheinbar das „Ansehen des Landes geschädigt hätte“.
Ein Fund letzterer, den Massimo Bernardi, Saurierforscher am Museum MUSE in Trient, auf einen Wert von rund einer Million Euro geschätzt hat… Solche Schätzungen sind absurd. Die Menschen sollten viel mehr daran denken, wie sie die Dolomiten als Welterbe der Nachwelt erhalten können. Das Land Südtirol sollte zuerst einmal das Verzeichnis der Kulturgüter ausbauen, wo jeder, auch Private, seine eventuell interessanten Objekte formlos melden kann. Sollte sich wirklich herausstellen, dass etwas Wichtiges dabei ist, kann die Provinz formlos und ohne Strafanzeige zu erheben, mit dem „Verwahrenden“ Kontakt aufnehmen. Oder sonst sollte das Land Südtirol den Mut beweisen, jeden Dolomitenbewohner ins Gefängnis zu stecken,

Fundstücke von großer - auch wissenschaftlicher - Relevanz haben Wachtler bekannt gemacht.
weil alle Häuser aus fossilem Kalkstein gebaut sind und jedes Kind irgendwann einmal eine versteinerte Muschel nach Hause nimmt.
Soll heißen?
Wir müssen uns Folgendes ins Bewusstsein rufen: Das Komprensorium „Dolomiti Superski“ - inmitten des Weltnaturerbes Dolomiten! - umfasst über 1.200 Kilometer Pisten, beschneit von 5.000 Schneekanonen und verbunden mit 500 Liftanlagen. Das sind 12 Millionen Quadratmeter zerstörtes Welterbe. Dazu kommen noch Tausende Kilometer Straßen und Tausende touristische Infrastrukturen. Für den Aufbau des Dolomythos-Museums benötigte ich insgesamt nicht mehr als 10 Quadratmeter Dolomitenboden. Dafür wissen wir aber jetzt um Meilensteine mehr über unsere Vergangenheit, über die Entwicklung des Lebens und der Klimakatastrophen der Gegenwart und Vergangenheit. Mir ist jedes untersuchte Sandkorn im Meer der Forschung um Längen wichtiger als eine Betonwand auf einer Bergspitze. Es gab Zeiten, da sah man den forschenden Einzelmenschen, den Mäzen im Sinne des römischen Kunstförderers Maecenas als Quelle zur Verbesserung unseres Menschseins. Nie kann es eine vollkommene Gesellschaft geben, die das suchende Individuum als Feind betrachtet.
Was kritisieren Sie konkret? Dass sich das Saurier-Fossil nun nicht mehr in
Ihrer Obhut befindet, sondern im Naturmuseum?
Durch die Tatsache, dass ein Weiterstudium des Wachtlerosaurus derzeit – trotz der zahlreichen Anfragen – nicht mehr möglich ist, entsteht ein enormer Schaden für die Wissenschaft. Sicherheitsbedenken? Ich bitte Sie! Dass die Sicherheitsbedenken wohl eher in der maroden und nicht fachgerechten Unterbringung zu suchen sind, geht wohl eindeutig aus Äußerungen des Naturmuseums im AB-Magazin vom Oktober 2021 (welches für eine Verlegung des Ötzi-Museums auf den Virgl wirbt) hervor. Ich darf zitieren: „Im alten Heizraum des Gebäudes ist ein Teil der Fossiliensammlung untergebracht. Die fachgerechte Betreuung der teils organischen Materialien ist nicht möglich. Eine untragbare Situation für Mitarbeiter und Forscher.“
Ihr Fazit?
Südtirol hat gar kein Interesse an den Schätzen der Natur. Lieber als dass sie in einem Dolomitenmuseum dem Publikum gezeigt werden, sollen sie im Heizraum des Naturmuseums vergammeln und zerstört werden!
// Interview: Judith Steinmair
Wer schön sein will, muss lachen.
WIR LIEBEN ES, GLÜCKLICHE MENSCHEN ZU VERWÖHNEN!
Dein Termin in der Lodenbeauty wartet!
Lodenbeauty im Aktiv- und Genusshotel Lodenwirt Pustertaler Str. 1 • 39030 Vintl Termine unter +39 0472 867000 oder info@lodenwirt.com