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Percha: Gedächtnisausstellung über Josef Leiter
Am 19. Februar 2021 wurde Josef Leiter, ein über die Gemeindegrenzen weit bekannter Kirchenrestaurator durch eine tückische Krankheit von dieser Welt abberufen. Der Pfarrgemeinderat von Percha würdigt die großen Verdienste mit der Veranstaltung einer Gedächtnisausstellung. Diese wurde am 24. April 2022 eröffnet.
Paul Niederwolfsgruber, der stellvertretende Präsident des Pfarrgemeinderates, freute sich besonders eine sehr große Zahl von Interessierten sowie viele Ehrengäste wie den Bürgermeister Martin Schneider, Helmut Stampfer, Landeskonservator a. D., Claudia Plaikner, Obfrau des Landesverbandes der Heimatpflege, Albert Steger, ein großer Kunstkenner und Freund von Josef Leiter u.a. herzlich begrüßen und willkommen zu heißen. In seiner Begrüßungsansprache verwies Niederwolfsgruber auf den Inhalt dieser Ausstellung, in welcher das Leben von Josef Leiter und sein lebendiges Wirken, sein künstlerisches Schaffen und seine allumfassenden Fähigkeiten und Kompetenzen auf den Gebiet der Kunst, seine Ausgeglichenheit und Bescheidenheit sowie sein Einsatz für die Erhaltung und Restaurierung der kirchlichen und profanen Einrichtungen in der Gemeinde und im ganzen Land zu bleibender Erinnerung gerufen wurden. Organisiert wurde diese wohl sehr gelungene Ausstellung in gemeinsamer Zusammenarbeit von Paul Niederwolfsgruber, Johann Passler und den beiden Leiters Töchtern Evelyn und Daniela. Nach der Einleitung von Niederwolfsgruber stellte Johann Passler als „Zeitzeuge“ und guter Freund von Josef Leiter dessen Lebenslauf vor. Zunächst dankte er dem Pfarrgemeinderat für die Initiative zur Gestaltung dieser Gedächtnisausstellung und freute sich besonders, dass diese Ausstellung im Statuenraum des KiBiZ (Gebäude des Kirchen- und Bildungszentrum) stattfindet; schließlich hat Leiter zum Bau dieses Raumes einen wesentlichen Betrag geleistet. Dann verwies Passler auf die wichtigen Abschnitte des inhaltsreichen Lebens dieses sehr geschätzten und bekannten Kirchenrestaurators.
SEIN LEBEN
Josef Leiter, der „Toula Seppl“, wie man ihn im Dorf zu nennen pflegte, wurde am 7. Dezember 1945 im Thalerhof in Nasen als
Paul Niederwolfsgruber führte durch die Ausstellung. Zahlreiche Besucher waren zugegen. jopa
jüngstes von neun Kindern geboren. Es war eine Zeit, in der das Nachwirken des Zweiten Weltkrieges noch voll und ganz zu spüren war. Armut, Not und Entbehrung waren „stete Gäste“ in den Familien. So war es wohl auch auf dem Thalerhof, der gerade noch so viel einbrachte, um die elfköpfige Familie zu ernähren. So musste Seppl schon frühzeitig Arbeiten im Hof und Feld übernehmen. Seine Kind- und Jugendzeit verbrachte er in diesem elterlichen Hof, wo er eine strenge, vor allem aber eine tief religiöse Erziehung genossen hat. Dadurch erhielt er schon in der Familie einen Zugang zu den christlichen und religiösen Werten und zum Bezug von verschiedenen Heiligen, die er in seinem späteren Leben sehr zu verehren wusste. Die Volksschule besuchte er in Unterwielen-
Ein Bild der Familie Leiter. Bilder aus den Lehr- und Studienjahren.
bach, wo er besonders großes Interesse für das Fach Zeichen und Schönschreiben zeigte. Wenn Zeichnen auf dem Stundenplan der Schule war, so wussten seine Lehrpersonen immer wieder zu berichten, war Seppl so richtig in „seinem Element“. Nichts ließ ihm dazu bewegen, vom Malen und Zeichnen abzulenken. Bereits in seiner Schulzeit zeichnete und malte er Weihnachtskarten; sogar die Tiroler Freiheitskämpfer, wie Andreas Hofer, den Tharerwirt von Olang u.a. „brachte er aufs Papier“. Als „Hüterbub“ trieb er im Sommer das Vieh auf die Weide und kam so in engem Kontakt mit Natur und Landschaft. Dabei erwachte in ihm schon in jungen Jahren der Drang, Bilder von Wald und Feld, von Bäumen und Sträuchern in sich aufzunehmen und nachzuzeichnen. Seppl hatte schon beim Hüten des Viehes immer Bleistift und Papier bei sich und brachte gerne auf das Papier, was er gerade sah und erlebte. Nach Abschluss der Grundschule sollte Seppl auf Wunsch seines Vaters Maurer werden, damit er schon bald etwas verdienen könne. Seppl aber hatte damit keine Freude und suchte eine Lehr- bzw. Arbeitsstelle, in der er seine Fähigkeiten und Fertigkeiten besser einsetzen könnte. So bewarb er sich bei der Restaurationsfirma Peskoller um einen Arbeitsplatz, der ihm nach einigem Zögern zugesichert wurde. So schrieb er sich in die Berufsschule in Bruneck im Fach „Ma-
ler und Anstreicher“ ein und schloss dieselbe mit der Gesellenprüfung im Jahre 1965 mit höchstem Erfolg ab. Seit dem Jahr 1962 arbeitete er mit großer Freude und mit viel Einsatz zunächst als Lehrling dann als Geselle in der Firma Pescoller. Sein Lehrmeister Johann Peskoller und dessen Nachfolger erkannten schon bald die großen Talente, Fähigkeiten und Fertigkeiten dieses jungen und strebsamen Mannes und wussten seine mustergültige, ausgewogene und sachbezogene Arbeitsweise sehr zu schätzen, so dass er bald schon zum Assistenten in diesem Restaurationsbetrieb ernannt wurde. So wurde Seppl vom „Maler bzw. Anstreicher“ bald schon zum Kirchenrestaurator befördert und ihm wurden Restaurierungsarbeiten in Kapellen und Kirchen im ganzen Land übertragen. Im Jahre 1967 besuchte er die Die wunderschöne Passionskrippe. dreijährige Meisterschule in Baden bei Wien, übersprang die erste Klasse und schloss diese Schule mit dem „Meister auf dem Fachgebiet Malerei“ im Jahr 1969 mit höchster Punktezahl ab. Da er nicht sicher war, ob dieser Titel wohl auch in Italien bzw. Südtirol anerkannt wird, erwarb er dazu noch den „Meistertitel“ in der Fachschule in Bozen. Bis zum Ende des Jahres 1977 arbeitete er zur vollen Zufriedenheit bei der genannten Firma Peskoller. Am 1. Jänner 1978 gründete er mit seinem Berufskollegen Mayr Hubert einen gemeinsamen Restaurationsbetrieb. Beide Meister verstanden sich sehr gut und die gemeinsame Arbeit erbrachte reichliche Früchte. Hubert Mayr weiß heute noch zu berichten, wie schön und ausgeglichen, aber auch wie lustig und fröhlich diese gemeinsame Arbeit war. Im Jahre 1982 trennten sich die beiden Meister und in gemeinsamem Einvernehmen gründeten sie einen eigenen Restaurationsbetrieb. Mit seinen verantwortungsbewussten Mitarbeitern restaurierte er in der Folgezeit viele Kirchen und Kapellen, sowie profane Einrichtungen und erwarb das volle Vertrauen des diözesanen Kunstamtes und des Landesdenkmalamtes. Im Jahre 2004 ging er in Pension und im Jahre 2006 löste er seinen gut funktionieren Restaurationsbetrieb auf. In privater Form arbeitete er in seiner Werkstatt in bewährter Art und Weise bis zu seinem Tod am jopa 19. Februar 2019 weiter. >>
Von Josef Leiter restauriertes Altarbild mit hl. Nikolaus jopa Künstlerfreunde – Bezug zu Martin Rainer. jopa Bilder zu Heimatverbundenheit und Tradition (Prozession und Bittgänge). jopa
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UMFASSENDES WISSEN
Josef Leiter verfügte nicht nur über ein großartiges handwerkliches Können, sondern auch über ein allumfassendes kunsthistorisches Wissen. Wie kein anderer kannte er wohl alle Kapellen und Kirchen unseres Landes und wusste über die Restaurierungsarbeiten in diesen sakralen Gebäuden sehr viel zu erzählen. Besonders geschätzt wurde sein Einsatz und seine unermüdliche Arbeit bei der Erhaltung und Pflege der kirchlichen Gebäude und Einrichtungen in der Gemeinde Percha, wo er auch als Mitglied des Pfarrgemeinderates wirkte und als solcher oft viele wertvolle und unentgeltliche Arbeit leistete. Besonders geschätzt wurden der Entwurf, die Gestaltung, Zeichnung und Beschriftung von verschiedenen Diplomen und Urkunden, die Seppl meist ehrenamtlich für Vereine und Verbände ausführte. Seppl war ein offener, bescheidener, hilfsbereiter und geselligen Mann, der natürlich sehr gerne von der „Kunst ganz allgemein“ redete, der aber auch beharrlich sein konnte, wenn er von etwas überzeugt war. Dieser aufgezeigte Lebenslauf von Josef Leiter bildete den Inhalt dieser Ausstellung. In einzelnen Etappen mit dazu gehörenden Bildern und Schreiben wurden beginnend von seiner Kindheit im Elternhaus treffende Abschnitte aus seinem Leben dargestellt. Die Ausstellung beginnt mit dem Foto der Familie Leiter und einem handgeschriebenen Brief von Josef an seine Eltern aus Baden bei Wien, in welchem er über seine Lebensweise und seine Ausbildung in der Meisterschule berichtet. Dann werden erste Zeichnungen und Malerarbeiten dargestellt, die er in den Ausbildungsstunden mit dem Maler Lois Irsara aufs Papier brachte. Durch Darstellung von verschiedenen Bildern wird sein Bezug zu Heiligen besonders zu seinem Namenspatron, dem hl. Josef, dargestellt. Ebenso kennzeichnen Bilder aus Prozessionen, Fahnen und die im Raum stehenden Skulpturen, die große Verbundenheit mit der Volksfrömmigkeit, mit Prozessionen,
Bezug zum Namenspatron hl. Josef. jopa
Kreuz- und Bittgängen. Durch das Bild des hl. Nikolaus, das Leiter erworben, restauriert und der Kirche von Percha unentgeltlich übergeben hat, bewies er die Großzügigkeit und die Wertschätzung der eigenen Pfarrei. Ein Augenmerk wird auch auf die Krippen, besonders Weihnachtskrippen gerichtet, mit denen er schon in seiner Kindheit eine ganz besondere Freude hatte. Nicht zu unterschätzen ist auch sein Bezug und seine Wertschätzung der modernen Kunst, was durch Bilder von Martin Rainer und Veronika Steiner zum Ausdruck gebracht wird. Eingespielt wurden auch Ausschnitte aus dem Interview, das Leiter bei Radio Maria gegeben hat, wobei auch seine Stimme noch zu hören war. Durch die Ausstellung führte Herr Paul Niederwolfsgruber, der es bestens verstand mit treffenden und passenden Erläuterungen und Informationen alle Interessierten für diese Ausstellung zu begeistern.
Alles in allem, war es eine sehr gelungene Ausstellung, die sehr viel Anklag gefunden und die Erinnerung an Josef Leiter wieder bestens wachgerufen hat. // jp