Achtung, Stressfalle: Ist Ihr Pferd überfordert? Das Magazin für aktive Reiter
14 Seiten
Mein
TippS der Westernreiter
8 • August 2014 • www.mein-pferd.de
Danke!
Warum Schulpferde so großartig sind
Fang mIch
Wie Sie Ihr Pferd problemlos von der Weide holen
„Zu dritt macht es mehr Spaß“ Mit Hund und Pferd unterwegs – so klappt’s
Vom
Tollpatsch zumTänzer 6 geniale Übungen am Boden, mit denen Sie Ihr Pferd in die Balance bringen
DeutschlanD 3,80 € Österreich 4,30 € schweiz 6,50 sfr Belgien 4,40 € luxemBurg 4,40 € italien 5,00 € spanien 5,00 €
TITELTHEMA
FeingeFühl schulen
„Vom
Tollpatsch zum Tänzer“ Manche Pferde sind anscheinend von Natur aus geschickt auf allen vier Beinen, andere fallen fast über ihre eigenen Hufe. Unsere Experten erklären, wie Sie die Motorik und das Körpergefühl Ihres Pferdes mit einfachen Übungen gezielt verbessern können Text: Aline Müller | Fotos: Ilja van de Kasteele
K
inder haben Erwachsenen einiges voraus: Sie lernen viele Dinge durch Ausprobieren, schulen ihr Körpergefühl im Spiel und bewegen sich freier und unbefangener. An dem Spruch „Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr“ ist tatsächlich etwas dran. In jungen Jahren verinnerlicht man zum Beispiel Bewegungsabläufe deutlich schneller: Kinder lernen Fahrradfahren, sie schwimmen, sie klettern, fahren Inliner oder Skateboard. Jeder, der schon einmal eine Sportart wie Skifahren oder Schwimmen erst im Erwachsenenalter gelernt hat, weiß, wie schwer es sein kann, ein sportlicher Späteinsteiger zu sein. Auch wenn unsere Pferde sich keine Skier unter die Hufe schnallen – sie tragen uns auf dem Rücken, und auch das ist eine Herausforderung in Sachen Balance und Koordination.
UNSErE EXPErTEN Corinna Mrositzki ist Practitioner Feldenkrais & Pferd sowie Geländerittführerin. Die Hamburgerin lebt seit über zehn Jahren in Köln und arbeitet nicht nur mit Menschen am eigenen Körpergefühl, sondern nutzt die Feldenkrais-Methode unter anderem auch, um die Balance und Durchlässigkeit von Pferden zu verbessern und Bewegungsabläufe bewusst zu schulen. Für unser Fotoshooting hat sie uns einige Übungen mit ihrem Feldenkrais- und Therapiepferd Mashoub gezeigt.www.feldenkrais-pferd-koeln.de
Bewegungserfahrungen sammeln
Corinna Scholz hat in ihrem Leben schon einige grundverschiedene Pferde ausgebildet. Sie legt großen Wert auf ein Training, das individuell auf jedes Pferd angepasst wird. Das Hauptaugenmerk liegt dabei auf einem freudig und zufrieden mitarbeitenden Pferd, dessen körperliche und geistige Fähigkeiten beachtet, verstanden und dann mit Gefühl gefördert werden. Corinna Scholz bietet Unterricht und Beritt in Alveslohe (Schleswig-Holstein). 2014 ist ihr Buch „blv-Handbuch Bodenarbeit“ (BLV-Verlag) erschienen. www.tanzende-hufe.de
Kinder haben Erwachsenen aber nur dann etwas voraus, wenn sie überhaupt die Möglichkeit bekommen, ihr Körpergefühl spielerisch zu schulen. Ein Kind, dass nur vor dem Fernseher oder Computer hockt, wird unter Umständen schon mit einfachen motorischen Herausforderungen, wie auf einem Bein hüpfen, Probleme haben. Auch bei Pferden haben die Bewegungserfahrungen, die sie von der Fohlenzeit an gemacht haben einen großen Einfluss auf das Körpergefühl.
Katharina von Lingen ist Pferdeund Kommunikationstrainerin. Sie hat sich auf das Thema „Pferd und Persönlichkeit“ spezialisiert und verknüpft Pferde- mit Humanpsychologie. Weitere Hauptgebiete sind Freiarbeit, Horse Agility, Zirzensik und Natural Horsemanship. Sie lebt und arbeitet auf ihrer Anlage „HorseCompetence“ in der Nähe von Bremen. Dort hält sie regelmäßig Seminare und Wochenendkurse. gibt Einzelunterricht und arbeitet mit „Problempferden“, also Pferden mit Verhaltens- und Beziehungsstörungen. www.horsecompetence.de
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es mĂźssen nicht immer dicke holzstangen sein. Die kleinen hindernisse fĂśrdern die Konzentration von Pferd und Mensch
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Besser reiten
Auf der Weide
„fang mich doch!“ Viele Reiter sind völlig frustriert, wenn sie ihr Pferd nicht einfach von der Weide holen können, sondern dem Vierbeiner hinterherlaufen müssen. Wir verraten, wie Sie den Spieß umdrehen und sich von Ihrem Pferd fangen lassen Text und Fotos: Ilja van de Kasteele 26
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Nähern Sie sich ihrem Pferd selbstbewusst, aber entspannt. Beachten Sie seinen individuellen raum
A
nna strahlt: „Ich hätte nicht gedacht, dass es so leicht ist und letztlich so schnell gehen würde.“ Die Aufgabe war auf den ersten Blick ein schwerer Brocken: Araber-Stute Roma gilt im Stall als echte Herausforderung, wenn es darum geht, sie von der Weide zu holen. Nicht wenige kamen frustriert, weil erfolglos, ohne sie zurück. Andere hatten zwar Geduld und schafften es nach einer halben Stunde, sie zu halftern, waren aber überzeugt, dass es reiner Zufall war. Genau das soll es aber nicht sein. Ein Pferd wird sich dann problemlos halftern und von der Weide holen lassen, wenn es im Menschen einen zuverlässigen, beständigen Partner sieht. Dieser Partner wird man nur, wenn man versteht, was ein Pferd ist und wie es seine Umwelt wahrnimmt.
Wenn der Löwe satt ist
Neue Ser
ie
Basics leich t gemacht
Zu schnell genähert: Stute roma verlagert ihr Gewicht und wird nach links weggehen
Jeder Reiter lernt sehr früh, dass ein Pferd ein Fluchttier ist. Aber was bedeutet das wirklich? Für Fluchttiere ist es elementar wichtig zu wissen, wie sich Lebewesen und Objekte im Raum verhalten. Wer schon einmal eine Dokumentation über wilde Tiere in Afrika gesehen hat, kennt diese Szene: Eine Löwe, der gerade gefressen hat, bewegt sich in nächster Nähe zu einer Herde Antilopen. Diese ergreifen aber nicht die Flucht, sondern grasen seelenruhig weiter. Das Fluchttier Antilope bleibt beim Anblick des Löwen also völlig ruhig. Erstaunlich? Nein, denn das Bewegungsmuster des Löwen signalisiert den Tieren, dass er bereits gefressen hat und nicht auf der Jagd ist. Eine Raubkatze, die Beute machen möchte, hat jede Muskelfaser angespannt und schleicht sich an ihr Opfer heran, bevor sie losschlägt. Denken Sie an eine Katze, die sich an eine Maus heranschleicht. Für Fluchttiere ist es also wichtig, das Bewegungsmuster eines anderen Lebewesens lesen und entsprechend interpretieren zu können. Für den Reiter bedeutet das: Gehen Sie nicht angespannt und mit hochgezogenen Schultern auf Ihr Pferd zu. Seien Sie selbstbewusst, aber
Nehmen Sie sich Zeit und beobachten Sie, wie sich ihr Pferd in der Herde verhält
geistig und körperlich entspannt. Marschieren Sie nicht auf Ihr Pferd zu, sondern gehen Sie leicht und so, als könnten Sie jeden Schritt, den Sie vorwärtsgehen, auch wieder rückwärtsgehen. Konzentrieren Sie sich dabei auf Ihre Körpermitte, die knapp unterhalb Ihres Bauchnabels liegt. Bleiben Sie in der Balance, fallen Sie nicht mit dem Oberkörper nach vorne. Wenn Sie jetzt auf Ihr Pferd zugehen, beobachten Sie seine Reaktion. Jedes Lebewesen – auch der Mensch – hat einen persönlichen Bereich, in den ein anderer nicht einfach eindringen darf. Wie große dieser Bereich ist, hängt von den Umständen, Ihrer persönlichen Tagesform und der Person ab, die sich Ihnen nähert. Stellen Sie sich zum Beispiel vor, Sie warten abends allein am Bahnhof auf den Zug. Am anderen Ende des Bahnsteigs taucht plötzlich ein Mann der Hells Angels auf. Wie fühlen Sie sich, wenn er dort stehen bleibt, wie fühlen Sie sich, wenn er langsam näher kommt, wie, wenn er gezielt auf Sie zugeht? Ab wann wird es Ihnen zu ungemütlich und Sie entschließen sich, den Bahnsteig zu verlassen? Ähnlich entscheidet auch Ihr Pferd, wenn sich ihm ein Mensch nähert. Wenn Sie näher kommen, wird Ihr Pferd irgendwann den Kopf leicht heben und Sie beobachten.
das Gewicht verlagern Kommen Sie ungelegen, es möchte also lieber noch auf der Weide bleiben, oder Sie rauschen mit zu viel Energie auf Ihr Pferd zu, wird es sich weiter aufrichten und ab einer gewissen Distanz das Gewicht von einem Bein aufs andere verlagern. Gehen Sie jetzt einfach weiter, wird es in eine andere Richtung schauen und schließlich auch dorthin gehen. Bleiben Sie dagegen in diesem Moment stehen und warten ab, wird Ihr Pferd Sie ansehen. Treten Sie jetzt einen Schritt zurück, um es dafür zu belohnen. Warten Sie etwas. Nähern Sie sich Ihrem Pferd dann weiter. Wann immer es erneut sein Gewicht verlagert, bleiben Sie wieder stehen und treten einen Schritt zurück, sobald es Sie ansieht. Sobald Sie neben Ihrem Pferd stehen, bieten Sie ihm das Halfter
dreht sich ihr Pferd weg, versuchen Sie nicht, es noch schnell festzuhalten 08/2014 www.mein-pferd.de
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pFERDEMENScHEN Volle Konzentration: Kandidatin Katrin Westendorf auf dem Working-EquitationProfi Macchiato
Vom Dressur- in den Westernsattel: Anja Mertens auf Quarter Horse Ses Smart Poco Chex
EQuitAnA OPEn Air
Dreimal wunschlos glücklich
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MEIN wunsch pFERD
Nicht ein, sondern gleich drei Wunschpferde gab es auf der Equitana Open Air. Bei der Aktion „Wunschpferd live“ ließen namhafte Trainer Mein Pferd-Leser in fremde Sättel steigen: Souverän meistert Mitja Hinzpeters Hengst Macciato mit seiner Reiterin Aufgaben der Working Equitation, Oli Stein bringt einer Dressurreiterin den Spin bei, und Evelyn Biesenbach gibt eine Fahrstunde Text: Aline Müller | Fotos: Ilja van de Kasteele
Die Leinen fest im Griff: Lena Braun lenkt die Kaltblüter Lukas und radek über das Messegelände
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s gehört schon ein bisschen Mut dazu, gewohnte Bereiche zu verlassen, sich auf Neues einzulassen und über den Tellerrand zu schauen. Noch mehr Mut braucht es allerdings, diese ersten Schritte unter Beobachtung zu tun. Mit unserer Sonderausgabe des „Wunschpferdes“ wollten wir nicht nur den Kandidatinnen die Möglichkeit geben, sich einen Traum zu erfüllen, sondern auch den Zuschauern einen kleinen Denkanstoß geben und sie im besten Falle sogar davon überzeugen, dass es sich lohnt, andere Disziplinen oder Reitweisen auszuprobieren. Bei unserer ersten Kandidatin hieß es: „Neue Dimensionen“, denn Lena Braun, die selber drei Shetland-Ponys besitzt, manövrierte auf der Equitana Open Air
mit Hilfe von Fahrlehrerin Evelyn Biesenbach ein Gespann aus zwei Kaltblütern mit leichtesten Hilfen über den Platz. Eine Leidenschaft für Ponys hat auch Anja Mertens. Die Dressurreiterin startet normalerweise mit ihrem Welsh B Solido in Dressur- und Springprüfungen. Auf der Equitana Open Air machte sie auch im Westernsattel eine gute Figur und ritt unter Anleitung von Profi Oliver Stein, Mitglied des deutschen Nationalkaders, ihren ersten Spin und Sliding Stop im Ring. Auch unsere dritte Kandidatin, Katrin Westendorf, hat auf der Messe umgesattelt. Eigentlich reitet sie nach den Prinzipien der akademischen Reitkunst von Bent Branderup. Die Gebrauchsreiterei hat sie aber schon immer interessiert, und im Sattel des erfahrenen Hengstes Macchiato konnte sie vor den
Augen der interessierten Zuschauer die Disziplin Working Equitation näher kennenlernen. Eine anschauliche Einführung für Reiterin und Zuschauer gab Mitja Hinzpeter, der erfolgreich mit der deutschen Nationalmannschaft Working Equitation startet.
Auf ins rampenlicht Bevor es auf den Showplatz ging, hatte jede der drei Kandidatinnen Zeit, sich mit dem Pferd beziehungsweise dem Gespann vertraut zu machen, zu putzen, zu satteln oder anzuspannen. Unsere Profis gaben ihren Schülern eine kleine Einweisung auf dem Abreiteplatz. Nach etwa einer halben Stunde hieß es dann endlich: Ring frei für das Wunschpferd auf dem Festival des Pferdesports! 08/2014 www.mein-pferd.de
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Gesundheit
Psyche
Die StreSSfalle Studien zufolge können schlechte Haltungsbedingungen oder zu hohe trainingsanforderungen bei Pferden zu stressbedingten Krankheiten führen. Diese sind vom Burn-out-syndrom beim Menschen bekannt: rückzug, Depressionen, psychosomatische Beschwerden. Die Verhaltensbiologin Marlitt Wendt zeigt Auswege text: Julia Schay-Beneke
Gestresste Pferde ziehen sich häufig zurück und wirken introvertiert
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ie Zahlen sprechen leider eine eindeutige Sprache. Etwa 60 Prozent aller Sportpferde und 90 Prozent der Rennpferde leiden unter Magengeschwüren. 35 Prozent aller abrupt abgesetzten Fohlen entwickeln Verhaltensauffälligkeiten wie Koppen, Weben oder Boxenlaufen. 24 Prozent der Reitschulpferde, die im Rahmen einer französischen Studie beobachtet wurden, zeigten Symptome einer Depression. Offenbar gibt es bei Pferd und Mensch deutliche Parallelen: Die Verhaltensforscherin Carole Fureix, verantwortlich für diese Studie, ging vorab davon aus, dass Pferde uns ähneln und unter bestimmten Arbeitsbedingungen leiden. So nehmen auch bei Menschen stressbedingte Krankheiten seit einigen Jahren immer mehr zu – ist das gefürchtete Burn-out-Syndrom jetzt auch bei Pferden auf dem Vormarsch? Die Verhaltensbiologin und Autorin Marlitt Wendt beschäftigt sich seit Jahren mit der komplizierten Psyche der Pferde. Sie setzt sich vor allem für ein harmonisches Miteinander von Pferd und Mensch sowie entspannte und pferdgerechte Trainingsmethoden ein. Im Interview mit Mein Pferd erläutert sie, welche Faktoren für Stress bei Pferden verantwortlich sind – und was man tun kann, um Stress zu reduzieren. Mein Pferd: Stress bei Pferden – ein weit
verbreitetes Problem?
Marlitt Wendt: Ja, leider. Und viel zu oft ein unerkannter Prozess, unter dem die Pferde schleichend jahrelang leiden. Das Problem betrifft nicht nur Turnierpferde, sondern auch viele Freizeit-, Zucht- und sogar Beistellpferde. Beispielsweise gehen Forscher bei Magengeschwüren – eine häufige Folge von chronischem Stress – davon aus, dass sogar mehr als 40 Prozent aller Freizeitpferde unerkannt betroffen sind.
Hat der Stress bei Pferden in den letzten Jahren zugenommen oder sind die Pferdebesitzer heute aufmerksamer als früher?
Beides vermutlich. Die typischen Problemfelder haben sich zum Beispiel verschoben: Waren früher eher Turnierpferde betroffen, haben heute auch viele Freizeitreiter enorme Ansprüche an ihre Tiere. Freizeitpferde sind auch häufigen Stallwechseln ausgesetzt, leiden unter undurchdachten Haltungskonzepten (hier sind auch besonders die an sich großartigen Offenställe zu nennen) und sollen reiterlich in vielen Disziplinen glänzen sowie ihr Können bei Veranstaltungen unter Beweis stellen. Entsprechen das Talent des Pferdes und das Können des Reiters nicht den eigenen Wünschen, ist es meist das Pferd, das mit Stress auf unrealistische Anforderungen reagiert. Während früher aus Unwissenheit oder Mangel an Informationen zu spät oder gar nicht gehandelt wurde, werden heute viel zu viele Hausmittel probiert und wird das Pferd dabei häufig überlastet. Das Pferd gerät z. B. durch die häufigen Methodenwechsel (sei es von Trainer, Hufpfleger oder Sattler) und Futterwechsel (auch mit Zusatzstoffen, Müslis etc.) unter Stress. Welche sichtbaren Faktoren begünstigen Stress bei Pferden?
Im Prinzip kann alles Stress mit sich bringen. Zusätzlich zu den oben genannten Ursachen fallen mir vor allem die Herdenzusammensetzung, die Trennung von Artgenossen und Ausrüstungsgegenstände ein. Ein gewisser
Boxenhaltung gehört zu den Stressfaktoren par excellence
Grad an Stress ist im Leben jedoch normal. Das Pferd ist dafür gemacht, Reize wahrzunehmen und durchaus mit ihnen zurechtzukommen. Allerdings ist jedes Tier einzigartig: Was für das eine Pferd noch völlig in Ordnung ist, kann für ein anderes ein enormer Stressor sein. Die Empfindlichkeit eines Pferdes für bestimmte Stressoren ist abhängig von seiner Persönlichkeit, seinen Vorerfahrungen und natürlich auch der Kombination der unterschiedlichen Stressoren. Welche unsichtbaren Faktoren führen ebenfalls zu Stress?
Schmerz ist einer der häufigsten, gravierendsten und am meisten unterschätzten Stressfaktoren. Da sich die unterschiedlichen Stressoren quasi summieren und dann in ihrer Gesamtheit zu den typischen stressbedingten Problemen führen, ist es
Ein dauerhafter Geräuschpegel macht empfindliche Pferde krank
Im Offenstall sollte Futterneid unbedingt vermieden werden
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Special WeStern
Die beSten Übungen Der WeSternreiter
Garantiert mehr Spaß Sie wünschen sich ein aufmerksames und motiviertes Pferd? Dann geben Sie ihm einen Sinn beim Reiten. Die Westerntrainer Sina Kaletka und Sebastian Geiger stellen vier Übungen aus der Gebrauchsreiterei vor, mit denen Sie und Ihr Pferd garantiert mehr Spaß haben und ein starkes Team werden. Nebenbei wird Ihr Pferd wendig, geschmeidig und flink Text: XXXXX | Fotos: Ilja van de Kasteele 60
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"Fang mich doch!" – gehen Sie das tägliche training ruhig mal spielerisch an. Das bringt Spaß und action in die Sache
Die tonne wirkt vorne begrenzend. So können Sie ohne Zügeleinsatz wenden
Übung 1: WenDigkeit an Der tonne
-pferd.de www.mein ZeichVideos und unseren nungen zu den Sie Übungen fin . im Internet
S
tellen Sie sich vor, Sie verabreden sich mit einem Freund zum Joggen oder zum Spazierengehen. Sie freuen sich auf eine lockere Runde durch den Wald. Stattdessen geht Ihr Freund mit Ihnen in eine 10 mal 20 Meter große Turnhalle, in der Sie eine Dreiviertelstunde einfach nur im Kreis gehen oder laufen. Werden Sie sich nochmal mit dem Freund verabreden? Wahrscheinlich nicht. Den einzigen Sinn in der Aktion können Sie darin erkennen, dass Sie sich durch das Laufen körperlich fit halten und Kondition aufbauen. Das Pferd weiß das nicht, wenn Sie mit ihm in die Reithalle
Mit dieser Übung können Sie sich super auf alle folgenden vorbereiten. Sie brauchen hierfür eine Tonne oder ein Fass. Zur Not können Sie auch drei Sprungständer eng zusammenstellen. Reiten Sie mit etwa ein bis zwei Metern Abstand und in leichter Innenbiegung um den Gegenstand herum. Aus der Bewegung heraus leiten Sie eine Hinterhandwendung ein, indem Sie Ihren inneren Zügel vom Hals des Pferdes wegnehmen und nach innen öffnen. Gleichzeitig öffnen Sie Ihr inneres Bein und üben außen leichten Druck aus. Ihr Pferd sollte sich daraufhin mit der Vorhand zur Tonne hinwenden und die Richtung wechseln. „Die Tonne begrenzt das Pferd vorne, so dass es sich bei der Wendung automatisch auf die Hinterhand setzen muss, ohne dass Sie die Zügel einsetzen“, erklärt Sina Kaletka. Wenn Sie auf der anderen Hand angekommen sind, reiten Sie sofort weiter auf der Volte. Es sollte alles ein Bewegungsfluss sein.
oder auf den Platz gehen. Aus Pferdesicht ist es einfach nur Energieverschwendung und gähnend langweilig, im Kreis herum zu laufen. Dabei kann Reiten in der Halle oder auf dem Platz so viel Spaß machen – wenn Sie sich und Ihrem Pferd dabei eine Aufgabe geben. Ein Beispiel: Beim Öffnen eines Tores bekommen Übungen wie Vorund Hinterhandwendung plötzlich einen praktischen Sinn. „Wenn das Pferd merkt, dass der Reiter nichts von ihm will, sondern mit ihm eine Aufgabe bewältigen möchte, ist das Pferd meistens viel motivierter und die Zusammenarbeit klappt besser“, kann Westerntrainer Sebastian Geiger aus Erfahrung berichten. Unter dem Namen „KG
Trainingstables“ betreibt er mit seiner Partnerin Sina Kaletka einen Trainings- und Ausbildungsstall in Dinslaken (NRW). Eine Spezialität der beiden: Sie nutzen Elemente, die aus der praktischen Arbeit mit Pferden auf einer Rinderranch stammen, für das tägliche Training in der Reitbahn. Reiter aller Reitweisen können davon profitieren, denn die Übungen bringen neuen Schwung ins Reiten, verbessern die Kommunikation zwischen Reiter und Pferd und stärken nebenbei die körperliche Fitness des Vierbeiners. Besonders bei sonst eher faulen oder schwerfälligen Pferden werden Sie den Unterschied in puncto Motivation und Leichtigkeit beim Reiten schnell merken. 08/2014 www.mein-pferd.de
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SPecIAl WeSTern
SiGnalReitweiSe
Mit Küsschen in den Galopp Westernreiter kommunizieren mit ihren Pferden mittels Signalen, Klassischreiter mittels Hilfen. So definieren viele den Unterschied zwischen den beiden Reitweisen. „Das ist aber nur die halbe Wahrheit“, sagt Ausbilder Jörg Bös. Worin die Unterschiede liegen und warum er das Signalreiten als bloßes Dressieren des Pferdes ablehnt Text: Inga Dora Meyer 64
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western oder klassisch? ausbilder Jörg Bös sieht da keinen Unterschied
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ie reiten Western oder ganz klassisch nach den Richtlinien der Deutschen Reiterlichen Vereinigung? Dann finden Sie wahrscheinlich, wie viele andere Reiter auch, grundlegende Unterschiede zwischen diesen beiden Reitweisen. Jörg Bös, Ausbilder aus dem schleswig-holsteinischen Tangstedt, ist da anderer Meinung. Er hat eine klassische Ausbildung bei namhaften Trainern (unter anderem bei Grand-Prix-Trainer Gerhard Weiß) in Dressur und Springen absolviert und war jahrelang als Richter für die NRHA (National
Reining Horse Association) und die EWU (Erste Westernreiter Union Deutschland) tätig. Kurzum: Bös kennt beide Seiten. Für ihn steht fest: „Es gibt nur zwei Arten des Reitens: gutes und schlechtes Reiten.“ Das Westernreiten wird häufig von der klassischen, deutschen Reitweise abgegrenzt, als wären es zwei völlig verschiedenen Arten zu reiten. „Fakt ist jedoch, dass beide aus der Gebrauchsreiterei entstanden sind. Die klassische basiert auf der Ausbildung von Pferden für den Einsatz in Kavallerieeinheiten, also zur Kriegsführung, das Westernreiten auf der Ausbildung von Arbeitspferden, beispielsweise zum Treiben von Rindern“, so der Experte. In der Regel wird das Argument des Signalreitens als wesentliches Unterscheidungsmerkmal angeführt. „Das ist aber nur eine bestimmte Art des Reitens, aber nicht die Reitweise der Westernreiter. Sie wenden das Prinzip der Signale nur am häufigsten an“, sagt Bös. Ebenso bedienen sich auch Islandpferdeund Camargue-Reiter der Reitart. Aber was macht das Signalreiten überhaupt aus?
Reiter ihre Pferde immer und ständig treiben sollen. Da ist ein Image geschaffen worden, das nicht der Wahrheit entspricht.“ In Band I heißt es nämlich wortwörtlich: „Bei elastisch am Pferdeleib anliegenden Unterschenkeln kommt eine leichte Einwirkung bereits dadurch zustande, dass der Rumpf des Pferdes sich im Rhythmus des Bewegungsablaufs wechselseitig nach rechts und links bewegt. Ohne dass der Reiter aktiv treibt, holt sich das Pferd so bei jedem Schritt, Tritt oder Sprung eine Einwirkung des Schenkels gewissermaßen selbst ab.“ Ein gut gerittenes Pferd sollte so gehfreudig sein, dass der aktiv vorwärtstreibende Schenkel nicht permanent zum Erhalt des Schwungs und des Tempos notwendig ist. Eine weitere Gemeinsamkeit der beiden Reitweisen ist also, dass der Reiter über eine Aktion eine Reaktion beim Pferd auslöst. Der grundlegende Unterschied zwischen den klassischen Hilfen und den Signalen muss also ein anderer sein. Jörg Bös erklärt: „Wenn der Reiter seinem Pferd eine Hilfe gibt, unterstützt er es in seinen Ausführungen und hilft ihm, so wenig Fehler wie möglich zu machen. Signale werden im Gegensatz dazu erst dann gegeben, wenn das Pferd bereits einen Fehler gemacht hat – quasi als Korrekturmaßnahme. Das Motto lautet: Machst du das, was ich möchte, ist es angenehm für dich. Machst du nicht das, was ich möchte, wird es unangenehm. Das ist eine Grundeinstellung des Signalreitens und der wirkliche Unterschied zu den Hilfen der Klassischreiter.“
Das „Küsschen“ ist ein Signal zum angaloppieren, aber keine Hilfe im klassischen Sinne
Reiten mittels kurzer Signale Westernausbilder beschreiben das Signalreiten im Allgemeinen so: Das Besondere ist, dass der Reiter immer nur mit kurzen Signalen auf das Pferd einwirkt. Zum Antraben wird beispielsweise ein feiner Impuls mit den Schenkeln ausgelöst. Wenn das Pferd in den Trab fällt, verhält sich der Reiter passiv. Nur wenn das Pferd sein Tempo verlangsamt, erfolgt der Schenkelimpuls erneut. So lernt es, selbstständig sein Tempo zu halten. „Das ist doch genauso wie beim guten, klassischen Reiten auch. Ich sehe da erst mal keinen so riesigen Unterschied“, sagt Bös. Doch das Klischee eines dauerhaft auf das Pferd einwirkenden Klassischreiters hält sich hartnäckig. „Schuld ist die falsche Interpretation der deutschen Richtlinien. Niemand hat dort jemals geschrieben, dass 08/2014 www.mein-pferd.de
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Fotos: Ilja van de Kasteele, www.slawik.com
Die vorwärtstreibende Hilfe ist bei western- und Klassischreitern gleich
DrauSSen unterwegS
mit pony untErWEgS
„Egon ist einfach klasse!“ Mini-Shetlandpony Egon hat das wandern für sich entdeckt. als tierischer Begleiter und „Lastentier“ erkundet er fremde Pfade. Seine Besitzerin Sarah Lorenz erzählt in unserem Interview von ihren erlebnissen mit dem kleinen „wandersmann“ Interview: anna Snehotta | Fotos: Sarah und timo Lorenz Mein Pferd: Sie und Ihr Mann sind schon lange leidenschaftliche Wanderer, und auch Ihr Hund Sturmi ist mit dabei. Doch wie sind Sie auf die Idee gekommen, Ihr Pony Egon mitzunehmen? Sarah Lorenz: Das gemeinsame Wandern mit Egon hat sich eigentlich durch Zufall ergeben. Vor einem Jahr habe ich ihn ziemlich spontan von einer Bekannten über76
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nommen und stand plötzlich vor der Frage, wie ich ein 90 Zentimeter kleines MiniaturPferd beschäftigen soll. Also haben wir ihn testweise mit zum Wandern genommen. Zu unserem Glück hat sich Egon als williger Lastenträger entpuppt und ist seitdem immer mit dabei. Inzwischen dokumentiere ich auch unsere Wanderungen und stelle unsere Erlebnisse und Erfahrungen in unseren Blog ins Internet.
Was hat Egon für einen Charakter, wie alt und wie groß ist er? Egon ist ein ziemlich typisches Shetlandpony: Klein, aber oho! Er war zehn Jahre alt, als ich ihn übernommen habe. Er musste natürlich erst einmal austesten, was er sich alles erlauben kann. Inzwischen ist er aber ein treuer Begleiter. Auf unseren Wanderungen folgt er mir überall hin, wartet in den Pausen brav und passt sich schnell an neue Situationen an. Für seine 90 Zentimeter Stockmaß ist er manchmal schon ein kleiner Angeber. Dafür kommt er aber auch schnell in neuen Herden zurecht und weiß sich durchzusetzen. So konnten wir ihn einmal auf einer Wanderung sogar mit einem Shire Horse zusammenstellen. Das war ein lustiges Bild. Ein einfaches Kinderpony ist Egon aber auf keinen Fall.
Wandern durch den Schlosspark mit Blick auf die Ettersburg
trinkpause für mensch und tier – für Egon ist ein faltbarer Eimer dabei
Entspannung pur auf dem premiumweg zum Heldrastein
Hatten Sie beide vor Egon schon Erfahrung im Umgang mit Pferden? Ich hatte vorher schon Erfahrung mit Pferden und reite seit meinem neunten Lebensjahr. Dabei habe ich schon ziemlich viel durchprobiert – von Dressur über Springen bis hin zum Westernreiten. Auch jetzt reite ich noch ab und zu, wenn ich die Zeit dafür habe. Manchmal nehme ich dabei auch Egon als Handpferd mit ins Gelände. Für meinen Mann hingegen war der Umgang mit Egon zunächst ungewohnt, aber er hat sich schnell an sein neues Cowboy-Dasein gewöhnt. Wieso nimmt man ein Pony mit auf Wanderungen und nicht ein Pferd, das man streckenweise auch reiten kann? Wie viel Rücksicht müssen Sie auf Egon nehmen?
Ganz einfache Antwort: Weil ich nur ein Pony habe. Aber auch so war ich schon oft froh über die kleine Größe. Manchmal müssen wir unter Schranken, Brücken oder anderen Barrieren durchlaufen, und oft passt es mit Egon gerade so. Auch in engen Waldwegen ist ein kleines Pony einfach praktischer. Auf unseren Wanderungen müssen wir schon viel Rücksicht auf Egon nehmen. Wir suchen Pausenplätze nach dem saftigsten Gras und Unterkünfte nach der besten Pferdeunterbringung aus. Auch bei der Wahl der Route schauen wir, dass wir möglichst wenig entlang von Straßen oder auf Asphalt laufen müssen. Wie viel mehr Verantwortung bringt es mit sich, ein Tier – speziell ein Pferd – mitzunehmen? Es bringt schon einiges an Verantwortung mit sich, ein Pferd mitzunehmen. Schließlich soll es ihm die ganze Zeit über gut gehen und natürlich auch selber Spaß an der Wanderung haben. Mit einem Auge und Ohr bin ich bei den Wanderungen deshalb immer bei Egon, auch in den Pausen. Die eigenen Belange stehen immer hinter denen der Tiere.
Wie viel Training braucht ein Pony, um auf längeren Touren mitzukommen? Wie bereiten Sie Egon optimal auf Wanderungen vor? Ich würde sagen, das Training ist vergleichbar wie bei einem längeren Wanderritt. Wir haben mit Egon zunächst ganz langsam angefangen und sind mehrmals in der Woche für eine halbe Stunde spazieren gegangen. Nach und nach haben wir dann die Strecke erweitert. Die Spaziergänge wurden immer länger, bis wir schließlich einen halben, dann einen ganzen und später mehrere Tage unterwegs waren. Auch das Gewicht des Gepäcks, das er trägt, haben wir langsam gesteigert. Voraussetzungen bei allem sind natürlich ein auf den Ponyrücken passender Sattel und gut sitzende Packtaschen. Wie bringen Sie Egon bei mehrtägigen Wanderungen unter? Wenn es bei unserer Wanderroute die Möglichkeit gibt, stellen wir Egon gerne auf Reiterhöfen unter. Dort steht er dann entweder auf einem Paddock oder in einer Gastbox im Stall. Manchmal gibt es sogar die Möglichkeit,
reise- und Wanderblog
unterwegs mit Egon und Sturmi
Sarah und Timo Lorenz nehmen auf ihre Wanderungen in Thüringen nicht nur Hund Sturmi, sondern auch Shetty Egon mit. In ihrem Reise- und Wanderblog www.verwandert.de erzählen sie Anekdoten zu ihren Wanderungen, geben hilfreiche Tipps und Tricks, bewerten Unterkünfte und laden viele Fotos von ihren Wanderungen hoch.
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