INNOVATOR by The Red Bulletin CD 2021 #1

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INNOVATOR BY THE RED BULLETIN 01/2021

DIE R

E VOLUTION

IDEAS FOR A BETTER FUTURE

So viel Zukunft steckt schon jetzt in unseren Autos

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AU S G A B E S C H W E I Z C H F 3, 8 0


T H E

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EDITORIAL CONTRIBUTORS

Robert Ormerod Der schottische Fotograf arbeitete u. a. für «The Guardian» und «National Geographic». Seine Faszination: Weltraumraketen. Wie man eine in der eigenen Garage baut, dokumentierte er bei den dänischen Hobby-Tüftlern Copenhagen Suborbitals: «Mit dem Haarföhn ins All». AB SEITE 5 8

MERCEDES-BENZ AG (COVER)

Werner Jessner Erstaunliches erfuhr unser Autor im Interview mit Fredrika Klarén, Nachhaltigkeits-Chefin der Auto­ marke Polestar: «Nur Ehrlichkeit und Transparenz in der Auto­ branche haben Zukunft», so die Schwedin. Wie Polestar mit gutem Beispiel vorangeht – und die Konkurrenz unter Druck setzt: AB SEITE 30

I N N O V AT O R

AUF IN DIE ZUKUNFT Können wir den Klimawandel stoppen? Den Krebs besiegen? Hunger und Armut ein Ende setzen? «Ja», sagen 30 renommierte Persönlichkeiten und Experten in unserer Titelgeschichte – und belegen anhand von überraschenden Fakten, Statistiken und Studien, warum wir durchaus optimistisch in die Zukunft blicken dürfen. Unter anderem mit Bill Gates, Elon Musk und Biontech-Gründer Uğur Şahin. «Die Zukunft ist besser als ihr Ruf», ab Seite 44. Im Hinterhof eine Rakete zu bauen, die in der Lage ist, ins All zu fliegen, klingt nach einem absolut unmöglichen Vorhaben. Doch genau das gelang einer Handvoll dänischer Hobby-­ Konstrukteure – und zwar ohne Experten­ wissen, ohne High-End-Technologie und mit Mini-Budget. Ihr simples Motto: «Akzeptiere keine Ausreden, sondern finde einen Weg.» Die inspirierende Reportage: ab Seite 58. Viel Spass bei der Lektüre! Die Redaktion

INNOVATOR

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INHALT

BULLEVARD 8 10 12 14 Raketensegler

Eine Gruppe junger Ingenieure will den Speed-Rekord im ­Segeln brechen.

Made statt Speck

Dieses Start-up aus Österreich bringt nun Mehlwürmer auf ­deinen Teller.

Future Bike

Ein E-Motorrad aus dem 3D-Drucker – und mit einer genialen Technologie.

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Action im Stau Ein deutsches Start-up will mit VR Autofahrten zu einem Abenteuer machen.

Fitness fürs Hirn Nach diesem Training kannst du mit Gedankenkraft sogar Rennautos fahren.

Gesunder Boxenstopp Wie ein Start-up selbst Kochmuffel zu Chefköchen macht.

Kabinen für alle

Wie deutsche Techies den Stadtverkehr mit Gondeln ­revolutionieren wollen.

GUIDE 90 92 94 4

FASHION

Innere Wärme Eine AlphaTauri-Jacke, die dir per App einheizt. E VENTS

Auf Wiedersehen Diese Konferenzen planen 2021 ihr Comeback – digital und vor Ort. WE T TBE WERB

Kampf der Ideen Red Bull Basement fördert junge Vordenker.

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KOLU MNE

Besinne dich! Autor Christoph Koch über erstaunliche Folgen des Weltrettens. TECH - HIGHLIGHT

Polar-Labor Wie Forscher am Südpol ­Geheimnisse des Universums entschlüsseln.

58 REPORTAGE

Rocket Science Hobby-Astronauten aus Kopenhagen wollen mit ­einer selbst gebauten ­Rakete ins All fliegen. INNOVATOR


I N N O V AT O R

FEATURES

ROBERT ORMEROD

20 30 38 44 58 68 76 82 INNOVATOR

MOBILIT Y

Visionen auf Rädern Cockpitlose Stromer und Wasserstoff-Boliden: Selten war die Zukunft der Mobilität so aufregend wie jetzt. MOBILIT Y

Fredrika Klarén Die Nachhaltigkeits-Managerin der Marke Polestar über eine verheissungsvolle Zukunft der Autobranche. MOBILIT Y

Am Anfang des Weges Wie werden wir morgen zur Arbeit fahren? Wie werden wir reisen? Ein Essay zum Wandel der Mobilität. PERSPEK TIVE

The Future Is Good! Diese 30 Top-Experten begründen, warum die Welt – schon sehr bald – eine bessere sein wird. R AUMFAHRT

Weltall, wir kommen! Wie dänische Amateure ihren Traum von der Reise ins Weltall ­verwirklichen wollen. MOBILIT Y

Nico Rosberg Warum der Formel-1-Weltmeister E-Mobilität zum Sieg verhelfen möchte. START- UPS

Wir sind Zukunft Lebensrettende Roboter oder digitale Psychoanalyse: sieben (Schweizer) Ideen für eine bessere Welt. UNTERNEHMERTUM

Mach es anders Netflix-Star Sophia Amoruso erklärt, welche Start-up-Regeln du unbedingt ignorieren solltest.

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BULLEVARD

I N N O V AT O R

JOHANNES LANG

IDEEN FÜR EINE BESSERE WELT

INNOVATOR

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B U L L E VA R D M O B I L I TÄT

DIE RAKETENSEGLER VOM GENFERSEE Der Geschwindigkeitsrekord beim Segeln liegt derzeit bei 121 km/h. Eine Gruppe junger Ingenieure aus Lausanne möchte diesen Rekord brechen – 150 km/h! Mit einer einzig­artigen Konstruktion, die sogar die Transport-Schifffahrt revolutionieren könnte.

Im November 2012 schrieb der Australier Paul Larsen Geschichte. Mit der «Vestas Sailrocket 2», ­einer Segelboot-Sonderanfertigung, gelang es dem Skipper vor der Küste Namibias mit 121 km/h (65,45 Knoten) über das Wasser zu preschen – und damit einen neuen Geschwindigkeits-Weltrekord im Segeln aufzustellen. Dieser hat trotz zahlreicher späterer Weltrekord-Versuche bis heute gehalten. D R A C H E N S TAT T S E G E L

Wenn es nach drei Schweizer Studenten vom Polytechnikum Lausanne (EPFL) mit ­einem Altersdurchschnitt von 25 Jahren geht, dürfte sich das schon bald ändern: ­Xavier Lepercq, Mayeul van den Broek und Benoît Gau­ diot sind fest entschlossen, das schnellste Segelboot der Geschichte zu bauen. Und Larsens Weltrekord innerhalb der nächsten zwölf Monate zu brechen. Der vom EPFL-Team anvisierte Weltrekord-Speed: 150 km/h oder 80 Knoten (worauf übrigens auch der Projektname «SP80» hinweist).

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Jet mit Wasser­ kontakt: Der «SP80» soll 2022 den Rekord für Segelboote auf 150 km/h schrauben.

INNOVATOR


I N N O V AT O R

SP80-Team: Mayeul van den ­Broek, ­Xavier Lepercq, ­Benoît Gaudiot (v. l. n. r.)

TESTS AM GENFERSEE

«WIR WOLLEN MIT UNSEREM BOOT DIE CODES DES SEGELNS AUFBRECHEN.»

Nach dem offiziellen Start des Projekts vor rund einem Jahr hat das Team die ver­ gangenen Monate damit ver­ bracht, die Details des Kon­ zepts zu überprüfen und ein verkleinertes Modell auf dem Genfersee zu testen. Dutzen­ de Male waren sie – bereits rekordverdächtig schnell – mit dem schwimmenden ­Labor unterwegs und haben dabei immer wieder neue Rümpfe, Anhänger oder Flü­ gel ausprobiert. Im Frühling dieses Jahres wollen sie mit dem Bau des Bootes in Origi­ nalgrösse (9 × 5  m) beginnen. Anfang 2022 soll der Proto­ typ dann erstmals ins Wasser kommen und in den Monaten darauf einen ersten Rekord­ versuch anstreben. ZUKUNFT WINDKRAFT

GUILLAUME FISCHER SP80

AREK PIATEK

JOHANNES LANG

Der Schlüssel zu der ange­ strebten Pionierleistung? «Statt mit einem Segel an­ getrieben, soll das Boot von einem Drachen gezogen wer­ den», sagt Mayeul van den Broek, SP80-Projektmana­ ger. So liesse sich definitiv mehr Geschwindigkeit her­ ausholen. Am Boot selbst – einem Trimaran mit einem Hauptrumpf und zwei kleine­ ren Tragflügeln – wird vor ­allem an der Verbesserung der Stabilität gearbeitet. «Das Streben nach Stabilität führt letztlich zum Erfolg», ist van den Broek überzeugt. Die Besonderheit hinter SP80 ist ein System, das die soge­ nannte Kavitation (Bildung von Luftblasen im Wasser während des Segelns, Anm.) verhindert und damit das Boot bei hohen Geschwindig­ keiten ruhiger über das Was­ ser ­gleiten lässt. INNOVATOR

Beim Projekt SP80 geht es um mehr als nur um Tempo. «Wir wollen mit diesem Boot die Codes des Segelns auf­ brechen», sagt van den ­Broek. «Und wir wollen aus­ serdem die Grenze ausloten, wie Wind als einzige Ener­ giequelle für künftige An­ wendungen zum Einsatz kommen kann.» Schnelles Segeln bietet grosses Poten­ zial für den Transport auf Wasser. Von SP80 soll in ­Zukunft die ganze Welt ­profitieren. sp80.ch

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I N N O V AT O R

Ein österreichisches Start-up will mit Mehlwurm-Zuchtstationen für daheim die natürliche Scheu vor Insekten am Speiseplan bekämpfen. Wir wissen es, wollen es aber noch nicht ganz wahrhaben: Die Art, wie wir Nahrungsmittel produzieren, hat keine Zukunft. Vom Stickstoffeinsatz in der Düngung über die hohen Emissionen von Treibhausgasen durch die Tierhaltung bis zu den 75 Kilo geniessbaren Lebensmitteln, die jährlich pro Kopf im Müll landen – unsere Umwelt zahlt einen hohen Preis für unser Essverhalten. Das müsse nicht sein, sagt Katharina Unger. Die in Hongkong lebende gebürtige Niederösterreicherin

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ÄNGSTE NEHMEN

Mit ihrem Start-up «Livin Farms» möchte Katharina ­Unger uns helfen, diese irra­ tionale Abscheu abzulegen. Das Werkzeug dazu ist der «Hive Explorer», eine Mehlwurm-Zuchtstation für zu Hause: In dem schuhkartongrossen Kasten, in dem Heizelemente und Ventilatoren das Mikroklima steuern, durchwandern die Würmer in drei Monaten einen Lebenszyklus – von der Larve bis

zum Käfer. Die Züchter füttern sie mit Gemüseabfällen und lernen, wie sie ausgewachsene Mehlwürmer – nach fünfstündigem Einfrieren – in der Küche verarbeiten können. Dazu liefert der Livin-FarmsBlog Rezeptideen, vom Pfannkuchen bis zum Wurm-Brot. Höchste Zeit, denn mit einer Verordnung hat die EU Insekten bereits 2018 als vollwertige Lebensmittel deklariert. Blog und Infos zum Wurm am Teller auf: livinfarms.com

JOHANNES LANG

MADE STATT SPECK

sieht die Zukunft der menschlichen Ernährung im Mehlwurm. Ihr Argument: Rinder brauchen zehn Kilo Futter, um ein Kilo Fleisch zu produzieren, Insekten nur zwei. Ausserdem sind die CO2Emissionen, die bei der Produktion von einem Kilo Protein aus Rindfleisch entstehen, 25-mal höher als bei Mehlwürmern. Nachteile? Keine. Der einzige Grund, warum sich Insekten nicht als Proteinlieferanten auf unserem Speisezettel etabliert h ­ aben: Wir finden sie eklig.

FLORIAN OBKIRCHER

ERNÄHRUNG

Livin-Farms-Gründerin Katharina Unger: «Insekten sind die Nahrung der Zukunft.»

Mini-Mehlwurm-Farm für den Eigenbedarf: Hive Explorer, Preis: 125 Euro INNOVATOR

LIVIN FARMS

B U L L E VA R D



I N N O V AT O R

B U L L E VA R D Seine Teile kommen ­innert Minuten aus dem 3D-Drucker, es beschleunigt auf 130 km/h und kommt mit einem Aufladen 315 Kilo­ meter weit. Seine Batterie wird mit Silikonöl gekühlt. Und es kann die verlorene Bremsenergie auf neuartige Weise zurückgewinnen … Das Ethec-E-Bike ist das Ergebnis eines Forschungsprojektes der ETH Zürich, an dem 16 Studenten beteiligt waren. Ziel: das Motorrad der Zukunft zu bauen. 31 5 KM REICHWEITE

E - M O B I L I TÄT

DIESES BIKE ERZEUGT ENERGIE

«Wir wollten das Problem der geringen Reichweite bei E-Bikes lösen», sagt ­Tobias Oesch, Ethec-­Technikleiter. Doch was unterscheidet das Ethec von gängigen E-Motor­ rädern? «Wir haben eine neue

TOBIAS OESCH, TECHNISCHER LEITER ETHEC

«E-Bikes sind für Städte prädestiniert. Man wird schon sehr bald mehr von ihnen sehen.»

Methode der Rekuperation (Energie-Rückgewinnung beim Bremsen, Anm.) entwickelt, sagt Oesch. Der Clou: «In der ­Regel wird der energieauffangende Mechanismus bei ­E-Bikes im Hinterrad verbaut. Jedoch verliert man 75 Prozent der Bremsenergie über das Vorderrad. Darum setzten wir, trotz Hürden, diese Technik erfolgreich im Vorderrad ein.» Weltweit ein ­Novum. Das beeindruckende Ergebnis: 315 Kilometer Reichweite – mit der das Uni-Bike nun im internatio­nalen Spitzenfeld liegt. Apropos Reich­ weite: Zur Kühlung der Batterie setzt man auch auf ei­ gene, nachhaltige Innovation: ­Silikonöl. «Damit verlängern wir die Batterie-Lebensdauer massiv.» Noch wird am Ethec weitergetüftelt. Wie schnell es auf den Markt kommt, stehe noch nicht fest. Anfragen gebe es jetzt schon genug. ethec.ethz.ch/de/ethec_city

Studenten der ETH Zürich zeigen mit einem E-Bike aus dem 3D-Drucker, wie die Zukunft des Motorrads aussehen könnte. Wir stellen vor: das «Ethec».

ETHEC/SIMON LEUTWILER

AREK PIATEK

JOHANNES LANG

Energiesparer und Kilometer-Fresser: das 3D-gedruckte E-Bike – aus der Uni.

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INNOVATOR


FLÜÜÜGEL FÜR DEN SOMMER.

MIT DEM GESCHMACK VON DRACHENFRUCHT.

NEU

BELEBT GEIST UND KÖRPER.


B U L L E VA R D

M O B I L I TÄT

GONDELN FÜR ALLE

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«WIR MÜSSEN IN DIE DRITTE EBENE GEHEN. DORT GIBT ES UNGENUTZTEN RAUM.» In fünf bis zehn Meter Höhe sollen die Gondeln nach Marc Schindlers Plänen an Schienen hängen.

MARC DECKERT

Seit 2019 treibt der Wirtschafts­ ingenieur das Projekt mit einem Team aus Software­ entwicklern und Maschinen­ bauern voran.

deln die Verkehrsteilnehmer abholen und ohne anzuhalten an ihr Ziel bringen – eine Mischung aus Individualverkehr und öffent­lichem Schienennetz, das die Vorteile beider Mobilitätsformen kombiniert. Die Gondeln rollen energieeffizient auf Schienen in 5 bis 10 Meter Höhe. Am Ziel an­ gekommen, sinken sie auf Strassenniveau herab. Autonome Strassenfahrzeuge seien, so Schindler, nicht in der Lage, das Problem verstopfter Städte zu ­lösen. «Ausserdem ist unser Konzept viel einfacher. Das System Strassenverkehr beinhaltet ja neben den A ­ utos

OTTOBAHN GMBH

MARC SCHINDLER, M A N AG I N G DIRECTOR OT TOBAHN

In Europas Städten wird es immer enger. Viele Verkehrsmittel – Autos, Lastwagen, Fahrräder, Strassenbahnen, E-Scooter und vielleicht bald autonome Fahrzeuge – konkurrieren um den Platz auf der Strasse. Wohin soll das noch führen? «Wir müssen in die dritte Ebene gehen. Dort gibt es Raum, der heute noch nicht genutzt wird», sagt Marc Schindler, 41, Managing Director des Start-ups Ottobahn (er selbst bezeichnet sich als «Can Do Officer»). Das Unternehmen aus München hat ein komplett neues Verkehrskonzept entwickelt, in dem Gon-

JOHANNES LANG

Strassenbahn, next Level: Die Ingenieure von Ottobahn aus München wollen dem Stadtverkehr mit ihrem System neue Luft verschaffen.

INNOVATOR


I N N O V AT O R Xerem fugia cus am etur ariatem quidicit ut volupta nisit ex ent vit, aut moluptas sequia

auch noch Radfahrer und Fussgänger.» Diese Variablen fallen beim «ottonomen Fahren» weg. Das bedeutet, dass die Rechenkraft ganz darauf verwendet werden kann, die Gondeln schnell und sicher zum Ziel zu bringen. PROBLEME VOR ORT

Alle Zeichen auf Grün: Angetrieben von erneuerbaren Energien soll Ottobahn emissionsfrei unterwegs sein.

Ottobahn hat bereits einen Gondelprototypen, der in den 300 m² grossen Räumen des Unternehmens unterwegs ist. Die Planungen für eine ­Aussen-Referenzstrecke laufen bereits auf Hochtouren. Das Start-up versteht sich hauptsächlich als Softwareschmiede mit zusätzlicher ­Ingenieurskompetenz. Die grösste Herausforderung liegt für Schindler aber weder in der Technologie noch in der Software, sondern in der Umsetzung vor Ort. «Es wird nicht leicht werden, die Menschen davon zu überzeugen, dass eine Strecke vor ihrer Haustür gebaut wird.» Immerhin: Konzept und Prototyp von Ottobahn sehen schon jetzt so attraktiv aus, dass das Start-up über solche Hürden hinwegsausen könnte – in der dritten Ebene. ottobahn.de

Xerem fugia cus am etur ariatem quidicit ut volupta nisit ex ent vit, aut moluptas sequia

Gemeinsam unterwegs: In eine Gondel passen vier Passagiere, dazu soll es spezielle FrachtTransport-Einheiten geben. INNOVATOR

Persönliches Shuttle: Fahrgäste können ihre Ottobahn per App bestellen, die autonom fahrenden Gondeln holen sie pünktlich ab.

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I N N O V AT O R

B U L L E VA R D Die drei von ­holoride (v.  li.): Daniel Profendiner, Marcus Kühne und Nils Wollny

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JOHANNES LANG

Autofahren als Reise durchs All oder Ausflug zu den Dinos – ein deutsches Start-up eröffnet Mitfahrern neue Welten.

die Inhalte liefern Hollywood-­ Studios. Wollny: «Im ersten Schritt konzentrieren wir uns auf Unterhaltung. Ich sehe aber ein grosses Potenzial für Bildungsinhalte – und es ist auch vorstellbar, Videokonferenzen abzuhalten.» Ü ­ brigens: Die Kopplung von Auto und Brille verhindert die lästige Reiseübelkeit. Die technische Machbarkeit bei Audi, Porsche und Mercedes ist bestätigt. ­Verkaufsstart: 2021.  holoride.com

WOLFGANG WIESER

ZOCKEN AUF RÄDERN

Per VR-Game durch die Galaxie: holoride macht die Autofahrt zum Abenteuer.

HOLORIDE

VIRTUAL REALITY

Die drei Herren von holoride wissen, was sie tun: Daniel Profendiner hat Algorithmen für selbstfahrende ­Autos geschrieben, Marcus Kühne für Audi mehr als ­hundert Patentlösungen entwickelt, und CEO Nils Wollny gilt sowieso als Ausnahmekönner im Digital-Business. Die Idee des Trios, das sich bei Audi (hält eine Minderheitsbeteiligung an holoride) kennengelernt hat: die Autofahrt in ein Vergnügen für Mitfahrer verwandeln. Bordcomputer und VR-Brille werden über WiFi oder Bluetooth verbunden, die Fahrt wird Teil des Spiels. Wollny: «Unsere Technologie kann Daten des Autos ‹lesen›: Position, Beschleunigung, Kurvenverhalten.» Vereinfacht erklärt: Fährt das Auto nach links, bewegt sich dein Dino in die gleiche Richtung. Hältst du vor einem Zebrastreifen, spaziert ein knallblaues Küken darüber. Und einsetzender Niederschlag könnte – vom Regensensor erkannt – als Meteoritenschauer auf dein Raumschiff prasseln. Die verbindende Software entwickelte das holoride-Team,

INNOVATOR


I N N O V AT O R

B U L L E VA R D

M E N TA LT R A I N I N G

DENK DICH GLÜCKLICH

BRAINBOOST

WOLFGANG WIESER

JOHANNES LANG

Mit der Technologie von brainboost aus München lassen sich einzelne ­Bereiche des Gehirns gezielt trainieren – das soll zu einem gesünderen, glücklicheren Leben führen.

T O B I A S (O .) UND PHILIPP HEILER, G R Ü N D E R VO N BRAINBOOST

Die Brüder haben ein gemeinsames Ziel: mentale ­Fitness in der Gesellschaft zu verankern.

INNOVATOR

Ein grosser Satz, gelassen ausgesprochen: «Jeder soll mit seinem Gehirn glücklich sein», sagt Philipp Heiler. ­Heiler, Jahrgang 1989, ist tat­ sächlich Arzt und hat mit sei­ nem zwei Jahre jüngeren Bru­ der, dem Sportwissenschaftler ­Tobias, in München die Firma brainboost gegründet. Aber wann macht einen das Gehirn glücklich? Wenn man sich besser konzentrieren und besser schlafen kann. Oder wenn sich belastende Gedanken schneller verarbeiten lassen. ­Sogar bei Krankheiten wie ADS oder Depressionen kann die ­zugrunde liegende Technologie helfen. «Durch das Training lernt man, die Art und Weise, wie das Gehirn arbeitet, zu ­verändern», sagt Heiler. Bevor es so weit ist, wird dein Gehirn per EEG gecheckt. Es zeigt auf, wie intensiv die ­unterschiedlichen Regionen ­arbeiten. Das Ergebnis wird mit den Ergebnissen eines ­Fragebogens verglichen – und mit den Aufzeichnungen medi­ zinischer Datenbanken. Auf ­Basis all dieser Fakten erstellt brainboost ein Trainingspro­

Training: Diese Spielzeugautos werden mit Gedankenkraft gesteuert.

gramm. Dafür setzt du eine Kappe mit 4 bis 20 Elektroden auf, die deine Hirnströme auf­ zeichnet und an einen Com­ puter weiterleitet. Die Live-Analyse erfolgt als Neurofeedback in Form einer Belohnung: Bei Aktivierung ­bestimmter Gehirnareale, etwa durch bewusste Entspannung, lassen deine Gedanken ein Spielzeugauto fahren. Andere Hirnaktivitäten bilden sich gra­ fisch ab, oder die Stereo­anlage dreht die Musik lauter. Da das Gehirn Belohnungen liebt, versucht es, Muster zu ­erkennen. Der unbewusste Vor­ gang bildet den Kern des Trai­ nings. Übung macht, auch hier, den Meister: In der Regel sind 15 bis 30 einstündige Einheiten (in der Firmenzentrale in Mün­ chen à 89 Euro) nötig, bis das Gehirn den ersten Schritt ge­ macht hat, dir dein Leben neu, besser, glücklicher zu denken. brainboost.de

Der erste Schritt zum Glück: Eine Elektrodenkappe misst sämtliche Gehirnaktivitäten.

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I N N O V AT O R

B U L L E VA R D

Bekommen selbst Koch­ anfänger gut hin: Tex-Mex-Salat nach HelloFresh-Rezept

ERNÄHRUNG

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«Gesundes, selbst gekochtes Essen ist möglich – auch ohne in den Supermarkt zu hetzen, um frische Zutaten einzukaufen.»

N A C H H A LT I G E R E R F O L G

2017 zählte HelloFresh 1,3 Millionen Kunden. ­Heute abonnieren schon 5 Millio­ nen Menschen in 14 Ländern den Dienst. Im nächsten Schritt der Essensrevolution bietet HelloFresh Unterneh­ men und Betriebskantinen Kühlschränke als Essens­ automaten an. Gefüllt mit abwechslungsreicher und gesunder Kost … HelloFresh gibt’s im Abo ab 4,25 Euro pro Portion: hellofresh.ch INNOVATOR

JOHANNES LANG

Kochen ist nicht gleich Kochen. Kochen heisst auch Lebensmittel einkau­ fen. Im Internet Rezepte su­ chen. Lebensmittel do­sieren. Zurück ins Geschäft laufen, weil man die Eier vergessen hat. Wer oft Überstunden schiebt, weiss, wie nervig solche Nebensachen sind – und wie entspannend es ist,

DOMINIK RICHTER UND THOMAS GRIESEL , G R Ü N D E R VO N HELLOFRESH

FLORIAN OBKIRCHER

Das Berliner Start-up HelloFresh macht jeden Küchenmuffel zum Chefkoch.

bei Kochanfängern. Ausser­ dem wird Lebensmittel­ verschwendung vermieden», sagt HelloFresh-Mitgründer Dominik Richter. «Und ­viele ­Kunden finden einfach wie­ der Gefallen daran, sich ihr Essen selbst zu machen.» Die in passender Menge ­gelieferten Lebensmittel kommen von ausgewählten Produzenten – Frische und Qualität sind auf diese Art garantiert – und sind in ­nahezu vollständig recycel­ baren Materialien verpackt.

HELLO FRESH

BEREIT FÜR DEN BOXEN­ STOPP?

wenn man sich in der Küche auf das Wesentliche konzen­ trieren kann. Diesen Gedanken hatten­ Dominik Richter, Jessi­ca Nilsson und Thomas ­Griesel auch, als sie 2011 mit der Ankündigung, «die Art des Essens zu revolutionieren», ihr Unternehmen HelloFresh gründeten. Der Lösungs­ ansatz des Berliner Start-ups: Kochboxen. Individualisiert und auf jeden Geschmack abgestimmt, mit dem Ver­ sprechen, dem Kunden Zeit, Geld und Stress zu ersparen. HelloFresh ist heute ein Lebensmittellieferant, prä­ ziser: ein Zutatenlieferant. Wer per App (oder online) die gewünschten Speisen ­ordert, kriegt eine Kiste nach Hause geliefert. Darin be­ finden sich neben genauen Kochrezepten die besagten frischen Zutaten, die – und jetzt kommt’s – für die jeweiligen Speisen exakt ­dosiert sind, wie etwa ein 20-Gramm-Würfel Butter. «So kann beim Kochen der Gerichte fast nichts schiefgehen – auch nicht


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WIE WIR M O RG EN FAH REN WERD EN: RE VO LU TIO NÄRE KO NZEP TE U N D NACH HALTIG E LÖSU N G EN , ALTERNATIVE ANTRIEB E U ND SPANNEND E N O RMALITÄT. SELTEN WAR DIE ZU KU NF T D ER M O BILITÄT SO AU FREG END WIE J E T Z T.

HERSTELLER

E I N S T E I G E N , BITTE!

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INNOVATOR


Wasserstoff extrem: Der von einer Brennstoffzelle angetriebene Hyperion XP-1 ist 355 km/h schnell und hat 1600 km Reichweite. INNOVATOR

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MORGEN

MERCEDES V I S I O N AV T R

Vorbei die Zeiten, als man E-Auto-Fahrer an den Lade­ stationen Zeit totschlagen sah. Dank 800-Volt-Technologie wird man künftig eher in Minuten statt Stunden rechnen. HERSTELLER

Der Name deutet darauf hin, dass diese fahrbare Studie im ­kommenden «Avatar»-Film auftauchen könnte. Statt mit Lenkrad und ­Pedalen steuert man über eine zentrale Kommandoeinheit. Funktionen aus dem ehemaligen ­Armaturenbrett werden als Icons auf die ­Hand­fläche projiziert.

TREND SCHNELLER LADEN

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INNOVATOR


HEUTE

FORD MUSTANG MACH-E

Heck- oder Allradantrieb, 198 bis 258 PS, Reichweite je nach Modell von 400 bis 610 km: Fords erster ­E-Schuss sitzt. Batterietechnisch? Da ist die 198-PSVersion schon nach 10 Minuten Ladezeit für die nächsten 100 Kilometer bereit. Über diese Daten hinaus glänzt

HEUTE

BMW IX3

INNOVATOR

Die Alltagstauglichkeit eines E-Autos steht und fällt mit Ladegeschwindigkeit und Reichweite. Der Akku des neuen iX3 hat eine um 20 Prozent gesteigerte Energiedichte gegenüber den bislang verwendeten Modellen, man kann ihn also kleiner und

das Auto mit dem Pferd als Logo mit so smarten Details wie einem zweiten Kofferraum vorn und einem mit 39 cm Bildschirm­diagonale rekordverdächtig ­grossen Touchscreen. Als Schlüssel wird das Smartphone des Besitzers verwendet: Über Bluetooth ­erkennt der Mustang seinen Reiter und ­entriegelt die Türen. Gestartet wird per Knopf.

leichter bauen. Die Reichweite ­beträgt trotzdem alltagstaugliche 460 km. Die Hochvolt-Batterie ist in 34 Minuten zu 80 Prozent voll, in schlanken 10 Minuten sind 100 km Reichweite nach­ geladen. Leistung: 286 PS, die Höchstgeschwindigkeit ist auf 180 km/h beschränkt.

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TREND H Y P E R I O N BRENNSTOFFZELLE X P-1 MORGEN

An Bord wird Wasserstoff in elek­t rische Energie umge­ wandelt, der Rest funktioniert wie bei heutigen E-Autos – ­a llerdings ohne grosse und schwere Batterie, was die Fahr­ leistungen auf ein neues Level hebt. Und aus dem Auspuff kommt statt CO 2 Wasserdampf.

HERSTELLER

Das kalifornische Start-up verpackt Wasserstoff-­ Technologie in ein Hyper­ sportler-Kleid. 1031 kg, schnell lad- und entladbare Superkondensatoren statt einer Batterie, Carbon, ­Titan. 2022 soll die ­Produktion beginnen.

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INNOVATOR


GESTERN

MERCEDES GLC F-CELL

Und schon wieder vorbei: Nach 3000 gebauten Exemp­ laren lief jüngst die Produktion des einzigen europäischen Serien-Pkw mit Brennstoffzelle aus. War bloss die Reichweite mit rund 300 km zu knapp ausgelegt? Das Netz an Wasser­stoffTankstellen zu

HEUTE

HYUNDAI NEXO

INNOVATOR

Im Unterboden und unter der Rückbank sind drei Tanks mit einer Wandstärke von 4,5 cm verbaut, in die der Wasserstoff mit 700 Bar (!) strömt. Das dauert nicht länger, als würde man Erdgas tanken. Sind die Tanks voll, kommt der 163 PS starke

­ ering, um einen g globalen Hit zu ­landen? Oder haben die Akkus einen so grossen Schritt nach vorn gemacht, dass konventionelle E-Autos der komplizierten Brennstoffzelle den Garaus gemacht haben? Vermutlich war es eine Kombination aller drei Faktoren.

Hyundai 666 km weit – das ist ­deutlich mehr als die meisten kon­ ventionellen E-SUV ­dieser Klasse. Da die Brennstoffzelle ­extrem ­saubere Luft braucht, werden Mikro­partikel durch einen Hochleistungsfilter ­aufgefangen. Die Aussenluft ist ­danach also reiner als zuvor!

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HEUTE

CUPRA EL-BORN

Die sportliche Zweitmarke von Seat bringt mit dem Born sein erstes ­E-Auto und legt den Fokus dabei auf die freudvollen Seiten der E-Mobilität. Sport-Schalensitze, Sportlenkrad, Heckantrieb, Kupfer und Schwarz für dynamische Akzente:

Der im deutschen Zwickau ­gefertigte Spanier zeigt von Anhieb an, wie es geht. Der enge ­Verwandte von VW ID.4 und Škoda Enyaq basiert wie seine B ­ rüder auf dem Modularen E-Antriebs-Baukasten des VolkswagenKonzerns und kommt folglich mit seinen 204 PS 500 km weit.

HEUTE

ŠKODA ENYAQ IV

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Die Tschechen ­waren schon immer die Meister von schlauen Details. Man denke nur an den integrierten Regenschirm in der Fahrertür. Wie legt man das in die ­digitale Welt um? Zwei Beispiele: Die Innenraum­ temperatur lässt sich fernbedient übers Smartphone steuern. Heiss, kalt? Wohltempe-

riert! Oder: Ein ­Tür-Alarm erkennt, wenn Sie aussteigen wollen, während ein Radfahrer daherkommt, und warnt. Das erste ­E-SUV von Škoda ist ein enger ­Verwandter des VW ID.4, maximal 204 PS stark und kommt bis zu 510 km weit.

INNOVATOR


MORGEN

R E N A U LT E Z- G O

Selbstfahrende Autos sind ein alter Traum der Techniker. Schritt für Schritt hat man in den letzten Jahren Erfahrungen mit Steuer- und Kontroll­ systemen gewonnen. Auf dem fünfstufigen Fahrplan zum ­v oll­a utonomen Fahren kommen dieser Tage die ersten Modelle mit Stufe 3. Hier lenken, ­b remsen und beschleunigen Autos erstmals für einen ­d efinierten Zeitraum ganz ­s elbständig. Der Fahrer muss nur eingreifen, wenn das ­System ein Problem erkennt.

HERSTELLER

Die Studie kommt ohne konventionelles Cockpit aus und bietet sechs Personen Platz, die bequem über eine Front-Tür einsteigen – dank Rampe barrierefrei. Der E-Antrieb steckt in der Bodenplatte. Einsatz­ bereich: selbstfahrendes Shuttle in Ballungszentren.

TREND AUTOMATISIERTES FAHREN

INNOVATOR

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DREI GRÜNDE, EIN E-AUTO ZU FAHREN 1. E-Autos sind erwachsen geworden Kinderkrankheiten wie eine zu geringe Reich­weite, ewig lange Ladezeiten oder – vor allem im Winter lästig – unter­ dimen­sionierte H ­ eizungen sind bereits

­ rösstenteils bewältigt. Mittlerweile können g sich E-Autos auf ihre Stärken verlassen: tolle Beschleunigung, perfekte Laufruhe, gutes Gewissen.

2. Die Infrastruktur zieht mit

HEUTE

V O LV O XC40 RECHARGE Volvos erster vollelek­ trischer SUV wartet mit 660 Nm Drehmoment auf – und Autokenner wissen, was das bedeutet: Von null auf hundert sprintet der XC40 in unter fünf ­Sekunden. Dazu kann er – wenn mit Anhänger­ kupplung v ­ ersehen – extra schwere Lasten ziehen: Satte 1,5 Tonnen ­beträgt seine zulässige ­Anhängelast – das reicht für e ­ inen Bootstrailer, einen ­Wohnwagen oder ­einen Pferdeanhänger.

Abgesehen davon, dass wir mit E-Autos die Welt besser machen: Vorbei sind die Zeiten, in denen man Strom-Tankstellen mit der Lupe suchen musste. In der Schweiz gibt

es aktuell bereits über 3641 E-Tankstellen, vom Supermarkt bis zum Hotel, vom Auto­ bahn-Parkplatz bis zum Restaurant. Angst vor dem Liegenbleiben? Total 2020!

3. E-Autos sparen Geld Sowohl in der Anschaffung als auch im ­Betrieb sind E-Autos Verbrennern über­ legen – vor allem dann, wenn man mit einer Photovoltaik-Anlage seinen eigenen

Strom erzeugt und per Wallbox lädt. Auch Reparatur- und Servicekosten sind geringer. Und dann diese verlockenden Förderungen *.

HIER GIBT’S GELD! * Förderbeiträge am Beispiel von Thurgau, Wallis, Tessin Beim Kauf eines Volvo XC40 Recharge mit 300 kW (408 PS)

Listenpreis

CHF 59.500,–

Diese Preisnachlässe gibt es in diesen Kantonen (Auszug): Thurgau

CHF 2000,–

Wallis

CHF 3500,–

Tessin

CHF 4000,–

HERSTELLER

Für Unternehmer sah die Rechnung zu Redaktionsschluss noch besser aus: Im Kanton Basel-Stadt etwa dürfen Sie zusätzlich eine staatliche Investitionsprämie von 5000 Franken Anschaffungskosten einstreifen, womit der XC40 Recharge um CHF 54.500,– vom Händlerparkplatz rollt. Es lohnt sich auf jeden Fall, sich nach solchen Zusatz-Unterstützungen zu erkundigen, die je nach Wind und Wetter der ­Politik kommen und gehen.

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beispiel aus der simulationspraxis

Erfunden im 19. Jahrhundert. Optimiert für Heute. Im 19. Jahrhundert erfanden zwei Wissenschaftler unabhängig voneinander den Drehstrom-Induktionsmotor. Heute ist er eine gängige Komponente in der Elektromechanik. Wie kam es dazu und wie können Ingenieure heute das Design weiter verbessern? erfahren sie hier mehr comsol.blog/induction-motor

Die Software COMSOL Multiphysics® dient zur Simulation von Konstruktionen, Geräten und Prozessen in allen Bereichen des Ingenieurwesens, der Fertigung und der wissenschaftlichen Forschung.


Göteborg: ­Klarén vor der ­schwedischen ­Zentrale von ­Volvo, der ­Muttermarke des Polestar. 30

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W I E U M W E LT F R E U N D L I C H S I N D   E-AU TO S W I R K L I C H ? I S T   I N D I V U A LV E R K E H R ÜBERHAUP T NOCH Z U K U N F T S FÄ H I G ? FREDRIK A KLARÉN, N A C H H A LT I G K E I T S ­ M A N A G E R I N   B E I D E R V O LV O T O C H T E R P O L E S TA R , FORDERT SCHONUNGSLOSE E H R L I C H K E I T:

«WIR MÜSSEN DIE KARTEN AUF DEN TISCH LEGEN» BJÖRN LARSSON ROSVALL

Interview: Werner Jessner

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the red bulletin innovator: Was tut eine Nachhaltigkeits-Managerin bei ­einem Autohersteller? fredrika klarén: Ich versuche, die Energie und die Ideen, die es innerhalb von Polestar gibt, zu kanalisieren. Unsere Leute hier wollen Dinge anders machen als in der Autoindustrie bisher üblich – nachhaltiger. Ich möchte daraus eine Strategie formen, die diese Power bestmöglich nutzt. Wie macht man das? Ich versuche, kompromisslos zu sein, wenn wir uns im Dreieck Nachhaltigkeit, Kosten und Aufwand bewegen.

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Das heisst, ein Polestar darf mehr kosten, wenn er dafür die Kriterien der Nachhaltigkeit erfüllt? Es kann auch heissen, dass wir mehr arbeiten müssen, um bessere Lösungen zu finden. Ein Beispiel: Für unsere Fabrik in Shanghai mussten wir uns zwischen einer Heizung mit Biogas und einer mit Strom entscheiden. Gas wäre billiger gewesen, aber damit hätten wir keine CO2-neutrale ­Fabrik mehr gehabt. Mit Strom aus erneuerbaren Energien geht das.

Da haben Sie viel zu tun. Offizielle Durchschnittsverbräuche hatten in der Vergangenheit selten etwas mit der Realität zu tun, und niemanden hat es gross gekümmert … Ich hoffe, dass die Kunden bei Autos bald ebenso genau hinschauen werden, wie sie es bei Lebensmitteln oder Bekleidung ohnehin bereits tun. Wir wollen, dass sie jene Informa­ tionen bekommen, die sie – ganz zu Recht – verlangen, wenn sie ein neues Auto kaufen. Eine Studie ­besagt, dass 36 Prozent der Auto­ industrie ­aktiv misstrauen. Wir ­stellen dem absolut transparente Kommunikation ent­gegen.

Echte und behauptete Nachhaltigkeit sind oft enge Verwandte, Stichwort «Greenwashing». Wie stellen Sie sicher, dass das nicht passiert?

Wie bringt ein kleiner Hersteller wie Polestar seine Konkurrenten dazu, bei Offenheit und Nach­ haltigkeit mitzuziehen?

Es gibt ja bereits Netzwerke in der ­Industrie, und sie wachsen. Uns eint das gemeinsame Ziel. Wir sollten einheitliche Standards haben, wie wir den CO2-Abdruck eines Autos messen, aus Fairness unseren Kunden gegenüber, die sich zu Recht Vergleichbarkeit erwarten. Dazu muss man klar kommunizieren, wie gemessen wurde, und diese Standards müssen für alle gleich sein. Noch gibt es ein grosses Wirrwarr. Wir sind die Ersten, die die Karten offen auf den Tisch legen, auch wenn uns viele Zahlen noch nicht gefallen, und wir wissen, dass wir besser werden müssen. Wir sprechen das offen aus. Auswüchse wie Autos, die als «klimaneutral» beworben werden, sollte es nach unserem Verständnis nach nicht geben. Kein Auto ist CO2-neutral. Gehen wir also davon aus, dass ein Polestar nachhaltig produziert wird. Tanke ich «schmutzigen» Strom, verhagelt das die Öko-­ Bilanz aber ganz schnell wieder. Egal welchen Strommix man tankt: Früher oder später erreicht man den Punkt, ab dem ein E-Auto einen ­kleineren CO2-Fussabdruck hat als ­eines mit Verbrennungsmotor. Über

INNOVATOR

BJÖRN LARSSON ROSVALL

T

Als Polestar 2017 gegründet wurde, schrieb man «no bullshitting» in der Unternehmenskultur fest. Das gilt auch für die Kommunikation. Oft wird ja so getan, als wäre E-Mobilität der Königsweg für nachhaltige Mobilität. Die Wahrheit ist: E-Mobilität mag aktuell bereits die beste Lösung sein, aber wirklich nachhaltig ist sie noch längst nicht. Wir sprechen das ganz offen aus, weil wir glauben, dass die Automobilindustrie ihre Art der Kommunikation dramatisch ändern muss: hin zu absoluter Trans­parenz und Ehrlichkeit, gerade wenn es um E-Mobilität geht.


Schwedischer Weg: nach Stationen bei IKEA und der Modekette KappAhl ist Klarén bei Polestar angekommen.

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Heute ConceptCar, ­morgen ­bereits in Serien­ produktion: der Polestar Precept

PRECEPT

«Hightech-Minimalismus» nennt Polestar-Chef Thomas Ingenlath das Design des Precept. Markteinführung: in zwei Jahren. Auffällig: Statt eines Kühlergrills beherbergt die geschlossene Front die Sensoren für Assistenzsysteme. Was einst dem Luftzug diente, ist jetzt also fürs Sehen zuständig. Oberflächen aus Flachs, recycelten PET-Flaschen oder Fischernetzen sind im Innenraum verbaut.

Statt einer Heckscheibe ist das Glasdach für ein luftiges Raumgefühl bis ganz nach hinten gezogen.

Gegenläufig öffnende Türen, vier ­Einzel­sitze: Der Precept versteht sich als l­ uxuriöser Gran Turismo – elektrisch.

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DIE ZAHLEN ZUM INTERVIEW Wie viel CO2 produzieren E-Autos im Vergleich zu Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor tatsächlich? Über seine gesamte Lebensdauer (200.000 Kilometer) gerechnet, ist ein E-Auto umwelt­ freundlicher als ein Verbrenner, selbst wenn bei seiner Herstellung ursprünglich mehr CO2 entsteht. Knapp wird die Rechnung beim Betrieb mit dem globalen Strom-Mix, in den CO2-Bomben wie Kohle, Öl und Gas eingerechnet sind.  Quelle: Polestar

60

58 50

50

42

40

Verschrottung

27

30

Betrieb

Produktion

20 Batterieherstellung

10

RohmaterialHerstellung

GesamtTonnen CO2

VOLVO XC40 VERBRENNER

POLESTAR 2,

POLESTAR 2,

POLESTAR 2,

betrieben mit globalem Strom-Mix

betrieben mit europäischem Strom-Mix

betrieben mit erneuerbaren Energien

CO2-Check: Ab wie viel Kilometer ist der Elektromotor umweltfreundlicher als der Verbrenner?

BJÖRN LARSSON ROSVALL

112.000 km 78.000 km 50.000 km

Polestar 2 mit globalem Strom-Mix*

Polestar 2 mit EU28-Strom-Mix

Polestar 2 mit erneuerbaren Energien

*Auflösung: Im Vergleich zum Verbrenner ist der Polestar erst nach 112.000 Kilometern auf der grünen Seite, wenn er ausschliesslich mit dem ­globalen Strom-Mix betrieben wird. Die grössten CO2-Treiber: Kraftwerke, die Öl, Kohle oder Gas verbrennen.

Das sieht um einiges besser aus: Wenn (wie in der EU im Jahr 2020) ­bereits 40 Prozent des ­Betriebsstroms aus erneuer­ baren Quellen gewonnen wird, ist der P ­ olestar seinen Kollegen mit Verbrennungsmotor auch schon nach 78.000 Kilometern überlegen.

Der Idealfall: Kommt 100 Prozent des Stroms für den laufenden Betrieb aus erneuerbaren Quellen wie Wind- oder Sonnenenergie, kippt die Rechnung schon bei 50.000 Kilometern ins Positive.

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«DA S UM W ELTBE W US ST SEIN H AT ZULE T ZT DR A M ATISCH ZUGENOMMEN . ICH W ÜRDE E S A LS RE VOLUTION BE ZEICHNEN .» die L ­ ebensdauer eines Autos gemes­ sen, lässt er sich durch erneuerbare Energien grob gesprochen halbieren. Wofür wir als Hersteller verantwort­ lich sind, ist die Energie, die im Pro­ duktionsprozess draufgeht. Ein Pole­ star 2 ­verlässt die Fabrik heute mit einem CO2-Abdruck von 26 Tonnen, ein ­Wagen mit Verbrennungsmotor verursacht nur rund die Hälfte. Unser Ziel ist die CO2-neutrale Produktion. Ist das realistisch? Erste Schritte haben wir bereits ge­ setzt: erneuerbare Energien in den Fabriken. Die Energie-Effizienz des Autos im Fahrbetrieb ist ein grosser Faktor, Stichwort Gewicht. Wir ver­ wenden klimaneutrale Materialien im Innenraum. Ein gutes Beispiel ist das Schweizer Start-up Bcomp, das hochleistungsfähige Verbundwerk­ stoffe aus nachhaltigem Flachs her­ stellt. Die Textilien bestehen aus ­recycelten Fischernetzen. Wussten Sie, dass nahezu die gesamte Bade­ bekleidung in Skandinavien so her­ gestellt wird? Ein perfektes Beispiel für Nachhaltigkeit: Aus Müll ent­ stehen intelligente Produkte – und ein Geschäftsmodell. Als kleinerer Hersteller haben wir die Möglichkeit, neue, inno­vative Zulieferer ins Boot zu holen. Wie findet man diese Start-ups? Indem man seine Augen offen hält und aktiv auf der ganzen Welt sucht. Bcomp ist ein gutes Beispiel dafür. Und dann schliesst man einen ­Exklusivvertrag, um als einziger Hersteller Flachs statt Plastik im Innenraum verwenden zu können? Wahre Nachhaltigkeit erreicht man nur, wenn innovative Technologien für die ganze Industrie zugänglich sind. Die alte Autowelt hätte Exklusiv­ verträge geschlossen. Wir machen das nicht. Ich hoffe, dass wir damit einen Kulturwandel anstossen.

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Privat «tankt» ­Fredrika Klarén ­bereits seit acht Jahren ausschliesslich Strom. Mit im Bild: ihr Privatauto, der Polestar 2.

­ leiben wir bei Bcomp: Skalierungs­ B effekte sind in der Autobranche ­ex­trem wichtig. Wenn sie profitabel sein wollen, brauchen sie viele Ab­ nehmer für ihre Flachsprodukte. Wie stellen Sie sicher, dass Kobalt für die Akkus unter menschenwürdigen Bedingungen abgebaut wird? Wir haben Blockchain-Technologie ­implementiert, wie sie bei Krypto­ währungen auch verwendet wird. Die ­Herkunft jeder Lieferung ist somit ­absolut fälschungssicher nachvoll­ ziehbar. Ich habe zuvor in der Beklei­ dungsindustrie gearbeitet. Da geistert mehr Bio-Baumwolle am Weltmarkt herum, als überhaupt wächst! Durch Blockchain stellen wir sicher, dass Korruption in der Lieferkette ausge­ schlossen wird. Kobalt ist der Anfang, aber wir werden das auf weitere Ma­ terialien und Rohstoffe ausweiten. Soll ich mein altes Auto also durch ein elektrisches ersetzen? Das allein ist nicht die Lösung. Wir müssen mehr Flexibilität ins System bringen. Wie bringen wir Menschen und Güter möglichst umweltschonend von A nach B? Diese Frage müssen wir klären, anstatt bloss jedem ein E-Auto vor die Tür zu stellen. Auch die Infrastruktur muss mitwachsen – und das wird sie. Wir sehen unsere Rolle darin, Produkte zu bauen, die langlebig sind und die man reparie­ ren kann – auch die ­Batterien. Wie sieht es mit dem Recycling aus? Die EU schreibt eine Quote vor, die alle Hersteller erreichen. Aber wir müssen noch besser werden und die Quote, die derzeit bei 88 Prozent liegt, weiter erhöhen. Es ist zum ­Beispiel nicht einzusehen, dass das Plastik alter Autos noch immer ther­ misch entsorgt wird – also schlicht verbrannt. Mischfasern in Textilien mögen ein Problem beim Recycling sein. Das Plastik eines so grossen

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Polestar hat mit der Studie «­Precept» einen Ausblick auf ein künftiges Modell präsentiert. Kommt dieses Auto wirklich so? Ja. Precept ist sehr mutig, aber die Autoindustrie sollte auch mutig sein, anstatt noch immer Geld in die Entwicklung von Verbrennungsmotoren zu stecken, vor allem für Märkte in Südamerika und Afrika. Man kann doch keine Energie für Technik von gestern vergeuden und sich damit ­zufriedengeben, schöne «grüne» ­Prototypen herzuzeigen, die dann ­ohnehin nicht kommen. Der Precept ist kein Concept-Car, es ist unser Commitment-Car.

Teils wie eines Armaturenbretts sollte es nicht sein. Hier müssen wir als ­Autoindustrie besser werden und in feinere Recycling-Anlagen inves­ tieren. Autos sollten zu 100 Prozent wiederverwertbar sein.

BJÖRN LARSSON ROSVALL

Welche Lebensdauer nehmen Sie bei Ihren Berechnungen für den Fussabdruck über die komplette Nutzungszeit eines Polestar 2 an? 200.000 Kilometer. Nun sehen wir aber bereits, dass sowohl das Auto selbst als auch die Batterie deutlich länger halten, die Gesamtposition also positiver ausfallen wird als von uns ursprünglich berechnet. Wie nutzen Sie persönlich E-Autos? Ich fahre seit acht Jahren ausschliesslich elektrisch. Wenn ich ausnahmsweise wieder in einem Auto mit Verbrennungsmotor s­ itze, merke ich, wie sich meine Art, Autos zu nutzen, verändert hat. Im Winter heize ich mein Auto immer bereits vor, bevor ich einsteige. Das Fahrgefühl bei ­Verbrennern ist viel langweiliger. Sie sind laut und vibrieren. Wie fühlt sich die Evolution der letzten acht Jahre vom Fahrersitz aus an?

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Das war Steinzeit im Vergleich zu heute! Ich hatte Autos von Nissan, Renault und Tesla, kurz sogar einen norwegischen Think. Schön, dass sich inzwischen E-Mobilität mit Qualität und Stil verträgt. Ich würde heute ­übrigens auch Polestar fahren, wenn ich nicht für diese Firma arbeitete. Wo werden wir in weiteren acht Jahren stehen? Das E-Auto wird die Normalität sein, der Verbrenner die Ausnahme. Wir werden die Produktionsketten so umgebaut haben, dass die Emissionen in der Produktion dramatisch niedriger sein werden als heute, gerade in den Bereichen Batterie-, Alu- und Stahlherstellung. Die Energielade-Infrastruktur wird exponentiell gewachsen sein. Die Entwicklung wird uns rasanter vorkommen, weil wir Menschen linear denken, der Fortschritt aber exponentiell passieren wird. Wie gross wird der globale Automarkt im Vergleich zu heute sein? Ich hoffe, dass wir mit weniger Autos mehr Geld verdienen als heute, weil Hersteller nicht mehr nur Autos ­bauen, sondern eine ganze Kette an Mobilitäts-Services, wie etwa CarSharing, anbieten.

Ich möchte noch einmal auf die ­Offenheit in der Kommunikation zurückkommen. Ehrlichkeit macht doch angreifbar. Ihre Studie zum Break-Even-Punkt von E-Autos wur­de etwa von einem nieder­ ländischen Professor kritisiert. Erst wenn die Fakten auf dem Tisch liegen, kann man darüber disku­ tieren. Nur dann! Besagter Professor hat unsere Offenheit ausdrücklich ­geschätzt, geht in seiner Kalkulation ­allerdings von geringfügig anderen Parametern aus als wir. Wir sind ­miteinander im Dialog, und genau darum geht es ja auch. Ist das die skandinavische Art, ­Dinge offen auszusprechen? Ja, vielleicht. In vielen skandinavischen Unternehmen ist Transparenz oberste Prämisse. Aber ich beobachte einen globalen Trend hin zu weniger Geheimniskrämerei und mehr Offenheit. Das gilt auch – und ganz besonders – für meine Kollegen in China. Das Umweltbewusstsein und das Bewusstsein, dass man diesem Problem mit Offenheit begegnen muss, hat dort in den letzten Jahren dramatisch zugenommen. Ich würde es als Revolution bezeichnen. Inzwischen sind es oft die Mitarbeiter des Mutter­ konzerns Geely in China, die nachhaltige Lösungen anstossen. Woher kommt das? Sie haben in Ballungszentren Umweltprobleme, die wir uns in Europa gar nicht vorstellen können. Sie sehen ­jeden Tag, dass wir nicht einfach weiter­machen können wie bisher.

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U NSERE M O BILITÄT B EFIN D E T SICH IN EIN EM D R AMATISCH EN WAN D EL . WO HIN G EHT DIE REISE , WIE WERD EN WIR REISEN – U ND WARU M WIRD DIE WELT VO N D ER AU TO IN D USTRIE LERNEN M ÜS SEN? EIN ES SAY VO N WERNER J ES SNER .

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AM ANFANG DES WEGES 38

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Wir werden immer unterwegs sein. Die Frage ist bloss, womit.

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Wer sein altes Auto gegen ein neues tauscht, verursacht etwas, das «graue Energie» heisst.

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Wer herausfinden will, was Fundamentalismus im Alltag ist, soll sich mit einem möglichst alten, möglichst verbrauchten Auto einer Tesla-Ladestation nähern und das Gespräch Richtung Umweltfreundlichkeit lenken. Jede Wette: Der wartende TeslaFahrer wird der Überzeugung sein, das Richtige für die Umwelt zu tun, und den Altauto-Fahrer für eine Umweltsau halten. Ähnlich wird ja auch von der Politik landauf, landab argumentiert: E-Mobilität ist der Königsweg gegen die Erderwärmung.

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ordergründig stimmt das ja auch – zumindest solange man nicht nur bis zum fehlenden Auspuff von E-Autos schaut. Hinten kommt tatsächlich nichts raus. Leider ist die Situation ein wenig komplizierter. Strom kommt eben auch nicht bloss aus der Steckdose. Und selbst wenn dem so wäre (­beziehungsweise jeglicher Strom zu hundert Prozent aus erneuerbaren Quellen gewonnen würde), ist die Rechnung noch immer nicht so einfach. Es kommt nämlich etwas ins Spiel, das «graue Energie» heisst. So bezeichnet man jenen Energie­ aufwand, den es braucht, um ein Produkt herzustellen, zu verkaufen und später zu entsorgen. Wer also sein ­altes Auto gegen ein neues tauscht, verursacht zuerst einmal einen Haufen dieser grauen Energie. Für einen

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­ ittelklassewagen sind das in etwa M 20.000 Kilowattstunden. Um das grössenordnungsmässig einordnen zu können: Mit einer Kilowattstunde fährt der Tesla-Pilot 6,7 Kilometer weit. Nach 134.000 Kilometern hat er das Öko-Malus gegenüber der alten Kiste ausgeglichen, das sein Neu­ wagen ab Herstellung mit sich führt. Voraussetzung ist natürlich, dass er die komplette Strecke ausschliesslich mit Solar- oder Windstrom zurück­ gelegt hat, sonst dauert es noch länger. Aber, Hand aufs Herz: Wer behält sein Auto wirklich 100.000 oder mehr Kilometer lang? Der Leasingnehmer gibt sein Auto normalerweise nach fünf Jahren zurück – also meist mit einer Laufleistung, in der die graue Energie noch gar nicht wieder ­zurückverdient ist. «Wusste ich’s doch!», werden die Traditionalisten und E-Auto-Gegner nun rufen, «doch ein Schmäh, dieser E-Auto-Hype!» Doch Obacht, Freunde: So einfach ist die Rechnung noch ­immer nicht. Jedes neue Auto ver­ ursacht nämlich graue Energie, auch jedes konventionelle. Und im Unterschied zu Benziner oder Diesel hat ein E-Auto immerhin die Chance, diese auszugleichen. Diese Debatte spricht also für das E-Auto, nicht dagegen. Natürlich wäre es am besten, gar keine graue Energie anzusammeln, indem man keine neuen Autos mehr baut und die alten einfach repariert. Leider ist auch dieser schöne Gedanke unrealistisch, von den wirtschaftlich katastrophalen Auswirkungen einmal abgesehen. Grundsätzlich – und das mag jetzt ein wenig über­ raschend kommen – werden die Autos in Europa ohnehin immer älter, wie eine Statista-Erhebung am Beispiel Deutschland zeigt. 1960 war der durchschnittliche Pkw noch 3,7 Jahre alt, 2012 8,1 Jahre, 2020 bereits 9,6 Jahre – und das trotz diverser ökologisch fragwürdiger Aktionen wie «Abwrackprämien», im Zuge ­derer Menschen ­in den letzten Jahren dafür finanziell belohnt wurden, ­tadellos funktionierende Fahrzeuge wegzuwerfen und sie gegen neue

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(hoffentlich ebenso tadellos funktionierende und vorgeblich um Längen sparsamere) zu tauschen. Graue Energie, Schummelsoftware, Diesel-Skandal, irgendwer? Selbst wenn wir unsere Autos heute länger nutzen als je zuvor: Irgendwann kommt der Punkt, an dem eine neue Karre in die Garage muss. Doch halt: Muss wirklich eine neue Karre in die Garage, oder ginge es anders auch? Vielerorts geht es tatsächlich ­anders. Gerade bei der Jugend und gerade im urbanen Bereich gibt es ­einen deutlichen Trend weg vom Führerschein. Wer niederschwellige, gut funktionierende öffentliche Transport-Infrastruktur vorfindet, kann sehr gut ohne Auto leben. ­Leider wurde die aber gerade auf dem Land in den letzten Jahrzehnten stückweise demontiert – und selbst wenn der politische Wille dazu da wäre, wird man sie nicht so schnell wieder hochfahren können. Also wird uns das Auto noch eine Zeitlang begleiten, ob wir das nun gut finden oder nicht. Car-Sharing und vergleichbare Methoden der shared economy werden diese Tatsache höchstens punktuell lindern, aber nicht ver­ meiden können. Der (politische) Druck auf die ­Autoindustrie, grün zu werden, ist enorm. Es geht darum, schnellstmöglich CO2 zu reduzieren, und der Verkehr ist eben ein massiver CO2-Herd. Ausserdem lässt sich mit der Umrüstung der (privaten) Pkw-Flotte gut Geld verdienen, die Wirtschaft wird durch privaten Konsum angekurbelt, Arbeitsplätze erhalten. Daher zwang man der fragmentierten Autoindus­ trie massiven Innovationsdruck auf, während zum Beispiel die Flugzeugindustrie mit ihren beiden Big Playern Airbus und Boeing mehr oder ­weniger ungestraft das machen darf, was sie seit Jahrzehnten macht: ­Abgase in jenen Höhen rausblasen, wo sie den Treibhauseffekt besonders verstärken. Klimawirksam ist dabei nicht nur CO2 – sondern auch Ozon und Wasserdampf. In Summe ver-

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dreifacht das den an sich nicht sonderlich spektakulären Wert des CO2 allein, mit dem die Flugzeugindustrie gern argumentiert. Eine Zahl aus der Schweiz: 2015 war die Fliegerei für 18 Prozent der menschengemachten Klimaerwärmung verantwortlich. Laut einer Studie des WWF ist der Klima­ effekt der Fliegerei mit 27 Prozent ­höher als der von Industrie und Landwirtschaft zusammen, auch höher als jener des sonstigen Verkehrs. Aber einstweilen müssen wir hier unten das Klima retten, und begonnen wird mit dem Individualverkehr. Immerhin ist jetzt klar, dass die ­zumindest mittelfristige Stossrichtung E-Auto heisst. So gut wie jeder Hersteller hat 2021 mindestens ein «emissionsfreies» Modell im Port­ folio, wobei wir die Anführungs­ zeichen hier ruhig gross und dick ­setzen k ­ önnen, wie wir oben an der Tesla-Tankstelle gesehen haben.

Das E-Auto funktioniert als Katalysator umweltgerechten Denkens.

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Die Schmerzen in der Branche sind jedenfalls enorm. Eine über mehrere Generationen gewachsene Kultur wird in wenigen Jahren völlig umgekrempelt. Das betrifft uns Neuauto-Kunden im Schnitt alle 9,6 Jahre, wie wir weiter oben im Text gelesen haben. Den Arbeiter in der Fabrik, die keine Benziner mehr herstellt, ­betrifft es heute. Oder den Mechaniker, der nun keine Zahnriemen oder Kupplungen mehr tauschen muss, weil E-Autos vom Prinzip viel einfacher sind als die technischen Wunderwerke, die die aktuellen Verbrenner gezwungenermassen geworden sind, um die stets härter gewordenen Abgaslimits einzuhalten. Die Mobilitätswende, in der wir gerade stecken, wird die gesamte Weltwirtschaft umdrehen. Länder, deren Reichtum auf Öl fusst, werden sich völlig neu orientieren müssen und tun das ja auch bereits, wie man

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DIE MOBILITÄTSWENDE, IN DER WIR STECKEN, W I R D D I E G A N Z E W E L TWIRTSCHAFT UMDREHEN. am Persischen Golf sieht. Länder wie Saudi-Arabien oder Katar würden keine Rallye Dakar, keine FussballWM ausrichten, wenn sie die Zeichen der Zeit nicht erkannt hätten. Das Öl-Zeitalter geht zu Ende, und sie wissen es. Am anderen Ende des Spektrums müssen jene Staaten, die auf dem «neuen Öl» (Lithium, Kobalt) sitzen, aufpassen, verantwortungsvoll mit ihren Bodenschätzen umzugehen und bei aller Profitgier an die Umwelt zu denken. Pro Tonne Lithium, die in der Atacama-Wüste aus mehreren hundert Meter Tiefe gewonnen wird, verdunsten 2.000 Liter Grundwasser. Übrig bleibt, neben dem «weissen Gold», Erdreich, das mit Lösungs­ mitteln wie Kerosin oder Salzsäure kontaminiert ist. In Anbetracht dieser Fakten erscheinen die eine oder andere abgesoffene Bohrinsel oder ein Tankschiff, das mit seiner Fracht ­paradiesische Strände versaut, wie Kavaliersdelikte aus der Vergangenheit. Machen wir uns nichts vor: Mobilität war nie ein sauberes Geschäft und wird es auch mit E-Antrieb nie sein können. Aber, und das ist vielleicht die ­beste Entwicklung, es gibt mittlerweile einen Drang, nein, eher Zwang zur Offenheit. Das E-Auto fungiert als Katalysator umweltgerechten Denkens. Heute fragt bei Neuwagen keiner mehr: «Wie schnell geht denn der?», sondern eher: «Wie nachhaltig ist denn der?» Die Kommunikation der Autokonzerne hat sich massiv ­gedreht. Nach Dieselskandal und Co wurde die Flucht nach vorn angetreten. Mit dem VW-Konzern hat sich der ­europäische Marktführer massiv der E-Mobilität verschrieben, (fast) alle anderen ziehen mit. Hier entsteht

­ erade eine kritische Masse, ähnlich g wie wir es einst bei Solaranlagen ­beobachten konnten: Nachdem die ersten vorgeprescht gewesen waren, wurde die Hardware günstiger und effizienter, bis irgendwann ein Exot war, wer noch immer keine hatte. Und noch ein Effekt wird sich durchsetzen: Wer einmal ein E-Auto besessen hat, wird als Nachfolger vermutlich wieder ein energieeffizentes Fahrzeug wählen, keinen SUV-Saurier. Dies deshalb, weil die aktuelle Generation von E-Autos bereits sehr gut ist und die nächste noch besser werden wird. Das ist nämlich das Gute an der Automobilindustrie: Sie ist wahn­ sinnig perfektionsgetrieben und wird all ihr Gehirnschmalz, das bislang in tolle Fahrwerke, brachiale Motorleistung und hohe Geschwindigkeiten ­investiert wurde, in Nachhaltigkeit stecken. Im Idealfall führt das zu ­einem Nachzieheffekt bei anderen Branchen, die sich dann auch keine Schweinereien mehr leisten können werden: die Industrie, die Landwirtschaft, das Wohnen und die Fliegerei. Wir werden uns noch wundern, wozu die Autobranche im Stande ist, wenn sie für die richtigen Ziele rennt.

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DIE ZUKUNFT IST BESSER ALS IHR RUF Erfolgstreibstoff Optimismus: Warum Forscher, Ingenieure und Aktivisten an eine bessere­ Welt glauben. Und warum alles dafür spricht, dass sie schon bald Realität wird. Text ALEX LISETZ

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KATE PETERS CONTOUR BY GETTY IMAGES

30 sehr kluge Experten schenken uns Zuversicht


«WIR RETTEN MILLIONEN KINDER» BILL GATES Bill & Melinda Gates Foundation Werden unsere Enkel die Malaria nur noch aus Geschichts­büchern kennen? Die Statistiken s ­ prechen dafür. Seit dem Jahr 2000 konnte die Zahl der Malaria-Toten durch Vorbeugung und verbesserte Behandlungsmethoden schon um die Hälfte gesenkt werden – auch dank der fast 2,4 Milliarden Euro, die die Gates-Stiftung beigesteuert hat.

mehr als 60 Prozent der Opfer sind jünger als fünf Jahre. Nun soll Big Data ermöglichen, lokale ­Cluster zu erfassen und punkt­ genaue Hilfsmassnahmen zu setzen. Woanders ist das Vorhaben, diese Krankheit komplett zum Verschwinden zu bringen, bereits geglückt: In den 1950er-Jahren konnte die Malaria in Mittel­ europa und in den USA endgültig besiegt werden.

Doch es gibt noch viel zu tun. Laut der WHO stirbt auf dem ­afrikanischen Kontinent alle zwei Minuten ein Kind an Malaria, INNOVATOR

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«WIR SCHAFFEN AUTOUNFÄLLE AB» JAIME WAIDO Apple

Hier leitet sie seit zwei Jahren – «die Mutter aller KI-Projekte», so Cook – eine Forschungs­ abteilung für autonome Steuersysteme. In Waydos streng geheimem Projekt soll Apple selbstfahrende Autos konzi­ pieren, die die bisherigen Prototypen in den Schatten stellen – und herkömmliche Autohersteller schon jetzt mächtig nervös machen. Autonome Autos könnten künftig aber nicht nur Unfälle verhindern. Sie würden auch grosse Bevölkerungsgruppen mobiler als bisher machen, etwa betagte Menschen, Minderjähri­ ge oder Sehbehinderte. Und sie würden uns allen viele ­verlorene Stunden ersparen – allein mit Parkplatzsuchen verbringt der DurchschnittsEuropäer 41 Stunden pro Jahr.

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«WIR BESIEGEN MULTIPLE SKLEROSE» UĞUR ŞAHIN BioNTech Im Kampf gegen Covid-19 gelang dem Mainzer BiotechnologieUnternehmen mit einem mRNAImpfstoff der Durchbruch. Nun soll die Boten-RNA auch bei der Entwicklung von Impfstoffen gegen Autoimmunerkrankungen und Krebs helfen. Am weitesten sind die Mainzer Wissenschaftler mit der Entwicklung eines revolutio­nären Impfstoffs gegen die bisher unheilbare Nerven­krankheit Multiple Sklerose vorange­ kommen. Der Impfstoff regt

den Körper zur Produktion von Selbstantigenen an, ohne dass das I­ mmunsystem – wie bei Auto­immunerkrankungen üblich – überreagiert. Das  klappte im Tierversuch so gut, dass sich sogar bestehende Symptome zurückentwickelten. Nun soll der Impfstoff zuerst an menschlichen Zellen und dann in einer klinischen S ­ tudie erprobt werden.

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MARZENA SKUBATZ/LAIF/PICTUREDESK.COM, GETTY IMAGES

Die KI-Expertin Jaime Waydo möchte nicht ein, zwei oder eine Handvoll Leben retten. Sondern 1,35 Millionen, Jahr für Jahr. So viele Männer, Frauen und Kinder sterben nämlich jährlich bei Verkehrsunfällen – der Grossteil von ihnen aufgrund menschlichen Versagens. «Selbstfahrende Autos könnten diese Unfälle verhindern und gleichzeitig unseren Alltag deutlich be­ quemer machen», schreibt Jaime Waydo in einer ihrer Studien. Apple-CEO Tim Cook hat sie vom Google-Projekt «Waymo» als Chefingenieurin zu Apple geholt.


«WIR ÜBER­ WINDEN DIE ARMUT»

HANS ROSLING Gapminder

«Die Anzahl der Menschen, die (der Armut entkommen und) in die untere Mittelschicht aufsteigen werden, wird bis 2040 weltweit von zwei auf vier Milliarden wachsen», schrieben die schwedischen Wissenschaftler Hans, Anna und Ola Rosling in ihrem 2018 veröffent­lichten Bestseller «Factfulness». Die Auswirkungen dieser gesellschaftlichen Umwälzung werden enorm sein. Asiatische und afrikanische Länder werden zu neuen Wirtschaftsmächten heranwachsen. Und zwei Milliarden Menschen, die bisher von der Hand in den Mund lebten, werden in 20 Jahren berufliche Investitionen tätigen, kleine Ersparnisse an­legen und vielleicht ­sogar alle paar Jahre einen bescheidenen ­Urlaub machen können. Der 2017 verstorbene Hans Rosling, der seine letzten Lebensjahre der Aufgabe widmete, verzerrte öffentliche Wahrnehmungen zu korri­gieren (etwa ­unsere Sicht auf die Armut in der Welt), erstellte für Asien und Afrika eine verheissungs­volle Prognose: Wirtschaftstreibende Investitionen werden zunehmen. Dazu werden sich moderne Anbieter eher mehr auf diesen Markt verlagern, leistbare Konsum- und Gebrauchsgüter für ihn produzieren – und so die dortige Lebens­ qualität weiter heben.

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«WIR LEBEN «WIR REISEN IN SMARTEN MIT SCHALLCITYS» GESCHWINDIGKEIT» NORMAN FOSTER

ELON MUSK

Foster + Partners

Tesla und SpaceX

Wie smart wir morgen ­leben werden, demonstriert das Londoner Architekturbüro Foster + Partners in Masdar City. Die reale Science-FictionStadt entsteht seit 2008 in den Vereinigten Arabischen Emiraten, 30 Kilo­ meter östlich von Abu Dhabi. Die «erste Stadt der Welt, die weder Müll noch CO2 produziert» (Norman Foster) soll Best-Practice-Beispiel für künftige Stadtkonzepte werden. Ihre Besonderheiten: autarke Solar- und Windenergieversorgung, Autoverbot und öffentlicher Elektro-Nahverkehr, solarbetriebene Wasser­ entsalzungsanlagen und Windtürme zur Kühlung.

Von Hamburg nach München in 45 Minuten: Das könnte für Zugpendler schon in ein paar Jahren Realität sein, sobald das Hyperloop-Konzept von Tesla-Gründer Elon Musk ausgereift ist. Die Grundidee hatte die London and Edinburgh Vacuum Tunnel Company bereits 1825. In luftleer gesaugten Röhren gebe es demnach für Hoch­ geschwindigkeitszüge keine Tempobeschränkung, weil der Luftwiderstand wegfällt. Musks Magnet-Konzept wäre auch in puncto Nachhaltigkeit eine Revolution: Die benötigte Energie für Schalltempo-Reisen könnten allein die Solarpanels auf den Röhren bereitstellen.

Nicht jeder Experte ist überzeugt, dass Masdar City jemals bewohnt sein wird – kürzlich wurde die Fertigstellung vom wankelmütigen Königshaus auf 2030 verschoben. Dass wir zahlreiche der dort erprobten Ideen für unsere eigenen Städte adaptieren werden, ist aber nur eine Frage der Zeit.

Derzeit arbeiten einige Firmen an der Umsetzung, das niederländi­ sche Start-up Hardt Hyperloop hat die Nase vorn: Ab 2025 sollen Güter, ab 2028 Personen mit 700 km/h von Amsterdam nach Den Haag transportiert werden.

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DAVID E. ALBERT AliveCor

In Zukunft wird jeder rund um die Uhr von seinem Hausarzt begleitet werden, der bei gesundheitlichen ­Pro­blemen geistesgegenwärtig Alarm schlägt – präziser: von der D ­ igitalversion seines auf ­Abruf bereiten Hausarztes. Fitness-Tracker und smarte Ringe messen zwar schon jetzt unsere Gesundheitsdaten. Künftige Apps werden aber noch viel präziser arbeiten und zuverlässig Schlaganfälle oder Herzinfarkte verhindern, die häufigsten Todesursache in unserem Teil der Welt. Das kalifornische Unternehmen AliveCor forscht dafür an der Kombination von medizinischen Geräten und Künstlicher Intelligenz. Ihr winziges tragbares EKG-Gerät ist schon jetzt am Markt. Seine Software passt sich automatisch an die Eigen­heiten des Users an und erkennt Herzrhythmusstörungen anhand 300.000 individueller Parameter. «Damit ist nicht nur eine Gesundheitsüberwachung möglich», sagt AliveCor-Gründer Dr. David E. Albert, «sondern auch eine Aufzeichnung aller Daten über längere Zeit. Was etwa die Überwachung des Genesungsprozesses revolutioniert.»

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«WIR STOPPEN CYBERBULLYING» GITANJALI RAO «Time’s Kid of the Year 2020» «Seit ich denken kann, will ich die Leute um mich herum ein bisschen glücklicher machen. In der zweiten oder dritten Klasse wurde mir klar, dass man die Welt auch mit Wissenschaft und Technologie zu einem besseren Ort machen kann», sagt Gitanjali Rao in einem Interview mit Angelina Jolie. Die 15-jährige US-Nachwuchswissenschaftlerin mit indischen Wurzeln war schon in den «Forbes 30 Under 30» und das «Kid of the Year» des renommierten «Time»-Magazins. Auf eine Disziplin will sie sich nicht festlegen. Mit 13 erfand sie eine Toolbox, die Trinkwasser mithilfe von Nanoröhrensensoren auf Keime untersucht und kosten­­ günstig aus dem 3D-Drucker kommt. Und gleich danach programmierte sie «Kindly», eine App gegen Cyber-Bullying – die den User mittels eines WortsuchAlgorithmus vor dem Versenden einer Nachricht warnt: «Das gibt den Menschen die Chance, zu überlegen, ob sie tatsächlich einen beleidigenden Text ab­ schicken wollen.» Rao organisiert ­zudem Workshops für Schüler, die in ihre Fussstapfen treten wollen. «Am Ende hat jeder Teilnehmer eine Idee definiert. Und ein paar Wochen später kriege ich E-Mails wie ‹Danke! Ich habe

jetzt einen Sneaker erfunden, der automatisch den Notruf wählen kann›», erzählt sie. Bisher coachte Rao 30.000 Nachwuchserfinderinnen und -erfinder persönlich und i­ nspiriert hunderttausende weitere Gleichaltrige mit ihrem Vorbild: «Was ich schaffe, schaffen andere auch.» INNOVATOR

SHARIF HAMZA

«WIR HABEN IMMER EINEN ARZT DABEI»


«WIR TANKEN WASSERSTOFF» TIM YOUNG

SunHydrogen In der Welt von morgen wird nur noch Wasser­ dampf aus den Auspuffen unserer Autos kommen. Welch perfekter Energie­ speicher Wasser­stoff ist, war zwar schon hin­ länglich bekannt. Jedoch hakte der Durchbruch als umweltfreundlicher Treibstoff bisher an einem lästigen Problem: Die Gewinnung von Wasser­ stoff benötigt selbst jede Menge Energie. Dafür fand das kalifor­ nische Unternehmen SunHydrogen nun eine Lösung: Mit seinem solar­betriebenen Partikel­ system erzeugt der sogenannte HyperSolar H2-Generator direkt in der Solar-Tankstelle um die Ecke aus Sonnenlicht und Wasser Wasserstoff, und das unabhängig von Pipelines oder zweifelhaf­ ten Nahost-Diktatoren. «Alle Testphasen in Labor sind erfolgreich abgeschlossen», sagt SunHydrogen-CEO Tim Young. Noch 2021 sollen die ersten 100 Anlagen produziert werden.

INNOVATOR

«WIR MACHEN ROBOTER MENSCHLICHER» DONGHEUI LEE

Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt Die Roboter der nahen Zukunft müssten nicht nur Schrauben sortieren und Autos ­zusammenschweissen. Sie würden auch in ­unserem Alltag lästige oder unangenehme Arbeiten übernehmen. Dafür sollten sie sich menschliche Verhaltensweisen ­antrainieren, sagt Robotik-Forscherin Dongheui Lee. «Wenn ein Roboter allein in einer Fabrik­halle agiert, ist es egal, wie er aussieht. Im Haushalt oder in der Altenbetreuung müssen wir uns aber in seiner Umgebung wohlfühlen», beschreibt sie in einem TED-Talk. Darum baut die ge­ bürtige Südkoreanerin Roboter, die mensch­ liche Bewegungsmuster imitieren und verstehen können. Sie ahmen also nicht nur Lees Bewegungen beim Schälen eines Apfels nach. Sie lernen dabei auch, welches Ziel diese Bewegungsmuster haben. So gelingt es dem Roboter, den nächsten Apfel selbst zu schälen – oder, wie in einem anderen Experiment von Lee, nach ihrer Anleitung den Tanz aus «Pulp Fiction» nachzutanzen. Die Idee dafür hat sie übrigens aus «Terminator 2»: Dort bringt der junge John Connor dem übellaunigen Androiden die High-Five-Geste bei.

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«WIR ZÜNDEN EINE KREATIVE EXPLOSION»

HARRY GATTERER

Zukunftsinstitut

Dieser kreative Boost wird neue Unternehmen entstehen lassen, neue Innovationen und neue Lebensstile – und unsere gesamte Welt in den kommenden Jahren von Grund auf durchlüften.

«WIR VERBANNEN GEWALT» STEVEN PINKER

Harvard University Kriege, Amokläufe, Bomben­ anschläge: Tag für Tag bestärken uns die Nachrichten-Feeds in unserem Glauben, dass die Welt immer gewalttätiger wird. Doch das sei Unsinn, sagt Harvard-­ Psychologieprofessor Steven Pinker. In seinem 1200 Seiten dicken Bestseller «Gewalt. Eine neue Geschichte der Mensch­ heit» weist er nach, dass wir in der friedlichsten Epoche aller Zeiten leben. Unser Risiko, eines gewaltsamen Todes zu sterben, ist gegen­ wärtig geringer denn je, rechnet er vor: «Im Mittelalter lag die Wahrscheinlichkeit, von einem Mitmenschen erschlagen zu wer­ den, bei 1:1000. Heute beträgt sie 1:50.000. Und in früheren Stammesgesellschaften war dieses Risiko noch zehn- bis

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hundertmal höher als im Mittel­ alter.» Diese Entwicklung setzte sich seit dem Mittelalter nicht nur fort. Sie nahm in den letzten Jahrzehnten sogar gewaltig Fahrt auf: Seit dem Zweiten Weltkrieg sinken die Mordraten (von zwischenzeitlichen Aus­reissern unterbrochen) von Jahrzehnt zu Jahrzehnt – genauso wie die weltweite Zahl bewaffneter Konflikte und die Opferzahlen von Kriegen, Terroranschlägen und Völkermorden. Der Grund? Laut Steven Pinker: zunehmende Bildung, mehr Empathie sowie ­globale  Handelsverbindungen, die Kriege auch für die Mächtigen zu Verlustgeschäften machen. Pinkers Prognose: «Die statis­ ti­schen Daten sprechen dafür, dass sich dieser Trend weiter fortsetzt – und der Weltfrieden in Sichtweite kommt.»

INNOVATOR

KAYANA SZYMCZAK, OBAYANJU BABAWALE

«Hohe Unsicherheit schafft die besten Voraussetzungen für alle, die die Welt verändern und gestalten wollen, statt nur die Vergangenheit zu ver­ längern», sagt der Zukunfts­ forscher Harry Gatterer. Für ihn ist unsere aktuelle Krise der perfekte Nährboden für eine kreative Explosion – für Ideen und Initiativen, die uns allen in den kommenden Jahren einen zusätzlichen Schub bescheren werden. Wirklich allen? «Ja, auch ­denen, die sich von der ak­ tu­ellen Situation gelähmt fühlen, die jetzt müde oder deprimiert sind. Denn gerade sie stellen jetzt ihre Werte und ihre Gewohnheiten infrage – und sie werden dabei neue Ant­worten auf ihre grundsätz­ lichen Lebensfragen finden.»


«WIR LIEBEN «WIR RETTEN «WIR FLIEGEN FLEISCHDIE NATUR» ZUM MARS» NNIMMO BASSEY GERNOT GRÖMER ERSATZ» PAT BROWN

Impossible Foods Das Barbecue von ­mor­gen kommt ohne Hüftsteak und Spareribs aus – und zwar selbst dann, wenn ausgewie­ sene Fleischtiger auf der Gästeliste stehen. «Wir haben gelernt, auf einer molekularen Ebene zu verstehen, was Fleisch ausmacht, was es so attraktiv für den Menschen sein lässt», sagt der US-amerika­ nische Biochemiker Pat Brown, der alljährlich zu den ­Favoriten für den Chemie-Nobelpreis zählt. Mit seinem Unter­ nehmen Impossible Foods stellt er Fleisch­ ersatz her, der vom Original nicht unter­ scheidbar ist. «Der magische Bestandteil für echten Fleisch­ geschmack ist der Blut­ farbstoff Hämo­globin», so Brown in einem Inter­ view. «Wir lassen ihn von Hefe herstellen, die in Fermentern wächst und in die wir ein Soja-Gen eingeschleust haben.» Bestimmte pflanzliche Fette und Eiweisse helfen dabei, das ursprüng­ liche Mundgefühl zu erzeugen. Essen wir also bald Fleisch, ohne Tiere schlachten zu müssen? «Vernünftig wäre es», sagt Brown, «weil die Viehwirtschaft für 15 Prozent aller globalen Klimagase verantwort­ lich ist, mehr als der ge­ samte Transportsektor.» Darum will Brown neben Hackfleisch künftig auch Milch- und Fischersatz auf den Markt bringen.

INNOVATOR

HOMEF

Klimaschutz wird zum globalen Ziel, nachhaltige Technologien sind im Vor­ marsch. Veraltete Techno­ logien und skrupellose Unternehmer verursachen aber noch immer kata­s­ tro­phale Umweltschäden. «Ein Ökozid-Gesetz könnte diesen Umwelt­ verbrechern das Hand­ werk legen», sagt UmweltAnwalt Nnimmo Bassey von der nigerianischen Naturschutz-Organisation Health of Mother Earth Foundation (HOMEF). Er ist einer der Vorkämpfer für die weltweite Ver­ folgung schwerwiegender Umweltverbrechen vor dem Internationalen Strafgerichtshof. Sollte sich Bassey, wie viele Experten glauben, durchsetzen, hätte das noch nie da gewesene ­Folgen: Ökozide könnten künftig ­international wie Kriegsverbrechen geahndet werden. Und der Internationale Straf­ gerichtshof könnte auf­ grund abschreckender Androhung von schweren Gefängnisstrafen auch Politiker und Konzerne an die kurze Leine nehmen, die für kurzfristigen Profit über Leichen gehen.

Österreichisches Weltraum Forum

«In 20 bis 30 Jahren könnte die erste be­ mannte Mars-Mission stattfinden», sagt der Astrophysiker Gernot Grömer. «Technisch sind wir dafür schon fast bereit – nun arbeiten wir an der politischen Unterstützung und der Finanzierung.» Als sogenannter AnalogAstronaut begibt er sich alle zwei, drei Jahre auf eine simulierte MarsMission – das nächste Mal im Oktober in die Negev-Wüste in Israel. Unterstützt von mehr als 200 Wissenschaft­ lern und Ingenieu­ren aus 20 Nationen, wird eine sechsköpfige Crew im geologisch vielseitigen Ramon-Krater Roboter und autonome Drohnen testen. Sie sollen später die Mars-Oberfläche er­ forschen – und mithilfe des Öster­reichischen Weltraum Forums für den späteren Real-Ein­ satz optimiert werden.

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«WIR LADEN AUTO-AKKUS IN 5 MINUTEN AUF»

MARKUS KREISEL

Kreisel Electric Bald wird Akku-Laden so schnell erledigt sein wie heute ein Tankstellenstopp inklusive Umweg zum Snack-Regal. «Fünf Minuten», versprechen die Gebrüder Kreisel für Stadtflitzer mit kleinen Akkus. Ihr gemeinsam mit Rallye-Staatsmeister Raimund ­Baumschlager entwickeltes Wettkampf-­ Fahrzeug RE-X1 ist schon heute binnen 15 Minuten rennfertig, 2021 soll es bei der österreichischen RallyeStaatsmeisterschaft 2021 die Verbrenner hinter sich lassen. Doch warum gelingt den oberösterreichischen E-Mobility-Pionieren, woran andere scheitern?

ANASTASSIA LAUTERBACH

XU Exponential University «Künstliche Intelligenz steht heute da, wo das Internet 1995 war», sagt die deutsch-russische Multi-Aufsichtsrätin und KI-Professorin an der XU Exponential University in Potsdam Anastassia Lauterbach. «Facebook, Apple und Co werden ihr Quasi-Monopol darauf nicht mehr lange halten können, stattdessen werden dezentrale Daten­ märkte die Wirtschaft revolutionieren.» Die praktische Folge: Selbstlernende Maschinen werden dann für uns Gurken sortieren und Operationen durchführen. Sie werden uns auch in jedem Lebens­bereich körperlich ungesunde, ­psychisch belastende oder überkomplexe ­Arbeiten abnehmen.

«WIR STOPPEN DEN KLIMAWANDEL» NILS RØKKE EERA Schaden Klimaschutzmassnahmen der Wirtschaft? Nils Røkke, Chairman der European Energy Research Alliance (EERA), ist vom Gegenteil überzeugt. Er koordiniert 50.000 Forscher in 30 Ländern, die in 17 konkreten Programmen dasselbe Ziel verfolgen: die EU bis 2050 CO2 -neutral zu machen. Und er ist alles andere als ein grüner Träumer: «Die EU muss den weltweiten Energiewandel anführen, um wett­bewerbs­fähig zu bleiben», sagt der norwegische Wissenschaftler auf seinem YouTube-Channel. Denn Klimaschutz­ massnahmen werden in den kommenden Jahren wichtige Wirtschafts­ impulse setzen und Arbeitsplätze schaffen.

BETKE, OLGA RUBIO

Ihr Akku wird beim Schnellladen nicht heiss, weil jede Zelle durch den patentierten Hollow­block einzeln temperiert wird. So liefert der Kreisler-Akku auch maximale Energie­ dichte – und genug Power für Rallye-Autos, Boote oder Flugzeuge.

«WIR LASSEN KI UNSERE PROBLEME LÖSEN»

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«WIR ZERSTÖREN DEN KREBS MIT HITZE» DR. ANDREAS JORDAN MagForce

«WIR LEBEN ZUFRIEDENER» CHRISTIANE VARGA Trendforscherin Unsere Gesellschaft stehe vor dem «Next Level», prognostiziert die Wiener Trendforscherin Christiane Varga. «Denn Covid-19 wird vom Entschleuniger unserer Welt zu einem Beschleuniger des positiven Wandels.» Nach der Krise werden wir zwar kurz das Vermisste nachholen wollen, mit exzessivem Konsum und hedonistischem Lebensstil. Doch dann wird das Pendel in die andere Richtung ausschlagen – auch weil die schädlichen Neben­wirkungen unseres heutigen Lebensstils immer mehr Menschen bewusst werden. «Massenkonsum und Massentourismus verschwinden.

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Qualität ersetzt Quantität. Das Konzept der Achtsamkeit verliert seine s ­ pirituelle Flughöhe und landet im Mainstream», so Varga. Auch unser Einkaufsverhalten wird sich verändern: hin zu einer sinnvolleren Balance zwischen ­on- und offline, globalem und lokalem Handel. Mit vermehrtem Hang zu regionalen Onlineshops, zu ­Direct-Trade-Platt­formen und Wochenmärkten. Und das Prinzip «höher, schneller, weiter» werde durch eine neue Form von Genügsamkeit und Zu­friedenheit abgelöst, sagt die Trendforscherin.

In Zukunft bekämpfen wir Tumore vielleicht mit der kleinsten Waffe der Welt: mit Nanotechnologie. Dem Medi­ zintechnik-Unternehmen MagForce ge­lingt das schon jetzt. Mit ihrem patentierten NanoTherm-Therapie-System behandeln die Berliner Glio­ blastome – das sind bösartige Hirn­tumore – mit Nanoparti­ keln. Die Metho­de hat Mag­ Force-Gründer Dr. Andreas Jordan entwickelt. Ihm gelang es, Eisenoxid-Nano­partikel so zu ummanteln, dass sie direkt in den Tumor injiziert oder in die Tumorhöhle implantiert werden können. In jeden inji­ zierten Milliliter passen rund 17 Billiarden dieser Nanopar­ ti­kel. «Die Flüssigkeit selbst ist schwarz wegen der Eisenoxide und ähnelt Tinte», sagt er. Nach der Injektion/Implanta­ tion muss der Patient in ein spezielles magnetisches Wech­ selfeld, den NanoActivator. Hier werden die Nanopartikel im Tumor kontrolliert von ­aussen in Schwingung versetzt, somit im Inneren des Tumors erhitzt. Das Ziel: Noch vor­ handene Tumorzellen werden zerstört, ohne das umgebende Hirngewebe zu gefährden. In der EU dürfen GlioblastomPatienten bereits mit der neuen Methode behandelt werden. Wenn klinische Studien grünes Licht geben, könnten mit dem revolutionären Therapiesystem bald auch andere Tumorerkran­ kungen behandelt werden.   53


«WIR FLIEGEN ZUR ARBEIT»

ROBERT MACHTLINGER FACC

Der Aerospace-Technologieführer macht aber nicht nur den innerstädtischen Verkehr bequemer, sondern auch das Fliegen grün. «Unsere Leichtbau-Technologie spart Gewicht und dadurch auch Treibstoff», sagt er. Durch die FACC-Composite-Materialien verursachen die Flugzeuge von morgen bis zu 60 Prozent weniger Lärm, der Luftwider­ stand wird reduziert. Kein Wunder, dass quasi alle namhaften Hersteller mit den Innviertlern zusammen­arbeiten – von Boeing über Rolls-Royce bis Airbus.

«WIR TREFFEN UNS AM HOLODECK»

ROEL VERTEGAAL Huawei

«Star Trek» inspirierte schon viele reale Erfindungen. Mit etwas Glück ist als Nächstes das «Holodeck» dran. Mit einem­Unterschied: Wir werden kein Raumschiff besteigen, um mit dreidimensionalen Hologramm-Projektionen zu plaudern – s ­ ondern die Techno­ logie als E ­ rsatz für Skype und Co direkt bei uns zu Hause oder im Büro einsetzen. «Wenn wir heute o ­ nline miteinander kommuni­zieren, verhindert die Technologie echte menschliche Begegnung», sagt Interaktionsdesigner Roel Vertegaal. «Denn in einer Videokonferenz gehen alle Nuancen unserer Kommunikation verloren, die wir im analogen ­Leben nützen – vom Augenkontakt bis zur Körpersprache.» Auch VR-Brillen seien keine praktische Alternative für den Alltag, meint Vertegaal. Seine Alter­ native: dreidimensionale Projektionen, mit denen wir in Echtzeit kommunizieren – ganz so, als

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wäre die Person mit uns direkt im Raum. «Die Technologie muss sich an uns anpassen, nicht wir uns an die Technologie», sagt der gebürtige Niederländer. Zusammen mit dem Human Media Lab der Queen’s University in Kingston, Ontario, erforscht er die «Vermenschlichung» von Handy oder Tablet – und entwickelte unter­wegs PaperWindows (2004), PaperPhone (2010) und PaperTab (2012) – biegsame Geräte, die wir wie Scheckkarten einstecken und wie Papier durchblättern können und die das faltbare Tablet Huawei Mate X inspirierten. Jetzt forscht er für Huawei. Werden wir schon bald HologrammVersionen unserer selbst zum Date schicken? «Bis zur Alltags­ tauglichkeit brauchen wir noch ein paar Ideen», bedauert Roel Vertegaal. Wenn aber alles gut geht, wird er sie nicht mehr lange in zweidimensionalen Videokon­ ferenzen austauschen müssen.

INNOVATOR

QUEEN'S UNIVERSITY, GETTY IMAGES

Im eigenen Pkw durch die Stadt im Stau? Diese lästige Erfahrung werden wir in ein paar Jahren hinter uns gelassen haben. Stattdessen fliegen wir mit autonomen Drohnen ins Büro, zum Shoppen oder zum Kuchen bei Oma. An der Entwicklung dieser Drohnen ist auch das oberösterreichische Technologie-Unternehmen FACC beteiligt. «Autonome Drohnen ermöglichen nicht nur eine revolutionäre Art der Personen-Fortbewegung, sie erschliessen auch völlig neue Einsatzmöglichkeiten im Bereich der Ambulanz- und Materialversorgung», sagt Robert Machtlinger, CEO von FACC.


«WIR KAUFEN «WIR BRINGEN «WIR SMART EIN: HYGIENE ZU REPARIEREN PER DROHNE» DEN ÄRMSTEN» NERVEN» LIU QIANGDONG JD.com Während Europa noch in der Experimentierphase ist, verschickt Chinas Internet-Shopping-Riese JD.com (Bild unten: CEO Liu Qiangdong) schon seit 2019 Einkäufe per Drohne – vor allem in entlegene ländliche Regionen. Die einge­ setz­ten Modelle können 260 Kilo­gramm Ladung stemmen und erreichen eine Spitzengeschwindigkeit von 130 km/h. Die Konkurrenz von DHL schafft nur 5 Kilogramm Zuladung, dafür hat sie in der 13-Millionen-Stadt Guangzhou den ersten innerstädtischen Lieferdienst eingerichtet. Dabei liefert sie Pakete fünfmal schneller aus als Lkw – ohne Stau und Luftverschmutzung – und spart zugleich Arbeitskräfte: Das Zuund Abladen erfolgt vollautomatisch, zum Abholen reicht die Gesichtserkennung am reservierten Postfach.

INNOVATOR

AJEET OAK

Tiger Toilet Die genial einfache Er­ findung eines indischen Start-ups könnte die Hygienebedingungen in den ärmsten Gegenden der Welt deutlich verbes­ sern – und übertragbare Krankheiten eindämmen: ein Klo, das Fäkalien in Dünger verwandelt – und dabei weder Wasser noch Kanalsystem braucht. «In Indiens Slums gibt es vielerorts kein Fliess­ wasser, die Menschen ver­richten ihre Notdurft im Freien», sagt Ajeet Oak, CEO von Tiger Toilet. «Unser System wirkt die­ ser Verschmutzung ent­ gegen: Das Klo ist überall leicht zu in­stallieren und kann sogar – mithilfe des sogenannten Kompost­ wurms – Exkremente in geruchlosen Dünger ver­ wandeln.» Nun will Oak sein kosten­günstiges ­Produkt in die ganze Welt exportieren.

GRÉGOIRE COURTINE Wings for Life Sind Rollstühle in ein paar Jahren verzichtbar? Die Chancen stehen gut, dass zumindest Menschen mit Rückenmarksverletzungen (pro Jahr kommen weltweit 250.000 dazu) schon bald ohne sie auskommen werden. Denn die Grundlagenforschung hat in den letzten Jahren enorme Fortschritte gemacht, nicht zuletzt aufgrund der Unterstützung der Stiftung Wings for Life. Für Aufsehen sorgte kürzlich der Fall des querschnittsgelähmten Turners David Mzee, der nach einer neuartigen Therapie wieder (mittels Rollator) gehen kann. «Wir fanden heraus, dass ein Grossteil des Rückenmarks nach einer Verletzung intakt bleibt – und elektrisch stimu­ liert werden kann», so der für die Therapie verantwortliche Wissen­ schaftler Grégoire Courtine. «Die Patienten können mithilfe von Elektrostimulation wieder gehen – und sogar Kontrolle über Blase, Darm und Sexualfunk­ tionen wiedererlangen.» Der Fall Mzee macht den Wissenschaftler zu­versichtlich, dass «für Paraplegiker bald sogar die willkürliche Kon­trol­ le über ihre Muskeln möglich sein wird». 2024 soll es so weit sein.

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«WIR ZÄHMEN DROGEN» J.  R .  R AHN

MindMed LSD, Ecstasy und Magic Mushrooms haben schon so manchem Partygänger die Sicherungen durchbrennen lassen. Die Experten des Schweizer NeuroPharma-Unternehmens MindMed gehen genau den umgekehrten Weg. Gemeinsam mit dem Liechti-Labor im Universitätsspital Basel erforschen sie mikro­ dosierte Psychedelika, um seelische Erkrankungen zu heilen und ADHS, Angstzustände oder die Begleiterscheinungen eines DrogenentzugProgramms zu lindern.

RENÉ JANNICK JØRGENSEN FarmDroid

Bisher galt: Bio-Landwirtschaft ist Knochenarbeit, konventionelle schlecht für die Umwelt. Das dürfte sich bald ändern. Der vom dänischen Unternehmen FarmDroid konzipierte ­Roboter FD20 erledigt das Säen und Unkrautjäten nämlich nicht nur vollauto­ matisch, sondern auch CO2-neutral, biologisch und chemiefrei. Sein Treib­ stoff ist derselbe, den auch die von ihm g ­ esäten Zuckerrüben, Zwiebeln und Rapspflanzen benöti­ gen: Solarenergie. Dank seinem geringen Gewicht bleibt auch die natürliche Bodenstruktur erhalten. Der Bauer muss nicht ­ein­mal die Arbeit über­ wachen: Der Robo erkennt die korrekte Position jedes Samens per GPS. Und das Beste: Der Roboter ist schon – serienmässige – Realität: «Wir haben bereits mit der Verschiffung an Kunden in Österreich, Deutschland und Frankreich begonnen», so CEO René Jannick Jørgensen.

BART WEETJENS Apopo

Im Alter von neun Jahren bekam der Belgier Bart Weetjens seinen ersten Hamster. Schon seit damals liebt er Nagetiere – ihre Intelligenz und ihre G ­ elehrigkeit. Als Erwachsener wollte er etwas Sinnvolles für die Welt tun. Und hörte von Landminen, die bis heute in 59 Ländern Menschen töten oder verstümmeln. Weetjens verband die Fäden – und trainiert mit seiner Organisation Apopo Riesenhamsterratten, Landminen aufzuspüren (die Ratte selbst ist leicht genug, um die Mine nicht auszulösen). Seine beeindruckende Bilanz bisher: Ganz Mosambik ist landminenfrei – es konnten 110.000 Minen entschärft und die L ­ ebensgefahr für eine Million Menschen gebannt werden. Und: Weetjens’ Mission geht derzeit in anderen Ländern unermüdlich weiter.

CYLEONG.BE, DAVID PAYR

«Wir stehen erst am An­fang mehrerer bedeutender Entdeckungen, die die Anwendung von Psychedelika als therapeutische Arznei­mittel vorantreiben können», sagt MindMed-Mit­ begründer J. R. Rahn. Ausser mit LSD experimentieren die Basler Forscher auch mit mikrodosiertem MDMA und Psilocybin. Mit Erfolg: Nach dem Start der weltweit ersten LSD-MDMA-Kombinationsstudie im Januar avancierte die MindMedAktie zum InvestmentTrend – ein Beleg für das grosse Potenzial und die baldige Realisierung der Anwendung.

«WIR ACKERN «WIR ENTKLIMASCHÄRFEN ALLE NEUTRAL» LANDMINEN»

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«WIR STOPPEN DAS ALTERN» SHAI EFRATI

Shamir Medical Center Im vergangenen November konnte sich der israelische Wissenschaftler Shai Efrati auf Twitter kaum halten: «Zum ersten Mal ist es uns gelungen, den Alterungsprozess menschlicher Zellen nicht nur zu stoppen, sondern sogar umzukehren», schrieb er.

«WIR FINDEN SINN IM JOB» MARIE RINGLER Ashoka Social Entrepreneurship ist der Start-up-Trend der Stunde. Immer mehr Gründer machen sich mit Ideen selbständig, die die Welt ein Stück besser machen – und jeden ihrer Arbeitstage ein bisschen sinnvoller. «Allein unsere 4000 Mitglieder in unserem Netzwerk haben einen posi­ tiven Impact auf 850 Millionen Menschen», sagt Marie Ringler. Sie ist die Europa-Chefin von Ashoka, dem grössten globalen Netzwerk zur Förderung von sozialem Unternehmertum. Tag für Tag landen Ideen auf ihrem Schreibtisch, die unsere Gesellschaft friedlicher, glücklicher oder gesünder machen könnten. Die besten erhalten Stipendien, Know-how und Kontakte – und werden nicht selten zu internationalen Erfolgen. Doch was sind gute Ideen? «Unsere Social

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Entrepreneurs lindern keine Symptome, sie lösen Probleme. Sie ermächtigen Menschen, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen.» Zum Beispiel durch die supereinfach gestaltete Doit-yourself-Medizinbox, mit der chronisch kranke Slumbewohner selbst ihre Blutwerte testen können («Pelebox»). Das Programm, das Frauen in Indonesien und Uganda zu DeradikalisierungsExpertinnen ausbildet («Mother School»). Oder die Initiative «Discovering Hands», die aus Behinderung Begabung macht: Sie trainiert blinde und sehbehinderte Frauen zu medizinischen Tastuntersucherinnen für die Brustkrebsvorsorge in Spitälern und gynäkologischen Praxen.

Die Entdeckung des Shamir Medical Center könnte uns künftig nicht nur Falten, Hüftleiden und Demenz ersparen, sondern vielleicht sogar unsterblich machen. Denn die hyperbare Oxygenierung (Sauerstoffbehandlung) der israelischen Wissenschaftler stoppt den Prozess, der für das Altern verantwortlich gemacht wird: die Verkürzung der sogenannten Telomere an den Enden unserer DNAStränge (mit jeder Zellteilung werden Telomere kürzer). «Telomere schützen das Erbgut. Mit dem Alter verkümmern sie oder verschwinden – und die Zelle kann ihre Aufgaben nicht erfüllen und geht zugrunde», so Efrati. Sein sensationelles Studienergebnis: In einer dreimonatigen Testreihe wurden die Telo­ mere der Probanden nicht nur am Verkümmern gehindert, sondern sie wuchsen sogar … Vielleicht werden wir schon bald in Vorstellungsgesprächen gefragt: «Wo sehen Sie sich selbst in 150 Jahren?»

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Erde an Rakete Noch keinen Föhn – der kommt erst etwas später zum ­Einsatz – bedient hier Suborbitals-­ Mitarbeiter Peter Scott. Dafür aber ­eine Antenne, die die Kom­ munikation mit der Rakete ermöglicht.

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MIT DEM HAARFÖHN INS ALL TE XT: Reiner Kapeller FOTOS: Rober t Ormerod

Das Amateur-Raumfahrtprogramm Copenhagen Suborbitals will bis 2030 eine bemannte Rakete ins All schicken – ohne Geld und Hightech-Materialien, aber mit unkonventionellen Ideen und einem Motto, das kein Nein akzeptiert: Gib dich nicht mit ­A usreden zufrieden, sondern finde einen Weg.

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KOPENHAGEN, ZENTRALE

OSTSEE

SCHWEDEN

DÄNEMARK

SPACEPORT NEXØ

ABSCHUSSBASIS

E EIN SONNTAGVORMITTAG IM SOMMER 2018 AUF DER HALBINSEL REFSHALEØEN. Aus einer

Lagerhalle im Hafen der dänischen Hauptstadt ­Kopenhagen tönt aufgeregtes Streitgespräch. Im ­Inneren der Halle stehen gross gewachsene ­Männer in ölverschmierten Blaumännern vor einer weissen, knapp sieben Meter hohen Rakete mit ­oranger ­Spitze. Auf der Rakete steht in grossen schwarzen Buchstaben «Nexø II».

Eigentlich sollte die Rakete bereits die interne Freigabe für die kommende Woche haben, doch jetzt hat ein Spezialkabel den Geist aufgegeben. Die Wartezeit für das neue Kabel beträgt eine Woche. Zu spät für die bereits von der Stadt erteilte Raketentest-­ Genehmigung. Das Fixieren eines neuen Termins

3, 2, 1 – Lift-off! Die 9,38 Meter hohe und 1630 Kilogramm ­schwere  HEAT-1X-­ Rakete startete am 3. Juni 2011 von der mobilen ­Plattform ­Sputnik in der Ostsee.

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würde Wochen dauern. Die Männer vor der Rakete sind Maschinisten und ­Ingenieure des Amateur-Raumfahrtprogramms Copenhagen Sub­ orbitals. In den vergangenen Wochen haben sie die Nexø-II-Rakete für ­einen­Testlauf vorbereitet. Jetzt droht er zu scheitern. Einer der Ingenieure streicht sich nachdenklich über seinen Dreitagebart: «Ich habe mal ein Kabel in meinem Auto r­ epariert. Das sah genauso aus. Vielleicht funktioniert es damit.» Eine Stunde später kommt er vom Schrottplatz zurück. In der Hand hält er ein Bremskabel eines ­Fiat-Ducato-Lieferwagens. Das Kabel passt, die Ventile funktionieren. Die Tests können wie geplant starten. Für Mads Wilson erzählt diese Anekdote, wie bei Copenhagen Suborbitals gearbeitet wird: «Wir akzeptieren keine Ausreden. Wir suchen einen Weg, wie etwas doch funktionieren kann. Das ist Teil unserer DNA.» Mads ist Sprecher und Vorstandsmitglied des 2008 gegründeten Vereins Copenhagen Suborbitals. Sechs un­ bemannte Raketen haben die gut hundert Vereinsmitglieder bereits gestartet. Meist funktionierte alles nach Plan, etwa bei den Raketenstarts der ­HEAT-1X (2011), Sapphire (2013) oder Nexø II (2018). Manchmal gab es Teilerfolge. Die Nexø I (2016) ­lieferte Messdaten für ein neues ­Raketenleitsystem, erreichte aber nie die erhoffte Geschwindigkeit. Einmal

THOMAS PEDERSEN

BORNHOLM, DÄNEMARK


1 FA L L S C H I R M Der gut 150 m2 grosse Fallschirm der Raumkapsel ­Tycho  Deep Space hängt nun im Suborbital-­ Museum. 2 T R I E BW E R K Beim TM65-­ Antrieb wurde erstmals die Treibstoff-Kombi Ethanol und Flüssig­sauerstoff eingesetzt. 3 RAUMK APSEL Die Tycho Deep Space («Beautiful Betty») bietet Platz für einen Astronauten.

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gab es eine Niederlage: 2014 ging der Antrieb der HEAT-2X-Rakete bei ­einem Teststart in Flammen auf. Mads Wilson: «Wir mussten zusehen, wie zwei Jahre Arbeit verbrannten. Aber fünf Minuten nach dem Feuer sahen wir schon wieder nach vorn: Okay, bauen wir halt noch eine.» Mit den Erfahrungen von sechs Raketenstarts gehen die Suborbitals jetzt ihr grösstes Projekt an. Mit der Spica-­ Rakete möchten sie bis 2030 einen Astronauten in einer Rakete auf 100 Kilometer Höhe bringen. Dort markiert die Kármán-Linie den Beginn des Weltraums. Auf die Erde ­zurück soll es in einer Kapsel gehen, die auf den letzten Kilometern vor

«DER STEUERCOMPUTER DER RAKETE BERECHNETE FRÜHER DIE KOSTEN FÜR EXTRA MAYO.» der Landung von einem Fallschirm gebremst wird. Gelingt das Projekt, wäre Dänemark nach Russland, den USA und China die vierte Nation, die einen Astronauten in einer selbst ­gebauten Rakete ins Weltall schiesst. Die Teammitglieder von Copenhagen Suborbitals kommen aus den unterschiedlichsten Bereichen. Manche haben einen professionellen Weltraum-Hintergrund. Es gibt einen ­Ex-NASA- und einen Ex-ESA-Angestellten. Ein paar Mitarbeiter haben Satelliten-Komponenten für Dänemarks Technische Universität gebaut. 90 Prozent der Suborbitals besitzen jedoch keine Weltraumerfahrung. Unter ihnen finden sich Techniker, Ingenieure, Programmierer und PR-Leute. Auch ein Kindergarten­ pädagoge und ein Physiotherapeut gehören zum Team. Sie alle haben ein Faible dafür, Dinge zu sammeln, auseinander­zunehmen und neu 62

z­ usammenzubauen. Oft sitzen sie am Abend nach der Arbeit oder am Wochenende in zwei insgesamt ­tausend Quadratmeter grossen und bis oben hin mit Technikschrott und Ersatz­teilen vollgepackten Hallen. «Alle a ­ rbeiten unbezahlt. Wir ver­ anstalten an zwei bis drei Tagen pro Woche Open Workshops und halten die Gruppen klein. Das macht uns effi­zient», erklärt Mads. In den Workshops werden Geräte repariert, umfunktioniert oder für den Gebrauch in einer Rakete optimiert, zum Beispiel ein alter Haarföhn. Im Inneren der Nexø-II-Rakete sorgt die warme Luft aus dem Gerät dafür, dass Schläuche bei Minus­graden nicht einfrieren. Auch der Steuercomputer der Rakete wurde ursprünglich anders eingesetzt. Einst berechnete er als Teil eines Burger-­ King-Kassenterminals die Kosten für extra Mayo. Verwendung findet auch eine auf dem Schrottplatz gefundene Radarkuppel. Sie verstärkt das Signal des Wi-Fi-Funknetzwerks auf dem Mission-­Control-Schiff. Damit die Suborbitals bei ­einem Start niemanden gefährden, heben ihre Raketen von einer Plattform in der Ostsee ab. Den Countdown starten sie aus sicherer Ent­fernung vom Schiff. Manchmal dienen alte Autos als Ersatzteillager. Das Bremskabel aus dem Fiat-Ducato-­Kasten­wagen ist ein Beispiel dafür. Die Gaskartuschen, die in Airbags verbaut werden, ebenso. Damit können die Suborbitals bei der Landevorbereitung den Fallschirm aus der Rakete schiessen. Es gibt zwei Gründe, warum sie Geräte

Sicherheitscheck Jop Nijenhuis ­fixiert die Spitze der HEAT-2X-­ Rakete, in der sich der zusammen­ gefaltete Fallschirm befindet.

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«DIE SUBORBITALS MÖCHTEN VERSTEHEN, WIE ­DINGE FUNKTIONIEREN. DAFÜR MÜSSEN SIE SIE ZUERST EINMAL ZERLEGEN.» auseinanderbauen oder in Elektroschrott nach Ersatz­teilen suchen. Der erste hat mit der Begeisterung für das Basteln zu tun; die Suborbitals möchten verstehen, wie Dinge funktionieren – dafür müssen sie sie auseinandernehmen. Der zweite Grund hat mit Geld zu tun. Das Jahresbudget der NASA beträgt 22,6 Milliarden Dollar. Das der Weltraum-Dänen 100.000 Dollar. Copenhagen Suborbitals bezahlt damit Mieten für die Hallen, Material und anfallende Reparaturen. Zur Verfügung gestellt wird das Geld von einer Crowdfunding-Community aus über 600 Personen. Jeder von ihnen überweist monatlich 10 oder 20 Dollar auf das Kopenhagener Vereinskonto. Allein aus Budgetgründen gibt es für die All-Amateure also Grenzen. Beim Bau einer Rakete lassen sich diese aber umgehen: «Es ist mir ein Rätsel, wie die Falcon-9-Raketen von SpaceX (Unternehmen von Elon Musk, Anm.) mit Boostern selbständig landen und somit wiederverwendet werden können. Zum Glück machen wir das nicht. Unsere Rakete muss zwei Dinge können: in den Weltraum kommen und ins Meer stürzen.» Seine Überzeugung bringt Mads so auf den Punkt: «Wir können bis 2030 mit der Spica-Rakete (benannt nach einem Stern, Anm.) einen Menschen ins Weltall bringen, weil Rocket Science gar nicht immer Rocket Science ist.» Das Selbstvertrauen für solche INNOVATOR

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Grenzgänger Der Niederländer Jop Nijenhuis zog der Suborbitals­ wegen sogar nach Kopen­hagen. Hier hält er einen Teil der Verkleidung der Nexø-I-Rakete.

Workshop Viele Materialund Maschinentests finden vor Ort statt. Im ­blauen Container im Hintergrund ist das offizielle Büro zu sehen.

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Fallschirmtest Viele Ideen werden zuerst im ­kleinen Massstab umgesetzt. Verlaufen die Tests wie erwartet, wird ein grosser Fallschirm genäht.

Raketenbauer Thomas Madsen gehört zum Kon­ struktionsteam. Der Ingenieur entwirft und ­designt Bauteile mit dem 3D-­ Programm. SolidWorks. INNOVATOR

1 VERKLEIDUNG Um Gewicht zu sparen, wurde die Aussenhülle der HEAT-2X-­ Rakete fast ­komplett aus Aluminium ­gefertigt. Über das Loch haben die Inge­nieure Zugang zum Raketenantrieb.

2 FLOSSEN Anhand der ­Z­ahlen auf den Raketen­flossen kann das Team bei einem Start mittels Video feststellen, wie schnell sich die Rakete dreht.

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«MIT DEM FORTSCHRITT DER TECHNIK IST DER RAUMFLUG SOGAR EINFACHER GEWORDEN.» Ansagen finden die Hobbybastler in der Geschichte der Raumfahrt. Fast alles, was in Kopenhagen ­zusammengeschweisst wird, baut auf der Arbeit der NASA und der UdSSR der 1950er- und 1960er-­ Jahre auf. Konzepte und Theorien der «Space Race»-­Periode sind seit Jahrzehnten bekannt und ausführlich beschrieben. Mit dem Fortschreiten der Technik ist die Raumfahrt sogar ein­facher geworden. Früher musste eine Raketenhülle mit maximal 0,1 Millimeter Toleranz gebaut werden. Das heisst, das Metall musste an jedem Punkt der Hülle praktisch gleich dick sein. War es an einer Stelle ­dicker oder dünner, verliess die Rakete nach dem Start die vorberechnete Flugbahn. Heute liegt die ­Toleranz bei 1 Millimeter. Den zusätzlichen Spielraum verdanken die Suborbitals einem Computer-­ Leitsystem, das selbständig Korrekturen vornimmt. Herz dieses Systems ist ein Arduino-Computer, den es um 100 Euro im Elektrofachgeschäft zu kaufen gibt. Wissens- und Technologiefortschritte haben den Bau einer Rakete erleichtert und demokratisiert. Trotzdem bleibt er eine Wissenschaft. Wie sehr Details entscheiden, ­erfuhren die Suborbitals 2016 beim Lift-off der Nexø-I-Rakete. Die Rakete entfaltete nie ihre ­volle Leistung und schlug nach kurzem Flug im Wasser auf. Der Grund: Das Mischverhältnis des Treibstoffs war nicht perfekt. Suborbital-Raketen fliegen mit einer 66

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INFO So kannst du Copenhagen Suborbitals unterstützen. C R OW D F U N D I N G Damit die Spica-­ Rakete 2030 abheben kann, ist ­finanzielle ­Unter­stützung von Weltraum-Fans ­weltweit erforderlich. So geht’s: M AC H 2 Bereits mit 10 Dollar monatlich können die Suborbitals Bauteile erstehen. «Mach 2»Förderer ­erhalten ­Zugang zu allen ­öffentlichen Tests. M AC H 3 Für 20 Dollar pro ­Monat steht dein Name zusätzlich auf jeder Rakete, die ­gestartet wird. Alle Infos: copenhagen suborbitals.com

Rocket Man Mads Wilson vertritt Copen­hagen Suborbitals nach aussen. Er ist Sprecher, TED-­KeynoteSpeaker und Vorstandsmitglied des Vereins.

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Mischung aus 75-prozentigem ­Alkohol und Flüssigsauerstoff. ­Alkohol ist einfach. Man gibt ihn in ein Gefäss und weiss, wie viel drinnen ist. Flüssigsauerstoff ist heikel. Bei –183 °C ist er flüssig. Wird er wärmer, beginnt er sofort zu verdampfen. Das kann gefährlich werden. In gasförmigem Zustand braucht Flüssig­sauerstoff 860-mal mehr Platz. Damit das Gas entweichen kann, muss bei der Befüllung einer Rakete der Tank ständig belüftet werden. Weil das Betanken einer Rakete so komplex ist, wird es erst kurz vor dem Start gemacht. Man befüllt den Tank, kühlt den Flüssigsauerstoff, so gut es geht, schliesst das Ventil und drückt den Startknopf. Es brauchte drei Versuche, bis die Ingenieure genau sagen konnten, wie viel Flüssigsauerstoff gerade im Tank war. Zuerst wollten sie die exakte Menge Flüssigsauerstoff mit einer Gewichtsmessung berechnen. «Wir haben unsere Rakete mit und ohne Treibstoff gewogen.» An Land hat das funktioniert. Die Suborbitals starteten ihre Raketen aber von einer schwimmenden Plattform. Es klappte nicht. Dann haben sie in der Mitte des Tanks einen Stab eingebaut. Alle fünf Zentimeter wurde darauf ein Sensor angebracht, der die Temperatur misst. Damit lässt sich die aktuelle Menge an Flüssigsauerstoff berechnen. Die Daten waren aber nicht genau genug. Mit ihrem dritten Versuch kopierten die Suborbitals einen Füllstandssensor der NASA. Aber ­anstatt ihn um 8000 Dollar zu kaufen, packte das den Ehrgeiz der Bastler. Also nahmen sie den alten Flüssigsauerstofftank eines Spitals unter die Lupe. «Wir zerlegten ihn und bauten ein kleineres Gerät, das in den Tank passte.»

«WAS WIR HIER TUN, IST GRÖSSER ALS JEDER EINZELNE VON UNS.» Sie halten Universitätskurse im ­Raketenbau. Ein Start-up holte sich jüngst Design- und TestKnow-how. Und EUROC, Europas ein­ziger Raketen-Wettbewerb, nahm Suborbitals-Mitglied Jacob Skov Larsen in die Jury. «Wir wollen mit unserer Arbeit Menschen weltweit inspirieren», sagt Mads, «und sie ermuntern, Dinge zu tun, die unmöglich ­erscheinen. Wir wollen sagen: Mach es! Und du wirst staunen, was mit Leidenschaft alles möglich wird.» Seit 2008 verfolgen die Hobby­ ingenieure und Weltraum-Fans aus Kopenhagen unbeirrbar ihren Traum vom suborbitalen Flug. Einmal langsamer, einmal schneller, aber immer mit derselben ­unbeirrbaren Überzeugung. Tatsächlich haben sie einen grossen Teil des Weges bereits zurück­ gelegt. Jetzt beginnt der letzte und schwierigste Teil. Dass sie es schaffen können, steht für die Suborbitals ausser Frage. Alle glauben hier fest daran. Für sie ist es nicht eine Frage der Ein­ stellung. Für sie ist es maximal eine Frage der Zeit.

Dass jede Sackgasse einen Ausweg hat, hilft nicht nur den ­Weltraum-Dänen. Von ihrem Mindset profitieren Menschen weltweit. Mehr als 300 YouTube-­ Videos über die Grundsätze von Physik und Maschinenbau haben die Suborbitals online gestellt.   67


Klarer Fahrplan: Seinen Weg als NachhaltigkeitsEntrepreneur plante Nico Rosberg noch als Formel-1-Pilot. 68

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I C H WA R B E I

F R I D AY S FOR FUTURE Text  Werner Jessner

Fotos  Tom Ziora

Nico Rosberg, 35, ist der letzte Rennfahrer, der Lewis Hamilton in der Formel-1-WM besiegen konnte. Danach trat er zurück und vertritt jetzt als Unternehmer und Gründer «­grüne» Werte. Interview mit einem geläuterten Egoisten.

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Es ist ein Prozess, der schon während meiner aktiven Karriere begann. Ich arbeitete eng mit einem Psychologen zusammen, und in der gemeinsamen Arbeit wurde deutlich, wie viel Kraft man daraus beziehen kann, wenn man Gutes tut und an andere denkt. Heute weiss ich: Es fühlt sich unglaublich toll an, etwas gegen den Klimawandel zu unternehmen, und es reisst meine gesamte Mannschaft mit.

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the red bulletin inno­vator: Du bezeichnest dich als «Nach­ haltigkeitsunternehmer». Was genau verstehst du darunter? nico rosberg: Das ist ein wertebasierter Unternehmer. Jemand, der nicht nur gewinnorientiert denkt, sondern versucht, mit seinen Investments positiv auf die Gesellschaft oder auch auf die Umwelt zu wirken. Wie kam es dazu? Dieses Versprechen habe ich mir noch während meiner Formel-1-­ Karriere gegeben: Nach der egogetriebenen Phase würde eine kommen, in der ich etwas fürs grosse Ganze tue. Ich spürte, dass etwas fehlte. Man wacht eines Tages auf und denkt plötzlich an die All­ gemeinheit statt nur an den ­eigenen Erfolg?

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Kann man sich als Rennfahrer, der gegen Lewis Hamilton um die WM kämpft, Altruismus überhaupt leisten? Als Sportler musst du Egoist sein, um ­Erfolg zu haben. Aber selbst da kann man versuchen, eine gewisse Balance zu finden. Man braucht die Rückendeckung des Teams, der Fans. Ganz allein geht gar nichts. War auch schlechtes Gewissen dabei, das dich vom Im-Kreis-Fahren zur Nachhaltigkeit gebracht hat? Ganz klar: nein. Ich bin stolz auf meine Erfolge im Rennsport. Und man darf nicht vergessen, wie viele Innovationen in der Mobilität ihren Ursprung im Motorsport haben. Sparsame, kompakte Turbomotoren, Hybridantrieb, Leichtbau durch Carbonfasern – all das hat in der Formel 1 begonnen. Welche Idee steckt hinter der Renn­ serie Extreme E? In der Extreme E fahren wir mit ElektroBuggies Rennen in fünf Weltregionen, die vom Klimawandel unmittelbar betroffen sind. Im Amazonas, wo Wälder gerodet werden, oder im Senegal, wo die Plastikverschmutzung der Meere ein riesiges Thema ist. Extreme E verbindet meine zwei Leidenschaften: Nachhaltigkeit und Rennsport. Wir sind ein wertebasiertes Rennteam und somit hoffentlich eine In­ spiration für andere Sportmannschaften. Sport hat eine unglaubliche Emotionalität, und die sollte man für das grosse Ganze nutzen: Gutes tun, die grosse Masse auf den richtigen Weg leiten, Vorbild sein. Was sind die Kernwerte, die Extreme E vertritt? Ein Beispiel: Wir garantieren, dass wir die Orte, an denen wir unsere Rennen fahren, in einem besseren Zustand ver­ lassen, als wir sie vorgefunden haben. Aufmerksamkeit für den Klimawandel ist das eine, aber die unmittelbare Aktion vor Ort, die Unterstützung der Menschen dort ist mindestens ebenso wichtig. Ende 2020 waren wir in Spanien beim Testen. Wir als Team haben das führende Aufforstungsunternehmen des Landes

Stets im Bild: Heute ist Nico Rosberg auch als Investor der TV-Show «Die Höhle der Löwen» bekannt.

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«Das Potenzial, Geld zu verdienen, ist genauso wichtig wie das Potenzial, Gutes zu tun.»

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­ ontaktiert und eine Partnerschaft ge­ k schlossen. Ein Deal mit der Rennstrecke stellt sicher, dass ein Teil mit Bäumen be­ pflanzt wird. Die ersten 100 haben wir ei­ genhändig gesetzt. Ein kleiner Schritt, zu­ gegeben, aber er illustriert, wie wir denken. Auffällig viele deiner Investments drehen sich um Mobilität. Meinst du, man sollte sich nur in Bereichen engagieren, von denen man eine Ahnung hat? Mobilität ist natürlich mein Zuhause. Hier ist meine Leidenschaft, mein Netzwerk, meine Glaubwürdigkeit. Und es wird im nächsten Jahrzehnt ein riesiges Thema bleiben: Energiewende, Elektromobilität, vielleicht auch Wasserstoff. Von meinen 20 Investments sind drei auf dem Weg zum Unicorn (Investoren-Fachbegriff für Unternehmen mit einem Wert von über ­einer Milliarde Dollar, Anm. d. Red.). Alle drei haben mit Mobilität zu tun: ­Formula E, Lilium (elektrisches Lufttaxi) und Tier (E-Scooter-Sharing). Aber ich ­blicke durchaus über den Tellerrand: Der Food-Bereich interessiert mich sehr, auch das aus innerer Überzeugung. Ich bin Gesundheitsfanatiker. Gibt es ein Lieblingsprojekt, das ­unverhofft zum Erfolg wurde? Der E-Scooter-Bereich mit Tier war so eine Geschichte. Der Markt ist wahnsin­ nig umkämpft, amerikanische Konzerne pumpen da Milliarden rein. Anfangs gab es keine Regulierungen in den Städten, daher war das Risiko enorm. Vor kurzem ist der japanische Riesenkonzern Soft­ bank bei uns eingestiegen, und zwar mit 250 Millionen Dollar. Tier ist weltweit auf Platz 2 in seiner Branche und Markt­ führer in Europa. Es ist schon irre, wie das abgegangen ist in den letzten Jahren. Und es zeigt die Kompetenz der Gründer, in einem so umkämpften Markt so erfolg­ reich zu sein. Mit welcher Geschäftsidee, mit welchen Qualitäten kann ein neues Projekt Nico Rosberg als Investor gewinnen? Die Geschäftsidee muss erstens funktio­ nieren und zweitens wertebasiert sein. Das Potenzial, Geld zu verdienen, ist ge­ nauso wichtig wie das Potenzial, Gutes zu tun. Darüber hinaus muss ich mit den Gründern auf einer Wellenlänge sein. Und sie dürfen nicht stur und von sich selbst eingenommen sein. Jedes junge Unternehmen wird sein Geschäftsmodell mindestens einmal umbauen müssen, um sich an das eigene Wachstum anzupassen. Dafür braucht es Flexibilität. Dann inter­

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essiert mich, welche Co-Investo­ ren bereits an Bord sind. Siehst du dich denn als reinen Investor? Nein, ich bin auch selbst Gründer. Das Greentech-Festival, eine ­Messe für grüne Technologien, stammt von mir, und auch hier sind wir in kürzester Zeit zu ei­ nem der führenden Festivals in Europa geworden. Von GoogleCEO Sundar Pichai bis EU-Kom­ missionspräsidentin Ursula von der Leyen sind echte Hochkaräter bei uns aufgetreten. Sind Solarparks und alternative Antriebe inzwischen bereits bessere Investments als Tabak und Waffen? Ja, absolut. Der Hype in der Invest­ment-Branche sind genau solche Unternehmen. Und das ist so cool, denn das wird die Energie­ wende dramatisch beschleunigen! In den nächsten fünf bis zehn ­Jahren liegt die grösste Rendite genau in diesen Themenfeldern. Und letzten Endes spielt hier auch «­Fridays for Future» rein. Wie genau? Ich kenne das aus meinem per­ sönlichen Umfeld: Die Kids eines grossen CEO kommen am Freitag von der Demo nach Hause und fragen: «Papa, welchen Beitrag leistest du zur Klimawende? Du hast doch alle Möglichkeiten! So kann das nicht weitergehen!» Und prompt wird das in der Vorstands­ sitzung in der Woche darauf zum Top-Thema. Man darf die Power der Kids nicht unterschätzen. Die Kids würden schön schauen, wenn plötzlich mit Nico

DAT E N ABFRAGE 6 Alter, in dem Nico Rosberg erstmals in einem Kart sass.

23 Siege fuhr ­Rosberg in der Formel 1 in zehn Jahren ein.

910.000 Abonnenten zählt Rosbergs YouTube-Kanal.

35.000 Besucher kamen 2019 zur Premiere seines Greentech-Festivals.

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«Sport hat eine unglaubliche Emotionalität, und die sollte man für das grosse Ganze nutzen.»

Mal investierte Rosberg bereits in verschiedene Start-ups.

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ein guter Indikator, wie weit wir auf dem Weg bereits sind, wie akzeptiert E‑Mobi­ li­tät mittlerweile ist. Jetzt müssen wir nur noch den allerletzten Petrolhead überzeugen, nämlich Rallye-Weltmeister Walter Röhrl. Aber das schaffen wir auch noch. (Lacht.) Was kann man Leuten raten, die nicht sicher sind, ob E-Mobilität für sie das Passende ist? Sich mit dem Thema auseinanderzu­ setzen und sich undogmatisch zu in­ formieren. Nicht jeder muss ein E-Auto kaufen. In vielen Bereichen ist E-Mobilität heute der konventionellen bereits überlegen, aber es hängt immer von den persönlichen Bedürfnissen ab. Im innerstädtischen Bereich kann ein E-Auto bereits heute über fünf Jahre gerechnet die günstigste Variante sein.

GEPA PICTURES/RED BULL CONTENT POOL, TEAM NICO ROSBERG

Oben: Rosberg nach seinem Formel-1-Sieg 2014 in Österreich. Unten: Mit diesem voll elektrischen SUV startet Rosbergs Team aktuell in der Rennserie Extreme E.

Rosberg, ein ehemaliger Formel‑1-­Weltmeister, bei ­«Fridays for F ­ uture» mit­ marschieren würde. Hab ich doch schon gemacht! Das war in Berlin, im Zuge meines Greentech-Festivals. Ich gebe zu, da war ich erst mal raus aus meiner Komfortzone. Als dann ein neunjähriger Junge neben mir auf der Bühne stand, war es faszinierend, zu spüren, mit welcher Leidenschaft er bei der Sache war. Das war Enthusiasmus wie in der Formel 1! Ich versuche, mit meiner Bekanntheit und meinem Netzwerk einen Beitrag zu leisten, dass diese Leidenschaft im breiten Publikum rüberkommt. Wie reagieren die Petrolheads auf einen grünen Abtrünnigen? Mein Vater (Keke Rosberg, F1Weltmeister 1982, Anm.) ist der ultimative Petrolhead. Als ich mich an der Formel E beteiligt habe, hat er mir auf den Kopf ­zugesagt, ich sei bescheuert. Inzwischen stellt er sich für jedes Rennen den Wecker, so ist er ­reingekippt. Leute wie er sind

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Was soll mit all den schönen alten ­Porsches und Ferraris passieren, die in den Garagen stehen? Ich hoffe sehr, dass es nach wie vor einen Platz dafür geben wird, Klassiker zu geniessen. Das ist unsere Historie, da kommen wir her. Vielleicht gibt es einmal ­einen synthetischen Kraftstoff, der Benzin ersetzen kann. Ich finde, man muss altes Kulturgut erhalten. Wir sollten immer bessere Lösungen suchen, statt mit ­Verboten zu agieren. Besitzt du ein altes Auto? Ja, einen Mercedes 300 SL Gullwing. ­Daheim in Monaco bin ich im Alltag allerdings meist mit Mobee (Sharing-Dienst, Anm.) unterwegs, wo man kleine, elek­ trisch betriebene Renault Twizy mieten kann, die man auf Motorrad-Parkplätzen abstellen darf. Was kann die Mobilitätsbranche vom Motorsport lernen? Perfektion. Keine halben Lösungen. Und die Investment-Welt? Geschwindigkeit in den Entscheidungen. Gerade auch in der Politik wird zu viel ­geredet und zu wenig entschieden. Im Sport läuft es so: Diskussion – Entscheidung. Diskussion – Entscheidung. Das ist eine Stärke, die ich aus dem Sport ins Business mitbringe: Ich entscheide. Diese lähmende Betulichkeit ­gerade in grossen Konzernen kann ich gar nicht leiden.   73


Neue Perspek­ tiven: Auch mit der Rennserie Extreme E engagiert sich Rosberg für Umweltschutz.

«Was die Investment-Welt vom Motorsport lernen kann? Geschwindigkeit in den Entscheidungen.» 74

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Warum bloss fällt mir jetzt dein ehe­ maliger Teamchef Toto Wolff ein? Toto ist ein tolles Beispiel für einen Ma­ nager, der Entscheidungen trifft. Ein ech­ ter Leader. Und er setzt sehr stark auf das Empowerment seiner Mitarbeiter. Er agiert nicht wie ein Diktator, sondern gibt seinen Leuten Vertrauen und Verant­ wortung. ­Jeder fühlt sich stark und mutig – davon profitiert die gesamte Firma. ­Empathie und Anerkennung vom Chef sind ganz starke Triebfedern. Etwas, was ich in meiner Firma ebenfalls vorzuleben versuche. Wie konkret? Kleines Beispiel: Wir haben komplettes Homeoffice eingeführt, und das wird auch nach der Corona-Pandemie so blei­ ben. Das erlaubt zum Beispiel meinen deutschen Mitarbeitern, bei ihren Familien leben zu können und nicht nach Monaco oder Frankreich pendeln zu müssen. Sie fühlen sich wohl, und das ist in der Produktivität messbar. Wie werden wir 2040 unterwegs sein? Wir werden – jedenfalls in der westlichen Welt – überwiegend komplett emissions­ frei unterwegs sein, und zwar tatsächlich, nicht nur rechnerisch mithilfe von Kom­ pensationsmassnahmen. Darüber hinaus wird es Mobilitätsketten geben. Wir wer­ den eine einzige Mobilitäts-App haben, ein Von-A-nach-B-Abo, so wie Netflix. ­Dieses Mobilitäts-Netflix wird mir die Transportkette bereitstellen. Von Berlin nach Hamburg? E-Scooter bis zum Zug, in Hamburg steht die autonome Drohne bereit für den Weg zum Zielort, der etwas ausserhalb der Stadt liegt. Am Abend fah­ re ich mit Car-Sharing zum Grillabend mit meinen Kumpels. Was löst diese Vorstellung bei dir aus? Ich freue mich drauf. Es wird uns allen ­einen grossen Mehrwert geben. Diese Mobilitätskette führt – anders als heute – konsequent von Tür zu Tür. Exakt. Und genau hier muss man wach sein als Autoland Deutschland: Die Power des Geschäftsmodells liegt dann in der App, in der Software. Die Hardware-­ Hersteller verlieren genau wie einst die Handy-Industrie viel an Power. Deutsche Autohersteller müssen saumässig auf­ passen, dass es ihnen nicht so geht wie seinerzeit Nokia. Ich möchte ihnen raten, dieses Software-Thema nicht von den Amerikanern oder Chinesen besetzen zu INNOVATOR

lassen, sondern dringend eigene Kompetenz aufzubauen. Werden wir 2040 so viel unter­ wegs sein wie in Zeiten vor Covid-19? Bis dahin wird es eine weitere In­ novation geben, auf die ich mich sehr freue: Wir werden virtuelle Konferenzen mit Hologrammen haben. Die fehlende menschliche Nähe bei Conference Calls werden wir damit virtuell hinkriegen. Aber wenn Reisen eines Tages komplett emissionsfrei sein wer­ den, spricht auch nichts dagegen, wieder unterwegs zu sein wie ­früher. Es macht ja auch Spass! Wie wird man auf die heutige Gegenwart zurückblicken? Vielleicht so, wie wir heute auf die Formel 1 der 1960er-Jahre zurückschauen. Oder auf eine Zeit, in der man ohne Sicher­ heitsgurte unterwegs war. Wir werden froh sein, dass die Wende gekommen ist, und sagen, dass es viel sinnvoller ist als damals. Deine Töchter sind heute drei und fünf Jahre alt. Werden sie noch einen Führerschein machen? Ich vermute: die eine schon, die andere nicht. Aber das liegt eher an ihren unterschiedlichen Cha­ rakteren. Die eine ist eher drauf­ gängerisch und mutig, die andere eher vorsichtig und zurückhaltend. Gut, vielleicht sind 50 Prozent ja auch ein Indikator für die Ge­ schwindigkeit des Wandels. Was wäre das Ä ­ quivalent zum Weltmeister-Titel in deiner ­Karriere als Nachhaltigkeits­ unternehmer? Die Grösse des Impacts all meiner Projekte. Wie viele Menschen ich damit bewegt und inspiriert habe. Wie viel ich dazu beigetragen habe, etwas zum Besseren zu ver­ ändern. Die Latte liegt mit einem Formel-1-Titel natürlich hoch, aber die gute Nachricht ist, dass meine Karriere als Unternehmer deutlich länger dauern wird als die als Rennfahrer.

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A N Y B OTICS DER BE S TE FREUND DE S MENS CHEN Es gibt Branchen, in denen man schon bei der Inspektion von Betriebsanlagen Leib und Leben riskiert – damit könnte bald Schluss sein. Das Zürcher Unternehmen ANYbotics hat nämlich einen vierbeinigen Roboter entwickelt, der diese Aufgaben künftig übernehmen kann: ANYmal. Der mit Kameras und Sensoren versehene ANYmal ist etwa so gross wie ein Hund und kann – ferngesteuert oder autonom – Treppen steigen, Hindernisse überwinden und im Gegensatz zu Drohnen in enge Spalten kriechen und zusätzlich mit Ausrüstung beladen werden: etwa mit Wärmebildkameras, die die Betriebstemperatur von Maschinen prüfen, oder Sensoren, die Gaslecks ausfindig machen können. «Der Roboter soll dort übernehmen, wo Gefahr für Menschenleben besteht», sagt Marco Hutter, ANYmal-Mitentwickler und Assistenzprofessor für Robotik an der ETH Zürich. Der High-End-Vierbeiner soll bereits in der zweiten Jahreshälfte auf den Markt kommen – nicht zuletzt dank einer Finanzierungsrunde von 20 Millionen Franken im vorigen Jahr. Bevor der Überwachungs-Robo auf die Welt losgelassen wird, soll er durch ein wasser- und staubdichtes Gehäuse noch robuster gemacht werden. anybotics.com

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WIR SIND ZUKUNFT RO BOTE R-H U N D E AL S LE B E N S R ET TE R ,

S O L A R Z E L L E N A U S D E M W E LT R A U M U N D E I N E O N L I N E - P S Y C H O A N A LY S E . H I E R

KO M M E N S I E B E N S C H W E I Z E R E R FO LG SI D E E N F Ü R E I N E B E S S E R E Z U K U N F T. T E X T: D A N I E L S C H I E F E R D E C K E R

ANYBOTICS AG

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Roboter ANYmal eignet sich auch für den Einsatz bei Katastrophen-Bergungen und Rettungsaktionen. INNOVATOR

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3 Unkompliziert und sogar nachhaltig: Urlaub im Miet-Wohnmobil

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MYCAMPER Y E S, W E CA MP ! Die meiste Zeit des Jahres stehen Campingmobile ungenutzt herum. Warum also nicht einfach die Fahrzeuge in dieser Zeit vermieten und Geld damit verdienen? Genau das ermöglicht die Online-Plattform MyCamper. «Wir sind das Airbnb für Campingfahrzeuge», sagt Stefan Lieberherr, MarketingMann von MyCamper – und bringt das Konzept des Baseler Start-ups damit perfekt auf den Punkt. Die Idee zur Gründung des Unternehmens hatte Camping-Fan Michele Matt während seines Sardi­ nienurlaubs 2014. Nach seiner Rückkehr entwickelte er umgehend die erste Version der Plattform und gewann erste Vermieter für sein Projekt. Heute können Kunden bereits aus 1.400 Fahrzeugen auswählen, um das ideale Wohnmobil für ihre Campingferien zu finden – und nicht nur das: Im Vergleich mit herkömmlichen Autovermietern

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ist MyCamper rund 30 Prozent günstiger. Trotz der durch Corona aktuell erschwerten Reise­ bedingungen gilt das Start-up als zukunftsträchtig. Denn Urlauber dürften demnächst vermehrt Geschmack an Ferien im Wohnmobil finden, weil das unnötige Kontakte – etwa in Hotels – vermeidet. Ausser­ dem ist Camper-Sharing auch ein Beitrag zur Nachhaltigkeit, sagt Stefan Lieberherr: «Indem bestehende Fahrzeuge besser ausgelastet werden, reduzieren wir die Umweltbelastung, weil keine neuen Mobile produziert werden.» mycamper.ch

«Wir bringen Camping-Van-Besitzer mit Campern zusammen», sagt Stefan Lieberherr, Marketing-Spezialist beim Start-up MyCamper.

Die Chancen auf eine erfolgreiche Schwangerschaft nach einer künstlicher Befruchtung stehen derzeit bei traurigen 35 Prozent. Der Grund: Viele künstlich gezeugte Embryonen gehen im Mutterleib ab, weil ihre Überlebensfähigkeit überschätzt wurde. Hier setzt das Lausanner Start-up Annaida an: mit «Embryospin», einem winzigen EmbryoMRT-Scanner. «Künstliche Befruchtung bedeutet heute meist In-vitroFertilisation», sagt AnnaidaMitgründer Gora Conley. Dabei werden Embryos im Reagenzglas gezeugt – in der Folge wird der überlebensfähigste in die Gebärmutter eingesetzt. Welcher Embryo das ist, entscheiden entweder MRT-Scans, die aufwendig und ungenau sind, oder der Zufall, wenn die angehenden Eltern keinen MRT-Scan verlangen. «Der Embryospin ist anders: Handlich, für Ärzte leicht zu bedienen, und er bildet die Embryos im Glas fünfzigmal genauer ab als die üblichen Scanner», so Conley. «Das erhöht die Schwangerschafts-Erfolgschancen immens.» 2020 erhielt das Startup ein Startkapital von einer Million Franken. annaida.ch Der «Embryospin» ist etwa halb so gross wie eine Zigaretten­ schachtel – und analysiert Embryo­ nen auf nicht invasive Art.

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MYCAMPER.CH, ANDREA WULLIMANN, THOMAS EGLI

ANNAIDA IHR KINDERLEIN, KOMME T


„WIR WOLLEN U M W E LT­ SCHÄDLICHE GASÖFEN ABLÖSEN.“

Oben: das Klenico-Team mit Alejandro Salcedo, CEO Richard Etter, Pia Eggimann und Hannes Bitto (v. li.) Links: digitale Symptomkarten

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KLENICO DIGITA LE P SYCHOA N A LYSE

Weltweit leiden eine M ­ illiarde Menschen an einer psychischen Erkrankung. Jede dritte Krankschreibung erfolgt bereits aus psychischen Gründen – Tendenz: steigend. Das Zürcher Start-up Klenico hat nun ein System entwickelt, das diesem Problem ent­ge­ gen­wirkt: ein webbasiertes Diagnose-Instrument, mit dem psychische Störungen schnell und präzise erkannt und dadurch effektiv behandelt werden können. Wie das funktioniert? In ZusamINNOVATOR

menarbeit mit den Patienten werden auf sogenannten Symptomkarten sämtliche Krankheitsbilder erfasst und gemessen. Ziel: eine für den Patienten massgeschneiderte ganzheitliche Therapie. «Wir machen psychische Störungen sichtbar», sagt Klenico-CEO Richard Etter. «In den Symptomkarten kreuzt der Patient seine subjektiv empfundene Hauptstörung an, etwa ‹Antriebslosigkeit› – aber auch alle anderen Begleitsymptome, die er vielleicht beim Hausarzt nicht

erwähnt hätte. Zum Beispiel: ‹Konzentrationsverlust› oder ‹Selbstvorwürfe›. So kann sich der Arzt ein umfassenderes Bild von der Krankheit und dem wahren Krankheitsgrund machen, anstatt bloss Symptome zu behandeln.» Derzeit kostet ein Klenico-Test 60 Franken, ist für Schweizer Leistungserbringer aber schon in der Grundversicherung abrechenbar. Aktuell ist Klenico in über 60 Kliniken in Deutschland, Österreich und der Schweiz im Einsatz. klenico.com   79


Der einst ge­ lähmte David Mzee kann heu­ te vom Rollstuhl aufstehen – und mit einem Rol­ lator auf eigenen Beinen gehen.

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ON WA RD DIE S CHRIT T ­ M ACHER

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INS OLIGHT S ONNIGE AUS SICHT Wussten Sie das? Die meisten weltweit eingesetzten Photovoltaikmodule können gerade einmal zwischen 15 und 19 Prozent des Sonnenlichts nutzen. Solartechnologie, die mehr Sonnenlicht verwertet und damit auch mehr Energie produziert, ist nach wie vor sehr teuer – und selten. Das könnte nun das EPFL-basierte Start-up Insolight mit einem revolutionären Konzept

ändern. «In unseren Solarpanelen stecken nur wenige, dafür aber hocheffiziente Solarzellen, wie sie ansonsten nur bei Hightech-Satelliten verwendet werden», sagt Insolight-CEO Laurent Coulot. «Dazu verwenden wir bienenwabenartige Glaskörper, die das Sonnenlicht bündeln und exakt auf die Hochleistungszellen richten.» Das Ergebnis: Energieerträge von erstaunlichen 29 Prozent – fast doppelt so viel wie herkömmliche Solaranlagen. Das Ziel von Insolight: ihr Produkt auf den Markt zu bringen und so Energiegewinnung mit Solarzellen bezahlbarer zu machen. Das würde auch die Treibhausgasemissionen senken. Geplanter Launch: 2022. insolight.ch

ZUZANNA ADAMCZEWSKA-BOLLE

Wenige Sekunden können ein Leben verändern. So war es auch bei David Mzee, der seit einem Turnunfall an den Rollstuhl gefesselt ist. Oder besser gesagt: gefesselt war. Denn David ist wieder zurück ins Leben getreten – mit Hilfe der ARC-Therapie von Onward. In jahrelanger Forschungsarbeit fand der Wissenschaft­ ler Grégoire Courtine heraus, dass ein Grossteil des Rückenmarks nach einer Verletzung intakt bleibt und elektrisch stimuliert werden kann. Damit können gelähmte Menschen ihre Gehfähigkeit wiedererlangen – David ist inzwischen in der Lage, mit Hilfe eines Rollators aufrecht zu gehen. Damit nicht genug: Auch die Kontrolle über Blase, Darm und die Sexualfunktionen kommt zurück. Noch kann der Impuls nicht vom Patienten gesteuert werden. Genau daran arbeitet Onward derzeit: Eine digitale Brücke zwischen Gehirn und Rückenmark soll den Patienten diese Möglichkeit geben. «Es gibt Anzeichen», sagt Courtine, «dass die willkürliche Kontrolle über gelähmte Muskeln zurückerlangt werden kann.» Courtine hofft, dass es bereits 2024 so weit sein könnte. wingsforlife.com; onwd.com

INNOVATOR


Smarte und revolutio­ näre Drohne: «Asio» fliegt doppelt so lang wie die Konkurrenz.

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Insolight-SolarPanele verdoppeln die Effizienz.

INNOVATOR

EPFL HILARY SANCTUARY, OLIVER GISIGER/SWISSIMAGES.COM/INSOLIGHT

FLY B OTI X DA FL IEGT WAS IN DER LUF T Sie kann hinfliegen, wo sich kein Mensch hintraut: in brennende Häuser, radioaktive Anlagen, Aufzugsschächte oder einsturzgefährdete Minen. Sie kann heikle Territorien erkunden und dabei Informationen etwa an Sicherheitskräfte senden (im freien Gelände bis zu 16 Kilometer weit) – und sie ist Spezialist im Inspizieren ­aller Arten von Fabriken: Asio, entwickelt von Flybotix-Gründer und ETH-Mitarbeiter Samir Bou­abdallah, ist aktuell State of the Art auf dem Gebiet der Inspektions- und Bergungs­ drohnen. Das ein Kilo schwere (und bereits erhältliche) Fluggerät kommt nämlich auf eine Flugzeit von 24 Minuten – mehr als doppelt so lang wie vergleichbare Drohnen. Ein Meilenstein, wenn man bedenkt,

dass die begrenzten Flug­ zeiten bei High-End-Drohnen bislang das grösste Problem darstellten. Verantwortlich für Asios langen Atem ist eine revolutionäre Neuentwicklung – die vor allem Energie spart. Statt der üblichen vier Rotoren hat die Drohne nur zwei. Dies und ein von Bouabdalla entwickelter AntriebsAlgorithmus bewirken, dass der Luftwiderstand der Drohne sinkt – was sich in längeren Flugzeiten niederschlägt. Weitere Goodies: ein Käfig, der die Drohne vor Kollisionen schützt und sie praktisch unzerstörbar macht. Ausserdem ist Asio so leise, dass sie auch problemlos in Anwesenheit von Menschen genutzt werden kann – ohne als Störung wahrgenommen zu werden. flybotix.com

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INN OVATOR WIS SEN

9 REGELN, DIE DU IGNORIEREN SOLLTEST … … UND DREI REGELN, AUF DIE ES WIRKLICH ANKOMMT: START-UP-MYTHEN IM REALITY-CHECK VON NETFLIX-STAR SOPHIA AMORUSO.

«Als Start-up musst du deinen Job kündigen», «Du musst getrieben sein», «Hör nur auf den Bauch, nicht auf den Kopf». – «Alles Unsinn», sagt Sophia Amoruso, Gründerin des Mode­labels «Vintage Gal», deren aussergewöhnliche ­Erfolgsstory sogar als Netflix-Serie verfilmt wurde. Hier verrät SOPHIA AMORUSO, 36 Gründerin, Coach, Unternehmensberaterin

uns die US-Top-Entre­preneurin die grössten Start-up-Irrtümer – und welche Regeln wirklich wichtig sind.

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GETTY IMAGES

Aufgezeichnet von Arek Piatek

INNOVATOR


MYTHOS

MYTHOS

MYTHOS

Du musst für deine Idee brennen – und sie stur umsetzen.

Jage Investoren und erzähle von deiner Idee.

Unsinn. Für deine Idee solltest du nicht brennen. Damit behinderst du dich selbst und hörst auto­ matisch auf keine gut gemeinten Vorschläge mehr – von Experten, die sich auskennen. Und die dir sehr wohl sagen könnten, dass deine Idee die eine oder andere Kursänderung braucht, um in der realen Welt wirklich zu funktio­ nieren. Also: Zuzuhören und dei­ ne Idee zu hinterfragen ist smar­ ter, als stur mit dem Kopf durch die Wand zu gehen. Deshalb: Sei leidenschaftlich und brenne für das, was du tust, aber brenne nie­ mals für eine fixe Idee!

Nein. Ein Investor – selbst wenn er dir Gehör schenkt – wird sich von einer blossen Idee kaum be­ eindrucken lassen. Das ist nun mal so. Würdest du an seiner Stelle wahrscheinlich auch nicht. Was einen Investor hingegen be­ eindruckt? Deine Erfolge! Also: Zu einem Investor zu gehen zahlt sich aus – doch nur, wenn du als Business(wo)man etwas Hand­ festes vorzuweisen hast. Dann hört er zu und wird auch was von deiner Idee erfahren wollen.

Erzähle niemandem von deiner Idee – sonst stiehlt man sie dir.

MYTHOS

Nur neue Ideen führen zum Erfolg. Auch das ist Unsinn! Ich bin das beste Beispiel dafür. Als ich anfing, Klamotten auf eBay zu verkaufen, war die Konkurrenz nicht nur längst da, sie war auch riesengross. Der Trick bei der Sache ist nur: Du musst dich von den anderen abheben, dich mar­ kant unterscheiden. Das geht auf viele Arten: mit dem Produkt, das du verkaufst, wie du es verkaufst – oder mit dem Image, das du verkörperst. Als ich mein damals neues Modelabel «Nasty Gal» (böses Mädchen, Anm.) nannte, war das sicher kein Fehler – weil der Name provoziert. Und Aufmerk­ samkeit erregt. Und das ist die halbe Miete im Business: Kunden auf dich aufmerksam zu machen.

INNOVATOR

«HALTE DEINE IDEE NICHT GEHEIM. POSAUNE SIE RUHIG IN DIE WELT HINAUS. DAS FEEDBACK ANDERER IST IMMENS WICHTIG.»

Das ist eine wirklich unbegrün­ dete Angst. Es mag jetzt ernüch­ ternd sein, aber erstens: Deine in deinen Augen so tolle Idee ist vermutlich nicht so toll, wie du glaubst. Allein aus dem Grund wäre es wichtig, mit anderen darüber zu reden – um schon im Vorfeld gewarnt zu werden oder deine Idee neu zu definieren. Und zweitens, selbst wenn es so wäre: Niemand klaut so schnell deine Idee, patentiert sie – und wird zum Millionär. Ich selbst habe immer – und mache es heu­ te noch – Ratschläge und Tipps von anderen eingeholt. Immer. Das ist wertvoll und bringt dich viel weiter, als allein an deinem eigenen Projekt zu brüten. Denn du siehst nicht, was andere Leute sehen – und du weisst nicht, was andere wissen. Also: Posaune dein Vorhaben ruhig in die Welt hinaus und warte, was zurück­ kommt. Das Feedback von an­ deren – auch von Fremden – ist immens wichtig.

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MYTHOS

MYTHOS

MYTHOS

Bauchgefühl ist im Business wichtiger als Logik.

Wenn du ein Unter­ nehmen gründen willst, kündige deinen Job.

Ungeduld ist ein guter Antrieb für Gründer

Nein! Denn: Beides ist gleich wichtig. Der Punkt ist nur: Bauchgefühl ist immens wichtig am Beginn deiner Karriere. Quasi vor deinem ric htigen Start. Es ist ein guter Ratgeber für das, was du wirklich machen willst – und wofür dein Herz schlägt. Doch später, wenn Ausgaben, Ein­ nahmen und Verluste ins Spiel kommen, zählen nur mehr Zah­ len und Hard Facts – und der blanke Hausverstand. Wenn dann deine Logik sagt: Finger weg von diesem Business-Model – dann halt dich daran und lass es. Egal, was dein Bauchgefühl sagt.

Nein! Das ist nicht smart. Das sollten nur Leute, die entweder Kohle ohne Ende haben – oder erst zwanzig sind und noch nichts zu verlieren haben. Allen ­anderen rate ich: zweigleisig ­fahren. Ich weiss aus Erfahrung: Viele erfolgreiche Gründer be­ gannen ihre zweite Karriere mit einem «Side Hustle», also einem Neben­geschäft zu ihrer Arbeit. Das hat jede Menge Vorteile und hält das Risiko, auf die Schnauze zu fallen, gering. Konkret: Man kann sich langsam und ohne Druck an ein Business heran­ tasten. Mein Tipp daher: Kündige nicht deinen Job, aber reserviere regelmässig Zeit für deinen Side Hustle. Sei bereit, privat Über­ stunden zu machen, aber gehe Dinge langsam an. Recherchiere, probiere aus, arbeite … ganz ohne Druck. Denn wer unter Druck ist, macht Fehler. Und überhaupt: Man muss ja nicht gleich über Nacht die Welt er­ obern, oder?

Wenn mit Ungeduld ein hoher Adrenalinpegel gemeint ist, dann yes! Ich selbst war in meiner Kar­ riere ungeduldig und getrieben. Das ist positiv und pusht dich. Aber nur solange du selber damit klarkommst. Deshalb Vorsicht: Wenn du deine Ungeduld auf dei­ ne Partner überträgst, kann das rasch in die Hose gehen. Denn nicht jeder arbeitet auf die gleiche Art … und manche Menschen könnten durch deine Ungeduld rasch gehemmt werden.

«WAS ALS BOSS WIRK­ LICH ZÄHLT, IST, DIE STÄR­ KEN DEINER LEUTE ZU FÖRDERN.»

BUSINESS-GIRL-POWER Sophia Amoruso ist eine Entrepreneurin aus San Diego, USA. In ihrem Buch «#Girlboss» schildert sie ihre aussergewöhnliche Erfolgsstory, wie sie ihren Vintage-Mode-Versand («Nasty Gal») zu einem Millionen-Unternehmen machte. «#Girlboss» wurde inzwischen auch als Serie verfilmt – und ist unter diesem Titel auf Netflix zu sehen. 2020 war Sophia Keynote Speaker am Global Workshop von Red Bull Basement. sophiaamoruso.com

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BUCHTIPPS Pflichtlektüre für angehende Gründer

«Das 4-Stunden-­ Startup» Wie setze ich meine Idee professionell um? Smarte Tipps für Berufstätige, die «nebenher» gründen wollen.

«Werde, was du kannst»

«GRIT»

Das Buch ermutigt, vor allem die eigenen Fähigkeiten zu nutzen, um Ideen unternehmerisch erfolgreich umzusetzen – mit 21 wahren Success-­Storys als Inspiration.

Nicht IQ und Talent, sondern Leidenschaft und Ausdauer entscheiden über Erfolg, sagt Psychologin Angela Duckworth. Und belegt dies mit Beispielen aus der realen (Business-)Welt.

MYTHOS

MYTHOS

Die Basis von gutem Teamwork ist: Einigkeit.

Als Boss hast du immer das letzte Wort im Team.

Nein. Wenn im Team ständig ­Einigkeit herrscht, dann stimmt was nicht! Einigkeit ist Stillstand. Ein guter Output basiert immer auf Meinungsvielfalt, heftigen Diskussionen, gern auch Strei­ tereien in der Gruppe. Letzten ­Endes fördert das die Qualität dessen, was du tust. Und das ist verdammt wichtig: dass am Ende ein gesunder Kompromiss heraus­ schaut. Ich sage immer: ­Wirklich gute Qualität ist ohne Konflikte nicht möglich.

Wenn du deine Leute unter­ drücken, schlechte Stimmung in der Gruppe machen oder die Stärken der Teammitglieder ­beschneiden willst, dann ja. Im Ernst: Es ist in der heutigen Zeit nicht mehr smart, ein Team wie ein Diktator anzuführen. Was wirklich zählt, ist, die Stärken deiner Leute maximal zu fördern, sie einzubinden, wo es nur geht – und auch entscheiden zu las­ sen, wenn du der Meinung bist, sie wissen es besser. Denn sie ­wissen es manchmal besser. Sich dies einzugestehen ist als Boss eine Stärke. Und bringt allen nur Vorteile.

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«SCHEITERN IST WICHTIG, DENN MAN LERNT NUR AUS DEM SCHEITERN. AUS ­E RFOLGEN LERNST DU GAR NICHTS.»

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WAS ZÄHLT:

3 REGELN ZUM ERFOLG 1. Scheitern ist normal. Nur musst du jedes Mal besser scheitern. 100 Prozent Zustimmung! Die Menschen denken oft, dass Scheitern etwas ist, was nur ihnen zustösst. Dabei ist es wichtig, sich aufs Scheitern einzulassen und dafür bereit zu sein. Es ist für ­viele eine neue Art, die Welt zu sehen, aber es ist wirklich so, und das ist kein Klischee: Nichts bringt dich weiter als Niederlagen und die Learnings daraus! Denn aus Erfolgen lernst du gar nichts.

2. Netzwerke, wo du nur kannst! Ja, ja, ja! Und nochmals ja. Und noch etwas: Netzwerken bedeutet überall netzwerken. Nicht nur bei Start-up-Events, Festivals und dergleichen. Sondern im Fitnesscenter, beim Einkaufen oder auf der Strasse … überall. Ich hatte an den ungewöhnlichsten Orten die wichtigsten Begegnungen meiner Karriere. Ein Gespräch, ein Tipp, ein Handshake, eine Telefonnummer … Du weisst nie, wo du eine Bekanntschaft machst, die sich später als Sprung­brett herausstellen wird.

3. Prüfe deine Business-­Idee im Vorfeld gründlich! Stimmt hundertprozentig! Das ist die Regel Nummer eins. Nichts ist wichtiger als eine profunde Vorab-Recherche deines angedachten BusinessModels. Stöbere also zunächst gründlich im Netz. Ist deine Idee völlig neu, oder gibt es schon Leute, die das machen? Wenn ja, wie machen sie es? Tauche ein in ihre Welt. Stelle dir vor, du bist ihr Kunde. Was gefällt dir an ihrem Angebot? Und was gefällt dir nicht? Was fehlt deiner Meinung nach? Wenn du die Chance hättest, das Unternehmen zu führen, was würdest du anders machen? Solche Gedanken sind wichtiger, als du glaubst. Denn sie schärfen mit der Zeit deinen Blick auf das, was wichtig ist: dein eigenes Business-Model.

SERIENTIPPS Von genialen Geistern und Business-Rebellen – hier sind 3 Netflix-Serien mit hohem Inspirationsfaktor

«Inside Bill’s Brain – Decoding Bill Gates»

«Girlboss» Angelehnt an die Sophia-AmorusoErfolgsstory. Die Serie begleitet eine junge Rebellin bei der Gründung ihres Online-Geschäfts. Extrem kurzweilig!

NETFLIX

Ein Einblick in die Psyche des ­ icrosoft-Gründers. Von Davis GugM genheim («An Inconvenient Truth»).

«The Mind, Explained» Wie tickt unsere Psyche? Wie können wir mithilfe unseres Verstandes besser leben – und besser performen? Diese Doku liefert Antworten.

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WIR LAUFEN FÜR ALLE DIE NICHT LAUFEN KÖNNEN.

SEI DABEI! JETZT TEILNEHMEN

9. MAI 2021 – 13:00 UHR LAUF MIT DER APP WO IMMER DU WILLST 100% DER STARTGELDER FLIESSEN IN DIE RÜCKENMARKSFORSCHUNG

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GUIDE

I N N O V AT O R

Insider-Infos und Events Service: Die Jacke, die von innen wärmt // Save the Date: Innovations-Highlights der nächsten Wochen // Red Bull Basement: Hier verändern Studenten die Welt // Kolumne: Der Faktor Mensch im digitalen Zeitalter //

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DO IT

Smart Fashion

Die Heatable ­Capsule Collection verbindet Hightech mit urban-sport­ lichem Design.

DIESE MODE HEIZT UNS EIN

Hier kommt die Smart-FashionLösung gegen Kälte: Die Jacken und Westen der Heatable Capsule Collection von AlphaTauri wärmen auf Knopfdruck oder per App. Und wenn der Akku des Smartphones leer ist, laden sie ihn auf.

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anchmal ermöglichen innovative Technolo­ gien, dass wir bekannte Dinge auf völlig neue Art und mit völlig ­neuen Funktionen einsetzen. Oder aber die innovativen Technologien verbessern die ursprünglichen Funktionen dramatisch. Ein gutes Beispiel dafür ist Smart Fashion: In der Mode können Kleider mit Einsatz von Hightech mittlerweile ihre Farbe im Einklang mit den Gefühlen ihrer TrägerIn­ nen wechseln. Gürtel geben Erschütterungen in Compu­ terspielen mit Vibrationen

an die Gamer weiter. Und ­Bikinis warnen, wenn wir uns zu lange in der Sonne aufhalten. Die Spezialisten des Mode­ labels AlphaTauri, der Deut­ schen Telekom und des Zu­ lieferers Schöller Textil ­haben indes gemeinsam an der ­Verbesserung einer sehr ur­ sprünglichen, ziemlich ent­ scheidenden Funktion unse­ rer Kleidung gearbeitet: der Aufgabe, uns zu wärmen. Zu diesem Zweck verknüpf­ ten sie Hightech-Textilien mit digitaler Steuerung und ­smarter Technik. Das Ergeb­ nis: die in diesem Winter ­vorgestellte Heatable Capsule Collection, deren Jacken und Westen uns auf Knopfdruck oder per App-Befehl aktiv einheizen. So können die TrägerInnen über eine eigens entwickelte App auf ihrem Smartphone die gewünschte Wärmestufe einstellen, ein Sensor im ­Inneren des Kleidungsstücks misst die Temperatur und wärmt bei Bedarf mittels heizbarer Elemente in den ­Taschen und am unteren Rü­ cken nach (die genaue Funk­ tionsweise: siehe rechte Seite). Zusatzfeature: Wenn die ­Jacke gerade nicht einheizt, kann der integrierte Akku das Smartphone aufladen. Diese Kollektion ist erst der Anfang: Weitere gemein­ same Innovationen werden folgen. Genaueres darf noch nicht verraten werden. Nur so viel: Konnektivität und Künst­ liche Intelligenz werden dabei Schlüsselrollen einnehmen.

Jacken und Westen gibt es für ­Damen und Herren in den Farben Kreide und Navy. 699,90 Euro ­(Jacke), 399,90 Euro (Weste); alphatauri.com

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FASHION

HOT STUFF

Tolle Textilien, smarte Bedienung und effiziente Technik machen diese Jacke zur Wärmequelle. Und so funktioniert sie im Detail.

Der Akku

Untergebracht in einer kleinen Extratasche am unteren Rücken, ­liefert diese Batterie die für die Heizung benötigte Energie. Dank ihres Federgewichts von 175 Gramm ist sie am Körper kaum spürbar. Wird die Power des Akkus gerade nicht gebraucht, kann er zum Beispiel ein Smartphone aufladen.

Die Steuerung

Neben der eigens entwickelten App fürs Smartphone lässt sich die Wärme auch auf Knopfdruck über ein Bedienelement am Innenfutter regulieren. Hier können die TrägerInnen zwischen je zwei Wärmestufen wählen – sowohl für die Taschen als auch für die Zonen am unteren Rücken.

Das Material

ALPHA TAURI

Die sogenannte E-Soft-Shell Heiztechnologie ist für die Verteilung der Wärme entwickelt worden. Entscheidend ist ein neuartiger beheizbarer Futterstoff, der ein Netzwerk leit­ fähiger Garne enthält. Weitere Stoffe wie etwa Corkshell bieten zusätz­ liche Wärmeisolation.

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DO IT

BOCK AUF INNOVATION?

Dann bist du hier richtig, Wir präsentieren eine Auswahl der spannendsten Events 2021. Die finden statt: lokal oder international – und je nach Lage – in echt und/oder digital.

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und 8. September

dmexco

Wie kann ich Menschen über digitale Kanäle so begeistern, dass sie für meine Sache brennen? Um ebendiese Frage dreht sich die internationale Marketingkonferenz zwei Tage lang. Von Machine Learning über Audio-Content bis zu TikTok-Influencern: Renommierte Speaker – zuletzt etwa Facebooks Werbechef David Fischer, SAP-

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KÖLNMESSE GMBH/MAX HAMPEL, ROMINA AMATO/RED BULL CONTENT POOL, ALEX FETTICH

Talk um das Phänomen TikTok: Moderatorin Jennifer Sarah Boone im Gespräch mit TikTokStar Onkel Banjou (rechts) und Agentur-Gründer Adil Sbai.

Marketingleiterin Alicia Tillman und Alexander Birken, der CEO der Otto Group – erzählen, auf welche Strate­ gien und Technologien sie aktuell setzen und was jeder, der digital Menschen erreichen will, davon lernen kann. 2021 soll die DMEXCO nun in hybrider Form ablaufen – vor Ort in den Kölner Messehallen und gleichzeitig als Online-Event für Zuschauer auf der ganzen Welt. Koelnmesse, dmexco.com

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S A V E T H E D AT E

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März Altitude Höchstleistung am Berg

Eine Ausstellung der ganz beson­ deren Art kann man derzeit in der Red Bull Media World erleben: Bei Altitude – Höchstleistungen am Berg können Besucher mit dem Icaros-Trainingsgerät virtuell über das Engadin fliegen, den sechs­ fachen Red Bull X-Alps-Champion Chrigel Maurer im Gleitschirm-­ Simulator herausfordern oder den Mount Everest am Schirm (beinahe) selbst besteigen. Alle Infos:

Icaros-Flugsimulator: fast so aufregend, wie wirklich zu fliegen.

Red Bull Media World; Verkehrshaus der Schweiz, Luzern redbull.com/altitude

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bis 17. September Impact Festival Wenn wir unseren Planeten schützen wollen, müssen wir global kooperieren: Aus dieser Überzeugung heraus will das Impact Festival potenzielle Weltverbesserer miteinander ­vernetzen – etwa junge Start-ups mit inno­ vativen Konzepten mit Investoren, die ihren Ideen die nötige Durchschlagskraft verleihen können; oder mit Konzernen, die nach Ent­ würfen für ihre eigene nachhaltige Zukunft suchen. Frankfurt und VIRTUELL; impact-festival.earth

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April Virtual Pitching Workshop Wie überzeugst du Investoren von deinem Ge­ schäfts­konzept? Beim diesem virtuellen Workshop lernst du – von Experten –, deinen Pitch mit­ reissend und aussagekräftig vorzutragen. G ­ eleitet wird der Event von der ehemaligen Radiomodera­ torin und Mediensprecherin Catherine R ­ iesen. Für Start-ups aus der Startup Academy ist die ­Teilnahme kostenlos. Alle anderen ­Interessierten sind für 120 Franken dabei. Startup Academy Basel; VIRTUELL; startup-academy.ch

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bis 28. Mai FitTech Summit Vorbei die Zeiten, in denen es Fitness nur im Fitnesscenter gab: Diese Kon­ ferenz ergründet, wie das Thema ­unseren Alltag bewegt – sei es durch immer neuere Smartwatches sowie ­andere Wearables oder durch inno­ vatives Training vor dem Bildschirm. Und n ­ atürlich spielen die Studios eine ­Rolle, wenn es darum geht, wie ihre Betreiber neue Technologien nutzen können, um Kunden zu begeistern. München und VIRTUELL; fittechsummit.com

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DO IT

RED BULL BASEMENT

Die Red Bull Basement-­ Hosts Daniel Cronin und Caroline de Moraes „überreichen“ dem Team Lava die Siegertrophäe.

Lava Aqua X

SUPER SMART WÄSCHE WASCHEN

Du bist Student und hast eine Idee, die die Welt zu einem besseren Ort macht? Dann bist du hier goldrichtig.

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eue Ideen gesucht! Seit 2018 gibt die Plattform Bull Base­ ment Studenten weltweit die Chance, Lösungen zu Problemen zu präsentieren. 3800 Teilnehmer waren es bei der Challenge im Vorjahr. Durch Pub­ lic Voting und einer Jury wurden die vielversprechendsten 38 Ide­ engeber ausgewählt und zum Red Bull Global Workshop – der im Dezember ausnahmsweise virtuell über die Bühne ging – eingeladen. Joanna Power und Paramveer Bhachu, zwei junge Pioniere aus

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London, machten schließlich das Rennen. Sie haben eine Wasch­ maschine entwickelt, die Wäsche mit recyceltem Duschwasser säu­ bert, und dabei weniger Wasser verbraucht und das in nur einem Drittel der gewöhnlichen Zeit (sie­ he Infokasten rechts). Den Erfolg beim Red Bull Basement Global Workshop nützt das Duo nun als Startrampe, um die Erfindung so rasch wie möglich auf den Markt zu bringen.

Hier kannst du einreichen

Nach dem Wettbewerb ist vor dem Wettbewerb: 2021 geht Red Bull Basement in die nächste Runde. Wenn also auch du eine Idee hast, die unbedingt verwirk­ lich werden sollte, dann bereite sie bis Herbst diesen Jahres vor. Die genauen Termine und Infos findest du unter redbullbasement.com

Nachhaltig

Das Wasser wird am Boden der ­Dusche gesammelt, gefiltert und für den nächsten Waschgang der „Lava Aqua X“ wiederverwendet.

Praktisch

Die transportable Waschmaschine hat Platz in jeder Studentenbude. 2,5 kg Wäsche können damit pro Waschgang gewaschen werden.

Effizient

Die kugelförmige Waschtrommel arbeitet deutlich effizienter als ­herkömmliche Zylindertrommeln. Das spart Zeit und Strom.

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PHILIPP CARL RIEDL/RED BULL CONTENT POOL, MARK ROE/RED BULL CONTENT POOL

DER TURBO FÜR GUTE EINFÄLLE

GÜNTHER KRALICEK

Die Sieger des Red Bull Basement Global Workshop 2020 Joanna Power und Paramveer Bhachu erfanden eine Waschmaschine, die Wäsche mit ­recyceltem Duschwasser und noch dazu stromsparend reinigt.

Red Bull Basement


DAS JAHRESABO

8 The Red Bulletin-Ausgaben +2 Innovator-Specials

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KOLUMNE

Bestseller-Autor Christoph Koch schreibt über spannende bis verblüffende Zusammenhänge, die wir beim Weltverbessern mitdenken dürfen.

Christoph Koch 46, ist Autor für Titel wie «Die Zeit», «brand eins» oder «Geo». Mit seinem Buch «Ich bin dann mal offline» über digitalen Verzicht ­landete er einen «Spiegel»-Bestseller.

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läne sind nutzlos, aber Planung ist unersetzlich.» Dieser Satz wird meist US-Präsident Dwight D. Eisenhower zugeschrieben. Vermutlich ist er schon viel älter. Er stimmt aber nach wie vor. Wer Pläne macht, wer Szenarien entwirft, wer also in Möglichkeiten denkt, der ist gezwungen, sich mit der Zukunft und ihren verschiedenen Varianten auseinanderzusetzen. Manche Entwicklungen erscheinen fast sicher, andere wirken unwahrscheinlicher. Doch selbst beim Nachdenken über die unwahrscheinlichen lässt sich ­etwas lernen – schon allein, weil Zusammenhänge sichtbar werden, von denen man vorher vielleicht nicht wusste. Denn jede Veränderung hat weitere Konsequenzen, zieht andere Umwälzungen nach sich. Hier habe ich ein paar der überraschenderen Folgen grosser möglicher Veränderungen rund um das Thema Nachhaltigkeit zusammengestellt.

1. Mehr E-Autos, weniger Raucher

Mit der Umstellung unserer Autos auf Elektromotor sinkt der weltweite Benzinbedarf, logisch. Aber vermutlich dürfte auch der Zigarettenkonsum zurückgehen, wenn alle Menschen in E-Autos unterwegs sind. Denn derzeit werden in den USA rund die Hälfte aller Zigaretten an Tankstellen verkauft, in Deutschland

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2. Weniger Bares, weniger Emission

Noch sind die Deutschen strikt dagegen (84 Prozent, um genau zu sein), aber falls das Bargeld irgendwann doch ab­ geschafft wird, hätte das auch positiven Einfluss auf die Umwelt: Erstens, weil das Metall des Hartgelds wiederverwendet werden könnte – ein Münzquetscher vom Modell «Decoiner» schafft pro Stunde bis zu fünf Tonnen, die anschliessend eingeschmolzen werden. Und zweitens würden die Emissionen durch Geldtransporter entfallen – sie stossen besonders viele Abgase aus, weil Kleingeld so schwer ist.

3. Weniger Fleisch, ein Kontinent mehr Platz

Wenn niemand mehr Fleisch ässe, wäre das bekanntermassen gut fürs Klima: Eine vierköpfige Durchschnittsfamilie in den USA beispielsweise verursacht durch ihren Fleischkonsum mehr Treibhaus­ gase als durch ihre beiden Autos. Gleichzeitig würde die Welt aber auch eine Nutzfläche in der Grösse des afrikanischen Kontinents dazugewinnen. So viel Raum wird derzeit nämlich für den Anbau von Futtermitteln benötigt, die nur der Fleischerzeugung dienen.

4. Weniger Tempo auf der Autobahn, kaum weniger Lärm Würde Deutschland – das als einzige westliche Industrienation kein generelles Tempolimit auf der Autobahn hat – die Geschwindigkeit auf 120 km/h begrenzen, gäbe es den meisten Studien nach weniger Verkehrstote und Verletzte. Auch rund drei Millionen Tonnen CO² würden vermieden. Viel leiser würde es überraschenderweise jedoch nicht: Das Umweltbundesamt geht an Werktagen bei einem Tempolimit auf der Autobahn von einem halben Dezibel weniger Verkehrslärm aus. Zum Vergleich: Der so­ genannte Flüsterasphalt reduziert die Lautstärke um etwa drei Dezibel.

INNOVATOR

URBAN ZUNTEL

NACHHALTIG ÜBERRASCHT

machen die Tankstellen 62 Prozent ihres Shop-Umsatzes mit Tabakwaren. Studien zeigen, dass das Angebot durchaus die Nachfrage bestimmen kann – und Menschen weniger Zigaretten kaufen, wenn sie weniger oft die Gelegenheit bekommen. Und mit dem E-Auto entfällt auch der Tankstellenstopp und somit der Blick aufs Zigarettenregal: Denn E-Autos tanken dort, wo sie parken – also vor allem zu Hause oder in der Bürogarage.


READ IT

EISENHOWERS DILEMMA: « P L Ä N E S I N D N U T ZLOS, ABER PLANUNG IST UNERSETZLICH.» 5. Weniger Subventionen, mehr Umweltschutz

Gäbe es keinerlei Subventionen für Individualverkehr mehr, verschwände zwar die E-Auto-Prämie, die Umwelt könnte aber trotzdem profitieren: Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat berechnet, dass sich der weltweite Schaden durch Kraftstoffsubventionen auf jährlich 5300 Milliarden Dollar summiert. Das sind sechs Prozent des globalen Brutto­ inlandsproduktes und fast so viel wie die weltweiten Gesundheitsausgaben. Würde der Staat Kraftstoffe nicht fördern, ­gewännen umweltfreundlichere Fortbewegungsmittel Attraktivität – wie Fahrrad statt Moped oder U-Bahn statt Auto. Treibstoffpreise werden gern mit der Begründung subventioniert, Menschen mit geringem Einkommen würden entlastet. Dabei profitieren in Wirklichkeit oft die Reichen: In einem typischen Schwellenland gehen 40 Prozent solcher Entlastungen an das reichste Fünftel der Haushalte. Beim ärmsten Fünftel kommen nur sieben Prozent an.

6. Weniger Menschen, mehr Elefanten, weniger Stubenfliegen

Wenn es die Menschheit nicht mehr gäbe, würde sich die Elefantenpopulation binnen hundert Jahren verzwanzig­ fachen, da natürlich auch Wilderer und Elfenbeinhandel wegfielen. Auch die Zahl an Vögeln nähme wieder stark zu: Allein in den USA sterben nach Schätzungen 80 Millionen Vögel jährlich durch Autos und eine weitere Milliarde durch Pestizide und Stromleitungen. Ratten, Stubenfliegen oder Kopfläuse – also Tiere, die sich stark an den Menschen angepasst haben – hätten es jedoch schwerer und würden ohne uns nahezu aussterben.

Mehr überraschende Erkenntnisse und spannende Szenarien finden sich in dem Buch «Was wäre, wenn …? 33 Szenarien, die unsere Welt neu denken» von Christoph Koch, erschienen im Tropen Verlag (176 Seiten, 15 Euro). Mehr Infos unter: christoph-koch.net INNOVATOR

IMPRESSUM

Gesamtleitung The Red Bulletin Alexander Macheck (Ltg.), Sara Car-Varming Chefredaktion The Red Bulletin Andreas Rottenschlager (Ltg.), Andreas Wollinger Chefredakteur Innovator Arek Piatek Textchefs Jakob Hübner, Andreas Wollinger Redaktion Florian Obkircher, Wolfgang Wieser Creative Director Kasimir Reimann (Ltg.), Erik Turek Grafik Marion Bernert-Thomann, Martina de Carvalho-Hutter, Cornelia Gleichweit, Kevin Goll, Antonia Uhlig Fotoredaktion Eva Kerschbaum (Ltg.), Marion Batty (Stv.), Susie Forman, Tahira Mirza, Rudi Übelhör Managing Editors Ulrich Corazza, Marion Lukas-Wildmann Publishing Management Ivona Glibusic, Bernhard Schmied, Anna Wilczek Managing Director Stefan Ebner Head of Media Sales & Partnerships Lukas Scharmbacher Head of Co-Publishing Susanne Degn-Pfleger Projektmanagement Co-Publishing, B2B-Marketing & Communication Katrin Sigl (Ltg.), Mathias Blaha, Katrin Dollenz, Thomas Hammerschmied, Teresa Kronreif (B2B), Eva Pech, Valentina Pierer, Stefan Portenkirchner (Communication) Creative Services Verena Schörkhuber-Zöhrer (Ltg.), Sara Wonka, Julia Bianca Zmek, Edith Zöchling-Marchart Commercial Management Co-Publishing Alexandra Ita Editorial Co-Publishing Raffael Fritz (Ltg.), Gundi Bittermann, Mariella Reithoffer, Wolfgang Wieser Executive Creative Director Markus Kietreiber Projekt Management Creative Elisabeth Kopanz Art Direction Co-Publishing Peter Knehtl (Ltg.), Erwin Edtmayer, Andreea Parvu, Dominik Uhl Commercial Design Simone Fischer, Martina Maier, Alexandra Schendl, Julia Schinzel, Florian Solly, ­Stephan Zenz Abo und Vertrieb Peter Schiffer (Ltg.), Marija Althajm, Nicole Glaser ­( Vertrieb), ­ Victoria Schwärzler, Y ­ oldaş Yarar (Abo) Anzeigenservice Manuela Brandstätter, Monika Spitaler Herstellung & Produktion Veronika Felder (Ltg.), Friedrich Indich, Walter O. Sádaba, Sabine Wessig Lektorat Hans Fleissner (Ltg.), Petra Hannert, Monika Hasleder, Billy Kirnbauer-Walek, Belinda Mautner, Klaus Peham, Vera Pink Lithografie Clemens Ragotzky (Ltg.), Claudia Heis, Nenad Isailović, Sandra Maiko Krutz, Josef Mühlbacher Finanzen Mariia Gerutska (Ltg.), Klaus Pleninger MIT Christoph Kocsisek, Michael Thaler Operations Melanie Grasserbauer, Alexander Peham, Yvonne Tremmel Projektmanagement Gabriela-Teresa Humer Herausgeber & Geschäftsführer Andreas Kornhofer Verlagsanschrift Heinrich-Collin-Strasse 1, A-1140 Wien Telefon +43/1/90 221-0, Fax +43/1/90 221‑28809 Web redbulletin.com Medieninhaber, Verlag & Herausgeber Red Bull Media House GmbH, Oberst-Lepperdinger-Strasse 11–15, A-5071 Wals bei Salzburg, FN 297115i, Landesgericht Salzburg, ATU63611700 Geschäftsführer Dkfm. Dietrich Mateschitz, Dietmar Otti, Christopher Reindl, Marcus Weber

INNOVATOR BY THE RED BULLETIN Schweiz, ISSN 2308-5886 Länderredaktion Arek Piatek Country Project Management Ivona Glibusic Commercial & Brand Partnerships Manager Stefan Bruetsch Media Sales Marcel Bannwart (D-CH), marcel.bannwart@redbull.com Christian Bürgi (W-CH), christian.buergi@redbull.com Goldbach Publishing Marco Nicoli marco.nicoli@goldbach.com Abo- und Leserservice abo@ch.redbulletin.com

INNOVATOR BY THE RED BULLETIN Deutschland, ISSN 2079-4258 Länderredaktion David Mayer Country Project Management Natascha Djodat Media Sales & Partnerships Thomas Hutterer (Markenlead), Alfred Vrej Minassian, Franz Fellner, Thomas Gubier, Daniela Güpner, Wolfgang Kröll, Gabriele Matijevic-Beisteiner, Nicole Okasek-Lang, Britta Pucher, Jennifer Sabejew, Johannes Wahrmann-Schär, Ellen Wittmann-Sochor, Ute Wolker, Christian Wörndle, Sabine Zölss Druck Quad/Graphics Europe Sp. z o.o., Pułtuska 120, 07-200 Wyszków, Polen

INNOVATOR BY THE RED BULLETIN Österreich, ISSN 1995-8838 Länderredaktion Arek Piatek Country Project Management Ivona Glibusic Media Sales & Partnerships Thomas Hutterer (Markenlead), Alfred Vrej Minassian, Franz Fellner, Thomas Gubier, Daniela Güpner, Wolfgang Kröll, Gabriele Matijevic-Beisteiner, Nicole Okasek-Lang, Britta Pucher, Jennifer Sabejew, Johannes Wahrmann-Schär, Ellen Wittmann-Sochor, Ute Wolker, Christian Wörndle, Sabine Zölss; Kristina Krizmanic (Team Assistant) anzeigen@at.redbulletin.com Sales Operations & Development Anna Schönauer (Ltg.), David Mühlbacher Offenlegung gemäss § 25 Mediengesetz Informationen zum Medieninhaber sind ständig und unmittelbar unter folgender Web-Adresse auffindbar: redbulletin.at/impressum Kontakt redaktion@at.redbulletin.com

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DESIGN-HIGHLIGHT Misst kosmische Strahlung und spürt ihre Herkunft auf: das IceCubeObservatorium am Südpol

Neutrino-Suche auf dem Südpol

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DIESE STATION ENTSCHLÜSSELT DIE GEHEIMNISSE DES UNIVERSUMS

SVEN LIDSTROM/ICECUBE/NATIONAL SCIENCE FOUNDATION

Schon mal was von «Neutrinos» gehört? Es sind Elementarteilchen, kleinste Ein­ heiten unserer Materie, die täglich als kosmische Strahlung auf die Erde pral­ len. Wo sie herkommen, ist unbekannt. Um diese Frage zu beantworten, wurde 2010 in der Antarktis der grösste Neu­ trino-­Detektor der Welt gebaut: der Ice­ Cube. Und dort gelang den Forschern 2017 eine Sensation: Mit Spezial-Tele­ skopen orteten sie ein Milliarden Licht­ jahre entferntes Schwarzes Loch als ­Ursprung der Neutrino-Strahlung. «Da­ durch gewannen wir fundamentale Er­ kenntnisse zur Entstehung kosmischer Strahlen», so IceCube-Forscher Francis Halzen, «und eine erste Basis zum Ver­ ständnis des Ursprungs des Univer­ sums.» Aktuell wird der IceCube up­ gegradet und mit mehr Detektoren aus­ gestattet – um künftig die Geheimnisse des Alls noch intensiver zu ergründen. icecube.wisc.edu

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