The Red Bulletin DE 02/25

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Shamil Tanna

Der Londoner Fotograf, bekannt für seine ausdrucksstarken Sport-Porträts, lichtete bereits Größen wie Lionel Messi und Mo Salah ab. Für uns setzte er drei der innovativsten deutschen Fitness-Creator für unser Cover in Szene: Seite 1

Pauline Krätzig

die Münchener Journalistin (u. a. „SZ Magazin“) schafft eine besondere Nähe zu den Menschen, die sie beschreibt. Für unsere Coverstory traf sie die Creator Paula Enzweiler, Imke Salander und Lukas Müller in Salzburg: ab Seite 26

Murat Aslan

Der Berliner Fotograf zeigt Menschen auf eine raue und zugleich herzliche Art, zuletzt etwa Tommi Schmitt oder Salwa Houmsi. Für uns fotografierte er LaufCreator Maren Schiller in Berlin: ab Seite 56

Sie treffen sich morgens um 5.30 Uhr zum Krafttraining im Park, nach Feierabend zum Spinning in abgedunkelter Club-Atmosphäre oder treten in einer Competition namens Hyrox an: Um uns herum entsteht ein neuer Fitness-Kosmos – und diese Ausgabe macht sich daran, ihn zu erkunden. Schönste Erkenntnis: Die Möglichkeiten, fit zu werden, sind 2025 so vielfältig, dass sich jede und jeder die Bausteine heraussuchen kann, die zu ihr bzw. ihm passen. Sei es, sich mit Haut und Haar neuen Herausforderungen zu stellen, wie die drei Creator unserer Coverstory (ab Seite 26), in einer Community die Kraft der Gemeinschaft zu entdecken (ab Seite 40) oder mit Künstlicher Intelligenz seinen Körper neu kennenzulernen (ab Seite 50). Und nicht vergessen: Was auch immer dir zusagt, du musst es nur tun.

Viel Freude mit dieser Ausgabe! Die Redaktion

Fitte neue Welt: wie Künstliche Intelligenz unser Training smarter und persönlicher macht

Drei Fitness-Creator der Stunde erklären ihre ganz persönlichen TrainingsAnsätze und verraten ihre besten Hacks.

RB Leipzig Stürmer

Yussuf Poulsen und FitnessCommunity-Gründer Richard Colmsee über Teamgeist. Coach KI

Wie Künstliche Intelligenz unser Training revolutionieren kann.

Running-Creator Maren Schiller über die erstaunliche Kraft ihres Sports.

Die Champions Jake Dearden und Niklas Kaul über die Faszination Vielfalt.

Innovative Tools und Kleidung für den Sommer

83 Reise Bhutan

Musik Amy Taylor

Mindgame Laufen

Events

Impressum

Snap-Fiction

Leif Randts Short-Story 98 Letzte Seite

Manuel Lettenbichler Willkommen

Auf der nächsten Stufe: warum für Running-Creator Maren Schiller Laufen mehr als Sport ist

Bischa, Saudi-Arabien Wüste Sache!

Ein Australier (Toby Price) und ein Brite (Sam Sunderland), die jahrelang Gegner auf zwei Rädern waren, tun sich zusammen und bestreiten die Rallye Dakar durch Saudi-Arabien – als Team in einem Toyota Hilux (hier im Bild). Klingt wie ein Witz? Nein, ist tatsächlich passiert, und es gab nicht mal Streit, wer ans Steuer durfte (Spoiler: Toby). Diese und noch viel mehr wüste Geschichten gibt’s in der von Universal Pictures vertriebenen Doku „Dakar: Race Against the Desert“, die ab 12. Mai als digitaler Download auf ausgewählten Streamingplattformen abrufbar ist.

Oahu, Hawaii, USA Tunnelblick

An diesem Riff sind viele gescheitert: Jeden Winter ziehen die Wellen an der Banzai Pipeline vor Hawaii die internationale Surf­Elite an. Zum Auftakt der World Surf League lieferte sich Titelverteidigerin Caitlin Simmers (USA, im Bild) einen Infight mit der Australierin Tyler Wright, die aber an der rechten Welle, der Backdoor, den besseren Lauf hatte. Egal, sagt Simmers: „Ob im Tunnel selbst oder vom Strand aus: Keine Welle ist schöner!“

@caitysimmers

Azpeitia, Spanien Auf Kante

Aus der Vogelperspektive wirkt die obere Kante dieser Bowl wie eine Schlinge. Für ein Poster zum einjährigen Bestehen des neuen Skateparks seiner Heimatstadt nutzte Fotograf Alex Berasategi diesen Blickwinkel gezielt: Per Drohne lichtete er Skater Enaitz Odria dabei ab, wie er über die Kante grindet, und erschuf so eine kunstvolle Aufnahme – die es dann auch noch ins Finale der KreativKategorie des Fotowettbewerbs Red Bull Illume schaffte. Chapeau! redbullillume.com

Kapstadt, Südafrika Überflieger

Über einen Frachter und einen Wal sprang er bereits, jetzt war ein Flugzeug dran: Das gelang noch keinem Kitesurfer vor Lasse Walker, einem Big-Air-Spezialisten, der sich gemeinsam mit Pilot Luke Czepiela zwei Jahre auf diese Weltpremiere vorbereitete. Das richtige Timing war alles: Lasse musste die perfekte Ausgangswelle er wischen, um 15 Meter hoch zu springen, Luke einen Langsamflug in niedriger Höhe hinkriegen. Der Kommentar der beiden: „Surreal.“ Kann man so stehen lassen. @lassewalker, redbull.com

Party like Beckham

Freistoßkönig, ModeIkone, Klubbesitzer, Kunstobjekt, Netfix-Star: Langweilig waren die ersten 50 Jahre in David Beckhams Leben selten. Eine Würdigung in Zahlen zum Jubiläum.

0

Männer waren auf dem Cover des 1945 gegründeten Modemagazins „Elle“ zu sehen – bis David Beckham 2012 dieses ungeschriebene Gesetz brach.

115

Mal spielte David Beckham im englischen Nationalteam – nur Tormann Peter Shilton (125) und Wayne Rooney (120) wurde diese Ehre öfter zuteil.

18

Mal traf Beckham in der englischen Premier League per direkt verwandeltem Freistoß - ein Rekord, der bis heute Bestand hat.

25.000.000

Dollar investierte er noch als aktiver Spieler in die Option, einen neuen Klub in der US-Liga Major League Soccer zu führen. Inter Miami CF, 2018 gegründet, ist heute mehr als eine Milliarde wert.

200.000

Euro verdiente David Beckham bei seinem letzten Verein Paris Saint-Germain –pro Woche. Er spendete das Geld einer lokalen Kinderhilfsorganisation.

70

Tattoos trägt David Beckham (mindestens) am Körper – Zeichen seiner Liebe zu Ehefrau Victoria und den vier Kindern. Das erste war 1999 der Name seines Sohnes Brooklyn.

9

Hektar (knapp 13 Fußballfelder) groß ist das Landgut der Beckhams im süd westenglischen Cotswolds. Außerdem besitzt das Ehepaar ein Stadthaus in London und Penthouses in Miami und Dubai.

107

Minuten lang ist ein Videokunstwerk namens „David“. Im Auftrag der National Portrait Gallery filmte Regisseurin Sam Taylor-Johnson 2004 den schlafenden David Beckham.

90

Länder führten „Beckham“ 2023 in den Top 10 der meistgesehenen Serien. Die vierteilige NetflixProduktion wurde mit dem Emmy als beste Hauptabend-Doku ausgezeichnet.

BEFLÜÜÜGELT DURCH DEN SOMMER.

MIT UND OHNE ZUCKER.

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Haustier auf Rädern

Gefühle zeigen, sprechen, Haus bewachen: Roboter Loona kann mehr als Pfötchen geben. TechChecker Kirafn dreht eine Runde mit ihm.

Das Teil

Per Kamera erkennt Loona Gesichter, dank Sensoren spürt sie Berührungen, mit Mimik zeigt sie Gefühle, und dank künstlicher Intelligenz spricht sie mit uns oder lernt neue Fähigkeiten. Ach ja, per App gesteuerte Laserstrahlen jagen und das Haus überwachen kann Loona auch.

Der Hype

Kirafin heißt bürgerlich Jonas Willbold, ist 30 und unterhält seine

1,3 Millionen Follower auf TikTok mit ComedyFormaten. Nebenbei folgt er seiner Faszination für Tech-Produkte und -Trends. Für uns nimmt er aktuelle Hypes unter die Lupe.

Der Check

Alle lieben Loona, zumindest auf TikTok. Erfolgreichstes Video mit 23,5 Millionen Views kommt von Medy Renaldy. Auch der deutsche Creator BigBangBash hat sie schon getestet.

In meinen Augen ist Loona der erste Roboter, der tatsächlich ein Haustier ersetzen kann. Entscheidend ist die Kombination aus moderner Technologie und der Fähigkeit zur emotionalen Interaktion. Die hat allerdings ihren Preis: 500 Euro finde ich ganz schön heftig.

MUST-HAVE-FAKTOR

Perfekt für …

… alle, die ein Haustier wollen, aber lieber nicht die damit verbundene Arbeit.

Ungeeignet für …

… alle, die einen Gefährten mit feuchter Nase und ohne Ausschaltknopf bevorzugen.

Keep on running

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Milla Jovovich

ist eine der weiblichen Action-Ikonen des Kinos. Auf der Leinwand kämpft sie sich gerade durch „Lost Lands“. Privat setzt sie dagegen auf Empathie. Mit einer Ausnahme.

Milla Jovovich hat unzählige Menschen und Monster auf dem Gewissen – ob in Science-Fiction-Streifen wie „Das fünfte Element“, Historiendramen wie „Johanna von Orleans“ oder zuletzt im HorrorFranchise „Resident Evil“. Auch ihr jüngster Film, das Fantasy-Spektakel „In the Lost Lands“, in dem sie sich als Zauberin durch eine apokalyptische Welt kämpft, passt perfekt in Jovovichs actionreiche Filmografe: Stunt- und Kampfszenen sind untrennbar mit der 49-jährigen Aktrice verbunden.

Doch Schauspielerinnen und Schauspieler soll man bekanntermaßen nicht mit ihren Rollen verwechseln. Auf Milla Jovovich trift das besonders zu. In der realen Welt setzt sich das einstige Supermodel – sie war etwa Gianni Versaces Lieblingsmodel und Miuccia Pradas „Muse“ –für Frieden und Verständigung ein und nicht dafür, sich gegenseitig die Köpfe einzuschlagen: Als Russlands Armee in die Ukraine einmarschierte, wandte sich die Tochter einer russischen Schauspielerin und eines serbischen Arztes gegen den Angrifskrieg. Aber auch im Alltagsleben ist Jovovich Empathie wichtig: „Ich versuche jeden Tag, Menschen zu helfen. Das beginnt bei meiner Familie, aber reicht bis zu mir völlig unbekannten Fremden.“

Wer hupt, verliert Womit sie nicht nur aufsehenerregende, aber eher Klatschmedien beschäftigende Aktionen meint wie vor ein paar Jahren, als sie bei einer Geburtstagsparty Kinder aus einer zusammensackenden Hüpfburg rettete. „Das fängt beim Straßenverkehr an. Du musst nicht ständig alle anhupen. Wenn jemand blinkt und vor dir einscheren möchte, dann lass ihn rein.“ Respekt ist ein Schlüsselwort, das auch

On

point

Geboren in Kiew; Alter 49; lebt mit der Familie in Los Angeles; begann mit neun Jahren als Model zu arbeiten; hat drei Töchter

für Jovovichs Ehe gilt. Seit 2009 ist sie, nach einer kurzen Ehe mit Regisseur Luc Besson, mit „Resident Evil“-Regisseur Paul W. S. Anderson verheiratet, mit dem sie auch „In the Lost Lands“ drehte. Basierend auf drei Kurzgeschichten von George R. R. Martin („Das Lied von Eis und Feuer“), sucht die von Jovovich gespielte Zauberin nach einer magischen Kraft, die es einem Menschen ermöglicht, sich in einen Werwolf zu verwandeln. Doch wie ist es, mit einem Regisseur zu drehen, der gleichzeitig der eigene Ehemann ist? Jovovich: „Wir haben große Achtung vor den Talenten des anderen und nehmen auf unsere gegenseitigen Bedürfnisse Rücksicht. Ich war mit Männern zusammen, die die ganze Aufmerksamkeit für sich wollten und Schwierigkeiten hatten, wenn ich erfolgreich war.“

Kämpfen und kuscheln

Die Devise des Paars lautet dagegen: kämpfen und kuscheln. Wobei Ersteres vor allem die Dreharbeiten betrift: Dort muss Anderson seine Frau mitunter auch etwas heftiger fordern. Verletzungen bei waghalsigen Stunts, versengte Augen oder halsbrecherische Flüge in wackligen Kleinmaschinen kommen da schon mal vor. Zu Hause ist das aber wieder schnell vergessen: Hier schläft das Paar mit Töchtern und Hunden gemütlich im gemeinsamen Bett.

Sich gegenseitig ein Bein zu stellen, das gibt es bei Jovovich und Anderson nicht: „Wenn ich arbeiten muss, dann ist er damit zufrieden, mich am Wochen-

ende zu sehen. Ich fühlte mich von ihm verstanden, und er hat mich immer wie den wichtigsten Menschen der Welt behandelt.“ Was das Wichtigste für sie in einer Partnerschaft ist: dass sich der andere gut und selbstsicher fühlt. „Du musst für ihn da sein“, sagt Jovovich, „musst ihm zuhören und ihn unterstützen, anstatt ihn mit Zweifeln zu bombardieren.“ Wenn ihr Mann weibliche Rollen in seinen Filmen besetzt, drängelt sich Jovovich nicht vor: „Ich möchte, dass er auch andere Schauspielerinnen vorsprechen lässt. Ich weiß, dass er mich liebt, aber es geht darum, dass er die bestmögliche Besetzung für eine Figur fndet.“

Das heißt nicht, dass es zu Hause nur harmonisch zugeht. Milla Jovovich räumt ein, dass sie auch unter Ängsten leidet –wie etwa unlängst bei der Brandkatastrophe von Los Angeles. „Das Leben kann dich ganz schön kaputt machen. Ich werde dann durchaus mal passivaggressiv.“ Aber sie kennt die Lösung: „Das Entscheidende ist Kommunikation und ehrlich zu sein. Das erkläre ich sogar schon meinen Töchtern: Sie sollen mir immer sagen, wie es ihnen geht. Ich möchte nicht, dass sie sich übergangen oder missachtet fühlen.“

Achtsamkeit ist für Jovovich ein wichtiger Begrif – und bedeutet für sie, sich nicht nur für andere Menschen einzusetzen, sondern auch für ökologische Themen: „Ich mache mir große Sorgen um unseren Planeten, auch wegen meiner drei Kinder. In unserer Familie begrenzen wir den Plastikverbrauch, wir recyceln, wir kompostieren. Mit meiner ältesten Tochter zum Beispiel habe ich viele Gespräche geführt, wie bedenklich Fast Fashion eigentlich ist.“

Aber kann Milla Jovovich in der Realität auch einmal so brutal werden, wie sie es in Filmen regelmäßig ist? „Ich bin zu Hause die große Moskitojägerin. Das ist mein Spezialgebiet“, sagt sie lachend. „Ich habe schon unzählige Moskitos umgebracht. Einmal habe ich ganze 35 in unserem Badezimmer gezählt. Ich habe eine Dose Haarspray genommen, und nach drei Stunden waren alle erledigt. Das war sehr heroisch.“

Instagram: @millajovovich

„In the Lost Lands“ läuft aktuell in den Kinos.

„Ich bin eine große Moskitojägerin. Das ist mein Spezialgebiet.“
Milla Jovovichs Rekord? 35 totgesprayte Moskitos im Badezimmer

Elias Nerlich

definiert als Twitch-Größe und Gründer

Unterhaltung neu. Auf der Suche nach den besten Ideen bleibt er immer in Bewegung – so auch in der von ihm mitgegründeten Icon League.

Der Ball ist rund, Fußball dauert 90 Minuten, und „entscheidend ist auf’m Platz“ –zumindest die letzten zwei Weisheiten gelten nicht mehr zu 100 Prozent. Seit der deutsche Twitch-König Elias Nerlich mit Real-Madrid-Legende Toni Kroos die Icon League gründete, machen sie sich daran, Fußball-Gesetzmäßigkeiten umzuschreiben. Während Kroos sein Wissen aus 17 Jahren Weltklasse-Fußball einbringt, sorgt Nerlich etwa für einen zeitgemäßen Entertainment-Faktor. „Die Action auf dem Fußballfeld muss stimmen“, sagt er. Aber Instagram, der Live-Chat im TwitchStream und Star-Potenzial sind mindestens genauso wichtig.

Nerlich, auch als @EliasN97 bekannt, muss es wissen. In den letzten Jahren war er die wohl prägendste Figur der StreamingWelt in Deutschland und begründete den hiesigen Twitch-Boom. Er fng 2018 als eSportler im Team von Fußball-Bundesligist Hertha BSC Berlin an, streamte nebenher live und nahm YouTube-Videos auf. Bald gingen seine Zuschauerzahlen durch die Decke – und Nerlich vollzog den Wechsel vom eSportler zum Entertainer und Unternehmer. Heute erreicht er im Schnitt rund eine Million Aufrufe pro Stream, seine Reichweite hat er dafür genutzt, ein Firmennetzwerk aufzubauen, er hat Sponsoringverträge, ein Modeund Kosmetiklabel, eine Fitness-App, ein eigenes eSports-Team sowie sein Herzensprojekt, den Fußballverein Delay Sports Berlin. Und dann ist da natürlich die Icon League. Sein Erfolgsgeheimnis? Nerlich ist unglaublich agil – in jeder Hinsicht. An den Spieltagen der Icon League, aktuell immer montags ab 18 Uhr im Düsseldorfer Castello, ist der Berliner

On point

Kommt aus Berlin; geboren am 10. Dezember 1997; Status deutscher TwitchVorreiter; letzte Auszeichnung 4 Stream Awards (u. a. „Most watched“)

Mr. Überall: Auf dem Spielfeld, in der Kommentatoren-Box, vor der Kamera bei der Spielanalyse und im Regieraum. Im Fußball würde man von einem „polyvalenten Spieler“ sprechen, einem Mann mit vielen Talenten und Stärken. Nerlich gibt als Spielmacher den Takt vor, verwandelt als Stürmer die Chancen und bestimmt als Klubmanager mit Toni Kroos die Strategie. Mit beneidenswerter Energie und großem Bewegungsdrang agiert Nerlich auch im Business und besetzt immer neue Spielfelder.

In der ersten Saison der Icon League spielten die Kicker in der ausverkauften Kölner Lanxess Arena vor 20.000 Fans, im Stream verfolgten bis zu 230.000 Zuschauer die Spiele gleichzeitig. Angeführt werden die 14 Mannschaften von ihren Team Heads – darunter Fußballer wie Antonio Rüdiger oder Benjamin Henrichs. An der Seitenlinie stehen aber auch Rapper wie Ski Aggu und Luciano oder Creator wie Sidney Friede und ViscaBarca.

Schnell, nah, unberechenbar

Das Icon-League-Spiel ist schnell und unberechenbar: Kleinfeld-Fußball, fünf gegen fünf, zwölf Minuten pro Halbzeit, kein Abseits, dafür eine Bande, die bessere Pässe gibt als jeder Mitspieler – wenn man sie richtig nutzt. Ein weiterer Grund für den Erfolg: Hier sitzen Fans nicht nur auf der Tribüne oder vorm Fernseher, sondern unterhalten sich mit Nerlich, Kroos und den Team Heads oder diskutieren

über Sonderregeln („Rulebreaker“). Nach Abpff des letzten Spiels bleibt Nerlich oft stundenlang in der Halle, bis auch der letzte Fan ein Selfe bekommen hat. Die Icon League ist eine Fusion von Internetkultur und Fußball. Und wie das Netz und der Ball ist eben auch Nerlich vor allem eins: immer in Bewegung.

Die Icon League soll sich stetig weiterentwickeln, bei der Prüfung der Regeln wird die Community eingebunden. Ein neuer Vorschlag: „Dass der Torwart den Strafraum nicht verlassen oder man nur einmal nach hinten spielen darf.“ Denn: In der ersten Saison erzielten die Keeper knapp zehn Prozent aller Tore. Die neue Regel wird als „Rulebreaker“ getestet. „Wir schauen uns an, ob’s funktioniert“, sagt Nerlich. „Und wenn nicht, hauen wir’s wieder raus.“

Es geht um die „Legacy“ Fragt man Nerlich, was ihn seit Gründung der Liga überrascht hat, sagt er: „Der ganze Zuspruch und die Unterstützung.“ Er wirkt dann ehrlich gerührt. Die Icon League ist sein bisher größtes und ambitioniertestes Projekt. Dabei geht es ihm nicht nur um die Echtzeit-Klickzahlen und Follower-Highscores. Er spricht oft von seiner „Legacy“, etwas Großem, das er hinterlassen wolle. „Ich will irgendwann mehr als nur ein Streamer gewesen sein“, sagt er. Wenn Nerlich wirklich die Gesetzmäßigkeiten des Fußballs umschreibt, wird ihn in der Tat niemand vergessen. Wie sich die Icon League langfristig entwickelt, bleibt ofen – und genau das gefällt Elias Nerlich. Die Liga soll sich entwickeln, denkbar sei etwa internationales Wachstum in enger Verzahnung mit dem Prof-Fußball. „Wir führen gute Gespräche“, sagt er. Von der Futsal- und Kleinfeld-Nationalmannschaft bis hin zur DFL sei vieles vorstellbar. „Wir sind ofen und fexibel“, sagt Nerlich. So wie er selbst auch: schnell auf den Füßen und im Kopf, ganz so, wie Fußballer sein müssen, die dem ultimativen Triumph auf dem Platz nachjagen.

Instagram: @eliasn97

Erlebe die Icon League jeden Montag ab 18 Uhr live auf Twitch: @theiconleague

„Ich möchte etwas Großes hinterlassen und mehr als ein Streamer gewesen sein.“
Elias Nerlich will nicht weniger als FußballGesetzmäßigkeiten umschreiben.

Bibiza

lebt ein Leben voller Kontraste.

Der Wiener Musiker liebt den Exzess und die Melancholie, das Surfbrett genauso wie die Bühne. Nur eines mag er nicht: den Vergleich mit Falco.

Noch etwas verschlafen zieht sich Bibiza seine Socken an und strahlt in die ZoomKamera: Es ist später geworden gestern, doch der Weg vom Bett zur Arbeit beziehungsweise zum Interview ist glücklicherweise nicht weit. Der Wiener Musiker, der mit bürgerlichem Namen Franz Bibiza heißt, bewunderte bereits als Kind Rockstars und träumte davon, selbst einer zu werden. Heute lebt er diesen Traum –auch wenn hinter der schillernden Fassade immer wieder ein nachdenklicher und reflektierter 25-Jähriger aufblitzt. Gerade kommt der Musiker vom Surfen und Backpacking durch Costa Rica und Kolumbien zurück. Während viele den Popstar Bibiza für seine Extravaganz, exzessiven Partys und wilden Bühnenshows lieben, hat Franz auch ganz andere Seiten. Das Surfen ist ein ungewöhnliches Hobby für jemanden aus der Wiener Schickeria, der gehobenen Partygesellschaft Wiens, die auch in Bibizas Songs immer wieder Thema ist. Als Teenager lernte Franz das Surfen im Sommer in Irland und hat diese Leidenschaft seitdem beibehalten. In der Natur und beim Wellenreiten fndet er Ausgleich zum rastlosen Musikerleben. Keine Frage: Franz und Bibiza sind nicht immer derselbe, auch wenn sie sich die Hülle teilen.

Schattenseite des Exzesses

Bibizas erstes Album „Wiener Schickeria“ war ein Party-Album, inspiriert von langen Nächten und ausschweifenden Erlebnissen. „Ich bin gerne entlang von Grenzen unter wegs. Da kann man verlieren oder gewinnen. Da passiert was“, erklärt der Musiker sein häufg extremes Verhalten. Die Songs waren Ausdruck seines Lebensstils – wild, ungestüm und

On point

Kommt aus Wien; geboren am 9. April 1999; liebt Topfengolatschen von der Aïda; hätte gerne mal ein Feature mit Anthony Kiedis, dem Sänger der Red Hot Chili Peppers

voller Energie. Doch mittlerweile merkt er, dass dieses Tempo auf Dauer nicht durchzuhalten sein wird.

Bibizas zweites Album „bis einer weint“ ist die Antwort auf das erste und beschreibt die Schattenseite des Exzesses. Es ist wesentlich nachdenklicher und melancholischer ausgefallen und zeigt eine andere Facette des Musikers, eine, die sich mit den Konsequenzen des überbordenden Lebensstils auseinandersetzt und mit Liedern wie „Der Mann mit der Glatze“, sogar gesellschaftskritische Töne anschlägt. Dabei bleibt Bibiza trotzdem seinem Schmäh und den oft ironischen Texten treu. „Es ist für mich wichtig, dass Musik Spaß macht. Sonst würde ich den Job nicht machen.“

Zurück zum Anfang

Als Kind wollte Franz Hutmacher werden, so wie Mitglieder der Familie mütterlicherseits es waren. Doch der Vater, der mit Mitte fünfzig Gitarre spielen lernte, inspirierte ihn. Mit dreizehn Jahren grif auch Franz zur Gitarre. The Smashing Pumpkins, Foo Fighters, The Cure – genau dieser Sound schallte durchs Haus. Der junge Franz lernte schnell mit YouTubeTutorials und übertraf den Vater bald. Als ihm das nicht mehr reichte, begann er, selbst Rap-Beats zu produzieren. Er merkte jedoch bald, dass Rap nicht sein Ding ist; rockiger Pop fühlte sich dagegen richtig an. „Jetzt bin ich wieder bei meinen Wurzeln angekommen“, refektiert er seine Anfänge.

2024 erhielt Bibiza zwei Amadeus Austrian Music Awards (eine der wichtigsten Auszeichnungen für Musiker in Österreich; Anm.) für sein erstes Album. Eine große Freude für den jungen Künstler. „Meinen ersten ‚Ich bin ein Star‘-Moment hatte ich aber nach dem ersten Open Air in der Wiener Arena. Mit so vielen Leuten zu feiern, das war verrückt.“ Freude hin oder her – den Blick nach vorn hat er bewahrt. Motivation paart sich bei Bibiza mit viel Ehrgeiz. Auf Dauer, sagt er, sei das aber nicht gesund: „Ich möchte mehr den Moment genießen und mich nicht immer gleich ins nächste Abenteuer stürzen.“

Bibiza meets Franz Trotz des Erfolgs versucht Bibiza, bodenständig zu bleiben. „Ich bin hier in Wien verwurzelt. Mein Umfeld, meine Freunde und Familie geben mir Halt.“ Im ganzen Trubel ist Sport sein Ausgleich: Laufen oder Squash, Hauptsache Bewegung. „Sport ist eine super Therapie für alle, die nicht aus dem Bett kommen“, sagt er als einer, der es wissen muss. Die Balance zwischen Bibiza und Franz zu fnden, ist eine ständige Herausforderung. Doch es ist auch diese Dualität, die den Musiker als Künstler so einzigartig macht. „Ich brauche beide Seiten, um vollständig zu sein“, erklärt er. „Bibiza gibt mir die Möglichkeit, meine extrovertierte Seite auszuleben, während Franz mir die notwendige Ruhe und Refexion bringt.“

Diese Balance spiegelt sich auch in Bibizas Musik wider – einer Mischung aus energiegeladenen Beats und gleichermaßen frechen wie nachdenklichen Texten. Mit seiner Aussprache und Wortwahl wird der Musiker oft mit keinem Geringeren als der österreichischen AustropopLegende Falco verglichen. Ein Vergleich, der Bibiza manchmal ganz schön nervt –steckt darin doch auch die Erwartung, der zweite Falco sein zu müssen. „Meine Musik klingt teilweise ganz anders“, rechtfertigt er sich und weiß dann aber doch, dass der Vergleich mit Österreichs größtem Rockstar durchaus auch als Kompliment zu verstehen ist.

Instagram: @bibiza_official

Live: diesen Sommer auf Festivals wie dem Campus Festival Bielefeld (19. Juni) bibiza.at

Text Petra Sturma Foto Marko Mestrovic
„Ich bin gerne entlang von Grenzen unterwegs. Da passiert was.“
reflektiert seinen
stil auch gerne in seinen Songs.
Bibiza
wilden Lebens-

Willkommen im goldenen Zeitalter der Fitness: Dank immer vielfältigerer Angebote kann heute jede und jeder genau so trainieren, wie es zu ihm oder ihr passt. Die nächsten Seiten liefern inspirierende Storys und konkrete Tipps – nur loslegen musst du selbst!

Vorreiter einer neuen Bewegung Seite 26

Die Kraft des Teamgeists Seite 40

Besser trainieren dank KI Seite 50

Laufen ist Freiheit Seite 56

Hyrox trifft Zehnkampf Seite 66

Innovatives Gear für dich Seite 76

DAS FITNESS SPECIAL THIS! DO

Auf dem Sprung (von links): Lukas Müller, Imke Salander, Paula Enzweiler

DIE NEUE BEWEGUNG

Technikbegeistert, vielseitig, global vernetzt: Drei FitnessCreator der Stunde erklären ihren Kosmos –und wie jeder seinen Platz darin findet.

Text Pauline Krätzig Fotos Shamil Tanna Hair & Make-up Sophia Langenecker/Nina Klein
Styling Kira März
Bleibt am Ball: Creator Lukas Müller bei einer Bauchmuskelübung namens Russian Twist

Die Erste tritt in Kickbox-Manier in die Luft, die Zweite prellt einen pinken Gymnastikball, der Dritte atmet noch mal tief durch. Auf den ersten Blick könnten die Creator Paula Enzweiler, 25, Imke Salander, 31, und Lukas Müller, 23, als – sehr trainierte – Freizeitsportler durchgehen. Tatsächlich sind sie nicht weniger als Vorreiter einer neuen Fitnessbewegung – digital, weltoffen, innovativ. Allen dreien folgen hunderttausende Menschen in den sozialen Medien, Tendenz: stark steigend.

Immer einen

Schritt voraus:

Imke – hier beim

Dehnen – ist wie Lukas HybridSportlerin, übt also mehrere Fitness-Disziplinen aus, von Hyrox bis Triathlon.

Heute treffen sie in einer Sporthalle der Red Bull Akademie in Salzburg aufeinander. Es soll darum gehen, was Fitness im Jahr 2025 genau bedeutet – und wie jeder seinen Zugang finden kann.

In grauen Vorzeiten war Sport mal „Mord“ – Pflicht und Disziplin. In den 80er-Jahren wurde Fitness populär: Männer buildeten ihren Body im Gym, Frauen brachten ihn mit Aerobic in Shape. Die nachfolgende Generation formte Fitness zum Lifestyle, zählte Disziplinen wie Triathlon oder Klettern dazu –Leistungsdruck inklusive. Die Millennials ergänzten Trainingsformen wie Spinning und Bootcamps, erhöhten den Körperkult durch Instagram. Nun ist das nächste Level erreicht.

PAULA ENZWEILER

lebt in Berlin und zeigt ihrer Community, wie sie als Einsteigerin neue Sportarten ausprobiert.

›Beschleunigt durch das Ende der Pandemie 2023, wächst um uns herum ein Fitness-Kosmos mit neuen Koordinaten heran. Gemeinschaft spielt darin eine wichtigere Rolle denn je, zu beobachten etwa an den aus dem Boden schießenden Communitys, die sich nach Feierabend bei Hipster-Cafés treffen, um von dort ihre Lauf- und RennradRunden zu starten (Seite 40).

Auch eine neue Lust am Wettkampf erwacht, etwa in Form der Disziplin Hyrox, eines Fitness-Mehrkampfs mit Party-Faktor und erstaunlichen sportlichen Leistungen (Seite 66). Und wer keinen Personal Coach hat (oder will), der freut sich vielleicht darüber, dass Künstliche Intelligenz heute datenbasierte Trainingspläne schreiben und per Smartphonekamera die Rückenhaltung überprüfen kann (Seite 50)

Kurzum: Selten gab es einen besseren Zeitpunkt, mit Fitness anzufangen, als 2025. So vielfältig ist der neue Kosmos, dass jeder genau die Bausteine heraussuchen kann, die zu ihm passen. Auf welch verschiedene Arten das möglich ist, dafür sind Paula, Imke und Lukas die besten Beispiele.

grinst. Paula ist unfassbar nahbar und echt. Ihre Inhalte sind keine klassischen Trainingsanleitungen, sondern eine persönliche Reise. Wie eine Freundin nimmt sie ihre Follower mit auf dem Weg zu neuen Meilensteinen, durch Höhen und Tiefen. So wie sie es ursprünglich vorhatte.

DIE LOSLEGERIN

Paula macht Sportarten für viele zugänglich, indem sie diese selbst zum ersten Mal ausprobiert. Und weil sie ihrem SocialMedia­Feed nicht nur vermeintlich perfekte Momente und Posen füttert. Als die 24 ­ Jährige beim Shooting schwindelerregend viele Step­ups mit Knee Raises machen muss, verzieht sie keine Miene –zieht danach aber Grimassen in ihre Handkamera: „Voll anstrengend!“, füstert sie. In ihrer liebenswert verplanten und grundehrlichen Art vermittelt Paula: Hey, du wirst vielleicht erst mal keine Top­Figur machen, dafür macht das hier halt total viel Spaß.

„Jeder hat mal angefangen“, schreibt Paula ihren Followern. „Ihr seid damit nicht allein.“ Sie weiß: „Ich nehme den Leuten den Druck, krass performen zu müssen. Mir geht es null um Leistung. Ich will einfach loslegen.“ Und zwar in ihrem Tempo. Auch das Laufen geht Paula entspannt an. „Es braucht Mut, langsam zu sein. Sonst ist man schnell demotiviert. Außerdem sind langsame Läufe wichtig für die Grundausdauer“, sagt sie und

Als Paula Anfang 2024 ihr erstes Video auf Instagram postet, will sie nur ihren Freundeskreis bei einem Projekt buchstäblich auf dem Laufenden halten: „Ich bin Paula, und ich laufe im April meinen ersten Halbmarathon.“ Mittlerweile folgen über 304.000 Menschen auf Instagram ihren ersten Schritten im Läuferleben und anderen Sportarten wie zuletzt Skifahren, Aquajogging und Padel­Tennis. „Ich teste echt gerne für andere Sportarten!“ Gerade trainiert sie für ihren ersten Triathlon und hat dafür mit Schwimmen und Radfahren angefangen. „Davor konnte ich ganz okay brustschwimmen, das war’s. Ich habe dann ein paar Trainerstunden gebucht und kraulen geübt. Das war so geil, was Neues zu lernen. Du kannst, egal welches Alter, noch ein neues Hobby fnden.“

Als Neuling kennt Paula keine Hemmungen. In die Rennradwelt gurkte sie auf einem Damenrad mit MountainbikeHelm. „Als ich Fahrradmaus werden wollte, hab ich schnell gemerkt, dass es in dieser männerdominierten Rennrad­Bubble krass viele Regeln und Meinungen gibt. Vor allem Frauen schreckt das unnormal ab. Mir war das egal – auch wenn sich viele anfangs über meine Fehler aufgeregt haben.“ Paula schließt Klischee­Schubladen und öfnet vielen anderen dadurch Türen. „Es war richtig schön, dass mir so viele Frauen geschrieben haben, dass sie sich wegen mir in diese Bubble getraut haben. Ich habe gezeigt, dass es scheißegal ist, ob du ein teures Rennrad fährst

Ziel-Fahrt: Im Sommer möchte

Paula ihren ersten Triathlon schaffen. Zum Training gehören auch IndoorRad-Einheiten.

Knie-Fall: Lukas’ Fokus liegt auf Ausdauer, mit Übungen wie hier Knee-Raises gewinnt er die nötige Stabilität.

Alles für den Core: Funktionale Übungen wie dieser Overhead-Slam trainieren die Körpermitte.

Glücklich, wenn erschöpft: Imke liebt es, an ihre Grenzen zu gehen – am liebsten beim Training mit Profisportlern.

oder ein altes Rad aus dem Keller holst, ob du gemütlich oder hardcore schnell unterwegs bist. Es ist so ein geiles Gefühl, andere zu motivieren. Und mich motiviert, dass ich andere motiviere.“ You get what you give.

Dank ihrer Fans ist aus der Hobbyläuferin eine Fitness­Infuencerin geworden. In diesem Jahr plant Paula eine Social­Run­Tour durch verschiedene Städte in Deutschland. Eine von vielen guten Gelegenheiten und Gründen, sich ihr anzuschließen.

Instagram: @paula.enx

DIE ENTDECKERIN

Imke bescheinigt sich selbst einen extremen Bewegungsdrang. Müsste sie nicht. Es ist ofensichtlich. Sie kann kaum still sitzen, nicht mal still stehen. Als Creator startete die 31­ Jährige auf hohem Niveau: Sie war lange in der Leichtathletik, bevor sie Ausdauer mit Kraft kombinierte und 2019 Weltmeisterin im Hyrox wurde. Inzwischen entdeckt und testet sie ständig neue Trainingsmethoden und zeigt ihren 195.000 Followern, wie man multifunktional ft wird – egal auf welchem Level sie einsteigen.

Die Hybrid­Sportlerin ist extrem vielseitig. „Keine Woche sieht bei mir gleich aus. Ich plane mein Training von Tag zu Tag.“ Schon dieses noch junge Jahr hat Imke mit Abwechslung zugeballert: Anfang Januar hat sie mit einer Freundin die Idee, von Sonnenauf­ bis Sonnenuntergang durch Berlin zu joggen –#laufchallenge –, weil: warum nicht?

„Am Ende waren es 62 Kilometer. Das hat richtig Spaß gemacht.“ Nach einer Brick Session (Triathlon­Trainings­Blockeinheit)

aus dreimal achtzehn Kilometern Biken und drei Kilometern Laufen mit dem deutschen Ex­Triathleten Daniel Unger liegt sie platt, aber glücklich am Boden: „Loved and hated every second. So proud I did this!“ In Dubai schließt sie sich dem Lauftraining des australisch­britischen Mittelstrecken­ und Crossläufers Adam Fogg an – Caption: „So inspiring to experience an athlete at work (couldn’t fnish his session).“ Dass sie nicht immer mithalten kann, ist Imke egal. „Ich liebe es einfach, mit Prof­Athleten zu trainieren. Wenn ich lerne, dann doch gleich von den Besten. Deswegen schaue ich auch gerne im Athletes Performance Center von Red Bull vorbei, da zeigen Athleten immer interessante Übungen.“ Nach denen hält Imke sowieso ständig Ausschau. Um daraus immer wieder neue Zirkeltrainingseinheiten zusammenzustellen. „Wenn irgendetwas fancy aussieht, will ich das unbedingt ausprobieren!“ Oder sie lässt sich selbst etwas Außergewöhnliches einfallen. Mal rennt sie „nur so“ die Motor­

„Ich liebe es einfach, mit Profi-Athleten zu trainieren. Wenn ich lernen kann, dann doch gleich von den Besten.“

IMKE SALANDER

lebt in Berlin und versorgt ihre Follower mit immer neuen Trainingsmethoden für jedes Level.

sport­Rennstrecke im niederländischen Zandvoort ab, als sie für einen Job vor Ort ist („Ich kann bestätigen: Es ist windig und kurvig“), mal konzipiert sie ein „Workout auf Rädern“ mit einem Skateboard, weil das eben gerade rumliegt.

„Ohne Sport wäre ich sicher ein anderer Mensch. Wahrscheinlich wäre meine Zündschnur viel kürzer. Bewegung hilft mir, meine Energie zu channeln und Emotionen zu verarbeiten“, sagt Imke. Sport ist ein gutes Ventil für Stress, Wut oder Trauer. Es gibt nicht nur ein Runner’s High. „Meine Mutter ist gestorben, als ich sechzehn war. Sport hat mich danach ein Stück weit gerettet. Weil er mir, als alles außer Kontrolle war, ein bisschen Sicherheit zurückgegeben hat. Er war meine kleine Flucht.“ Ein Kontrollfreak ist sie nicht geworden. „Ich bin sehr ehrgeizig, aber nicht verbissen. Wahrscheinlich ist es das, was man von mir lernen kann. Klar geht es mir auch darum, Leistung abzurufen und mich zu steigern. Aber nur im Rahmen, dass es noch Spaß macht.“ Schließlich kennt Imke auch das Extrem: „Mein Vater war Prof­Leichtathlet. Ich weiß, wie sich ein Leistungssportler zu ernähren, zu recovern und zu leben hat. Ich könnte kein Prof sein. Dazu esse ich auch viel zu gerne Süßigkeiten.“

Instagram: @imkesalander

HACK DICH FIT

Von Cobra Flow bis Massagestiefel: Hier verraten Paula, Imke und Lukas kleine Tipps mit großer Wirkung.

WELCHER SONG ZÜNDET BEI DIR IM TRAINING DEN TURBO?

IMKE SALANDER

PAULA ENZWEILER

„The Spark“ von Kabin Crew. Der Song ist schon ein Running Gag in meiner Community.

On hold: Was wäre ein Training ohne Pausen?

Zur Erholung, klar, vor allem aber auch zum Austausch.

PAULA

Der Blick in den Trainingsplan. Drumherum organisiere ich dann meinen Tag.

Gar keine Musik. Meine Gedanken pushen mich am meisten.

DER WICHTIGSTE TEIL DEINER MORGEN-ROUTINE?

IMKE

Eine Übung, die das zentrale Nervensystem aktiviert: auf den Boden setzen, Beine vorstrecken, Hände hinter den Kopf, Kinn Richtung Oberschenkel strecken, leicht nachdrücken.

LUKAS MÜLLER

Viele, aber wenn ich mir einen aussuchen müsste, dann „Remember the Name“ von Fort Minor.

LUKAS

Stretching. Zum Beispiel Deep Lunge

Stretch, Child’s Pose to Cobra Flow, Pidgeon Stretch, Heel Sit.

DU DARFST DREI WOCHEN LANG NUR EINE FITNESS ÜBUNG MACHEN. WELCHE WÄHLST DU?

PAULA Squats. Super Übung: Du spannst alles so ein bisschen an, und es macht Spaß.

IMKE

Burpees. Ausdauer, Kraft, Brust, Unterkörper, Core, alles mit drin. So tausend am Tag, in Hunderterschritten verteilt, mit der Zeit steigern.

LUKAS

Push-ups. Die trainieren Brust-, Schulter-, Arm- und Rumpfmuskulatur. Außerdem Koordination, Beweglichkeit, Kraftausdauer und Gleichgewicht.

WIE MOTIVIERST DU DICH AN NULL-BOCKTAGEN ZUM TRAINING?

PAULA

Genereller Tipp: für einen Wettkampf anmelden, ein Ziel motiviert immer.

PAULA

Zyklusbasiert trainieren. Viele beachten das nicht, und das ist so ätzend für den Körper.

PAULA Mit Honigwaffeln. Schokolade geht auch immer!

IMKE SALANDER

Wie Zähneputzen behandeln. Nicht drüber nachdenken und einfach machen.

EINE KLEINE ÄNDERUNG, DIE GROSSE AUSWIRKUNG HATTE?

IMKE

Als Läufer Krafttraining integrieren! Seither habe ich fast keine Verletzungen mehr.

WIE STÄRKST DU DICH ZWISCHENDURCH FÜRS WORKOUT?

IMKE

Mit Maiswaffeln mit Hüttenkäse und Honig.

LUKAS

Mit einem Deal: Wenn das Laufen nach fünf Minuten keinen Bock macht, darf ich nach Hause. Meistens macht es dann doch Spaß, und ich zieh es durch.

LUKAS

Spazieren gehen! Dabei kommen mir die besten Ideen – etwa für Content.

LUKAS

Mit Haferflocken, Milch, Proteinpulver, Banane, Apfel oder Obst of choice, dann Honig. Und ein Red Bull dazu. Das gibt dir Power fürs Training.

DEIN HACK FÜR SCHNELLE ERHOLUNG NACH EINER ANSTRENGENDEN EINHEIT?

PAULA Dehnen. Und viel schlafen.

PAULA Schlafmaske.

IMKE

Auf jeden Fall ein Eisbad.

DEIN TIPP FÜR ERHOLSAMEN SCHLAF?

IMKE

Schlafmaske und vor dem Schlafengehen trinken. Man schwitzt nachts, und der Körper braucht Wasser, um zu regenerieren. Ein Glas reicht.

LUKAS Massagestiefel, voll geil.

LUKAS

Vier Stunden vorher nicht mehr trainieren, drei Stunden vorher nicht mehr essen. Ach, und: acht Stunden Schlaf. Für mich non-negotiable.

„Nach dem Marathon habe ich mich zum ersten Mal wie jemand gefühlt. Ich war wirklich stolz auf mich.“

LUKAS MÜLLER

lebt in Neuburg an der Donau nahe Ingolstadt und zeigt seiner Community, wie er die eigenen Grenzen verschiebt.

DER HIGH PERFORMER

Lukas kombiniert Fitness auf extrem hohem Niveau mit Mindset, Motivation und visuellem Storytelling. Sein Mix aus respekteinfößenden Trainings- und Ernährungsplänen und starken Botschaften trift einen Nerv, nicht nur bei seinen 222.000 Followern. Die neue FitnessBewegung will nicht nur körperlich ft sein, sie will auch mental gesund bleiben. Körperideale treten hinter Selbstakzeptanz, Achtsamkeit, Wohlbefnden und persönliche Weiterentwicklung. RecoveryTage, Rest Days und Mental Health gehören fest dazu.

Am Set steht der 23-Jährige immer etwas abseits – meistens mit einem entspannten Lächeln im Gesicht. Er ist ein ruhiger Typ, aber was er sagt, hat Tiefe, oft angereichert mit Selbstironie. „Ich bin weniger: Lass zusammen machen. Ich bin mehr: Ich mache das, lass dich inspirieren.“ Lukas will Menschen weltweit inspirieren und motivieren, ihr bestes Selbst zu werden, ihr volles Potenzial auszuschöpfen. Genau wie er es tut. „Ich habe von Anfang an gesagt, ich will wie ein Prof trainieren.“ Gerade bereitet Lukas sich auf seinen ersten Ironman vor: Er steht um fünf Uhr morgens im Dunkeln auf, macht sich erst mal mit einem Eisbad (!) auf der Terrasse seiner Wohnung frisch („Im Winter musst du halt das Eis einschlagen“) und tankt dann „Fuel“ wie Erdnussbutter und Bananentoasts, dazu ein Red Bull, um sich für die erste Trainingseinheit um 5.45 Uhr zu

stärken. In einer Trainingswoche frisst er die Kilometer beim Laufen, Schwimmen und Biken nur so. Dazwischen Core-Training, Upper-Body-Workout, Leg Strength und Stretching, tellergroße Steaks mit Bratkartofeln oder Huhn mit Reis und Brokkoli („Das Gericht ist zeitefzient: schnell gemacht, und du musst nicht so viel abwaschen“) und ab und zu mal ein „Treat“ wie einen Krapfen. Seine Performance behält Lukas dabei ständig im Blick – auf Smartwatch, Radcomputer, Laptop –, das Training wird nonstop optimiert. „Ich habe erst letztes Jahr mit dem Schwimmen angefangen. Seitdem gehe ich drei, vier Mal in der Woche trainieren und lese fast nur noch über Schwimmtechnik.“ Lesen von halb neun bis neun. Dann ist Schlafenszeit.

Diese Routine zieht Lukas straight durch und spornt mit seiner Entschlossenheit andere zu Höchstleistungen an. „Ich gehe viel darauf ein, wie ich das alles erreiche. Aufs Mindset.“ Lukas hat viele Bücher über psychische Stärke gewälzt, auch, um mentale Trainingstiefs abzufangen. Sein Körper spricht für sich, buchstäblich: „Your Mind Is Your Only Limit“ steht auf seinem rechten Oberschenkel. „Live a Life You Will Remember“ (vom verstorbenen schwedischen DJ Avicii) auf dem rechten Oberarm.

„Als Kind hab ich Leichtathletik gemacht, Turmspringen, sieben Jahre lang Basketball. Dann kam die Pubertät. Ich wusste nicht, wer ich bin und was ich wollte. Statt zum Sport bin ich feiern gegangen, hab übel zugenommen, war schlecht in der Schule, nur noch Klassenclown, hatte keinen Respekt. So ein richtiger Arsch einfach“, erzählt er. Dann kam Corona. Im ersten Lockdown hockt und zockt Lukas nur zu Hause. „Im zweiten hab ich mich so unwohl in meinem Körper gefühlt, war so down deswegen. Also bin ich raus zum Laufen, habe im Waschkeller eine Matte hingelegt und eine Klimmzugstange montiert und jeden Tag trainiert.“ Fünf Monate später läuft er seinen ersten Marathon, in 3:30 Stunden. „Zum ersten Mal habe ich mich wie jemand gefühlt. Ich war wirklich stolz auf mich.“

Instagram: @lukasmuelr

Lukas: Tanktop und Shorts von Represent, Uhr von Garmin, Socken von Falke, Sneakers von Hoka. Imke: Outfit und Sneakers von Under Armour, Ringe privat. Paula: Outfit und Sneakers von ON.

Du schaffst das: In den Inhalten von Lukas geht es oft um das richtige Mindset. Mit dem will er bald seinen ersten Ironman absolvieren.

WILLKOMMEN IM KLUB

Zwei Welten treffen aufeinander: hier Fußball-Profi Yussuf Poulsen, seit zwölf Jahren bei RB Leipzig, dort Richard Colmsee, Gründer einer Fitness-Community in München. Was sie verbindet: der Glaube an die Kraft des Teamgeists. Ein Gespräch.

Interview Matthias Kirsch Fotos Urban Zintel

Lange dabei: Schon 2013 wechselte Yussuf (re.) nach Leipzig, zwei Jahre später gründete Richard (li.) die Fitness-Community „Eisbachfit“.

Doppelpass: Im „Laufschlauch“ im Leipziger Trainingszentrum werfen sich Richard (stehend) und Yussuf den Medizinball zu.

Yussuf Poulsen und Richard Colmsee verstehen sich sofort. Sportler eben, junge Familienväter auch, das klickt. Es ist ein verregneter Februarnachmittag in Leipzig, am Vorabend haben die Roten Bullen im DFB-Pokal Wolfsburg geschlagen. Nun steht ein Training an – und ein Gespräch: Poulsen und Colmsee wollen über Vereinskultur sprechen, über den Zusammenhalt von Mannschaften und darüber, warum auch Einzelsportler von einer Gemeinschaft proftieren. Während Yussuf Poulsen seit über 25 Jahren Teil von klassischen Fußballvereinen ist, lebt Richard Colmsee in der neuen Welt der SportCommunitys. In München hat er die Fitness-Community „Eisbachft“ gegründet, in der sich hunderte Menschen an öfentlichen Plätzen zum Sport trefen. Ein Traditionalist trift den Disrupter. Doch am überraschendsten wird sein, wie einig sich die beiden sind.

the red bulletin: Lasst uns am Beginn eurer Vereinskarrieren anfangen. Yussuf, was war dein erster Verein? yussuf poulsen: Das war der BK Skjold in Kopenhagen, der wahrscheinlich größte Jugendfußballklub in ganz Dänemark! Da gab es unzählige Mannschaften in den Altersgruppen von 5 bis 15 Jahren. Später war ich dann zusammen mit meinen Freunden Balljunge bei der ersten Mannschaft – das werde ich nie vergessen.

In bester Form: Richard (links) und Yussuf trainieren täglich ihre Fitness, der eine mit seiner Community, der andere für die Bundesliga.

Richard, hast du auch Fußball im Verein gespielt?

richard colmsee: Bei mir kam Tennis zuerst. Mein erster Club war der BSC Nordoe in Norddeutschland. Das war ein totaler Dorfverein. Wir hatten nicht mal Ascheplätze mit rotem Sand, sondern haben auf Kunstrasenfeldern gespielt. Wenn die Gegner aus den reicheren Klubs kamen, die immer auf rotem Sand spielten, mussten die sich erst an unseren Platz gewöhnen. Bis die gemerkt haben, wie man bei uns spielt, hatten wir bereits gewonnen! Wir hatten eine richtig gute Heimbilanz.

Wann habt ihr gemerkt, dass so ein Verein ein besonderer Ort sein kann?

richard: Obwohl wir auf niedrigem Niveau gespielt haben, waren immer Zuschauer da. Das waren dann die 80-jährigen Opas aus der Altherrenmannschaft, die uns angefeuert haben. Das hat mich und meine Freunde damals sehr beeindruckt. Und das hat abgefärbt, weil wir dann wiederum die anderen auch unterstützt haben.

yussuf: Beim BK Skjold fanden gefühlt immer zehn Spiele gleichzeitig statt, wir konnten also nicht immer alle anderen anfeuern. Aber diese Vereinskultur wurde uns da sehr mitgegeben. Als Balljungen wurden wir dann mit Pizza oder Pommes belohnt, das hat uns motiviert! Ich habe in meiner Karriere bei nur drei Vereinen gespielt,

zwischen meinem Kindheitsklub und RB Leipzig noch bei Lyngby BK. Und alle drei fühlen sich an wie eine große Familie.

Du warst 19, als du nach Leipzig gekommen bist. Der Verein spielte damals in der 3. Liga. Wie wurdest du aufgenommen?

yussuf: Das Durchschnittsalter der Mannschaft lag damals bei 27 oder 28 Jahren. Da war ich als 19-Jähriger eine große Ausnahme. Und das ganze Team bestand aus Deutschen, Österreichern oder Schweizern. Ich habe so ganz schnell Deutsch gelernt! Ich wurde vom ersten Tag an aufgenommen, als wäre ich schon ewig dabei. Das hat mir mit der Integration in die Mannschaft und in die Stadt enorm geholfen.

Lasst uns gleich bei dem Stichwort „Integration“ bleiben. Habt ihr die Vereine, in denen ihr über die Jahre Mitglied wart, als Orte erlebt, in denen jeder willkommen war?

richard: Das Thema Integration hat –im positiven Sinne – nie eine Rolle gespielt. Ob jemand eine andere Hautfarbe hatte oder aus einem anderen Land kam, war uns als Kinder und Jugendliche völlig egal. Viel wichtiger war ja: Spielt der den Pass so, dass er ankommt? Oder ballert

Zusammen

stärker: Sowohl

Yussuf (oben) als auch Richard ziehen aus ihren Teams viel von ihrer täglichen Motivation.

der den Ball wieder über das Fangnetz? Das waren die Sorgen, die ich früher auf dem Platz hatte – nicht, wie jemand aussieht oder spricht.

yussuf: Auf dem Platz sprechen alle dieselbe Sprache, und diese Sprache ist der Sport. Als ich zwölf Jahre alt war, kam ein Bekannter von mir in unser Team. Er war gerade mit seiner Familie aus Nigeria nach Kopenhagen gekommen, er sprach kein Wort Dänisch und wir alle kein Wort Englisch! Er hat sofort mitgespielt und wurde aufgenommen wie alle anderen auch. Für seine Integration in Dänemark war der Fußball sicher ein wichtiger Faktor. Heute ist er übrigens Unternehmensberater.

Richard, du hast die Community Eisbachft gegründet. Fitness ist eher ein Einzelsport. Warum trainieren Menschen bei euch lieber in Gesellschaft?

richard: Das Entscheidende ist die Motivation. Wir trainieren sehr früh am Morgen und oft draußen. Wenn es kalt ist oder das Wetter schlecht, dann würde ich mich lieber noch mal im Bett umdrehen. Aber ich weiß genau: Die anderen kommen auch, und die will ich nicht hängen lassen! Zu Beginn von Eisbachft wusste ich, von den anderen Jungs kriege ich richtig viel Shit, wenn ich nicht auftauche. Diese Motivation – oder positive Erpressung – ist ein riesiger Faktor, warum unsere Community so gut funktioniert. yussuf: Wenn ich nicht zum Training auftauche, kriege ich eine Strafe. Das motiviert auch! (Lacht.) Aber im Ernst, es hilft mir natürlich auch, wenn ich weiß: Gestern war die ganze Mannschaft beim Training richtig motiviert. Auch heute wollen wir wieder gemeinsam Gas geben. Das macht das Aufstehen defnitiv leichter.

Die Schuhe sind geschnürt, die Trainingsklamotten sitzen. Poulsen und Colmsee laufen die Treppe hinab ins Untergeschoss – ihr Ziel: ein länglicher Raum mit Indoor-Running-Strecke und Kraftgeräten. In Leipzig nennen sie ihn den „Laufschlauch“. Auf dem Weg passieren sie den Trophäenschrank, die zwei DFB-Pokale stehen im Zentrum. Poulsen

klatscht zwei Jugendspieler ab. Im Laufschlauch wird geschwitzt – für den Aufbau nach Verletzungen, für die entscheidenden Prozente Kraft. Poulsen und Colmsee steuern auf die Medizinbälle zu. An der Wand prangt ein Grafto eines roten Bullen, daneben die Worte: „Every drop of sweat in here leads to greatness out there.“

Läufer kommen in das Runner’s High, andere Sportler in einen Flow State. Kann ein Team auch in einen gemeinsamen positiven Rausch verfallen? yussuf: Auf jeden Fall. Wie ist es sonst möglich, dass im Fußball manchmal ein Team, das körperlich, technisch und viel-

leicht sogar mental schwächer zu sein scheint als der Gegner, trotzdem ein Spiel gewinnt? Weil bei dieser Mannschaft plötzlich alles funktioniert. So kann man sich dann in einen positiven Rausch spielen. richard: Im US-Sport wird ja oft von „Momentum“ gesprochen. Das ist ein guter Begrif, fnde ich. Es kann im Teamsport 45 Minuten alles schiefgehen, und dann reißt plötzlich eine Aktion, eine Grätsche oder ein Solo, alles raus. Oder ein Anführer schreit nach einer Defensivaktion einmal den ganzen Frust raus. yussuf: Dann merkst du auch an den Teamkollegen, wie alle wieder heiß sind. Dann wirst du auch selbst heiß! Bei uns ist unter anderem unser Kapitän Willi Orbán so ein Kandidat. Plötzlich kommt er in der Verteidigung etwa an einen Ball, der schon fast im Tor war, und so was spornt uns dann alle an.

„Wenn sich ein Team in einen positiven Rausch spielt, kann es sogar den stärksten Gegner schlagen.“

yussuf poulsen

Sympathische Ikone: Mit 19 kam der Däne Poulsen 2013 nach Leipzig, heute zählt er zu den absoluten Lieblingen der Fankurve.

Ein Verein kann nach ein paar Niederlagen in Folge in einer Krise stecken, ein einzelner Sportler aber auch. Hilft es dann, nicht allein zu sein?

richard: Auf jeden Fall. Als die CoronaPandemie begann, konnte unsere Community nicht mehr miteinander trainieren. Das hat mich sehr runtergezogen, weil ein Training im Wohnzimmer einfach kein Ersatz war. Irgendwann sind mein Geschäftspartner und ich in unsere Garage gegangen und haben von dort unsere Workouts gestreamt. Plötzlich wählten sich hunderte Leute in unsere Zoom-Räume ein, ich musste seitenweise scrollen, um alle zu sehen. Das hat so gutgetan! Nur so bin ich durch diese Krise gekommen, und als Community hat uns diese Zeit extrem zusammengeschweißt. yussuf: Es gab immer wieder Situationen in meinen zwölf Jahren bei RB, in denen wir als Team zusammenrücken mussten. Da kommt es dann auch auf die erfahrenen Spieler in der Mannschaft an. Dann gilt es, die Unsicherheit aus den Köpfen zu kriegen. Da helfen persönliche Gespräche, da helfen Teamabende.

richard: Helft ihr euch gegenseitig raus? yussuf: Wenn jeder von deinen Mitspielern dir ein kleines Stück Unsicherheit nimmt, dann ist dein Kopf schnell wieder klar. Und Krisen haben auch ein extremes Potenzial, eine Mannschaft zu formen.

Diese Erfahrung hast du 2021 bei der EURO auf schlimmstmögliche Art gemacht, Yussuf. Als dein Teamkollege Christian Eriksen im Vorrundenspiel einen Herzstillstand hatte.

yussuf: Das war die größte Krise meines Sportlerlebens. Wir sind bei der Europameisterschaft, eigentlich ja ein absolutes Highlight für alle, und plötzlich ist einer unserer besten Kumpels auf dem Platz fast gestorben. In dem Moment sind wir als Mannschaft auf eine Art zusammengewachsen, wie es nur in Ausnahmefällen für ein Team möglich ist. Am nächsten Tag kam er zu unserem Training, hat uns zugeschaut. Zu sehen: „Er ist da!“, das hat uns so viel Kraft gegeben. Danach sind wir bis ins Halbfnale der EM gekommen, zum erst zweiten Mal in der dänischen Fußballgeschichte.

FINDE DEIN TEAM

Ob schneller laufen, verrückte

Radrennen fahren oder sich europaweit vernetzen: Für jedes

Ziel gibt es eine passende Community. Sechs Beispiele.

1

3

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2 FEMALE CYCLING FORCE

Seit 2021 ist die Female Cycling Force aus München eine Gemeinschaft von Frauen, die sich gegenseitig auf ihrer Rennrad­Journey unterstützt. In der Saison bietet die FCF wöchentliche Fahrten auf unterschiedlichen Levels an. Außerdem: gemeinsame Reisen nach Mallorca, Südtirol oder innerhalb Deutschlands. femalecyclingforce.com

3 RABET CALISTHENICS

RUNNING CREW MS

Bestzeiten? Ändern sich wöchentlich. Denn seit 2019 schnüren sich die Läufer der Running Crew die Sportschuhe nicht nur, um auf der Sentruper Höhe in Münster zu trainieren, sondern um zu wachsen. Motto: „Wir wollen nicht nur rennen, sondern auch vorankommen.“ Bei aller Freude an Leistung sind die Frauen und Männer keine elitäre

Hochleistungstruppe – es geht genauso um Gemeinschaft und Spaß. davidschoenherr.de

Am Anfang war der Bewegungsdrang. Und die Überzeugung, dass die Essenz des Sports draußen liegt. Seit 2020 trainieren drei Athleten mit vielen weiteren Begeisterten etwa in der Free Fit Area von RB Leipzig. Beim Krafttraining mit eigenem Körpergewicht geht es um Power, Achtsamkeit und Miteinander. Hier gilt: Die Fortgeschrittenen helfen den neu Hinzukommenden. rabet-calisthenics.de

4 EISBACHFIT

Vor Sonnenaufgang schwitzen sie schon, die Eisbachfit-Athleten. Alles fing privat an: Freunde, die gemeinsam fit werden wollten. Aus der Gang ist eine Münchner Institution geworden. Fünfmal die Woche trainieren bis zu 80 HobbyAthleten am Englischen Garten. Immer High Intensity, immer zusammen. eisbachfit.com

5 RAD RACE

„Wir wollen das Wacken des Rennradfahrens werden“, meinte Rad Race-Gründer Ingo Engelhardt. Ob es bei Events wie „96 Hours“ darum geht, die eigenen Grenzen zu testen, oder ob man als Team beim „One Twenty“Wochenende auf Zeit Berge bezwingt: Der Wahnsinn trägt hier Trikot. rad-race.com

Aufgeweckter Typ: Mit Eisbachfit trainiert

Richard regelmäßig schon um 5.30 Uhr morgens.

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6 SALTY SPORTS CLUB

Köln, Zürich, München, Wien, Hamburg, Madrid – im Salty Sports Club geht es um Kilometer, um die eigenen Grenzen. Aber die Social Runs sind vor allem auch ein Gemeinschaftserlebnis. Seit 2024 ist das Motto „Run your town“. Übersetzt: Bring dich und deine Community ein Stück weiter. saltysportsclub.com

Haltung bewahren: Nach dem KarriereEnde möchte sich Yussuf (li.) einer Fitness-Community anschließen.

„Zu wissen, die anderen kommen auch, hilft beim Aufstehen, wenn man morgens um 5.30 Uhr trainiert.“
richard colmsee

In solchen Fällen hilft das Umfeld. Im Verein gibt es ja neben dem Team Greenkeeper, Masseurinnen, Coaches. Wie wird aus vielen Einzelnen ein Verein?

yussuf: Du brauchst gute, charakterstarke Leute, die hungrig nach Erfolg sind. Das ist einfach so. Mit dem Erfolg und auf dem Weg dorthin kommt die gute Atmosphäre. Aber damit man überhaupt erfolgreich wird, müssen alle an einem Strang ziehen und für ein großes Ziel kämpfen. Als ich mit 19 Jahren zum damaligen Drittligisten RB Leipzig gewechselt bin, wurde mir gesagt: Wir wollen, dass du nach Leipzig kommst, denn wir wollen in die Champions League. richard: Das ist eigentlich total crazy. yussuf: Ja. Und es hat ja vor allem auch geklappt! Aber wenn dir der Boss des Vereins sagt: Das ist unser Ziel. Und du siehst, wie jeder jeden Tag alles dafür tut und es 100 Prozent ernst meint, dann ziehst du mit. Deswegen ist das gemeinsame Ziel so wichtig.

Mit gemeinsamen Zielen und Erfolgen entsteht eine Vereinshistorie. Fast jeder Verein hat bestimmte Regeln und Traditionen. Gehört das für dich zum Vereinsleben hinzu? yussuf: Regeln und Traditionen gehören zu jeder Gemeinschaft oder Community dazu. Egal ob es der Verein ist oder die Familie. Aber Traditionen müssen sich auch weiterentwickeln. Meine Frau und ich haben zum Beispiel die Weihnachtstradition, die in meiner Familie herrschte, mit unseren eigenen Kindern weiterentwickelt. Und bei RB Leipzig ist das auch so. Zugänge und neue Staf­Mitglieder müssen etwa am Anfang der Saison vor der ganzen Mannschaft ein Lied singen.

digitales Vereinsheim aufzubauen.

Richard, wie ist das bei euch?

richard: Über die Jahre hat sich in unserer Community neben dem gemeinsamen Training ein sozialer Aspekt entwickelt. Wir trefen uns auch mal ohne Trainingsgeräte. Eine ganz besondere Tradition sind Eisbachft­Hochzeiten oder Eisbachft­Babys! Wenn sich zwei Menschen bei uns kennengelernt haben, dann gibt es einen Eisbachft­Babystrampler. Das ist eine schöne Sache!

Yussuf, warst du mal Mitglied in einem Verein oder einer Community, die nichts mit Fußball zu tun hatte?

yussuf: In einem Verein zwar nicht. Aber über meine Kinder bin ich dennoch Teil von neuen Communitys geworden. Mein Sohn spielt jetzt ja auch Fußball. Und ich lerne ganz viele andere Eltern kennen, in der Kita oder beim Kindergeburtstag am Wochenende. Das ist ja irgendwie auch eine Gemeinschaft mit gemeinsamen Erfahrungen und Erlebnissen. Ein ganz neuer Abschnitt!

richard: Mein Sohn ist noch klein, aber jetzt schon habe ich Spaziergeh­Freunde! Mit den eigenen Kindern kommt man wirklich noch mal in neue Communitys.

Richard, was unterscheidet Communitys von traditionellen Sportvereinen? richard: Bei uns herrschen weniger Zwänge. Es gibt keinen Mitgliedsbeitrag,

man kann sich fexibel für Kurse anmelden, es gibt keine fxen Trainingstage. Insofern passen wir in eine Gesellschaft, die immer individualisierter wird, unsere Einstiegshürde ist sehr niedrig. Ich erlebe häufg, dass Menschen, die neu in der Stadt sind, zu uns kommen, um Gleichgesinnte kennenzulernen. Gleichzeitig haben Vereine mit ihren Vereinsheimen oder ihrem Stadion Aspekte, die ansprechend sind. Ein digitales Vereinsheim haben wir nicht, könnte aber noch entstehen. Wir müssen für ein Angebot sorgen, was mit jenem von Vereinen mithalten kann.

Yussuf, könntest du dir vorstellen, nach deiner Fußballkarriere mal Teil einer Community wie jener von Richard zu werden?

yussuf: Auf jeden Fall. Ich bin ein Mensch, der Vereinsgemeinschaften braucht. Ich bin jetzt 30 Jahre alt, ich habe viel Zeit in Fußballklubs verbracht und weiß: Die engste Gemeinschaft im Fußball ist die Kabine. Ich kenne einige Fußballprofs, die schon aufgehört haben. Manchmal frage ich die, was sie seitdem am meisten vermissen. Die Antwort ist immer: nicht so sehr den Platz, sondern die Kabine. Die Gemeinschaft.

Neue Ziele: Richard (li.) spielt mit dem Gedanken, ein

COACH KI IST BEREIT FÜR DICH

Sie optimiert deinen Laufstil, spürt, wenn du Erholung brauchst, und trifft genau deinen Ton: Wie dir Künstliche Intelligenz helfen kann, dich selbst zu übertreffen.

Text Tobias Moorstedt

Illustrationen Carl Cozier (Holy Moly)

Vorwärts in die Zukunft: Über Kameras und Sensoren wertet KI unsere Leistung aus – und leitet daraus präzise Tipps ab.

Pixel-Athleten:

Bald steht uns der digitale Coach gegenüber - zum Beispiel als Hologramm.

Wer ins texanische Fitnessstudio „Lumin Fitness“ geht, fühlt sich wie ein Astronaut, der auf einer langen Marsmission gegen den Muskelschwund antrainiert. Im türkis-lila Dämmerneonlicht macht man Burpees oder Squats und blickt auf einen 30 Quadratmeter großen Bildschirm, auf dem animierte Pixel-Athleten die nächsten Übungen vorturnen. Die Anweisungen kommen nicht von einem menschlichen Trainer, sondern direkt ins Ohr, gefüstert von einer Künstlichen Intelligenz. Kein Motivationsgeschrei, keine müden Sprüche, nur ein kühler, algorithmisch optimierter Befehlston. Jeder korrekt ausgeführte Burpee wird mit einem Lichtblitz belohnt. Weiter. Nicht nachlassen. Die Zukunft wartet.

Das Start-up Lumin Fitness betreibt mehrere Studios in Texas und verspricht eine „personalisierte und gamifzierte Fitness-Erfahrung“, wie CEO und CoFounder Brandon Bean sagt. Wenn die Mitglieder eine Cardio- oder Cycling-Session buchen, sind sie wenige Meter voneinander entfernt – und doch in ihrem ganz eigenen Space. Die KI berechnet für jeden Teilnehmer die optimale Anzahl an Wiederholungen, überwacht mittels Kameras und Sensoren die Bewegungsqualität und gibt Korrekturen durch: „Rücken gerade“. Natürlich kann man seinen eigenen Soundtrack auswählen und auch zwischen vier Trainer-Personas – vom strengen Drill Sergeant Rex bis zur gut

gelaunten Cheerleaderin Chloe. Auf dem Bildschirm sieht man ferne Galaxien und eine Marslandschaft in leuchtenden Farben. Das Ganze sieht aus wie die Panoramaterrasse einer Raumstation. Nur die lästige Schwerkraft ist immer noch da.

Fitness- und Health-Apps werben seit Jahren mit Begrifen wie „Smart Coach“ oder „personalisierter Trainingsplan“. Doch die meisten Programme funktionieren bislang eher wie Empfehlungsalgorithmen aus dem Online-Shopping: Diese Übungen könnten Ihnen gefallen oder passen zu Ihrem demografschen Profl und Leistungsstand.

Doch die rasanten Fortschritte in Echtzeit-Bilderkennung, generativer KI und natürlicher Sprachverarbeitung rücken den KI-Coach, der diesen Titel auch wirklich verdient, in greifbare Nähe. Und das nicht nur für Hightech-Fitnessstudios wie Lumin, sondern auch für einzelne Sportlerinnen und Sportler im heimischen Wohnzimmer oder Stadtpark. Peloton etwa bietet mit dem Peloton Guide ein System, das Übungen per Kamera aufnimmt und in Echtzeit Feedback gibt. Google kündigte KI-gestützte personalisierte Fitness- und Gesundheitsberatung für seine Fitbit-Produktlinie an. Laut Marktanalysen könnte der KI-Fitnessmarkt bis 2030 auf knapp 35 Milliarden Dollar wachsen. Doch wie nah sind wir dieser Zukunft? Welche Firma trainiert den Super-Trainer? Wie wird diese die Art verändern, wie wir trainieren, schwitzen, Fortschritte messen? Und was müssen wir über diese neue Welt wissen – außer, dass der Rücken gerade bleiben muss?

VOM TRAINER ZUM CODER

Confdence Udegbue hat den perfekten Lebenslauf, um einen KI-Coach zu entwickeln. Der 29-jährige Amerikaner ist Vice President Product der FitnessApp Freeletics, hat Elektro- und Computertechnik studiert und früher als Fitnesstrainer gearbeitet. Die breiten Schultern, der große Bizeps und seine mitreißende Art verraten: Er weiß, wovon er spricht.

„Im Gym sehe ich sofort, wenn einer meiner Schüler einen Fehler macht“, sagt Udegbue. „Aber es ist schwierig, dieses Know-how zu skalieren.“ Dieses Problem versucht Freeletics mit KI zu lösen. Seit 2019 arbeitet die App mit einem Predictive Algorithm, der basierend auf demografschen Daten und dem selbst eingeschätzten Fitnesszustand Workouts vorschlägt. Ein 39-jähriger Mann, der seit zwei Jahren trainiert und in der App auf Level 63 geführt wird, erhält andere Pläne als eine 25-jährige Anfängerin. 2024 stellte Freeletics das neue Feature Coach+ vor – einen KI-gestützten Chatbot auf Basis der OpenAI-Technologie, der zusätzlich mit den Freeletics Manuals und anonymisierten Daten von über 59 Millionen User Journeys trainiert wurde. Nutzer können dem virtuellen Coach Fragen stellen wie „Wie baue ich Muskelmasse auf?“ oder „Ich fühle mich schlapp – wie kann ich mich motivieren?“

Jetzt folgt der nächste Schritt: Freeletics testet eine Version, um der App „ Augen“ zu geben. Ab April können sich Nutzer beim Training mit dem Smartphone flmen. „Die KI zählt die Wiederholungen und gibt direktes Feedback“, erklärt Udegbue. Besonders hilfreich, weil Übungen wie Pistol Squats und Burpees selbst erfahrene Sportler nicht immer ganz korrekt ausführen (Stichwort: krummer Rücken). Für diese Funktion nutzt Freeletics öfentlich zugängliche Datenbanken und KIModelle von MediaPipe, basierend auf BlazePose, dem Nachfolger von Googles PoseNet. Diese Modelle liefern eine Skelett-Muskel-Datenbank, in der alle Arten von Übungen nachgebildet werden können, die Sportwissenschaftler von Freeletics defnieren dann die Bewegungsparameter. So kann das System bewerten, ob eine Kniebeuge wirklich tief genug war.

MAL FORDERND, MAL SCHONEND

Der Personal Coach war lange ein Privileg von Hollywoodschauspielern, Topmodels und CEOs – ein hochkompetenter Dienstleister, immer verfügbar, sobald sich ein Zeitfenster im vollen Terminkalender öfnet. Einer, der Allergien, Vorlieben, Narben kennt, der stets den richtigen Ton trift – mal fordernd, mal verständnisvoll. Eine Mischung aus Therapeut, persönlichem Assistenten und bestem Kumpel. Open 24/7, all major credit cards accepted.

Im Fußball nennt man den Trainer oft „Boss“ oder „Mister“ – eine Respektsperson, die die Spieler auf und abseits des Platzes weiterbringt. Ein guter Coach erkennt an einer Bewegung, wenn etwas nicht stimmt – wenn der Kopf nicht frei ist, wenn Energie fehlt. Jeder, der im Vereinssport so jemanden hatte, weiß: Ein guter Coach ist unbezahlbar. Genau deshalb gibt es Coaches für alles – für Karriere, Beziehungen, Ernährung. Und genau deshalb ist die Idee eines personalisierbaren Fitness­Coaches so attraktiv.

Die KI hat keinen Körper und kein Talent, sie weiß nicht, wie es sich anfühlt, wenn Schweiß über die Haut rinnt oder die Muskeln verkrampfen oder Adrenalin durch die Adern schießt. Aber sie erkennt Muster und gibt Vorhersagen ab, mit denen wir Menschen immer öfter etwas anfangen können – und uns im besten Fall selbst darin entdecken.

Björn Eskofer hat mithilfe von Künstlicher Intelligenz schon so unterschiedliche Sportarten wie Joggen, Bobfahren, Golf und Beachvolleyball analysiert. Eskofer ist Professor an der Universität Erlangen­Nürnberg und leitet dort das Machine Learning and Data Analytics Lab. Doch er sieht nicht aus wie jemand, der nur vor dem Computer sitzt. Der 45­Jährige ist schlank, sportlich, spielte in seiner Jugend leistungsorientiert Handball und schraubte „nebenbei im Keller an Radios und Computern herum“. Als er feststellte, dass es „mit der Sportkarriere auf höchstem Niveau nichts wird“, konzentrierte er sich auf sein Elektrotechnikstudium und schrieb 2006 während seiner Doktorarbeit die Algorithmen für den ersten

„Smart Shoe“ von Adidas, dessen Dämpfung sich automatisch an Laufstil und Untergrund anpasste. „Das war die erste Welle der digitalen Fitnessbranche“, erinnert er sich. Sportkonzerne entwickelten Software, Tech­Konzerne beschäftigten sich plötzlich mit Belastungssteuerung und Laufstilen. Nike und Apple brachten 2006 Nike+ heraus. Microsoft stellte bereits 2010 für die Xbox das Fitnessspiel YourShape vor: Der Kinect­Sensor brachte die erste 3D­Bewegungserfassung in die Wohnzimmer und ermöglichte Fitnessspiele, die Echtzeit­Feedback zu den Bewegungen der Nutzerinnen und Nutzer gaben („Rücken gerade!“). 2016 folgte eine Kooperation von Under Armour mit dem IBM­Supercomputer Watson – Sport und Tech waren keine Gegensätze mehr, sie wurden Partner. „Und heute haben wir natürlich noch viel mehr Daten, mit denen wir die Algorithmen trainieren können“, sagt Eskofer, „man muss den Athleten als Menschen verstehen, um zu guten Ergebnissen zu fnden.“

Im Jahr 2025 werden weltweit voraussichtlich 182 Zettabyte an neuen Daten generiert – das entspricht 182 Milliarden Terabyte und ist etwa drei Mal so viel wie im Jahr 2020. Die Menge an Dokumenten, Videos, Bildern, Standortdaten und anderen Informationen wächst exponentiell – und das gilt auch und vor allem für den Fitnessbereich. Das Telefon zählt ganz selbstverständlich die Schritte, der Fitness­Tracker oder die Smartwatch speichern Puls, Sauerstofsättigung, Blutdruck und VO2max. Immer mehr Menschen teilen ihre Fitnessroutine auf Social Media und dokumentieren ihre Stimmung oder den Menüplan in Echtzeit – und die Fitness­Apps kennen die absolvierten Übungen, Distanzen und Bestzeiten.

DIE TECHNIK

SIEHT JEDEN MOVE

Jeder Spiegel zeigt auch, wie man sich selbst sieht. Mirror verspricht, dass man sein Spiegelbild mögen wird – wenn man den Übungen und Tipps auf dem refektierenden Bildschirm folgt. Hinter der Glasoberfäche steckt ein KI­Coach, der Workouts in Echtzeit anleitet. Noch tiefer in die Bewegungserkennung geht Growl. Das Start­up hat einen Box­Hometrainer entwickelt, der mit 3D­Kameras und Lidar­Technologie jede Bewegung erfasst. Die KI korrigiert die Haltung oder feuert an, wenn die Energie nachlässt. Die Fitness­Tracker von Whoop kombinieren biometrische Daten mit generativer KI. Wer sich fragt: „Wann habe ich am besten geschlafen?“, bekommt eine präzise Antwort: „Am 14. Juli, weil die Allergiesaison vorbei war und du keinen Alkohol getrunken hast.“ Man kann mit seinem Körper chatten. Auch Freeletics setzt auf vorausschauende KI. „Bald wird das System erkennen: Nutzer XY hat seit Tagen einen erhöhten Ruhepuls –also verordne ich ihm keine High­Intensity­Übungen“, sagt Confdence Udegbue, VP Product des Unternehmens.

Die Vision, an der alle Unternehmen arbeiten, ist der multimodale Coach: eine KI, die alle Informationen aus ihren Silos befreit – biometrische Daten, Genetik, Video­Feed, Trainingshistorie – und sie dem Nutzer intuitiv vermittelt. Doch ein perfekter Coach ist mehr als ein

Forscher arbeiten an einer KI, die körperliche Daten berücksichtigt, aber auch die Psychologie des Einzelnen

versteht: Was blockiert? Was treibt an?

Algorithmus. Forscher arbeiten an Reinforcement­Learning­Systemen, die individuelle Schrittziele setzen, die herausfordernd, aber erreichbar sind – und sich mit jedem Fortschritt anpassen. Solche Systeme müssten nicht nur körperliche Leistungsdaten berücksichtigen, sondern auch die Psychologie jedes Einzelnen verstehen: Was treibt an? Was blockiert?

„Die Leute wollen heute als Individuum angesprochen werden“, sagt Confdence Udegbue von Freeletics. „Die Ansprache ist fast so wichtig wie das Trainingsprogramm.“ Eine KI, die den richtigen Ton trift – motivierend, fordernd oder verständnisvoll –, ist nicht nur ein technisches Detail, sondern ein entscheidender Faktor für den Erfolg.

MENSCH UND KI IM TEAMPLAY

„Das Versprechen absoluter Personalisierung werden wir für den Massenmarkt nicht einlösen können“, sagt Björn Eskofer. Doch bevor man nun enttäuscht ist, sollte man verstehen, was der InformatikProfessor unter Personalisierung versteht. Sein Labor unterstützt unter anderem den Big­Wave­Weltrekordhalter Sebastian Steudtner. Dafür haben sie den Körper des Hamburger Surfers mit einem MRTScanner vermessen, psychologische

Du hast es in der Hand: Per Smartphone­Kamera kann KI unsere Körperhaltung beim Workout erfassen – und verbessern.

Gutachten erstellt, Kraftkurven berechnet – sogar sein Surfbrett und den Neoprenanzug mit Sensoren ausgestattet. Eskofers Team hat einen digitalen Zwilling von Steudtner erschafen. Die KI kann nun mit dem menschlichen Trainer besprechen, in welchem Winkel Steudtner eine 30­Meter­Welle surfen müsste – und ob er die Kraft dafür hat.

„Diesen Service können wir nicht für Millionen Menschen anbieten“, sagt Eskofer. „Aber trotzdem können diese Systeme echten Mehrwert schafen.“ Er glaubt, dass KI­Coaches eine gute Grundlage sind: „KI soll die Datenverarbeitung und die routinemäßige Personalisierung in großem Maßstab übernehmen, während sich menschliche Trainer auf die Betreuung konzentrieren.“

KI­Coaches werden immer smarter: Deshalb ist es wichtig zu wissen, was sie können – und was nicht. Limitierte Datensätze können etwa zu Bias führen, etwa wenn zu wenige Frauen oder Menschen mit unterdurchschnittlicher Körpergröße in den Trainingsdaten vertreten sind. Und noch etwas. „Egal wie gut die Technik wird – eine Sache wird sich nie ändern“, sagt Udegbue. „Ein Coach kann dich nur besser machen, wenn du es selbst willst.“

LAUFEN IST FREIHEIT

Für Running-Creator Maren Schiller ist Laufen mehr als Sport. Hier ihre wichtigsten Erkenntnisse – die sie uns entlang einer Feierabendrunde durch Berlin verrät.

Aufgezeichnet von Daniel Hinz Fotos Murat Aslan Hair & Make-up Nadine Wagner

Gras und Beton: Maren Schiller nimmt ihre Follower mit zum Laufen – oft durch ihre Heimatstadt Berlin.

VOR DEM LAUF

Manchmal wache ich auf und spüre es sofort: Heute ist ein Lauftag. Diese Mischung aus Aufregung und Vorfreude. Wenn ich auf Zeit laufen will, habe ich mir in den Tagen zuvor ein wenig Ruhe gegönnt und schon meine Klamotten rausgelegt.

Viele Menschen schwören ja auf Pasta als Powerquelle: Aber ich laufe am schnellsten, wenn ich am Vorabend eine große Schinkenpizza und ein Eis gegessen habe.

Kurz vor dem Start höre ich meine Playlist „Maren ballert“ – Techno. Mein Lieblingstrack aktuell ist „Submerged“ von Regent. Musik bringt mich in den Rhythmus, mein Herzschlag passt sich an. Mein maximaler Puls ist 190, beim Laufen also gerne 140 Beats per Minute und mehr.

DIE ERSTEN METER

Letztes Jahr bin ich in Berlin das gesamte U-BahnNetz abgelaufen. 62 Kilometer durch die ganze Stadt –da begriff ich erst, wie groß Berlin wirklich ist, entdeckte die Strecke am Weißensee. Doch der schönste Ort zum Laufen ist für mich immer noch die Spree.

Meine mentale Taktik: Ich teile die Strecke auf. Erst fünf Kilometer, dann zehn. Kleine Blöcke, die das Ganze überschaubar machen. Würde ich von Anfang an die ganze Distanz denken, wäre das eine mentale Katastrophe.

Wer am Anfang zu schnell losrennt, bereut es später meist.

Mein Tipp für alle, die mit dem Laufen anfangen wollen: Setzt euch erreichbare Ziele. Statt sofort einen (Halb-)Marathon ins Auge zu fassen, sollte man erst mal mit kurzen, regelmäßigen Läufen beginnen. Wichtig ist, auf den eigenen Körper zu hören und sich nicht zu sehr mit anderen zu vergleichen. Jeder Lauf ist ein Erfolg.

Mit sechs Jahren habe ich mit Leichtathletik angefangen, Sprint, Disziplin, Wettkämpfe – das war mein Alltag. Damals zählte für mich nur Leistung, immer schneller, immer mehr, immer besser. Erst mit achtzehn fing ich an, längere Distanzen zu laufen, und war zu Beginn auch da sehr verbissen. Heute sehe ich das anders. Laufen ist für mich nicht mehr nur Wettkampf, sondern auch Abenteuer, Erholung und Freiheit.

KLEINE UND GROSSE KRISEN

Bei Kilometer 12, nach etwa einer Stunde, kommt er fast immer: der Dip. Plötzlich fühlen sich meine Beine schwer an, der Kopf beginnt zu zweifeln. Warum laufe ich? Ich könnte mich doch einfach entspannen.

Früher bin ich hart mit mir ins Gericht gegangen: Stell dich nicht so an! Heute bin ich sanfter mit mir. Ich erinnere mich, warum ich losgelaufen

bin, mache mir klar, was ich kann – dass ich es kann. Ich atme tief durch, finde meinen Rhythmus wieder. Und dann geht es weiter.

Vor einigen Jahren machten wir am Silvesterabend Bleigießen: Mein Klumpen sah aus wie ein Knochen, was für Verletzungen steht. Ich bin nicht abergläubisch, aber dann stand ich um Punkt Mitternacht auf und knickte um. Ermüdungsbruch im Fuß. Total verrückt. Ich hatte mir lange Höchstleistungen abverlangt, zu wenig gegessen, zu viel trainiert. Dann zog mein Körper die Notbremse. Kurze Zeit später brach ich mir auch noch das Kreuzbein. Diese Erfahrung hat meine Sicht auf Disziplin und Selbstfürsorge verändert. Heute höre ich bewusster auf meinen Körper. Und das Laufen laugt mich nicht aus, sondern bringt mich zurück zu mir selbst.

Nah dran: In ihren Postings gibt Maren immer wieder auch persönliche Einblicke –und spricht über Themen wie Mental Health.

Verletzlichkeit

ist keine Schwäche. Ich spreche auf meinen Kanälen offen über Mental Health, weil ich weiß, dass viele dieselben Kämpfe führen und die negativen Stimmen hören.

RUNNER’S HIGH UND ANDERE MOMENTE

DER EUPHORIE

Laufen ist für mich mehr als Sport. Es ist Freiheit, Abenteuer, Meditation.

Mein Kopf wird leicht. Ich spüre, wie das Adrenalin einschießt. Ich bin voll und ganz in diesem Moment, jeder Schritt fühlt sich richtig an. Ich denke an vergangene Läufe, an meine ersten Marathons oder an den Wings for Life World Run. Dort bin ich 30 Kilometer gelaufen, obwohl ich nur 20 geplant hatte –einfach weil dieses Gefühl mich trug.

Ich bin kein Clean Girl, was Essen angeht – und esse auch gerne mal Kuchen oder Burger. Eine Balance zwischen Genuss und Gesundheit ist wichtig. Es ist nie gut, in Extreme abzudriften.

Ich denke an die Special Olympics in Berlin, wo ich als Co-Kommentatorin arbeiten durfte. Dort habe ich Menschen erlebt, die trotz körperlicher und geistiger Einschränkungen unglaubliche Leistungen gebracht haben: ehrgeizig, ausdauernd, entschlossen und positiv. Diese Erinnerungen geben mir Kraft.

Das Laufen am Wasser ist immer etwas Besonderes, ganz egal ob in Berlin, Kopenhagen, Hamburg oder München. Ich liebe auch Trail Runs wie auf La Palma oder in Österreich –obwohl ich mich bei meinem ersten Trail wie ein urbaner Loser gefühlt habe und von älteren Läufern überholt wurde, die die richtige Technik für steile Anstiege draufhatten.

GEMEINSAM AUF DER ZIELGERADEN

Das Schöne am Laufen ist, dass es offen für alle ist: Man braucht nur Schuhe und ein bisschen Zeit.

Aus diesem Grund liebe ich den Wings for Life World Run: Menschen aus der ganzen Welt laufen gleichzeitig, um die Forschung für Rückenmarksverletzungen zu unterstützen. Es gibt keine Ziellinie, nur das Catcher Car, das einen irgendwann einholt. Ein super Konzept. Es ist kein Wettkampf, sondern ein gemeinsames Erlebnis für einen guten, großen Zweck. Und die Leistungen der Menschen auf Krücken, im Rollstuhl –das alles ist so beeindruckend.

Obwohl ich sehr oft um 6 Uhr morgens schon in Laufschuhen durch Berlin renne, habe ich mir angewöhnt, nicht jeden Run sofort auf Social Media zu posten. Ich will meine Followerinnen und Follower nicht unter Druck setzen, sondern sie mit meinen Erlebnissen inspirieren. Ich habe lange gebraucht, um zu verstehen, dass ich nicht nur Vorbild bin, sondern auch Projektionsfläche.

Ich fnde, es sollte mehr inklusive Sportveranstaltungen geben. Warum fnden die Paralympics nicht parallel zu den Olympischen Spielen statt? So könnte man noch inklusiver wirken und werden.

Strecke machen: Maren hat ein Faible für ungewöhnliche Projekte, zuletzt lief sie den Berlin Marathon – in der Nacht vor dem eigentlichen Event.

NACH

DEM LAUF

Am Ziel bleibe ich stehen, atme tief durch. Und weiß: Der nächste Lauf kommt bestimmt.

Ich erinnere mich noch genau daran, als ich das erste Mal auf dem Tempelhofer Feld gelaufen bin. Ein riesiges ofenes Gelände, ein ehemaliger Flughafen, keine Hindernisse – nur Weite und Freiheit. Du bist mitten in der Stadt, aber doch mit diesem Gefühl von grenzenlosem Raum. Keine Autos, keine Ampeln, nur ofene Fläche.

Besonders am Abend, wenn die Sonne untergeht, die vielen Leute dort sitzen und stehen, fühlt es sich fast magisch an, so ein richtiges Summer Feeling.

Früher habe ich mein soziales Leben vernachlässigt, weil ich mir keine Pause gegönnt habe. Da war ich süchtig nach Sport. Heute ist das anders, ich versuche, eine Balance zu finden. Ich liebe Berlin, ich gehe gerne feiern.

Mein letzter Kilometer ist immer der schnellste: Es gibt kein besseres Gefühl, als noch einmal alles aus sich rauszuholen.

RUN LIKE MAREN

Sei wie Maren Schiller dabei, wenn am 4. Mai der Wings for Life World Run startet – und zur gleichen Zeit weltweit Hundert tausende für die gute Sache laufen, bis das Catcher Car sie einholt (live zu sehen auf Red Bull TV). Wie immer fließen alle Einnahmen in die Forschung zur Heilung von Querschnittslähmung. Verfolg auch du das große Ziel – melde dich noch heute zum App Run an: wingsforlife worldrun.com

Jake Dearden

ROX

Interview Jakob Schrenk

Sie zählen zu den fittesten Menschen der Welt und sind Virtuosen der Vielfalt: Hyrox-Athlet Jake Dearden und Zehnkämpfer Niklas Kaul über den Reiz, viele Disziplinen zu meistern.

ZEHN KAMPF TRIFFT

Niklas Kaul ZehnkampfWeltmeister 2019

HYROX WALL BALLS

Hier müssen die Athleten einen neun Kilo schweren Ball hundert Mal gegen eine Zielscheibe in rund drei Meter Höhe werfen.

Von Rudern bis Schlittenziehen, von Speerwurf bis Weitsprung: Hyrox, ein neuer Fitness-Sport, und Zehnkampf, die Königsdisziplin der Leichtathletik, fordern

Athleten auf vielfältige Weise. Hier sprechen zwei Weltmeister, Jake Dearden und Niklas Kaul, über die Faszination, körperlich und mental an Grenzen zu gehen.

the red bulletin: Jake, wie würdest du Niklas davon überzeugen, Hyrox auszuprobieren?

niklas kaul: Er muss mich nicht überzeugen. Ich werde Hyrox sicher probieren. Mich reizt die Kombination aus Kraft und Ausdauer – und die hohe Intensität.

Die Faszination

Auf den ersten Blick sind es zwei völlig verschiedene Sportarten: Die Wurzeln des Leichtathletik­Zehnkampfs reichen bis in die Antike zurück. Der FitnessTrend Hyrox dagegen ist erst acht Jahre alt. Aber beide Sportarten bringen die Extreme zusammen. Im Zehnkampf muss man so unterschiedliche Disziplinen bewältigen wie den Sprint und den Mittelstreckenlauf, den Hochsprung und das Kugelstoßen. Im Hyrox­Wettkampf rennt man acht Mal 1000 Meter – und absolviert dazwischen hochintensive Kraftübungen (siehe Kasten S. 70). In beiden Wettbewerben gleichen sich die Bilder am Ende: erschöpfte Athleten und Athletinnen, die am Boden liegen, um Atem ringen – und glücklich grinsen.

jake dearden: Das hätte ich nicht besser sagen können. Ich bin immer gerne gelaufen. Ich mag aber auch Kraftsport. Hyrox bringt das zusammen. Und Hyrox ist offen für jeden: Wer bereit ist, zwölf Wochen Training zu investieren, schafft einen Contest. – Niklas, du wärst richtig gut. niklas: Mal sehen. Prinzipiell gefällt es mir, wenn ganz unterschiedliche Dinge von einem verlangt werden. Als Kind war es mir zu langweilig, nur eine Leichtathletik­Disziplin zu absolvieren. Deswegen habe ich auf den Mehrkampf gesetzt. jake: Viele Leute glauben, dass Hyrox nur aus acht verschiedenen Übungen besteht, mit ein bisschen Laufen dazwischen. Tatsächlich sind das neun Sportarten für sich. Das fasziniert mich.

Die Technik

Wie aber trainiert man für höchst unterschiedliche Disziplinen und Anforderungen? Niklas Kaul und Jake Dearden sind Athleten und Forscher, die ihre Performance genau analysieren und in neue Dimensionen vorstoßen wollen: Wo habe ich noch Probleme? Wo kann ich mich weiter verbessern? Und was genau müsste ich dafür tun?

ZEHNKAMPF DISKUSWURF

Nach anderthalbfacher Körperdrehung beschleunigen die Athleten die zwei Kilo schwere Scheibe in Wurfrichtung.

Soll man sich im Training eher auf die Schwächen konzentrieren oder lieber die vorhandenen Stärken ausbauen?

jake: Es ist sinnvoll, vor allem an den Schwächen zu arbeiten. Was ich an Hyrox mag: Man hat alle Daten, von jedem Lauf, von jeder Station. Man kann analysieren und vergleichen. Ich habe im vergangenen Jahr gesehen, dass ich bei den 1000 Metern um 15 Sekunden schlechter war als meine Konkurrenten. Also habe ich daran gearbeitet. Dafür habe ich mir als Ziel gesetzt, einen Marathon unter 2:30 Stunden zu laufen. Das habe ich 2024 in Berlin geschafft.

niklas: Wow! Ich bin in meinem Leben noch nie mehr als zwölf Kilometer am Stück gelaufen. Interessant, dass wir doch recht unterschiedlich trainieren. Zum Beispiel trainiere ich die Disziplin 1500 Meter nicht mit langen Läufen. Ich absolviere eher mehrere Tempoläufe, vielleicht sechs Mal 600 Meter in einer Session – die dann aber jeweils so schnell, wie ich auch im Wettkampf laufen würde.

Was können sich normale FitnessEnthusiasten von eurem Training abschauen?

niklas: Auch als Freizeitsportler sollte man ein kompletter Athlet werden. Man trainiert die Ausdauer, gibt aber beim Laufen zwischendurch auch mal richtig Gas, um die Tempohärte zu verbessern. Dazu macht man noch ein gezieltes Ganzkörper-Krafttraining und fokussiert auch auf die Core-Stabilität.

jake: Wichtig ist auch, technisch sauber zu arbeiten. Im Hyrox muss man die funktionellen Kraftübungen wirklich beherrschen, um nicht unnötig Kraft zu verschwenden.

niklas: Bei meinen Besuchen im Athlete Performance Center von Red Bull habe ich mich mit Skifahrern ausgetauscht, für die Core-Stabilität eine entscheidende Rolle spielt, um sauber auf den Skiern zu stehen. Davon habe ich viel für den Zehnkampf gelernt. Das ist auch mein Tipp für jeden Sportler: Nur mit einem stabilen Rumpf kann man die Beinkraft optimal nutzen.

jake: Ich würde so viel lernen, wenn ich eine Woche mit Niklas trainieren könnte.

niklas: Komm einfach mal vorbei!

Die Strategie

Jake Dearden und Niklas Kaul trainieren über 25 Stunden pro Woche. Dearden arbeitet außerdem als Hyrox-Trainer. Kaul studiert Physik und Sport auf Lehramt. Die beiden kennen also die Fragen, die sich auch viele Freizeitsportler stellen: Wie bringt man Training und Alltag zusammen? Und wie erzielt man trotz aller Herausforderungen Bestleistungen, wenn es drauf ankommt?

Wie gelingt es euch, so viel zu trainieren?

niklas: Mein Tag ist eng durchgetaktet, keine Frage. Außerdem würde ich jedem Sportler zu einer festen Struktur raten, zu Regelmäßigkeiten. Der Sport muss Teil der täglichen Routine sein.

HYROX

besteht aus acht 1000-Meter-Läufen. Dazwischen und nach dem letzten Lauf stehen diese acht Übungen auf dem Programm:

jake: Ich denke, es ist auch wichtig, eine Strategie zu haben, einen Trainingsplan. Nehmen wir als Beispiel die Vorbereitung für den ersten Hyrox. Nach Möglichkeit würde ich an sechs Tagen die Woche trainieren. Ein Tag Krafttraining für die untere Körperhälfte, zwei Tage, wo man tatsächlich die einzelnen Hyrox-Stationen trainiert, wie etwa den Gewichtsschlitten und die Burpees. An den weiteren Tagen läuft man, zum Beispiel zwei längere Einheiten und eine Einheit mit Tempoläufen. Je näher der Wettkampf rückt, desto stärker führt man die unterschiedlichen Elemente zusammen. Ganz wichtig ist auch: In der Woche vor dem Wettkampf erholt man sich und trainiert nur noch moderat.

niklas: Das Thema Erholung wird allgemein unterschätzt.

jake: Ich hatte bei einem Hyrox-Contest einen zweifachen Bandscheibenvorfall und wurde im Rollstuhl aus der Arena gefahren. Ich konnte einen Monat lang nicht gehen. Ein Grund für den Bandscheibenvorfall war, dass ich bis kurz vor dem Wettkampf zu hart trainiert hatte.

niklas: Ein Athlet muss in seinen Körper hineinhorchen – oder er riskiert Verletzungen. Diese Lektion lernt jeder, mancher erst auf die harte Tour.

jake: Die Belastungssteuerung ist natürlich auch im Wettkampf wichtig. Hier müssen die Athletinnen und Athleten verstehen, wie sie mit ihren Kräften haushalten und nicht überpowern. Ein Anfängerfehler ist zum Beispiel, zu schnell zu beginnen. Aber es ist auch wichtig, bei den Kraftübungen an der richtigen Stelle eine Pause einzulegen oder die 1000-Meter-Läufe zu nutzen, um die Beine wieder etwas frischer zu bekommen.

niklas: Im Hyrox gibt man in einer Stunde oder etwas mehr alles. Das ist im Zehnkampf anders. Der Wettbewerb erstreckt sich über zwei Tage. In dieser ganzen Zeit sind wir aber nur knapp 15 Minuten aktiv: Ein 100-Meter-Lauf dauert nur knapp elf Sekunden. Aber in diesen Sekunden musst du ganz da sein. Ich versuche daher, mich zwischen den Disziplinen maximal zu erholen. Ich schlafe sogar kurz.

1.000 METER SKI-ERGOMETER

50 METER SCHLITTEN

SCHIEBEN

50 METER SCHLITTEN ZIEHEN

80 METER BURPEE

BROAD JUMPS

KOMBINATION VON KNIEBEUGE, LIEGESTÜTZ UND SPRUNG

100 METER RUDERN

200 METER

FARMER’S CARRY

Tragen von Gewichten

100 METER

SANDBAG LUNGES

Ausfallschritte mit Gewicht

75/100

WALL BALLS

Medizinball-Werfen Damen/Herren

HYROX SKI-ERGOMETER

So startet der Wettkampf: Die Athleten müssen 1000 Meter mit der Doppelstocktechnik wie im Skilanglauf zurücklegen.

ZEHNKAMPF

400-METER-LAUF

Damit endet der erste Wettkampftag: Die Distanz ist extrem fordernd, mentale Stärke ist gefragt.

ZEHNKAMPF

besteht aus zehn verschiedenen Leichtathletik- wettkämpfen, die sich über zwei Tage erstrecken:

Tag 1

100-METER-

Tag 2

110-METERHÜRDENLAUF DISKUSWURF

jake: Ich wüsste nicht, ob ich das könnte. Kennst du das Problem, vor Wettkämpfen nicht schlafen zu können?

niklas: Auf jeden Fall. Ich glaube, man muss lernen, sich nicht zu viele Sorgen zu machen. Auch wenn man einen Plan hat, der ausreichend Schlaf vorsieht, auch wenn man alles optimieren will. Ich lege in der Woche vor dem Wettkampf zum Beispiel meinen Smart Tracker ab, der die Qualität meines Schlafs misst. Schlechte Werte würden mich nur unnötig verrückt machen.

Die Ernährung

Wer schneller, stärker, fitter werden will, muss sich auch um das Thema Essen kümmern. Niklas Kaul und Jake Dearden empfehlen hier, auf den gesunden Menschenverstand zu vertrauen.

Wie sollten sich Athleten und Athletinnen ernähren, die ihre Grenzen überschreiten wollen?

jake: Es geht um eine gesunde, proteinreiche und abwechslungsreiche Ernährung. Dabei muss man auch darauf achten, ausreichend Kohlenhydrate zu sich zu nehmen. Der Körper braucht die Energie. Und der Anteil von Vollwertkost, von unverarbeiteten Lebensmitteln, sollte bei ungefähr 80 Prozent liegen. Die restlichen 20 Prozent kann man dann nach Belieben zusammenstellen.

Sind Proteinshakes eine gute Idee?

jake: Ziel für Sportler ist es, täglich etwa zwei Gramm Eiweiß pro Kilogramm Körpergewicht zu sich zu nehmen. Dies macht man am besten über die ganz normalen Mahlzeiten. Proteinshakes bieten sich an, wenn man auf dem normalen Weg nicht zu genug Proteinen kommt. niklas: Ich persönlich mag keine Proteinshakes. Ich mache mir lieber einen Smoothie, der viel Protein enthält. Ich füge zum Beispiel Magerquark hinzu. jake: Ich fnde auch ein Glas Milch nach dem Training gut, sofern man keine Laktoseunverträglichkeit hat. Milch

enthält alle wichtigen Nährstoffe und ist sehr gut für die Regeneration. Ich würde auch dazu raten, ganz normale gesunde Lebensmittel wie Nüsse, Honig und Bananen in die tägliche Ernährung einzubauen.

Wie verteilt man die Mahlzeiten auf den Tag?

jake: Morgens vor dem Training brauche ich ausreichend Kohlenhydrate. Die liefert zum Beispiel ein Porridge.

niklas: Ich esse gleich nach dem Training einen Snack. Das können Überbleibsel vom letzten Essen sein, vielleicht ein Milchreis. So hat der Körper schon einmal einen Energieschub, bevor ich mit dem Kochen beginne.

jake: Vor dem Hyrox-Wettkampf muss man natürlich darauf achten, dass die Kohlenhydratspeicher aufgefüllt sind. Und man sollte ausreichend hydriert sein. Es kann auch sinnvoll sein, sich vorher zu überlegen, an welchen Stationen im Wettkampf man schnell noch einmal etwas trinkt.

niklas: Anders als Jake esse ich auch während des Wettkampfs. Ich schwöre zum Beispiel auf Apfelmus, weil das viele Kalorien liefert. Ich trinke aber auch im Wettkampf Red Bull, wegen der Kohlenhydrate und dem Koffein.

Die Psychologie

So imposant die Körper von Jake Dearden und Niklas Kaul auch aussehen: Der wichtigste Muskel für Training und Wettkampf ist der Kopf. Nur mit mentaler Stärke holt man auch die großen Siege.

Wie steht man einen schweren Wettkampf durch?

jake: Es gibt in jedem Contest schwierige Momente, wo man am liebsten einfach aufgeben würde. Mich motivieren dann die Zuschauer. Ich will auch, dass meine Familie, dass meine Freunde stolz auf mich sind. Ich will sie nicht enttäuschen. Das gibt mir den Extra-Push. niklas: Für mich ist oft der 400-MeterLauf am Ende des ersten Tags die schwerste Prüfung. Hier entsteht in den Muskeln richtig viel Laktat, was schmerzhaft ist.

Ich setze mir daher Etappenziele: Die ersten 200 Meter sind eh kein Problem, dann irgendwie dranbleiben und auf den letzten 100 Metern alles geben. Die Belohnung ist das Glücksgefühl, wenn alles überstanden ist.

Und wie holt ihr euch die Motivation für das tägliche Training?

niklas: Auch hier helfen mir Etappenziele. Mein Antrieb ist: Ich habe noch nicht den Zehnkampf abgeliefert, zu dem ich fähig bin. Das treibt mich weiter an. Dieses g roße Ziel muss man dann in kleinere, greifbare Ziele herunterbrechen. Zum Beispiel überlegen wir uns jedes Jahr im Herbst, was die großen Themen für das kommende Jahr sind. An welche Disziplin wollen wir ganz besonders ran? Wo kann ich mich verbessern?

jake: Mit wem überlegst du das?

niklas: Mit meinen Eltern, die ja meine Trainer sind.

jake: Wie kam das?

niklas: Wo ich aufgewachsen bin, gab es keine Leichtathletik­Coaches. Meine Eltern waren in ihrer Jugend selbst gute Leichtathleten und haben sich den Trainerjob angeeignet. Wir haben dann über die Jahre viel voneinander gelernt.

Wie ist es bei dir, Jake, trainierst du lieber allein?

jake: Ich habe dreimal die Woche einen Trainer. Ansonsten trainiere ich auch viel allein, weil ich gezielt an meinen Schwächen arbeiten will.

niklas: Jeder Athlet muss für sich herausfnden, was am besten ist. Mir helfen das Team und ein harmonisches Umfeld. Auch an einem verregneten, kalten Montagmorgen ist meine Laune gleich viel besser, wenn ich meine Trainingsgruppe sehe.

Was macht man, wenn es im Training schlecht läuft?

niklas: Das Gute am Zehnkampf ist: Wenn man mal mit einer Disziplin im Training nicht zurechtkommt, kann man sich einfach einer anderen widmen. Das kann man auch auf den Wettkampf übertragen. In irgendeiner Disziplin wird es immer schlecht laufen, aber das ist auch bei den Konkurrenten so. Also nicht verkrampfen, die nächste Chance kommt. So eine Einstellung würde ich auch Amateursportlern empfehlen.

HYROX BURPEE BROAD JUMPS

Aus dem Liegestütz richten sich die Athleten auf, springen mit beiden Füßen vorwärts und starten wieder im Liegestütz, bis sie so 80 Meter überwunden haben.

HYROX RUDER-ERGOMETER

Aufrecht sitzend müssen die Athleten 1000 Meter weit rudern. Jeder Zug beginnt mit einem kraftvollen Beinstoß.

jake: Ich habe mich früher zu viel mit Hyrox beschäftigt. In der Woche vor dem Wettkampf, wo man weniger trainiert und deswegen auch mehr Zeit zum Nachdenken hat, ist es wichtig, den Kopf freizubekommen, ins Kino oder essen zu gehen. niklas: Mein großes Ziel in den vergangenen Jahren war Olympia 2024 in Paris. Heute glaube ich: Ich habe mich zu sehr darauf fokussiert. Das trug dazu bei, dass ich zwar immerhin noch Achter wurde, aber nicht abrufen konnte, wozu ich eigentlich in der Lage gewesen wäre. Deswegen habe ich auch mein Studium wieder aufgenommen. Ich brauche noch eine andere Welt neben dem Sport.

Kann man eigentlich im Sport viel lernen für diese andere Welt, für das übrige Leben?

niklas: Ich habe im Sport gelernt, harte Zeiten zu überstehen – um die Momente danach zu genießen.

jake: Man muss jeden Tag da sein, mit voller Intensität, ganz egal, was man macht. Es geht nicht darum, wer du bist, sondern darum, wie hart du arbeitest.

Instagram: @jakedearden_; @_niklaskaul

Tokyo calling: Im September will Niklas bei der WM in Japans Hauptstadt antreten.

„Ich habe im Sport gelernt, harte Zeiten zu überstehen – um die Momente danach zu genießen.“
Niklas Kaul

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Wasserdichte Open-EarKnochenschall-Kopfhörer „Aqua“ mit bis zu 10 Stunden Audiowiedergabe. Suunto, € 199; suunto.com

3/ FLEXIBEL. Schwimmbrille mit AntiBeschlag-Technologie „The One Plus“, passt sich dank selbstjustierendem Nasensteg nahtlos an. Arena, € 69,90; arenasport.com

4/ NEU AUFGELEGT. Brille „Vanquisher 3.0“ mit einer um 12 % verbesserten Sicht und Helligkeit. Speedo, € 25; de.speedo.com

1/ AERODYNAMISCH.

Radbrille „Velo Kato“ mit PhysioMorphic™ Geometry für einen gesichtsnahen Sitz und ultimativen Schutz. Oakley, € 304; oakley.com

2/ ROBUST.

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3/ WANDELBAR.

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4/ LUFTDURCHLÄSSIG. Atmungsaktive Fahrradjacke „Spinshift Windbreaker“ sorgt für optimale Feuchtigkeitsregulation. Gorewear, € 119,95; gorewear.com

Erfolg beginnt im Kopf

Die Geheimnisse und mentalen Strategien der besten Sportler der Welt

Außergewöhnliche Athleten gewähren Einblicke in entscheidende Karrieremomente und die Psychologie hinter ihrem Erfolg. Mentale Taktiken wie Resilienz, Hartnäckigkeit und Routinen spielen eine trale Rolle. Stars wie Max Verstappen, Mario Gómez, Mondo Duplantis und Lindsey Vonn zeigen, wie diese Strategien den Unterschied ausmachen. Experten aus Psychologie, Physiotherapie und Training analysieren die Techniken und erklären, wie sie sich mit einfachen Übungen in den Alltag integrieren lassen.

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© Adam Klingeteg, Mihai Stetcu, Graeme Murray

Reise / Musik / Mindgame / Events

KÖNIGLICHE

PFADE

Bhutan per Bike: Tom Öhler macht es vor.

WIE EIN PRINZ

Weiß kaum jemand: Der Prinz von Bhutan ist ein begeisterter Mountainbiker. Das buddhistische Königreich am Rand des Himalaya ist daher das reinste Trail-Paradies. Fotograf Martin Bissig hat es mit MTB-Profi Tom Öhler erkundet. Hier erzählt er davon.

Viele Mythen umgeben das kleine Königreich Bhutan, das im Himalaya zwischen Indien und China liegt. Die meisten Touristen besuchen das Land, um das berühmte Kloster Taktsang zu sehen: 3120 Meter über dem Meeresspiegel ist es in einen Felsen gebaut. Die Story dazu? Im achten Jahrhundert soll genau dorthin ein Guru auf dem Rücken einer Tigerin geflogen sein. Als wollte er diese schrägen Sagen noch übertreffen, rief eines Tages mein Freund Tom Öhler an. „Ich habe gehört, der Prinz von Bhutan soll ein begeisterter Mountainbiker sein, der selbst Trails baut. Du warst doch schon öfter dort. Lass uns das mal auschecken.“ Ein ausgezeichneter Grund, Bhutan wieder zu erleben.

Entschleunigte Welt

Nach meinen Reisen in den Jahren 2007 bis 2010 bin ich nun als Fotograf zum fünften Mal in Bhutan. Bei meinem ersten Besuch war es ein Trip in eine andere Zeit: Fernsehen und Internet waren erst acht Jahre zuvor eingeführt worden. Der König von Bhutan hatte alles getan, um sein kleines Volk vor westlichen Einflüssen zu schützen. Ich erinnere mich, dass mein Visum vom Oktober 2007 die Nummer 20.244 trug. Das Königreich wurde also in einem Jahr von etwa gleich vielen Touristen besucht wie heute Disneyland in Kalifornien an einem Vormittag.

Tom Öhler ist bereits einen Tag vor mir in der Hauptstadt Thimphu angekommen. Über Instagram hat er seit unserem Telefongespräch Kontakt mit der lokalen Bikeszene geknüpft. Aus früheren Projekten wissen wir: Klemm dich ans Hinterrad eines Locals, und du wirst die besten Trails der Gegend finden! Mit Tandin haben wir einen lokalen Rider gefunden, der im ganzen zentralasiatischen Raum bei Endurorennen mitfährt – und das meist an der Spitze. Als Mountainbikeguide kennt er nicht nur die Trails vor seiner Haustür, sondern hat bereits ganz Bhutan erkundet.

Als Erstes stehen für uns die Trails rund um Thimphu auf dem Programm. Hier shreddet Tandin fast täglich mit seinen Buddies. Die Szene ist zwar klein, aber hochmotiviert. Tom und ich staunen über den guten Zustand der Wege. Die Trails sind größtenteils über Hunderte von Jahren auf natürliche Weise entstanden.

BUNTES BHUTAN Gebetsfahnen, so der Glaube, verbreiten gute Energie. Tom Öhler hängt auch welche auf.

„Hier vergisst man schnell, dass wir auf über 2500 Meter Höhe sind“, schnauft Tom Öhler, steigt ab und schiebt sein Bike.

In alten Zeiten waren sie oft die einzige Verbindung zwischen Dörfern und Klöstern. Heute dienen sie meist als Trekkingrouten für Touristen aus der ganzen Welt – und neuerdings auch als variantenreiche Mountainbiketrails.

Wir schieben unsere Bikes mühsam nach oben. Tom und ich hecheln hinter Tandin her. „Hier vergisst man schnell, dass wir auf über 2500 Meter Höhe sind“, schnauft Tom. Nach einer längeren Schiebepassage erreichen wir schließlich den Trailhead auf über 3000 Metern. Die Ausmaße der größten Stadt Bhutans werden ersichtlich. Fast ein Fünftel der knapp 800.000 Einwohner leben in Thimphu und Umgebung. Dort, wo wir biken, sind wir aber vollkommen unter uns.

Der Weg ist gesäumt von Gebetsfahnen, die im Wind flattern. Tandin erzählt:

„Die Fahnen verbreiten – getragen vom Wind – guten Willen und Energie in die ganze Welt.“ Sagt man. Wir biegen um

TOURI-MAGNET Den Top-Trail beim Taktsang-Kloster, dem Wahrzeichen Bhutans, fährt Tom rechtzeitig in der Früh.
Der Tempel wirkt wie aus einem Computerspiel – unwirklich und beeindruckend.

HAPPY WHEELIE

Das Stadtgewurl ist für Tom eine angenehme Abwechslung zu den anspruchsvollen Trails auf 3000 Meter Höhe.

RADELPAUSE Kunstvolle Schnitzereien zieren Häuserfassaden ­ mit und ohne Phallussymbole.

ein paar Ecken und stehen vor einem Tempel. Eine Szene wie aus einem Computerspiel – so unwirklich und beeindruckend sieht das alles aus.

Das Geheimnis des Madman Am nächsten Morgen werden wir von unserem Shuttle abgeholt. Auf einer kurvigen Straße kämpfen wir uns zum Dochula­Pass hinauf. „Hier oben, auf 3500 Metern über dem Meer, startet der Madman Trail. Mehr als 2000 Höhenmeter durch verschiedene Vegetationszonen liegen vor uns“, erklärt Tandin. Woher der Name „Madman Trail“ kommt, will Tom wissen. „Die Legende besagt,

Travel-Tipps

Beste Reisezeit

Mach den Trip im Frühling (März bis Mai) oder im Herbst (September bis November). In diesen Monaten ist das Wetter mild und klar.

Wie du nach Bhutan gelangst

Direktflüge nach Paro westlich von Thimphu gibt es von Bangkok, Delhi, Kathmandu und Singapur mit Drukair und Bhutan Airlines. Um ein Visum zu erhalten, muss eine Reise mit Guide und Fahrer über einen lokalen Agenten gebucht werden. BTS bietet Trips für individuelle Mountainbikereisen an (2­4 Personen). bhutantravel.com.bt

dass vor 500 Jahren ein Mönch einen Dämon mit seinem besten Stück besiegt hat.“ Seitdem werden Phallussymbole auf Gebäude gemalt oder als Schnitzereien bei Eingängen aufgehängt, um böse Geister zu ver treiben. Inzwischen hat es sich aber herumgesprochen, dass die Penisse eher Touristen anlocken, als sonst irgendeinen Zweck erfüllen. Tandin hat noch ein Ass im Ärmel, das er sich bis zum Ende aufgespart hat. Wir fahren nach Paro. In einem kleinen Seitental liegt Bhutans Touristenmagnet Nummer eins: Das Taktsang­Kloster, auch als „Tiger’s Nest“ bekannt, klebt in mehreren hundert Meter Höhe in einer Felswand. Da sich wirklich jeder Besucher auf diese Wanderung begibt, sind wir weit vor Sonnenaufgang bereit zum Aufstieg. Zwei Stunden später stehen wir in völliger Einsamkeit auf dem Aussichtspunkt. Allein dieser Ausblick ist eine Reise nach Bhutan wert. Noch bevor die ersten Gruppen das Kloster erreichen, machen wir uns bereits wieder auf den Rückweg. Die schmalen Pfade sind technisch höchst anspruchsvoll. Enge Kehren, steile Passagen und ein ausgewaschener Untergrund bieten den Endurofahrern den idealen Spielplatz. 700 Meter weiter unten hat Tom sein Urteil gefällt: „Das war der coolste Trail des Trips. Wären da jetzt nicht die ganzen Reisegruppen, würde ich gleich noch mal hoch!“

Instagram: @tom_oehler, @martinbissig

MUST-HAVES

3 4 1 2

1 ÜBERFLIEGER

Athleten wie Max Verstappen oder Lindsey Vonn geben in „Mind Set Win“ Einblicke in mentale Taktiken wie Resilienz, Hartnäckigkeit und Routinen. Experten aus Psychologie und Training analysieren ihre Strategien und zeigen, wie wir sie im Alltag anwenden können – mit einfachen Übungen, die helfen, mentale Stärke gezielt zu entwickeln und Herausforderungen besser zu meistern. beneventopublishing.com

2 BERGGENOSSE

Der Traverse Pure von Ortovox kombiniert Funktionalität mit Nachhaltigkeit. Er besteht aus 75 Prozent recyceltem Polyamid, während spezielle Färbetechniken Wasser und CO₂ einsparen. Das Comfort-Contact Back System sorgt für Luftzirkulation und Tragekomfort. Schneller Zugriff, zahlreiche Fächer und bergsportspezifische Features machen ihn zum vielseitigen Begleiter. ortovox.com

3 PERSPEKTIVE

Die DAKOTA von Red Bull SPECT Eyewear ist die ideale Sonnenbrille für Sport und Abenteuer. Ihr PANO-Glas bietet ein extrabreites Sichtfeld, der Mono-Shield-Stil sorgt für klare Sicht. Gefertigt aus nachhaltigem, biobasiertem Material, ist sie leicht, antiallergen und bietet 100 Prozent UVSchutz: ein perfekter Begleiter für jede Aktivität, jedes Wetter und maximale Performance. redbullshop.com

4 LUFTIG LEICHT

Ultraleicht, wasserdicht und atmungsaktiv: Die NXT Powertex 3L Jacket wiegt nur ganze 230 Gramm und lässt sich extrem kompakt verstauen. Ihre dreilagige Laminatkonstruktion mit verschweißten Nähten besteht aus 100 Prozent recyceltem Polyamid mit PFAS-freier DWR-Imprägnierung – eine minimalistische, technische Hardshell für anspruchsvolle Bergabenteuer salewa.com

MUSIK/ HELDINNEN FOREVER

Die australische PunkrockSängerin Amy Taylor (Amyl and the Sniffers) über furchtlose Künstlerinnen, die sie geprägt haben.

Die zierliche 29-Jährige ist eine Naturgewalt: Mit Bikinioberteilen und kurzen Röcken, einer Leidenschaft fürs Fluchen und provokanten Posen bringt sie eine Bühnenenergie mit, die jede Location zum Kochen bringt. Dank ihr sind Amyl and the Sniffers zu einer der hottesten Bands der Rockwelt aufgestiegen. Praktisch ständig sind sie auf Tour und ernten Kritiken, die Lobeshymnen gleichen. Green Day oder die Foo Fighters sind Fans. 2024 schaffte die aus Melbourne stammende Viererformation den internationalen Durchbruch: Die Konzerte in Europa waren binnen Tagen ausverkauft. Auf ihrem dritten Album „Cartoon Darkness“ präsentiert Amy Taylor ihre spezielle Sicht auf Feminismus, Politik, Konsum und Klimawandel. Uns hat die Frontfrau vier Songs von Frauen verraten, die ihren Weg und Sound beeinflusst haben.

Amyl and the Sniffers sind am 25. Juni in Berlin und am 26. Juni in Dortmund zu sehen. Weitere Infos: amylandthesniffers.com

The Plasmatics Monkey Suit (1980)

„Sängerin Wendy O. Williams war für mich die Königin des weiblichen Selbstbewusstseins – sie stand zu ihrer Sexualität und Kraft, sie verachtete das System und die Scheinheiligkeit der Gesellschaft. Schon damals sprach sie von dystopischen Szenarien und dem Klimawandel, das war absolut fortschrittlich für ihre Zeit. Dieser Song gehört zu ihren besten.“

Grace Jones Pull Up to the Bumper (1981)

„Vor ein paar Monaten sind die Jungs und ich bei einem Festival aufgetreten – und sie war da! Das hat uns alle total geflasht, ich glaube, Bryce und Declan haben sogar geweint, alle waren hin und weg. Sie hat mir gezeigt, was Live-Musik kann – mit ihrer Kraft und gleichzeitigen Weichheit und Schönheit und Kreativität. Das ist mein Lieblingssong von ihr.“

Iris DeMent Warriors of Love (2023)

„Ich halte sie für eine wahre Poetin. Ich liebe ihre Stimme, und ihre Weltsicht spricht mir aus der Seele. Diese Nummer stammt von ihrem neuen Album – das erschien leider erst, nachdem wir unseres begonnen hatten. Ihre Perspektive hätte uns sehr inspiriert. Sie beschäftigt sich mit ganz ähnlichen Dingen wie ich und trifft dabei voll ins Schwarze.“

X-Ray Spex Identity (1978)

„Als wir mit der Band angefangen haben, kannte ich Poly Styrene von X-Ray Spex noch nicht. Aber irgendwer sagte, wir würden klingen wie die, und das hat mich gestört. Also habe ich reingehört und bin seitdem besessen von der Band: von den Texten, dem Auftritt und Polys Stimme. Bis heute mag ich diesen Song besonders gerne. Hört rein!“

AMY UND IHRE JUNGS. Mit ihrem neuen Album „Cartoon Darkness“ geht die australische Band auf Europatournee.

MINDGAME/

GEH DIR AUF

DEN SENKEL

Hier kommt eine Rätsel-Challenge samt Kick für deine mentale Fitness. Folge 2: Mit räumlicher Wahrnehmung die richtigen Schnürsenkel suchen.

Die Herausforderung Finde den richtigen Schnürsenkel zum jeweiligen Schuh. Beachte dabei die unterschiedliche Schnürung.

Der Skill

Dieses Rätsel trainiert die räumliche Vorstellungskraft, einen der wichtigsten Bausteine unserer Intelligenz. In unserem Hirn spielen dafür verschiedene Areale zusammen – etwa der Hippocampus oder der entorhinale Cortex. Im Alltag brauchen wir die räumliche Vorstellungskraft zum Beispiel bei Ballspielen wie Basketball oder beim Planen von Handwerksprojekten.

Scanne den QR-Code, um zur Lösung des Rätsels zu gelangen.

EVENTS/ IM FLUGMODUS

6.

und 7. Mai OMR Festival

Kim Kardashian war schon da, Quentin Tarantino auch – und für dieses Jahr hat Dirk Nowitzki zugesagt: Wenn das OMR Festival ruft, kommen die ganz großen Namen. Vor allem aber sprechen hier Vorreiterinnen und Vorreiter des digitalen Universums über Trends –2025 etwa die Chefs von OpenAI und Reddit. Und zum Feiern kommen dann wieder A-List-Promis wie zuletzt Ski Aggu oder Stella Bossi. Alle Infos: omr.com 4.

Mai

Wings for Life World Run

Gemeinsam für die gute Sache: Nach diesem Prinzip starten die Läuferinnen und Läufer bereits zum 12. Mal beim Wings for Life World Run – ob bei einem der Flagship Runs in München (bereits ausverkauft), Wien und Ljubljana oder per App-Run, wo auch immer du gerade bist (deine Chance!). Nach dem Startschuss um 13 Uhr laufen weltweit Hunderttausende gleichzeitig so lange, bis das Catcher Car sie eingeholt hat. Alle Einnahmen fließen in die Forschung zur Heilung von Querschnittslähmung. Infos: wingsforlifeworldrun.com

Von Laufen über Biken bis Paragliden: Diese Termine lassen dich im Frühling garantiert abheben. 26. April

18.

Juni

Money Boy Big Baller Tour

Dreh den Swag auf: Getreu diesem Motto – zugleich Titel eines seiner größten Hits – geht Rapper Money Boy auf seine „BIG BALLER Tour“. Der Wiener gilt als einer der prägendsten Deutschrapper der letzten Jahre. Seine Texte sind oft humorvoll, seine Auftritte energiegeladen und mitreißend. Den Auftakt seiner Acts in Deutschland gibt’s in der Live Music Hall, Köln. Infos: moneyboy.at

Saisonstart

Drift Masters

Und sie rutschen wieder: Die neue Saison der Drift Masters European Championship startet mit einer Premiere im Rennkalender, denn erstmals treten die Fahrer vor den Toren Roms auf der legendären Vallelunga-Strecke an. Größen wie Conor Shanahan, 21-jähriger Shooting-Star aus Irland (Bild), messen sich in Kategorien wie Tempo, Driftwinkel und Stil. So driften die Fahrer in Kopf-an-Kopf-Duellen direkt hintereinander. Code scannen und die spektakuläre Action live oder auf Abruf auf redbull.tv erleben.

15.

Juni

Red Bull X-Alps

Der absolute Gipfel: Wer diesen einzigartigen Wettkampf gewinnen will, muss die Alpen durchqueren – per Gleitschirm und zu Fuß. Neben Start und Ziel sind nur bestimmte Wendepunkte vorgegeben. So entwickelt sich über etwa zwölf Tage ein echtes Abenteuerrennen, bei dem sich die Starter und die einzige Starterin ihre ganz eigene Route erkämpfen müssen. Verfolge die Flieger per Live-Tracking auf: redbullxalps.com

1.

Mai Eschborn–Frankfurt

Der Rennradsport boomt wie selten zuvor in Deutschland: Bei diesem Rennen haben Enthusiasten die seltene Chance, die besten Fahrer der Welt aus unmittelbarer Nähe zu erleben.

Etwa das Team Red Bull - Bora - hansgrohe mit Ausnahmefahrer Primož Roglič oder Visma | Lease a Bike mit Wout van Aert, einem Spezialisten für Frühjahrsklassiker wie diesen. Die Zielgerade liegt wie immer spektakulär vor der Alten Oper in Frankfurt. Infos unter: eschborn-frankfurt.de

21.

bis 25. Mai

Crankworx Cairns, Australien

Jetzt wird’s wild: Bei diesem Stopp des Mountainbike-Festivals treten die Fahrerinnen und Fahrer im australischen Regenwald an. Die weltbesten Biker befahren die technisch anspruchsvollen Dirt Tracks auf der charakteristischen roten Erde. Mit dabei sein wird auch Deutschlands aufstrebende Fahrerin

Patricia Druwen, die ihre spektakulären Sprünge im Slopestyle zeigen wird. Code scannen und live oder auf Abruf auf redbull.tv erleben.

Herausgeber

Andreas Kornhofer

Chefredakteur

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Textchef

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Executive Creative Director

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Hier schreibt Bestsellerautor Leif Randt eine futuristische Short-Story-Serie für The Red Bulletin. Folge 5: Varanasi Valentine

LEUCHTENDES GRÜN

Als Ausgangspunkt jeder Story verwendet Randt ein Handyfoto von seinen Reisen. Aktuelles

Motiv: eine Straßenszene in Varanasi, Indien – für uns kunstvoll gestaltet von Fotograf Klaus Pichler.

Hinter den Glasfenstern der Flughafenhalle war üppig grüne Vegetation zu erahnen, und der Himmel leuchtete in einem hellen Blau. Luna fühlte sich noch sehr verschlafen, sie hatte im Flugzeug schlecht geträumt, zum ersten Mal seit langer Zeit von ihrem Exfreund Ben, und war erst beim Landeanfug von einem indischen Steward geweckt worden. Ihr Begleiter Samy wirkte hingegen voller Energie, er machte federnde Schritte, die betonten, dass er weit und breit die höchstgewachsene Person war, und zeichnete eine Sprachnachricht auf: „Hello Y-Lift! Ich habe auf der Insel Hokkaidō im tief verschneiten Japan die geheimnisvolle Luna aus Offenbach kennengelernt. Wir sind spontan nach Indien weitergereist, um hier den Valentinstag zu verbringen, da uns nach mehreren Bechern warmem Sake aufgefallen ist, dass wir beide insgeheim an Karma glauben. Eben sind wir im sonnigen Varanasi gelandet, wo es mindestens dreißig Grad wärmer ist als auf Hokkaidō. Happy Valentine everybody!“

Samy, der Social Media eigentlich ablehnte, hatte sich vor kurzem bei Y-Lift angemeldet, einer noch jungen und antikommerziellen Plattform, auf der Reisende von ihren Erfahrungen erzählten. Eine Nachricht durfte nicht länger als neunzig Sekunden dauern und konnte in insgesamt dreißig Sprachen ausgespielt werden.

Luna: „Ich weiß ehrlich gesagt gar nicht, ob ich an Karma glaube.“

Samy: „Wir sind doch beide verkappte Hindus. Das stand klar zwischen den Zeilen. Und deshalb sind wir hier.“

Luna: „Ich glaube ehrlich gesagt nicht, dass ich Hindu bin. Ich bin eher gar nicht religiös. Ich glaube an die Wissenschaft.“

„Aber das widerspricht sich doch nicht!“, antwortete Samy gut gelaunt.

In den ersten sieben Tagen ihrer Beziehung, die bislang primär eine heiße Affäre bei Schnee und Eis gewesen war, hatten sie schon mehrfach gestritten. Am vierten Tag war ein Wortgefecht auf eine Weise hochgekocht, dass sie die Nacht getrennt voneinander verbracht hatten. Luna hatte dann mit ihrer Mitbewohnerin Maria in Offenbach telefoniert, die mit Luna perspektivisch gerne ein Unternehmen gründen wollte und ihr ans Herz legte, Samy rasch wieder zu verlassen („Das ist so ein Typ, der mag heiß sein, aber der wird dir auch hart auf die Nerven gehen“). Luna hatte sich zudem mit ihrem KI-Assistenten Kenny-Systems unterhalten, und Kenny hatte gesagt: „Einige Charaktere ziehen positive Energie aus Konflikten.

Und kleinere, nicht existenzielle Streite zeugen oftmals von einer großen erotischen Anziehung.“

Schon am Folgetag versöhnten sich Luna und Samy über warmem Sake und hielten an der bereits gebuchten Indienreise fest.

Weil es Samy schöner fand, eigene Fotos als Sprachnachrichten-Covers in seinen Y-LiftAccount zu laden, anstatt diese von der App generieren zu lassen, sagte er zu Luna: „Stell dich mal da vorne in die Sonne. Du siehst gerade hinreißend aus!“

Luna fühlte sich alles andere als hinreißend.

„Ich sehe voll verpennt aus. Bitte fotografier etwas anderes.“

Samy machte dann mehrere Fotos, auf denen Luna ihre Hand abwehrend ausstreckte und ihr Gesicht zur Seite drehte.

Samy: „Schau mal. Dieses hier ist doch voll lustig und hübsch!“

Luna: „Nein! Fotografier dich selbst. Du sprichst doch auch.“

Samy: „Es ist aber so eitel, sich da ständig selbst zu zeigen.“

Luna: „Dann fotografier halt die Landschaft!“

Samy fotografierte einige Palmen vor blauem Himmel. Luna sagte: „Siehst du, geht doch.“

Das noch junge Paar zog seine Rollkoffer zum Taxistand. Während in Nordjapan noch reichlich Schnee gelegen hatte, war es am Valentinstag in Nordindien längst heiß. Luna trug ihren großen, gelben Daunenmantel über dem Arm, weil in ihrem Koffer kein Platz mehr dafür war, und Samy hatte sich seinen schweren Norwegerpulli um die Hüfte gebunden. Ein Taxifahrer begrüßte die beiden in perfektem Englisch und räumte ihre Trolleys in den Kofferraum. Sprachnachricht von Samy: „Hello Y-Lift. Wir haben wahrscheinlich den nettesten Taxifahrer des ganzen Planeten erwischt. Super warmherzige Vibes!“

Auf der Autobahn deutete der Fahrer auf einen langsamen Wagen und sagte beim Überholen: „Have a look. Hindu body on the roof!“ Auf das Autodach war ein toter Mensch gebunden, der zum Ganges gebracht wurde. Viele Hindus glaubten –das hatte Luna bereits in Japan nachgelesen –, dass sie den Kreislauf der Wiedergeburten durchbrechen könnten, wenn sie sich nach ihrem Tod in der heiligen Stadt Varanasi verbrennen ließen.

„Are you a Hindu?“, fragte Samy den Taxifahrer, und dieser antwortete lachend: „No. I work in tourism.“

Luna fragte ihn, ob er Yoga mache – sie selbst praktizierte es seit vielen Jahren –, und der Taxifahrer schüttelte vehement den Kopf. Er habe noch nie Yoga gemacht, und er werde das auch

LEIF RANDT Geboren 1983 in Frankfurt am Main. Er gilt als Vertreter einer neuen Generation der Popliteratur.

Sein vierter Roman „Allegro Pastell“ stand 2020 mehrere Monate in den Bestsellerlisten. Aktuell arbeitet Randt an dessen Verfilmung und an einem neuen Roman.

Ihre Indien-Flüge und die Unterkünfte
hatten Samy und Luna recht impulsiv nach ihrer zweiten Liebesnacht gebucht.

niemals tun. Er fragte, ob die beiden Fans von Real Madrid oder von Eintracht Frankfurt seien, und Samy sagte, dass sie beide sich überhaupt nicht für Fußball interessierten.

Luna: „I like Eintracht Frankfurt very much.“

Samy: „Echt jetzt?“

Luna: „Ja. Meine ganze Familie liebt die SGE. Ich war früher sogar manchmal im Deutsche Bank Park und habe Spiele live geschaut.“

Samy: „Ich finde es krass, dass du Fußball magst. Fußball ist doch vor allem Hypnose, um unterbezahlt arbeitende Männer ruhigzustellen.“

Der Taxifahrer erzählte von der Hero Indian Super League, die aber nicht so stark sei wie die europäische Champions League, und er sagte, dass er Eintracht Frankfurt auch gut finde, aber nicht ganz so gut wie Real Madrid.

„Fair enough“, lächelte Luna. Der Fahrer nickte freundlich in den Rückspiegel.

In der City von Varanasi waren die Straßen verstopft mit Fahrradrikschas, Motorrollern und Fußgängern, und aus allen Himmelsrichtungen wurde unentwegt gehupt. Als der Verkehr in einem Moment völlig zum Erliegen kam, beklagte sich der Taxifahrer in einer Sprache, die Luna nicht verstand. „What’s going on?“, fragte sie vorsichtig. Irgendwo würde vermutlich eine Kuh auf der Straße liegen, meinte der Fahrer, das komme in dieser Gegend regelmäßig vor.

Samy zückte sein Handy: „Hello Y-Lift! Auf den quirligen Straßen von Varanasi stehen wir sofort im Stau. Und der Grund dafür ist eine schlafende heilige Kuh. Ich bin sicher, dieses Tier bringt uns Glück. Und Glück kann ich gerade gut gebrauchen, denn die süße Luna aus Offenbach ist heute ziemlich gereizt.“

Während Luna ihren Trolley zog, legte sie sich einige Punchlines zurecht, die sie jederzeit zünden könnte.

Ihre Flüge und Unterkünfte hatten Samy und Luna recht impulsiv am Morgen nach ihrer zweiten Liebesnacht gebucht. Die Wohnung in Varanasi mit Blick auf den Ganges hatte auf den Bildern geräumig und hell ausgesehen, sie war bezahlbar gewesen, und es wurde Self-Check-in angeboten. Dass sie die Schlüsselbox in der erstaunlich feuchten Witterung selbst nach mehreren Umrundungen des Gebäudes nicht finden konnten, trieb Luna, der ihr oversized Daunenmantel über dem Arm immer schwerer wurde, langsam in den Wahnsinn.

Samy, an dessen Nasenspitze sich jetzt ständig Schweißtropfen sammelten, zeigte Luna das Foto, das die Y-Lift-App zu seiner letzten Sprachnachricht generiert hatte: das Airbrush-Gemälde einer Kuh, die bei Nacht zu leuchten schien, daneben eine grimmige Frau mit verschränkten Armen.

Luna: „Könntest du noch mal die Wegbeschreibung checken?“

Samy: „Es sieht so aus, als wäre die Schlüsselbox mal genau hier gewesen.“

Samy zeigte auf die Wand, und tatsächlich war dort ein heller Abdruck in der Form einer Schlüsselbox zu erahnen.

Luna: „Können wir den Host anrufen?“

Samy: „Eine Nummer ist nicht hinterlegt. Aber ich kann ihm schreiben. Hältst du kurz?“ Samy drückte Luna seinen Norwegerpulli in die Arme, der ihm ständig von der Hüfte rutschte. „Antwort in der Regel binnen fünfzehn Stunden … Aber es kann ja sein, dass er heute schneller ist.“ Und dann wurde Samy richtig sauer: „Kannst du nicht aufpassen!?“ Luna war der Norwegerpulli, kaum hatte sie ihn über ihre Jacke gelegt, auf eine feuchte Stelle am Boden gefallen.

Luna: „Meine Güte, es war keine Absicht! Ich hab mich nur kurz verkrampft.“

Samy: „Aber deine Jacke fällt dir natürlich nicht in den Dreck?! Dir fehlt einfach der Respekt für Sachen, die nicht deine sind, Businesslady.“

In der Folge wurde lange geschwiegen. Man wollte sich die Wartezeit bis zur Nachricht des Gastgebers in einem klimatisierten Lokal vertreiben, doch viele Restaurants waren in den heißen Mittagsstunden geschlossen. Während Luna ihren Trolley über die unebene Straße zog, legte sie sich einige Punchlines zurecht, die sie, sollte es hart auf hart kommen, jederzeit zünden könnte: Samy, der cholerische Wannabe-Hindu. Samy, der Pseudo-Idealist. Samy, der überhebliche Pfau vom Bodensee. Die Sonne stach aus einem diesiger werdenden Himmel, und die Motorradrikschas hupten. Luna sah, dass Samy seine Kopfhörer trug. Wahrscheinlich hörte er die Y-Lift-Messages weit gereister Frauen, die noch nie ein Büro betreten, aber ständig tiefe Gedanken hatten. Das einzige Café, das um diese Tageszeit geöffnet war, hieß India Delight – eine Kette, die es laut Kenny Systems in zweiunddreißig Ländern gab. Alle Wände waren mintgrün angestrichen, es roch nach Ingwer, und die Raumtemperatur lag bei rund 17 Grad. Die meisten Gäste schienen von weit her angereist zu sein, Luna hörte die Stimmen junger Schweizerinnen, die sie für Studentinnen hielt, und die Stimmen zweier Australier, die sie für Trinker hielt.

Als sie einen Tisch besetzt hatten, brach Samy das Schweigen. Sein Pullover sei für ihn nun mal von hohem sentimentalem Wert und man könne ihn nicht einfach so waschen, er müsse in die Trockenreinigung. „Aber ich verspreche dir, nie mehr so laut zu werden. So bin ich eigentlich nicht.“ Um sich im Luftzug der Klimaanlage nicht zu erkälten, zog Samy seinen Pullover an, der am Rücken nun ganz dreckig war, ging zum Tresen und kaufte einen Kuchen, in den er eine Kerze stecken ließ. Er zündete die Kerze vor Lunas Augen mit einem kleinen Feuerzeug an und sagte: „Happy Valentine!“

„Du bist ein cholerischer Wannabe-Hindu“, flüsterte Luna, „aber du bist auch ziemlich sexy.“

„Ich weiß“, sagte Samy.

Klein bisschen weiser mit … Manuel Lettenbichler

Steilhänge, tiefer Schlamm: Der Extreme EnduroChampion meistert jeden Untergrund. Hier erklärt er, was er bisher vom Leben gelernt hat.

Meine Freundin und ich erzählen uns jeden Abend das Highlight des Tages, etwa: „Eigentlich war’s heute echt stressig, aber ich bin mittags 15 Minuten in der Sonne gesessen –das war geil.“

In meiner Jugend habe ich im Elektrogeschäft, auf dem Bau und im Garten der Nachbarn gejobbt. Früh auf eigenen Beinen zu stehen, fühlt sich gut an.

About Manuel Lettenbichler

Geboren 1998 in Rosenheim, saß Manuel mit fünf zum ersten Mal auf einem Motorrad. 2024 gewann er seine vierte Weltmeisterschaft in der Enduro­Disziplin. Beim Red Bull Erzbergrodeo startet er am 29. Mai zum zehnten Mal. redbullerzbergrodeo.com Instagram: @m_letti304

Gras- oder Erdflecken bekommt man gut raus, wenn man sie vor dem Waschen mit Shampoo oder Spülmittel einreibt.

Pro­Tipp vom Trainingslager in Italien: seeeeeeehr viel Salz ins Nudelwasser.

Wichtigster Pflegetipp für alle Radler und Zweiradfahrer: „Wer gut schmiert, der gut fährt!“

Disziplin kommt von allein, wenn du dich bewusst entscheidest, dich einer Sache hinzugeben.
Wenn du nervös wirst, bleib im Jetzt: Am Start denke ich nicht an die brutalen Duelle, die gleich kommen.

Um zu wissen, was du willst, brauchst du die Freiheit, Dinge auszuprobieren: Bevor ich mich fürs Motorradfahren entschieden habe, wollte ich schon Freeski­Pro werden –oder Schreiner.

WIR LAUFEN FÜR ALLE, DIE ES NICHT KÖNNEN

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