The Red Bulletin AT 04/22

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ÖSTERREICH APRIL 2022 € 3,50

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ABSEITS DES ALLTÄGLICHEN

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n die Fragen a 1 neue Nr.

WER IST MAX? Formel-1-Champion

MAX VERSTAPPEN über Kindheitsidole, Tempolimits und seine Karriere als E-Gamer

PLUS JOCHEN RINDT PENÉLOPE CRUZ MIRIAM HÖLLER SEAN PAUL

–––


Elegance is an attitude Marco Odermatt


Longines Spirit


E DI TO R I A L

WILLKOMMEN

EINE DOSIS REALITÄT

Ohne Rennanzug auf den ersten Blick fast gar nicht zu erkennen, aber ja, es ist Formel‑1-­ Weltmeister Max Ver­ stappen (li.) – im Talk mit unserem Motor­ sportexperten Gerald Enzinger, ab Seite 40.

Gute Unterhaltung mit der neuen Ausgabe von The Red Bulletin! Die Redaktion

IRE GUT!

Illustrator Dan Leydon, daheim in Sligo im schönen Irland, hat für uns Max Verstappen auf dessen Essenz re­ duziert. Auf dem Cover und ab Seite 40.

1980

beginnt die offizielle Geschichtsschreibung des Breaking. Foto­ grafin Martha Cooper entdeckt statt eines Aufstands tanzende Teenager, ab Seite 22.

DAN LEYDON (COVER), SASCHA BIERL

CHAMPION MAX IM COVER-TALK

„Für die Menschen in meinem Umfeld, meine Familie und meine Freunde, bin ich nicht die berühmte Schauspielerin. Da werden die Dinge ehrlich beim Namen ­genannt“, sagt Hollywood-Ikone Penélope Cruz. Dinge ehrlich beim Namen zu nennen ist eine feine Sache. In dieser Ausgabe machen das u. a. B-Girl Gameova (ja, das ist ein Künstlername), PopHeldin Self Esteem („Meine Fans sind ebenso dick und deprimiert und verrückt wie ich. Zusammen sind wir unheimlich groß“) und die neue Nummer eins der Formel 1, Max Verstappen. Auf die Frage, welche Verkehrsregel er a ­ bschaffen würde, sagte der Red Bull Racing-Pilot: „Keine. Ich fahre sowieso nicht allzu viel, und ich verstehe ­natürlich, dass du ein Limit auf normalen Straßen hast.“ Weil dort auch er nicht der berühmte Formel-1-­ Fahrer ist, sondern ein Mensch wie du und ich.

SO GEHT DAS

Besser leben dank Biohacking. Unser Experte Andreas Breitfeld teilt ab dieser Ausgabe sein Wissen. Folge eins: Besser schlafen, auf Seite 84.

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Make Your Body Smile. immun PLUS MIT VITAMIN C + D & ZINK*

*Zink, Vitamin C & D tragen zu einer normalen Funktion des Immunsystems bei. Empfohlene Verzehrseinheit: ein Glas (250 mL) pro Tag. Ganz allgemein empfehlen wir eine ausgewogene Ernährung und eine gesunde Lebensweise.


I N H A LT The Red Bulletin im April 2022

56 DON’T WORRY BABY Marc Ziegler rettet Bergsteiger aus der Eigernordwand.

MUSIK

48 SELF ESTEEM

Danke, dass es dich gibt: die Pop-Heldin, auf die wir ­gewartet haben.

40 SUPERMAX

Die neue Nummer eins der Formel 1: 33 Fragen und Antworten zu Max Verstappen – exklusiv zum Saisonstart.

PORTFOLIO

22 B REAKING GOOD

Fotografin Martha Cooper war in den 80ern bei der Geburtsstunde des Breaking dabei.

34 PENÉLOPE CRUZ­

Die Hollywood-Ikone über ­gewalttätige Rollen, Filmpreise und den Sinn des Lebens.

FUSSBALL

36 LENAS DOPPELPACK

Top auf Rasen und Schirm: Kickerin Lena Güldenpfennig ist real und virtuell erfolgreich.

BREAKING

38 E VGENIAS SUPERKRAFT B-Girl Gameova ist schwer­ hörig – für die 33-Jährige ­keine Last, sondern Chance.

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56 H ELFER IN DER NOT

Immer einsatzbereit: Marc Ziegler rettet Menschen aus der Eigernordwand.

GUIDE

Tipps für ein Leben abseits des Alltäglichen

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73 REISEN. Eine Kitesurf-Rallye in Brasilien – über 500 Kilometer!

FILM

8 GALLERY 14 ZAHLEN, BITTE! 16 FUNDSTÜCK

FLUGRETTUNG

78 P LAYLIST. Sean Paul verrät, welche Songs seine Karriere prägten.

GOOD VIBRATIONS B-Girl Gameova ist fast gehörlos – aber sie fühlt die Musik.

80 L ESESTOFF. Philippe Djian ­verwandelt Alltag in Poesie.

TERO REPO, PHILIPP HORAK, MARTHA COOPER, PHILIPP MUELLER

COVERSTORY

82 TIPPS & TRENDS. Unsere ­Favoriten zum Frühlingsbeginn 84 BIOHACKING. Warum wir im Bett die Socken anlassen sollten 86 MOTORRÄDER. Bikes, auf die wir jetzt abfahren 90 EVENTS. Red Bull Paper Wings 92 B OULEVARD DER HELDEN. Köhlmeier: Wie Sequoyah den Cherokee eine Schrift schenkte

18 MEIN ERSTES MAL 20 DAS PHILOSOPHEN-INTERVIEW

96 IMPRESSUM 98 CARTOON

22 FUN, FUN, FUN Der Tag, an dem die Welt Breaking entdeckte (wir blicken zurück).

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WOULDN’T IT BE NICE Die britische Sängerin Self Esteem gibt Frauen Kraft. Und nicht immer ist sie dabei so sanft wie auf diesem Bild.

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BANKS, IDAHO, USA

Hier wird geblitzt

JOHN WEBSTER/RED BULL ILLUME

LOU BOYD

Schon bei Tag sind die Stromschnellen des North Fork Payette River nichts für Anfänger. Sie in finsterer Nacht zu bezwingen bedarf fortgeschrittener Ortskenntnisse. WildwasserKanute Hayden Voorhees kennt den Fluss wie seine Westentasche: Er hat hier als Kind Paddeln gelernt. Man ahnt, dass auch die F­ otos vom wilden Ritt eine Heraus­forderung waren. John Webster hat den Stunt mit Bravour – und starkem Blitzlicht – gemeistert. Instagram: @johnjwebster

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WORONESCH, RUSSLAND

Let’s get funky! Der russische Fotograf Alexey Shabanov experimentiert gern: mit Rauch, Wasser, Eis, mitunter auch mit Winkelschleifern – die machen so schöne Funken, wenn sie auf Metall treffen. Um den BMXKünstler Konstantin „Kostya“ Chernov in einer stillgelegten Baggerfabrik ­gebührend in Szene zu setzen, sorgte er mit gleich zwei dieser Werkzeuge für entsprechend aufgekratzte Stimmung. Instagram: @molot0v1 10


CHAMONIX, FRANKREICH

SpitzenAussicht

ALEXEY SHABANOV/RED BULL ILLUME, ANTOINE MESNAGE/RED BULL ILLUME

Drei Tage dauerte es, bis Fotograf ­Antoine Mesnage und Seiltänzer Hael Soma diesen abgelegenen Ort im Kessel des Mont-Blanc-Massivs erreicht und die Highline an einer Granitnadel montiert hatten. Dann konnte der Spaziergang über dem Abgrund, 700 Meter über dem Mer de Glace, dem größten Gletscher Frankreichs, ­beginnen. Das Bild dokumentiert ­einen „ziemlich i­ ntensiven Moment“, meint Mesnage. Da hat er recht. Instagram: @antoine.mesnage


SLAWOMIR KRAJNIEWSKI/RED BULL CONTENT POOL


TRYBUNALSKI, POLEN

Er hat den Dreh raus Es ist ein Genuss, Kunstflug-Ass Łukasz Czepiela, 38, bei seinen Manövern zu beobachten. Noch mehr Spaß macht es, wenn man dabei mit ihm auf Augenhöhe ist. Das ist der Witz der „Air-to-Air-Meetings“, die der polnische Fotograf Sławek „Hesja“ Krajniewski seit 2017 regel­mäßig ver­ anstaltet. Dabei sitzen die Fotografen im offenen Heck eines zweiten Flugzeugs, was spektakuläre Aufnahmen wie diese garantiert. Noch mehr Luftnummern: hesja.pl

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Z AHL EN, BI T T E!

OSCAR-VERLEIHUNG

Wer will mich? Am 27. März werden in Los Angeles zum 94. Mal die Academy Awards vergeben. Warum der Oscar nur einen Dollar kostet und welcher Film gleich fünf davon gewann.

Filmschaffende gründeten 1927 die Academy of Motion Picture Arts and Sciences. Heute hat sie mehr als 10.000 Mitglieder.

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2010

Auslands-Oscars gingen nach Italien. Deutsche Filme gewannen dreimal, ­österreichische und ­Schweizer je zweimal.

gewann Kathryn Bigelow als erste Frau die Kategorie „­ Beste Regie“ („Tödliches Kommando“).

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Filme gewannen alle fünf ­Haupt­­kategorien: Bester Film, Regie, Hauptdarsteller, Hauptdarstellerin und D ­ rehbuch, ­zuletzt 1991 „Das Schweigen der Lämmer“.

Mal wurde Ellen DeGeneres’ ikonisches All-Star-OscarSelfie 2014 binnen einer Stunde via Twitter geteilt.

Mal in Serie gewann Walt Disney die Kategorie „Bester animierter Kurzfilm“.

Nominierungen gab es für „Am Wendepunkt“ (1977) und „Die Farbe Lila“ (1986) – aber keinen Oscar.

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12.500

Mal wurden Tom & Jerry für ­einen Oscar nominiert, öfter als alle anderen Trickfiguren.

Dollar (11.000 Euro) kostet es, einen Film für den Nominierungsprozess einzureichen. 14

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CLAUDIA MEITERT

1.400.000

HANNES KROPIK

Jahre lagen zwischen ­ Katharine Hepburns erster Nominierung 1934 und ihrer letzten 1982.

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1500

Dankesreden von ­Preisträgern kann man auf oscars.org nachlesen.

GETTY IMAGES (2), PICTUREDESK.COM

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Dollar zahlt die Academy via ­Vorkaufsrecht, sollte ein Gewinner seine Trophäe verkaufen wollen.


17&co. Weste 49,99 EUR Shirt 15,99 EUR Jeans 59,99 EUR

FUSSL.AT


F U ND ST Ü CK

SAMMLUNG ERICH WALITSCH/FOTO: KLAUS PICHLER, GETTY IMAGES

SABRINA LUTTENBERGER

Formel-1-Star Jochen Rindt verunglückte am 5. September 1970 beim Training in Monza. Als einziger Pilot bisher wurde er posthum Weltmeister.

JOCHEN RINDT

Shorts Story Die Lieblings-Badehose der Formel-1-Legende Auch abseits der Strecke liebte Jochen Rindt die Geschwindigkeit. Bis zu seinem tragischen Unfalltod im Abschlusstraining in Monza für den Großen Preis von Italien 1970 wohnte der R ­ enn­ fahrer am Genfer See, wo er leidenschaftlich Wasserski fuhr. „Dabei trug er fast immer diese Badehose“, erzählt Erich Walitsch. Der Sammler ist ein Bekannter von Rindts Witwe Nina, die die Badehose vor drei Jahren zufällig wiederfand und Walitsch vermachte. Mehr Erinnerungs­ stücke zu Jochen Rindt kann man bis 24. April im Graz Museum bewundern. grazmuseum.at

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M EIN ERST ES M A L

MIRIAM HÖLLER

„Barbiepuppen? Ich spielte mit Ninja Turtles.“

Viele kennen ihr Gesicht aus dem Fernsehen: als Kan‑ keine Chance. Mein Karriere­traum war wieder ge‑ didatin bei „Germany’s Next Topmodel“ (ProSieben) platzt. Ich saß dann eines Abends, ich muss etwa sech‑ zehn gewesen sein, sehr betrübt mit meinen Eltern oder Moderatorin von „GRIP – Das Motormagazin“ vor dem Fern­seher. In der Sendung hing eine Frau an (RTL Zwei). Doch Miriam Höller stand lange Zeit auch einem Seil von einem Helikopter. ­inkognito vor der Kamera. Als Ich sprang vom Sofa auf: ‚Mama, Stuntfrau übernahm sie in Serien Papa, das will ich auch machen!‘ wie „Alarm für Cobra 11“ (RTL) Und meine Mama sagte: ‚Dann jene Jobs, die Schauspielerinnen musst du Stuntfrau werden!‘ zu riskant waren: von Häusern Ich hatte natürlich keine Ahnung, springen, sich aus Hubschrau‑ bern stürzen, in Flammen ­stehen. was eine Stuntfrau ist, also er‑ klärte sie es mir: ‚Das sind Frauen, Obendrein leitete Höller ein die gefährliche Dinge tun, sich 24‑köpfiges Stuntteam und spiel‑ te Hauptrollen in den Action-­ dabei aber nicht verletzen, weil Live-Shows des Europa-Parks in sie die Gefahr und das Risiko ­Baden-Württemberg, Deutsch‑ kon­trollieren können.‘ Sie sagte, lands größtem Freizeitpark. ich solle einfach in den Freizeit‑ park gehen und mir eine Stunt‑ Seit einem schweren Arbeits‑ unfall 2016 ist die 34-Jährige als show anschauen. Sportbotschafterin und KeynoteIch fuhr dann echt nach der 0:00 –37:40 Speakerin aktiv – um anderen Schule mit meinem Mofa hin Miriam Höller Menschen Mut zu einem auf­ und guckte mir eine solche Mein erstes Mal – der Podcast regenden Leben zu machen. Hier Stuntshow an. Und wow! Ich spricht Höller über das erste war sofort Feuer und Flamme. Mal, als ihr klar wurde, dass sie Mein Kindheitstraum, Action­ Actionheldin werden wollte – heldin zu werden, wurde plötz‑ „Am Seil von einem lich wieder greifbar. und wie sie ihren Traum ver­ wirklichte. Helikopter hängen. Rückblick war es mein größ‑ Das wollte ich auch!“ Im tes Glück, dass aus dem Moment, „Barbiepuppen hatte ich als Kind in dem mein Ballerina-Traum nie. Ich spielte lieber mit Match‑ Die spätere Stuntfrau Miriam Höller box-Autos und Ninja-­Turtlesfand ihre Berufung schon als Kind. ­geplatzt ist, etwas Großartiges Figuren. Als kleines Mädchen entstand. Ich wäre weiterhin träumte ich davon, Superkräfte zu haben, fliegen zu beim Tanzen geblieben, wenn ich nicht die Diagnose können und Actionheldin zu werden. Aber das war bekommen hätte, großwüchsig zu sein – und hätte natürlich kein realistischer Berufswunsch. Nichts, was gar nie zurück zu meinem Traumberuf gefunden.“ man lernen konnte. Außerdem sagten alle Erwach­ senen: ‚Nee, nee, mach mal lieber etwas Vernünftiges.‘ Deshalb geriet mein Kindheitstraum immer mehr in Vergessenheit, je älter ich wurde. Stattdessen stieg ich in die Fußstapfen meiner Tante und Mama und wurde Ballerina. Ich stand „MEIN ERSTES MAL“ IST DIE RED BULLETIN-PODCAST-SERIE, in der auf der Bühne, liebte das Tanzen. Bis der Wachstums‑ ­Heldinnen und Helden über ihre Anfänge sprechen. Die Folge mit Miriam schub einsetzte – und zwar ordentlich. Mit fünfzehn Höller, in der sie auch erzählt, wie man von einem Haus springt, ohne sich maß ich schon über eins achtzig. Diagnose: groß‑ zu verletzen, gibt’s im Podcast-Kanal von The Red Bulletin. Zu finden auf allen ­gän­gigen Plattformen wie Spotify und auf redbulletin.com/podcast wüchsig. Als Ballerina hast du mit so einer Größe

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WOLFGANG LIENBACHER

Sie war Deutschlands bekannteste Stuntfrau, sprang von Hausdächern und ging am Filmset in Flammen auf: Hier erzählt die 34-Jährige, wie sie durch einen geplatzten Kindheitstraum ihren Traumberuf fand.


RED BULL MIT DEM GESCHMACK VON KAKTUSFRUCHT. HIER, UM ZU . BLEIBEN

BELEBT GEIST UND KÖRPER.


DAS F IK T IV E PHILO S O PHEN -IN T ERV IE W

LOU ANDREAS-SALOMÉ SAGT:

„Lass ruhig alle wissen, dass du was Besonderes bist!“ Ob in sozialen Medien oder im wirklichen Leben: Auffallen ist en vogue. Wer Aufmerksamkeit auf sich zieht, steigert seinen Marktwert. Doch: Ist das nicht furchtbar selbstbezogen? Die russisch-deutsche Philosophin, Psychotherapeutin und Schriftstellerin Lou Andreas-Salomé erklärt im fiktiven Interview mit Christoph Quarch, warum ein bisschen Narzissmus dann und wann nicht schadet.

the red bulletin: Frau Andreas-Salomé, wie wichtig ist es, dass man seinen eigenen Stil findet? lou andreas-salomé: Schauen Sie mich an!

Wie können wir diesen Spagat zwischen Sich-­ zeigen-Wollen und Unsichtbar-sein-Wollen hin­bekommen? Indem wir konsequent unseren eigenen Weg gehen und dabei doch nie die Verbindung zu anderen Men­ schen, zur Welt oder sagen wir: zum Großen und Ganzen verlieren. Kennen Sie den antiken Mythos von Narziss, von dem das Wort „Narzissmus“ abgeleitet ist?

LOU ANDREAS-SALOMÉ (1861  – 1937) war eine der schillerndsten Frauen des späten 19. Jahrhunderts. Geboren als Tochter ­eines russischen Aristokraten, zog sie als junge Frau mit ihrer Mutter nach Zürich, wo sie Vorlesungen in Philosophie und Theologie hörte. Sie lernte Friedrich Nietzsche kennen, dessen Heiratsantrag sie aber ablehnte. Fortan verkehrte sie in den wichtigsten intellektuellen Zirkeln Europas und entwickelte eine eigene Philosophie. CHRISTOPH QUARCH, 57, ist deutscher Philosoph, Gründer der Neuen Platonischen Akademie (akademie-3.org) und Autor zahlreicher philosophischer Bücher, zuletzt: „Kann ich? Darf ich? Soll ich? Philosophische Antworten auf alltägliche Fragen“, legenda Q, 2021.

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BENE ROHLMANN

Aber es gibt doch auch ziemlich viele Menschen, die lieber unauf­ fällig bleiben. Beide Sehnsüchte stecken in uns. Schauen Sie, wir werden als individuelle Wesen ge­ boren – mit einem Körper, der uns von allen anderen unterscheidet. Gleichzeitig sind wir aber auch mit allen anderen Wesen verbunden. Als kleine Kinder fühlen wir uns noch allem zugehörig. Erst mit der sogenannten Individuation fangen wir an, uns bewusst von der Welt zu unterscheiden. Einerseits begeistert uns das, und wir wollen uns der Welt als etwas Besonderes zeigen, andererseits ängstigt es uns, und wir sehnen uns zu­ rück nach der Ureinheit. Diesen Konflikt aufzulösen ist eine Aufgabe, die wir uns alle stellen müssen.

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Sie meinen wohl Sigmund Freud. Der war ja nicht Ihr einziger prominenter Freund. Da waren noch Friedrich Nietzsche und Rainer ­Maria Rilke. Waren das die ­Spiegel, in denen Sie sich persönlich erkannt haben? Auf jeden Fall! Ich habe diese Männer geliebt. Ich habe überhaupt viele Männer geliebt. Und je mehr ich geliebt habe, desto mehr wurde ich die Lou, die ich heute bin: eine unver­ gleichliche, liebenswerte Frau. Finde ich jedenfalls. Und ich finde das gut. Ohne dass ich irgendeine Idee davon hatte, wie ich sein müsste, um unvergleichlich und liebenswert zu sein, bin ich es einfach geworden, indem ich meiner Liebe freien Lauf gelassen habe.

„Gesund ist Narzissmus, wenn er Selbstliebe und Liebe zur Welt verbindet.“

DR. CHRISTOPH QUARCH

Okay, dass Sie Ihren eigenen Stil gefunden haben, wird niemand bestreiten. Aber meinen Sie, dass wir alle gut daran täten, sich diesbezüglich Sie zum Vorbild zu nehmen? Ja, ich denke es liegt in der Natur des Menschen, etwas Besonderes sein zu wollen – nicht nur intellektuell, sondern auch körperlich. Und dieser Drang drückt sich eben im persön­ lichen Stil eines Menschen aus.

Narziss war ein Jüngling, der sich in sein eigenes Spiegelbild verliebte und dafür von den Göttern bestraft wurde. Warum fragen Sie? An dieser Geschichte interessiert mich ein oft über­ sehenes Detail: Sein Spiegelbild sah Narziss auf der Oberfläche eines stillen Sees – nicht in einem von Menschen gemachten Spiegel. Man könnte auch sagen: Er spiegelte sich in der Natur. Das ist faszinie­ rend. Er verliebt sich in sich selbst – ja, aber er sieht sich dabei als Teil des Großen und Ganzen. Das ist eine Haltung, die ich einen „gesun­ den Narzissmus“ nennen möchte. Einen Narzissmus, der Selbstliebe und Liebe zur Welt verbindet und die beiden Sehnsüchte nach Individualität und Zugehörigkeit zum Ausgleich bringt. Das ist etwas ganz anderes als der krankhafte Narzissmus, den mein Freund Sigmund als Pa­ thologie des modernen Menschen beschrieben hat.


R H U 3 1 – 2 2 8. MAI 20 LAUFEN KÖNNEN

T H C I N E I D , E L L A WIR LAUFEN FÜR IESSEN IN DIE RÜCKENMARKSFORSCHUNG GELDER FL 100% DER START

M O .C N U R D L R O W WINGSFORLIFE


P O RT FO L IO

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Breaking Good Martha Cooper hat die New Yorker Hip-Hop-Kultur vierzig Jahre lang mit ihrer Kamera dokumentiert. Dabei fing sie die Geburtsstunde eines globalen TanzPhänomens ein: Breaking. Text WOLFGANG WIESER

Street Style

Upper West Side, 1982 Ein Stück Karton, ein Ghettoblaster: Mehr braucht dieser junge B-Boy nicht, um seine Moves auf die Straße zu zaubern. Breaking, ursprünglich B-Boying genannt, entstand in den 1970er-Jahren in den New Yorker Armenvierteln. Der Tanz sollte die Spannungen zwischen Gangs ausdrücken.

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„Der ‚StraßenAufstand‘, den ich fotografieren sollte, war in Wirklichkeit ein Tanz-Battle.“ Martha Cooper über jene Verwechslung, die 1980 zu ihrer ersten Begegnung mit Breaking führte.

Brückenbauer Queens, 1982

Zwei Breaker tanzen auf einer Straße in Queens – die Zuseher sind begeistert, wie an ihren Mienen zu erkennen ist. Martha Cooper hielt mit ihren Fotos die rasante Entwicklung der Hip-Hop- und Graffiti-Kultur in Manhattan, Brooklyn, Queens und der Bronx fest.

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Kens Kampf-Grimasse Riverside Park, 1982

Wohlüberlegte Grimassen waren von Anfang an ein wichtiger Teil des Breaking, sie sollten die Gegner in Battles einschüchtern. Hier sehen wir Urgestein Ken Swift und sein „mad mugsy“-Gesicht, inspiriert von Kampfkünstler Bruce Lee. Swift tanzte später im Filmhit „Flashdance“. Heute ist er Präsident der Hip-Hop-Organisation Breaklife.

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Ein Mann hebt ab

Lincoln Center, 1981

Treffen sich zwei Breaking-Partien: So beginnt kein Witz, sondern ein Battle, wie die Wettkämpfe der B-Boys genannt werden. Hier sehen wir Frosty Freeze von der Rock Steady Crew in Aktion. Er zeigt seinen Signature-Move, den „Dead Man Drop“. Wie das Kräftemessen gegen die Dynamic Rockers ausging, konnte mangels Jury nicht geklärt werden.

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Open-Air-Training

Upper West Side, 1981 B-Boy Doze Green als Wirbelwind auf Pappe. Die Rock Steady Crew pflegte ihre Moves auf dem Happy Warrior Playground, Ecke 98. Straße West und Amsterdam Avenue, zu üben. Im Volksmund wird der Spielplatz heute Rock Steady Park genannt.

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Jetzt wird’s wild

Riverside Park, 1983

Doze Green, Frosty Freeze, Ken Swift (vorne von links), Fab 5 Freddy (hinten Mitte) und Patti Astor (hinten links) waren alle bei „Wild Style“ dabei – dem Film, der als erster Hip-Hop-Streifen in die Geschichte einging. Hier tanzen sie vor dem ikonischen „Wild Style“-Mural, das heute leider nicht mehr existiert.

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Dancefloor aus Karton Upper West Side, 1982

In einem Hinterhof nahe Martha Coopers Wohnung trainieren zwei B-Boys ihre Moves. Ab den Achtzigern verbreitete sich die New Yorker Subkultur explo­sions­­artig über die ganze Welt.

Drunter & drüber East Village, 1982

B-Boy-Legende Ken Swift mitten im Getümmel. Hier purzeln seine Kollegen der Rock Steady Crew durchs Bild, die sich an diesem Tag einen Battle mit der Floor Masters Crew liefern. Schauplatz ist der Club Negril im East Village, Manhattan.

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Mit diesem Bild fing alles an

Washington Heights, 1980

Dieses Foto, aufgenommen am 21. Jänner 1980 in Washington Heights, einem Stadtteil im äußersten Norden von Manhattan, gilt heute als das erste Bild, das einen damals verstörend neuen Tanz dokumentiert: Breaking. Eine Jugendkultur, die sich, parallel zu Graffiti und Hip-Hop, auf der Straße entwickelte.

„Die Cops staunten: ‚Diese Kids drehen sich auf dem Kopf!‘“ Martha Cooper über die ersten Reaktionen der New Yorker Polizei auf die Breakdancer

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Fotografin Martha Cooper vor einem Graffiti, das sie zeigt: In der Hip-Hop-Szene gilt die heute 79-jährige US‑­ Amerikanerin als Legende.

DIE FOTOGRAFIN

MARTHA COOPER Martha Cooper, Jahrgang 1943, war ab 1973 als Fotografin bei der „New York Post“ beschäftigt. Im Jänner 1980 wurde sie von der Redaktion nach Washington Heights im Norden Manhattans geschickt – dort seien Ausschreitungen im Gange. Die entpuppten sich dann als Breaking-­Battle: keine Story für die „Post“, aber lebensverändernd für Cooper. Abgesehen davon, dass Breaking mit ihrem Foto (siehe linke Seite) erst das Licht der Welt erblickte, spezialisierte sie sich in der Folge auf die Dokumentation der New Yorker Hip-Hop-Szene: Graffiti, Breaking. Jugendkultur, die in

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dem Spannungsfeld von Armut, Gangs und Überlebenskampf wuchs – bis heute hat sie mehr als zehn Bücher zum Thema ver­ öffentlicht. Sie hielt die legendären Battles der Rock Steady Crew oder der Dynamic Rockers fest, die sich auf den Straßen New Yorks erbitterte Tanzduelle lieferten, indem sie ihre Körper grotesk verrenkten, Pirouetten auf ihren Köpfen d ­ rehten und Salti schlugen. Es war der Beginn einer Bewegung, die Hip-HopBeats in unwider­stehliche Moves verwandelte und in den folgenden Jahren die Welt eroberte. Instagram: @marthacoopergram, kodakgirl.com

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Film

hat Europas Kino geprägt und gleichzeitig Hollywood erobert. Warum die Oscar-Gewinnerin auf Filmpreise pfeift und lieber ihre Mutter feiert, erzählt sie hier. Interview RÜDIGER STURM

Nach neun Jahren klassischem ­Ballettunterricht weiß Penélope Cruz genau, wie man einen per­ fekten Spagat hinlegt. Die spani­ sche Schauspielerin und zweifache ­Mutter wechselte in ihrer Film­ karriere immer wieder zwischen europäi­schem Autorenkino und ­großen Hollywood-Blockbustern – und überzeugte an beiden Enden des Spektrums mit enormer Intensität. In der Liste ihrer Auszeichnungen glänzt neben drei spanischen Film­ preisen, den „Goyas“, auch ein Oscar für ihre Rolle in „Vicky Cristina Barcelona“ (2009). Aktuell ist Cruz in Pedro Almodóvars faszinierender Identitätssuche „Parallele Mütter“ und dem feministischen Actionfilm „The 355“ zu sehen. the red bulletin: Frau Cruz, in „The 355“ treten Geheimagen­ tinnen in Actionszenen auf und lassen es ordentlich krachen. Sie hingegen haben sich die Figur der Psychologin Graciela ausgesucht, die vor Gewalt Angst hat. Warum? penélope cruz: Nicht jeder Mensch will mit Fäusten und Waffen kämpfen. Ich persönlich jedenfalls nicht. Man kann seine Stärke auch auf andere Art beweisen – und genau das tut sie, und zwar mit Mitteln der Psychologie. Das ist ihre Stärke, darin ist sie gut. Natürlich fühlt sie sich im Kreis der Superagentinnen wie ein Fisch auf dem Trockenen. Aber deshalb können sich die Zu­ schauer auch viel besser mit ihr

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identifizieren. Gleichzeitig sorgt sie mit ihrem Verhalten für Komik. Für mich war diese Rolle von Anfang an viel interessanter als die einer reinen Actionheldin. Wie haben Sie selbst – also im richtigen Leben – Stärke g ­ elernt? Von meinen Eltern. Meine Mutter ist sehr stark, eine geborene Feministin. Meine Eltern haben mich gelehrt, dass ich mir selbst treu bleiben muss. Deshalb hatte ich auch nie Bedenken oder Probleme, meinen Standpunkt zu behaupten. Ganz wichtig war, dass sie Gleichberech­ tigung perfekt vorgelebt und in der Erziehung zwischen meiner Schwes­ ter, meinem Bruder und mir keinen Unterschied gemacht haben. Ist das der beste Weg, Gleich­ berechtigung zu lernen? Meines Erachtens ja. Das muss vom ersten Tag an präsent sein. Wenn du das als ganz natürlich erlebst, muss man es dir nicht mehr erklären. Gleichberechtigung wird Teil deiner DNA, und auf diese Weise vermittelst du das automatisch deinen eigenen Kinder weiter. Sie sind seit dreißig Jahren im Filmgeschäft erfolgreich. Welche Faktoren sind sonst noch hilfreich, damit man sein ganzes Potenzial entfalten kann? Du musst dich mit den richtigen Leuten umgeben. Für die Menschen in meinem Umfeld, meine Familie und meine Freunde, bin ich nicht die berühmte Schauspielerin. Da wer­ den die Dinge ehrlich beim ­Namen

Wie wichtig ist es für Sie, dass Sie sich auch in künstlerisch ­anspruchsvollen Rollen, etwa in den Filmen Pedro Almodóvars, verwirklichen? Es geht mir einfach darum, die ver­ schiedensten Arten von Projekten zu drehen – kleine, unabhängige Produktionen ebenso wie große Blockbuster. Und mit Pedro fühle ich mich einfach wohl, weil wir uns schon so lange kennen. Er gehört dem engen Kreis von Menschen an, die für mich wichtig sind. Die Filme Almodóvars bescheren Ihnen freilich auch Preise und Auszeichnungen. Welche Rolle spielen die für Sie? Meine Haltung zu solchen Dingen ist: Erwarte nichts. Wenn du einen Preis gewinnst, ist es aufregend, aber es ist viel gesünder, wenn du dich einfach überraschen lässt. Was wäre eigentlich, wenn man Ihnen die Statussymbole Ihres ­Erfolgs wegnehmen würde? Das würde nicht großartig etwas am Kern meines Lebens ändern. Ob erfolgreich oder nicht, letztendlich musst du dich immer mit dir selbst konfrontieren und versuchen, mit dir klarzukommen. Letztlich möchte ich eben nur die Antwort auf das große Rätsel finden: Warum sind wir hier? Und diese Suche nach Wahrheit kann mir niemand weg­ nehmen. „The 355“ gibt’s demnächst auf DVD/Blu-ray; „Parallele Mütter“ läuft ab 10. März im Kino.

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KENT NISHIMURA/LOS ANGELES TIMES/CONTOUR RA

Penélope Cruz

genannt, da gibt’s keinen Bull­shit. Diese Dosis Realität ist für mich ­extrem wichtig. Und wenn du Kinder hast, fördert das deine Entwicklung natürlich auch. Wenn du deine ganze­ Aufmerksamkeit auf diese kleinen Menschen richtest, kannst du dir keinen Egoismus leisten.


„Ich möchte das große Rätsel lösen: Warum sind wir hier?“ Film-Ikone Penélope Cruz, 47, findet Philosophie wichtiger als Statussymbole.

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Fußball

ist Spitzen-Fußballerin im echten und im virtuellen Leben. Die U23-Spielerin von RB Leipzig und „FIFA“-Gamerin der virtuellen Bundesliga über ihr seltenes Doppel-Talent. Text MAXIMILIAN REICH

Eigentlich ist Lena Güldenpfennig ja Mittelfeldspielerin in der U23-Fußballmannschaft von RB Leipzig. Aber im März 2020, im ersten Lockdown, hat sie aus Langeweile zu Hause so oft das virtuelle Fußballgame „FIFA“ auf der PlayStation gespielt, bis sie schließlich so gut war, dass sie sogar ein Turnier des DFB gewann. Am nächsten Tag kam von ihrem Arbeitgeber das Angebot, zusätzlich zu ihrer Fußballkarriere auch Mitglied im neuen eSports-Team von RB Leipzig zu werden. Als erste Frau in der virtuellen Bundesliga. THE RED BULLETIN: Welcher Job steht auf deiner Visitenkarte: ­Gamerin oder Fußballerin? Lena Güldenpfennig: Beides. Wobei ich mich in erster Linie als Fußballerin betrachte. Fußball spiele ich schon mein Leben lang. Das Gaming kam ja erst vor kurzem hinzu. Sind Fußballer automatisch die besseren „FIFA“-Spieler? Es muss nicht, aber kann natürlich von Vorteil sein, wenn man die Taktiken beim Fußball kennt. Und zum Beispiel weiß, dass bei einer Auf­stellung mit einer Raute im Mittelfeld der ­offensive Mittelfeldspieler zusammen mit den Stürmern den Gegner schon im Spielaufbau angreift. Solche Verhaltensmuster hat „FIFA“ im Spiel übernommen.

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Trotzdem bist du die einzige Kicke­rin, die auch in der virtuellen Bundesliga spielt. Warum? Fußball spielen ja schon nicht so viele Mädchen und „FIFA“ erst recht nicht. Und die Kombi gibt es dann eben nur einmal in Deutschland. Dazu kommt dann auch noch der Zeitaufwand, der für beides nötig ist. Aber es macht mich schon stolz, zu sehen, dass immer mehr Frauen virtuell Fußball spielen. Da sehe ich mich auch ein wenig als Vorreiterin. Wie sieht dein Tagesablauf aus? Um 8 Uhr gehe ich in die Berufsschule für meine Ausbildung als Erzieherin. Um 13 Uhr komme ich nach Hause und setze mich meistens schon mal eine Stunde an die Kon­ sole. Um 16 Uhr habe ich 90 Minuten Fußballtraining, und danach spiele ich noch mal ein bis zwei Stunden „FIFA“. Außer an Tagen vor einem wichtigen eSports-Spiel, dann sind es eher fünf bis sechs Stunden. Klingt ziemlich stressig. Schon mal darüber nachgedacht, eins von beiden aufzugeben? Nee, gar nicht. Dafür macht es viel zu viel Spaß. Was macht mehr Spaß: ein Sieg auf dem Rasen oder im Game? Ein Sieg auf dem Rasen ist schon schöner. Das Mannschaftsgefühl ist einfach stärker, weil du mit deinen Mitspielerinnen jubelst. Wobei auch virtueller Fußball ein Teamsport ist.

Wie entscheidet sich, wer von euch fünf spielen darf? Ein Spieltag in der virtuellen Bundesliga besteht aus drei Partien: aus einer auf der Xbox, einer auf der PlayStation und dann noch einem Doppel auf der PlayStation. Es ist abgesprochen, dass Gaucho und Umut (Anm.: Kapitän Richard ­„Gaucho10“ Hormes, 28, und Umut Gültekin, 19) die Spiele spielen und ich mir erst mal von der Bank aus ein paar Dinge abgucke und einspringe, wenn einer von den Jungs krank ist oder wir bereits genug Punkte haben, um uns für die Endrunde zu qualifizieren. Ansonsten spiele ich vor allem auf Turnieren. Kann man davon leben? Es gibt auf jeden Fall Menschen, die davon leben können. Bei mir ist es gerade noch ein Nebenverdienst. Um mehr zu verdienen, müsste ich noch höher dotierte Turniere gewinnen wie die EM oder WM und mehr streamen, um mehr Leute auf mich aufmerksam zu machen. Und natürlich besser spielen, um einen noch besseren Vertrag mit einem höheren Monatseinkommen zu bekommen. Ärgern sich die Jungs, wenn sie gegen eine Frau verlieren? Manche reagieren, als wäre es ein Weltuntergang, gegen ein Mädchen zu verlieren, und andere sagen: „Respekt! Ich ziehe meinen Hut.“ In der virtuellen Bundesliga wurde ich aber super aufgenommen. Viele der Spieler haben mich kontaktiert und mir viel Glück gewünscht. Es ist eben auch für sie etwas Besonderes, eine Frau dabeizuhaben. RB Leipzig virtuell: twitch.tv/rblzgaming Weitere Infos: virtual.bundesliga.com

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RB LEIPZIG/CARSTEN BEIER

Lena Güldenpfennig

Ach so? Ja, ich habe ja noch vier Mitspieler im Team und einen Trainer.


„Manche reagieren, als wäre es ein Weltuntergang, gegen ein Mädchen zu verlieren.“ Lena Güldenpfennig, 20, über Spiele gegen Männer bei „FIFA“-Turnieren

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Breaking

Evgenia Guenova

nervig sein. Ich möchte nicht immer alles erklären, sondern es einfach machen. Eine Stärke ist, dass ich auch in stressigen Situationen den Überblick bewahre.

kann kaum etwas hören, ist als Gameova aber eines der coolsten B-Girls des Landes. Die Tänzerin bewegt sich nur zu den Vibrationen der Musik. Text KARIN CERNY

Foto PHILIPP HORAK

Wenn Evgenia Guenova, 33, lächelt, dann wird es hell im Raum. Ihre positive Ausstrahlung, aber auch ihr Talent, Einschränkungen als ­Chance zu sehen, öffnen ihr nicht nur beim Breaken neue Wege. Als ­B-Girl Gameova will sie sich stilistisch in keine Schublade stecken lassen. Zum Fotoshooting kommt sie direkt von ihrem Job in einem Labor, wo sie Proben auf Keime untersucht. Im Gespräch liest sie von den Lippen ab. So unauffällig, dass einem gar nicht bewusst wird, dass sie so gut wie gar nichts hört. the red bulletin: Gameova klingt wie eine Ansage. Wie ist dein B-Girl-Name entstanden? Evgenia Guenova: Ein Junge hat mich in der Schule als Comic-Figur gezeichnet und mir diesen Spitz­ namen gegeben, der sich auf meinen Familiennamen reimt. Als ich später auf der Suche nach einem B-Girl-Namen war, fiel mir diese alte ­Geschichte wieder ein. Wie bist du zum Breaken ge­ kommen? Rein zufällig. Ich sag immer: Das Breaken hat mich gefunden. Ich habe oft auf dem Stephansplatz gesehen, wie die Jungs Kopfstand und Powermoves gemacht haben. Das fand ich immer faszinierend, hätte mir den akrobatischen Teil aber nie zugetraut. Im Aerobic-Raum m ­ eines

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Fitnesscenters sprachen mich B-Boys an. Sie meinten, dass mein Körper fürs Breaken wie gemacht sei und dass ich schnell lernen würde. Du bist hochgradig schwerhörig. Wie nimmst du Musik wahr? Ich vermute, für Hörende ist es so, dass sie die Musik zuerst hören, dann müssen sie sie verstehen und zuletzt spüren. Bei mir ist es um­gekehrt: Ich spüre den Beat und die Vibration,­ dann verstehe ich den Vibe, und zuletzt höre ich. Viele haben allerdings eine falsche Vorstellung, wie laut die Musik dafür sein muss. Sie drehen auf volle Lautstärke? Genau. Aber wenn die Vibrationen zu stark sind, dann gibt es keinen Rhythmus mehr. Normale Laut­ stärke ist viel angenehmer. Du gehst sehr offen mit deiner Schwerhörigkeit um. In einem YouTube-Video bezeichnest du sie sogar als Superpower. Ich kann nicht passiv hören, muss von den Lippen ablesen, um jemanden zu verstehen. Dadurch bin ich fokussierter. Mir ist auch wichtig, dass die Gesellschaft mit Schwer­ hörigkeit entspannter umgeht. Jeder hat Stärken und Schwächen, ich möchte, dass man meine versteht.

Wie würdest du deinen Tanzstil beschreiben? Früher war ich viel härter. Da habe ich gedacht, nur Powermoves sehen cool aus. Nach einer Knieverletzung musste ich einen neuen Weg finden. Ich habe begonnen, mehr zu experimentieren. Dafür wurde ich anfangs eher belächelt. Aber ich habe das nicht persönlich genommen. Eine Verletzung hat dir also eine neue Perspektive ermöglicht? Ja, wirklich! Ich habe begonnen, das Leben mehr zu genießen. Seit ich mit dieser Einstellung durch die Welt gehe, habe ich viel mehr inter­essante Leute kennengelernt. Früher dachte ich, ich zeig einfach die explosivsten und ärgsten Moves. Sicher kommt man damit bei Wettkämpfen weit, aber ich war nie komplett zufrieden. Heute möchte ich vielseitiger und smoother werden, mehr Flow haben. Mein Ziel ist es, mit der Musik eins zu werden. Wie hat sich die Breaking-Szene in den letzten Jahren verändert? Ich bin dankbar, dass es jetzt mehr B-Girls gibt. Mir gefällt, dass Breaken immer diverser wird – von den Menschen her, aber auch vom Stil. Wir alle teilen die gleiche Leidenschaft, darum sollte es doch gehen. Österreichs beste B-Girls und B-Boys kämpfen in Eins-gegen-eins-Battles um den Sieg beim Red Bull BC One Cypher Austria. Termin: Samstag, 16. April 2022, Expedithalle Wien. Die beiden Sieger fliegen zum Finale nach New York, wo sie um den Einzug in den Hauptbewerb kämpfen. redbull.com/bconeaustria

Welche wären das? Ich kann extrem stur sein. Wenn ich etwas erreichen möchte, muss ich es durchziehen. Das kann für andere THE RED BULLETIN


„Andere hören die Musik zuerst. Ich spüre den Beat.“ B-Girl Gameova, 33, die kaum hört, über ihre Art zu tanzen

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Formel 1

33 FRAGEN AN DIE NEUE NUMMER EINS

Formel-1-Weltmeister Max Verstappen über Helden, Bargeld, Handy-Apps und Hollywood.

Text GERALD ENZINGER Illustrationen DAN LEYDON 40


JETZT SCHON LEGENDÄR: DAS WELTMEISTER-ÜBERHOLMANÖVER

In der letzten Runde im letzten Rennen der Saison 2021 sicherte sich Verstappen (re.) mit diesem Überholmanöver gegen Lewis Hamilton in Abu Dhabi seinen ersten WM-Titel.

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U MAX VERSTAPPEN, DER TITELVERTEIDIGER

Ein selbstbewusster Rennfahrer, 24 Jahre jung, viersprachig und ­tiefenentspannt. Er sagt: „Nach den meisten Rennen schlafe ich gut.“ THE RED BULLETIN

m einen fliegenden Holländer zu treffen, ist der Flugplatz Zell am See kein schlechter Ort. Diese Gegend ist seit jeher Startrampe so mancher VollgasKarriere: Der Innsbrucker Otto Mathé hat hier beim Eisrennen in den Vierziger- und Fünfzigerjahren mit einem selbst gebauten Porsche Geschichte geschrieben. Harald Ertl, einer von Niki Laudas Lebensrettern bei dessen Feuerunfall 1976 am Nürburgring, wurde in Zell geboren. Und Nico Rosberg ist ums Eck in den Kindergarten gegangen – also jener Rennfahrer, der es 2016 geschafft hatte, Lewis Hamilton in einem Formel-1-WM-Finale zu besiegen. Als Letzter bis zu dem denkwürdigen Sonntag im Dezember 2021, als es Max Verstappen in der aller­letzten Runde des letzten Rennens einer 6409 Kilometer langen

Saison gelang, mit dem letzten Überholmanöver gegen Hamilton diesen als Weltmeister zu entthronen. Und genau hier in Zell treffen wir Max, die neue Nummer 1 der Formel 1, nun zu seinem ersten Interview im Jahr 2022. In 33 Fragen versuchen wir, den puren Max aus dem maximal begnadeten Rennfahrer zu destillieren. Wir treffen auf einen in sich ruhenden Wirbelwind, der die kalte Jahreszeit nach e­ iner überhitzten Saison dazu genutzt hat, neue Energie zu laden. Das aber, typisch für ihn, mit einem klaren Blick nach vorne. Der verschmierte Rückspiegel der Sentimentalität ist seine Sache nicht. Denn er ist erst 24 Jahre alt und somit um fast 13 Jahre jünger als Hamilton, der ihm – wie Michael Schumacher – noch sechs WM-Titel voraushat. Es gibt niemanden im Fahrer­ lager, der es Verstappen nicht zutraut, der erfolgreichste Rennfahrer in der Geschichte der Formel 1 zu werden.

1 Wie oft bist du diese berühmte letzte Runde in Abu Dhabi im Kopf noch einmal gefahren? Gar nicht so oft. Ich habe mir natürlich die Bilder an­ geschaut, aber dann hatte ich Ferien – und da habe ich nicht so viel über die Formel 1 geredet. Am Ende dieser langen Saison war ich einfach nur eines: müde.

2 Deine letzte Runde aus deiner Perspektive? Ich hatte plötzlich Krämpfe im Gasfuß (in der rechten Wade; Anm). Aber in so einem Moment vergisst du alles. Es war der Moment, auf den ich mein ganzes Leben hingearbeitet hatte. Mein Vater und ich haben immer davon geträumt. Aber ich hoffe, das war erst der Anfang.

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Formel 1

6 3 Rallye-Star Sébastien Ogier hat am Anfang seiner Karriere gesagt: „ Lieber werde ich einmal gegen Sébastien Loeb Weltmeister als drei­ mal ohne ihn.“ Ist es für dich ähnlich wichtig, Lewis Hamilton in einem direkten Duell der Giganten noch am Höhepunkt seines Schaffens besiegt zu haben? Nein, dieser Umstand allein ist es nicht für mich. Das Ziel ist immer: die Weltmeister­ schaft zu gewinnen! Dafür muss man so viele gute Fahrer­ besiegen, jeden für sich. Da geht es nicht nur darum, ­Lewis zu schlagen.

Wer ist für dich der größte Sportler aller Zeiten? „ONKEL“ MICHAEL

Mit Formel-1-Legende Michael Schumacher (hier 1996 mit Ehefrau Corinna) fuhr Max als Kind in die Ferien.

5 Michael Schumacher, ein ­e nger Freund deines ­Vaters, war für dich als Kind so etwas wie ein Onkel. Wie fühlte sich das an?

Da sind schon viele schöne Erinnerungen. Wir waren gemeinsam in den Ferien, im Sommer in Frankreich, aber auch im Winter. Im Nachhinein ist das etwas sehr Schönes und ganz Besonderes, obwohl mir damals natür­ lich nicht so bewusst war, mit wem ich da spiele.

4 Dein Verhältnis zu Lewis Hamilton? Wir hatten unsere Kämpfe, aber da ist auch ganz viel Respekt. Er ist einer der größten Rennfahrer, die es je gab. 42

Ich finde es immer schwierig, so etwas zu sagen, es hat in der Formel 1 so viele große Rennfahrer gegeben. Und was Sportler insgesamt betrifft, gilt für mich erst recht:

keine Ahnung.

7+8 Wie erklärst du einem plötzlich auftauchenden Marsmenschen die Formel 1? Als Erstes hoffe ich, dass wir dieselbe Sprache haben, das ist das Wichtigste, sonst geht gar nichts (lacht). Aber wie würdest du dem Außer­ irdischen ­deinen Sport erklären? Die coolsten Momente in der Formel 1 würde ich jedenfalls so erklären: schnell auf der Geraden, gut auf der Bremse zu sein – und natürlich auch die Fliehkräfte zu spüren, die in der Kurve wirken.

SCHULTERSCHLUSS – TROTZ HEFTIGER ZWEIKÄMPFE:

Lewis Hamilton und Max nach dem WM-Finale 2021 THE RED BULLETIN


9 Deine klare Entscheidung war, als Weltmeister künftig mit der Nummer 1 zu fahren – von diesem Vorrecht hat Lewis Hamilton nie Gebrauch gemacht: Warum wechselst du die Startnummer? Das ist ganz einfach. Die Eins ist die schönste Nummer in der Formel 1, und die Chance, sie zu wählen, hast du in nicht so vielen Saisonen. Daher ist es für mich selbstverständlich, dass ich sie nehme. Meine bisherige Nummer 33 war ur­ sprünglich auch nicht meine Lieblingsnummer, das wäre die Drei gewesen. Die hatte aber schon Daniel Ricciardo, als ich in die Formel 1 kam. Zeit, um den Sportler Max Verstappen langsam hinter sich zu lassen – und sich dem Menschen anzu­ nähern. Vielleicht, indem man über sein liebstes Werk­ zeug redet: Autos.

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10 Du bist der erste Formel-1-­ Weltmeister, der seine Kindheit im neuen Jahrtausend erlebt hat. Welches Auto war das erste, das dich ­g eprägt hat? Das erste, an das ich mich erinnern kann, ist der Arrows­ (oben rechts; Anm.), mit dem Vater in der Formel 1 gefahren ist, Anfang der Nullerjahre. Das war ein oranger Renn­ wagen – ein schönes Auto!

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PFEILSCHNELL: DAS ERSTE AUTO, DAS MAX GEPRÄGT HAT

Der orangefarbene Arrows, mit dem sein Vater Jos in der Formel 1 gefahren ist (hier bei einem Rennen im kanadischen Montréal im Juni 2000)

11 Wie viele Autos stehen in deiner Garage? Genug. Max ist kein Protz, er definiert sich nicht über seinen Besitz, würde nie damit angeben. Man weiß aber, dass er einen Porsche GT3 RS sehr schätzt, den er jüngst auch auf einer Rennstrecke in Portugal für eine schnelle Spritzfahrt verwendet hat. Auch mit Sportwagen der Marken Aston Martin (DB 11), Ferrari (488 Pista) und Honda (NSX) wurde er schon gesichtet.

12 Du bist der erste Mensch, der einen Vertrag als Formel-1-Pilot unterschrieben hat (mit sechzehn in Graz; Anm.) – und der erst danach den Führerschein gemacht hat. Wie hat sich das denn angefühlt?

Ich war natürlich nervös bei der Prüfung, denn ich hatte nur eine Chance. Da­ nach wäre ich nämlich zwei Monate nicht zu Hause ge­ wesen, und da wollte ich un­ bedingt davor noch meinen Führerschein bekommen. Da war ordentlich Druck drauf. Der Fahrlehrer war streng und hat mich natürlich so behandelt wie alle anderen auch. Aber es hat geklappt.

13 Welche Verkehrsregel würdest du abschaffen? Keine. Ich denke, das passt schon. Ich fahre sowieso nicht allzu viel, und ich verstehe natürlich auch, dass du ein Limit hast auf normalen Straßen. Für mich passt alles. Es ist okay, so wie es ist. 43


Formel 1

So manch Vierundzwanzigjähriger hat schon (zu) viel Geld in Autos investiert, Max dagegen verdient mit Autos Millionen. Reden wir also mal kurz übers Business.

14 Wie viel Bargeld hast du bei dir? Nicht viel. Manchmal habe ich auch kein Bargeld mit, keinen Cent. Nur die Kreditkarte ist immer dabei. Kein Bargeld mitzuhaben hat in Formel-1-Fahrerkreisen Tradition. Berühmt ist die Geschichte, die Niki Laudas einstige PR-Chefin Agnes Carlier erzählt. Sie war nach dem WM-Finale 1984 mehrere Wochen mit Lauda und seinem Teamkollegen Alain Prost auf Promo-Tour für Marlboro. Sparefroh Lauda wettete am Anfang der Reise mit Prost, dass er keinen einzigen Dollar ausgeben würde. Er gewann und bekam von Prost noch den Wetteinsatz, 100 Dollar oder so.

15 Investierst du eher in Aktien oder in Krypto­ währungen? Keine Krypto bis jetzt! 44

MAX, GANZ OBEN

Mit dem Pokal in der rechten Hand jubelt der Niederländer nach seinem Titelgewinn in Abu Dhabi.

16 Was war deine erste Siegesprämie? Das war ganz früh, vielleicht 100 Euro. Oder 200? Es könnte aber auch so etwas wie ein Satz Reifen gewesen sein.

17 Wie hast du dich für den Titel belohnt? Etwa mit einem Luxusgeschenk? Eigentlich gar nicht. Erst war ich ein paar Wochen nicht daheim, und dann bin ich wieder auf den Simulator gegangen, wie ich das immer mache. Ich habe trainiert, mir aber nichts gekauft. THE RED BULLETIN


22+23 Sein Teamchef Christian Horner erzählt, dass Max allein beim USA-Grand-Prix 2021 rund 14 Stunden lang „FIFA“ spielte. Es ist seine Art, sich von der knallharten Formel‑1-­ Realität zu lösen. Und das macht der Ehrgeizling wieder mit dem, was er braucht und liebt: dem Wettkampf.

IN DEN ARMEN VON KELLY PIQUET, 33,

der Tochter des dreifachen Formel-1-Weltmeisters Nelson Piquet (BRA). Max und Kelly sind seit Oktober 2020 ein Paar.

GETTY IMAGES, RED BULL RACING/GETTY IMAGES

Ein aufwendiger Lebensstil liegt Max nicht besonders. Er lebt zwar in Monaco, dies aber recht zurückgezogen und vor allem aus logistischen Gründen. Man kann dort gut trainieren. Das Jet-Set-Leben seines Rivalen Lewis Hamilton ist Max’ Sache nicht. Seine Freundin Kelly Piquet, die Tochter des dreifachen Formel‑1-Weltmeisters Nelson Piquet, und die Familie – Vater Jos fuhr 107 Grands Prix, Mutter Sophie Kumpen war eine der schnellsten Kart-Fahrerinnen der Welt, sie besiegte sogar Jenson Button in einigen Rennen, und Schwester Victoria, die eben ihr zweites Baby bekommen hat – haben bei ihm Vorrang gegenüber Partys.

18 Wie schläfst du nach einem Rennen? Manchmal gut, manchmal schlecht. Das hängt natürlich auch vom Resultat ab. Aber meistens gut.

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Im Internet erzählt man sich, dass du auch im Computerspiel „ FIFA“ Welt­ klasse seist – Nummer 21 des weltweiten Rankings des Spielmodus „ FIFA Ultimate Team“ im Jänner 2019. Kannst du das bestätigen? Auf „FIFA“ geht es schon ganz gut. Ich bin kein Pro, aber es macht Spaß.

Wie würdest du dich selbst bewerten? Gut. Nicht schlecht. Nein, doch: gut!

Kochst du manchmal selbst? Nein.

20 Wie kommst du wieder in deine Mitte, wenn du mal nicht gut drauf bist? Dann mache ich etwas ganz anderes. Zum Beispiel fahre ich dann mit dem Simulator. Oder ich rede mit meinen Freunden oder der Familie.

21 Hast du eine Lieblingsserie im Fernsehen? Aktuell gar keine, als Kind jedes Jahr eine andere.

FREIZEITVERGNÜGEN UND TOP FÜR DEN JOB Max beim konzentrierten Fahrtraining am Simulator

24 Wenn man von Beruf Renn­ fahrer ist, kann man sich ja kaum eine Freizeitbeschäf­ tigung vorstellen, die einen ähnlichen Adrenalinkick bringt als der eigene Job. Was machst du denn in der Freizeit am liebsten?

Mein liebstes Hobby ist eigentlich Simulator­ fahren.

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Formel 1

25 Wir gehen davon aus, dass dein Leben eines Tages verfilmt wird – und auch dein episches Duell gegen Lewis Hamilton 2021. Wer soll dich spielen? Ich hoffe erst mal, dass das nie passiert. Das brauche ich nicht! Aber wenn doch und jetzt, dann könnte mich Leonardo DiCaprio spielen. Das wäre schön. Für Max gilt die alte Weisheit: „Nicht für die Schule, sondern für das Leben lernen wir.“ Wie sonst wäre er technisch so kom­ petent und so sprachgewandt. Er spricht Limburgisch (seine Muttersprache, verbreitet im deutsch-holländisch-belgischen Grenzgebiet), Niederländisch, Deutsch und Englisch fließend, auch Italienisch, Französisch und Portugiesisch beherrscht er in gewissem Umfang.

26 Schule war nie so dein Ding? Die mochte ich überhaupt nicht, gar kein Fach. Am ehesten noch Geschichte.

27 Welche Sprache würdest du noch gerne lernen? Chinesisch. 46

HOLLYWOODSTAR LEONARDO DiCAPRIO

Sollte sein Leben je verfilmt werden, wünscht sich Max, dass der 47-jährige Oscar-Preisträger den Titelhelden darstellt.

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Deine liebste App? WhatsApp.

Noch Fragen, die der Reporter Verstappen dem Weltmeister Verstappen stellen würde? Nein, ich denke, es passt und es ist genug gesagt.

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MAX VERSTAPPEN MIT ZWEI SEINER WICHTIGSTEN LEBENSBEGLEITER

Red Bull Racing-Motorsportchef Dr. Helmut Marko …

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GETTY IMAGES, RED BULL CONTENT POOL

Okay, dann aber noch je eine Frage, zwei deiner wichtigsten Mentoren betreffend – die Österreicher Helmut Marko und Franz Tost. Was fällt dir zu ihnen ein? Das Jahr mit Franz als Team­ chef bei Toro Rosso war ein super Jahr. Franz hat sehr viel Erfahrung in der Formel 1, wir haben bei jedem Rennen viel geredet – und tun das ­immer noch, auch wenn ich jetzt in einem anderen Team bin, haben wir Kontakt.

31 Und Helmut Marko? Und mit Helmut Marko, der mir meinen ersten Vertrag in der Formel 1 gegeben hat, habe ich sehr viele coole Sachen erlebt – und mein Wunsch ist es, dass das noch viele Jahre so bleibt.

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Zeit für eine kleine Zwischenfrage, die wir von Max an seinen Mentor weiterreichen.

32 Herr Dr. Marko, wie hat sich Max in diesen bislang sieben gemeinsamen Jahren verändert? Er ist erst 24, hat einen statt­ lichen Reifeprozess hinter sich. Das ist von außen gar nicht so sichtbar. Früher ist er immer explodiert, wenn wir im Training technische Pro­ bleme hatten. Heute bleibt er ruhig. Und er ist auch in den Jahren zum Team gestanden, als klar war, dass wir keine Chance auf den Weltmeister­ titel haben. Was ihn aber, wie andere Champions auch, aus­ zeichnet, das ist diese totale Fokussierung, man kann es auch Rücksichtslosigkeit nennen. Es gibt für ihn nichts anders als: „Ich will gewinnen und mache alles dafür!“

… und Franz Tost, Teamchef der Scuderia AlphaTauri, mit dem Max nach wie vor in engem Kontakt steht.

33 Max, deine Lehren aus der bereits legendären Saison 2021 fürs echte Leben? Dass man dranbleiben und bis zur letzten Runde an seine Chance glauben muss. Die Formel 1 auf ServusTV

Auch in dieser Saison zeigt ServusTV zwölf Rennen im österreichischen FreeTV, natürlich auch den Heim-Grand-Prix am Red Bull Ring in Spielberg.

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Rebecca Lucy Taylor alias Self Esteem beim Fotoshooting für The Red Bulletin in England. Hier persifliert sie einen Fotobrauch aus Hollywood: Jeder junge, heiße männliche Star muss sich einmal im Anzug in den Pool schmeißen.


Musik

SELF ESTEEM

EIN POPSTAR SCHWIMMT SICH FREI Text LOU BOYD Fotos PHILIPP MUELLER

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In so einem Korbsessel haben schon Legionen von Stars Platz genommen, um sich würdig zu inszenieren. Jetzt ist auch Self Esteem dran: „Sieht aus, als wäre ich eine große Nummer.“

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THE RED BULLETIN


Musik

Die britische Sängerin Rebecca Lucy Taylor, 35, kennt das Musikgeschäft, seit sie 17 ist. Doch erst seit sie sich als SELF ESTEEM neu erfand, fühlt sie sich wirklich wohl in ihrer Haut. Und ist jetzt die stärkste Stimme einer neuen, streitbaren Weiblichkeit.

G

egen Ende des Songs „I’m Fine“, der ersten Nummer auf Rebecca Lucy Taylors aktuellem Album „Prioritise Pleasure“, hört man Gesprächsfetzen ­einer Gruppe von Frauen, die über ­Sicherheit an öffentlichen Plätzen reden. „Ich gehe immer mit den Schlüsseln in der Hand nach Hause“, sagt die eine über die Geheimwaffe in ihrer Faust. „Es hört sich dumm an“, erwidert eine andere, „aber meine Freundinnen und ich beginnen wie Hunde zu bellen, sobald eine Gruppe von Männern auf uns zukommt. Nichts jagt Männern mehr Angst ein als eine offenbar geistesgestörte Frau.“ Die Musik schwillt an, und wir hören eine weibliche Stimme wie einen Hund bellen und wie einen Wolf heulen; kein Zweifel, im Schrank dieser Frau fehlen ein paar Tassen. Dann setzt ein ohrwurm­verdächtiger Beat ein, das Album erwacht explosiv zum Leben. Willkommen in der Welt von Self Esteem (zu Deutsch: Selbstwertgefühl), einem kampflustigen Pop-Projekt, hinter dem die 35-jährige Künstlerin Rebecca Lucy Taylor steckt. Mit ihren zu einem Künstlernamen kondensierten Ängsten schreibt sie Lieder, die das patriarchalische Narrativ zerfetzen und von allen Aspekten weiblicher Erfahrungen erzählen – von der nächtlichen Angst auf dem Heimweg über die Scham, wenn die Rede aufs Kinderkriegen kommt, bis hin zur Präsenz im eigenen Körper. Alles von einem sexy griffigen Pop in Szene gesetzt, der dir Tanzbeine macht.

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Ihr aktuelles Album löste im Netz geradezu überschäumende Zustimmung aus. Sinngemäß zusammengefasst: endlich eine Künstlerin, die sich ohne Umschweife mit sexueller Identität und männlicher Gewalt befasst. „Das ist der Popstar, auf den ich mein ganzes Leben lang gewartet habe“, postete ­Autorin Bryony Gordon, 41. „Mit Self Esteem im Ohr hab ich das Gefühl, dass ich durch Mauern rennen kann“, ergänzte ein weiblicher Fan auf Twitter. Auf das „Daumen hoch“ der Fans folgte die Be­ stätigung der Kritiker: Vom „Rolling Stone“ bis hin zur „New York Times“ setzte es Lobeshymnen für das A ­ lbum, das auch in den einschlägigen Musikcharts konstant nach oben kroch. „BBC Introducing“ kürte Taylor zum „Artist of the Year 2021“; anlässlich der Attitude Awards holte sie sich den „Best New Artist 2021“ ab. Weitere Trophäen: „Album of The Year 2021“ („The Sunday Times“), „Song of The Year 2021“ („The Guardian“), und unlängst kam die ­prestigeträchtige Brit-Award-Nominierung für die Wahl zum „Best New Artist 2022“ dazu. „Sieht so aus, als wär ich jetzt eine große Nummer“, sagt T ­ aylor im Gespräch mit The Red Bulletin und lacht. „Ich meine, ich hab ja immer gewusst, dass ich super bin, aber es ist nett, dass es jetzt auch andere Leute sagen.“ Wir haben uns anlässlich ihrer UK-Tour getroffen, ein Kalender voller Termine wartet auf sie. „Wegen der Pandemie hieß es i­ mmer: Werden wir jemals wieder auftreten? Also kann ich jetzt nicht darüber jammern; aber es sind verdammt

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Musik

„Ich liebe schwere Beats, großes Kino und epochale Sounds.“ viele Gigs.“ Die Tickets zu ihren Shows gehen weg wie warme Semmeln, im Netz ­raufen sich Fans ge­ radezu darum. Manche flehen Taylor sogar per Private Message um Hilfe an. „Ich kenne in dieser Beziehung tat­ sächlich keine Grenzen. Als altru­istische Waage ist meine erste Reaktion immer: O Gott, kann ich ­irgendwie helfen?“, sagt sie lachend. „Wenn Leute mir eine Nachricht schicken und es traurig genug ­rüberkommt, antworte ich letztlich mit so was wie: Ich setz dich auf die Gästeliste. Jetzt ist meine ­Gästeliste randvoll mit Leuten, die ich noch nie ­gesehen habe!“

Von erlebter Gewalt zum explosiven Album

Als Taylor vor fünf Jahren ihre Solokarriere begann, hatte sie keine soziale Agenda, sie wollte einfach nur sexy Popmusik machen. Ihr erstes Album, „Com­ pliments Please“, machte aber schnell klar, dass hier keine Schaumschlägerin am Werk war. Schon die erste Single, „Your Wife“, zeigte ihre beeindrucken­ den Qualitäten als Texterin, mit dem zweiten Hit, „Girl Crush“, schaffte sie es als eine wichtige Stimme der queeren Community (sie outete sich 2013 als ­bi­sexuell) in den Mainstream. „Ich war ein totaler Fan des ­Albums ‚Anti‘ von Rihanna, also dachte ich: Hey, das stehle ich ganz einfach“, scherzt sie. „Doch dann kam der Punkt, als mir klar wurde, wozu ich selbst fähig bin, und meine Musik wuchs wie von selbst in eine andere Richtung.“ Der herausragende Song des neuen Albums – „I Do This All the Time“ – ist eine Mischung aus ­gesprochenen Versen, unterbrochen von Chören, die eine eingängige Melodie intonieren. „Es ist die mutigste Nummer, die ich je gemacht habe, und ein echter Gamechanger für mich“, sagt Taylor. „Ich wollte nie Hintergrundmusik für Dinnerpartys machen. Das interessiert mich einfach nicht. Hinzu kommt, dass ich schwere Beats liebe und fetten Bass, ich liebe großes Kino, weitflächige Sounds. Wirf das alles in einen Topf, und du kriegst letzt­ lich …“, sie kichert, „… dieses Chaos.“ Energie und Intensität werden das ganze Album hindurch im Überfluss gereicht. Schon mit dem Ein­ stiegslied „I’m Fine“, das sich mit erlebter sexueller Gewalt befasst, ist die Absicht klar. „Verstehst du 52

Popstar Rebecca Lucy Taylor alias Self Esteem am Beckenrand: Roter Lippenstift trifft Pfeif-drauf-Attitüde.



In der Tat scheint es eine ganze Menge Girls zu geben, die bereit sind, Rebecca Lucy Taylor zuzu­ hören. „Es ist so nett, wenn sich jemand die Zeit für eine Nachricht nimmt und mir mitteilt, dass meine Musik geholfen hat“, erzählt sie. „Neulich habe ich mit einem Mann geplaudert, der Teenie-Töchter und welche in den Zwanzigern hat. Er war super emotio­ nal drauf und sagte, wie froh er sei, dass ich mache, was ich tue, und dass ich etwas für seine Töchter ge­ schaffen habe.“ Einen Augenblick wird Taylor ernst. „Es ist eine Art Macht – ich darf gar nicht zu lange darüber nachdenken, das bringt mich nur durch­ einander.“ Aber dann kichert sie wieder und gesteht: „Ich liebe es, wenn alte Männer weinen.“

Differenzen beenden ihre Lebenslüge

Rebecca Lucy Taylors Karriere spiegelt ihre Wandlung wider – vom sexy Bandmädchen zu einer wortgewaltigen Kämpferin mit sozialer Agenda.

„Ich weiß jetzt, dass du verrückt wirst, wenn du eine Lüge lebst.“ den Schmerz, den du verursachst, wenn ein Körper für dich nur Sport ist?“, singt sie. Herausragend auch das augenzwinkernde „Moody“ („launisch“, Anm.), ein Einspruch gegen die stereotype Beschrei­ bung weiblicher Charakterzüge. Die Songs riefen im Publikum ein Echo hervor, das Taylor nicht vorhergesehen hatte. „Es ist inter­ essant, wie viele Menschen damit etwas an­fangen konnten“, sagt sie. „Für mich – als Teenager und in meinen Zwanzigern – war das alles so verdammt hart. Ich konnte nicht verstehen, was mit mir nicht stimmte. Wenn ich es jetzt schaffe, all das in halb­ wegs eloquenter Weise zu verknüpfen, damit ein ­anderes Girl wie ich, das sein Leben hasst, zu den­ ken beginnt: Moment mal, vielleicht bin ich eh ­okay, vielleicht sollte ich versuchen, zu mir selbst zu ­stehen … das ist mir wirklich wichtig.“ 54

Self Esteem ist keineswegs Taylors erstes Projekt in der Musikindustrie. Die Indie-Szene kennt ihr Gesicht seit über einem Jahrzehnt. Sie war eine Hälfte des Soul-Rock-Duos Slow Club, das sie zusammen mit dem Gitarristen Charles Watson 2006 in Sheffield ­gegründet hatte. Die Band war recht erfolgreich, während ihrer elfjährigen Existenz spielten sie fünf hoch gelobte Alben ein, das brachte eine solide Fan­ gemeinde (u. a. Harry-Potter-Darsteller Daniel Rad­ cliffe). Hinter den Kulissen jedoch funk­tionierte die Partnerschaft nicht so gut, 2017 hatte Taylor von der Gruppe genug. „Ich war schon mit siebzehn in der Band, und im Lauf der Jahre wurde klar, dass ich mich veränderte, eine Art Monster des Selbst­ vertrauens wurde“, sagt sie. „Ich hatte das Gefühl, dass ich den Räumen, die ich betrat, die Luft nahm, dass ich für meine Umgebung zur Bürde wurde.“ Sie hatte zunehmend Probleme, die Rolle des „bescheidenen, hübschen Mädchens in der Band“ zu spielen, um die Wünsche einer männlich dominierten Industrie zu erfüllen. „Es ist nichts Schreckliches passiert“, sagt sie, „es gab keinen Bösewicht, es pas­ sierte allmählich. Ich hatte ständig das Gefühl, dass irgendwas nicht stimmt. Ich war nicht glücklich.“ Ihre Erfahrungen mit der Band inspirierten zum Teil ihre erste Single „I Do This All the Time“ – die Texte sind voll mit Sachen, die der Tourmanager von Slow Club gesagt hatte. „Zieh dieses kurze Kleid an, D ­ arling, das ist alles, was du tun musst“, heißt es emotionslos im Lied, und „wenn du das nicht machst, landest du bei McDonald’s“. Und auch: „Du bist ein gutes Mädchen, ein gutes dralles Mädchen.“ Dazu kam, dass „ich ständig das Gefühl hatte, Ehrgeiz und Erfolg seien etwas Schlechtes“, erklärt sie. „Im Zuge unseres dritten Albums kamen wir ins Fernsehen, dort blühte ich so richtig auf, aber der Rest der Band hasste das.“ Kunstpause. Rebecca Lucy Taylor überlegt sich den nächsten Satz genau. „Es war, als ob die Dinge, die ich wollte, irgendwie widerlich waren; das machte mich fertig. Wir k ­ amen ins Fernsehen, und ich genoss das so richtig, es war genau meine Kragenweite, aber für die Band war es THE RED BULLETIN


Musik

schlecht.“ Sie macht wieder eine kleine Pause. „Das hört sich jetzt so lächerlich an! Kein Wunder, dass ich so eine verdammt miese Laune hatte. Aber ich dachte wirklich, hm, vielleicht bin ich ein Arschloch, vielleicht bin ich keine echte Musikerin, weil ich das so sehr mag.“ Als Self Esteem kann Taylor ihren Pop-Ambi­tio­ nen freien Lauf lassen. Ihre neue Musik ist das Gegenteil des sanften Liedermachens Marke Indie, nämlich großer, dramatischer, donnernder Pop, der voll ins Ohr geht. „Ich weiß jetzt, dass du verrückt wirst, wenn du eine Lüge lebst. Und ich lebte eine Lüge“, erinnert sie sich mit Schrecken an ihre Zeit mit Slow Club. „Wenn ich heute vor der Kamera stehe, wünsche ich mir manchmal, dass ich das schon vor zehn Jahren gemacht hätte. Ich glaube, ich hätte mich wohler in meiner Haut gefühlt! Aber ich muss mich daran erinnern, dass so was nichts für Menschen unter 25 Jahren ist. Die Reise ist es, die dich zu dir bringt.“ Jetzt ist sie ironischerweise mit Mitte dreißig eine der ältesten Künstlerinnen, die für die „Best New Artist“-Kategorie der Brit Awards nominiert wurden. „Was immer auch passiert, als 35-jährige Frau für die Brit Awards nominiert zu werden macht mich stolz“, twitterte Taylor nach ihrer Nominierung. „In einer Industrie, die von jungen Frauen besessen ist, gibt mir das Berge.“

Eine Drag-Queen-Show als Wendepunkt

Den ersten Schritt der Reise in Richtung ihrer Verwandlung machte Rebecca Lucy Taylor bereits vor zehn Jahren, damals überschlugen sich die Ereignisse: das Ende einer Beziehung, ein Nervenzusammenbruch, und im Fernsehen lief die amerikanische ­Reality-Show „RuPaul’s Drag Race“, ein Wettkampf der Drag Queens. „2012 hatte ich einen wirklich schrecklichen, klassisch missbräuchlichen Boyfriend und verbrachte praktisch das ganze folgende Jahr damit, Diäten zu machen und ‚Drag Race‘ zu schauen“, sagt sie und lacht bitter. In diesem Jahr lebte sie bei ihren Eltern im eng­ lischen Norden. „Es war eine bizarre Zeit in meinem Leben, in der ich offenbar meinen Verstand verloren hatte und nicht mehr wusste, wer ich war“, sagt sie. „Dann begann ich ‚Drag Race‘ zu schauen, eine Show, wo du gewinnst, wenn du am besten posierst.“ Mit all den affektierten Phrasen und dem ­eit­len Hochglanz traf die Show bei Taylor einen Nerv. „In meinem ganzen Leben, Boyfriend inklusive, hieß es: ‚Halt die Klappe, sei ruhig, benimm dich!‘, verstehst du?“, erklärt Taylor. „Sowohl privat als auch beruflich wurde es negativ bewertet, wenn ich versuchte, so großartig wie möglich zu sein. ‚Drag Race‘ servierte die gegenteilige Botschaft, und das machte etwas mit mir.“ Das Zelebrieren der prallen Weiblichkeit in der Show weckte die wahre Taylor. „Ich hab große Titten und einen riesigen Arsch, und ich hab mich THE RED BULLETIN

„Es fühlt sich so verdammt gut an, diese normative Weiblichkeit zu verarschen.“ dafür mein Leben lang geschämt“, sagt sie, „aber in ‚Drag Race‘ wurde das verherrlicht. Eine große, üppige Frau zu sein, darum geht es eigentlich in der Show. Endlich erlaubte ich mir zu denken: Warum um­arme ich ihn eigentlich nicht, diesen Körper, für den ich mich immer geschämt habe?“ Auch jetzt, zehn Jahre danach, verrät ein Blick auf Taylors Bühnenpräsenz noch immer den Einfluss von „Drag Race“. In einer Show tritt sie als satin­ pinke Popsirene auf, in der Nacht darauf erscheint sie in einem komisch überzeichneten LeopardenOutfit, dann wieder in einem androgynen schwarzen Anzug. „‚Drag Race‘ hat enthüllt, wie grotesk klassische Weiblichkeit ist – dieses Konzept, von dem sie uns lehrten, dass es erstrebenswert sei“, sagt Taylor und lacht. „Es fühlt sich so verdammt gut an, diese normative Weiblichkeit zu verarschen und das, was von dir erwartet wird.“ Hat sie also jetzt Frieden mit ihrem Körper geschlossen? „Ich ringe noch immer damit, aber manchmal sag ich mir: Das geb ich mir jetzt, und ich setze Dinge, für die ich mich eigentlich schäme, zu meinem Vorteil ein, um die Botschaft zu ver­ mitteln“, erklärt sie. „Das Video zu ‚How Can I Help You‘ zeigt nur meine pralle Oberweite, während ich Schlagzeug spiele. Ich wusste, das würde eine ­Menge Zugriffe bringen, aber das Lied selbst ist eine verdammt feministische Predigt.“ Wenn Rebecca Lucy Taylor bei ihrer „Prioritise Pleasure“-Tour die Bühne betritt und die Unter­ haltung der anfangs zitierten Frauengruppe aus den Lautsprechern tönt, ist es nicht mehr nur eine Frau, die wie ein Hund bellt und wie ein Wolf heult – jede einzelne Frau im Publikum macht mit. „Die Self-Esteem-Fans sind an meiner Seite“, sagt Taylor. „Bei Slow Club gab es nur Trennung, nicht nur zwischen mir und der Band, sondern auch zwischen uns und dem Publikum. Daran war keiner schuld, es war nur ich, die da versuchte, irgendwo reinzupassen, wo ich nie reinpassen würde.“ Sie macht wieder eine Pause. „Aber jetzt habe ich das Gefühl, meine Leute gefunden zu haben. Diese Leute sind ebenso dick und deprimiert und verrückt wie ich. Zusammen sind wir unheimlich groß. Das schafft eine schöne Feedback-Schleife der Liebe. Das ­ver­ändert das Leben.“ Instagram: @selfesteemselfesteem

Styling TAFF WILLIAMSON Gilet: Hugo Boss Hut: Thora Grüner Anzug: Sleeper Body: Florentina Leitner Mantel: Landeros Ohrringe: Lage Haare und Make-up GABRIELLA FLOYD mit Produkten von Fenty Skin, Charlotte Tilbury und Windle London Location DEERHOUSE ROAD SHOOT LOCATION, LONDON SW16

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Flugrettung

Alles Gute kommt von oben Der Schweizer MARC ZIEGLER, 56, rettet Bergsteiger mit dem Helikopter aus der Eigernordwand. Hier erzählt er, wie man einen Job meistert, der keine Routine erlaubt. Text DIETER LIECHTI

Fotos TERO REPO


Flugretter Ziegler lässt sich bei ihm Zuhause in den Berner Alpen vom Helikopter herab. Die „Long Line“ kann im Extremfall auf 225 Meter Länge ausgefahren werden.

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Flugrettung

Flugretter Marc ­Ziegler zu Hause in Grindelwald, Kanton Bern. Hier schleppt er seinen Rucksack an Bord des Helikopters.

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THE RED BULLETIN


M

arc Ziegler legt den Pager auf den Tisch, setzt sich auf einen Stuhl und g ­ enießt den Blick von seinem Balkon in Grindel­ wald auf die impo­sante Berner Ober­ länder Bergwelt: Wetterhorn, Metten­ berg, Fiescherhorn und – natürlich – den Eiger. Diese steingewordene, 3970 Meter hohe Trutzburg, deren Nordseite sich lange gegen ihre Besteigung gewehrt hat. Mehr als 70 Menschen verloren im Duell mit der Eigernordwand ihr Leben – 2019 etwa der Schweizer Profi-­Bergsteiger ­Julian Zanker, 28. A ­ usgerutscht. Ab­ gestürzt. Geborgen von Marc Ziegler, dem Rettungschef der Alpinen Rettung Grindelwald. „Leben und Tod liegen in den Bergen nahe beieinander“, sagt Ziegler. Er hat in seiner mittlerweile zwanzig Jahre dauernden Karriere als freiwilliger Berg­ retter und Helikopter-­Rettungsspezialist Dutzende Bergsteiger aus der Nordwand geborgen. „Leider auch Tote.“ Seit der Erstbesteigung der bis dahin als unbezwingbar geltenden „Mord­ wand“ am 24. Juli 1938 durch die Öster­ reicher Fritz Kasparek und Heinrich Har­ rer sowie die beiden Deutschen Andreas Heckmair und Ludwig Vörg (siehe Seite 64) wurden an der 1800 Meter hohen ­Eigernordwand immer neue Routen aus­ getüftelt, immer schneller ging’s nach oben: 2015 stellte der Schweizer Extrem­ bergsteiger Ueli Steck mit 2 Stunden und 22 Minuten über die Heckmair-Route den aktuellen Rekord auf. Eineinhalb Jahre später, am 30. April 2017, kam er bei einem Unfall am Nuptse, nahe dem Mount Everest, ums Leben.

Wird der Alarm ausgelöst, bleiben Ziegler sechs, sieben Minuten. Dann landet der Heli im Garten hinter seinem Haus. THE RED BULLETIN

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Flugrettung

Marc Ziegler steht auch auf Tempo. Aber nicht beim Klettern, sondern auf seinem Motorrad, auf Skiern oder dem Mountainbike – und wenn er über den ­Pager alarmiert wird. „Dann bleiben mir nur sechs, sieben Minuten, bis mich der Helikopter der Rettungsflugwacht hinter dem Haus oder beim Arbeitsplatz abholt.“ In dieser kurzen Zeit muss er sich umziehen, das benötigte Material packen und sich mental auf den Einsatz vorbereiten. „Das klingt einfacher, als es ist“, erklärt der Vater von zwei erwachsenen Söhnen. „Zehn Minuten nach dem Alarm hängst du auf fast 4000 Meter Höhe ­unter einem Helikopter an der 90-MeterWinde – oder im Extremfall an der bis zu 225 Meter langen Long-Line – und versuchst, Leben zu retten. Da musst du schon sehr konzentriert sein, denn Fehler können verheerende Folgen haben.“

Der Dorfpfarrer ist Teil des Teams, das sich um die Retter kümmert

Hilft ihm dabei seine jahrelange Routine als Helikopter-Rettungsspezialist? „Routine? Nein, so etwas gibt es bei der Bergrettung nicht. Jeder Fall ist anders“, sagt er. „Wo müssen wir retten? Wie ist der gesundheitliche Zustand des Opfers? Was macht das Wetter? Es gibt so viele Faktoren, die wir nicht beeinflussen können, die jedoch über das Gelingen einer Rettung entscheiden. Möglicherweise über Tod oder Leben. Da kann man sich keine Routine leisten, sondern muss im Team unter schwierigsten Bedingungen im Hochgebirge funktionieren, Entscheidungen in Sekundenbruchteilen fällen.“ Stets mit dem Ziel, die Menschen um jeden Preis zu retten? „Nein, nicht um j­ eden Preis“, korrigiert der Chef der ­Alpinen Rettung Grindelwald. „Im Vordergrund stehen die eigene Sicherheit und die des Rettungsteams. Kein Unfall bei der Rettung – das ist höchstes Gebot. Ist das nicht gewährleistet, bricht man ab.“ Und lässt Menschen am Berg zurück? „Ja, wenn es gefährlich wird für das Rettungsteam. Vor allem in der Eigernordwand kann es vorkommen, dass man die Bergung wegen Steinschlags auf den frühen Morgen des nächsten Tages verschiebt – auch wenn man Menschen am Berg zurücklassen muss.“ Ist ihm das schon passiert? „Schon ein paarmal. Und es ist ein Scheißgefühl.“ Haben die zurückgelassenen Berg­ steiger überlebt? „Ja! Gottlob sind in den vergangenen Jahren nie Menschen in der Nordwand gestorben, weil wir sie über 60

„Routine? So etwas gibt es bei der Bergrettung nicht. Jeder Fall ist anders.“ Helfer am Himmel Die Schweizerische Rettungsflugwacht (Rega) in Zahlen

13.000

Einsätze fliegen die Rettungshelikopter der Rega jährlich. Am häufigsten werden sie zu Einsätzen infolge von Krankheit sowie bei Wintersport-, Verkehrs-, ­Arbeits- und Bergunfällen gerufen.

1952

wurde die Schweizerische Rettungsflugwacht Rega gegründet, um medizinische Hilfe aus der Luft zu leisten. Sie beschäftigt rund 400 Mitarbeiter. Nach den Grundsätzen des Roten Kreuzes rettet sie unabhängig vom Ansehen der Person, der finanziellen Mittel, der sozialen Stellung, der ­Nationalität, der Rasse, des Glaubens oder der politischen Überzeugung.

1414

ist die Notrufnummer, mit der man rund um die Uhr medizinische Hilfe anfordern kann.

25

Prozent der Rega-Helikopter­ einsätze finden in der Nacht statt. Als erste zivile Rettungs­ organisation setzte die Rega in den 1980er-Jahren Nachtsichtgeräte ein, damit die Piloten auch im Dunkeln fliegen können.

18

Rettungshelikopter und drei ­Ambulanzjets bringen jährlich gut 11.000 Patientinnen und Patienten medizinische Hilfe.

12

Rega-Basen in der Schweiz ermöglichen den Rega-Crews, ihren Einsatzort innerhalb weniger Flugminuten zu erreichen.

3,6

Millionen Gönnerinnen und Gönner unterstützen die Rega mit einem jährlichen Beitrag.

1

App. Schon Tausenden von Menschen hat die Rega-App in der Not geholfen. Sie übermittelt bei einer Alarmierung ­automatisch den Standort des Alarmierenden an die Rega-Einsatzzentrale. rega.ch


HILFE IM ANFLUG

Rettungschef Marc Ziegler an der „Long Line“ des Flugwacht-Helikopters vor der Bergkulisse der Berner Alpen


Teamgeist: Marc Ziegler (2. v. li.) mit der Besatzung eines Rettungs­hubschraubers. Sie besteht aus drei Crew­mitgliedern und wird bei Bedarf durch einen Heli-Rettungsspezialisten ergänzt.

Blitzschnell einsatzbereit Wie 3000 Freiwillige ein Rettungsnetz formen.

Nacht zurücklassen mussten. Dafür bin ich wirklich dankbar.“ Trotzdem spielt der Tod eine wich­tige Rolle in Marc Zieglers Leben. Und er, der längst aus der Kirche ausgetreten ist, hat über die Jahre gelernt, damit umzugehen. „Am Anfang meiner Karriere habe ich die Einsätze in allen Details meiner Frau geschildert“, sagt er. „Das war keine gute Idee – ich hatte zwar meinen Ballast abgeladen und schlief wie ein Baby, aber meine Frau machte kein Auge mehr zu.“

Darüber reden

An den Tod will er sich zwar bis heute nicht gewöhnen, aber er weiß, wie man so etwas mental verarbeitet. Und im Notfall können die Bergretter auf ein professionelles Careteam, den Dorfpfarrer oder den Sozial- und Betreuungsdienst der Rega zurückgreifen. „Das sind gute Werkzeuge“, hat ihn die Erfahrung gelehrt. „Aber auch Gespräche unter Kol­ legen und im Team helfen – oder das Halten von Vorträgen. Denn je mehr man über die Schicksale und Einsätze spricht, desto besser und schneller kann man sie verarbeiten.“ Klingt logisch und funktioniert fast ­immer. „Wenn ich die Opfer einer ­Bergung nicht kenne, dann ist es für mich Arbeit. Ein Auftrag, den ich nach bestem Wissen und Gewissen erledige.“ Ganz anders sieht es aus, wenn Ziegler Opfer bergen muss, die er persönlich 62

Die Alpine Rettung Schweiz (ARS) ­leistet Einsätze für in Not geratene und hilfsbedürftige Menschen im alpi­ nen, voralpinen und schwer zugäng­ lichen Gebiet der Schweiz und dem an­ grenzenden Ausland. Die ARS ist eine selbständige gemeinnützige Stiftung, die durch die Rega und den Schweizer Alpen-Club SAC getragen wird. Die 86 Rettungsstationen der sieben Regionalvereine sind so über Voralpen/ Alpen und Jura verteilt, dass die in ­diesem Gebiet organisierten rund 3000 freiwilligen Retterinnen und ­Retter in kürzester Zeit jeden Einsatz­ ort erreichen können.

kennt. Dann gerät auch er aus dem Gleichgewicht. „Oder Kinder“, Marc Ziegler schüttelt den Kopf. „Das ist das Schlimmste. Ein Horror! Auf das kann man sich nicht vorbereiten.“ Sind Sie ein Held, Herr Ziegler? Den Heldenstatus suche er nicht, sagt der Retter. Geld für die Rettung gibt’s nur wenig. Warum also begibt sich Ziegler in Gefahr, um anderen, meist fremden Menschen zu helfen? Ein Helfersyndrom? „Ganz ehrlich: Ich weiß es nicht. Ich habe keine schlüssige Antwort darauf. Aber natürlich ist es ein zutiefst befrie­ digendes G ­ efühl, wenn man Menschen aus einer miss­lichen oder gefährlichen Situation retten kann. Ob das ein Helfersyndrom ist? Möglicherweise.“ Feiert man erfolgreiche Rettungseinsätze?

Jetzt wird’s ernst: Marc Ziegler wirft ­einen prüfenden Blick nach unten, bevor er aus dem Heli ­abgeseilt wird.

THE RED BULLETIN


Flugrettung

REGA

„Je mehr man über die Schicksale und Einsätze spricht, desto besser und schneller kann man sie verarbeiten.“

THE RED BULLETIN

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Flugrettung

Rettungschef Ziegler in Grindelwald, im Hintergrund der Eiger: „Das sind Einsätze, die man nie wieder vergisst.“

„Das ist das Berner Oberland und nicht Hollywood“, sagt Ziegler und lacht. „Doch wenn alles bestens geklappt hat und die Hilfesuchenden gerettet wurden, dann setze ich mich gerne hin und rauche eine Zigarette. Und das, obwohl ich eigentlich Nichtraucher bin. Die ominöse ‚Zigarette danach‘ hat es in sich.“ Bleibt er mit den Geretteten in Kontakt? „Selten. Die meisten Menschen wollen ja mit dem Unfall abschließen und das Erlebte vergessen.“

„Ist das sicher?“

Welchen Einsatz wird er nie vergessen? „Eine BASE-Jumperin aus den USA ist an einem Felsvorsprung der Nordwand hängen geblieben“, erinnert sich Ziegler. „Sie hing hilflos an der Wand, beide ­Beine gebrochen. Als ich sie befreit und gesichert hatte und dem Heli das Signal zum Hochziehen gab, fragte sie mich ganz ängstlich: ‚Is this safe?‘“ Aber auch die Koreaner, die er mit der Long-Line aus der Wand geholt hat, haben sich in seinem Gedächtnis verewigt: „Kaum ­hatten sie wieder festen Boden unter den Füßen, zückten sie die Rega-Gönnerkarte und 64

BASE-Jumper aus den USA, Touristen aus Korea: Ziegler rettet die halbe Welt. freuten sich: ‚We have insurance …‘“ Der Pager, den Marc Ziegler während elf Wochen Bereitschaftsdienst pro Jahr mit sich trägt, bleibt heute still. Sein Dienst dauert nur noch bis Ende dieser Woche. Dann ist mehr Büroarbeit angesagt. Theo­ rie statt Praxis. Und am Abend schraubt er an seinem Motorrad. Nach zwei erfolglosen Versuchen soll die Maschine endlich den Lärmtest beim Straßenverkehrsamt bestehen. „Das ist eines meiner ­aktu­ellen Ziele“, erklärt Ziegler. „Denn ohne Ziele funktioniere ich nicht.“ Wie wär’s mit einer Besteigung der Eigernordwand? „Nein, danke. Als Retter kenne ich ­ohnehin fast jede Ecke“, meint Ziegler schmunzelnd. „Aber als Kletterer bin ich nie in die Nordwand gestiegen. Dazu bin ich zu wenig gut trainiert.“

Mythos Eiger Wie ein deutsch-österreichisches Quartett erstmals die Eigernordwand bezwang. „Halb erfroren, zerschlagen und zer­ schunden erreichten wir endlich die höchste Spitze.“ So beschrieb Fritz ­Kasparek den historischen Moment am 24. Juli 1938: Er und sein öster­ reichischer Landsmann Heinrich Harrer sowie die beiden Deutschen Andreas Heckmair und Ludwig Vörg waren am Gipfel ihrer Bergsteiger-Träume an­ gekommen – als erste Menschen hatten sie nach drei Tagen die bis dahin als ­unbesiegbar geltende Eigernordwand bezwungen. Dutzende Seilschaften aus ganz Europa waren zuvor gescheitert. Viele Berg­ steiger bezahlten mit ihrem Leben. „Die Wand ist eine Besessenheit für Geistes­ gestörte“, warnte das britische „Alpine Journal“ – bis es dem Quartett gelang, den Mythos der un­besiegbaren Nord­ wand zu brechen. THE RED BULLETIN




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GUIDE Tipps für ein Leben abseits des Alltäglichen REISE MIT STRANDBLICK

THIAGO DIZ

Zuschauen oder s­ elber fahren: die ­Kitesurf-Rallye von Sertões, Brasilien

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GUIDE Reisen

„Das Rennen von Sertões ist das erste seiner Art: Es dauert sechs Tage, ist 500 Kilometer lang und findet im Südatlantik statt.“ Unsere Autorin, Profi-Kitesurferin Marcela Witt, erzählt uns hier, wie sie den Bewerb erlebt hat:

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Pedro Macedo Soares de Araujo fliegt über die Ziel­linie. Oben: Start der Rallye in São Miguel do Gostoso, Nordostbrasilien

TOM WARD

ch strenge mich ordentlich an an diesem dritten Tag des Rennens von Sertões an Brasiliens Nordostküste. Mein Brett liegt schwer im Wasser, meine Füße tun weh und bluten, und der Wind ändert ständig seine Richtung, sodass mein Drachen immer wieder absinkt. ­Gerade habe ich eine Boje verpasst. Bei dieser ersten Kitesurf-Langstrecken­ rallye der Welt sind Bojen entscheidende Kontrollpunkte. Für jede, die du verpasst, kassierst du 30 Strafminuten. Aber was noch schlimmer ist: Wer zu langsam ist, fällt zurück. Das Rennen von Sertões ist das erste seiner Art: Es dauert sechs Tage und ­findet im Südatlantik statt. Es geht von São Miguel do Gostoso in Rio Grande do Norta bis hinauf nach Preá in Ceará. Bei dem Ausdauerbewerb verbringen die Teil­nehmer jeden Tag mehrere Stunden auf dem Wasser, begleitet von ihren Hilfs­ teams, die sie in Autos am Land begleiten.

THIAGO DIZ, GABRIEL HEUSI

I

THE RED BULLETIN


Bevor das Rennen losgeht, bereitet unsere Autorin, die brasilianisch Kite­ surferin Marcela Witt, ihre Ausrüstung vor.

Meine Familie in Rio de Janeiro ging immer schon kitesurfen, seit ich klein war. Anders als beim normalen Surfen muss man hier nicht auf Wellen warten. Die Kraft kommt vom Wind, der einen großen, handgesteuerten Lenkdrachen antreibt. Und das ziemlich flott: Ende der Nullerjahre wurde der Temporekord im Kitesurfen regelmäßig gebrochen. 2010 schaffte der Amerikaner Rob Douglas 55,65 Knoten (oder 103 km/h) und hielt diesen Rekord immerhin zwei Jahre. Zur Jahrtausendwende hob dieser Sport so richtig ab. Ich war vierzehn, als ich 2005 an meinem ersten Wettbewerb teilnahm, mit zwanzig folgte dann mein erstes Antreten auf der Langstrecke, in Brasilien Downwinder genannt. Selbst für Leute mit meiner Erfahrung ist Sertões ein schwer vorherzusagendes Rennen. Die Küstenbedingungen in Brasilien ändern sich oft: Manchmal hat man Land- oder Seewind, der einem hilft, THE RED BULLETIN

schnell zu fahren, manchmal Seiten­ winde, die einen bremsen. Es ist wirklich ein ziemlich ermüdender Sport. Ähnlich wie beim Laufen kann man es sich bequem machen, mal zwei Stunden raus­ gehen und ein gemütliches Tempo fahren, aber der Wettbewerb ist alles andere als bequem – mehr ein gnadenloser Sprint. Man ist echt schnell unterwegs – mit etwa 30 km/h –, und das über mehrere Tage am Stück. Sich einen Tag lang pushen – das geht ja noch. Aber Tag für Tag – das kann anstrengend sein. Oft sieht man die Konkurrenz gar nicht und muss raten, ob man vorn oder hinten liegt. Ursprünglich wollte ich hier vor allem Spaß haben. Schon recht früh am ersten Tag bin ich mit 20 Minuten Abstand an der Führenden dran. Mir wird bewusst, dass ich einfach nur auf ein Twintip (Anm.: ein Board, das in beide Richtungen fahren kann und daher nicht gewendet werden muss) wechseln müsste und Sieges­

Wie im Flug

ZIEL Preá

Die Strecke des Sertões Kitesurf

Icaraizinho

Porto do Pecém Beberibe Icapuí Guamaré START São Miguel do Gostoso

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GUIDE Reisen

Bett und Brett Wohnen und Spielen während des nächstens Rennens im Oktober 2022. Die Reise-Tipps: Kauli Seadi Kite Center „Hier beginnt der Wettbewerb“, erklärt Witt. „Kauli war mal Weltmeister im Windsurfen, heute betreibt er diese tolle Surfschule.“ Ilha dos Poldros Hotel, Maranhão „Einer meiner Lieblingsorte, westlich von Preá. Um im Meer zu kiten, muss man fortgeschritten sein, hier am Paranaíba-Fluss kann es jeder.“ Vila Guará Hotel, Atins Beach, Maranhão „Traumhafte Strandbungalows und eine fantastische Kitesurfschule.“ Vila Kalango Hotel, Jericoacoara, Ceará „Der Jericoacoara-Nationalpark ist ein Paradies – für Surfer, aber auch einfach zum Entspannen.“ Rancho do Peixe, Preá, Ceará „Hier endet das Rennen. Am Strand gibt es wunderschöne Bungalows, Essen und Wein sind köstlich.“ sertoeskitesurf.com.br

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anstalter haben nicht damit gerechnet, dass wir so schnell sind. Oft kommen die Teilnehmer weit vor den Autos ins Ziel und müssen hungrig in der Sonne auf die Ankunft des Teams warten. Am vierten Tag ist der Wind sehr schwach, was große Lücken im Starter­ feld aufreißt. Zu Beginn lagen noch 15 bis 30 Minuten zwischen den Bewerberinnen und Bewerbern, heute sind es eher drei, vier Stunden. Viele geben auf. Am letzten

„Außerhalb der Komfortzone passiert meist etwas Gutes.“ Marcela Witt, Siegerin des Sertões Kitesurf 2021

Tag liege ich über zwei Stunden vor der nächsten Surferin. Aber die ist echt gut, und ich weiß, dass noch alles möglich ist. Nach 17 Stunden, 6 Minuten und 34 Se­ kunden bin ich im Ziel. Erst als ich bei der Siegerehrung auf das Podest steige, bin ich sicher, dass ich gewonnen habe. Wenn wir unsere Komfortzone ver­ lassen, passiert meist etwas Gutes, da­ von bin ich überzeugt. Wettbewerbe sind wie das Leben: Es ist egal, wenn du heute vorn liegst, wenn du nicht auf den nächs­ ten Bewerb vorbereitet bist. Du darfst ein Rennen langsam angehen, aber du darfst unter keinen Umständen anhalten. Autorin Marcela Witt, professionelle Kitesurferin aus Brasilien, war die erste Frau, die in der Antarktis und am berüchtigten portugiesischen Nazaré gesurft ist. Instagram: @marcelawitt THE RED BULLETIN

TOM WARD

chancen hätte. Am zweiten Tag mache ich das und schalte meinen Ehrgeiz dazu. Aber dann: diese Boje am dritten Tag! Sie liegt in einer Bucht am Ende des längsten Abschnitts – nach mehr als 100 Surf-Kilo­ metern. Ich komme weniger als eine Minu­ te zu spät an, aber die Rennleitung sieht das mit GPS ganz genau. Daraufhin bin ich stinksauer und gebe wütend Vollgas. Am Ende des Tages liege ich ganze drei Stunden vorn, da spielen die 30 Straf­ minuten auch keine Rolle mehr. Die Erholung an den Abenden erweist sich als richtig schwierig. Anfangs wollte ich beim Surfen eine Esspause einlegen, aber sobald mich der Ehrgeiz gepackt hatte, musste ich die natürlich auslassen. Nachts schlafen wir in Zelten an abge­ legenen Orten, aber ich glaube, die Ver­

Strand in Rancho do Peixe: kitesurfen und relaxen

THIAGO DIZ

In sechs Tagen 500 Kilometer kitesurfen. Ganz oben: Aufstellung der Bewerber in der „Elite“-­ Kategorie vor dem Start. Darunter: Kitesurfer Bruno Melo Côrtes überglücklich im Ziel


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BUJU BANTON

LOUIE CULTURE

BEENIE MAN

RESPECT DUE (1987)

BOGLE (1992)

GANGA LEE (1994)

OLD DOG (1996)

„‚Respect Due‘ kam ein paar Jahre vor der goldenen Zeit des Dancehall raus. Der Riddim, also der Instrumental­ teil des Songs, enthält eine schwere Bassline mit irren Phrasen darüber. Das Stück handelt davon, wie wichtig Respekt, Höflichkeit und Ehre sind. Als ich auf die Highschool ging, war das ein großes Thema. Ich habe immer versucht, ein respektvoller Mensch zu sein. Und dieser Song sagte: Du bist auf dem richtigen Weg!“

„Tanzbewegungen spielen eine wich­ tige Rolle in der Dancehall-Kultur, und dieser Song erzählt davon. Der Bogle-Tanzstil ist benannt nach ­seinem Erfinder Gerald Levy, genannt ‚Bogle‘. Und er geht so: Du führst eine Wellenbewegung mit deinem ganzen Körper aus und wirfst dabei beide Ar­ me in die Luft. Der Bogle hat unser Genre stark beeinflusst. Ich war zu­ erst befremdet davon, dann ging er durch die Decke.“

„1994 waren Dancehall-Nummern hauptsächlich zum Partymachen da. Dieser Song war deshalb so be­ sonders, weil er auch eine Botschaft vermittelte. Louie Culture sprach da­ von, sich von allen Einschränkungen frei zu machen. Wir Kinder wussten damals nicht genau, was ein ‚Ganga Lee‘ war, nämlich ein Freiheitskämp­ fer, aber die Message war klar: Geh deinen eigenen Weg. Die Nummer hat noch immer große Kraft.“

„Die Riddim-Abschnitte sind für mich das eigentlich Spannende im Dance­ hall. Dieser Song hat es besonders in sich. Er ist witzig. Er macht sich über Leute lustig, die ein Problem mit Män­ nern haben, die viele Frauen treffen: ‚Old dog like we, we haffi have dem ­inna two’s and three’s.‘ Einmal war ich bei einem Dance, bei dem die DJs zu diesem Song auf allen vieren rum­ gekrabbelt sind wie Hunde. Ein irrer Song eben.“

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CHARLOTTE RUTHERFORD

LITTLE TWITCH

WILL LAVIN

Dancehall-Musik entstand im Jamaika der späten Siebzigerjahre. Doch erst in den Achtzigern und ­frühen Neunzigern hob das Reggae-­ Subgenre richtig ab. Damals revolu­ tionierten die Möglichkeiten des digitalen Produzierens den Sound: Die Rhythmen wurden schneller, und die Instrumentalstücke, die so­genannten „Riddims“, rückten in den Vordergrund. Einer der größten DancehallStars der Neuzeit ist der Singer-Songwriter und Produzent Sean Paul Ryan Francis Henriques, kurz: Sean Paul, der 2002 mit seinem Grammy-prämierten Album „Dutty Rock“ den Durchbruch schaffte. Der 49-jährige Jamaikaner hat nicht nur den Dancehall-Sound erneuert, sondern das Genre weltweit populär gemacht – auch dank aufwendiger Musikvideos und Kooperationen mit Popstars wie Beyoncé, Sia und Nicki Minaj. Hier verrät Sean Paul, welche vier Dancehall-Nummern ihn am meisten inspiriert haben.


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GUIDE Lesestoff

SPRACHKUNST

Besoffen vom Leben Der französische Kultautor Philippe Djian ist ein Magier des Trivialen, seine Romane verwandeln den Alltag in Poesie. Alles eine Frage des Stils.

D

ie Symptome sind vielfältig: Bei manchen kann man beobachten, wie sich ihr Gang verändert; dass sie plötzlich verspielter, tänzerischer daherkommen. Andere­ fangen an, fremden Menschen aus heiterem Himmel direkt in die Augen zu schauen. Und wieder andere blinzeln in einen wunderschönen Sonnenuntergang und sagen nicht: „Oh, was für ein wunderschöner Sonnenuntergang“,

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sondern reißen eine Dose Bier auf und schweigen. Alles typische Anzeichen für den Konsum eines Romans von Philippe Djian. Alles in allem: eine wilde Entschlossenheit, das Leben zu spüren. Oft auch ­eine fast vergessene Sehnsucht. Wer damit nichts anfangen kann oder will, tut gut daran, Djian auch weiterhin für eine Senfsorte zu halten. Denn der 1949 in Paris geborene Autor ist ein Magier des Trivialen. Ein Alchemist,

der den Alltag in Poesie verwandelt. Und ein literarischer Flaneur, der genau weiß, dass die Schönheit des Flanierens darin liegt, kein Ziel zu haben. Das zeigt sich auch in der Auswahl der Figuren und Genres, die Philippe Djian in seinen bisher über dreißig, meist recht kompakt gehaltenen Romanen und Erzählungen verarbeitet hat – da ist vom Künstler bis zum Kriminellen, von der saftigen Amour fou bis zur brackigen Midlife-­ THE RED BULLETIN

VINZ SCHWARZBAUER

Text JAKOB HÜBNER


„Die Ruchlosen“, erster Absatz: Aber er wollte, dass sie ihre Hände wegnahm, dass sie auf­ hörte, ihn anzufassen, dass sie beiseiteging, verschwand, er versuchte, ihr zu sagen, dass sie abhauen, nach Hause gehen sollte, aber sein Mund war voll Blut, und sie weigerte sich, ihn loszulassen. Nimm mein Taschentuch, sagte sie.

Crisis alles drin, was das ­Leben zum Brodeln bringt. Los ging’s im Jahr 1984. „Erogene Zone“ war zwar nicht Djians erster Roman, aber jener, mit dem der Franzose zu seinem einzigartigen Stil fand. Nur ein Jahr später erschien „Betty Blue – 37,2 Grad am Morgen“, das Mittelund Kernstück der sogenannten „Zorg-Trilogie“ (benannt nach dem Protagonisten der Reihe), die Djian 1986 mit „Verraten und verkauft“ virtuos abschloss. Im selben Jahr kam auch die legendäre Verfilmung von „Betty Blue“ in die Kinos, die (dem in diesem Jänner verstorbenen) Regisseur Jean-Jacques Beineix ­eine Oscar-Nominierung, der Zahnlücke von Béatrice Dalle animalischen Sexappeal und Philippe Djian den Titel Kultautor bescherte. Sex, Drugs and Rock ’n’ Roll in Buchform. Pulsierend, schnell, rhythmisch. Gespickt mit knisternden, nackten ­Dialogen, ohne Anführungszeichen, ohne Vorwarnung. Das französische Feuilleton schnappte nach Luft, Djian legte nach: „Rückgrat“, „Pas de deux“, „Matador“, „Heißer Herbst“, „Schwarze Tage, weiße Nächte“. Unverschnittener Lesestoff, besoffen vom Leben. Literatur-Rebell Philippe Djian avancierte zu einem der meistgelesenen Autoren seiner Generation. Und das, obwohl er uns – vermutlich nicht ganz ohne Koketterie – wissen ließ, dass ihm der Überbau seiner Geschichten ziemlich schnurz THE RED BULLETIN

ist: „Mir geht es nur um Stil und Sprache, weil ich keine Message habe, die ich weitergeben will.“ Tatsächlich ist ­jeder einzelne Roman aus ­dieser Schaffensphase ein kleines Meisterwerk ohne ­Ablaufdatum. Aber auch Rebellen werden älter. Mitte der 2000erJahre wurde es zunehmend ruhiger um Philippe Djian. Der geballten Faust, mit der er das Leben so zärtlich streichelte, fehlte plötzlich der letzte Punch. Mit „Marlène“ (2017) und „Morgengrauen“ (2018) fand Djian jedoch zurück in die Spur, und spätestens mit dem zuletzt auf Deutsch erschienenen Roman „Die Ruch­ losen“ (2021) ist auch diese magische Unmittelbarkeit wieder da. Da haut Djian wieder Sätze und Dialoge raus, deren simple Intensität so schön ist, dass man dazu tanzen möchte. Inhaltlich ist „Die Ruchlosen“ eine Art ThrillerFragment, stilistisch ist es ein „echter Djian“. Und etwas Besseres kann man über ein Buch eigentlich kaum sagen.

PHILIPPE DJIAN „Die Ruchlosen“ Deutsch von Norma Cassau (Diogenes)

BUCHTIPPS

Agents Provocateurs Vier französische Literaturgrößen, die weder Tabu noch Pardon kennen.

MICHEL HOUELLEBECQ Obwohl hierzulande kaum jemand seinen Namen unfall­ frei aussprechen kann, gilt er als der Skandalautor schlechthin. Übersehen wird bei all der intellektuellen Auf­ regung oft, dass Houellebecq es nicht nur meisterhaft ver­ steht, die Schmerzgrenzen unserer Gesellschaft mit der Empfindsamkeit eines Seismographen auszuloten, sondern auch sprachlich zu den Allergrößten zählt. „Vernichten“ (Dumont)

VIRGINIE DESPENTES In den 1990er-Jahren sorgte Despentes mit extrem harten und explizit nicht jugend­ freien Romanen wie „Baisemoi“ oder „Die Unberührte“ für heftige Kontroversen. Ganz anders sah die Sache aus, als 2015 Teil 1 ihrer „Vernon Subutex“-Trilogie erschien – ein furios gezeich­ netes Sittenbild unserer Zeit, für das Despentes als „weib­ licher Balzac des 21. Jahr­ hunderts“ gefeiert wurde. „Das Leben des Vernon Subutex“ (KiWi)

EMMA BECKER Für ihren dritten Roman hat die französische Autorin Emma Becker, 33, zwei Jahre lang „Feldforschung“ be­ trieben – als Prostituierte in einem Berliner Bordell. Die daraus entstandene Auto­ fiktion, auf Deutsch 2020 erschienen, ist naturgemäß ebenso delikat wie ernüch­ ternd, schamlos und dras­ tisch – das Erstaunlichste dar­ an ist aber, dass sie mitunter auch sagenhaft komisch ist. „La Maison“ (Rowohlt)

FRÉDÉRIC BEIGBEDER „39,90“, die böse Insider-Ab­ rechnung mit der Dekadenz und dem Zynismus der Werbe­ branche, machte Beigbeder berühmt. Zwanzig Jahre spä­ ter peitscht er sein „negati­ ves Double“ Octave Parango durch eine scharfsichtige, beißende Satire, die das gras­ sierende Diktat des Lachens genüsslich ausweidet. Wie kann eine derart traurige Gesellschaftsanalyse nur so unglaublich lustig sein? „Der Mann, der vor Lachen weinte“ (Piper)

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GUIDE Tipps & Trends BLICK IN DIE ZUKUNFT ANDY WOLF OMEGA Es war einmal ein Zeitreisender, der in einer Sci-Fi-Serie Hunderte von Folgen über die Bildschirme trampte. Das Brillenunter­nehmen Andy Wolf aus Österreich hat sich von Dr. Who für seine neue Kollektion inspirieren lassen – zu zeitlosen Modellen ­so­zusagen. andy-wolf.com

SEITENBLICKE Ein „Blinder“ am äußeren Brillenrand schützt vor ­lästigem Lichteinfall.

Richtig gutes Zeug Eine verrückte Blumen-Geschichte, eine Brille für Zeitreisende und Seiler und Speer als Klassiker. SOMMERFRISCHE LEVI’S SANDALEN Es gibt von Levi’s nicht nur Jeans, sondern seit heuer auch Sneaker, die von der legendären 501er inspiriert sind. Wir stehen aber ganz besonders auf diese Sandalen – so bunt, so frech, so Wann-wird’s-denn-endlichwieder-Sommer? levi.com

EINE IRRE STORY „THE PETUNIA CARNAGE“ Eine orangefarbene Petunie hat die Natur nicht vorgesehen. Als der finnische Wissenschaftler Teemu ­Teeri doch eine entdeckt, nimmt eine Geschichte Fahrt auf, die in die große „Petunien-Krise“ mündet. Nicht lachen – dahinter steckt eine irre Story, die der Wiener Fotograf Klaus Pichler, Jahrgang 1977, dokumentiert hat. Sie werden staunen, versprochen! klauspichler.net

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KLASSISCH HAMKUMMAN SEILER UND SPEER AUF SERVUS TV „Das wird sehr intim“, sagte Christopher Seiler, als wir ihn und P ­ artner Bernhard Speer trafen, um über die klassischen Interpre­tationen ­ihrer Hits wie „Ham kummst“ zu sprechen. Drei Orchester-Auftritte im Wiener Konzerthaus waren im Nu ausverkauft. Jetzt zeigt Servus­ TV den Mitschnitt: am 25. März, 22.10 Uhr. servustv.com

PETER RIGAUD

LEUCHTKRAFT THE NORTH FACE PHLEGO 2L DRYVENT JACKET Wer diese Jacke trägt, muss keine Angst haben, verloren zu gehen. Oder nicht gesehen zu werden. Krimskrams verschwindet in einer ihrer fünf Taschen, und eine feste Kapuze schützt bei Schlechtwetter. thenorthface.de

FUSSFREI Ein Farbspektakel für die Füße. Oder anders gesagt: So geht bunt.

SCHÖNE SCHWESTER TAG HEUER AQUARACER ­PROFESSIONAL 200 „Sie ist die Begleiterin eines spannenden, unvergesslichen Lebens ­voller Abenteuer, Höchstleistungen und überwundener Grenzen“, sagt TAG-Heuer-CEO Frédéric Arnault. Vor allem aber ist die kleine Schwester des 300er-Modells eine echte Schönheit. tagheuer.com

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GUIDE Biohacking BESSER SCHLAFEN

Von Socken und Hormonen Profi-Biohacker Andreas Breitfeld verrät uns jeden Monat einen Trick, der dein Leben verbessert. Dieses Mal: wieso du mit Socken besser schläfst.

Kalte Füße schaden dem Schlaf Je weniger Blut in die Extremitäten fließt, desto mehr bleibt im Rumpf – und hält ihn zu warm. Je wärmer (= je besser durchblutet) die Extremitäten sind, desto besser für unseren Schlaf.

Melatonin Zirbeldrüse

Melatonin macht uns müde

Das liegt an unserer Körpertemperatur, insbesondere im Rumpf. Sinkt diese Temperatur ab, im Idealfall um 0,2 bis 0,5 Grad, fördert das den Schlaf. Dazu können wir uns hochtechnologischer Hilfsmittel bedienen (es gibt ziemlich kostspielige Gadgets, die die Temperatur unter der Bettdecke senken) oder sehr 84

ANDREAS BREITFELD, 49, ist Deutschlands bekanntester Bio­hacker. Er forscht in seinem speziellen Lab in München. BIOHACKING umfasst, ver­einfacht gesagt, alles, was Menschen eigenverantwortlich tun können, um Gesundheit, Lebensqualität und Langlebigkeit zu verbessern.

DIE BIOHACKING-PRAXIS Der Performance-Lifestyle-Podast für alle, die mehr über Biohacking (und sich selbst) erfahren wollen. QR-Code scannen und reinhören. THE RED BULLETIN

ANDREAS BREITFELD

Wieso denn das?

einfacher – wie eben Socken. Denn wenn wir die Extremitäten erwärmen, dehnen sich dort die Blutgefäße aus, was die lokale Durchblutung fördert und das warme Blut sozusagen aus dem Rumpf „ab­zieht“. Die Folge: Die Körperkern­ tempe­ratur sinkt. Und, richtig mitgedacht, die positive Wirkung lässt sich durch das zusätzliche Tragen von Handschuhen oder Pulswärmern verstärken. Aber ganz ehrlich: Ich selbst lass das mit den Hand­ schuhen sein – alles hat seine Grenzen.

PRIVAT

S

ocken im Bett haben nicht ge­rade den allerbesten Ruf, aus der Per­ spektive arterhaltender Paarungs­ rituale wohl auch zu Recht. Aus der Per­ spektive der Schlaf­qualität allerdings definitiv zu Unrecht. Denn Socken anzu­ ziehen lässt uns leichter einschlafen und tiefer durchschlafen.

SASCHA BIERL

In der Zirbeldrüse wird das Schlafhormon Melatonin ­gebildet, das für unseren Schlaf und seine Qualität entscheidend ist. Eine der nachgewiesenen ­Wirkungen von Melatonin ist das Ab­senken der Körper­ kerntemperatur. Und das ­er­leichtert das Ein­schlafen und das Durchschlafen.


VIELE STRASSEN, VIELE ZIELE: EIN START MIT BMW MOTORRAD GEMEINSAM IN DIE NEUE SAISON Motorrad fahren ist Leidenschaft. Geteilte Leidenschaft ist doppelte Leidenschaft. Teile deine Leidenschaft mit uns und vielen Gleichgesinnten beim Saisonstart am 26.03.2022, beim BMW Motorrad Partner*. MEHR INFOS ZUR STARTVORBEREITUNG FINDEST DU UNTER:

*nur bei teilnehmenden Händlern


Helm auf!

Von wild bis smart, von Wüste bis Stadt, von wunderschön bis superpraktisch: Hier reiten die spannendsten Bikes des aktuellen Jahrgangs ein. Text WERNER JESSNER

UNIKAT Einen längs ein­ gebauten V-Motor hat nur Moto Guzzi. Neu: wassergekühlt!

DIE SCHÖNE VOM COMER SEE MOTO GUZZI V100 MANDELLO Der italienische Kult-Hersteller beginnt das zweite Jahrhundert seines Bestehens mit einem nach seinem Heimatort benannten Crossover-Modell, das handlich wie ein Roadster ist, dabei aber den Windschutz ­eines Tourers bietet. Je nach Geschwindig­ keit und Fahrmodus ändert sich dabei die Position der seitlichen Deflektoren. Moto Guzzi spricht hier von „aktiver Aero­ dynamik“. Der neu entwickelte wasser­ gekühlte V-Motor sorgt mit seinen 115 PS ­jedenfalls für ausreichend Fahrtwind. Preis noch nicht bekannt; motoguzzi.at

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GUIDE Motorräder

LUCKY EXPLORER So hieß einst das Modell der Konzernschwester Cagiva, das die DesertX zitiert.

Geist der Wüste Ducati DesertX

Optisch stark an die Cagiva angelehnt, die um das Jahr 1990 die Rallye Paris–Dakar bereichert hat, zeigt Ducati mit der DesertX eine zeitgemäße Interpretation des Klassikers und führt die Marke ins harte Gelände. Kompetentes Offroad-Fahrwerk, 110 PS starker Testastretta-Motor, schlanke 202 Kilo Trockengewicht, verschiedene Fahrmodi, LED-Licht, TFT-Display und volle Konnektivität weisen dabei den Weg. € 18.395; ducati.com

Big Boxer BMW R 18 B

Eine Ikone vom ersten Moment an: Die große BMW zitiert die Vergangenheit der Marke und spielt technisch auf einem ganz neuen Klavier. 91 PS sind fürs Gefühl der großen Freiheit dabei weniger entscheidend als die beeindruckenden 150 Newtonmeter. Als Bagger (s. Erklärung rechts) mit Frontverkleidung, tropfen­ förmigem Tank und flach abfallendem Heck mit Koffern kommt die Form besonders gut zur Geltung. Ab € 32.800; bmw-motorrad.at

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BÄGGER, NICHT BAGGER Bagger (sprich: Bägger) haben ihren Namen vom flachen Heck mit ­ihren Seitentaschen, den „bags“.

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Kremser Klassik

Brixton Cromwell 1200 Sieht aus wie ein traditioneller britischer Roadster, ist aber aus Österreich: Brixton ist die Eigenmarke der Kremser KSR Group, wobei die Bikes in Österreich entwickelt und in China gefertigt werden. Das brandneue Flaggschiff Cromwell 1200 überzeugt außer mit seiner gelungenen Optik mit seinem großvolumigen, 82 PS starken Zweizylinder, hochwertigen Komponenten und drei gediegenen Farbvarianten. Preis noch nicht bekannt; brixton-motorcycles.com

YACHT AUF RÄDERN BMW K 1600 GT Sechs Zylinder, 160 PS, 343 Kilo. Unglaub­ liche 64 Liter Stauvolumen und eine Spitze, die BMW nobel mit „über 200 km/h“ angibt. Viel luxuriöser und komfortabler kann man auf zwei Rädern nicht Kilometer machen. Und dann gibt es noch die lange Liste an ­Zusatzausstattungen: Vom Sound-System über ein riesiges TFT-Farbdisplay, von der ­Bodenbeleuchtung (!) bis zu Schmiede­ rädern ist alles möglich. Ab € 30.700; bmw-motorrad.at

Stadtkind

Piaggio Beverly 400 Kombiniert die Vorzüge eines Rollers mit den Fahreigenschaften eines Motorrads: Die Beverly kennt – vor allem in ihrer 35 PS starken 400-Kubik-Variante – innerhalb der Stadt kaum Gegner. Viele werden nur ihren Auspuff sehen, wenn sie durch die Kolonnen wedelt, mit Platz für zwei Jet-Helme unter der Sitzbank und einem Tank in der Mitte für noch besser ausbalanciertes Fahrverhalten. Ab € 6.899; piaggio.at

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STATTLICHE GRÖSSE Das 16-Zoll-Vorderrad verhilft der 135 km/h schnellen Beverly zu Stabilität.

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GUIDE Motorräder

Keine Gefangenen!

KTM 1290 Super Duke R Evo Sie trägt ihren Nom de Guerre „The Beast“ nicht von ungefähr, jetzt wurde die schärfste nackte KTM noch einmal zugespitzt. Alles ist auf Performance ausgelegt, die Technik spricht noch in den kleinsten Details Renn-Sprache. Der 180 PS starke Motor hat Titan-Ventile, das Fahrwerk ist semiaktiv. Alle elektronischen Hilfssysteme dienen nur einem Zweck: der Schnellste zu sein. Immer. Und unter allen Umständen. Ab € 24.099; ktm.com

WIE IN DER MOTOGP Um zwei Kilo leichter – auch wegen des Stahlrahmens mit ­breiteren Rohren von geringerer Wandstärke.

PERFEKTE WIEDERBELEBUNG MALAGUTI DRAKON 125 Seit die KSR Group bei Krems im Jahr 2018 den italienischen Traditionshersteller Malaguti übernommen hat, geht es mit der 1930 bei ­Bologna gegründeten Marke wieder bergauf. Dabei konzentriert man sich auf EinsteigerMotorräder (plus E-Bikes). Die wunderbar klar gezeichnete Drakon ist ein quirliges Bike für Stadt und Überland mit 14 PS, einer Spitze von 99 km/h und digitalem Cockpit. Ab € 3.999; malaguti.bike

Auf die feine Tour Honda NT1100

Geräumig genug für die große Reise zu zweit, bequem dank üppigen Federwegen und durchdachtem Windschutz mit verstellbarer Scheibe. Aber auch sportlich genug für den flotten Trip ins Hinterland dank dem 102 PS starken Zweizylinder mit viel Drehmoment. Der 6,5 Zoll große Touch­screen ist auch mit Handschuhen gut zu bedienen. Außerdem gibt’s die NT1100 auch mit dem Sechsgang-Doppelkupplungsgetriebe. Ab € 15.590; honda.at THE RED BULLETIN

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GUIDE Events

Faltanleitung für den Sieger-Flieger Mit Konzentration und Symmetrie in fünf Minuten zum geschmeidigen Flugerlebnis. 1

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Papier der Länge nach falten und einschlagen, Spitze drei Finger über unteren Rand knicken. 3

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Beide Seiten nochmals zur Mitte klappen und Flieger exakt zur Mitte falten. 5

Volle Konzentration auf scharfe Flügelkanten, die zum Schluss hochgeklappt werden.

Das große Fliegen

Ready for Take-off: Die besten Papierflieger-Piloten ermitteln in Salzburg ihre neuen Weltmeister. Leon Ring weiß, was einen wirklich exzellenten Flieger ausmacht. Der 24-jährige Wiener qualifizierte sich 2019 als österreichischer Champion für das Weltfinale in der Disziplin „Longest Airtime“: „Damit er lange schwebt, müssen die Flügel möglichst groß, exakt und symmetrisch gefaltet sein.“ Für die optimale Wurf90

technik geht man – den Oberkörper leicht verdreht nach hinten gelehnt – in die Knie: „Du schraubst dich hoch und wirfst den Flieger einfach gerade nach oben.“ 2022 werden Teilnehmer aus über 60 Nationen im Salzburger Hangar-7 erwartet. Red Bull Paper Wings ­vergibt in drei Disziplinen – Longest Airtime, Longest Distance und Aerobatics – den Weltmeistertitel: „Alle Teilnehmer haben die gleichen Voraussetzungen. Du musst deinen ­Flieger sauber basteln – und dann kommt er mit ein bisschen Glück ­richtig schön ins Gleiten.“ Alle Infos zu Qualifikation und Finale: paperwings.redbull.com/at-de/

HANNES KROPIK

RED BULL PAPER WINGS

LEON RING AIRLINES „Longest Airtime“-Austro-Champ Leon Ring verrät im Video, wie der perfekte Papierflieger gelingt. THE RED BULLETIN

PHILIPP HORAK, SAMO VIDIC/RED BULL CONTENT POOL

Hoch das Bein, hoch den Flieger: Sieger Jake Hardy 2019 beim finalen Wurf

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KISKA.COM Foto: P.Platzer

DIE EVOLUTION DES BEASTS Das BEAST entwickelt sich ständig weiter, um an der Spitze zu bleiben. Die neue KTM 1290 SUPER DUKE R EVO verfügt über ein semiaktives Fahrwerk vom Typ WP APEX, mit dem du die Power des leistungsstarken V-Twins voll ausschöpfen kannst und der Konkurrenz immer einen Schritt voraus bist.

ERFAHRE MEHR AUF KTM.COM Gezeigte Fahrszenen bitte nicht nachahmen, Schutzkleidung tragen und die anwendbaren Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung beachten! Die abgebildeten Fahrzeuge können in einzelnen Details vom Serienmodell abweichen und zeigen teilweise Sonderausstattung gegen Mehrpreis.


B O U L E VARD DER HEL DEN

SEQUOYAH

DER DIE WELT ERFAND

Serie: MICHAEL KÖHLMEIER erzählt die außergewöhnlichen Geschichten inspirierender Figuren – faktentreu, aber mit literarischer Freiheit. Folge 23: Der Mann, der den Cherokee-Indianern eine neue Schrift schenkte.

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BENE ROHLMANN, CLAUDIA MEITERT MICHAEL KÖHLMEIER

S

IMAGO, GETTY IMAGES, PICTUREDESK.COM

M

itte der Neunzigerjahre war ich der späteren USA friedlich mit den weißen in North Dakota. Dort lernte ich Siedlern zusammengelebt, sie hatten miteinander Handel getrieben, und es war nicht unLenny Gleeson kennen, Professor gewöhnlich, dass ein Weißer eine Indianerin an der Dickinson State University, sein Forschungsgebiet war das heiratete – umgekehrt allerdings schon. Leben und die Kultur der Ureinwohner NordDie lokalen kriegerischen Auseinander­ amerikas. Er erzählte mir von Sequoyah. setzungen fanden, wenn überhaupt, dann „Dieser Mann“, sagte er, „war eines der größzwischen den verschiedenen Stämmen statt MICHAEL KÖHLMEIER ten Genies in der Geschichte der MenschDer Vorarlberger und nur selten zwischen Weißen und IndiaBestsellerautor gilt heit.“ Derselben Meinung sei übrigens auch nern. Sequoyah war kein Krieger. In seiner als bester Erzähler sein Kollege John Searle, der bekannte PhiloJugend wäre er gern einer gewesen, so erdeutscher Zunge. soph und Sprachwissenschaftler. zählte er am Ende seines Lebens in einem Zuletzt erschienen: Den Namen Sequoyah kannte ich, es war langen Interview und lächelte dabei, wie sein der Roman „Matou“, der Name des Mammutbaumes, der an den Biograf schreibt, und zwar auf diese ironisch 960 Seiten, Hanser Verlag. westlichen Hängen der Sierra Nevada in hintergründige Weise, die jeden bezauberte, ­Kalifornien wuchs, des größten Baumes der der mit ihm zusammentraf. Welt. Ich wusste allerdings nicht, wer der equoyah war zierlich gebaut, hatte nicht viel Körper­ Namensgeber gewesen war. Der Mann Sequoyah war kraft und verletzte sich zudem früh am Bein, was ein Cherokee. Die verschiedenen Stämme dieses Volkes zur Folge hatte, dass er sein Leben lang hinkte. Für siedelten in Tennessee, North Carolina, Virginia bis das Kriegshandwerk war er nicht geschaffen. Bei einem ­hinunter nach Alabama. Sie selbst nannten sich AniÜberfall auf einen Treck von weißen Pionieren war er Yun-wiya, das wirkliche Volk – was heißen sollte: das allerdings dabei. Die Siedler flohen auf ihren Pferden, begnadete oder das beschenkte Volk, das von den guten ließen alles zurück, nur einen von ihnen nahmen die Geistern geliebte und bevorzugte Volk. Die meisten Indianer gefangen. Es war ein junger Mann, zart und a­nderen Stämme, so erzählte mir Professor Gleeson, schwächlich wie Sequoyah. hätten die Vorrangstellung dieses Stammes der Cherokee anerkannt. Die Ani-Yun-wiya hätten die klügsten Die Pioniere hatten eine Stadt gründen wollen, eine richtige Stadt: mit allem, was eine Stadt ausmachKöpfe hervorgebracht, Strategen des Krieges, aber auch te, einer Kirche, einem Saloon – und einer Zeitung. Agronomen, und der Klügste der Klügsten sei eben Der junge Mann war Drucker von Beruf, er besaß eine ­Sequoyah gewesen. Druckerpresse, die hatte er auf einen der Wagen gelaSein genaues Geburtsdatum kannte er selbst nicht, den. An diesem Gerümpel waren die Stammesgenosals Geburtsjahr gab er 1763, 1764 oder 1765 an. Seine sen nicht interessiert, sie überließen­den Drucker und Mutter war Indianerin, sein Vater ein schottischer Händler mit Namen Nathaniel Guess, weshalb er bis heute, ­dessen Sachen dem Kleinsten und Schwächsten von vorwiegend in England, George Guess genannt wird. ihnen – Sequoyah. Sollten sich diese beiden doch etwas Seit dem 16. Jahrhundert hatten die Cherokee im Süden ausmachen.


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B OU L EVAR D DE R HE L D E N

Sequoyah war bei seiner Mutter aufgewachsen, s­ einen Vater hatte er nie kennengelernt, der war schon bald auf und davon, von europäischer Zivilisation hatte der Sohn nichts mitbekommen. Von dem „sprechenden Papier“ aber hatte er schon gehört. Er wusste, die Weißen hielten manchmal einen oder mehrere Bögen in Händen, starrten darauf, und manchmal sprachen sie nach, was ihnen die winzigen schwarzen Zeichen auf dem Papier anscheinend vorsagten. Das hatte Sequoyah schon selbst beobachtet. Nun sah er erstmals dieses Wunder­ ding, das die Papierbögen zum Sprechen brachte. Er, der die Sprache der Weißen einigermaßen verstand und auch sprechen konnte, wollte sich bei dem Drucker über diese seltsame Sache kundig machen, aber mehr als zwei, drei Lektionen kamen nicht zustande, denn dem Gefangenen gelang es bald zu fliehen.

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equoyah war nun mit der Druckerpresse und dem Papier und den Lettern aus Blei allein und in seinen Studien auf sich gestellt. Die Dinge faszinierten ihn, vor allem interessierte er sich für die Zeichen auf den einzelnen kleinen Teilchen aus Blei. Er erkannte, dass sie die Vorlage waren für die Zeichen auf dem ­Papier. Sein größter Schatz war ein einzelnes Zeitungs­ exemplar, das der Drucker mitgebracht hatte. Sequoyah war ein Mann von ausgeprägtem Ehrgeiz und steinerner Geduld. Er stellte sich die Aufgabe, die zusammen­ gesetzten Zeichen, die Wörter, in der Zeitung miteinan­ der zu vergleichen, um so das Rätsel des „sprechenden Papiers“ zu lösen. Er wollte einen Sinn finden, eine Logik hinter diesen Symbolen. Die anderen Männer ­seines Stammes sahen das nicht gern. Sie meinten, die Buchstaben seien die Fußspuren der bösen Geister, die von den Siedlern eingeschleppt wurden. Sie stritten sich mit Sequoyah, er konnte sich nicht gegen sie wehren, sie entrissen ihm die Zeitung und verbrannten sie. Manche Stämme der Ureinwohner Nordamerikas hatten durchaus eine eigene Schrift, über die sie kom­ munizierten. Aber es war eine Bilderschrift. Dass ihre Zeichen die Fußspuren der guten Geister waren, sah man daran, dass sie zeigten, was ist – ein Adler konnte als solcher erkannt werden, ebenso ein Baum, eine Wolke, ein Fluss, eine Frau, ein Pferd, ein Büffel. Noch Sitting Bull, fünfzig Jahre später, erzählte sein Leben in kleinen, aufeinanderfolgenden Bildern. Das Problem bei dieser Art der Aufzeichnung war, dass sich Dinge, die man nicht sehen konnte, nur in umständ­ licher Umschreibung, besser: Umbilderung, darstellen ließen. Manche Phänomene ließen sich gar nicht dar­ stellen, Gefühle zum Beispiel. Professor Gleeson war im Besitz eines, wie er sagte, „unschätzbar wertvollen

Die Männer des Stammes hielten Buchstaben für die Fußspuren böser Geister.

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Buches“, nämlich einer Erstausgabe von „Lectures on American Literature“ von Samuel Lorenzo Knapp, das war jener Rechtsanwalt und Schriftsteller, der 1829 das Interview mit Sequoyah geführt hatte, das später die Grundlage für sein Buch bildete. In diesem Gespräch ­berichtete Sequoyah ausführlich, wie er die CherokeeSchrift erfunden hatte.

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ur wenige Worte hatte ihm der junge Drucker zu lesen beigebracht, bevor er floh. Das Wort „­ buffalo“ (Büffel) zum Beispiel und das Wort „man“ (Mann). Sequoyah studierte die Worte, studierte die Zeichen, malte sie ab, tauschte sie aus. Er suchte nach einer Be­ ziehung zwischen dem, was das Wort meinte, und dem, wonach es aussah. Es schien ihm unwahrscheinlich, dass der Kreis des kleinen „a“ in „man“ einen Schild symbolisierte und der Strich an seiner rechten Seite einen Arm, der den Schild hielt, „man“ also einen be­ waffneten Mann bezeichnete. Ebenso wenig glaubte er, dass die beiden „f“ in der Mitte von „buffalo“ auf die zwei Hörner des Bisons hin­ weisen sollten. Die zu Wörtern zusammengesetzten Schriftzeichen hatten weder Ähnlichkeit mit einem Büffel noch mit einem Mann. Ihm fiel auf, dass der fünfte Buch­ stabe des Tier-Wortes der gleiche war wie der zweite des Mann-Wortes. Er schloss daraus, dass die Zeichen, im Unterschied zur Bildsprache der Indianer, abstrakt waren, also keine sichtbare Entsprechung in der Wirklich­ keit hatten und somit in allen möglichen Zusammen­ hängen verwendet werden konnten. Er fand weiters heraus, dass die Cherokee-Sprache sich auf fünfundachtzig Silben einschränken ließ. Nun nahm er aus dem erbeuteten Setzkasten Lettern und wies sie den jeweiligen Silben zu. Er wusste nicht, wie die Lettern in den Setzkasten eingesetzt wurden, dass zum Beispiel das kleine „n“ auf zwei Beinchen stand und die Beinchen nicht etwa in die Höhe streckte oder nach rechts oder links. Die einzelnen Buchstaben ließen sich, je nachdem wie er sie drehte, als Symbole ver­ schiedener Silben verwenden, das war praktisch. So baute er sein Silbenalphabet zusammen. Es habe gar nicht lange gedauert, erzählte Sequoyah seinem Gesprächspartner Mister Knapp, bis er jeden ­beliebigen Satz in der Sprache der Cherokee schreiben, setzen und drucken konnte. Mit seinem feinen Lächeln fügte er hinzu, nebenbei sozusagen habe er die Gram­ matik der Cherokee-Sprache analysiert und in der neuen Schrift niedergeschrieben.

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uerst hatten die Männer seines Stammes Sequoyah ausgelacht oder ihn sogar attackiert. Sie bezichtigten ihn böser Künste oder schlicht der Lüge. Sequoyah bat darum, ihm zwei Mädchen und zwei Buben im Alter von zehn Jahren für einen Monat zum Unterricht zu überlassen, mehr Zeit benötige er nicht. Die Bitte wurde gewährt. Nach dieser Frist berief er eine große Ver­ sammlung ein. Die Mädchen und die Buben wurden ­separiert, sodass sie weder sehen noch hören konnten, was besprochen wurde. Sequoyah stellte eine große

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Mit Hilfe eines Setz­ kastens und einer alten Zeitung baute Sequoyah sein neues Alphabet. Tafel auf, dann bat er vier seiner erbittertsten Gegner zu sich. Sie sollten ihm jeder eine kleine Geschichte er­ zählen. Sequoyah schrieb auf der Tafel mit. Nun rief er das erste Mädchen zu sich. Sie konnte – zwar langsam, aber fehlerfrei – von der Tafel ablesen, was der Mann ­erzählt hatte. So ging es mit dem zweiten, dritten und vierten seiner Gegner, alle Geschichten konnten die Kin­ der von der Tafel ablesen. Das überzeugte die Stammes­ ältesten. Jedes Mitglied ab zehn Jahren wurde fortan verpflichtet, lesen und schreiben zu lernen. Im Jahr 1825 beschloss der Stamm, eine eigene, ­moderne Druckerpresse anzuschaffen, zwei Jahre später bereits erschien die erste Zeitung in der Schrift, die ­Sequoyah erfunden hatte – der „Cherokee Phoenix“. Ins­

gesamt erschienen 409 Ausgaben. Andere Stämme ent­ wickelten bald nach Sequoyahs Vorbild ihre eigene Schrift oder übernahmen die Zeichen der Cherokee-Schrift. ­Sequoyah betrieb sein ganzes Leben sprachwissenschaft­ liche Studien, unter anderem in Mexiko. 1843 starb er. Professor Gleeson konnte sich gar nicht beruhigen, so sehr begeisterte er sich für diesen Mann. „Ich“, rief er aus, „ich stelle Sequoyah auf die gleiche Stufe mit Leo­ nardo da Vinci und Thomas Alva Edison! In einem ein­ zigen Leben hat er zustande gebracht, wofür die Mensch­ heit Tausende Jahre brauchte. Wer die Schrift erfindet, erfindet die Welt. Dass der größte Baum dieser Welt nach ihm benannt wurde, das ist mehr als recht und billig.“

Michael Köhlmeiers Geschichten gibt es auch zum Anhören im Podcast-Kanal von The Red Bulletin. Zu finden auf allen gängigen Plattformen wie Spotify, auf redbulletin.com/podcast oder einfach den QR-Code scannen.

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