The Red Bulletin_0609_DE

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www.redbulletin.com

Ein fast unabh채ngiges Monatsmagazin / Juni 2009

Big-Wave-Ph채nomen

Maya Gabeira Wie eine 22-J채hrige die mutigsten M채nner der Welt blamiert.


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Bullhorn

Wellen schlagen Big Wave ist die Königsdisziplin des Surfens, Rodeo auf dem Rücken eines Ozeans. Eine kleine Unachtsamkeit beim Ritt auf den bis zu 15 Meter ­hohen Wellen verwandelt die majestätische Beherrschung der Elemente in einen vergleichsweise wenig majestätischen, nach Luft schnappenden ­Überlebenskampf. Man fühlt sich nach einem Sturz, berichten die, die ­darüber berichten können, ein wenig wie im Schleudergang einer sehr ­motivierten, sehr, sehr großen Waschmaschine. Und irgendwo in der ­Trommel wirbelt ein Surfbrett herum oder ein Jet-Ski, um dir ein paar ­Knochen zu brechen. Big-Wave-Surfen gilt wegen der Gefährlichkeit des Sports, wegen der ­dafür n ­ ötigen Athletik und der Unverzichtbarkeit unmissverständlicher ­Tattoos als Männerdomäne. Besser: Es galt. Denn eine 22-jährige ­Brasilianerin hat sich die Aufnahme in den elitären Macho-Club erkämpft. Die tolle Geschichte der wunderbaren Maya Gabeira aus Rio de Janeiro ­lesen Sie ab Seite 44. „Plötzlich hatten wir den Luxus, von einem leeren Blatt Papier weg zu ­attackieren.“ So erinnert sich Adrian Newey an jenen Moment, als er vor über einem Jahr das neue, höchst revolutionäre Formel-1-Reglement erstmals in Händen hielt. Mit dieser Erkenntnis begann der eindrucksvolle ­Formel-1-Erfolgsrun, mit dem Red Bull Racing derzeit die Motorsportwelt in Atem hält. Ab Seite 54 lesen Sie das minutiöse Insider-Protokoll eines Winter­ märchens: wie aus einem weißen Blatt Papier ein Auto ­wurde, das manche für durchaus WM-würdig halten.

Coverbild: Carlos Serrao; Bild: getty images

„Der Helikopter“, sagt Siegfried „Sigi“ Schwarz, „der Helikopter an sich mag nicht fliegen. Und kunstfliegen schon gar nicht.“ Der Helikopter-Chefpilot der in Salzburg stationierten „Flying Bulls“ ist offenbar ein Mann mit Überzeugungskraft: Schwarz kann als einer von weltweit nur drei Piloten einen Hubschrauber zum Looping überreden. Das kaltschnäuzige Interview mit Schwarz lesen Sie ab Seite 38 dieses Hefts, in atemberaubender Live-Action erleben Sie ihn am 26. und 27. Juni bei der AirPower09 im steirischen ­Zeltweg. Ein kleiner Hinweis: Das 116 Seiten starke Hochglanzmagazin zu Österreichs Airshow wurde im Red Bulletin Verlag produziert, erhältlich ist das gute Stück ab sofort am Kiosk sowie unter www.airpower09.at.

116 starke Seiten als Warm-up für Europas aufregendste Airshow: Das Magazin zur AirPower09 ist ab sofort am Kiosk sowie ­online auf www.airpower09.at erhältlich, der dazugehörige Event steigt am 26. und 27. Juni in Zeltweg, Steiermark.

Viel Spaß! Die Redaktion

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i n h a lt

Willkommen in der Welt von Red Bull Von Norden nach Süden, von kalt nach warm.

Bullevard 08 fotos des monats

14 C-Sick trifft Nas Ein spezieller Fall von Talentförderung. 15 Red Bull Music Academy 16 red bull X-Alps Startet für Deutschland: Michael Gebert. 17 red bull Paper Wings Am Anfang war ein weißes Blatt Papier. 18 Einst & Jetzt Fußballschuhe. 20 Pinnwand Kurz & dennoch einzigartig. 21 Die welt in Zahlen Die Stiftung Wings for Life. 22 formelsammlung Wie Free Runner die Physik überlisten. 24 meinE WELT George Lucas, Filmregisseur und -produzent. 26 Mein körper und ich Devin Hester, American Footballer.

Heroes

30 Sabrina Mockenhaupt Die vielfache deutsche Meisterin über 5000 und 10.000 Meter sowie im Crosslauf arbeitet sich an den Marathon heran.

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34 Juan Pablo Ángel Backstage-Besuch beim besten Stürmer der US-amerikanischen Major League Soccer. 38 siegfried Schwarz Ist perfekte Beherrschung eines Helikopters gefragt, fällt sein Name. Und soll es gar ein Looping sein, sagt Schwarz auch nicht nein. 42 Franz Stampfl Der Österreicher erfand das Intervalltraining für Leichtathleten. Auftretende Schmerzen empfahl er tunlichst zu ignorieren. 44 Maya Gabeira Die brasilianische First Lady des Big-WaveSurfens entführt uns in die Welt der Wellen. 4

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i n h a lt

Action

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bilder: brian bielmann/Red bull photofiles, darren jacklin, getty images/red bull photofiles, helge kirchberger, richie hopson, robert downs/red bull photofiles (2)

54 Die erfolgreiche Formel So hat es Red Bull Racing geschafft, aus den neuen Vorgaben für die Formel-1Saison 2009 ein erfolgreiches Konzept zu zimmern. 60 BMX im Bild Auf zwei Rädern durch Tokio. 68 anschnallen für Le Mans Über 650 PS, 280 km/h: Red BulletinMit­arbeiter Werner Jessner fuhr für Sie den Sieger-Audi von 2008.

More Body & Mind

74 das Hangar-7-Interview Red Bull Air Race-Pilot Matthias Dolderer und Popstar Smudo gingen dabei sogar in die Luft. 77 unterwegs in silverstone Wo Mark Webber beschleunigt/bremst. Und wie schnell er mit seinem F1-Boliden überhaupt unterwegs ist. 78 musik liegt in der luft Und das europaweit: alle Festivals, die Ihnen (und uns) Spaß bereiten. 80 wir lernen hängegleiten Und Red Bull-Athletin Corinna ­Schwiegershausen zeigt es vor. 82 airpower09 Alles zu Österreichs Airshow. 84 Hot spots Was rund um die Welt los ist. 86 Die Macht der Nacht Techno-Meister Marco Passarani/Rom, Hubert von Goisern/Linz, Club Hogans/ Dublin, Musikerin Terry Lynn/Kingston. 94 Satire 97 Read Bull Diesmal von Johannes Bornewasser. 98 Geist mit Körper Christian Ankowitschs Kolumne belebt. Red Bulletin täglich neu: www.redbulletin.com 5


leserbriefe

briefe an die redaktion Habe neulich zum ersten Mal Euer pfundiges Journal in die Hände bekommen und bin begeistert von Eurer Schreibe! Besonders von allem aus der Formel 1 mit unserem künf­ tigen Weltmeister Sebastian „Sebbi“ Vettel. Wo in Gottes Namen kriegt man diese Hef­ te? Kann man eventuell auch ­ältere Ausgaben bekommen? Es kann doch nicht alles im Ösiland bleiben! Werner Neumann, per E-Mail Das Red Bulletin liegt jeden ersten Dienstag im Monat dem „Münchner Merkur“ und der „tz“ in München bei. Und bereits erschienene Hefte gibt es – falls noch nicht vergriffen – auf ­Zuruf von uns. Beim Schmökern Ihrer MaiAusgabe stach mir auf Seite 14 bedauerlicherweise ein Fehler ins Auge. Die Nr. 9 beim Formel-1-Quiz „Väter und Söhne“ stellt nicht Emer­ son, sondern meines Erachtens Wilson Fittipaldi dar! Bitte korrigieren Sie mich, sollte ich da falschliegen, aber Emerson ist das nicht! Mit freundlichen Grüßen aus der Steiermark. AR Kurt-Peter Jermann, Knittelfeld

Ich bin ein begeisterter Leser Ihres Magazins und von jeder Ausgabe angetan. Dieses Mal ist mir jedoch ein Fehler auf­ gefallen. Und zwar beim F1Quiz „Väter und Söhne“, Bild Nr. 9: Das Foto zeigt nicht Emerson, sondern dessen Bruder Wilson Fittipaldi. ­Dieser ist auch der Vater von Christian Fittipaldi. Also: Die Fotos stimmen, einzig anstelle von Emerson hätte Wilson hingeschrieben gehört. (Mein Chef sagt immer, wenn nur das unsere Sorgen sind …) Thomas Dormann, per E-Mail Sie haben recht – wir haben hier Emerson und Wilson Fittipaldi verwechselt, wofür wir Sie um Nachsehen bitten. Gleichzeitig beglückwünschen wir uns zu so aufmerksamen Lesern, wie Sie beide es sind. Ich wollte Ihnen zu Ihrem Magazin gratulieren – eines der besten im deutschsprachi­ gen Raum, die es nur gibt! Bitte weiter so! Bisher bekam ich Euer/mein Heft immer mit meiner Tageszeitung. Da ich aber das Abo gekündigt habe, kriege ich leider Eure hervorragende Zeitung nicht mehr (habe schon einige Mo­

nate Red Bulletin-Entzugs­ erscheinungen). Gibt es eine Möglichkeit, Euer Heft weiter­ hin zu bekommen? Und da hätte ich noch eine Riesenbitte: Wäre es möglich, eine Kappe, wie Sebastian Vettel sie trägt, zu bekommen? Sie würden einem kleinen Jungen eine Freude machen! Michael Ebner, Innsbruck Zwei Fragen, zwei Antworten: Das Red Bulletin erscheint an jedem ersten Dienstag im Monat mit unseren Partnermedien (komplette Liste auf Seite 98). Also: Rein an diesem Tag in die Trafik, Zeitung kaufen, und schon können Sie das Red Bulletin genießen. Was Sebs Kappe betrifft: In unserem Web-Shop unter www.redbullshop.com können Sie jede Menge RacingAccessoires bestellen. Zunächst einmal will ich Euch gratulieren zum Red Bulletin, einem (fast) unabhängigen Magazin. Die Bilder sind ein­ same Spitze und die Berichte top! Ich freue mich jedes Mal, wenn ich eine Ausgabe in der „Kleinen Zeitung“ finde. Ich hätte aber trotz allem ­etwas zu beanstanden: In der aktuellen Ausgabe findet man auf Seite 15 ein Bild mit dem

Text „Kitzbühel: Selbst Gleit­ schirmpiloten hatten auf der pickelharten Streif Probleme bei der Landung“. Wenn ich das mal korrigieren dürfte: Das Teil auf dem Foto ist kein Gleitschirm, sondern ein Hän­ gegleiter, auch Drache ge­ nannt. Gleitschirm ist das, was aussieht wie ein Regen­ schirm, nur länglicher. Dra­ che, das ist das ästhetische, blitzschnelle, atemberaubende Gerät, unter dem sich nur die Besten befinden. Übrigens ist das Seppi Salvenmoser am Foto … aber sonst ist das Magazin perfekt. Daniel Roßmann, per E-Mail

Leserbriefe an The Red Bulletin richten Sie bitte per Fax an die Nummer +43 (0)1 90221-28809, per E-Mail an leserbriefe@at.redbulletin.com oder an die Postadresse Heinrich-Collin-Straße 1, 1140 Wien. Leserreaktionen werden nur veröffentlicht, wenn sie Name, Adresse und Telefonnummer bzw. E-Mail-Adresse enthalten. Die Redak­tion behält sich Kürzungen vor, wenn es Länge und ­Klarheit erfordern.

l e s e r f r a g e n , w e lt m e i s t e r a n t w o r t e n

Pannenhilfe beim Mountainbike: Wer könnte da profunder Auskunft geben als die Tirolerin Lisi Osl, im April 2009 Siegerin des CrossCountry-Weltcup-Rennens in Petermaritzburg (RSA). Auf jede Frage antwortet der passende Weltmeister: E-Mails an weltmeisterantworten@at.redbulletin.com

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Um ein Loch im Schlauch des Mountain­ bikes aufzuspüren, habe ich zwei Metho­ den. Entweder tauche ich den Schlauch unter Wasser (wo Luftbläschen entstehen, ist das Loch), oder ich halte ihn an die äußerst empfindliche Hautstelle an der Oberlippe. Plattfüße repariert man am schnellsten mit einem Reserveschlauch. Aufgepumpt wird er mit einer kleinen Handpumpe oder einer CO -Patrone. Eine ² hervorragende Methode gegen Patschen (bei schlauchlosen Reifen) ist das Pan­ nenmilch-System. Dabei wird in den Mantel zusätzlich eine spezielle Reifen­

milch eingefüllt. Im Falle eines Lochs dichtet diese die defekte Stelle sofort ab. Im Weltcup gibt es auf der Strecke fest­ gelegte Technikzonen, in denen alles ­repariert werden kann. Das Fahrrad darf jedoch nicht getauscht werden. Aber Ach­ tung: Wer diese Zone verpasst, kann nicht umkehren, sondern muss bis zur nächsten – notfalls – laufen. Häufigste Defekte im Weltcup? Ebenfalls „Platte“. Uns reicht der Betreuer dann ein Ersatzlaufrad: Das ist das Angenehme am Leben als Profi. Mehr Weltmeister-Tipps: redbulletin.com/deinefrage/de

bild: rutgerpauw.com/redbull photofiles

was mache ich bei einem patschen?


k a i n r at h s k a l e n d e r b l at t

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bild: Rafael Ortiz/Red Bull Photofiles


Bullevard Beflügeltes in kleinen Dosen.

Sa n Lu i s P oto s í, M e x i ko

der 102-Fuss-mann Rafael „Rafa“ Ortiz, 22, ist einer von vier Menschen weltweit, die schon Wasserfälle von mehr als 100 Fuß Tiefe bewältigt haben. Sein Rekord sind 102 Fuß (für Menschen, die mehr in metrischen Maßeinheiten daheim sind: das entspricht 31 Metern oder einem zehnstöckigen Hochhaus). Hier sehen wir den nur 1,65 Meter großen Maschinenbaustudenten bei der Erstbefahrung des Wasserfalls am Río Santo Domingo in San Luis Potosí, Chiapas, in seiner mexikanischen Heimat, einem versteckten Paradies mit kristallklarem ­Wasser, umgeben von Palmen. Rafas größter Wunsch übrigens: „Ich möchte unter Wasser atmen können.“ Kein Wunder, irgendwie. Mehr Bilder, das Action-Video: redbulletin.com/ortiz/de


S e v l i e vo, B u lga r i e n

wüstensturm Heißluftballonen gleich scheinen die Helden der MX2 beim Großen Preis von Bulgarien in der Luft zu hängen. MX2 ist die zweithöchste Spielart des Motocross, eine heiß umkämpfte Serie, die gerade wegen ihres Nachwuchs-Charakters einen zweiten Blick lohnt. Die Viertaktbikes dürfen maximal 250 Kubik haben, Zweitakter 125 Kubik, die Fahrer nicht älter als 23 Jahre sein. Einen WM-Titel kann man in der MX2 nur einmal verteidigen, danach muss man weiter, in die Königsklasse MX1. In der WM geht es gar noch enger zu als auf unserem Foto, wo sich die Herren Tarroux (derzeit verletzt), Clermont, Nicholls, Lupino und Co um die Ohren springen. Sieben Werke schicken Fahrer aus, bisher haben schon vierzig Rider WM-Punkte geholt. Die Titelentscheidung ist völlig offen und wird es wohl bis in den späten Herbst bleiben. Doch eines ist klar: Wer sich in der MX2 durchsetzt, kann es überall schaffen. Großer Preis von Frankreich: 7. Juni 2009, Ernée, Pays de la Loire Bullevard-Pics downloaden: redbulletin.com/wallpaper/de


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bild: Borislav Stefanov/Red Bull Photofiles


m au i, h awa i i

Bike Wash Kenny Belaey gehört zur privilegierten Schar jener, deren Trikot Regenbogenstreifen zieren, das Signum von Radsport-Weltmeistern. Der Mann versteht seinen Job, und der heißt Trial. Dabei zählt das Überwinden von Hindernissen mit dem Bike, ohne den Fuß auf den ­Boden zu setzen. Kennys Job hilft ihm aber auch im Urlaub. Auf Hawaii zum Beispiel, wenn es darum geht, auf diese glitschnassen Felsen überhaupt rauf- und danach trockenen Fußes wieder runterzukommen. (Dass der Rest des Belgiers völlig durchnässt wurde, lag nicht an dessen unzulänglichen Fahrkünsten.)

bild: Erik Aeder/Red Bull Photofiles

UCI Trial World Cup: 4./5. Juli 2009, Saint-François-Longchamp, Frankreich Bullevard-Pics downloaden: redbulletin.com/wallpaper/de

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b u l l e va r d

Aufnahmesituation

Nachwuchs-Produzent Charles „C-Sick“ Dumazer siegte beim Finale des Red Bull Big Tune. Lohn der Mühe: eine Zusammenarbeit mit Rap-König Nas.

Stell dir vor, Thierry Henry spielt beim Strandkick in deinem Team mit, oder Jamie Oliver kocht deinen Sonntagsbraten. Stell dir vor, du hast den Besten der Besten an der Seite, wenn du deiner Lieblingsbeschäftigung nachgehst. Einem jungen Beatbastler aus Chicago passierte das – mit Rapper Nasir „Nas“ Jones. Wie es dazu kam? C-Sick nahm 2008 am Red Bull Big Tune in seiner Heimatstadt Chicago teil. Dort, im renommierten Metro Club, überzeugte er mit seinen selbstgebastelten Instrumental-Tracks Jury und Publikum so nachhaltig, dass er auch das Finale in New York gewann. Im April 2009 nimmt C-Sick in Santa Monica, Kalifornien, die Früchte seines Erfolgs in Empfang: die Zusammenarbeit mit Nas an dessen nächster Single. „Nas bewundere ich, seit ich als Achtjähriger zum ersten Mal seinen Song ‚’If I Ruled the World‘ gehört habe.“ Nas, den das „Rolling Stone“Magazin als Nummer fünf in der All-time-Liste der einflussreichsten MCs reiht, findet blitzschnell einen entspannten Draht zu C-Sick. Nachdem sich die beiden ein paar Beats ausgesucht haben, plaudert der MC über das gemeinsame Single-Projekt: „Solche Aktionen halten mich frisch. Ich finde es aufregend, dass jemand so Unbedarfter wie C-Sick Beats für mich macht. Es gibt mir Vertrauen in die Jugend!“ Der Beat, der am Ende der Session übrig bleibt, passt mit seinen Streichersätzen und Gitarrenlicks am geschmeidigsten zum raunenden, resonanzreichen Rap von Nas. „Seine Strophen haben eine eigene Melodie“, bewundert C-Sick den Vokalisten, „an die ich die Harmonie des Beats angeglichen habe.“ Mit Erfolg, ist C-Sick begeistert: „Nas hat angedeutet, dass er in Zukunft öfter mit mir arbeiten möchte, über dieses Projekt hinaus.“ Ein paar Stunden später sitzt C-Sick deshalb bereits wieder hinterm Laptop und feilt am Beat für Nas. Im Keller der Oma, wo er sein Tonstudio hat. Die ganze Story, alle Fotos von der Session: redbulletin.com/nas/de

„Der hat was drauf!“, sagt Rapper Nas (li.) über Charles Dumazer vulgo C-Sick.

Bilder des monats

moment mal

Szenen aus dem abenteuerlichen Alltag unserer Leser. Einfach hochladen auf: www.redbulletin.com

Jedes veröffentlichte Foto wird mit einer DVD – „20 Seconds of Joy“ über das Leben von BASE-Jumperin Karina Hollekim – belohnt.

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Köln Bitte gut am Bügel festhalten! Die WakeboardElite wie Parks Bonifay startete die Europa-Saison. Wolfgang Ennenbach, Wake the Line, Mai 2009


b u l l e va r d

da hätten wir noch eine frage Der Weg zur Red Bull Music Academy führt über 51 Fragen. Ein steiniger, aber lohnender Pfad für Jungmusiker, die zwei Wochen lang Teil dieser faszinierenden Parallelwelt sein wollen. Wie würde der Titel deiner Autobiografie lauten? Welche Musik legst du auf, wenn deine Schwiegereltern zu Besuch sind? Was liegt auf deinem Nachttisch? Der Bewerbungsfragebogen der Red Bull ­Music Academy ist eine harte Nuss. Neben dem Kuvertieren der eigenen Demo-CD ist die Beantwortung der erste Schritt, den es zu bewältigen gilt, um an dem reisenden Musik­ projekt, das im Februar 2010 in London gastiert, teilzunehmen. „Ich hab drei Tage lang über den Fragen gegrübelt“, sagte der letztjährige Red Bull Music Academy-Teilnehmer Dorian Concept. Und dabei lernte der Österreicher sich selbst besser kennen: „Der Fragebogen war eine Art Selbsterfahrungstrip!“

bilder: Red Bull Photofiles (2)

Die Bewerbungsphase läuft bis 16. Juli. Details, Fragebogen: redbulletin.com/music/de und www.redbullmusicacademy.com Workshop-Session in Wien mit Theo Parrish: 13. Juni, 16 Uhr, Pratersauna

Markt Hartmannsdorf Praktisch, Saarbrücken Jung, intelligent und trickreich. Unter mein Red Bull-Getränkehalter. Kleiner Nachteil: Er den Gymnasiasten fanden sich große Street-Style-Talente. befindet sich im Kofferraum. Reinhard Gütl, Jan. ’09 Timo Lange, Saarbrücken School Games, März 2009

Dorian Concept: Musste bei der Anmeldung zur Red Bull Music Academy 2008 sogar seinen Lieblingswitz zum Besten geben.

Uderns

Motorsportgrößen wie Sebastian Vettel oder Stefan Everts folgten Heinz Kinigadners Einladung zu einem Tag Fullgas. Herwig Peuker, Mai 2009

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Red Bull X-Alps 2009

Red bulletin: Du bist kein Neu-

„Fliegen ist das Herzstück meines Lebens!“ Michael Gebert

ling bei den Red Bull X-Alps, stimmt’s? Michael Gebert: Nein, ich war be­ reits 2005 und 2007 dabei. Beim ersten Mal wurde ich gleich Fünf­ ter, 2007 musste ich wegen eines überstrapazierten linken Knies und eines schmerzenden rechten Fußgelenks aufgeben. Was fasziniert dich am Bewerb? Zunächst die Route, die man be­ wältigen muss, und die Kombina­ tion aus Laufen und Fliegen. Du darfst und musst jeden Tag deine eigenen Entscheidungen treffen und stößt garantiert an deine kör­ perlichen und mentalen Grenzen. Wie lange fliegst du schon?

Ich begann mit 17, Drachen zu flie­ gen, und wenig später mit dem Pa­ ragleiten. Fliegen ist meine Arbeit und das Herzstück meines Lebens. Wer ist 2009 dein Supporter? Florian Schellheimer. Wir kennen uns aus Grundschulzeiten. Er ist perfekt für den Job, war auch 2005 meine „Bodenstation“ und weiß einfach, was Sache ist. Was ist die taktische Herausforderung bei den Red Bull X-Alps? Du musst oft blitzschnelle Ent­ scheidungen treffen, und wenn du einen miesen Tag hast, lässt du dich deswegen nicht aus dem ­Konzept bringen. Das Rennen wird schließlich nicht nach einem oder zwei Tagen entschieden.

Innsbruck Wie man sieht, hätte ich die richtige Pitztal Weltrekord! Frederick Eiter fuhr 157,34 km/h Höhe gehabt, um auf dem Autodach zu landen. Hilde Nairz, Mai 2009

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Worin siehst du deine Schwachstelle? Ich bin fliegerisch nicht so gut drauf wie die „Swiss Gang“, aber ich werde bis zum Start mein Bestes geben, um das zu ändern. Deine Lieblingsspots zum Fliegen? Meine Heimstrecke am Nebelhorn in Oberstdorf und Quixada in Bra­ silien wegen der perfekten CrossCountry-Bedingungen. Ich bin dort einmal bei Vollmond geflogen. ­Unvergesslich. Landschaftlich hat mich Island auch sehr beeindruckt: das Meer, der schwarze Sand, die Gletscher und die grünen Berge. Blogs und Videos: redbulletin.com/x-alps/de

Glendale Sich frei wie ein Vogel fühlen, zumindest schnell – aber nicht auf Skiern, sondern mit einem handelsüb- für eine Sekunde. Danach wartet die harte Realität des lichen Zipflbob. Philipp Eiter, April 2009 Halfpipe-Bodens. Oscar Matienzo, November 2008

bilder: red bull photofiles (2)

Zu Fuß und per Paragleiter von Salzburg nach Monaco: Michael Gebert (GER) über den härtesten Adventure-Bewerb der Welt.


b u l l e va r d

bilder: red Bull photofiles (3)

paper wings Ein weißes Blatt Papier im DIN-A4-­Format (80 g/m²): Mehr hatten die 253 Finalisten aus 83 Ländern (insgesamt hatten sich 37.017 Teil­ nehmer an den Vorrunden­matches beteiligt!) beim Weltfinale von Red Bull Paper Wings nicht zur Verfügung. Leonard Ang (Brasilien) faltete ­daraus einen Papierflieger, der sich im Salzbur­ ger Hangar-7 erstaun­liche 11,66 Sekunden in der Luft hielt, was den Sieg in der Kategorie „Longest Airtime“ bedeutete. Das Flug­gerät des Japaners Takeshige Kishlura Kisshii bekam von der Jury die meisten Punkte im Bewerb „Kunstflug“. Die Disziplin „Longest Distance“ ging mit 54,43 Metern an ­Jovica Kozlica, der auch 2006 das Finale ­gewonnen hatte. Diesmal war der kroa­tische Titelverteidiger fast etwas flügellahm: Drei Wochen Training hatten ­seinen Wurf­arm derart mitgenommen, dass eine Eis­ beuteltherapie notwendig war. Dennoch famos ­seine Abwurf­geschwindigkeit: rund 140 km/h!

Die Finalisten von Red Bull Paper Wings beim gemeinsamen Jubeln und einsamen Basteln. Rechts wirft Long-­DistanceSieger Jovica Kozlica.

Videos vom Red Bull Paper Wings-Finale: redbulletin.com/culture/de Toronto. NS: tary Festival 2008, OFFICIAL SELECTIO International Documen HOTDOCS Canadian 2008. Sarajevo Film Festival Film Festival 2008. onal Boulder Internati 2008, Teheran. Festival 2008. “Cinema Verite” Detroit Docs Film tary Film Festival International Documen

AWARDS: Festival 2007: Banff Mountain Film Sports & People`s Choice Award. Special Jury Award. Best Film on Mountain Film Festival 2008: on Air. Vancouver Mountain Award. Best Documen tary & People’s Choice Hory a Mesto 2008: Best Mountain Sports Vanka Regule 2008:

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EINST & JETZT

fussballschuhe

Noch immer gilt: Das Runde muss ins Eckige. Geändert haben sich nur die Mittel.

Fussball-Bock sportmaster lederschuhe, 50er Jahre Dass der Fußballschuh vom Stahlkappenschuh der Schwerarbeiter abstammt, kann dieses Modell der mittlerweile untergegangenen britischen Firma Sportmaster nicht verhehlen. Anfangs wurden bloß Lederstollen an

die Sohlen genagelt, um den Grip am Rasen zu erhöhen. Erst der Streit der Dassler-Brüder Adi und Rudi, aus dem die heutigen Sportartikel-Giganten adidas und Puma resultieren, ­versetzte dem Fußballschuh den ent-

scheidenden Evolutions-Kick. Austauschbare Stollen, geschmeidigere Materialien, ergonomischere Formen – plötzlich verstand man Fußball mehr als Sport denn als Spiel. Unser Paar Sportmaster freilich weiß noch

nichts von alledem. Nicht einmal die drei Streifen haben etwas mit adidas zu tun: Zu jener Zeit war das heutige Charakteristikum der Marke aus dem deutschen Herzogenaurach einfach noch nicht geschützt.


B u l l e va r d

bild: luke kirwan

magischer schuh adidas predator Powerswerve 2009 Das ist der Schuh, mit dem sich Marc Janko nach Redaktionsschluss vielleicht zum Goldenen Schuh geballert hat. Österreichs erfolgreichster Torjäger bedient sich dabei eines Sondermodells des adidas Predator. Der

Predator ist der Klassiker im adidasProgramm, aus feinstem Känguru­ leder gefertigt. Heute hilft seine ­TRAXION-Laufsohle Marc, stets zur rechten Zeit am richtigen Ort zu sein. Ein paar Treffer gehen wohl auf die

Kappe des erweiterten Vorfußbereichs, der den Predator auszeichnet. Marc hat bei 1,96 Meter lichter Höhe Schuhgröße 45, wobei ihm adidas die Fußballschuhe maßschneidert. Auf der einen Seite ist sein Name

eingestickt, auf der anderen „WIMOMO“, der Kosename für seine Wiener Oma aus Kindertagen. Das Serienmodell kostet übrigens 199,95 Euro. Marc bloggt auf: redbulletin.com/janko/de

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b u l l e v ar d

gutes programm Ein Highlight jagt das nächste auf Red Bull TV, zu empfangen für alle mit Red Bull MOBILE, Mobile TV von A1 oder 3, außerdem für alle DVB-H-Nutzer in Österreich, über www.redbull. com und diverse TV-Packages. Wer die LiveÜbertragungen verpasst: Am Veranstaltungstag gibt’s jeweils eine Wiederholung um 21 Uhr. Mitfiebern können Sie diesmal bei den MXWM-Läufen in Frankreich, Deutschland und Lettland, dem Red Bull MotoGP Rookies Cup in Assen und bei der Red Bull Air Race World Championship, deren nächste Station das kanadische Windsor sein wird.

kurz & dennoch einzigartig

Red Bull MOBILE: kleines Bild, große Show.

Das Team der Red Bull Air Race World Championship gewann bei den 30. Sports Emmy Awards – sozusagen der Oscar-Verleihung des TV-Sports – den Preis in der Kategorie „Outstanding Technical Team Remote“.

Nicolas Ivanoff ließ den favorisierten Paul Bonhomme (GBR/2.) und Hannes Arch (AUT/3.) bei der Red Bull Air Race World Series in San Diego hinter sich: Rang 1 und zweiter Sieg für den Franzosen nach Perth 2007. Nach zwei Rennen führt Arch (23 Punkte) vor Ivanoff (21).

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Andrey Ignatenko (UKR) holte sich beim Auftakt der Red Bull Cliff Diving Series in La Rochelle den Sieg vor dem Favoriten Orlando Duque (COL). 30.000 Fans schauten zu.

7. Juni, 12:00 Uhr MX1, MX2 14. Juni, 20:30 Uhr Red Bull Air Race, Windsor (CAN) 21. Juni, 12:00 Uhr MX1, MX2 27. Juni, 15:25 Uhr Red Bull MotoGP Rookies Cup 27. Juni Red Bull X-Fighters 28. Juni, 11:00 Uhr MX1, MX2

bilder: Red Bull Photofiles (3), red bull infonet, werk; illustration: dietmar Kainrath

Diesmal drei erste Plätze, die allesamt mit gelungenen ­Luftfahrten zu tun haben.


B u l l e v ar d

zahlen des monats

wings for life

Das Wunder Mensch lernt man erst verstehen, wenn es nicht mehr richtig funktioniert. Besonders drastisch sind Querschnittslähmungen. Wings for Life hat sich dem Ziel verschrieben, sie heilbar zu machen.

13.500.000 Neuronen im menschlichen Rückenmark sind für Bewegungsabläufe und Sinneswahrnehmungen verantwortlich – mit Geschwindigkeiten von rund 400 Kilometern pro Stunde sorgen sie für die Übertragung von Nervenimpulsen zum Gehirn. Sensorisch nehmen sie Reize von der Haut und Körperteilen sowie Organen auf und übermitteln sie ans Gehirn. Motorische Anteile der Neuronen senden Botschaften vom Gehirn zu den Körperbereichen und initiieren Aktionen (Muskelbewegungen).

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Jahre verbringen Querschnittsgelähmte durchschnittlich im Rollstuhl. Der Unfall passiert im Schnitt mit 33 Jahren, die statistische Lebenserwartung eines EU-Bürgers liegt laut EUROSTAT bei 78,8 Jahren.

2.700.000

Menschen sind nach einer Rückenmarksverletzung auf den Rollstuhl angewiesen. Die Folgen einer Querschnittslähmung sind weitreichender als der augenscheinliche Verlust der Fähigkeit zu gehen. Sie resultiert in einer teilweisen oder vollständigen Gefühllosigkeit jenseits der Verletzungsebene in den gelähmten Körperregionen sowie in Funktionseinbußen der Blasen- und Darmregulation. Oft ist das vegetative Nervensystem in Mitleidenschaft gezogen. Betroffene leiden an chronischen Schmerzen, der Un­ fähigkeit zur Regulierung der Körpertemperatur (kein Schwitzen, kein Frieren) und zu niedrigem Blutdruck.

225 Bild: shutterstock

Muskeln werden für einen einzigen Schritt durchschnittlich beansprucht. Ihre Aktivität und Steuerung ist eine zentrale Aufgabe des neuronalen Netzwerks im – intakten – Rückenmark.

0,003

Sekunden dauert der elektrische Impuls, mit dem eine Nervenzelle einen Reiz zu mehreren Nervenzellen aussendet. Ein einzelnes Neuron wird dabei durchschnittlich von rund 10.000 anderen Nervenzellen erregt oder gehemmt.

400

Millionen Euro betragen die durchschnittlichen Kosten für die Erforschung einer Behandlung bzw. eines Medikaments, bis ihre respektive seine Wirksamkeit und ­etwaige Nebenwirkungen im Rahmen einer klinischen Studie am Menschen erprobt werden können. Im Schnitt misst das menschliche Rückenmark von der Gehirnbasis entlang der Rückenmitte bis zur Hüfte 46 Zentimeter. Die innerhalb des Rückenmarks verlaufenden Nerven leiten Reizinformationen zum Gehirn und zurück zu den Spinalnerven. Spinalnerven verzweigen sich vom Rückenmark zu anderen Körperbereichen und kommunizieren mit den Körperteilen.

46 Prozent aller Querschnittslähmungen sind das Resultat von Verkehrs­ unfällen. Zweithäufigste Ursache sind Stürze: Jeder Vierte verletzt sich in der Freizeit. Pro Stunde (!) wird weltweit 15-mal die Diagnose ­„Querschnittslähmung“ gestellt.

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News & Interviews auf: redbulletin.com/wfl/de

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b u l l e va r d

Formelsammlung

Wände hochgehen

Wie ist es möglich, mehr als zwei Meter einen Baumstamm hinaufzulaufen und dieses Kunststück, das scheinbar die Physik außer Kraft setzt, mit ­einem Rückwärtssalto zu beenden? Eine einfache Abschätzung der Geschwindigkeit, die benötigt wird, um eine gewisse Höhe h hinauf­ zulaufen, kann mittels des Energieerhaltungssatzes erfolgen. Wenn wir eine Änderung des Schwerpunk­ tes des Läufers um 1,5 Meter annehmen, so folgt aus dem Gleichsetzen der kinetischen Energie und der ­potentiellen Energie eine Mindestgeschwindigkeit von rund v = 5,4 m/s (das sind knapp 20 km/h). Das ist natürlich nur eine grobe Abschätzung. Nicht die ­gesamte kinetische Energie wird in potentielle Energie umgewandelt werden; auch kann der Läufer durch den Absprung und durch das Hochziehen der Arme zusätzliche Energie gewinnen. Es gibt noch einen weiteren Grund, warum der Läufer mit einer Mindestgeschwindigkeit auf die Wand – in unserem Fall: einen Baum – zulaufen muss. Beim Laufen auf der Ebene ist Reibung zwi­ schen dem Schuh und dem Boden notwendig, um vorwärtszukommen. Die Reibungskraft ist propor­ tional zur Normalkraft. Während beim Laufen in der Ebene die Normalkraft gleich der Schwerkraft ist, wird beim Laufen auf die Wand die Normalkraft FN = mv/t durch den horizontalen Impuls, p = mv, des Läufers erzeugt, wobei m die Masse des Läufers, v seine Geschwindigkeit und t die Kontaktzeit zwi­ schen Laufschuh und Oberfläche ist. Das Produkt aus der Normalkraft und dem Haft­ reibungskoffizienten µ ist die Reibungskraft. Um nach oben zu laufen, muss die Reibungskraft FR größer als die Schwerkraft sein. Diese Bedingung ist für ­realistische Zahlenwerte, v = 5,4 m/s, µ = 0,5 und t = 0,2 s, erfüllt. * Professor Thomas Schrefl unterrichtet und forscht an der Fachhochschule St. Pölten und an der Universität Sheffield.

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bild: Ricardo Herrgott; Illustration: Mandy fischer

Ist keine Wand in der Nähe, darf es auch ein Baum sein: Free Runner nützen jede Chance, der Schwerkraft ein Schnippchen zu schlagen. Unser Physiker* erklärt, wie das geht.

Markus Walzel, 30, begann seine Sportlerkarriere als Zehnkämpfer, dann machte dem Österreicher Geräteturnen Gusto auf Free Running. Ist es schwierig? „Nein. Und der Move auf diesem Foto ist überhaupt einfach.“ Walzels Ziel: „Dass Free Running einmal bei den X Games ins Programm aufgenommen wird und ich mich dafür qualifiziere!“



b u l l e va r d

meine welt

GEORGE LUCAS

Der Vater von „Star Wars“ und „Indiana Jones“ ist ein Speed-Fan, ein Kunstfilm-Freak und ein Technik-Feind. sein königreich

ien wurde für den Die Skywalker Ranch in Kaliforn tenpunkt: mehr als Regisseur maßgeschneidert. Kos rund sechs Hektar dem Auf ar. Doll 100 Millionen USen einem Scheuneb großen Grundstück ließ er sich Plätzen („The 300 mit Kino ein ek, nenhof eine Biblioth rirdische unte ige Stag“), eine Sternwarte, eine ries errichten. che rwa Feue ne eige eine Parkgarage sowie ösling ist, d-B Bon ein t Gerüchte, dass Lucas in Wahrhei t. ätig best t nich ng bisla haben sich

Kamerakriege

Ursprünglich sollte Lucas bei „Apocalyp se Now“ Regie führen. Hinter der Kamera stand dann aber sein Kollege, Freund und Ment or Francis Ford Coppola, weil Lucas in einem ­bizarren Kinder-Sci-Fi-Film voller Licht ­ schwerter, Jedis und Wookiees feststeckt e. Was immer auch daraus werden sollte.

Ein kluger deal

Sein Lohn für die Regie von „Star Wars“? Null. Der damals 33-Jährige handelte sich stattdessen lieber einen 40-Pro­zent-Anteil am Verkauf der Karten­und der Merchandising-Produkte aus. Ein kluger Deal: Noch heute verdient er an jedem Spiel, Buch und an jeder Filmver­öffentlichung kräftig mit.

Gastspiele

Kleines Film-Quiz: Was haben „Beverly Hills Cop III“, „Hook“ und „Star Wars: Episode III“ gemeinsam? In allen dreien taucht Lucas kurz auf. Bei seinem r „Hook“-Gastauftritt darf er soga er Fish rie Car alias Princess Leia küssen. Nun, wollten wir das wirklich sehen? Und was hätte Prof. Freud dazu gesagt? Egal, wir müssen damit leben.

Mächtiger als das Schwert

Lucas, den Pionier von Computer-Animated Imagery und HighEnd-Surround-Sound, sollte man für einen von Technik Besessenen halten. Weit gefehlt! Der 65-Jährige schreibt seine Skripts noch heute mit der Hand und nicht am Computer. Womit er sich eher als Technikfeind denn als Technikfreak deklariert.

Speed-Fan

lig sieht er Sanft und knudde Lucas als llte ja aus. Trotzdem wo Air Force S. U. r de i be harter Junge rte, weil ite he sc anheuern. Allein er wegen fen ra St le vie er schon zu . Auch tte ha t ier ss Schnellfahrens ka h als sic , ce an Ch en eit aus seiner zw s. Er ht nic e rd wu Held zu beweisen, ch dann do , fen ru be ein wurde zwar rt. r untauglich erklä wegen Diabetes fü

„Ich hab da eine idee“ Drei „Star Wars“-Filme. Dann noch drei „Star Wars“-Filme. Dann noch eine animierte „Star Wars“-TV-Show. Und noch ein animierter „Star Wars“-Film. Lucas müsste seiner Jedis also schon einigermaßen überdrüssig sein? Ganz im Gegenteil, er produziert gerade eine Live-TV-Serie von „Star Wars“, die als „‚Deadwood‘ trifft ‚Die Sopranos‘“ ­angekündigt wird. Gekauft!

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Von 21-87 z u

R2D2 Mit „Star Wars“ hat Lucas den ultimativen Popc ornBlockbuster prak Hollywoodtisch erfunden und eine ganze Generation von Filmfans beeinflu sst. Bemerkens wert, hatte er sic h als Jugend­ licher doch für ex perimentelle Kunstfilme und abstrakte Doku mentationen be geistert. Schon mal was von „2 1-87“ gehört? Da s haben wir uns eh gedacht. Heiße Kino-Spo ts: redbulletin.co m/taurus/de

illustration: lie-ins and tigers

Untauglich

Bevor Lucas seine Liebe für Kameras entdeckte, schlug sein Herz für Autos. Für gefährlich schnelle Autos. Erst ein fast tödlicher Unfall in einem selbst aufgemotzten Wagen beendete die Rennfahrerträume. Doch die Faszination blieb, darum verfolgte er den Grand Prix von Monaco als Gast von Red Bull. Ist auch viel sicherer so.


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Der derzeitige Medien-Hickhack rund um die Diskretion beim Bankgeschäft in Österreich wirft viele Fragen auf, die wir unseren Kunden gerne beantworten: 1) Ja, Ihr Geld ist weiterhin sicher angelegt. 2) Ja, Kundendaten behandeln wir auch in Zukunft diskret. 3) Ja, persönliche Beratung steht bei uns im Vordergrund. 4) Ouagadougou ist die Hauptstadt von Burkina Faso in Westafrika. PS: Wussten Sie, dass die österreichischen Volksbanken Seriensieger in der Kundenzufriedenheit und die Banken mit der höchsten Wiederempfehlungsquote sind?

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b u l l e va r d

Mein Körper und ich

DEViN HESTER

Der Wide Receiver der Chicago Bears ist gleichzeitig auch der beste Kick Returner. Sehr ungewöhnlich, dass ein Spieler im American Football auf zwei Positionen brilliert. Bei uns tackelt der 26-jährige NFL-Star über Knöchel, Kekse und Knechte des Herrn. Stau chen, zerr en, schl agen

men „Sugar In der High School verpasste mir mein Coach den Spitzna am meisten die Füße, und Beine meine echnet Foot“. Es sind aber ausger el und gezerrte angeschlagen sind: verstauchte Knöchel, geprellte Schenk rt man ja gleich Achillessehnen. An so einem verstauchten Knöchel laborie passiert, hast du mal drei Monate lang. Wenn dir das mitten in der Saison laufen musst. Schmerzen bis ans Saisonende, weil du ja dauernd damit e ab. Beim Football Dazu bekomme ich in den Matches permanent Schläg es den Jungs auf wirst du ja meist unterhalb der Taille angegriffen, weil diese Art am ehesten gelingt, dich außer Gefecht zu setzen.

Mit Gottes Hilfe

Wo ich aufgewachsen bin, nennt man Menschen mit sportlichem ­Talent „Dog“. Das Hunde-Tattoo auf meiner Schulter erinnert mich deshalb immer an die Durchschlagskraft, die ich haben musste, um dorthin zu kommen, wo ich heute stehe. Die Palmen auf meiner Brust sind ein Andenken an meine Heimat Florida. Wo ich auch spiele, ich repräsentiere auf dem Feld immer meine Heimat – und meine Mutter. Die Flügel auf meinem Rücken stehen für den Vers 54:17 des Propheten Jesaja: „,Keine Waffe wird etwas ausrichten, die man gegen dich schmiedet; jede Zunge, die dich vor Gericht verklagt, strafst du Lügen. Das ist das Erbteil der Knechte des Herrn, und von mir kommt ihre Rettung‘, sprach der Herr.“

Kalt e Fing er und gro SSe Hitz e

Meine Finger und Handgelenke sind grundsätzlich gut beieinander. Bei der Kälte in Chicago tut einem im Match aber alles weh. Mit klamm en Fingern fängt man jeden Ball nur unter Schmerzen, vor allem die scharfen Würfe. Umgekehrt kann es hier auch brütend heiß werden, mit über 30 Grad Celsius . Da raubt dir dann die Sonne deine letzte Energie, also musst du jahrein, jahraus ganz schön in Form sein.

Kraftpaket

In der Nebensaison im Sommer muss ich danach trachten, meine Form zu verbessern. Mit Workouts in der Kraftkammer versuche ich meine Muskeln ­ ache so aufzubauen, dass ich zu Saisonstart in Topform bin. Zusätzlich m ich Lauftraining, Stretching und bin oft im Gym. So an die zwei Stunden, und das Montag, Dienstag, Donnerstag, Freitag und kurz auch am Samstag. Das muss einfach sein.

Mehr über David Hester: redbulletin.com/hester/de

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Bild: Garth Milan/Red Bull Photofiles

Noc h ein Keks i?

Ich versuche wenig Fast Food und nicht zu viel Gebac kenes zu essen. Seit kurzem reduziere ich auch rotes Fleisch . Leider bin ich eine Naschkatze und muss mit Süßigk eiten aufpassen. Sehr schwierig! Das kann mich total fertigmachen, denn ich liebe Kekse. Aber ich bin gut erzoge n!


Kostenlose Schaltung.

kunde “Nichts ist so relativ wie das ‘Unmögliche’.” Felix Baumgartner.

BASE Jumper, Helikopter Pilot und Wings for Life Botschafter.

Fortschritt und stete Weiterentwicklung sind bezeichnend für unsere Zeit – eine Epoche der technischen und medizinischen Errungenschaften. Ein Zeitalter des visionären Denkens und neuer Meilensteine der Menschheitsgeschichte. Nachdem für lange Zeit eine Heilung von Querschnittslähmung als unmöglich galt, relativieren neue medizinisch-wissenschaftliche Ergebnisse nun auch diesen komplexen medizinischen Bereich. Denn in Laborversuchen konnte bewiesen werden, dass Nervenzellen nach einer Verletzung zur Regeneration fähig sind. Der medizinisch-wissenschaftliche Konsens lautet daher heute, dass die Heilung von Querschnittslähmung eines Tages auch in der Humanmedizin gelingen wird. Wings for Life hat exakt dieses Ziel definiert. Durch Unterstützung und Förderung wissenschaftlicher Forschungsprojekte zur Heilung des verletzten Rückenmarks wird gezielt in eine Zukunft investiert, in der Querschnittslähmung heilbar sein wird.

Jede Spende zählt. Wings for Life - Rückenmarksforschung e.V. Bayrische Landesbank München. Kontonummer 11911. Bankleitzahl 700 500 00.

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Die berühmte Teahupoo-­ Welle hat tausende Kilo­ meter hinter sich, ehe sie in Tahiti an Land geht. Vorher muss sich das Ungetüm noch von der brasilianischen Big-Wave-Surferin Maya ­Gabeira kitzeln lassen.

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Heroes Helden und ihre Taten: Wer uns diesen Monat bewegt.

bild: Tim McKenna/Red Bull Photofiles

30 Sabrina Mockenhaupt 34 Juan Pablo テ]gel 38 siegfried schwarz 42 Franz Stampfl 44 Maya Gabeira


Heroes

Sabrina Mockenhaupt ist bekannt als Energiebündel mit lockerem Mundwerk. Vor der Einsamkeit des Langstreckenlaufens hat sie trotzdem keine Scheu. Darum steigt sie jetzt schön langsam auf Marathon um. Text: Uschi Korda, Bilder: Philipp Horak

„Ich bin schon ganz in der Nähe. Um dreizehn Uhr sieben müsste ich bei euch sein.“ Das steht jetzt so hochdeutsch da, aber Deutschlands Langstrecken­ königin Sabrina Mockenhaupt hat das natürlich in breitestem Kölner Dialekt ins Handy gesprudelt. Es wird dann doch 13.14 Uhr, was sie mit einem miss­ billigenden Blick auf ihre Armbanduhr quittiert. Das muss so sein, wenn exakte Zeitnehmung immer und überall das Leben bestimmt. Selbst ohne Lauf­ training, selbst zu Mittag in der Kölner Innenstadt, die jetzt nicht zu ihrem bevorzugten Terrain zählt. ­Weder beim Laufen noch beim Ausgehen. Früher, so mit zwanzig, habe sie sich hier schon öfter herumgetrieben, erzählt sie. Aber seit sie einen fixen Freund hat, mit dem sie außerhalb von Köln, in Siegen, zusammenlebt, erspart sie sich das müh­ same Aufbrezeln und bleibt lieber gemütlich da­ heim. „Von Natur aus bin ich ja ein Abendmensch. Da musste ich mich für den Sport ganz schön um­ stellen.“ Wer täglich um acht Uhr aufsteht, um dann 30 Kilometer Lauftraining abzuspulen, hat einfach abends kaum noch Lust auf Lokalbesuche in fröh­ licher Runde. Nicht einmal, wenn man so ein Energie­ bündel ist wie Sabrina Mockenhaupt. „Ich war immer ein Rabauke und hatte ein flottes Mundwerk. Als kleine Person musst du ja irgend­ wie was darstellen“, erzählt die 1,55 Meter große ­„Mocki“. Und man macht sich auf der Stelle Sorgen, dass stundenlanges schweigsames Laufen bei ihr zu Langeweile höchsten Grades führt. „Nein“, lacht sie, „wenn ich alleine laufe, geht mir mein ganzes Leben durch den Kopf. Wie schnell war ich gestern an dem Baum? Fühle ich mich gut? Wie hoch ist der Puls? Habe ich heute Lust zum Laufen? – Andere müssen ­jeden Tag zur Arbeit gehen, und meine Arbeit ist das Laufen.“ Ein recht kopflastiges Unterfangen also, dessen Automatismus sich aber erst nach konse­ quentem Training einstellt. Der hobbymäßige Marathonläufer wird sich auch kaum vorstellen können, dass Mockenhaupt manch­ mal mit durchschnittlich 17,5 km/h durchs Gelände 30

flitzt und sich dabei noch mit einem Trainingspart­ ner unterhalten kann. „Du merkst eigentlich gar nicht, dass du läufst, weil du die ganze Zeit redest.“ Langeweile stellt sich bei ihr überhaupt nur ein, wenn sie keine Gelegenheit zum Laufen hat. Strand­ urlaub? Undenkbar! Ein Selbstversuch auf Mallorca endete nach drei Tagen in heftigem Bewegungsdrang. „Mein Körper hat sich richtig unsauber angefühlt, weil ich ja nichts rausgeschwitzt habe.“ Ja, gesteht sie, Laufen sei bei ihr zur Sucht ge­ worden. Obwohl sie sich als Kind gar nicht dafür ­interessiert und es zunächst mit Jazztanz versucht habe. „Aber das war mir zu zickig. Da waren mir zu viele Frauen auf einem Haufen. Darum suchte ich ­etwas, das man nicht in einer Gruppe machen muss.“ Lange umschauen musste sie sich dafür nicht. So­ wohl ihr Vater (Bestzeit: 2:24 h) als auch ihre Mut­ ter (Bestzeit: 2:40 h) waren begeisterte Marathon­ läufer, und so fing auch Sabrina mit sechzehn allmählich an mit Laufen. Zunächst nur zum Spaß, „doch meine Eltern erkannten mein Talent und ha­ ben mich schlussendlich zum Training geschleppt“. Nicht, dass sie gleich voll bei der Sache gewesen wäre. Erst als sie auf Anhieb Fünfte bei den deut­ schen Crosslaufmeisterschaften der Jugendlichen wurde, war auch ihr Ehrgeiz geweckt. „Ich hab die Schnipsel mit meinem Namen aus der Zeitung ­geschnitten und mir gedacht: Wenn das so einfach ist, Erfolg zu haben, dann bleib doch dabei.“ Seither war Mockenhaupt im Crosslauf sechsmal deutsche Meisterin, siebenmal über die 5000-MeterDistanz, und sie holte sich jetzt Anfang Mai 2009 ­ihren fünften deutschen Titel im 10.000-Meter-Lauf. Mit 31:27,56 Minuten und damit etwas mehr als 13 Sekunden über ihrer persönlichen Bestzeit. Min­ destens elf Sekunden fehlen ihr von dieser auch noch auf die starken Läuferinnen aus Äthiopien, Russland, China und Kenia. Das nagt, da sie überzeugt davon ist, die 31-Minuten-Marke doch einmal unterbie­ ten zu können. „Ich habe noch nie das optimale 10.000-Meter-Rennen gehabt. Da hängt noch mein

Name Sabrina Mockenhaupt Geburtsdatum/-ort 6. Dezember 1980, Siegen bei Köln Hat einen Zwillings­bruder und einen ­älteren Bruder (beide keine Profisportler) Beruf Langstreckenläuferin Bestzeiten 3000 Meter: 8:44 5000 Meter: 15:03 10.000 Meter: 31:14 Halbmarathon: 1:08:45 Marathon: 2:26:22 Erfolge 2. Platz Cross-EM 05, 3. Platz Hallen-EM 05 (3000 m), 4. Platz Hallen-EM 07 (3000 m), 6. Platz EM 06 (5000 m), 8. Platz EM 06 (10.000 m); 7-mal deutsche Meisterin über 5000 m; 5-mal deutsche Meisterin über 10.000 m; 4-mal deutsche Hallenmeisterin über 3.000 m; 6-mal deutsche Crossmeisterin Ruhepuls: 42 Laufpuls: 180 Web www.sabrina-mockenhaupt.de


Heroes

Langstreckenkönigin Sabrina ­Mockenhaupt über den Marathon: „Am Anfang humpelst du eher los, dann rennst du dich in einen Rausch ­hinein. Glücksgefühle hast du erst danach, wenn du fertig bist.“


Heroes

Herz dran.“ Weil da also eine Rechnung offen ist, will sie bei der Leichtathletik-WM im August in Ber­ lin über diese Distanz antreten. Und nicht im Mara­ thon, mit dem sie vor drei Jahren begonnen hat. 42,195 Kilometer – ein langer Weg, an den sich auch eine geübte Langstreckenläuferin erst gewöh­ nen muss. Hart verdientes Brot, sagt sie dazu, und dass sie sich jetzt nicht ausschließlich darauf spe­ zialisieren will. Noch steckt sie in einem Prozess, in dem sie ihr Training umstellen muss. „Auf der Stra­ ße gibt es ja viel mehr Schläge als auf der glatten Stadionbahn. Meine Knochen sind noch nicht so weit, dass ich das gut abfedern kann.“ Also macht sie derzeit mehr Krafttraining, um die Muskeln zu stärken und damit den Bewegungsapparat zu schüt­ zen. Wie sensibel diese Umstellung ist, hat Mocken­ haupt im Winter 2007 erlebt, als sie wegen eines ­Ermüdungsbruchs gleich einmal einen Monat pau­ sieren musste. „Mittlerweile habe ich gelernt, dass ich meinem Körper manchmal eine Pause gönnen muss, und setze bei Erkältung zwei Tage aus.“ Wenn allerdings am Ende der Woche beim Zusammenrech­

nen weniger Kilometer herauskommen, als sie sich vorgenommen hatte, wird sie motzig. Sagt sie – und dass das nur ein verrückter Läufer verstehen könne. Tat­sache ist jedenfalls, dass mit den Lebensjahren die Ausdauerfähigkeit zunimmt, und sie komme mit ­ihren 28 jetzt langsam ins richtige Alter. Mit ein Grund für ihren langsamen Umstieg auf die Königsdisziplin des Laufens sei auch, dass der Hype um Leichtathletik im Stadion stark abgenom­ men habe, „in Deutschland. Da fehlen die richtigen Stars, deshalb sinkt das Interesse der Medien.“ Bei den großen Stadtmarathons hingegen feuern an die 500.000 Fans die Läufer an, können sich FreizeitMarathonisti gleich direkt mit den Top-Läufern mes­ sen. Für ein Bad in der Menge bleibt aber keine Zeit. ­Zu viel taktisches Kalkül, auf das man achten muss. „Wenn du am Anfang zu schnell läufst, kannst du hintenraus nicht mehr.“ Und dazu immer wieder die Angst, dass während des Rennens die Motivation umfällt und man die Leistung nicht mehr bringen kann. „Beim Halbmarathon heuer in Berlin hatte ich bei zehn Kilometern einen Hänger. Noch elf Kilome­ ter! Noch ganz schön lange … fühle ich mich müde? … geht’s mir gut? Dann weitergerannt. Wie wird die nächste Zwischenzeit? Okay, weiter jetzt … mach deine Zwischenzeit, dass du da draufkommst … Es ist ein ewiges Hin und Her!“ Gewonnen hat sie dann mit einer persönlichen Bestzeit von 1:08:45, und die Glücksgefühle im Ziel waren unbeschreiblich. Erst einmal musste sie auf dem Weg zu einer Best­ zeit 700 Meter vor dem Ziel aufgeben, weil nichts mehr ging. „Da konnte auch der Kopf den Körper nicht mehr zwingen.“ Klar, dass Wut und Enttäu­ schung sehr groß waren. „Man braucht ja Anerken­ nung und Lob, das kriegst du nur mit einer Bestzeit.“ Der Weg dorthin hat viel mit Selbstüberwindung zu tun, auch bei Spitzensportlern. „Ich hab auch nicht immer Lust. Aber wenn ich dann im Wald den Früh­ ling rieche, mich in der Natur bewege, macht es ­riesigen Spaß. Und nach dem Training bin ich der zufriedenste Mensch der Welt.“ Sparkassen Gala ’09: 7. Juni, Regensburg – beim 10.000-MeterLauf will Sabrina Mockenhaupt den deutschen Rekord brechen. News von Sabrina auf: redbulletin.com/mockenhaupt/de

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Giulia sucht Romeo!

kunde

GIULIA IN LOVE?! DONNERSTAGS AB 2.7. Giulia Siegel sucht den Mann f端rs Leben.

20:15


Heroes

juan pablo angel ist kolumbianisches Fußball-Idol und der beste Stürmer der amerikanischen Major League Soccer. Ein Backstage-Besuch beim Klasse-Legionär, der bei den Red Bulls New York für die Tore sorgt. Text: Andi Jaros, Bild: Jamie-James Medina

Name Juan Pablo Ángel Beruf Fußballprofi Geburtsdatum/-ort 24. Oktober 1975, ­Medellín, Kolumbien Wohnort Saddle River, New Jersey Klubs Nacional de Medellín (1993–1997), River Plate Buenos Aires (1997–2000), Aston Villa (2001– 2007), Red Bull New York (seit April 2007; Vizemeister 2008, erfolgreichster MLSTorschütze der vergangenen zwei Saisonen) Team 33 Einsätze für Kolumbien Familie Ehefrau Paula, Kinder Geronimo, 8, und Tommy, 6 Musik Shakira, Juanes Träume Champion mit Red Bulls New York, Fallschirmund Jetfliegen

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In wenigen Minuten wird ein wilder Mix aus Regen und Schnee über das Frank Sinatra Field in Hoboken, New Jersey, peitschen. Doch Juan Pablo Ángel kontert den launigen Wetterumschwung im luftigen Frühlings-Outfit. Auf dem Kunstrasen-Fußballfeld am Ufer des Hudson River lässt der Kapitän der Red Bulls New York für ein Fotoshooting ungerührt die Kugel tanzen. Hintergrundkulisse ist ihm die ­berühmteste Skyline der Welt, jene von Manhattan, mit dem Empire State Building als Mittelpunkt. Für Freunde größer angelegter Symboliken geht Juan ­Pablo Ángel locker als Empire State Building der amerikanischen Liga Major League Soccer (MLS) durch: ein überragendes Wahr­­zeichen, das allen Stürmen trotzt und turm­hohe Erwartungen schultert. Der Kolumbianer hat sich mit seinen 33 Toren in 47 Spielen ligaweit als bester Bomber der vergangenen zwei Saisonen etabliert. Nach den ersten neun Runden der Saison 2009/10 fehlen ihm nur noch sechs Treffer auf den Klubrekord von Giovanni ­Savarese für die Regular Season. Im November 2008 hatte Ángel die Red Bulls, die bis 2006 unter dem Namen MetroStars primär Rumpelfußball produziert und als Punktelieferant gedient hatten, ins erste Meisterschafts-Endspiel der Klubgeschichte (1:3 gegen Columbus Crew) geballert. Das war eine echte Sensation – damals. Heuer darf es noch ein bisschen mehr sein. Die Vereinsbosse haben alles getan, um Ángels Visier scharf zu stellen: Wenige Tage vor der Abreise zum letzten Vorbereitungstrainingslager nach Bue­ nos Aires wurde sein Vertrag als „designated player“ verlängert – mit diesem Status ist man von der ­üblichen 415.000-Dollar-Jahresgehaltsobergrenze befreit –, während in L. A. bei Galaxy zeitgleich die Beckham-Seifenoper zu Ende ging. Ángel soll den Vertrauensvorschuss nun mit Toren zurückzahlen, den Anwalt für die US-Liga macht er gratis mit. Jenseits des Großen Teichs wird die MLS ja gerne als „Mickeymaus-Meisterschaft“ abgegrätscht. Eine Ignoranz, die das Blut des Südamerikaners zum

Kochen bringt: „Wer das behauptet, ist ahnungslos. Man muss sich schon in die Vereinigten Staaten bequemen, um die Dinge richtig einzuordnen und zu erkennen, wie stark sich die Liga verbessert hat.“ Die Vergleiche mit europäischen Topligen hält er für unfair. „Lassen wir doch die Kirche im Dorf. Die MLS ist erst 13 Jahre jung. In England wird seit Generationen gespielt, Fußball ist dort Religion, die Budgets sind astronomisch hoch. Solange es bei uns einen Salary Cap gibt, können wir das Qualitätsproblem auf Spielerseite einfach nicht wettmachen. Trotzdem bin ich davon überzeugt, dass MLS-Teams jederzeit mit englischen Mittelklassevereinen mithalten können.“ Ein couragierter Fernschuss, hält er im selben Atemzug doch die Premier League vor der spanischen Primera División für die beste Liga der Welt. Aber wer, wenn nicht er, hat den Vergleich? Sechs Jahre stürmte Ángel für Aston Villa. In der Millionenstadt Birmingham muss er sich zwischen 2001 und 2007 wirklich wohl gefühlt haben: Mit nicht wenigen Amigos von früher ist er noch immer in Kontakt – John Carew, Gareth Barry oder Stilian ­Petrov, um nur die Bekanntesten zu nennen. Auf YouTube lassen sich die schönsten Streiche des smarten Knipsers noch einmal erleben, RetroFans werden ihre helle Freude haben, weil der heutige Kurzhaar-Aficionado seine Jubeltänze seinerzeit als eine Art Aston-Villa-Winnetou zelebrierte: mit wallender, pechschwarzer Mähne, mühsam gebändigt von einem Stirnband. Die gesammelten VideoKollektionen haben blumige Aufhänger wie „The Touch of an Angel“, die Reporter brüllen nach Einoder Beinschüssen des Kolumbianers „Some rocket of a shot!“, „Pure class“ oder „A night to remember“. Seine mit Abstand ertragreichste England-Saison absolvierte der Fan-Darling 2003/04: 16 Meisterschaftstore, sieben im Ligacup. Da spielte die bei ­Nacional de Medellín (Kolumbien) und River Plate (Argentinien) groß gewordene Nummer neun ihr gesamtes Repertoire aus: Abstauber, weil einen Schritt schneller als der Verteidiger, mit links oder


Im Vordergrund: der beste Stürmer der US-amerikanischen Fußball-Liga. Dahinter der Hudson River und die Skyline von Manhattan.


rechts, raffinierte Bogenschüsse aus spitzestem Winkel, satte Knaller, Kopfbälle, Fersler, Elfer. Seine nächste Mission, nachdem Engagements bei Valencia und Betis Sevilla „nahe am Abschluss“ waren, sich aber dann doch zerschlugen: Entwicklungshelfer in den USA. Am 19. April 2007, ein Jahr nach dem Einstieg von Red Bull, war alles in trockenen Tüchern. Ángel kam ohne großes Tamtam – und in einer Über­gangsphase: Er rutschte in ein Team auf der Suche nach Identität und Kontinuität sowohl auf Spieler- als auch auf Trainerebene. Der zermürbende Alltag, die infrastrukturellen Problemzonen blieben Ángel weitgehend erspart. In der Vergangenheit hatte es schon vorkommen können, dass der Trainer Plätze abklappern musste, auf denen das Gras knöcheltief wucherte oder von Gänseblümchen übersät war. „Wie zerlumpte Zigeuner“ seien die Jungs in der Prä-Red Bull-Ära von einem Acker New Jerseys zum nächsten gegondelt, „ich glaube, zehn bis fünfzehn verschiedene Trainingsplätze ­haben als unsere Heimat hergehalten“, schätzt Tormanntrainer Des McAleenan. Ángel, frisch importiert von den englischen Midlands, schlug sofort Wurzeln. Er brauchte keine lange ­Eingewöhnungszeit. Im April gekommen, im Mai und Juni Spieler des Monats. In der Glut des Hochsommers dann der erste große Auftritt – im Giants ­Stadium face-to-face mit David Beckham, der zum ersten Mal volle 90 Minuten für L. A. Galaxy auf­ laufen sollte. 66.237 Zuschauer bei einem ameri­ kanischen Klub-Gipfel, ein einmaliges Ereignis, und auch das Ergebnis werden die Fans noch lange in den Sport-Bars diskutieren: 5:4 für die Red Bulls – Führungstor Ángel, Siegestor Ángel. Würde er gerne Beckham als Mitspieler und nicht zum Gegner haben? „Natürlich. Er ist ein super Typ, ein Gentleman und Topspieler. Nur mit Hype allein schaffst du es nicht, bei drei der besten Teams der Welt – Manchester United, Real Madrid, AC Milan – einen Stammplatz zu haben. Ich durfte gegen ihn mehrmals in England antreten, auch mit Kolumbien hatte ich auf Team-Ebene schon das Vergnügen.“

Seit zwei Jahren Jahren freuen sich die Fans der Red Bulls New York über so einen Torjubel mit südamerikanischem Temperament. Ángel war heuer bei jedem Spiel der Bullen im Einsatz und führt in der Torschützenliste des Clubs.

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Im Dezember 2007 wurde der nächste Mosaikstein auf Ángels Weg zum Topstar der Red Bulls gelegt: Mit Juan Carlos Osorio als Headcoach dockte ein kolumbianischer Landsmann an, den ebenfalls England-Vergangenheit auszeichnete: von 2001 bis 2006 Konditions- und Assistenztrainer bei Manchester City. Ángel über den akribischen Workaholic aus Santa Rosa de Cabal: „Ich mochte sein Training von Beginn an. Er lässt viel mit dem Ball üben. Dieses Hauptaugenmerk auf die Technik hat den jungen Spielern geholfen: Die wurden deutlich besser.“ Was Ángel nicht erwähnt: Auch er hat seine ­weniger erfahrenen Mitspieler mit Tipps und Taten mitgerissen – ohne den Star raushängen zu lassen. Die Idole seiner Kindheit kamen aus Europa: „Marco van Basten und der AC Milan unter Arrigo Sacchi.“ Ángels erste Spielwiese war die erste Adresse von Medellín: Nacional. „Mit sechzehn ist mir der Durchbruch gelungen – auf e­ inmal hab ich mit jenen tricksen dürfen, die ich als Knirps vergöttert hatte.“ Es war das Sprungbrett für eine lange Legionärslaufbahn und eine Teamkarriere, die nach 33 Einsätzen ­vorläufig zum Stillstand gekommen ist. Aber in ­Kolumbiens Nationalmannschaft hatte es Ángel schwer, zur Marke zu werden: nicht so skandal­ verstrickt und verrückt wie Goalie René „El Loco“ ­Higuita, nicht so schillernd wie Carlos „El Pibe“ ­Valderrama mit seinen Karotten-Zotteln, nicht so pfeilschnell wie Faustino „Octopus“ Asprilla. Juan Pablo Ángel nimmt’s pragmatisch: „Ich stehe jederzeit für ein Comeback zur Verfügung. Immerhin war ich zwölf Jahre Teil des Teams. Jetzt ist eben eine neue Generation am Zug.“ Keine öffentliche Person zu sein habe letztlich auch seine Vorteile: „Nicht, dass mir meine Karriere egal wäre. Ich liebe sie. Was ich aber gar nicht brauche, ist das Scheinwerferlicht.“ Und so kommt dem Familienmenschen auch keiner ins Haus, im Norden New Jerseys, in Saddle River. Nur einen Spaltbreit lässt er unter die Decke lugen: „Wir haben’s hier herrlich grün, wie am Land. Garten statt Betonwüste. Ich war überrascht, wie wunderschön New Jersey sein kann – wenn du die richtigen Flecken kennst.“ Auch in Kolumbien dürfte er sich in ein FeelgoodAmbiente gekuschelt haben. „Mir hat es in meiner Kindheit an nichts gefehlt, ich habe nur sehr gute ­Erinnerungen.“ Mittelklassemilieu, erzählt Á ­ ngel. Vater Kaufhausbesitzer, Mutter Hausfrau. Ein Bruder, eine Schwester. Beide wurden Ärzte. Wird Medellín, seine Geburtsstadt, noch immer von Kokain überschwemmt? „Ein Irrglaube, dass du an jeder Ecke Drogen kriegst. Soviel ich weiß, ist das Zeug auch in Europa oder den USA erhältlich. Ich hab nie Drogen probiert. Hat mich nie interessiert.“ Sagt’s und hat es nach dem Abschlusstraining in der Halle beim Giants Stadium verdammt eilig, mit einem Päckchen unter dem Arm zu verschwinden. Farbe: türkis. Eine Geschenkbox von Tiffany’s. Inhalt: ein Kristall-Award für Ángel, eine Belohnung für den MVP, den „most valuable player“ – Juan Pablos Aufputschmittel für die aktuelle Saison. Columbus Crew – Red Bulls New York: 27. Juni 2009, Crew Stadium, Columbus, USA News von den NY-Bullen: redbulletin.com/fussball/de

Bild: Getty Images

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Siegfried Schwarz

ist Helikopter-Chefpilot bei den Flying Bulls und einer von drei zivilen Piloten weltweit, die einen Helikopter zum Kunstflug überreden können und das auch gesund überstehen. Text: Wolfgang Hofbauer, Bild: Helge Kirchberger

Name Siegfried Schwarz Geburtsdatum/-ort 19. Oktober 1957, Graz, Österreich Pilot seit 1977 Fliegerische ­Highlights Landung am Mont Blanc, tausende ­Rettungsflüge für den ÖAMTC, Ausbildner (etwa vom österreichischen Ex-Tennis-Ass Thomas Muster) Lebensphilosophie „Always look on the bright side of life“ Bevorzugte ­Flugzeugtypen Jedes Luftfahrzeug, mit dem man in der Luft (absichtlich) stehenbleiben und rückwärts fliegen kann Web www.flyingbulls.com

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red bulletin: Wir haben Sie gerade dabei ­beobachtet, wie Sie mit einem Helikopter einen Looping gemacht haben. Danke, dass wir am ­Boden bleiben durften. sigi schwarz: Bitte. Sie haben aber was versäumt. Zum Beispiel mich, wie ich kopfüber auf die Erde schaue, und dazwischen noch die Rotorblätter. Was ist das Besondere an der Arbeit am Steuer­ knüppel? Wenn man den Heli beim Kunstflug so behandelt wie bei einem Normalflug, also mit sparsamen ­Steuerbewegungen, kriegt man Probleme. Nämlich? Man stürzt ab. Es sieht ja ohnehin so aus, als wäre jede Sekunde mit so etwas zu rechnen ... Nicht, wenn man es kann. Der Heli ist aber grundsätzlich speziell. Er hat keine Flügel, das sieht jeder. Was folgt daraus? Vor allem, dass er keine Fehler verzeiht. Ein Flugzeug fängt sich am Ende eines ­Loopings quasi selber wieder auf. Ein Helikopter tut das nicht. Dem muss man alles aufzwingen. Der mag keinen Kunstflug? Der mag nicht einmal fliegen. Vom Kunstflug ganz zu schweigen. Aber einen gibt’s, mit dem kann man Kunstflug machen: den BO 105 CB. Der hat ein verstärktes Rotorsystem und ist als einziger ziviler Heli der Welt wirklich kunstflugtauglich. Warum? Er hat zwei Triebwerke und vor allem ein gelenk­ loses Rotorsystem. Die Rotorblätter sind aus glas­ verstärktem Kunststoff. Wären die Rotorblätter über Gelenke mit der Turbine verbunden, könnte man nie einen Looping fliegen. Die Blätter würden an den Gelenken umknicken und an die Kabine stoßen. ­Unsere beiden BO 105 sind besonders gut manövrierbar. Relativ besonders gut vermutlich … Man muss wirklich wissen, dass ein Heli beim Kunstflug anders zu behandeln ist als ein Flugzeug. Zum Beispiel verschiebt sich bei zunehmender g-Belas-

tung der Neutralpunkt des Steuerknüppels in Richtung der Rotordrehung. Ein ehemaliger Schüler von mir, der ein bissl Kunstflug mit dem Flugzeug konnte, wollte sein Können auch bei einem Heli ausprobieren, ohne diese Feinheiten zu wissen. Es war leider sein letzter Flug. Reden wir lieber vom allerersten Flug. Meiner war 1977. Es war nie mein Wunschtraum, Helikopterpilot zu werden. Es hat sich irgendwie ­ergeben, dass ich jetzt meinen Traumberuf hab. Ich war, als ich jung war, Mechaniker beim Bundesheer. Dann wollte ich Flugschüler werden, hab das aber nicht beim Bundesheer gemacht, s­ ondern zivil – ich war, im Rahmen einer berufs­begleitenden Ausbildung, der erste zivile Helikopterschüler in Österreich. Zuvor hat es nur militärische Piloten gegeben und solche, die ihren Schein im Ausland gemacht haben. Ich war dann länger in den USA, hab dort den Weihnachtsmann durch die Luft kutschiert und andere Bedarfsgeschichten gemacht, um Geld zu verdienen. Mit entsprechend vielen Flugstunden kriegt man ja immer einen Job. Für die Jungen ist das heute schon ziemlich schwer. Später hab ich dann eine Flugschule aufgemacht, mit einem auf Pump gekauften Robinson-22-Heli. Da war ich ­gerade kurz arbeitslos und hatte diese Idee mit der Schule. Und mit so einem Geschäftsmodell kriegt ein ­Arbeitsloser einen Kredit? Heute vielleicht nicht mehr. Damals haben die mir eine Million Schilling gegeben. Und es hat ja auch funktioniert. Es sind mit der Zeit sogar mehrere ­Helis geworden und vor einigen Jahren hab ich die Schule verkauft. Die Flugschule habe ich immer ­neben meinem Hauptjob als Pilot für die Christo­ phorus-Flugrettung betrieben. Wie war das dann mit dem Kunstflug? Da gab’s die Fernsehsendung „Raab in Gefahr“ mit Stefan Raab. Eine dieser Gefahren war, dass er mit dem deutschen Hubschrauberpiloten Rainer Wilke mit­geflogen ist. Der hat mit dem BO 105 als Erster


Der Helikopter-Flüsterer: Sigi Schwarz flog viele tausend Notarzt-Rettungseinsätze, bildete Legionen von Piloten aus – und kann einen Hubschrauber zu Dingen überreden, die der eigentlich nicht mag.


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Dieses Kunststück mit ­einem Helikopter, den ­Looping, beherrschen nur drei Piloten. Einer davon ist Siegfried Schwarz. Zu sehen bekommt man den unmöglichen Looping bei der AirPower09 in Zeltweg.

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bild: Adam Koch/Red Bull Photofiles

Airpower09 Hubschrauber-Kunst­ flugpilot Siegfried Schwarz und der Rest der famosen Flying Bulls werden auf der AirPower09 in Zeltweg zu sehen sein. Zeit: 26. und 27. Juni. Ort: Zeltweg, der Fliegerhorst des Bundesheeres, der an diesem Tag nicht zu verfehlen sein wird. Dies sind die Eckdaten von Österreichs großer Airshow, die auch heuer wieder ein Who’s who der internationalen Luftfahrt anziehen wird: Kunstflugstaffeln wie die Patrouille Suisse, Flugzeuge ohne Ende und spektakuläre Vorführungen militärischer und ziviler Provenienz. Mit dabei, wie üblich maßgeblich: die Flying Bulls aus Salzburg. Das fliegende Flugzeugmuseum wird seine glorreichsten Exponate nach Zeltweg schicken, darunter die DC-6, die B-25 Mitchell, die frisch restaurierte P-38 Lightning – und natürlich wird auch Siegfried Schwarz mit seiner Heli-Akrobatik die Haut der Zuschauer in einen gansmäßigen Zustand versetzen. www.airpower09.at


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in ­Europa Kunstflug betrieben. Der Raab hat danach gesagt: „So schnell hat mich noch nie wer zum K ­ otzen gebracht.“ Mich hat das gleich interessiert, ich bin zu Wilke geflogen und hab mir das vorführen lassen. Ohne Kotzen war mir gleich klar, dass ich das auch machen wollte. Und so hat mir der ­Stefan nach und nach alles beigebracht, und er hat auch dem Chuck Aaron, der in Amerika für Red Bull fliegt, alles beigebracht. Heute gehören der Stefan Wilke und ich zur Hubschrauberflotte der Flying Bulls, und wir fliegen abwechselnd auf Airshows ­unsere Displays – immer einzeln, das ist schwierig genug. Warum machen das so wenige? Drei sind ja nicht gerade viel … Damit es spektakulär aussieht, muss man schon sehr, sehr gut mit dem Hubschrauber umgehen ­können. Diese Perfektion teilt sich dem Zuschauer mit. Man ist immer in der Nähe des Publikums, das macht es zusätzlich attraktiv. Die Gefahren kommen daher, dass der Heli nicht von selbst fliegt. Kippt man aus einer Figur raus und ist nur fünfzig Meter über Grund, fällt man runter wie ein Stein. Überhaupt, wenn man in Schräglage ist oder im Rückenflug. Ein Rückenflug geht ohnehin nur kurz, weil sonst die Ölzufuhr zur Turbine unterbrochen wird. Befindet man sich nicht in Normallage, ist vor allem mit der Autorotation nichts. Sonst sorgt die ja dafür, dass ein Helikopter auch mit ausgefallener Turbine

sicher landen kann – er schwebt einfach zu Boden, die im Fahrtwind sich drehenden Rotorblätter bremsen ihn so halbwegs. Welche Figuren kann man mit einem Helikopter fliegen? Im Grunde die gleichen wie mit Flugzeugen. Nur geht alles halt etwas langsamer, und man hat auch nicht solche g-Belastungen. Maximal 3g, da wiegt man also das Dreifache wie normal. Auf jeden Fall kann man aber auch Figuren hinlegen, die mit dem Flugzeug nicht gehen: ganz ruhig in der Luft stehen und dann überfallsartig nach vorne abkippen. Das ist echt böse, überhaupt für einen etwaigen Passagier. Und die Beweglichkeit von einem Heli ist ­sowieso enorm, das kann man nur mit einer Libelle vergleichen. Heli-Kunstflug ist eine junge Disziplin? Angefangen hat in den 1980ern in Europa der Karl Zimmermann, der war von der deutschen Luftwaffe und ist seinerzeit unglaubliche Sachen geflogen. Fast ein Verrückter. Die Heli-Fliegerei ist ja überhaupt noch nicht alt (nämlich etwa achtzig Jahre. Der erste in Serie gebaute Hubschrauber war – ab 1941 – die deutsche Focke-Achgelis Fa 223; Anm. d. Red.). ­Helikopter sind eine ziemlich komplizierte Angelegenheit. Die Blogs der Flying Bulls-Helden, das Heli-Video: redbulletin.com/flyingbulls/de

N E U im Radio

Augsburg 94,8 MHz München 104,0 MHz Nürnberg 103,6 MHz Regensburg 107,5 MHz Würzburg 95,8 MHz

www.egofm.de 41


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Pionier

franz stampfl

erfand als Leichtathletik-Coach das Intervalltraining. In seinen Armen erholte sich Roger Bannister, nachdem er 1954 mit Stampfls Hilfe als erster Mensch die Meile in unter vier Minuten gelaufen war.

Name Franz Stampfl Geburtstag/-ort 18. November 1913, Wien Sterbetag/-ort 19. März 1995, Melbourne, Australien War Skirennläufer und Leichtathlet, Mitglied des österreichischen Teams bei den Olympischen Sommerspielen 1936, Flüchtling (1937), Kriegsgefangener (der Engländer, ab 1939), als solcher interniert in Kanada und Australien (bis 1945), Leichtathletiktrainer (in England, Australien), seit 1980 querschnittsgelähmt (Autounfall) Entwickelte das Intervalltraining Machte damit Roger Bannister am 6. Mai 1954 zum ersten Läufer, der die Meile in ­unter vier Minuten bewältigte, und zum Sir Trainierte auch die Olympiasieger Christopher Brasher (GBR, 1956, 3000 m Hindernis) und Ralph Doubell (AUS, 1968, 800 m) Schrieb das Buch „Franz Stampfl on ­Running“ Erhielt 1982 den Orden MBE

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Bis zum 6. Mai 1954 ist der Österreicher Franz Stampfl, den es in den ­Wirren des Zweiten Weltkrieges via England und Internierungslager in Kanada und Australien wieder nach England verschlagen hat, ein namenloser Flüchtling. Ein Ex-Kunststudent, talentierter Skifahrer, Allround-Leichtathlet und begabter, aber wenig bekannter Trainer. Nach dem 6. Mai 1954 ist Stampfl als Betreuer Roger Bannisters, der an diesem Tag in Oxford die Meile (1609 Meter) als erster Mensch in unter vier Minuten läuft, berühmt. Und mit ihm seine Methode, das Intervalltraining. Als Skiläufer in Österreich ist der junge Franz Stampfl an intensives Training gewöhnt. Als er zu den Leichtathleten wechselt, staunt er über deren geringe Trainingsumfänge und wie wenig Qualität ihre Arbeit hat. Ihr einziger Maßstab ist das Ergebnis, also die erreichte Weite oder die gelaufene Zeit, der Rest Probieren. Stampfl: „Es wurde dauernd experimentiert, aber hauptsächlich in die Richtung, die Bewegung rhythmisch und rund aussehen zu lassen. Deswegen wirkten wir elegant, unsere Leistungen waren aber nicht besonders.“ Training lag damals überhaupt nicht im Trend. Stampfl: „Wir dachten, dass nur jemand mit wenig Talent trainieren müsse. Und es für jemanden mit Talent eine Schande sei.“ Aus diesen Erfahrungen heraus entwickelt Stampfl ab 1938 ein Training mit einem wissenschaftlicheren Zugang, auf Basis von Physiologie und Biomechanik. Für Läufer beruht das Konzept auf diszipliniertem Intervalltraining: wechselnde Distanzen in unterschiedlichem Tempo, große Umfänge, permanente Kontrolle aller Parameter, die Betonung von Ausdauer und Tempo. Stampfl, inzwischen nach England übersiedelt, erprobt es an einer Vielzahl Athleten – sie zahlen für die Tipps nach heutigem Geld 1,50 Euro –, ehe er mit Bannisters Meilenstein in die erste Liga aufsteigt: Speziell ab 1955, da arbeitet er bereits in Australien. Intervalltraining ist für Stampfl nicht deshalb die optimale Methode, weil sie allein bessere Leistungen generiert, sondern weil sie das Training kontrollier­ barer macht, dem Athleten stets vor Augen führt, was

er macht und ob er genug macht, und ihn gut an den Wettkampfstress gewöhnt. Härte gegen sich selbst ist dabei elementar. Auch Stampfl besitzt diese Eigenschaft: Er überlebt auf dem Weg nach Kanada, in die Internierung, einen Schiffsuntergang, als einer von 400 bei 2000 Toten, wobei er stundenlang im eisigen Wasser auf Rettung warten muss. Ralph Doubell, der unter Stampfls Ägide 1968 Olympiasieger über 800 Meter wird, beschreibt ihn als Diktator, der Jammern seiner Athleten, auch wenn sie verletzt sind, ignoriert: „Das gipfelte in dem Satz: ‚Kümmere dich nicht drum, es sind nur Schmerzen.‘“ Der Engländer Christopher Chataway, mit seinem Landsmann Chris Brasher als Schrittmacher mitverantwortlich dafür, dass Bannister 1954 die 4-MinutenMauer durchbricht, und 1955 selbst Weltrekordler über drei Meilen, nennt Stampfl „ein Genie“: Nach den e­ rschöpfenden, eintönigen Trainingseinheiten sitzt Stampfl häufig mit seinen Schützlingen zusammen, leert mit ihnen einige Flaschen Wein, inspiriert und motiviert sie in heißen, aber humorvollen Diskussionen. Chataway: „Er gab einem das Gefühl, dass Rekorde und Medaillen nicht nur machbar waren, sondern auch jede Anstrengung wert.“ Stampfl selber will Körper und Geist beim Training nicht auseinanderhalten, das eine ist für ihn so wichtig wie das andere: „Manchmal denke ich, dass mein idealer Athlet die Seele eines Dichters haben sollte – ein Mann mit reicher Phantasie und Vorstellungskraft, der intensive körperliche, geistige und spirituelle Eindrücke verarbeiten kann.“ Seine eigenen Fähigkeiten spielt er gerne herunter, etwa in der australischen Radiosendung „The Sports Factor“: „Die Trainingsmethoden sind nicht so wahnsinnig wichtig, entscheidend ist die Administration. Ich will mich als Coach nicht klein machen, aber: Bist du schlecht organisiert, kannst du ein Jesus Christus in Sachen Training sein und wirst trotzdem nie eine Leistung zuwege bringen, über die man spricht.“ Mehr Pioniere auf: redbulletin.com/legends/de

bild: john sadovy/getty images

Text: Robert Sperl


Nach der ersten Meile unter vier Minuten: Franz Stampfl (li.) st端tzt Roger Bannister. Zum Rekordlauf am 6. Mai 1954 waren die beiden gemeinsam mit dem Zug nach Oxford angereist. Es war kalt und windig, und Stampfl musste Bannister erst davon 端berzeugen, dass dieser trotz des 足schlechten Wetters Rekord laufen k旦nne.


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Maya Gabeira ist die First Lady der Big-Wave-Surfer. Der Weg dorthin war f체r die Brasilianerin eine Flucht aus schwieriger Kindheit direkt in den elit채rsten Macho-Club der Welt. Text: Andreas Tzortzis, Bilder: Carlos Serrao

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er Morgen hat sich mit ein paar Wolken geschmückt hier in Saquarema, der Surferstadt zwei Stunden nördlich von Rio de Janeiro. Nicht weit vom Ufer preschen ein Dutzend Surfer, Fotografen und Kameraleute nervös auf ihren Jet-Skis im Wasser auf und ab. Seit einer Woche beobachten sie die Wellen an diesem Strand, überprüfen die Wettervorhersagen und die Surf-Sites, die mit Daten spezieller Mess­ bojen gefüttert werden. Es sollen Wellen von sechs Meter Höhe und mehr zu erwarten sein. Als die Dünung ihren Höhepunkt erreicht und auf ein Riff kracht, schnappt sich der Erste der Gruppe sein Board und lässt sich ins Wasser fallen. Obwohl der Anzug dick gepolstert ist, lassen die langen braunen Haare und die Rundungen keinen anderen Schluss zu: Unter all die tätowierten Surfer hat sich ein Mädchen geschwindelt. Ihr Name ist Maya Gabeira, und sie ist drauf und dran, das Bild von Big-WaveSurfen ein für allemal zu ändern. Maya umklammert die Schleppleine, während ihr Partner, der brasilianische Big-Wave-Surfer Carlos Burle, sie mit dem Jet-Ski auf die erste Welle des Tages zieht. Hinter ihr baut sich die Welle auf, eine riesige Wasserwand, Gabreira saust mit 50 km/h dahin, breit steht sie auf dem Board, federt unsichtbare Schläge aus. Mit vollem Tempo geht’s weiter, der Brecher erreicht seinen Höchststand. Schaumkronen kippen hinter Maya zusammen, sie kurvt mit dem Board in sicheres Wasser, lässt sich fallen. Burle zieht sie zu sich auf den Jet-Ski, und wieder geht’s hinaus, um die nächste Welle zu fangen. Auch wenn Mayas bronzefarbene Haut und die von der Sonne gebleichten Haare typisch sind für die Mädchen, die einem in diesem Teil der Welt ständig über den Weg laufen: Die muskulösen Schultern und die vielen Narben und blauen Flecken erzählen eine andere Geschichte, als es ihre Stimme könnte, tief und mit einem schläfrigen Unterton, jedes Wort lang gedehnt, so wie man an einem heißen Nachmittag in Rio einen Longdrink sorgfältig in ein hohes Glas gießt. Hinter der Fassade steckt eine junge Frau, getrieben von einem Rausch, den nur wenige erleben dürfen, die ihrem Körper nichts schenkt und entschlossen einen totalen Macho-Club betritt – alles nur der großen Wellen wegen. „Ich dachte, es wäre cool, ein Mädchen zu haben, das das auch kann“, sagt Maya. „Es ist ein eindrucksvoller Sport, man muss sich ihm

ausliefern, und ich dachte, wenn ich je ein Mädchen sehe, das so etwas macht, wäre ich wahnsinnig beeindruckt – im Moment kann ich mir nicht einmal vorstellen, dass ich dieses Mädchen bin.“ Big-Wave-Surfen kennt man seit den späten 1950er-Jahren. Damals paddelte eine Handvoll Surfer in die sechs, sieben Meter hohen Wogen, Swells genannt, am geheimnisvollen Nordstrand von Oahu in Hawaii. Legenden wie Greg Noll ebneten den Weg für die bekanntesten Athleten dieser Disziplin, von Ken Bradshaw bis Laird Hamilton. RiesenwellenSpots wie Maverick’s in Kalifornien, Teahupoo auf Tahiti oder Dungeons Reef in Südafrika sind der Surfergemeinde ebenso heilig wie Nou Camp, San Siro oder Old Trafford den Fußballfans. Präzisere Wettervorhersagen und die Einführung des Tow-in (dabei werden jene Riesenwellen, die zu schnell sind, um sie anzupaddeln, mit Hilfe eines bis zu 80 km/h schnellen Jet-Ski samt Zugleine ausgetrickst) erschließen neue Surfplätze. Trotzdem bleibt die Gruppe der Big-Wave-Surfer klein, schon aus körperlichen Gründen. Als Big-Wave-Surfer musst du vor allem mit den brutalen Stürzen fertig werden, den Wipeouts, die Board und Knochen brechen und den Surfer mit ihrem Sog für Minuten unter Wasser zwingen. In den letzten Jahrzehnten hätten Frauen immer wieder versucht, sich unter den Männern zu behaupten, aber Maya sei die erste, die sich ernsthaft engagiert, so Bill Sharp. Er betreut den von ­Billabong gesponserten XXL Big Wave Awards, bei denen Maya in den letzten drei Jahren zu den Gewinnern zählte. „Maya war bei Maverick’s, auf Tahiti … Ich glaube, sie ist die Einzige, die Swells jagt.“ Mayas Aufstieg ist noch beeindruckender, wenn man bedenkt, dass sie erst seit acht Jahren surft. Als Tochter einer bekannten Modeschöpferin und eines in Brasilien hochangesehenen Kongressabgeordneten genoss Maya eine privilegierte Kindheit. Als sich die Eltern scheiden ließen – da war sie elf –, geriet Mayas Leben aus den Fugen: aufsässig in der Schule, Zigaretten, Alkohol. Das endete erst, als ein Freund sie mit vierzehn zum Surfen mitnahm. Talent war Maya keines. Sie brauchte einen Monat, um sich im seichten Weißwasser auf dem Brett zu halten. Aber sie hatte Feuer gefangen. Als Austauschschülerin in Australien, an der Goldküste, surfte sie ein Jahr lang täglich. Zurück in Rio, zog sie in ein kleines Hotel am Strand. Aus dem eigensinnigen kleinen Mädchen, das sich für Mode und Nachtleben begeistert hatte, war ein wellenjagender Wildfang geworden, der mit den Burschen in der Brandung surfte. Gleich nach dem Schulabschluss zog sie nach Hawaii, ­allein. Da war sie siebzehn.

„Big Wave Surfing ist eine Männerwelt, und sobald du darin auftauchst, musst du sie so nehmen, wie es kommt. Manchmal ist das nicht besonders lustig.“ 46


Name Maya Gabeira Geburtsdatum/-ort 10. April 1987, Rio de Janeiro Wohnort Haleiwa, Hawaii/USA Lieblingsmusiker Jack Johnson Hobbys Fitnesstraining, Lesen Beruf Big-Wave-Surferin Erfolge Gewinnerin des Billabong XXL Global Big Wave Award 2006, 2007 und 2008 Web www.redbull.com.br/ mayagabeira

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bild: Brian Bielmann

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„Die eine Maya will unauffällig bleiben“, sagt Gabeira über sich. „Aber es gibt auch eine andere, die will den großen Erfolg und sich und anderen ­beweisen, dass das in diesem Sport möglich ist.“

Dort wurde sie gleich einmal enttäuscht: „Ich war zum Surfen gekommen, aber es sah nicht so aus, als würde ich den Sprung zum Profi schaffen. Ich durfte bei keinem Event starten, hatte keine Sponsoren.“ Maya jobbte als Kellnerin, las den Gästen aus der Speisekarte vor und warf daneben begehrliche Blicke auf die Riesenwellen, die am Strand von Waimea Bay ans Ufer rollten. Dieser Platz am Nordstrand von Oahu hat mit seinen bis zu zwanzig Meter hohen Brechern Kultstatus bei den Big-Wave-Surfern. Die Einheimischen bewachen dieses Revier eifersüchtig. Störenfriede werden aufgefordert zu verschwinden, und wer nicht gehorcht, büßt das mit zerstörten Boards. Ein Haifischbecken, zu dem nur geprüfte Surfer Zutritt erhalten. Und natürlich dominiert von Männern. Aber da war Maya. Sie paddelte auf einem geborgten Board hinaus in die Wellen, auch an den schlimmsten Tagen, wenn es in Strömen auf die giftig-weißen, stockhaushohen Wellen regnete. Maya schaute zu, wie Einheimische wie Andrew Marr die Riesen ritten. Sie schaute zu, wie die Wellen ausrollten, verbiss sich ihre Angst. Sie gewöhnte sich an den tosenden Lärm und die urwüchsige Kraft der Swells. Stundenlang blieb sie auf dem Wasser, bis es finster war oder ihre Schicht als Kellnerin begann. Im Februar 2006, zwei Jahre nach ihrer Übersiedlung, paddelte Maya hinaus aufs stürmische Meer und fing ihre ersten großen Wellen, vier 14-MeterDinger. Die Einheimischen schauten zu, und bald darauf sahen sie und auch alle anderen Big-Wave-Surfer in Maya nicht mehr den obskuren Zaungast, sondern akzeptierten die junge Brasilianerin als ihresgleichen. Burle nahm sich Gabeiras an und lehrte sie die Tricks des Tow-in-Surfens. „Etliche meiner Kumpels sagten zu mir: ‚Was machst du da? Du bringst das Mädel ja um!‘“, erinnert sich Burle. „Ich aber sagte: ‚Sie will es, und wenn ich es ihr nicht beibringe, macht’s ein anderer. Und das Wichtigste: Sie ist bereit dafür. Sie trainiert – und das mehr als ihr und ich.‘“ Später im selben Jahr surfte Gabeira Todos Santos, ein Riff vor der Küste Mexikos, und die furchterregenden Kaltwasserbrecher von Maverick’s, die 1994 den Big-Wave-Virtuosen Mark Foo das Leben gekostet hatten; kaum eine Frau hatte sie je gesurft. Ein Foto von Maya auf diesen zehn, zwölf Meter hohen Wellen brachte ihr den ersten von bislang drei XXL Big Wave Awards für die beste weibliche Gesamtleistung. Mayas unmöglicher Traum, fürs Surfen bezahlt zu werden, wurde wahr. Doch die Stimmung war beim Teufel: Surferinnen der Pro Tour kritisierten, was denn eine Anfängerin auf den großen Wellen zu suchen habe. Männer, die jahrzehntelang die großen Wellen 50

anonym gesurft waren, ganz ohne Sponsorgeld und Schlagzeilen, waren eifersüchtig auf Gabeiras wachsenden Ruhm. Sie wurde von den großen Wellen vertrieben und musste öffentliche Sticheleien von Surfern ertragen, die für sie Vorbilder waren. Maya sei zu jung, Maya habe zu wenig Erfahrung, Maya sollte nicht da sein … immer und immer wieder. „Es ist eine Männerwelt, und sobald du darin auftauchst, musst du sie so nehmen, wie es kommt“, sagt Gabeira. „Manchmal ist das nicht besonders lustig.“ Eine permanente Herausforderung für Maya war stets: Wie bringe ich meinen Körper dazu, diesen ständigen Missbrauch durch die Riesenwellen auszuhalten? Einmal ist ihr Burles Jet-Ski auf den Kopf gefallen. Letztes Jahr hat sie sich die Nase gebrochen, an zwölf Stellen!, als das Board in einer Welle auf sie losging. Ihr Asthma, das sie seit der Kindheit quält, lässt sie regelmäßig nach Luft schnappen, wenn sie von ­einem Wipeout wieder an die Oberfläche kommt. Um in Form zu bleiben, braucht es eine strenge Diät, dazu Paddeltraining am Morgen, Training mit dem Zugseil und am Abend Workouts mit ihrem Trainer, auch während ihrer „Urlaubswochen“ in Brasilien. Gabeiras Ruhm reicht langsam hinaus über Bra­ silien, wo sie kürzlich in einer Sonntags-Show des TV-Senders Globo auftrat, vor achtzig Millionen ­Zuschauern, und sie erreicht längst nicht mehr nur Surfer. Gute Aussichten, doch andererseits strapa­ziös für eine 22-Jährige, die noch immer zwischen zwei Leben schwankt: dem einen, als sie mit geliehenem Geld und geborgten Kleidern von einem Surfspot zum nächsten reiste, und jenem, das die Führungsrolle im weiblichen Big Wave Surfing für sie vor­ gesehen hat. „Die eine Maya will unauffällig bleiben“, sagt Gabeira. „Aber es gibt auch eine andere Maya, die will den großen Erfolg, will sich und anderen ­beweisen, dass das in diesem Sport möglich ist.“ Im Moment ist die wilde Maya zufrieden damit, auf der Terrasse des Maasai Hotels herumzufläzen. Das Maasai ist das vornehmste der heruntergekommenen Surfhotels in der Stadt, und Maya nippt an ihrem Kaffee und lässt den Rest des Frühstücks nahezu unberührt. Von weitem hört man das Kreischen von Jet-Ski-Motoren: Burle und der Rest der Gruppe kommen zurück. Bald stehen fünf dieser Gefährte am Ufer, und Maya marschiert zum Strand. Ihr linker Fuß ist noch blutrot zerkratzt vom letzten Sturz gegen ein Riff. Aber Maya packt mit an, als die Gruppe beginnt, die Jet-Skis auf die Anhänger zu verladen. Ihre Haare hat sie unter einer Kappe versteckt, sie lacht und scherzt … Sie ist eine von den Männern. Die Surf-Königin im Action-Video: redbulletin.com/maya/de


Ein junges Mädchen, das fröhlich mit ihrem Surfboard über den Strand tollt? Die vielen Narben und blauen Flecken erzählen eine andere Geschichte.

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Schanghai, China, 19. 4. 2009: Nach exakt 1 Stunde, 57 Minuten, 43 Sekunden und 485 Tausendsteln fixiert Sebastian Vettel den ersten Sieg für Red Bull Racing. ­Alles über den Weg dorthin ab Seite 54.


Action Ganz schÜn was los: Was uns diesen Monat bewegt.

bild: Grand Prix Photo

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Action

fast forward Spätestens seit dem klaren Doppelsieg in China ist es amtlich: Red Bull Racing kämpft mit dem RB5 heuer um den Formel-1-WM-Titel. Hier die Insider-Geschichte ­hinter dem fulminanten Aufstieg des Teams aus Milton Keynes, erzählt von den maßgeblichen Protagonisten. Text: Justin Hynes

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Action

Teil #1 Weißes Blatt

Winter 2008/09: Die größte Reglement­ änderung der letzten Dekade birgt riesige Chancen – allerdings nur für jene, die bereit sind, neue Wege zu gehen.

Christian Horner Team Principal „War die Reglementänderung eine einmalige Gelegenheit für uns? Ja. Adrian [Newey] war in der Vergangenheit immer dann am kreativsten, wenn sich die Regeln geändert hatten. Unser Design-Team hat alles gründlich hinterfragt und ist bis an die Grenzen des Reglements gegan­ gen. Die Liebe zum Detail, die sie bei der Konstruktion an den Tag gelegt haben, war einzig­ artig. Darum haben wir heute nicht nur ein schnelles, sondern auch ein schönes Auto.“

Adrian Newey Chief Technical Officer „Es war eine sehr spannende Situation. Die alten Regeln waren mehr oder weniger seit 2004 gültig gewesen. So hatte jeder genug Zeit gehabt, sein Konzept auch tatsächlich aus­ zureizen. Während der letzten Jahre war es also nur mehr um Detailverbesserungen gegan­ gen. Plötzlich waren wir aber in der wunderbaren Situation, von 56

einem leeren Blatt Papier weg attackieren, frische Ideen zu­ lassen und bis dahin unverrück­ bare Dinge komplett hinter­ fragen zu können.“

Jonathan Wheatley Team Manager „Ich kam von Renault zu Red Bull Racing, war dort als Chef­ mechaniker gerade Weltmeister geworden. Ich kann mich noch erinnern, dass ich damals am ’06er-Red-Bull-Racing-Boliden vorbeigegangen bin und mir gedacht habe: ‚Das schaut aber nicht gerade wie ein F1Auto am letzten Stand der Technik aus.‘ Und heute, drei Jahre später, haben wir dieses Schmuckstück, wie eine wert­ volle Schweizer Armbanduhr. Für jemanden mit einem Faible für Mechanik ist der RB5 ein Genuss, ein unglaubliches Meisterwerk.“ Christian Horner „Eine wichtige Grundsatzent­ scheidung war, Adrian möglichst lang Zeit zu geben, um unter­ schiedliche Designs im Wind­ kanal zu testen. Selbst wenn es bedeutete, dass das Auto erst sehr spät fertig werden würde, gerade noch rechtzeitig zum ersten FIA-Test in Jerez. Dass die zwei bis drei Wochen Entwick­ lungszeit, die wir auf diese Art gewannen, entscheidend waren, sahen wir, als das Auto das erste Mal auf die Strecke ging: Es war von Anfang an schnell.“ Adrian Newey „Die wichtigste Entscheidung war die Getriebeposition. Wenn die einmal fixiert ist, kannst du nichts mehr daran ändern. Die nächste war das Monocoque. Hier entschieden wir uns für eine Lösung, die überra­ schenderweise sonst niemand wählte. Wenn du die anderen Autos siehst, wirst du nervös: Liegen wir falsch oder doch die ­anderen?“

Teil #2 Roll-out

Die Konstruktions­ phase ist zu Ende. ­Monate im Windkanal und am Computer ­verwandeln sich von theoretischen Werten in handfeste Praxis. Was letztendlich zählt, sind nämlich nicht ­Be­rechnungen und ­Simulationen, sondern ist allein das Urteil der Rennfahrer.

Sebastian Vettel Pilot Auto Nummer 15 „Uns war sehr bald klar, dass das Auto gut war. Das Bauch­ gefühl hat von Anfang an gepasst, und die Zeiten bei den ersten Tests bestätigten das.“ Christian Horner „Ein neues Auto ist immer auf­ regend, aber diesmal war mein Puls noch höher als sonst. Ers­ tens wegen der neuen Regeln: Es gab keine Sicherheit, dass unser Weg, so anders als jener der anderen, richtig gewesen war. Zweitens war es das erste Mal, dass Mark [Webber] nach seinem Beinbruch im November


David Coulthard Red Bull Racing Consultant/ Ambassador „Die Situation erinnerte mich an 1998. Auch damals hatte es eine große Reglementänderung gege­ ben. Ich war bei McLaren, unser Designer hieß Adrian Newey. Auch damals war sein Auto spät fertig geworden. Mika Häkkinen fuhr den ersten Test, ich saß mit der Stoppuhr an der Boxenmauer. Mika fuhr raus und war eine Se­ kunde schneller als der Rest. Ich konnte es kaum glauben. Diesmal war es ähnlich, Red Bull Racing hat einen gewaltigen Schritt nach vorn gemacht. ­Adrian hat wieder einen Geniestreich gelandet, in­ dem er Dinge quer gedacht hat.“ Mark Webber „Nach einem halben Tag kennst du dich aus. Du musst Vertrauen und Stabilität aufbauen. Sicher­ gehen, dass das Auto am Limit nicht zickt, sondern macht, was du erwartest. Danach schaust du auf die Zeiten. Wenn die pas­ sen, wird es ein schöner Tag.“

bilder: gepa pictures (2), getty images (6)

wieder im Auto sitzen sollte. Natürlich machen einen solche Fragezeichen nervös. Wir wuss­ ten einfach nicht, was wir erwar­ ten durften. Doch schon nach wenigen Runden war klar, dass wir schnell waren. Verdammt schnell sogar. Und das trotz ­Ballast und voller Tanks.“

Mark Webber Pilot Auto Nummer 14 „Es war eine große Erleichte­ rung. Vor dem Test in Jerez war ich sehr besorgt, ob mein ver­ letztes rechtes Bein komplett okay sein würde. Immerhin soll­ te ich damit doch Gas geben! Ich werde nie vergessen, wie ich

als einer der Ersten zum Aus­ gang der Boxengasse rollte. Ei­ gentlich hätte die Strecke schon offen sein sollen, aber die Stre­ ckenposten wollten und wollten die Ampel nicht auf Grün schal­ ten. ‚Bitte lasst mich auf die Strecke‘, habe ich innerlich ge­ fleht, so gespannt war ich.“

Ian Morgan Head of Race Engineering „Bei den ersten Tests in der Sai­ son gibt es eigentlich nie diesen Heureka!-Moment, aber du kriegst eine ungefähre ­Ahnung. Diesmal war das Gefühl von ­Anfang an gut – viel besser als gut sogar.“

Ian Morgan „Ich war bei jeder Präsentation seit dem RB01 dabei. Heuer war das Feedback mit großem Ab­ stand am positivsten. Noch nie hatten die Fahrer schon am ers­ ten Tag so zuversichtlich ausge­ sehen. Der Eindruck hat sich am zweiten Tag gesteigert, als wir unsere Zeiten mit denen der an­ deren vergleichen konnten. Dass Potenzial vorhanden war, ahn­ ten wir nach dem ersten Tag. Nach dem zweiten wussten wir es. Danach konnten wir es kaum erwarten, Rennen zu fahren.“ Mark Webber „Beim Testen bewegst du dich von Anfang an im 85-ProzentBereich. Jede Stunde ist kost­ bar, darum brauchst du Vertrau­ en. Du begibst dich in die Hände des Autos, gibst ihm etwas von dir, es gibt dir etwas zurück. So tastest du dich voran.“

Teil #3 Erstes Rennen

Melbourne, 27. bis 29. März 2009. Tests mögen eine passable Standortbestimmung sein, aber der Tag der Wahrheit kommt erst, wenn die Spielchen mit unterschiedlichen Benzinmengen und Strategien vorbei sind. Die erste fliegende Runde im Qualifying verrät den wahren Speed eines Autos. Christian Horner „In der ersten Qualifying-Session von Melbourne fuhren die Piloten zum ersten Mal mit weniger als 50 Kilo Benzin an Bord. Der Speed war super, einzig die ­beiden Brawns waren besser. Im Rennen waren wir unterwegs zu einem sicheren Platz 2, bis das Safety-Car wegen des Unfalls von Nakajima auf die Strecke kam und das Feld zusammenschob. So konnte Kubica im BMW wie­ der aufschließen, der schon 30 Sekunden Rückstand auf Sebas­ tian gehabt hatte. Obwohl Kubi­ ca zu diesem Zeitpunkt auf der schnelleren Reifenmischung un­ terwegs war, hatte er bis dorthin kaum unsere Zeiten geschafft. Normal hätte er uns nie mehr gekriegt. Das war frustrierend.“ Ian Morgan „Man kann ein schlechtes Renn­ auto nur schwer zu einem guten machen. Nach der zweiten QualiPeriode wussten wir: Dieses Pro­ blem haben wir heuer nicht.“ Adrian Newey „Brawn legte die Latte hoch. In Australien und Malaysia waren sie klar die Schnellsten. In Chi­ na, im Regen, waren wir schon definitiv schneller.“ (Vettel und Webber holten einen Doppelsieg.) 57


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Teil #4 Der erste Sieg

Ian Morgan „Wir freuten uns auf den Regen, er sollte uns entgegenkommen. Allerdings war retrospektiv die Strategie nicht optimal. Wir wollten am Anfang pushen, uns vom Feld absetzen. Wegen des Starts hinter dem Safety Car war das jedoch nicht möglich. Je länger das da draußen rum­ zuckelte, umso schwieriger wur­ de unsere Situation. Der Renn­ speed war aber in Ordnung, und nach dem ersten Boxenstopp schwanden unsere Bedenken.“ Mark Webber „Es war nicht so leicht, wie es ausgesehen hat. Wir waren besorgt, ob das Auto durchhält. Hier das Optimum, nämlich einen Doppelsieg, rauszuholen war schon eine besondere Leis­ tung. Ich war superhappy für das ganze Team. Wem auch im­ mer du nach dem Rennen in die Augen geschaut hast – alle hat­ ten diesen glücklichen, tief zu­ friedenen Blick. Nach dem Sieg 58

Vettel vor Webber: Doppelsieg für Red Bull Racing!

in die Box zurückzukommen war schon sehr emotional.“ Adrian Newey „Die letzten 15 Runden in China dauerten ewig. Die ganze Zeit wartete ich nur mehr auf diese verdammte Zielflagge.“ Sebastian Vettel „Du versuchst dich zu konzen­ trieren. Die Bedingungen da draußen auf der Strecke waren sehr schwierig, und in dem Mo­ ment, wo du die Konzentration verlierst, verlierst du unter Um­ ständen das Auto. Zehn Runden vor Schluss sah ich, dass ich genug Abstand nach hinten hatte, und versuchte das Ding nach Hause zu fahren. Ich war extrem vorsichtig und sensibel.“ Christian Horner „Zehn Runden vor Schluss, bei­ de Autos in Führung, den ersten Sieg in der Geschichte von Red Bull Racing (das Schwesterteam Toro Rosso hatte bereits 2008

gewonnen, Anm. der Red.) vor Augen: In diesem Moment be­ ginnst du dir auszumalen, was noch alles schiefgehen kann. Du starrst du auf die Telemetrie am Monitor des Ingenieurs, verfolgst jeden Herzschlag des Autos, jedes Schaltmanöver des Fahrers. Jedes Detail ist wichtig und bannt deine Auf­ merksamkeit. Die Fieberkurven des Autos halten deinen Blick fest, du kannst nirgendwo anders mehr hinschauen. Am TV-Monitor schaut alles so knapp aus, darum bevorzuge ich die technische Darstellung der Telemetrie. Sie gibt mir mehr Information.“ Jonathan Wheatley „Wie vielen anderen im Team schwebte mir dieses Gefühl vor, während ich meine Abteilung aufbaute, Leute einstellte und sie zu einer Einheit formte. Es dann tatsächlich zu schaffen war unglaublich. Der Doppel­ sieg in China fühlte sich für

mich wie ein WM-Titel an. Das mag respektlos klingen, aber für mich hatte er wirklich diese emotionale Bedeutung, und ich glaube, für viele andere im Team auch.“ Mark Webber „Die letzten 15 Runden waren lang. Ich habe versucht, die Konzentration nicht zu verlieren und das Ding fürs Team heimzu­ fahren. Sebastian war vorn, ich hinter ihm, aber wir fuhren kein Rennen da vorn, warum auch? Hinter uns war längst niemand mehr. Ich kannte das Gefühl aus kleineren Rennserien: ‚Wo sind die denn alle? Warum sind die so langsam? Warum ist das heu­ te so einfach für uns?‘“ David Coulthard „Als Sebastian aus der letzten Kurve bog, schickte ich das SMS an den Teamgründer Dietrich Mateschitz ab, das ich vorberei­ tet hatte. Ich wusste, was für ein großer Tag das für ihn war, was

bild: Getty Images

Unfälle in Australien, Vettel deshalb in Ma­ laysia um zehn Start­ plätze strafversetzt, Webber versinkt dort am Weg aufs Podest im Chaos. Der GP von China ließ den schwie­ rigen Saisonstart ver­ gessen. Trotz techni­ scher Probleme reichte Sebastian Vettel eine Superrunde für Pole. Am Sonntag flogen Vettel und Webber im strömenden Regen zu einem historischen Doppelsieg, unfassbare 40 Sekunden vor dem Rest der Welt.


dieser Sieg für ihn bedeuten musste. Es müssen Millionen SMS gewesen sein, die er an diesem Tag gekriegt hat.“ Fabrice Lom Renaults Chefingenieur für Track Support bei RBR

„Es war eine große Sache für mich. Renault hatte mir die Verantwortung übertragen, als damals die Zusammenarbeit mit Red Bull Racing fixiert wurde. Wir sind miteinander und anein­ ander gewachsen, wir arbeiten als ein Team und fühlen uns als Teil der Familie. Ganz ehrlich: Ich habe mich über diesen Sieg vielleicht sogar ein kleines biss­ chen mehr gefreut, als ich mich über einen Sieg des RenaultWerks­teams hätte freuen können.“

bild: getty images

Sebastian Vettel „Ich ließ nicht locker, bis ich die schwarzweiß karierte Flagge sah – keine Sekunde. Vor der Start-Ziel-Linie floss ein Bach über die Strecke. Es war wirklich nicht einfach, die Kontrolle zu behalten. Als ich die karierte Flagge sah, vergaß ich sogar den Bach. Ich lenkte rüber zur Boxenmauer, zu meinem Team. In diesem Moment fiel der Druck ab. Sie gratulierten mir über Funk, ich brüllte ihnen meine ganze Freude zurück. Es war phantastisch. Die nächsten drei, vier Stunden waren wir in einer anderen Welt. Es war wie ein Märchen.“ Christian Horner „Eine Sternstunde für das Team, für Red Bull und vor allem für Dietrich Mateschitz, der so viel Einsatz und Enthusiasmus in seinen, in unseren Rennstall ­gesteckt hat. Es war ein ehr­ licher, absolut verdienter Sieg, bei dem nichts geschenkt war. Zuerst die Pole, fast das ganze Rennen lang in Führung, schließlich der Doppelsieg: ­Besser geht’s nicht.“

Es ist angerichtet Feinschmeckermenü für TechnikGourmets: F1-Spezialist und Designer Giorgio Piola erklärt die Finessen des RB5. PULLROD-aufhängung Die Dämpfer werden – anders als bei allen anderen Autos – nicht über Schub-, sondern über Zugstangen aktiviert. Dadurch kann man Getriebe und Montagepunkte für die Aufhängung um 15 cm tiefer packen, was zu einem tieferen Gesamtschwerpunkt führt. Das obere Aufhängungsdreieck übernimmt außerdem aerodynamische Funktionen. Direkt davor tritt der (sehr tief geführte) Auspuff aus. Vorderradaufhängung Der vordere Chassisabschluss ist höher als die eigentliche Zelle und bildet zwei „Hörner“. So lassen sich einerseits bessere Anlenkpunkte für die Vorderachse realisieren, andererseits leiten diese zwei „Flipper“ den Luftstrom. Der Kiel des Chassis ist abgerundet, die Montagepunkte der unteren Querlenker liegen knapp beisammen. Außerdem: raffinierter dreiteiliger Frontflügel. hängend montierte Bremssättel In jedem Detail des RB5 erkennt man das Bestreben der Konstrukteure, den Schwerpunkt so tief wie möglich zu halten. Ein schönes Beispiel dafür sind die vorn und hinten auf der Unterseite montierten Bremssättel. Auf diese Art senkt man nicht nur den Gesamtschwerpunkt, sondern vor allem jenen der ungefederten Massen.

Es heißt, der erste Sieg sei der schwierigste. Wenn man den Code einmal geknackt habe, werde Siegen einfacher. Ohne harte Arbeit wären die folgenden Stockerlplätze des RB5 nicht möglich gewesen. Die Saison ist noch lang nicht vorbei. Jonathan Wheatley „Wir sind Racer. Es ist schön, endlich so stark zu sein, dass wir an jedem Wochenende um den Sieg kämpfen können. Da­r­ auf haben wir die letzten Jahre hingearbeitet, jetzt bleiben wir am Ball. Hoffentlich geht das Jahr in dieser Tonart weiter.“ Adrian Newey „Es heißt, dass der erste Sieg der schwierigste sei und es danach einfacher werde. Ich bin mir da nicht so sicher. So ein­ fach ist die Welt nicht. Aber klar, ein Sieg motiviert. Siege geben Menschen die Gewissheit, auf dem richtigen Weg zu sein.“

geschlitzter UNDERTRAY Der Schlitz im flachen Teil des ­Unterbodens erzeugt einen Druck­ unterschied vor den Hinterrädern. Das lenkt einerseits die Luft, die von den Rädern aufgewirbelt wird, und erhöht andererseits die Effizienz der seitlichen Diffuserkanäle.

Heckflügel/DIFFUSER Der RB5 hat – auch wegen seiner Pullrod-Aufhängung – ein sehr tiefes Heck. Ungewöhnlich auch die Lösung, die Endplatten des Heckspoilers bis zum Diffuser zu führen. Die einzelnen Elemente können so besser miteinander kommunizieren, außerdem werden Turbulenzen von den Hinterrädern minimiert (siehe Pfeile).

Teil #5 Die Zukunft

Sebastian Vettel „Wir haben jetzt ein gutes Gefühl für das Auto. Am Anfang ist es ein riesiges Puzzle, dessen Teile du nicht kennst. Ein fertiges Rennauto aber ist viel mehr als die Summe seiner technischen Teile, es ist etwas Besonderes. Rennautos haben eine Persön­ lichkeit. Darum gebe ich ihnen auch Namen.“ (Sebastian taufte seinen ersten RB5 „Kate“. Sie verschied bei seinem Unfall in Melbourne. Kates Nachfolgerin, das Siegerauto von China, „ist schneller und aggressiver“ und heißt folgerichtig „Kate’s Dirty Sister“.) News, Blogs und Videos auf: redbulletin.com/f1/de

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B M X

BANDITS Kirschblüte und Kalligraphie, Geishas und durchgeknallte Mode, dreistöckige Autobahnen und WC-Pantoffeln, Kampf-Karaoke und Krabbeneis: lauter ­Klischees. Wie aber fühlt sich das echte ­Leben junger Menschen in Tokio an? Wir waren unterwegs mit den beiden Weltklasse-Flatlandern Ryoji „Yanmar“ Yamamoto und Yohei „Ucchie“ Uchino. Text: Anna Hopson, Bilder: Richie Hopson

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tsukiji

Hier gibt es das frischeste Sushi auf der Welt. Zwischen fünf und elf in der Früh werden Fische aller Arten ­angeliefert, zerteilt, gehandelt und transportiert, ein sehr hektischer Platz. Zu ­Mittag ist der Spuk vorbei. Wir essen in einem 8-Plätze-Restaurant. Danach entdeckt Ucchie dieses Schild.


Cat Street

Hier sind die coolen Läden daheim, Bikeshops, Street Culture auf Japanisch. Das Fashion-Label Four Thirty, gegründet von BMXern und die Marke in der japanischen Szene, ist hier daheim. Die Sehenswürdigkeit unten heißt Shibuya und gilt als der bestfrequentierte ­Zebrastreifen Asiens.

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Yanmar und Ucchie

Mit zwei Superhelden durch eine fremde Stadt: Ryoji „Yanmar“ Yamamoto ist der König der Flatlander in Japan und mit seinen 31 Jahren ein Vorbild für die dortigen Kids. Sein Kumpel Yohei „Ucchie“ Uchino, 26, hat sich im letzten Jahr beim Voodoo Jam in New Orleans als erster Japaner den Weltmeistertitel geholt.


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Harajuku

In diesem Bezirk dreht sich alles um Mode. Neben globalen Styles findet hier auch das durchgeknallte Tokio statt. Bei unserem Besuch sind Teddyb채r-Outfits modern, morgen sind es vielleicht Hasen oder Pinguine. Zeitloser ist da schon der Style von Yanmar und Ucchie.


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Gyoza

Zweites Frühstück on the road. Yanmar schaut begehrlich auf Ucchies Gyoza, japanische Knödel, die sich der in ­einer Seitengassse Harajukus geholt hat. Die Bikes bleiben derweil unversperrt. „In Japan kommt nichts weg“, sagt Yanmar.

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Akihabaram, zojoji

Hier das nervöse Licht von Electric Town, das die Otaku People so anzieht, die Manga- und Video-Freaks. Daneben die buddhistische Ruhe des Tempels von Zojoji und Gässchen, denen die Hektik der 34-Millionen-Metropole völlig fehlt.

Mehr Fotos auf: redbulletin.com/bmx/de


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t s g r n A stere ü l f Mans n. e L s re da urfte cke ausfüh d n i t re lle ed Bu der Rennst R s a r: D auf hn nu R10 TDI, i t r ü p i man s s, den Aud , t h c i e hr nn ört ih s letzten Ja ek h n a e ˇ M ren auto d er, Bild: Jiˇrí K r e g e i n S erner

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Jess


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Wenn einer im Kino brüllend bei der Tür reinkommt, kannst du dir sicher sein, dass er harmlos ist (zumindest in guten Filmen). Gefährlicher als die Lauten sind stets die Leisen. Die sind unberechenbar. Unheimlich. Effizient. So ist Anton ­Chigurh („No Country for Old Men“) schrecklicher als Bud Spencer („Plattfuß in Afrika“). Gänsehaut: Neben der Strecke zu stehen, dieses rot-silberne Auto kommen zu sehen, aber nicht zu hören, schon ist es da, bläst in affenartiger Geschwindigkeit vorbei, du hörst bloß leises motorisches Atmen, aber die Luft! Sie ­erzählt die Geschwindigkeit, ein ZwölfZylinder-Orkan, gefährlich, unberechenbar, unheimlich, effizient. Atmosphärisch verschärfend kommt dazu: Der Nächste, der im Audi R10 TDI sitzen wird, bin ich. Audi R10 TDI, das ist das erste Dieselauto, das die 24 Stunden von Le Mans gewonnen hat, 2008. Allein dieser Umstand sollte für gebührende Ehrfurcht sorgen. Arbeitstitel: „Die durch-

geknallte Landmaschine“. Netterweise haben die Kollegen von Audi Sport auch die technischen Daten kommuniziert. „Leistung: über 650 PS. Drehmoment: über 1100 Nm.“ Schluck. Über 650 PS kommen ja schnell einmal zusammen, damit fahren ja noch unsere Omas täglich zum Einkaufen. Vierstellige Drehmomentwerte hingegen sind bloß noch abstrakt. Wie soll man das erklären? Dass ein Audi A4 TDI mit 170 PS einen großen Teil seiner sportlichen Art aus imposanten 350 Newtonmetern bezieht, kann man ja noch verstehen. Der Supersportler Audi R8 stemmt phantastische 430 Newtonmeter, nur wenige haben sie schon am eigenen Leib erfahren. Die jüngste Ausbaustufe des stärksten Lamborghini, der Murcié­ lago LP 640, kommt auf närrische 660 Newtonmeter. Vierstellige Newtonmeterskalen braucht man eigentlich nur bei 38-Tonnen-Trucks. Der Audi R10 TDI muss laut Reglement 900 Kilo ohne Fahrer wiegen: Raubtierfütterung. Mahlzeit!

Man mag es kaum glauben, aber für den R10 TDI gibt es eine Bedienungsanleitung wie für jeden anderen Audi auch. Der Großteil dreht sich ums Lenkrad, im Wesentlichen ein Computer mit direkter Verbindung zur Lenksäule. Eigentlich macht man außer anschnallen, Gas geben und bremsen alles mit diesem Mobilcomputer. Weil man damit aber auch noch die Richtung ändern können muss, er also nur A5‑Format haben darf, sind auch Mittelkonsole und Dashboard voller Schalter und Kontrollen. Das kann einen schon ein bissl überfordern, und die Audi-Jungs unternehmen als Schutz für sich und ihre Maschine nichts, um diesen Eindruck zu lindern. Die gute Nachricht: Es gibt eine Trak­ tionskontrolle. Die schlechte: Sie funk­ tioniert nicht als Deppensicherung für ­automobile Frühschwimmer wie in einem Straßen-PKW, sondern soll Rennfahrern helfen, Reifen und Nerven für die entscheidenden Momente im Rennen zu sparen. Der R10 gilt wegen seines großen, schwe-


Audi R10 TDI Länge: 4650 mm Breite: 2000 mm Höhe: 1030 mm Tank: 81 Liter Mindestgewicht: 925 kg Motor: Alu-V12, 5500 ccm Hubraum, 4 Ventile pro Zylinder, DOHC, 2 Turbolader, Diesel-Direkteinspritzung. Trockensumpf-Schmierung. Reglementbedingter Air-Restriktor und Ladedruckbegrenzung auf 2,94 bar.

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Chassis: Carbon-Monocoque Drehmoment: über 1100 Nm Leistung: über 650 PS Getriebe: X-Trac 5-Gang, sequenziell, pneumatisch betätigt Kupplung: ZF Keramik Kraftübertragung: Heckantrieb, ASR, visco-mechanisches Sperrdifferenzial

Treibstoff: Shell V-Power Diesel. 2008 wurde zum ersten Mal Biofuel (BTL/ Biomass to Liquids) beigemischt. Das reduziert die CO -Emission um bis zu ² 90 Prozent im Vergleich zu konventionellem Diesel. Topspeed: 280 km/h Reifen: Michelin Radial Felgen: OZ-Schmiedefelgen aus Magnesium, vorn 13 × 18, hinten 14,5 × 18 Zoll.

Fahrer (beim Sieg 2008): Dindo Capello (ITA), Tom Kristensen (DEN) und Allan McNish (SCO) Bremsen: Carbonscheiben, Monoblock-Sättel. Bremsbalance vom Cockpit aus verstellbar. Erfolge: Sieg bei der Premiere 2006. Seither ungeschlagen. Erster Gesamtsieg eines Dieselautos in Le Mans.


bild: Audi Communications Motorsport

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ren Motors und der daraus resultierenden hecklastigen Gewichtsverteilung als aus­ gesprochen schwierig zu fahrendes Auto. Die gute Nachricht: Du bist per Funk permanent mit der Box verbunden. Die schlechte Nachricht: Die Box hat auch ­Telemetrie. Jede Lenkbewegung, jeder Bremser, jeder eventuelle Dreher, aber auch jedes Eiern und Rumwappeln wird eins zu eins an den Kommandostand übertragen. Die gute Nachricht: Mit 1,88 Metern habe ich Platz im Cockpit. Die schlechte: Aber nur knapp. Eine CarbonTraverse verläuft zentimeterknapp oberhalb der Knie. Die Ellbogen stehen links und rechts an. Dafür ragt der Kopf oben weit in den Wind. Die Startprozedur ist nicht schwierig, auch das Losfahren geht trotz des winzigen Kupplungspedals und der hohen Bedienkräfte problemlos. Einfach Drehzahl auf 1400/min halten und Beinpresse wie im Fitnessstudio. Na bitte. Aus der Box, ins Geläuf. Versuch es zu genießen, rede ich mir ein, das wirst du so bald nicht mehr erleben. Ich streichle die Bestie freundlich mit dem rechten Fuß. Das Folgende lässt sich mit normalem Vokabular nicht mehr beschreiben. Eher ist es so, dass sich die Augen einen Punkt weit vorn gesucht haben, der nun aber schon längere Zeit irgendwo hinten liegt. Ein Riss im Raum-Zeit-Kontinuum, nichts anderes kann es sein. Der Eindruck tatsächlicher Beschleunigung mit seinen ­Nebenwirkungen wie flach gepressten Augäpfeln, komprimierter Lunge und ­Boxernase dringt erst danach bis ins körpereigene Rechenzentrum. Und nächster Gang: Wieder! Wie geil ist das denn? Kein Quietschen, kein Brüllen, kein Theater, einfach: Was vorn sein sollte, ist schon hinten. Und danach der Beschleunigungsschmerz, ganz wie es in wert­ voller Science-Fiction-Literatur als Nebenwirkung von Teleportation beschrieben wird. Sehr interessant. Im Weltall kommen Kurven kaum vor, deshalb bin ich nur schlecht vorbereitet auf das, was der R10 TDI in der Kurve macht. Aus der Erfahrung mit anderen Autos erwartest du, dass sich das anfühlt wie ein enger Carvingschwung auf einem sehr scharf geschliffenen Race-Board an einem guten Tag auf einer menschen­ leeren Snowboardpiste. Tatsächlich aber fährst du eine Viertelrunde mit dem ­Karussell. Du lenkst ein und bist durch. Einfach so. Die Telemetrie wirft für Werksfahrer Dindo Capello bei unserem Test im italienischen Misano eine maximale Querbeschleunigung von 2,44g aus. Langsam sickert ins Bewusstsein, was die mächtigen Flügel und Flaps, der flache

Audi-Sportchef Dr. Wolfgang Ullrich (re.) und der dreifache Le-Mans-Sieger Dindo Capello (li.) mit Red Bulletin-Mitarbeiter Jessner.

Ein Riss im RaumZeit-Kontinuum, nichts anderes kann es sein. Und der Beschleunigungsschmerz, wie wir ihn aus wertvoller Science-Fiction kennen.

Der Nachfolger: Der Audi R15 löst heuer den erfolg­ reichen R10 ab. Durch den kompakteren TDI-Motor (10 statt 12 Zylinder) und einen längeren Radstand ­sollte der Neue leichter fahrbar sein. Nicht nur die Aerodynamik ist (teils auch dem Reglement geschul­ det) komplett neu. Ein gutes Omen: Das Debüt beim 12-Stunden-Rennen von Sebring gewannen Capello/ Kristensen/McNish gleich mit Distanzrekord.

Unterboden und die fetten Reifen bei Prototypen bewirken. Vom Verstehen bist du da freilich noch weit weg. Eine zusammenhängende Runde zu schaffen ist schwierig. Ständig hecheln Empfindungen der Realität hinterher oder japsen ihr in nebulöser Vorahnung voraus. Und wenn man es Dindo Capello auch glauben kann, dass Kurve 11 voll geht (Einlenken bei Tempo 220, Exit bei 280 km/h): es dann aus dem Stand in blindem Vertrauen nachmachen? Passt der Einlenkpunkt um einen Meter nicht, weil deine Sensoren noch vom ScienceFiction-Mode gebannt sind, fliegst du mitsamt dem R10 runter bis ans Meer, bevor du schätzungsweise auf der Höhe von Cattolica in die Liegestühle einschlägst. Als Nicht-Rennfahrer kannst du bei dieser Art von Schnupperkurs in glücklich ­bedröhntem „Das gibt’s jetzt aber echt nicht!!!“ nichts beweisen. Du kannst nur professionell sein und präzise das tun, was man dir anschafft. Wer schnell sein will, macht sich keine Freunde. Schnell sein zu wollen wäre eine Respektlosigkeit den Profi-Rennfahrern gegenüber. In diesem Bewusstsein versuche ich, meine Zeit im Audi R10 TDI bestmöglich zu nutzen. Auf vier Rädern gibt es nichts, was diesen köstlichen Zustand eines belämmert hinterhertrottenden Hirns ähnlich gut provozieren könnte (ärger noch ist nur MotoGP). Das mehrmals drei Stunden lang nonstop zu erleben wie die Fahrer in Le Mans muss der Himmel eines Rennfahrers sein: Über dir die sommer­ liche Nacht, unter dir ein Stück der legendärsten Landstraße Frankreichs, hinter dir ein Antrieb, den du nicht hörst, und in der Mitte bist du und beherrschst die Gewalten. Arge Vorstellung. Einstweilen ist es mit der Kontrolle freilich noch nicht weit her. Telemetrie lügt nicht. Sie sagt, dass ich um 25 Sekunden langsamer war als der dreifache Le-Mans-Sieger Dindo Capello, dass mir 40 km/h Topspeed fehlen und ich in den schnellen Passagen grundlos das Gas gelupft habe. In den langsamen Ecken immerhin war ich ganz gut dabei. Und auf der Bremse war ich sogar richtig gut, lobt Capello. Schwacher Trost. Auch wenn sich das Bremsen im Kopf mindestens so arg anfühlt wie das Beschleunigen. Schon wieder sind Punkte nicht da, wo sie nach menschlichem Dafürhalten eigentlich sein müssten. Dafür fällt mir beim Einbiegen in die Box plötzlich auf, wie bequem ich jetzt im Cockpit Platz habe. 24 Heures du Mans: 13. /14. Juni 2009 Die Technik des Siegerautos: redbulletin.com/lemans/de

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bild: Naki/Redferns

Manchmal braucht man auch auf den tollsten Festivals ­Pause – aber normalerweise funktioniert gute ­Musik immer.


More Body &Mind Belebendes für Körper und Geist.

74 Hangar-7-Interview 77 mark webber in silverstone 78 Boutique-Festivals 80 Hängegleiten mit dem profi 82 Airpower09 84 Tag & Nacht 94 Red Bull Dog 96 Read Bull 98 Kolumne


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Hangar-7-Interview

Rockmusik liegt in der Luft HipHop-Star Smudo von den Fantastischen Vier und Matthias Dolderer, ­Rookie der Red Bull Air Race World Championship, drehten beim Hangar-7 eine Runde Air Race light. Fachsimpeln übers Fliegen inklusive.

Smudo zu einer Runde Rennfliegen mit Red Bull Air Racer Matthias Dolderer zu bewegen war kein großes Kunststück, auch wenn er dafür um acht Uhr früh in Hamburg den Motor seiner Beechcraft Bo­ nanza anwerfen musste. Keine drei Stun­ den später tuckerte er in Salzburg ein. matthias dolderer: Hey, du fliegst ja wirklich selbst! Wie bist du eigentlich dazu gekommen? smudo: Als die Fanta 4 populär wurden, gab es mit einem Mal sehr viele Doppel­ ter­mine. Also mussten wir ab und zu mit ­einem kleinen Flieger hinchauffiert wer­ den. Mir hat das gefallen, das Fliegen, die Technik. 2004 bin ich auf die Idee ge­ kommen, einen Pilotenschein zu machen. Ich habe mir mal ein, zwei Stunden mit einem Lehrer genommen und kam mit

einem großen Stapel Bücher und e­ inem unterschriebenen Ausbildungs­vertrag zurück. Als ich dann mit der Cessna 150 – die echt ein Toaster ist – abgehoben habe, wusste ich sofort, das ist total mein Ding. Ich habe die Ausbildung durchge­ zogen, Flugschein, Kunstflugschein, Ins­ trumental Rating, hab mir ein Flugzeug gekauft. Dann kam später noch dieses Naturerlebnis dazu. Ich habe gemerkt, dass das Fliegen eine große Bereicherung in meinem Leben ist. Eine neue Perspek­ tive. Und diese kontrollierte Umgebung hat mich auch ruhiger gemacht – ich war früher hektischer. Ist Kunstflug dann nicht so dein Ding? Ich habe den Kunstflugschein aus Inter­ esse gemacht. Aber eine richtige Begeis­ terung dafür ist nicht aufgeflammt. Im Rahmen des Pilotenscheins habe ich eine

Fantastisch, aeronautisch Smudo und Matthias sind beide passionierte Piloten. Der eine hebt seit fünf Jahren ab, der andere seit 25.

Michael „Smudo“ Schmidt, geboren 1968 in Offenbach am Main, prominentes Viertel der Rapper Die Fantasti­ schen Vier. (Letztere feiern am 25. Juli am Cannstatter Wasen in Stuttgart ihr zwanzigjähriges Bestehen.)

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Matthias Dolderer, geboren 1970 in Ochsenhausen, ab­ solvierte mit 14 seinen ersten Alleinflug, ist deutscher Meister im Kunstflug und seit der Saison 2009 Renn­ pilot in der Red Bull Air Race World Championship.

Trudeleinweisung gemacht. Das muss man nicht, aber ich fand es interessant. Alle haben so eine Angst vor dem Schleu­ dern, davor, dass die Fläche wegbricht und man trudelt. Und als ich das erste Mal in einem Kunstflugzeug gesessen bin, nachdem ich die ganze Zeit über die kleinen Cessna-Toaster geflogen hatte, fand ich diese Zlin wie den Sprung vom VW Käfer zum Audi TT. … und drüber gibt’s die Rennflugzeuge, zum Beispiel die Edge 540 und die MXS-R, die wir im Red Bull Air Race fliegen. Du hast doch auch mal ein Rennen kommentiert? Co-kommentiert, ja, in San Francisco 2006. Es ist ziemlich atemberaubend, was ihr da macht. Die Geschwindigkeit kommt irgendwie wirklich rüber. Wie kam es dazu, dass du ins Red Bull Air Race gekommen bist? Es hat mich immer schon gereizt, Wettbewerbe zu fliegen. Die Geschwindigkeit und Präzision, auch tief zu fliegen. Ich habe das Red Bull Air Race seit der Entstehung verfolgt und war bei vielen Rennen als Side-Act-Pilot dabei. Ich bin dort die Corsair und die B-25 von den Flying Bulls geflogen und habe 2007 Journalisten und Gäste in einer Extra mitgenommen und ihnen gezeigt, wie sich Rennfliegen anfühlt. Damals habe ich den Entschluss gefasst, selbst Red Bull Air Race-Pilot zu werden. Und dein erstes Rennen war in Abu Dha­ bi. Da war es dann so weit … Ein Riesenerlebnis – ich hatte zwei Jahre Vollgas drauf hingearbeitet. Gibt es da so ein Prüfungsgefühl? Nein, überhaupt nicht. Bei mir geht da im Kopf nur die Gegenwart ab, plus zehn Minuten. Also vom Start bis zur Landung. 80 Prozent der Konzentration

bilder: Tom Lovelock/Red Bull Air Race via AP Images, Ralf Juergens/Getty Images

Text: Nadja Žele, Bilder: Darren Jacklin


Aeronauten unter sich: Profi Matthias Dolderer, Pilot der Red Bull Air Race World Championship, und Amateur Smudo, Rapper der F­ antastischen Vier.

gehen von jetzt bis zur nächsten Minute. Das ist diese Leistung, dein Gehirn und deine Aktionen so zu steuern, dass du dich von nichts mehr ablenken lässt. Egal was passiert. Ich glaube, dass es die mentale Leistung ist, die den Sport ausmacht. Natürlich musst du, wenn du Fußball spielst oder Rennpilot bist, körperliche Fitness mit­ bringen, aber dein Sportgerät wird durch deine Extremitäten gesteuert, und die werden durch deine mentale Kraft ge­ steuert. Man sieht ja immer beim Red Bull Air Race, wie die Piloten, genauso wie die Skifahrer, im Geiste die Renn­ strecke durchgehen. Machst du das auch? Ich schau mir den Kurs einmal an, und dann habe ich ihn schon im Kopf. Im Track hast du keine Zeit, lange zu überlegen, ob du links oder rechts abbiegen musst. Und darum gehst du das vorher zigmal in Gedanken durch. Wir stellen Markierungen am Boden auf, mit Red Bull-Dosen oder Hütchen oder was auch immer. Dann gehen wir durch den Kurs. Wir zeichnen ihn auf

und nehmen eine Schnur mit einem Flugzeug dran, damit wir in der Relation zu den Air Gates die Spannweite haben. So wissen wir, mit wie viel Grad wir was anfliegen können. Was der optimale Winkel ist und die Kurve herum. Wenn ich zum Beispiel eine 270-GradKurve mache, muss ich wissen, wohin ich schaue und wo ich ausrollen muss, was meine visuellen Referenzpunkte sind, wo ich wie viel g ziehe, mit welcher Geschwindigkeit. Wo ich Obacht geben muss, wo ich steige, wo sinke. Was ich mich immer gefragt habe, wenn dann wechselnder Wind ist an einem Renntag, das ist dann ja total unfair … Irgendwo gleicht sich das schon aus.

„Das Fliegen ist eine Bereicherung in meinem Leben. Es hat mich viel ­ruhiger gemacht.“

Der Wind ist gerade bei 180- oder 270-Grad-Kurven, die sehr eng gedreht werden, ein großer Faktor. Unterschätzt man das, besteht schon die Gefahr, dass man in eine Pylone reinschmettert. Und dann kommen diese spektakulären Aufnahmen zustande … Aber das Coole ist, dass du, wenn du in so eine Pylone hineinfliegst, es selber kaum merkst. Wie vorteilhaft ist es denn, wenn man als Rennpilot musikalisch ist? Das ist ein großer Vorteil. Gerade die Schikane, die ist wie ein Swing. Wenn du diesen Swing nicht findest, dann tust du dir schon schwer. Musik und Taktgefühl sind auch sehr gut für die Motorik, die extrem ausgeprägt sein muss für das Feingefühl, das du brauchst. Du hast beim Red Bull Air Race eine Mischung zwischen Heavy Metal und Klassik. Weil du teilweise sehr sanft fliegst und teilweise sehr brutal. Das ist so wie Slalom, ganz sanft und dann brutal ziehen, dass du zum nächsten Gate mit 10 oder 11g


kommst und wenn du da mit dem Rhythmus fliegst, dann hast du schon gewonnen. Sag, wie würde denn Red Bull Air Race klingen, wenn du es vertonen würdest? Hm. So ein Flug ist ein bisschen wie ein Gitarrensolo. Also nicht die übliche Boarder-Weekend-Musik. Viel mehr so ein richtig rockiges Gitarrensolo. Hast du Lust darauf? Fliegen wir eine Runde mit der Extra? Na klar! Wir können gleich eine Schikane simulieren, die drei Pylonen, durch die wir im Slalom durchfliegen. Gerne. Schaust du dabei eigentlich auf die Instrumente? Nein, dafür bleibt keine Zeit. Nur Vollgas und rausschauen. Also, los geht’s. Alles roger? Angst habe ich vor dem, was jetzt gleich kommt, keine, aber Ehrfurcht. (Start am Airport Salzburg.) Die hat aber Pfeffer! 60 Knoten, und hebt schon ab. Tasten wir uns dann gleich an so eine Zickzacknummer ran? 76

Herzlich willkommen! Essen, trinken, staunen: was Sie im Red Bull Hangar-7 alles erwartet.

Die ersten sechs Hangars am Flughafen in Salzburg sind normale Flugzeughallen. Nummer 7 ist seit Jahren etwas Besonderes: ein multifunktionelles Glanzstück, das zwei Bars, das Top-­Restaurant „Ikarus“ (mit mo­ natlich wechselndem Gastkochprogramm), das Carpe Diem Lounge-Café und die Flugzeugausstellung der Flying Bulls beherbergt. Zudem ist er die Basisstation eines internationalen Kunstförderungsprogramms. Öffnungszeiten und aktuelle Infos: www.hangar-7.com

An einen Slalom? Okay, machen wir die Schikane! Ach du meine Güte! Oh Gott! Ich brauch eine Pause! Das geht ja zack, zack, zack! Was machen wir als Nächstes? Einmal das Wendemanöver bitte, und dann bin ich bedient. Okay. Jetzt fliegen wir 180 Knoten, Achtung. Geil ist das schon!!! Ich hab hier 8g stehen. Geht’s immer noch gut? Jetzt will ich langsam wieder nach Hause. Okay, dann fliegen wir zurück. Würdest du es gar nicht selber probieren wollen? So scharf um die Ecke herum? Das ist mir ein bisschen zu hart. Das ist Hard Rock, und das waren jetzt, ich würde mal sagen: 50 Prozent von dem, was wir sonst im Red Bull Air Race machen. Also, wenn das knapp die Hälfte ist, dann muss ich sagen: Das reicht mir schon. Die Landschaft ist wunderschön, aber mir ist auch ein bisschen schlecht. Die Fotostory und das Video: redbulletin.com/smudo/de

bild: Helge Kirchberger/Red Bull Photofiles

Im Hangar-7 war es noch entspanntes Plaudern und Schauen, in der Luft kam Smudo – Matthias Dolderer völlig ausgeliefert – dann ein wenig ins Schwitzen: Man wiegt ja nicht alle Tage das Achtfache seines Körpergewichts.


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Mark Webber gibt sich Silverstone Der Australier mit Wohnsitz in Buckinghamshire ist einer der Favoriten beim GP von Großbritannien auf der superschnellen Traditionsstrecke von Silverstone. Uns nimmt er mit auf eine fliegende Runde. CLUB

LUFFIELD

abbey

BRIDGE

STOWE

priory BROOKLANDS

HANGAR STRAIGHT

BECKETTS

copse

bild: Getty Images/Red Bull Photofiles

COPSE 7. Gang, 290 km/h Eine der schnellsten Kurven in der F1. Du kommst im höchsten Gang daher, volles Geschäft bei fast 300 km/h, lupfst kurz und stehst sofort wieder voll am Brett. Hier muss die Linie ganz genau passen, und du brauchst volles Vertrauen in dein Auto. Copse ist Mut-Sache: Wenn du hier alles perfekt machst, ist es eine der befriedigendsten Kurven in der Formel 1. BECKETTS 7. bis 4. Gang, 300 bis 200 km/h Eine phantastische Kurvenfolge: In der ersten Rechtskurve hast du im 7. Gang bei 300 km/h so viel Downforce, dass die Kurve voll geht. Die folgende Linkskurve macht zu, hier musst du während des Runterschaltens bremsen, um eine saubere Linie für die folgende Rechtskurve zu finden. Der Exit-Speed ist entscheidend, denn du brauchst jedes km/h auf der darauf­­folgenden, langen Hangar-Geraden. Stowe 5. Gang, 240 km/h Sehr viel Platz im Kurveneingang, außerdem muss man drei Gänge zurückschalten: Stowe ist ein guter Platz zum Überholen. Die Rennlinie ist nicht so leicht zu finden. Du musst den inneren Curb präzise treffen, die Lenkung rasch öffnen und den gesamten Platz inklu­ sive des Curbs auf der Kurven-Außenseite nutzen.

Club 3. Gang, 100 km/h Der erste wirklich harte Bremspunkt auf der Runde, das heißt: Die Bremsen sind kalt. Um die Übung nicht gar zu einfach zu machen, bremst man auf einer Kuppe, genau da, wo das Auto am leichtesten ist. Wer nicht gefühlvoll genug ist, blockiert beim Einlenken in die Linkskurve das innere Vorderrad. Danach wartet man ewig, bis die Kurve vorbei ist und man eine saubere Exit-Linie hat. Wer nun gefühllos Gas gibt, ruiniert seine Hinterreifen durch zu viel Wheelspin. Abbey 3. Gang, 130 km/h Das Schwierige ist der Wind. Abbey ist jede Runde anders. Man fährt hart über die Curbs, die anfangs sehr rutschig sind. Je mehr Gummi drauf kommt, umso besser wird es. Bridge 6. Gang, 265 km/h Geht im Trockenen voll. Im Regen – und den soll man in Silverstone nie ausschließen – sieht die Sache aber ganz anders aus, wie wir im letzten Jahr herausfinden mussten. Außerdem muss man darauf achten, im Ausgang nicht zu weit rausgetragen zu werden, denn die nächste Linkskurve kommt schneller, als du denkst.

Priory 5. Gang, 210 km/h Blinder Einlenkpunkt, viel Tempo und rutschige Curbs im Ausgang, auf denen du hart bremsen und dein Auto für die letzten beiden Kurven herrichten musst. Brooklands/Luffield 3. Gang, 140 km/h Nach all den schnellen Kurven ist der Schluss der Runde fast quälend langsam. Man neigt deshalb dazu, das Auto zu hart zu pushen und sich die Runde zum Schluss noch zu ruinieren. Wer im Ausgang von Brooklands zu weit ist, findet in Luffield nicht mehr richtig hinein. Es gibt hier mehrere „richtige“ Linien: Ich zum Beispiel fahre hier meist weit innen, weil da in der Regel der meiste Grip ist. Im letzten Kurvenausgang lässt man sich weit raustragen, um jedes km/h auf die Start-ZielGerade mitzunehmen. Formel-1-Grand-Prix von Großbritannien: 19. bis 21. Juni 2009, Silverstone Aktuelle Blogs zur F1: redbulletin.com/f1/de

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Abseits von Mehrzweckwiesen und anonymem CampingChaos gibt’s in Europa genügend charmante Klein-Festivals für jeden musikalischen Geschmack.

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Synch Festival 12. bis 14. Juni, Technopolis, Benaki Museum, Athen, Griechenland Highlights: Tortoise, Junior Boys, The Bug, Aeroplane, Fennesz, Mulatu Astatke & The Heliocentrics, The Matthew Herbert Big Band, Mr. Oizo, Cluster, Mathew Jonson Geheimtipp: 3 Chairs feat. Theo Parrish Tagesticket: 45 Euro Festivalpass: 80 Euro www.synch.gr Frischluft serviert das griechische Synch Festival nicht in Form von Wald-und-Wiesen-Romantik, sondern mit neuer, aufregender Elektronikmusik: vom SchluckaufHouse eines Mr. „Flat Eric“ Oizos bis zum balearischen Disco-Funk von Aeroplane. Statt des klassischen Festivalgeländes wählt das Synch dafür konsequent ein Museum und ein altes Fabriksgelände, das mehrere Clubs beheimatet. Ganz nach dem Motto: IndustrieAtmosphäre für Maschinenmusik.

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Hovefestivalen 23. bis 26. Juni, Insel Tromøy, Norwegen Highlights: Faith No More, Franz Ferdinand, The Killers, The Prodigy, Eagles of Death Metal, Q-Tip, Fleet Foxes, Crookers, Fleet Foxes, M83, Metronomy Geheimtipp: Fujiya & Miyagi Tagesticket: 75 Euro Festivalpass: 211 Euro www.hovefestival.com Das Festivalgelände an der norwegischen Südküste erreicht man per Fähre, die Fjordlanschaft allein ist schon die Reise wert. Wenn dann noch das Who’s who des ­aktuellen Indie-Rock-Jetsets auf ein Konzert vorbeischaut, umso besser! Natürlich ist ein Trip ins erdölreiche Norwegen nicht ganz billig, beim öko­ bewussten Hovefestivalen kann man sich allerdings sein Essensgeld für Bio-Snacks mit Müllsammeln am Gelände verdienen.

NORWEGEN

The Garden Festival 3. bis 5., 10. bis 12. Juli, Punta Radman, Petrcane, Kroatien Highlights: Faze Action, Henrik Schwarz, Lindstrøm, Little Dragon, Greg Wilson, Mr. Scruff, Ashley Beedle, Daz-I-Kue, Todd Terje, Maurice Fulton, The Haggis Horns Geheimtipp: Rub N Tug Wochenendticket: 78 Euro Festivalpass: 134 Euro www.thegardenfestival.eu The Garden ist die entspannte Festival-Alternative zum benachbarten, überdimensionierten Rock-Spektakel INmusic. Gut so. Denn statt Gruppenduschen gibt’s das Meer, statt Fast Food gibt’s Frisches vom Grill. Gemeinsam mit 3000 Musikliebhabern feiert man dort zwei Wochenenden am Strand, am Schiff und im Club. Soulige Konzerte im Sonnenuntergang, funkige DJ-Sets unter Palmen. Wenn das nicht Lust auf Urlaub macht!

Stockholm

2 Kopenhagen Dublin

4

9

POLEN

Hamburg Berlin

Warschau

DEUTSCHLAND

London

Kiew

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Paris

7

Wien

5 I TA L I E N

S PA N I E N Madrid Lissabon

6

München

FRANKREICH

UKRAINE

Budapest

3

RUMÄNIEN

Rom Istanbul

1

TÜRKEI

bilder: hovefestivalen, m. candy, red bull photofiles, turnmaster tim; illustration: mandy fischer

2 Abseits der großen Bühnen


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Cornbury Festival 11. und 12. Juli, Charlbury, England Highlights: Sugababes, The Pretenders, Scouting for Girls, Sharleen Spiteri, The Damned, I Am Kloot, Dodgy, Joe Jackson, Teddy Thompson, Peatbog Fairies Geheimtipp: The Shortwave Set Tagesticket: 61 Euro Festivalpass: 100 Euro www.cornburyfestival.com Sorgen um sein leibliches Wohl muss sich beim Cornbury wohl niemand machen. Das kleine ­Festival nordwestlich von Oxford wird gemeinhin als „Poshstock“ bezeichnet: Die Besucher übernachten in Strand­häusern oder umgebauten Bettenbussen, die VIP-Gäste pendeln zwischen Champagnerbar, Swimmingpool und Tennisplatz. Und natürlich kommt auch die Musik nicht zu kurz: Statt mit großen Namen zu prahlen, setzt man auf subtile Sounds zwischen ­Songwriting und Pop.

bilder: corbis, getty images (2), manuel wagner, paul Auzou, paul zeiner, peter allgäuer, red bull photofiles

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Poolbar Festival 3. Juli bis 16. August, Altes Hallenbad, Feldkirch, Österreich Highlights: Art Brut, Calexico, Anti-Flag, Guru’s ­Jazzmatazz, Carl Craig, Ed Rush, Mediengruppe Telekommander, Black Lips, Portugal. The Man Geheimtipp: Telepathe Punktekarte (12 Veranstaltungen): 59 Euro Festivalpass: 159 Euro www.poolbar.at Ein Schwimmbad als Konzert-Location. Und das über einen Monat lang! Statt nach Baden steht den Xibergern im Sommer der Sinn offensichtlich mehr nach Feiern. Kein Wunder bei dem Line-up: Von MariachiRock (Calexico) über Oldschool-Punk (Anti-Flag) bis hin zu stoischem Techno (Carl Craig) – beim Poolbar Festival kommt jeder ohne Scheuklappen auf seine Rechnung. Und für die Frühaufsteher gibt’s während der Festivalzeit Jazz-Brunches im Freien.

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Pohoda Festival 16. bis 18. Juli, Flughafen, Trencˇín, Slowakei Highlights: Patti Smith, Travis, Klaxons, Basement Jaxx, The Ting Tings, Lamb, Pendulum, Max Romeo, Mstrkrft, Tunng, Kraak & Smaak, The Whip Geheimtipp: Ebony Bones Tagesticket (Samstag): 52 Euro Festivalpass: 63 Euro www.pohodafestival.sk Warum immer nach England oder Spanien pilgern, wenn’s um sommerliche Open-Air-Spektakel geht? Vor allem, wo Osteuropa die westliche Festival-Kon­ kurrenz in puncto Line-up zum Teil überholt hat. Neben dem Sziget in Budapest ist das Pohoda an der tschechischen Grenze eines der traditionsreichsten Ost-Festivals. Seit 1997 gibt’s das Flughafenfest bereits, das Programm ist alljährlich eine feine Melange aus coolen Alternative-Helden und frischem IndieGemüse. Wohl auch ein Grund, warum das Pohoda mit seinen zirka 20.000 Besuchern als hochqualitativer Geheimtipp gehandelt wird.

Klangbad 7. bis 9. August, Fabrikgelände, Scheer a. d. Donau, Deutschland Highlights: Burnt Friedman & Jaki Liebezeit, Christy & Emily, Dälek, Pram To Rococo Rot, Moebius (Cluster), DJ Marcelle/Another Nice Mess, Skug Soundsystem Geheimtipp: DJ Fett Tagesticket: 22 Euro Festivalpass: 50 Euro www.klangbadfestival.de Das Klangbad ist eines der schönsten Biotope der deutschen Festival-Landschaft: ein Treffen von Menschen, die bei Faust nicht gleich an Goethe denken, sondern an die Krautrock-Veteranen, die das Klangbad übrigens mitveranstalten. Es ist ein Fest für Musik­ liebhaber, denen Rock am Ring ein Dorn im Auge ist. Oder um es mit den Worten der Initiatoren zu sagen: „Es gibt zwei Arten von Rockfestivals: Die einen präsentieren Musik, die man schon kennt. Die anderen haben den Finger am Puls der Zeit und hören in Randzonen der Popszene hinein.“

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La Route Du Rock 14. bis 17. August, Saint-Malo, Frankreich Highlights: Foals, Tindersticks, The Breeders, Sigur Rós, The Notwist, Midnight Juggernauts, Poni Hoax, Fuck Buttons, Micah P. Hinson, Cold War Kids Geheimtipp: Menomena Tagesticket: 35 Euro Festivalpass: 70 Euro www.laroutedurock.com Das Geschrei der Möwen im Hintergrund, die milde Brise am Strand der Bretagne und frische Miesmuscheln zum Abendessen: wenn das keine perfekten Voraussetzungen für ein Sommerfestival sind! La Route du Rock verwandelt das nordfranzösische Küstenstädtchen Saint-Malo heuer bereits zum 19. Mal in einen Schmelztiegel aktueller Popströmungen, von smartem Electro bis elegantem Indie-Rock. Und falls das Wetter nicht ganz mitspielen sollte: ­Außer am Strand finden die Konzerte auch im Fort de Saint-Père und im Casino statt.

Auch auf Tour Der Red Bull Brandwagen und der Red Bull Tourbus rocken durch Europa.

Der Red Bull Brandwagen. Die Mucke auf dem heißen Blechdach Der Brandwagen ist ein Rocker auf Rädern, aus­ gestattet mit kuscheligem Innenraum – Kühlschrank und PlayStation inklusive –, einem jährlich wechselnden Fassaden-Tattoo und einer Bühne auf dem Busdach. Das perfekte Play-Mobil also, um sich als Band auf Reisen zu begeben. Und um spontan irgendwo Halt zu machen und die Verstärker ordentlich aufzudrehen. Über 50 Bands sind für die 100.000 Kilometer am ­Tacho des Ex-Feuerwehrautos verantwortlich, und auch im heurigen Sommer wird es die Fes­ tival-Campingplätze wieder mit Guerilla-Gigs unsicher machen. Bis jetzt stehen Nuke (17. und 18. Juli, Wiesen/AUT) und Nova Rock (19. bis 21. Juni, Nickelsdorf/AUT) auf dem Plan. www.brandwagen.com

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Electric Picnic 4. bis 6. September, Stradbally, Irland Highlights: 2 Many DJs, Jazzanova, Flaming Lips, Fleet Foxes, Madness, Klaxons, Explosions in the Sky, MGMT, Orbital, Echo & The Bunnymen, Basement Jaxx, Roots Manuva Geheimtipp: Lykke Li Festivalpass: 240 Euro www.electricpicnic.ie Spoken-Word-Bühnen, der Fossetts Circus, massig Kunstinstallationen und ein Chat-Room, in dem man die Festival-Acts selbst interviewen kann: Das alles macht das Electric Picnic zum speziellsten und sympathischsten Festival Irlands. Neben der Musik natürlich: Denn die kann sich mit Headlinern wie Flaming Lips und den Althelden Madness sehen lassen. So gilt auch für die Grüne Insel: Finger weg vom Oxegen, dem dortigen Glastonbury-Äquivalent, denn wer braucht schon Stau vor Riesenbühnen, wenn er in Ruhe vor bunten Konzert-Iglus im Gras sitzen kann? Alle Sommer-Festivals im Überblick, die Brandwagen-Blogs: redbulletin.com/ontour/de

Der Red Bull Tourbus. On the Road Again Lange Autobahnfahrten, unappetitliche Toiletten­ pausen an der Raststätte – selbst für echte Rock ’n’ Roller kein Vergnügen. Deshalb ist der Red Bull Tourbus seit Mai 2006 unterwegs, um diese zweite Seite des Tourlebens aufzubessern. Ein Mercedes-Oldtimerbus Baujahr 1969, fünf Schlafkabinen, das Fahrzeugdach als Bühne. Aufgepimpt mit exzellenter Tontechnik, PlayStation und Ledersofas, hat der Bus alles, was Musiker für die Konzertreise brauchen. Bands wie Tomte oder Puppetmastaz haben sein Dach bereits beehrt. Jetzt ist der Nachwuchs gefragt: Wer mit seiner Band im rollenden Rocker Tourluft schnuppern möchte, meldet sich auf redbulltourbus.com an und lädt sein Musikvideo dort bis 31. Juli hoch. ­Außerdem gibt’s am 21. Juni am Berliner Mauerpark eine große Party zu Ehren des robusten Old­ timers: das Red Bull Tourbus Festival mit Jazza­ nova, Mediengruppe Telekommander oder ZPYZ. www.redbulltourbus.com

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„Hängegleiten kann jeder“, sagt die Frau mit dem Vogel-Gen, Corinna Schwiegershausen. Corinna Schwiegershausen ist ein Phänomen des Drachenflugsports: Die 37-jährige Bremerin fliegt besser als so gut wie alle Frauen und genauso gut wie die weltbesten Männer. Und das, obwohl sie mit 1,68 Metern und 55 Kilo eigentlich viel zu klein und zu leicht für ihren Sport ist. In der Luft fühlt sie sich zu Hause, da ignoriert sie auch ihre Höhenangst weltmeisterlich. Einmal im Jahr kann man bei Corinna Schwiegershausen fliegen lernen. Dabei gibt sie ihr Wissen besonders gerne an Frauen weiter: „Drachenfliegen, so heißt es, sei etwas Technisches, man brauche dafür viel Kraft. Alles Unsinn!“ Angehende Drachenflieger brauchen Geduld und Vertrauen, das wär’s dann aber auch schon. Erstes Gebot: Nicht festhalten! Am ersten Tag eines Trainingskurses (fünf Tage, ca. 500 Euro) trainiert man nach einer kurzen Theoriestunde zunächst Haltung und Grifftechnik: Aufnehmen, Umgreifen und Steuern. Läuft man mit dem Drachen los, muss

Die Facts zum Drachen Corinna Schwiegershausen hält 14 (das Einverständnis der Eltern vorausge­ setzt) fürs ideale Einstiegsalter, Scheine darf man ab 18 machen. Geeignet ist der Sport für jedermann/jedefrau, der/ die genug Fitness für ein paar schnelle

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man umgreifen und gleichzeitig – und das ist wichtig – das Aluminiumgestänge zum Körper ziehen. Nicht zielführend ist, wenn man sich verkrampft daran fest­hält oder den Drachen vom Körper wegdrückt. Eine Erfolgsregel: Das Gestänge sollte sanft in den Händen liegen, ganz entspannt. Zweites Gebot: Geschwindig­ keit ist Sicherheit! Hat man die ersten Flugversuche oder „Hüpfer“ auf einer flachen Wiese gemacht, weiß man, wie sich das Abheben mit dem Drachen ungefähr anfühlen wird. Als Nächstes stellt man sich auf einen steileren Hang. Weht dort der Wind stärker, arbeiten die Flug­lehrer mit Seilen, mit ­denen sie den Drachen des Schülers notfalls in die richtige Richtung steuern. Das verhindert unerwartete Flugmanöver oder Bruchlandungen. Auf dem Hang lernt man, den richtigen Anstellwinkel für die Nase des Fluggerätes zu finden. Wer mit voller Kraft anläuft und das Gestänge des Drachens zum Körper zieht, hebt am effektivsten ab, gleitet ein paar Meter weit und Schritte mitbringt. Schwiegershausens Vater begann mit 50, Schüler gibt’s bis 75. Das Gewicht eines Hängegleiters für Anfänger beträgt 15 kg, für Fort­ geschrittene 18 bis 22 kg (Schwiegers­ hausens Profi-Exemplar wiegt 25 kg, der Integralgurt 15 kg), eine komplette Ausrüstung für Anfänger kostet etwa 1500 Euro (gebrauchter Drachen, Gurt­ zeug, Helm, Rettungsschirm). In Schuss bleibt man nach absolvierter Ausbil­

Drittes Gebot: Den Wind verstehen! Auf einem noch steileren Hang lernt man, wie man den Drachen steuert, um möglichst lange in der Luft zu bleiben. Dazu tastet man sich mit den Händen langsam an die Steuerung, die Basis des Drachens, heran. Wer zum Beispiel eine Rechtskurve fliegen will, erspürt zuerst die Windlage und richtet den Anstellwinkel danach aus. Dann zieht man die Basis des Drachens an sich und legt sich mit dem gesamten Körper nach rechts. Am schnellsten geht das, wenn die Hüfte als Erstes in Bewegung gesetzt wird und man den Körper nachzieht. Durchgestreckt und schön fließend. Viertes Gebot: Dranbleiben! Nach vier Schnuppertagen kann man in der Regel sicher starten, sich halbwegs gut durch die Luft bewegen und sicher wieder landen. Man war ein bis zwei Minuten lang in acht Meter Höhe und ist zirka dreißig Meter weit geflogen. Wenn man sich in der Luft plötzlich besser fühlt als am Boden, hat einen das Drachenflieger-Virus befallen. Die empfohlene Behandlung: eine Ausbildung zum A-Schein ­machen und zum B-Schein gleiten.

Nicht alles, was man in den ersten Tagen als Drachenflug-Novizin erlebt, wirkt majestätisch. Aber ist man erst mal vom Virus befallen, gibt es kein Zurück mehr. Apropos Virus: Corinna Schwiegershausens nächster Kurs steigt im Frühjahr 2010.

Blogs und Videos vom HängegleiterWorkshop auf: redbulletin.com/corinna/de dung mit rund 20 Flügen pro Jahr. Schwiegershausen erreicht mit ihrem Drachen bis zu 120 km/h, steigt (nicht ohne Sauerstoffflasche) bis zu 5000 Meter hoch und hat als Weitenrekorde 285 km (solo, Texas) und 368 km ste­ hen (Tandem, Australien). Als Top-Flug­ schulen empfiehlt sie: Wasserkuppe in Deutschland (www.wasserkuppe.com) und Zillertaler Flugschule in Österreich (www.zillertaler-flugschule.com).

bilder: daniel grund

Einhängen, abheben und fliegen

landet wieder, entweder auf den Füßen oder auf dem Bauch. Letzteres heißt Sicherheitslandung. Sieht unsanft aus, ist es aber nicht. Bei Anfängerdrachen sind auf dem unteren Gestänge des Trapezes zwei Räder angebracht.


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15 Sätze AirPower09 Was man am 26. und 27. Juni in Zeltweg sicher hören wird. Und was dahintersteckt.

„Wo ist die Kassa?“

„Das sind höchstens drei Zentimeter.“ Kunstflugstaffeln zeigen ihre spektakulären Manöver im Formationsflug, bei dem sie einander oft auf Zentimeter nahe kommen – und das mit überschallfähigen Kampfjets. Zu den Topstars der AirPower09 zählen einige der besten Staffeln Europas: so etwa Pa­trouille Suisse (Schweiz), Turkish Stars (Türkei) und Wings of Storm (Kroatien).

Nirgends. Denn der Eintritt zur AirPower09 ist frei.

„Ist das nicht die … Dings?“

„… noch ein Henderl, bitte!“ Bei der AirPower05 wurden nebst 100.000 Hausbratwürsten 80.000 Schnitzel, 40.000 Hendln sowie 500 Kilogramm Senf beseitigt, allesamt steirischer Herkunft und somit ebenso bekömmlich wie wohlschmeckend. Das kulinarische Erlebnis der AirPower09 wird sich ähnlich erfreulich gestalten.

Die F-16 ist seit 1978 so etwas wie der Inbegriff des Kampfjets und in den Luftwaffen von 22 Ländern im Einsatz. Bei der AirPower09 ist sie einer der spektakulärsten Gäste.

„Wow, hat die einen Sound!“ Zu den spektakulärsten Flugzeugen bei der AirPower09 zählt die P-38 Lightning der Flying Bulls. Sie verzückt Fans schon mit ihrem Klang. „Wie zwei Ferrari“ beschreibt ihn Flying BullsChefpilot Sigi Angerer. Die Lightning wurde von der U. S. Air Force im Zweiten Weltkrieg eingesetzt und ist heute eine ganz besondere Rarität.

„Mama, schade, dass die Flugzeuge schon ­aufgehört haben zu fliegen!“ Im Rahmen der KidsMania wird bei der AirPower09 ganztägige Kinder­ betreuung angeboten.

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„Jetzt haben sie ihn.“ Höhepunkt der Leistungsschau der ­Österreichischen Luftstreitkräfte ist die Simulation eines Alarmeinsatzes der Eurofighter: Ein „verdächtiges“ Flugzeug wird in der Luft abgefangen und von einer Eurofighter-Rotte zur Landung gezwungen.

„Die Rot-Weißen, das sind die Schweizer!“ Eine der besten Kunstflugstaffeln der Welt ist die 1964 gegründete Patrouille Suisse der Schweizer Luftwaffe. Wie die Turkish Stars (auch bei der AirPower09) verwenden sie für ihre atemberaubende Show Überschalljets: Jagdflugzeuge des Typs F-5E Tiger.


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„Die hat auch schon ein paar Jahre am Buckel.“ Weil zwischen der ersten Ärmelkanal­ überquerung und der AirPower09 genau 100 Jahre Flugrenngeschichte liegen, bot sich dieses Motto an. Eine liebevoll restaurierte Blériot XI, exakt jenes filigrane 25-PS-Juwel, mit dem Louis Blériot das erwähnte Kunststück gelang, ist eines der Highlights.

„Kann ich ein Autogramm von dir haben?“ Hannes Arch ist Steirer, Red Bull Air Race World Champion 2008 und Stargast der AirPower09. Archs Einsatz geht etwas übers Autogrammeschreiben hinaus: Bei einer Red Bull Air Race Show demonstriert er, wie man 400 km/h und 10g wegsteckt.

„Weißt du, wo das Auto steht?“ Ein neues Verkehrsleitsystem erleichtert zwar die automobile An- und Abreise, bequemer ist aber die Fahrt mit der Bahn: Ein eigenes AirPower-Ticket und Shuttle-Züge aus vielen Landeshauptstädten sorgen für stressfreies Pendeln zum und vom Fliegerhorst Hinterstoisser.

„Kennen wir uns nicht ... aus dem Fernsehen?“

Bilder: Getty Images (3), HBF, Lamm, Red Bull Photofiles (2), Jürgen Skarwan, Markus Zinner (3)

Die Bell AH-1 Cobra flog für die U.S. Army unzählige heikle Missionen. Später machte sie eine zweite Karriere als Filmstar in Hollywood. Das Exemplar, das die Flying Bulls bei der AirPower09 präsentieren, versah seinen Dienst beispielsweise zuvor bei „Walker, Texas Ranger“.

„Das gibt’s jetzt aber nicht, bitte.“

„Kann ich mich da anmelden?“

Kunstflug mit Helikoptern ist aus physikalischen Gründen noch ein bisschen unmöglicher als Kunstflug mit Flugzeugen. Flying Bulls-HelikopterChefpilot Sigi Schwarz findet diesen Einwand nicht überzeugend und zeigt mit seinem BO 105 Manöver, die das Publikum zuverlässig begeistern.

Wem die AirPower09 die Augen über seine berufliche Bestimmung als Pilot geöffnet hat, der kann sich vor Ort über die Ausbildungsmöglichkeiten beim Österreichischen Bundesheer informieren. Voraussetzungen: Matura oder Hauptschulabschluss mit Englischkenntnissen, einwandfreier Leumund und ein Höchstalter von 23.

„Schau, da liegen lauter Bäume auf der Rollbahn.“ Bei Katastropheneinsätzen zeigen Österreichs Luftstreitkräfte ihre ganze Klasse. Wie eine Black-Hawk-Staffel Sturmschäden aufarbeitet und umgestürzte Bäume abtransportiert, präsentieren die Herren vom Heer bei der AirPower09 ebenso anschaulich wie die Bekämpfung von Waldbränden.

AirPower09 Was? Österreichs Airshow. Ihre Vorgängerin, die AirPower05, wurde zu Europas bester Airshow gekürt. Bei der gemeinsamen Veranstaltung von Österreichischem Bundesheer, Land Steiermark und Red Bull zeigen einige der besten Kunstflugstaffeln der Welt ihr Können, die Flying Bulls präsentieren ihre schillerndsten Juwele, das Jubiläum „100 Jahre Flugzeugrennen“ wird mit einer Red Bull Air Race Show gefeiert, inklusive Weltmeister Hannes Arch. An den beiden Veranstaltungstagen werden 250.000 Besucher aus ganz Europa erwartet. Wo? Fliegerhorst Hinterstoisser, Zeltweg, Steiermark Wann? 26. und 27. Juni, jeweils 9 bis 18 Uhr. Einlass ab 7 Uhr. Mehr? www.airpower09.at redbulletin.com/airpower/de

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hot SPOTS

Die besten Sport-Events des Monats rund um die Welt.

Red Bull Kite Sunrise 1. – 7. 6. 2009 Die lokale Kitesurf-Community bekommt eine Woche lang Tipps von einem internationalen Red Bull-Topathleten. H2O Beach, Mamaia, Rumänien

Red Bull Man Tau 5. 6. 2009 Ausdauer, kräftige Arme und unbändiger Ehrgeiz sind beim außergewöhnlichen Tauziehen am Hamburger Kiez gefragt. Spielbudenplatz, Hamburg, Deutschland

Red Bull Street Style 5. 6. 2009

Red Bull Backyard Digger 11. – 13. 6. 2009

Im Land des Fußball-Europameisters wird die hohe Kunst trick­ reicher Ballbehandlung gezeigt. Barcelona, Spanien

IFSC Climbing World cup 5./6. 6. 2009

WRC Acropolis Rally 12. – 14. 6. 2009

Das Maß der Dinge: Kilian Fischhuber gewann die ersten beiden Boulder-Bewerbe und führt überlegen in der Weltrangliste. Vail, USA

Eine der ältesten Rallyes der WRC wird seit 1951 in Griechenland ausgetragen. Auf „Mr. Acropolis“ Colin McRae mit fünf Siegen fehlen Vorjahres-Triumphator Sébastien Loeb noch drei. Athen, Griechenland

Bei dieser deutschen Skateboard-Serie werden ein BestTrick-, ein 3-Team-Battle- und ein One-on-One-Contest aus­ getragen. Nach getaner Arbeit entspannt man sich beim Barbecue und der Afterparty. Heilbronn, Deutschland

Red Bull Air Race 13./14. 6. 2009 Windsor ist die südlichste Stadt Kanadas und der einzige neue Austragungsort eines Red Bull Air Race im heurigen Rennkalender. Lokalmatador Pete McLeod wird besonders motiviert sein. Windsor, Ontario, Kanada

Red Bull Elite Youth Cup 6./7. 6. 2009

Motorrad-GP von Katalonien 14. 6. 2009

Bei der zehnteiligen britischen Motocross-Jugendserie haben rund 250 junge Fahrer in fünf verschiedenen Klassen die Möglichkeit, sich auf den besten britischen Motocross-Strecken weiterzuentwickeln. Whitby, Großbritannien

Auf dieses Rennen wird sich Dani Pedrosa besonders freuen, denn vor heimischem Publikum konnte er bereits in jeder Klasse gewinnen: 2003 in der 125-ccm-, 2005 in der 250-ccm- und im Vorjahr gar in der MotoGP-Kategorie. Circuit de Catalunya, Spanien

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Die schnellsten MotocrossPiloten der Welt drehen ihre Runden im legendären ­Teutschenthaler Talkessel. Teutschenthal, Deutschland

Im Rahmen eintägiger Sessions gewährt die Red Bull Music Academy Einblicke in den Alltag der reisenden Musikhochschule. 6. 6. Rostow, Russland, mit HipHop-Hero Black Milk 12. 6. Tel Aviv, Israel, mit   The Apples 27. 6. Catania, Italien, mit Benji B

Bevor es für die BMX-Biker richtig ernst wird, müssen erst Bagger und Bobcats ausrücken, um eine anspruchsvolle Strecke aus dem Boden zu stampfen. Saldus, Lettland

Burnside Skate Events 6. 6. 2009

bilder: red bull photofiles (4)

Red Bull Music Academy Workshop Sessions

Max Nagl & Friends GP Camp 19. – 21. 6. 2009

Red Bull Skate Demo mit Sandro Dias 6. 6. 2009 Ein Tag im Zeichen der Halfpipe: Sandro Dias zeigt sein Können mit dem Skateboard. São Paulo, Brasilien


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KGB Drift 12. 6. 2009 Vor dem Ex-KGB-Hauptquartier findet das erste Driftrennen Russlands statt. Drift-Piloten wie Vitaly Vavilov werden die Reifen zum Rauchen bringen. Lubjanka, Moskau, Russland

Red Bull Hare Scramble 14. 6. 2009 Mensch und Maschine sind beim wohl härtesten EnduroMotocrossrennen bis an ihre Grenzen gefordert. In den letzten beiden Jahren war Tadeusz ­„Taddy“ Blazusiak eine Klasse für sich. Cyril Despres, Chris Birch oder Marc Coma wollen heuer dagegenhalten. Eisenerz, Österreich

Red Bull One Truck Wonders 18./19. 6. 2009 Zuerst wird gejammt, um sich mit der Umgebung vertraut zu machen, dann folgt das Finale. Entscheidend ist, dass die Skateboard-Tricks auf den ­Hinterrädern beendet werden. Waitangi Park Spillway,   Wellington, Neuseeland

Out of Bounds 18. – 21. 6. 2009 Vor Beginn der 21. BMW International Open in München findet das traditionelle Pro-Am-Turnier statt. Hohe Promi-Dichte und gute Stimmung sind garantiert. GC München, Deutschland

Red Bull TrailFox 19. – 21. 6. 2009 Ein Bike, vier Rennen, ein Sieger. Wer holt sich nach einem Night-, einem Sunset-, einem HighNoon- und dem No-Chain-Trail den Sieg in der Gesamtwertung? Flims, Schweiz

Red Bull Cliff Diving Series 2009 20. 6. 2009 Von 0 auf 100 in 3 Sekunden. Der Absprung aus mindestens 26 Meter Höhe. Die besten Cliff Diver wie Orlando Duque bewahren kühlen Kopf und demonstrieren Körperbeherrschung der Extraklasse. Rotterdam, Holland

UCI Mountainbike World Cup 20./21. 6. 2009 Nicht Skirennläufer, sondern Downhiller und 4Crosser wie die Athertons oder Guido Tschugg stürzen sich den Berg hinunter. Marburg, Slowenien

Cold Water Classic 20. – 24. 6. 2009 Surfen ist ein Allwettersport. Also raus aus den Badeshorts und rein in den Neoprenanzug. Denn der Wind wird den Profis ordentlich um die Ohren pfeifen. Westkap, Südafrika

Formel-1-GP von GroSSbritannien 21. 6. 2009 Es heißt Abschied nehmen von Silverstone. Seit 1987 wurde der Große Preis von Großbritannien auf der traditionsreichen Rennstrecke ausgetragen. Nächstes Jahr wird nach Donington Park nahe Leeds übersiedelt. Silverstone Circuit,   Großbritannien

FIVB World Championship 25. 6. – 5. 7. 2009 Die letzte WM in Gstaad 2007 stand ganz im Zeichen von „Stars and Stripes“, alle Titel gingen in die USA. Heuer werden die Karten aber neu gemischt. Stavanger, Norwegen

Cannonball Vesparace 27. 6. 2009 Das legendäre Rennformat der siebziger Jahre ganz im Zeichen der Kult-Roller. Wer nach den 400 Kilometern als Erster ins Ziel kommt, erhält 22.222 Dollar abzüglich eines „Bucks“ pro gefahrene Sekunde. Salzburg–Leibnitz, Österreich

Columbus Crew – Red Bulls New York 27. 6. 2009 So lautete die Paarung im vorjährigen Finale der MLS. Die Red Bulls verloren damals mit 1:3. Revanche ist also angesagt. Crew Stadium, Columbus, USA

FIM MotoX World Championship 28. 6. 2009 Das zweite Drittel der MX1- und MX2-Weltmeisterschaft endet in Lettland. Fällt vielleicht schon jetzt eine Vorentscheidung? Kegums, Lettland

Triathlon-EM 2. – 5. 7. 2009 2004 und 2007 wurde Kate Allen bereits Vize-Europameisterin über die olympische Distanz. Vielleicht gelingt ihr in ihrer Abschiedssaison noch einmal der Sprung aufs oberste Podest. Holten, Niederlande Mehr Hot Spots auf: www.redbulletin.com

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die macht der nacht Mehr als einmal um die Welt für alle, die nie müde werden. Contre-Temps Festival 5. – 14. 6. 2009 Seit 2004 die französische Instanz in Sachen schmoove Grooves. Und Freunden der eleganten Beats dürfte das heurige Line-up zusagen. Am Menüplan stehen Disco-Tunes von Pilooski, elegischer House von Ame, HipHop von DJ Cam und energetischer Funk von The Dynamics. Rue Jacques Peirotes, Straßburg, Frankreich

Selector-Festival 5./6. 6. 2009 Franz Ferdinand, Orbital, Röyksopp, CSS, Erol Alkan, Dizzee Rascal und New Young Pony Club: kein schlechter Einstand für dieses neue Festival in Polen! Blonia Common, Krakau, Polen

bilder: kieran harnett, mauro puccini, Peter Dean Rickards, red bull photofiles

Prins Thomas 6. 6. 2009 Der König der kosmischen Klänge verlässt seine UFO-Station in Norwegen und reist mit der Plattentasche nach Übersee. Das wird die New Yorker Disco-Jugend freuen, denn Prins Thomas gilt mit seinem Kollegen Lindstrøm als Erneuerer balearischer Dancefloor-Glückseligkeit. Santo’s Party House, New York, USA

Manic Street Preachers 6. 6. 2009 Die Waliser Könige der Arbeiter­ klasse kehren auf die Bühne zurück. Mit Gitarren und Trompeten. Und ihrem neuen RockMeisterwerk „Journal for Plague Lovers“, für das die Band nur Texte ihres 1995 verschwundenen Gitarristen Richey Edwards verwendet hat. Ulster Hall, Belfast, Nordirland

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Red Bull Big Tune Junge, talentierte US-Produzenten schicken ihre HipHop-Instrumentals ins Rennen, um sich für das große Finale in Atlanta im Herbst zu qualifizieren. 11. 6. Phoenix; 19. 6. Denver

Planet Love Festival 6. 6. 2009 Techno auf der Pferderennstrecke: Die Hot-Chip-DJs, Derrick Carter oder Arveene & Misk raven im Zeichen der Liebe bis in die frühen Morgenstunden unter freiem Himmel. Fairhouse Race Course, County Meath, Irland

Art’s Own Kind: Afrobeat and the Art of Lemi Ghariokwu 8. 6. – 6. 7. 2009 Sein Pinselstrich zierte bereits die Plattencovers von Bob Marley, Gilles Peterson und Fela Kuti. Mit Letzterem verband den nigerianischen Künstler Lemi Ghariokwu eine tiefe Freundschaft. Diese wird in einer Ausstellung nun musikalisch wie bildlich thematisiert. Rich Mix Cafe & Mezzanine, London, Großbritannien

Brian Eno pres. Lee Perry & Adrian Sherwood 11. 6. 2009 Der große britische AmbientPionier Brian Eno lädt zum musikalischen Bankett in die Oper von Sydney. Er kuratiert dort ein dreiwöchiges Festival, unter anderem mit dem Dub-Großwesir Lee Perry und dessen britischem Kollegen Adrian Sherwood am Mischpult. Sydney Opera House, Sydney, Australien

Terry Lynn Zwischen Freiluftpartys und feinem Huhn: Die jamaikanische Dancehall-Queen machte mit uns einen Lokalaugenschein in Kingston (S. 90). Kingston, Jamaika


more body & mind Wilsonic Festival 12./13. 6. 2009

Club des Monats Cocktails und Guinness, LiveMusik und coole DJs: Im traditionsreichen Hogans in Dublin herrscht ein fröhliches Neben­ einander der Stile (S. 91). Dublin, Irland

Red Bull Music Academy & Karen P’s Broad Casting present James Pants & Joe Bataan 11. 6. 2009 Die preisgekrönte Londoner Radio-Queen Karen Pearson holt eine Latin-Soul-Legende nach London: Joe Bataan wird im Cargo gemeinsam mit dem US-HipHop-Querschläger James Pants seine England-Premiere feiern. Nachzuhören gibt’s den Gig im Anschluss auf www.redbullmusicacademyradio.com. Cargo, London, Großbritannien

Christian Vogel 12. 6. 2009 In den neunziger Jahren hat Christian Vogel gemeinsam mit dem jungen Soul-Barden Jamie Lidell als Super_Collider mit Frickel-Funk ElektronischeMusik-Geschichte geschrieben. Und ganz nebenbei Techno mit abgedrehten Störsounds auf einen neuen Level gehievt. Zukunft, Zürich, Schweiz

Isle Of Wight Festival 12. – 14. 6. 2009 Ende der Sechziger mit JimiHendrix-Auftritten als europäisches Woodstock gefeiert, erlebte das Festival 2002 einen zweiten Frühling. Rock ist die dominierende Kraft, Stereophonics, Razorlight, Neil Young und die Pixies legen dafür ihre Hände ins (Lager)feuer. Seaclose Park, Newport, ­Großbritannien

TRG 12. 6. 2009

Marco Passarani Der Maestro des Techno besuchte das Festival Dissonanze in Rom und erklärte uns dabei seine Heimatstadt (S. 88). Rom, Italien

Dubstep ist ja eigentlich eine strikt britische Angelegenheit, aber irgendwie hat’s dieser rumänische Red Bull Music Academy-Absolvent geschafft, bis in den innersten Kreis der Szene vorzudringen. Seine bassgewaltigen, düster holpernden Hymnen veröffentlicht er auf dem Insider-Label Tempa. Jetzt reist er mit seinen Platten um die Welt und gastiert diesmal in Tel Avivs feinstem Club. Barzilay Club, Tel Aviv, Israel

Eine Situation zwischen Konzert, Clubshow und Party will das slowakische Festival schaffen, das seine Zelte heuer erstmals am städtischen Strand Incheba aufschlägt. So gibt’s die elektronischen Sounds von Dorian ­Concept, Junior Boys, Jazza­nova, Henrik Schwarz oder Hudson Mohawke diesmal zusammen mit Cocktails und Sonnenuntergang am Donauufer. Incheba, Bratislava, Slowakei

Red Bull Music Academy Session & Party: Theo Parrish 13. 6. 2009 Er ist der Meister der hatscherten Eleganz, ein Experte in Sachen Disco und musikalischer Bürgermeister von Detroit: Theo Parrish hat House Mitte der neunziger Jahre dessen Underground-Touch zurückgegeben und zieht seither als respektierter Gralshüter durch die Lande. Nun kommt er auch nach Wien, um nach seiner Red Bull Music Academy Session die Platten kreisen zu lassen. Fluc Wanne, Wien, Österreich

Compost Black Label Night 13. 6. 2009 Compost ist eine lang gediente Münchner Plattenschmiede und obendrein musikalische Heimat von Acts wie Fauna Flash, Beanfield und Trüby Trio. Mit dem jungen Sublabel Black erkunden die Bayern neue Gefilde von SpaceDisco bis Electro-Romantik. St. Petersburg, Russland

Tiesto Live 13. 6. 2009 Tiesto gilt als der beste und teuerste DJ der Welt. Kein Wunder, denn der niederländische Trance-Gott reist nicht nur mit Plattentasche, sondern auch mit einer UFO-artigen DJ-Kanzel und einer Armada an Lasern durch die Welt. Pyramide Vösendorf, Österreich

Snowboy 18. 6. 2009 Der britische Botschafter des afro-kubanischen Jazz reist ins Land der aufgehenden Sonne. Dort steht neben Radiosendungen und Plattenladenkonzerten auch ein Gastspiel beim renommierten japanischenTanzclub auf dem Tourneeplan. Be Bop Square, Tokio, Japan

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Nightcrawler

Junge Römer tanzen immer „Als ich hierher gezogen bin, war’s nachts stockfinster, nicht gerade die beste Gegend der Stadt“, sagt Marco Passarani, als er abends das Garagentor seines Soundstudios in Pigneto schließt. Vor sieben Jahren hat es den italienischen Techno-Pionier in das Viertel im Südosten Roms verschlagen. Weil die Mieten billig waren. Und weil er in den zweistöckigen Räumlichkeiten genug Platz für ein Büro, von dem aus er sein legendäres Label Final Frontier betreiben kann, und seine vielen Synthesizer fand. Damals war die Gegend als Rotlichtmeile verpönt, Junkies „zierten“ das Straßenbild. Doch das hat sich geändert: Vor kurzem beehrte Al Pacino das neu gegründete PignetoFilmfestival, Nicole Kidman shoppt gern bei den Schmuckdesignern Iosselliani, die ums Eck von Marcos Studio ihren Flagship-Store eingerichtet haben. Der Römer findet die Aufwertung seines Viertels toll. „Pigneto fühlt sich derzeit an wie ein kleines Kreuzberg. Überall gibt’s Bio-Cafés, marxistische Buchhandlungen, und nachts tummeln sich junge Leute auf den Straßen.“ In einem dieser kleinen Cafés, dem Lo Yeti, bestellt sich der Elektronikmusiker nach getaner Arbeit allabendlich seinen Espresso. So auch heute. Die junge, bis an die Fingerknöchel tätowierte Kellnerin begrüßt ihn überschwänglich, serviert den Kaffee und erkundigt sich nach seinen nächtlichen Plänen. „Alle Dissonanze!“, ruft er, während er die Crema verrührt, Vorfreude liegt in seiner Stimme. Obwohl der Enddreißiger allwöchentlich mit Plattentasche durch Europa reist und damit genug Clubatmosphäre schnuppert, ist das Musikfestival im Herzen der Ewigen Stadt für ihn ein alljährliches Highlight. Vor neun Jahren gegründet, versammeln die Veranstalter die spannendsten Elektronik-Acts der Gegenwart in den Hallen des Palazzo dei Congressi. Wenn Marco dort nicht selbst vor tausenden Tänzern auflegt, dann zumindest viele seiner Kollegen und Bekannten. Einer seiner Sprösslinge, Alan1, der auf Marcos Label verfrickelte Acid-House-Tracks releast, eröffnete heuer das Festival. Am 88

Dach des brandneuen italienischen Red Bull Tourbusses, eines rollenden Rockers, dessen Blechdecke sich in 20 Sekunden in eine voll ausgestattete Bühne verwandeln lässt. Kurz nach 22 Uhr erreicht Marco in seinem grünen Ford das riesige Kongressgebäude im Süden der Stadt. Gerade noch rechtzeitig, um Alan1 viel Glück zu wünschen. Während der Jungspund den Platz vor dem Gebäude in einen Ambient-Soundteppich hüllt, tippt jemand Marco auf die Schulter. Es ist Samyiam. Den jungen, bärtigen US-Musiker im sommerlichen Skater-Outfit hat Marco schon seit der Red Bull Music Academy in Toronto 2007 – der Römer war als Lecturer dort, Samyiam als Teilnehmer – nicht mehr gesehen. Die Freude ist groß, beide bewundern das Live-Set von Alan1. „Total futuristisch, erinnert mich an John Carpenter“, sagt Samyiam, Passarani nickt und summt die Melodie zum Soundtrack-Klassiker „Assault on Precinct 13“. Drinnen hat gerade der Detroit-TechnoHeld Kenny Larkin die DJ-Decks übernommen, die Party ist am Kochen. Auch Passarani groovt heftig mit, bevor er die Terrassenbühne des Festivals erklimmt, wo Samyiam gerade mit Kollege Flying Lotus experimentelle HipHop-Beats aus dem Laptop schüttelt. „Super, aber jetzt ist’s an der Zeit für einen süßen Nachtsnack“, sagt Marco und flüchtet sich auf den Vorplatz des DissonanzeFestivals. Wenig später kommt er mit einem teigigen Etwas in der Hand zurück. Maritozzo nennt sich der römische Krapfen mit Schlagobers, laut Marco das beste Hausmittel für guten Schlaf. „Auch wenn’s bei einer Maritozzo-Überdosis schnell im Magen drückt“, fügt er hinzu, während er im Red Bull Tourbus Unterschlupf für ein kleines Nickerchen sucht. Das Festival muss kurz ohne ihn auskommen, schließlich geht’s für Marco morgen früh nach Bologna. Auf DJ-Reisen. So wie es sich für einen echten Elektronikmusiker gehört: immer im Dienste des Techno unterwegs. Hörproben von Marco Passarani: redbulletin.com/ passarani/de. Der italienische Red Bull Tourbus in Action: Rock in Idro Festival, Mailand, 13./14. Juni, Traffic Festival, Turin, 9.–11. Juli

Der Rave im Repräsentationsbau, ein Fest für Marco Passarani. Der Maestro plaudert mit Ex-Schüler Samyiam (re. o.) und lauscht seinem Sprössling Alan1 (li. o.) am Dach des neuen Red Bull Tourbus.

text: Stuart Codling; fotos: Thomas Butler

Beim Festival Dissonanze in Rom war Techno-Meister Marco Passarani diesmal nur Besucher.Wir begleiteten ihn beim Zunicken, Mitnicken und Einnicken.


Sónar 18. – 20. 6. 2009 Wenn Glastonbury das Mekka der Rockmusik ist, dann ist das Sónar seit 16 Jahren das Synonym für Elektronik schlechthin. Von experimentellen Acts wie Alva Noto über Techno-Helden wie Carl Craig bis hin zu Knusper-Poppern wie Animal Collective: In der spanischen Stadt geben sich an diesem Wochenende die Elektronik-Stars die KlinkenStecker in die Hand. Auch auf der Red Bull Music Academy Stage im SónarDome, wo sich Absolventen wie GoldieLocks oder Jamie Woon an Mikrofon und Decks abwechseln. Barcelona, Spanien

marco passarani ROM

Guilty Simpson 19. 6. 2009 Big Daddy Kane, N.W.A. und Scarface zählen zu seinen Helden, er selbst war einer der Lieblingsrapper von Produzenten-Legende J Dilla. Guilty Simpson, MC und Sohn der Motor City Detroit, greift in der Heimatstadt seines Labels Stones Throw zum Mikrofon. Airliner, Los Angeles, USA

Alex Smoke & Rory D 19. 6. 2009 Im Ozean minimalistischer Beats hat es Alex Smoke bis an die Oberfläche geschafft. Der Schotte gilt als einer der feinsinnigsten Mischer von blubbernden Techno-Sounds und rauer House-Tradition. Genau wie Red Bull Music Academy-Teilnehmer Rory D, der Alex Smoke an den ­ Decks flankiert. Deeper, Galway, Ireland

Nova Rock 19. – 21. 6. 2009 Einmal im Jahr wird das idyllische Nickelsdorf unsanft aus dem Schlaf gerissen, wenn das Nova Rock die Verstärker aufdreht. Mit Acts wie Faith No More, Metallica oder Nine Inch Nails eigentlich fast ein Nostalgie-Fest der Hartgesottenen, ist mit Less Than Jake oder Kilians aber auch was für die NachwuchsHeadbanger dabei. Pannonia Fields, Nickelsdorf, Österreich

bilder: mauro puccini

Tayo’s Tracksuit Party 19. 6. 2009 Tanzen im Armani-Hemd? Nein, danke. Nicht nur, weil’s beengend ist, sondern weil alte Trainingsanzüge am Dancefloor einfach besser ausschauen. Davon kann auch der britische Dub-Breakbeat-Meister Tayo ein Liedchen trällern, wenn er der guten alten HipHop-Wear mit seiner Ver­ anstaltungsreihe Tribut zollt. Twisted Pepper, Dublin, Irland

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Elektronikka Festival 20. 6. 2009 Im altehrwürdigen Brucknerhaus am Donauufer regiert an diesem Abend die laute Bassdrum. TechnoQueen Monika Kruse steht mit dem deutschen Electro-Feinspitz Anthony Rother hinter den Plattenspielern, House-Meister Tom Novy lässt die Boxentürme wackeln. Wenn das der Anton noch erlebt hätte! Brucknerhaus, Linz, Österreich

Schon die ausgefallenen Flyer machen Laune. Und der House-Sound beim Drama! in Wiens einziger PartyBrauerei sowieso. Ottakringer Brauerei, Wien, Österreich

hubert v. goisern Linz

Cinderella tanzt 20. 6. 2009 Das hierzulande größte Clubbing mit Märchenmotto für die Generation 30 plus. Getanzt wird, wie der Name schon sagt, trotzdem. Nämlich zu den größten Hits der letzten 40 Jahre. Schlosshotel Weikersdorf, Baden, Österreich

Sea Sessions Surf and Music Festival 26.  – 28. 6. 2009 Untertags surfen und abends Musik hören, dieser reizvollen Verquickung haben sich die Sea Sessions verschrieben. Und mit dem majestätischen Pop der Super Furry Animals, den introvertierten Songs eines David Kitt und dem Electro von Andrew Weatherall einen perfekten Soundtrack für den Wellenritt geschaffen. Bundoran, Donegal, Irland

Dog Eat Dog 24. 6. 2009 Ja, die gibt’s immer noch. Und ja, ihren grandiosen Crossover-MetalHit „No Fronts“ aus dem Jahre 1994 haben die US-Amerikaner sicher im Tourgepäck dabei. Genau wie ihr berühmt-berüchtigtes Saxophon und jede Menge verzerrter Gitarren. ((stereo)), Klagenfurt

Glastonbury Festival 25. 6. – 28. 6. 2009 Die Queen Mum unter den Festivals, das Woodstock der Insel: Das Glastonbury gibt’s seit über 30 Jahren, ist trotz der 150.000 Karten immer ausverkauft und lässt musikalisch keine Wünsche offen: Franz Ferdinand für die Indie-Fraktion, Bruce Springsteen für die Veteranen und Fleed Foxes für Insider. Glastonbury, Großbritannien

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Background

Im Westen viel Neues Zuerst zog Hubert von Goisern per Schiff gen Osten. Dann ging’s nach Westen bis Rotterdam. Ein Abenteuer in alle Richtungen. „Mit Trotz kann man einiges erreichen. Man muss ihn kultivieren, wenn man älter wird.“ Klar, dass bei solchen Worten der Schelm in Hubert von Goiserns Augen wie nur was blitzt. Schließlich hat er sich sein größtes musikalisches Abenteuer, die Linz-DonauTour, seinerzeit mühsam ertrotzt und kann jetzt gelassen zurückblicken. Als er im Sommer 2007 mit dem Schiff auf der Donau von Linz aus nach Osten loslegte, war das mehr eine Fahrt ins Ungewisse. Obwohl es ihn davor ein ganzes Jahr an Organisation gekostet hatte. „Spontan geht im Osten gar nichts“, erzählt der Kosmopolit, den immer schon die Neugier in die weite Welt lockte. Bis zum Schwarzen Meer war er auf dem Wasser unterwegs und lud dabei überall lokale Musiker zu seinen Konzerten ein. „Das musste aber alles vorher genehmigt werden. Sehr bürokratisch“, erinnert er sich. „In Bulgarien zum Beispiel landeten wir einmal in einem tristen Ort mit 80 Prozent Arbeitslosen.

Da wollten wir ungeplant eines unserer Gratiskonzerte geben. Chancenlos! Nach einer Woche haben wir aufgegeben.“ Grundsätzlich waren er und seine Kumpels schon froh, wenn mehr als fünfzig Besucher am Ufer standen, um ihnen zuzuhören. Der musikalische Input war für ihn trotzdem unbeschreiblich und wird wohl noch in den nächsten Jahren seine Arbeiten beeinflussen. 2008 brach die Crew dann nach Westen auf, um auf dem Wasser bis nach Rotterdam zu schippern. „Das war natürlich leichter. Bei der Ost-Tour hab ich bei jedem Gastmusiker gezittert, weil die vorher nie mit uns proben wollten. Im Westen ging’s zack, zack, und die waren nach fünf Minuten in die Band integriert.“ Dafür gab es Stress anderer Art, vor allem weil die Tickets für diese Tour nicht gratis waren. „Wenn du dich am Fluss bewegst, musst du mit der Unberechenbarkeit des Wassers leben.“ Also war man manchmal wegen zu wenig Wasser ganz langsam unterwegs und zum angekündigten Konzertbeginn noch drei Stunden weit entfernt. Irgendwie hat man es trotzdem immer geschafft, und allein schon die Schiffsgäste waren jeden Aufwand wert. „Super Idee. Hätte von mir sein können“, witzelt zum Beispiel Wolfgang Niedecken, der mit BAP in Köln am Schiff aufspielte. Und Zap Mama, die in den Niederlanden dazustieß, fand es großartig, einmal per Schiff durch die Lande zu ziehen. „Das mache ich ja sonst nie.“ Das Schiff gibt es heute nicht mehr. Zum Tour-Abschluss hat Hubert von Goisern jetzt alle Musiker, die jemals zu Gast darauf aufspielten, für eine Konzertwoche nach Linz geladen. „Da kann man live erleben, was ­musikalisch davon übrig blieb.“ Linz Europa Hafenfest – Die Reise als Konzert von 3. bis 5. 7. 2009. Auszüge vom neuen Album „Haut und Haar“ (ET 12. 6.): redbulletin.com/goisern/de

bild: jürgen skarwan

Drama! 20. 6. 2009


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World’s Top Club

Cocktails und Guinness Das Hogans in Dublin war ­immer ein zuverlässiger Hotspot für Nachtschwärmer. Jetzt wurde ausgebaut, und das Szenevolk hat was zu reden.

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bilder: kieran harnett

Das Traditions-Pub Hogans in Dublin wurde neu aus- und zugebaut. Das gibt Grund zum Getratsche. Manchen ist es jetzt zu angepasst, manche finden’s zu possierlich. Für die meisten Gäste ist es aber schlicht die beste Bar der Stadt!

Es gibt nicht viele Dinge im Leben, die mit hundertprozentiger Sicherheit eintreffen. Der Tod natürlich und die Steuern. Die Dubliner können sich dazu noch auf ihr traditions­ reiches Pub Hogans verlassen: Der Service immer unbekümmert freundlich, das Guinness immer gut – hier weiß man einfach, was man bekommt. Für die eher stilleren, genussvollen Momente kommt man am besten am späten Nachmittag. Da kann man noch in einem der begehrten Ledersofas versinken und glitzernde Staubflankerln im Sonnenlicht beobachten. Zu fortgeschrittener Stunde verwandelt sich das Hogans dann in einen pulsierenden Nightspot. Vollgepfropft bis zu den Dachbalken, und trendiges Szenevolk feiert die Nacht, dazwischen geduldige Touristen und Jungs, die nur einmal auf einen Drink vorbeischauen. Im Erdgeschoss sorgen einheimische und Gast-DJs von David Kitt bis That Boy Tim für lauten Sound in den dunklen Nischen. Anspruchsvollere Gemüter haben sich derweilen in den oberen Stock zurückgezogen, wo vor kurzem Hogans neue Loft-Bar neben dem angeschlossenen Bistro L’Gueuleton eröffnet hat. Die Bar mit ihren weißgetünchten ­Wänden und der schmucklosen Einrichtung ist eine Reminiszenz an die Clubs der New Yorker ­Bowery, über die Theke wandern hauptsächlich Cocktails von Rusty Nail bis zu Harvey Wallbanger. Ebenfalls neu zugebaut wurde ein riesiger Biergarten, den man mit Fug und Recht als schönsten und größten der Stadt bezeichnen kann. Sonntagnachmittag gibt’s Livemusik, während sich das Publikum nach dem Brunch entspannt. Unter der Woche wiederum ist der Garten ein beliebter Treffpunkt für Mütter mit ihren Kindern. Und für Studenten, die mit einem gepflegten Bier den Kater vom Vorabend zu vertreiben versuchen. Hogans, 35 South Great Georges Street, Dublin, Tel.: +353 (0) 1 6775904. Die besten Clubs der Welt: redbulletin.com/clubs/de

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Hier könnte man auf Terry Lynn treffen: 1. Jamrock Sports Bar & Grill Knutsford Blvd, New Kingston, Surrey,Jamaica, Tel.: (876) 754-4032 2. Asylum 69 Knutsford Boulevard, New Kingston, Jamaica 3. Quad 20-22 Trinidad Terrace, New Kingston, Jamaica

EDEN GARDENS

Resident Artist

Queen of Kingston Die Dancehall-Musikerin Terry Lynn führt durch ihr Kingston. Ein Lokalaugenschein zwischen Uptown und Downtown, zwischen Chicken-Gericht und Club-Nacht.

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auf die 30 explosiven Live-Minuten zu konzentrieren, in denen ich zehn Songs aus meinem neuen Album „Kingstonlogic 2.0“ spiele. Nach der Show ist es ähnlich: Da muss ich erst mal wieder runterkommen. Mit einer Tasse Tee für meine Stimmbänder und mit zehn Minuten Ruhepause. Danach darf’s gern noch ein wenig Party sein und der eine oder andere Drink. Im Asylum hab ich heuer schon zweimal gespielt. Der Club besteht aus einem einzigen Raum, der Sound dort ist ziemlich gut. Außerdem ist das Asylum der Laden, in dem neue Musiker und ihre frischen Inputs am besten gedeihen. Wenn’s einen neuen Hit im Kingstoner Nachtleben gibt, dann kannst du dir sicher sein, dass er zum allerersten Mal im Asylum gelaufen ist. Zwischen den zahlreichen Bars und Clubs gibt’s in New Kingston natürlich auch viele gute Restaurants. Mein liebstes wird derzeit renoviert, es heißt Jamrock (1). Ein kleines Café mit wirklich gutem jamaikanischen Essen. Ich bestelle meistens Huhn mit Reis und Erbsen, mein Leibgericht. Ein anderes gutes Restaurant, das Port Royal, ist 30 Minuten außerhalb von Kingston. Das kleine Wirtshaus liegt mitten in einem alten Piratendorf und ist auf Fischgerichte spezialisiert. Alle Sorten in allen Varianten – diesen Laden kann ich wirklich wärmstens empfehlen! Videos, Live-Termine und Soundproben: redbulletin.com/terrylynn/de

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In Kingston dreht sich momentan alles um Dancehall. Straßenpartys an jeder Ecke, sieben Tage die Woche. Auch die Clubszene ist sehr lebhaft, trotzdem dominieren die Dancehall-Soundsysteme im Freien. Ursprünglich war Dancehall eine Art Grassroots-Bewegung, veranstaltet von und für Menschen in den ärmeren Stadtvierteln. Mittlerweile kommen aber auch Leute aus Uptown zu den Partys. Dadurch ist das ­Publikum bei den Festen bunt gemischt, es wird gemeinsam getanzt und getrunken. Für mich als Musikerin sind solche Feste echt super. Du kommst hin, mischst dich in die Menge. Und du siehst sofort, wie die Leute drauf sind, was sie wollen. Das macht einerseits Spaß, andererseits lernst du als Performerin recht viel und weißt dann, wenn du auf der Bühne stehst, genau, worauf das Partyvolk abfährt. Meine Lieblingsclubs in Kingston sind gleichzeitig die zwei größten: das Asylum (2) und das Quad (3). Sie liegen nur einen Block a­ useinander, in einer Gegend namens New Kingston, zwischen Up- und Downtown. Das Viertel ist deshalb so spannend, weil eben Leute aus beiden Stadtteilen hier aufeinandertreffen, um gemeinsam zu feiern. Tagsüber ist New Kingston das Bankenviertel, nachts verwandelt es sich in den PartyHotspot der Stadt. Vor einem Konzert muss ich meinen Kopf frei bekommen und in mich gehen, um mich


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Donauinselfest 26. – 28. 6. 2009 Nach einem harten Winter sind die Wiener alljährlich reif für die Insel. An die drei Millionen Menschen werden zum Würstelessen und Musikhören erwartet. Neben den obligaten Austropop-Granden gilt vor allem die FM4-Bühne als akustisches Highlight. Und die ist auch heuer mit Melvins, EPMD oder The Notwist prominent besetzt. Wien, Österreich

Red Bull X-Fighters 27. 6. 2009 Dritte Station der spektakulären Freestyle-Motocross-Serie ist das Rodeo-begeisterte Texas. Im Vorjahr setzte sich Mat Rebeaud im Finale gegen Local Hero Jeremy Stenberg mit einem atemberaubenden ­Superman Backflip Indy durch. Fort Worth Stockyards, USA

Ewan Pearson 28. 6. 2009 Ibiza-Experten wissen: Strand und Club sind das Yin und Yang der balearischen Insel. Die berühmteste Party-Adresse hier ist wohl das „We Love Space“. Neben den Größten der House-Branche reist auch der britische Wahlberliner, Autor und Musiker Ewan Pearson nach Ibiza, um dort Beats zwischen Disco, House und Minimal zu verlegen. We Love Space, Ibiza, Spanien

Yeah Yeah Yeahs 30. 6. 2009 „It’s Blitz!“ heißt das neue Album des New Yorker Post-Punk-Trios Yeah Yeah Yeahs. Und hat damit einen Titel, der den Sound ziemlich auf den Punkt bringt. Verschwitzte Disco-Drums treffen auf nervöse Gitarren und den unvergleichlichen Gesang der Hipster-Ikone Karen O. Keinesfalls verpassen! Arena, Wien, Österreich

bilder: Peter Dean Rickards

B’estfest Festival 1. 7. 2009 Mal ganz ehrlich: warum eigentlich nicht in die Ferne schweifen, auch wenn es vor der eigenen Haustür genug Festivals gibt? Eben. Und das B’estfest in Bukarest ist eines, das sich mit Künstlern wie Patrice, The Killers, Motörhead oder Orbital vor der westlichen Konkurrenz wahrlich nicht zu verstecken braucht. Bukarest, Rumänien Mehr Nacht-Events auf: www.redbulletin.com

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02.02.2009

9:32 Uhr

Seite 1

DAS COLAVON RED BULL.

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Aufschlag, bitte Tennis hat viel mit Fairplay und guten Manieren zu tun. Dennoch ist es manchmal gut, dass die ­Parteien von einem Netz getrennt werden.

illustrationen: cartoonstock.com (2), kainrath (1)

Tier und Mensch: „12 Games en suite für dich: Von meinem besten Freund hätte ich etwas mehr Verständnis erwartet.“ Und: „Ruhe bitte: Die Spieler beginnen jetzt zu grunzen.“

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„Ach – ist schon wieder Wimbledon?“ Dieser Witz ist ab heuer Geschichte: Der Centre Court bekam ein Dach, womit zumindest die Endspiele künftig wetterunabhängig sind.

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Das neueste Format im Tennis:

Wenn verliebte Tennisspieler über Love Games philosophieren, heißt es bei Fehlinterpretationen schnell: Vorteil Rückschläger.

02.02.2009 Herreneinzel 9:34 Uhr Seite 1 mit Behinderung.

STRONG & NATURAL. Cocablatt

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illustrationen: cartoonstock.com (3)

Das Cola von Red Bull ist eine einzigartige Komposition an Inhaltsstoffen, allesamt

Kolanuss als auch das Cocablatt verwendet. Sein natürlicher, nicht zu

Darüber hinaus enthält das Cola von Red Bull keine Phosphorsäure, keine Konser-

100 % natürlicher Herkunft.

süßer Cola-Geschmack kommt

vierungsstoffe sowie keine

Außerdem ist es das einzige

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künstlichen Farbstoffe und

Cola, das sowohl die Original-

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Aromen.

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Der Tag, an dem es dunkel wurde Von Johannes Bornewasser

illustration: andreas leitner

Johannes Bornewasser,

Jahrgang 1982, geboren in Düssel­ dorf, Deutschland. Studium der Medien- und Kulturwissenschaften. Arbeitet in Düsseldorf für RP Online und die „Rheinische Post“, eine der größten deutschen Regional­ zeitungen.

„Krasses Zeug“ war der erste Gedanke. „Nur eine Dose von dieser neuen ‚Red Bull Cola‘, und das Licht geht aus.“ Man mag in so einem Moment vielleicht an sich selber zweifeln, mindestens aber an seiner Armbanduhr. Doch dann die ­Entwarnung: Auch der Nebenmann schaut verdutzt, als es mitten am Tag stockdunkel wird. Es ist Mai. Der Kalender lässt auf Sommer hoffen. Das Wetter will davon aber noch lange nichts wissen und tobt sich aus. Der Deutsche Wetterdienst warnt vor starken Regenfällen. Unbe­ eindruckt gehen die Düsseldorfer ihrer Arbeit nach. „Da braut sich aber ganz schön was zusammen“, sagt einer. Ein paar Kol­ legen schauen auf, blicken aus dem ­Fenster und nicken zustimmend. Wer ahnt schon, dass die nordrhein-west­ fälische Landeshauptstadt in wenigen ­Minuten einen unvergessenen Tag ­erleben soll. Es ist eben ein ganz nor­ maler Tag im Mai – und alle warten auf den Sommer. Die kleine Uhr auf dem B ­ ildschirm zeigt 10.57 Uhr. „Der hatte recht“, schießt es beim erneuten Blick aus dem Fenster durch den Kopf. „Bei durchschnittlich 185 Regentagen pro Jahr, und über 26 Jahren habe ich aber schon … Ach, wer rechnet so was schon aus.“ Es waren weit mehr als 4800 Regen­ tage. Rein rechnerisch. Trotzdem hat ­keiner davon eine so nachhaltige Wir­ kung, wie das, was in wenigen Minuten passieren wird. Um kurz nach elf Uhr wird es plötz­ lich dunkel. „Da braut sich aber so rich­ tig was zusammen“, sagt der Kollege und knipst das Licht an. Diesmal wird ihm mehr Aufmerksamkeit geschenkt. Ein ­zustimmendes Brummen erfüllt den Raum – beinahe zeitgleich mit dem Licht. Jetzt stehen die Ersten auf und gehen zum Fenster. „Mein Gott, sieht das aus!“ ist der Ausruf, der letztlich die Neugier aller Anwesenden weckt. Wenige Sekun­ den später stehen sie auf und schauen gemeinsam auf die Straße. Jetzt nimmt das Geschehen seinen Lauf. Inzwischen hat auch der Deutsche Wetterdienst reagiert und eine Unwetter­ warnung ausgegeben. Betroffen seien hauptsächlich die Landesteile westlich des Rheins, hier vor allem die Region ­Aachen, Neuss, Euskirchen und Jülich. Düsseldorf-Heerdt kommt in dieser Auf­ stellung nicht vor. Das kennt der west­ lichste Stadtteil aber schon. Nicht mal alle Düsseldorfer kennen den Ort, an dem wir uns gerade befinden.

Wenige Sekunden später stehen sie auf und schauen gemeinsam auf die Straße. Jetzt nimmt das Geschehen seinen Lauf.

Plötzlich ist es stockdunkel. Draußen herrscht gespenstische Ruhe. Niemand spricht mehr, und sogar die Vögel hören auf zu zwitschern. Straßenlaternen, ­Reklameleuchten und die Scheinwerfer der Autos sind die einzigen Lichtquellen. Der Wind peitscht die Baumkronen mit­ unter in die Waagerechte. Die Natur spielt mit all ihrer Kraft. Dann setzen Niederschläge ein. Zu­ nächst regnet es, dann prasseln in einigen Teilen der Region sogar Hagelkörner in der Größe von Tischtennisbällen nieder. In der Nachbarstadt Mönchengladbach stehen ganze Straßenzüge unter Wasser. Düsseldorf bekommt davon w ­ eniger mit. Dafür ist hier der Himmel nicht nur dun­ kel, sondern pechschwarz. Eine knappe halbe Stunde dauert das Spektakel. Dann wird es heller. Erst lang­ sam, dann immer schneller. Im gleichen Tempo leeren sich die Straßen, auf denen sich die Menschen, von Vordächern ­geschützt, versammelt und gemeinsam gestaunt hatten. Inzwischen ist es 11.46 Uhr. Längst sitzen alle wieder vor ihren Bildschirmen. Erst als der Kollege das Licht wieder aus­ knipst, kehrt allmählich Normalität ein. Das Wetter hat sich ausgetobt, es ist ein nicht ganz normaler Tag im Mai, die Dose ist inzwischen leer – und jetzt ­warten wirklich alle auf den Sommer.

Leser machen Programm Schicken Sie Ihren Text bitte an: readbull@redbulletin.at Das Thema ist frei, doch irgendwo kann eine Dose versteckt sein. Die besten Texte (4000 bis 5000 Anschläge) werden ­abwechselnd mit den Storys professioneller Autoren veröffentlicht.

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Ankowitschs Kolumne belebt Körper und Geist

Die Macht des Neins Ob heftiges Tanzen oder weiße Elefanten: Falsch formulierte Verbote bringen gar nix. Manchmal gehen wir auf eine Party und kommen um einiges schlauer wieder nach Hause. So ist es mir vor kurzem ­gegangen, als ich das Geburtstagsfest ­eines Freundes besucht habe. Es fand in einer Altbauwohnung im zweiten Stock statt. Weil der DJ wusste, wie man den Gästen richtig einheizt, strömten alle ins Wohnzimmer und tanzten wie wild. Irgendwann kam einer auf die Idee, im Takt der Musik hochzuspringen; das wirkte so a ­ nsteckend, dass bald alle fünf­ zig Tänzer hüpften – und den Parkett­ boden der Wohnung in gefährliche Schwingung ver­setzten. Ich wurde pa­ nisch und konnte den Gastgeber durch einige Übertreibungen dazu bringen, es auch zu werden. Er stürzte also ins Zim­ mer, drehte die Musikanlage ab und rief den murrenden Gästen zu: „Leute, ich wurde eben von einem Architekten dar­ auf hingewiesen, dass wir gleich durch den Boden brechen werden, wenn ihr so weitermacht. Also – bitte nicht springen! Nicht springen!“ Und? Was geschah? Kaum hatte der Gastgeber „Nicht sprin­ gen!“ gerufen, begannen alle noch wilder zu springen als zuvor. Was uns direkt zu unserem heu­tigen Thema führt. Es lau­ tet: Die Macht der Verneinung. Wir Menschen haben die eigenartige Angewohnheit, genau das zu denken, zu tun oder zu wollen, wovon man uns drin­

Sprechen Sie ­keinesfalls positiv über diese Kolumne! gend abrät. Um diesen Effekt zu demons­ trieren, verwenden Psychologen gerne das Beispiel mit dem Albino-Dickhäuter: „Bitte denken Sie nun“, sagen sie dann, „keinesfalls an einen weißen Elefanten!“ Und? Sehen Sie ihn vor sich? Jenen eigen­ artigen Elefanten, an den Sie bis vor einer Sekunde nicht gedacht haben? Lässt sich gar nicht vermeiden, sehen Sie. Und ge­ nauso verhält es sich mit allen ­anderen negativen Botschaften auch: Sie rufen genau jene Bilder in uns hervor, die dar­ in angesprochen werden – obwohl wir gerade nicht dran denken sollen. Das sollten Sie unbedingt bedenken, wenn Sie das nächste Mal ausgehen und die Kinder in der Obhut eines Babysitters zurücklassen. Wenn Sie den Kleinen näm­ lich auftragen: „Steckt keine Haarnadeln in die Steckdosen, füllt keine Luftballons

mit Wasser, um sie aus dem Fenster zu schmeißen, holt euch keine neuen DVDs aus dem Geheimfach und schaut sie euch nicht an“, dann dienen Sie als unfreiwil­ liger Ideengeber, der den Kindern exakt beschreibt, was sie gleich tun werden. Besser, Sie sagen, was Sie sich Langwei­li­ ges von ihnen wünschen (Zähne putzen, um acht ins Bett, noch ein bisschen lesen); auch wenn sie sich nicht dran halten ­sollten, müssen sich die Kleinen wenigs­ tens selber überlegen, welchen Quatsch sie machen. Sie können sich der Kraft der Vernei­ nung aber auch produktiv bedienen und mit Hilfe negativ formulierter Botschaf­ ten Ihre Wünsche durchsetzen oder hilf­ reiche Ratschläge geben. So könnten Sie etwa zu Ihrem trägen Gegenüber sagen: „Ach, es ist gar nicht nötig, dass wir nachher gemeinsam das Chaos beseiti­ gen, das die Gäste angerichtet haben“ oder „Ach, vergiss einfach meinen morgi­ gen Geburtstag!“. Denn während positiv formulierte Aufforderungen („Mach das, bitte!“) den Widerspruchsgeist des ande­ ren aktivieren („Mach ich extra nicht!“), umschiffen Sie die Ablehnungshürde ­elegant, wenn Sie Ihre Ansagen negativ formulieren. So steht es dem anderen frei, Ihnen zuzustimmen oder Ihnen zu widersprechen – wobei er eher Zweiteres tun wird, denn in dem Spielchen gibt es schon einen Nein-Sager, nämlich Sie! Und da er Ihnen widersprechen will, bleibt nur die Rolle als Ja-Sager. Also: Bitte vergessen Sie diesen Text wieder und sprechen Sie anderen gegen­ über keinesfalls positiv über diese Kolum­ ne! Und schreiben Sie auch keine E‑Mails an den Chefredakteur, dessen A ­ dresse Sie im Impressum finden könnten, wenn Sie es nicht ablehnen würden, danach zu suchen. Christian Ankowitsch, 49, ist ein öster­­ reichischer Journalist und Schriftsteller. Er lebt mit seiner Familie in Berlin.

Herausgeber und Verleger Red Bulletin GmbH Chefredaktion Robert Sperl, Stefan Wagner (Stv.) Creative Director Erik Turek Art Director Markus Kietreiber Fotodirektion Susie Forman, Fritz Schuster (Stv.) Chefin vom Dienst Marion Wildmann Leitende Redakteure Werner Jessner, Uschi Korda, Andreas Kornhofer, Alexander Macheck Redaktion Ulrich Corazza, Felix Fuchs, Peter Hofer, Daniel Kudernatsch, Florian Obkircher, Lucas Perterer, Christoph Rietner, Simon Schreyer, Clemens Stachel, Nadja Žele Grafik Claudia Drechsler, Dominik Uhl Fotoredaktion Markus Kucˇera, Valerie Rosenburg Senior Illustrator Dietmar Kainrath Autor Christian Ankowitsch Mitarbeiter Wolfgang Hofbauer, Anna Hopson, Justin Hynes, Andi Jaros, Andreas Tzortzis Illustratoren Mandy Fischer, Andreas Leitner, Lie-Ins and Tigers, Giorgio Piola Lektorat Hans Fleißner Lithografie Clemens Ragotzky (Ltg.), Christian Graf-Simpson, Nenad Isailovic Herstellung Michael Bergmeister Produktion Wolfgang Stecher Druck Prinovis Ltd. & Co. KG, D-90471 Nürnberg Geschäftsführung Karl Abentheuer, Rudolf Theierl Projektleitung Bernd Fisa Sonderprojekte Boro Petric Finanzen Siegmar Hofstetter Verlagsleitung Joachim Zieger Marketing Barbara Kaiser (Ltg.), Regina Köstler Projektmanagement Jan Cremer, Jürgen Eckstein, Dagmar Kiefer, Sandra Sieder, Sara Varming Anzeigenverkauf Bull Verlags GmbH, Heinrich-Collin-Straße 1, A-1140 Wien; anzeigen@at.redbulletin.com Office Management Martina Bozecsky, Claudia Felicetti Firmensitz Red Bulletin GmbH, Am Brunnen 1, A-5330 Fuschl am See, FN 287869 m, ATU 63087028 Sitz der Redaktion Heinrich-Collin-Straße 1, A-1140 Wien Telefon +43 1 90221-28800 Fax +43 1 90221-28809 Kontakt redaktion@at.redbulletin.com Redaktionsbüro London 14 Soho Square, W1D 3QG, UK Telefon +44 20 7434-8600 Fax +44 20 7434-8650 Web www.redbulletin.com Erscheinungsweise Das Red Bulletin erscheint jeweils am ersten Dienstag des Monats als Eigenbeilage von und in Kooperation mit folgenden Partner­zeitungen – in Österreich: Kleine Zeitung, Oberöster­ reichische Nachrichten, Die Presse, Salzburger Nachrichten, Tiroler Tageszeitung, Vorarlberger Nachrichten; Burgenländische Volkszeitung, Niederösterreichische Nachrichten. In Deutschland: Münchner Merkur, tz. In Großbritannien: The Independent. In Irland: Irish Independent. In Nordirland: Belfast Telegraph. Gesamtauflage 2,1 Millionen Leserbriefe bitte an leserbriefe@at.redbulletin.com

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The evolutionary process continues. Synth-pop. Neon. New wave wannabes. If these terms are foreign to you, you probably weren’t born yet. The 80‘s were all about the Cold War, video games and music television. And don‘t forget the Frogskins, a sunglass that

helped define these times. We have taken those stylings and inspiration to redefine and redesign them into the new Oakley Jupiter. A classic look with a new twist. So here’s to looking forward while looking back.

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