Terra Mater

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INHALT TERR A M ATER | JUNI 2012

WE LTBILD

RE PORTAGE N

18 6 erstaunliche Bilder

42

Der Ökologische Fußabdruck zeigt, dass wir derzeit auf viel zu großem Fuß leben.

30 Ein Mensch in Mumbai

62

Im höchsten Küstengebirge der Welt, der Sierra Nevada in Kolumbien, lebt das Volk der Kogui. Die „Großen Brüder“, wie sie sich selbst nennen, fühlen sich seit jeher für das Gleichgewicht der Erde zuständig. Jetzt sehen sie es in Gefahr und sprechen eine ernste Warnung aus.

32 Ein Wunder namens Chamäleon Das Geheimnis des Farbwechsels und andere bemerkenswerte Details.

36 Ein Tag, der die Welt veränderte 30. Juni 1905: Wie der 26-jährige Albert Einstein die Physik auf den Kopf stellte.

78

WEltbild

Human Development Index Lebenserwartung, Bildung, Einkommen pro Einwohner

Fußabdruck globale Hektar pro Kopf

Bevölkerung in Millionen

Biokapazität globale Hektar pro Kopf

Wo der Ökologische Fußabdruck größer ist als die natürlichen Ressourcen

0,7

0,3

0,2 9,7 0,3

Haiti

1,1

0,45

0,7

0,1 0,7

1,4

Äthiopien 0,36

1,1

Nigeria

0,7 1,1

1,7

0,3

0,46

2,4

78,6

0,41

0,7 3,8 3,8

2,2 2,2

PapuaNeuguinea

2,1 2,1

Sudan

40,4 40,4

147,7

2,6 2,6

Argentinien

China 1,0 1,0

0,47 0,47

6,4 6,4

0,7 0,7

4,4 4,6

7,5

39,5

0,78

39,5

1.336,6 1.336,6

32

2,9

4,5 4,5

Ukraine 1,3

0,73

1,8

5,7 6,9

46,3 46,3

4,7

Portugal

Japan

0,6

0,81

4,8

0,3 6,9

0,9

10,6 10,6 127,4

12

,3

5,0

Israel 0,89

5,0

Frankreich

6,9

61,7 61,7

6,2

10

5,3 5,3

Italien 1,1 1,1

0,88

3,0 3,0

0,87

8,3

3,3 3,3

8,1

127,4

5,9 5,9

Österreich

6,8

7,0

Australien

8,0

Kanada

0,93

0,9 0,9

5,6 8,3

14

20.9

0,91

9,7 9,7

9,2 9,2

19

308,7 308,7

98

ANARCHIE AM KAP An der Südspitze Afrikas tobt ein Kampf zwischen Tier und Mensch. Bärenpaviane plündern auf der Suche nach Nahrung Gärten und Wohnhäuser, überfallen Anrainer und Touristen. Die Wut der Bürger wächst. Nun suchen Wissenschaftler nach einer friedlichen Lösung.

Vereinigte Arabische Emirate

28 10,7

0,9 0,9

0,85

0,8

9,9

32,9

Dänemark

4,9

,9 14 ,7

16

8,3

USA

0,91

3,9 ,7

,7

14 ,1 18

Schweden

0,89 0,89

8,6 59,3 59,3

UNTER HAIEN Michael Muller hat einen Traumjob: Er fotografiert Hollywoodstars – von Brad Pitt abwärts. Doch sein Herzblut gehört einer gefährlichen Leidenschaft: Er macht mit seiner Kamera Jagd auf große Haie – und das ohne jeden Schutz.

Coverfoto: Cory Richards Murchison Falls National Park, Uganda

Wir leben auf zu großem Fuß

GROSSE BRÜDER

5,4

6,2

78

,8

32

Eine neue Vermessung der Welt – mit drei ungewöhnlichen Maßstäben Der Mensch nutzt seine Umwelt auf vielfältige Weise. Er gewinnt Rohstoffe, nutzt Energie und ver verwendet Land, um Abfälle zu entsorgen. Je mehr Natur verbraucht wird, desto größer der sogenannte „Ökologische Fußabdruck“. Dem gegenüber steht die „Biologische Kapazität“. Diese Maß Maßeinheit beschreibt, wie viel produktives Land für die Nutzung zur Verfügung steht. Weil aber ein Hektar Wüste weniger Erträge bringt als ein Hektar fetten Ackers in Mitteleuropa, kalkulieren die

Experten einen weltweiten Durchschnitt und kommen so zum „globalen Hektar“. Der Vergleich der Werte zeigt, welche Länder über ihre Verhältnisse leben und wo die Natur noch Reserven hat. Die gesamte Menschheit, so geht aus den Zahlen des US-amerikanischen footprintnetwork hervor, braucht seit Mitte der Achtzigerjahre mehr Land, als auf diesem Planeten nachhaltig zur Verfügung steht. Ein weiterer Maßstab zeigt, dass hoher RessourcenRessourcenverbrauch nicht automatisch zu höherem Lebensstandard führt. Sichtbar wird das durch den sogenannten „Human Development Index“,, kurz HDI. Der beruht auf Faktoren wie Einkommen, Lebenserwartung und Bildungsniveau. Entwickelt wurde er als Alternative zu den Maßstäben von Ökonomen.

Illustration: Thomas Klein (Die Artillerie) & Sascha Vernik

28

t E R R A M At E R

t E R R A M At E R

29

42

10

T E R R A M AT E R

148

peter van agtmael/magnum photos; illustrationen: andreas leitner, thomas klein (die artillerie) & sascha vernik; karte: österreichische nationalbibliothek

Die Suche nach der Quelle des Nil zählt zu den größten Abenteuern aller Zeiten. Generationen von Entdeckungsreisenden versanken in Sümpfen und Fieberträumen, bis zwei britische Gentlemen das Rätsel lösten. Eine Spurensuche im Herzen Afrikas.

28 Schaubild

Noor Alam, Wäscher in der indischen Metropole, erzählt aus seinem Alltag.

WO DER NIL VOM HIMMEL FÄLLT

fotos: cory richards, maarten wouters/getty images, michael muller/stocklandmartel.com, tobias micke, cyril ruoso, sam faulkner/agentur focus, joachim hausleitner,

von Mutter Erde und ihren Bewohnern – von Flamingos bis zu Nordlichtern


VISIONEN 116

HEILIGE SIEGE

176 SIR DAVID ATTENBOROUGH

Die Geschichte der antiken olympischen Wettkämpfe in Griechenland nimmt jene der modernen Spiele vorweg. Ein Besuch bei den Wurzeln der berühmtesten Sportveranstaltung der Welt. 132

IDA PFEIFFER, WELTREISENDE Im Jahr 1842 beginnt eine Wienerin im Alter von 44 Jahren um die Welt zu reisen. Ihre Routen, ihre Bücher sowie ihre Tier- und Pfl anzensammlungen machen sie zu einer der außergewöhnlichsten Reisenden ihrer Zeit.

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DEN STERNEN SO NAH In 5.050 Meter Höhe, auf einem Plateau am Rande der trockensten Wüste unseres Planeten, steht das leistungsfähigste Teleskop aller Zeiten. Von dort aus lauscht es in die Kinderstube des Universums. Eine atemberaubende Expedition in den Norden Chiles.

98

Der britische Naturfilmer, nach 60 Berufsjahren eine Legende seines Fachs, im großen Interview: über die Krabbelstube des Fernsehens, die Herausforderungen der neuen Zeit, seine persönlichen Überzeugungen zu den Themen Klimawandel und Überbevölkerung, Gott und die Welt.

184 W. SOMERSET MAUGHAM Meisterwerke der Literatur und ihr Blick auf die Welt: 1923 unternahm der englische Schriftsteller W. Somerset Maugham eine ausgedehnte Fernostreise, die er 1930 in dem Text „Von Rangun nach Hai Phong“ verarbeitete.

W. Somerset Maugham

132

176

62 STANDARDS

116

9 Editorial 12 Logbuch 14 Terra Mater Society Das Leser-Forum. Impressum 190 Terra Mater im TV

Die Programm-Highlights aus der Produktion der Terra Mater Factual Studios bei ServusTV.

194 Noch Fragen?

Ungelöste Rätsel der Wissenschaft.

T E R R A M AT E R

11


iM FlUtlicht k aleduPa iSland, indOneSien. eigentlich sind

riff kalmare ja fast durchsichtig. umso größer war die Herausforderung für den unterwasserfotografen, das tier abzulichten – zumal sich die bis zu 30 Zentimeter großen riff bewohner erst im Schutz der dunkelheit aus der tiefe in die nähe der Wasseroberfl äche wagen. Hier jagen sie nach Fischen und krebsen. die schillernden Farben nahm dieses exemplar für einen kurzen augenblick an – als reaktion auf das Blitzlicht der unterwasserkamera. Foto: Ernst Koschier

20

t e r r a m at e r


weltbild

t e r r a m at e r

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Geographie

Murchison Falls. Afrikas schĂśnster Wasserfall und Namensgeber des paradiesischen Nationalparks.

42 

t e r r a m at e r


Wo der Nil vom Himmel fällt Die Suche nach der Quelle des Nil zählt zu den ­größten ­Abenteuern aller Zeiten. Generationen von ­Entdeckungsreisenden versanken in Sümpfen und ­Fieberträumen, bis zwei britische Gentlemen das Rätsel lösten. Sie gingen dabei durch die Hölle. Und fanden ein Paradies. Eine Spurensuche im Herzen Afrikas.

Text: Harald Pokieser Fotos: Cory Richards

t e r r a m at e r

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Geographie

D

FOTO: GETTY IMAGES

ie Stelle war nicht so, wie ich es erwartet hatte. Ich konnte die offene Fläche des Sees nicht e rkennen, die Ausläufer einer Hügelkette ver­ ­ stellten die Sicht. Aus den Wasserfällen ragten Felsen, die Stromschnellen waren etwa 12 Fuß hoch und 400 bis 500 Fuß breit. Doch ich hatte keinen Zweifel, dass genau hier dem See der gute alte Nil entspringt.“ Der Mann, der diese Zeilen am 28. Juli 1862 in sein Tagebuch schrieb, war der Engländer John Hanning Speke, und diese Entdeckung machte ihn unsterblich, denn er hatte nichts Geringeres entdeckt als den heiligen Gral der Geographie. Der Oberlauf des längsten Flusses der Welt, das Land zwischen Ugandas großen Seen und dem westlichen Rift Valley, war zweitausend Jahre lang ein Mysterium. Schon die Römer waren auf der Suche nach dem „Caput Nili“, dem Anbeginn des Nil. Sie reisten durch Ägypten und wollten wissen, woher das viele Wasser kam – Wasser, das eine der ersten Hochkulturen der Menschheit ent­ stehen ließ. Doch sie schafften es nur bis an den Rand der Wüste. Dort, wo heute die Südgrenze des Sudan liegt, versperrte ein unermesslich weit­ läufiger Sumpf den Weg. Der Sudd, arabisch „Barriere“, verschluckt den Nil, verteilt sein Was­ ser auf Kanäle, Binnenseen und endlose Flächen aus schwankenden grünen Teppichen. Am Höhe­ punkt der Regenzeit ist der Sudd so groß wie Griechenland, 130.000 Quadratkilometer. Abgesehen von den Küsten und Flussläufen blieb das Herz Afrikas für Europäer lange Zeit Terra incognita, bis sich die ersten Missionare ins Landesinnere wagten. Händler und erste For­ scher folgten ihren Spuren, und bald hörte man phantastische Geschichten von glitzernden Seen und schneebedeckten Bergen. Erst ab Mitte des 19. Jahrhunderts wurde das Rätsel der Nilquellen Schritt für Schritt gelöst. Damals betrat die „Liga der englischen Gentlemen“ die Bühne, unter ­i h­­­­nen

Fischadler bei der Jagd: Der Nationalpark ist eine Insel der Idylle im Chaos. 1: Krokodil, gut getarnt: Wer sich nicht auskennt, sieht sie nicht – oder zu spät.

John Hanning Speke und Samuel White Baker. Speke suchte bereits 1856 bis 1859 gemein­ sam mit dem legendären Afrikapionier Richard Francis Burton nach der Quelle des Nil. Sie nä­ herten sich ihr von Süden, Startpunkt der Expedi­ tion war die Insel Sansibar. Sie wussten von den sagenhaften Seen im Landesinneren und entdeck­ ten den Tanganjika­ see, aber keinen Fluss, der den Nil hätte speisen kön­ nen. Burton erkrank­te, und Speke kämpfte sich 1858 auf eigene Faust zum Ufer eines rie­ sigen Sees durch. Er taufte ihn nach seiner Königin „Vik­ toriasee“. Schon damals war er über­ 1 zeugt, dass aus die­ sem See der Nil nach Norden fließt. Auch die zweite Expedi­ tion 1860 war eine Odyssee. Speke und sein Begleiter James Augustus Grant wurden betro­ gen und bestohlen, die Träger machten sich im Dutzend aus dem Staub, und die Expedition geriet immer wieder zwischen die Fronten lokaler Kriege. Grant lag einige Meilen ent­ fernt mit Geschwüren an den Beinen und völlig entkräftet in seinem Zelt, als Speke endlich an jenen Stromschnellen stand, die später als „Ripon Falls“ weltberühmt wurden. Spekes Reise von England zum Oberlauf des Nil dauerte drei Jahre, heute landet man innerhalb eines langen Tages am Flug­ hafen in Entebbe. Die alten Briten kämpften ge­ gen wildes Getier und wateten durch Sümpfe, heu­ te bleibt man mit dem Auto in Kampala

Sir Samuel White Baker, Entdecker des Albertsees und der Murchison-Fälle, bei der Elefantenjagd. Weil sein Pferd beim Schuss scheute, wäre er beinahe zertrampelt worden.

t e r r a m at e r

53


astronom i e

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t e r r a m at e r


DEN STERNEN SO NAH

© Fotocredit FOTOS: ANDRÉ VIEIRA/AGENTUR FOCUS

In 5.000 Meter Höhe, auf einem Plateau am Rande der trockensten Wüste unseres Planeten, steht das leistungsfähigste Teleskop aller Zeiten. Von dort aus lauscht es in die Kinderstube unseres Universums. Ein atemberaubender Besuch im Norden Chiles.

Text: Tobias Micke Fotos: André Vieira & Tobias Micke


astronom i e

Schnee kann auf der Hochebene von Chajnantor in 5.050 Meter Höhe jederzeit fallen. Die riesenhaften Antennen sind so gebaut, dass sie Stürme und eisige Kälte leicht wegstecken.

150

t e r r a m at e r


© Fotocredit

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Astronom i e

L

Atlantik

ALMA

Pazifik

Santiago

Südamerika Chile Atacamawüste

152

t e r r a m at e r

a ngsa m versinkt die sonne im

Westen hinter den Gipfeln der Cordillera de la Sal. Das Touristenstädtchen San ­Pedro, eine Oase am Rande der Salzwüste, liegt bereits im Nachtschatten. Es ist die Stunde der Anden-Flamingos, die im Dämmerlicht in den Salzwasserlagunen der Salar de Atacama 2.500 Meter über dem Meer nach kleinen Krebsen und Algen fischen. Es ist die Stunde der selten gewordenen Vikunjas, einer kleinen, kuscheligen Kamelart, die zu dieser Zeit an den mit Kräutern und Coirón-Gräsern bewach­ senen Vulkanhängen an der Grenze zu Bolivien auf 4.000 bis 4.500 Metern äsen. Es ist aber auch die Stunde, in der hoch oben in der lebensfeind­ lichen, sauerstoffarmen Zone auf 5.050 ­Metern, auf der wüstenhaften Ebene von Chajnantor im Norden Chiles, nach einem Tag harter Arbeit Ruhe einkehrt. Hier ist die Luft dünn und staubtrocken, und der Sternenhimmel rund um das Kreuz des Südens und die prächtig schimmernde Milchstraße scheint der Erde nachts näher zu kommen als a nderswo. In dieser fremd und andersweltlich ­ ­w irkenden Landschaft entsteht unter Beteiligung von Europa, Amerika, Ostasien und Chile ein riesiges, für sich bereits überirdisch anmutendes Instrument: alma , das „Atacama Large Millimeter/ submillimeter Array“, wird, wenn es im Frühling 2013 fertig ist, das größte und leistungsfähigste ­Teleskop sein, das Weltraumforschern je zur Verfügung stand. Spätestens mit Sonnenuntergang haben die Arbeiter das Hochplateau verlassen. Aus Sicherheitsgründen. 28 Kilometer lang ist die Straße hinunter zum alma-Basiscamp in 2.950 Metern, wo die gewaltigen Parabolantennen auf drei Baustellen zusammengeschraubt werden. Fein geschottert, breit wie eine Autobahn, mit 12 Prozent Maximalgefälle: Fahrerisch ein Kinderspiel, möchte man meinen. Aber auf die Autolenker lauert dennoch eine heimtückische Gefahr. „In dieser Höhe kann einem das Hirn böse Streiche spielen“, sagt alma-Sicherheitschef Ivan Lopez. „Wir warnen unsere Leute immer: Trefft dort oben keine Entscheidungen ohne Sauerstoff-

flasche! Aber viele glauben, sie bräuchten das nicht. Speziell bei verantwortungsvollen Tätig­ keiten wie Autofahren sinkt jedoch die Koordi­ nationsfähigkeit beträchtlich.“ Auf der etwa 40-minütigen Fahrt ins Basis­ lager bei Tempolimit 60 lässt die Anspannung des Arbeitstages nach und mit ihr die Konzentration auf die in vielen Abschnitten schnurgerade ab-


1: Wie vor dem Start eines Jumbojets müssen Pilot und Techniker eine Unzahl von komplexen Parametern überprüfen, bevor „Lore“ mit ihrer heiklen Fracht in die Höhe aufbrechen kann.

1

2: Abschied von Antenne 031: Fünf Stunden dauert ihre Überstellung vom Basislager auf die Hochebene.

2


Astronom i e

fallende Straße. Jeder, der hier arbeitet, weiß das. Straßenarbeiter, Elektroingenieure und Astronomen absolvieren eigene Fahrtechnikkurse. Alle zehn Kilometer muss sich jeder Lenker per Funk bei der Sicherheitszentrale melden. Das strikte ­Alkoholverbot wird schon an der einzigen Zufahrt zum weitläufigen Gelände kontrolliert. Verstöße ziehen strenge Konsequenzen nach sich – bis zur Entlassung. Eine eigene Einsatztruppe überprüft mit ­L aserpistolen penibel die gefahrenen Geschwindig­ keiten. Und trotzdem passieren Minus 269 Grad: Das diese Unfälle. 34 waren es seit ­Atmen des Kryostat-Kessels Beginn der Bauarbeiten, zwei klingt wie das Schnaufen endeten tödlich. ­einer Liliput-Dampflok Die Stille auf dem Plateau ist nach Einbruch der Dunkelheit nicht absolut. Zwei Wächter ziehen zwischen bereits installierten HightechApparaturen ihre Runden, nachdem dreiste Diebe vor einem Jahr den Treibstoff für Genera­ toren entwendet haben. Die Wächter verbringen die Nacht in jenem Gebäude, in dem almas Supercomputer schon jetzt die immensen Daten­ströme der Anten1 nen empfängt, umrechnet und per Glasfaserkabel zur Basis wei­terleitet. Dieser sogenannte Korrelator gilt wegen seiner ungezählten parallel arbeitenden Chips als derzeit schnellster Spezialrechner, den es gibt. Wenn in etwa einem Jahr alle 66 Antennen den Vollbetrieb aufnehmen, wird er 1 GB/Sekunde an Binärdaten produzieren. Eine solche Rechenleistung braucht einen kühlen Kopf. Daher brummen die Notstromaggregate für die Klimaanlagen im höchstgelegenen technischen Gebäude der Welt rund um die Uhr und halten die Temperatur im Rechenzentrum bei konstanten 16 Grad. Klirrende minus 9 Grad zeigt hingegen heute Abend das Thermometer draußen auf der leicht verschneiten Hochebene an, dazu bläst schneidiger Wind. Chile steuert auf den Winter zu, wenn bei uns in Europa die Bäder öffnen. Aber die Käl-

154

t e r r a m at e r

te ist an diesem lauen Herbsttag allein der Höhe geschuldet und dem sternenklaren Himmel, in den die derzeit 30 Parabolantennen hineinhorchen. Auch sie lauschen nicht lautlos. Immer dann, wenn die Astronomen unten im 28 Kilometer entfernten Kontrollraum ein Be­ obachtungsprojekt abgeschlossen haben, wenden sich die Antennen synchron und ferngesteuert ­einem neuen Himmelssegment zu. Alle paar Stunden drehen sich daher die riesigen Schüsseln in ­einer geisterhaften Choreographie, begleitet von einem eindringlich piepsenden Warnton. Dann wieder ist für Stunden nur noch das ­regelmäßige Keuchen der Kryostat-Einheiten im

Herzen jeder Antenne zu hören. Eine dreistufige Helium-Kühlpumpe sorgt im Inneren eines Va­ kuumkessels mit Temperaturen nahe dem absoluten Nullpunkt für Supraleitfähigkeit im Bereich der Frequenzempfänger. Minus 269 Grad Celsius (4 Kelvin) lassen den elektrischen Widerstand gegen null sinken. Das anachronistische Geräusch, das dabei entsteht, lässt viele Besucher schmunzeln. Denn es ähnelt dem niedlichen, kurzatmigen Schnaufen einer Liliput-Dampflok. Unten in der Basis auf knapp 3.000 Metern herrscht indes auch zur Feierabendzeit Hochbetrieb. Ein halbes Dutzend alma-Wissenschaftler überprüft im Kontrollraum in Schichten rund um die Uhr die Abwicklung der im Herbst 2011 angelaufenen ersten Experimente der „Forschungs-


2

1: Beim Mittagessen ­kommen Astronomen und Techniker in der „Casino“-­ Baracke zusammen. 2: Auf schnurgerader ­ traße von der Fahrbahn S ­abgekommen: Gedenkstätte für einen tödlich ­verunglückten ALMA-­ Mitarbeiter. 3: Tiebreak auf 3.000 Metern: Wegen des niedrigen ­Luftdrucks werden die ­knallharten Tennisbälle ­angestochen.

3

4

4: Abendstimmung in einer Lagune der Salar de Atacama: In der Dämmerung finden sich hier seltene Vogelarten wie die Anden-Flamingos zum Dinner ein.


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